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Im Zeichen des Wolfes

„Einst werdet ihr es sein, der die Vergangenheit in die Zukunft führt und so das eine mit dem anderen verbindet. Jedoch, bis es dazu kommt solltet ihr die Welten trennen, zum Schutze eures Lebens und derer die sich zu euch gesellen. Entscheidet weiße und dem treu, was ihr von Herzen her folgt“, müde rieb sich die Seherin über die Augen, kippte mit zitternden Fingern eine bräunliche Flüssigkeit über das Armgelenk des Mannes vor ihr, der sie aus bernsteinfarbenen Augen, erstaunt anblickte. „Der Wolf wird euch leiten, der Hengst euch einst führen!“ Mit diesen Worten gab sie den Mann frei, der dankend zu seinem Handgelenk blickte und den Felsvorsprung verließ.

Vor Irritation über die gesprochenen Worte der Seherin übersah David einen Stein und wäre sicherlich den kleinen Weg, der zu seinem Heimatdorf führte, hinabgestürzt, wenn da nicht einer Seiner gestanden hätte. Gerade so fing dieser David auf und mit einem Blick erkannte er es. Der Erste war gefunden, für was auch immer das Schicksal ihn auserkoren hatte, der Erste stand ihm bereits bei.

 

Dreihundert Jahre später erfüllte David die Weissagung mit Herz und Verstand, wie es ihm gesagt worden war.

Lächelnd blickte er aus dem Turm hinab auf das Dorf, was sich unter seiner Hand gebildet hatte. Zweihundert und dreiundneunzig Einwohner waren bereit gewesen, sich mit ihm vom Fortschritt zu lösen und so zu leben wie sie ist zu jener Zeit taten. Dies hielt bis zum heutigen Tag an. Keine Elektronik, kein fließendes Wasser, viele als annehmlich gesehene Gegenstände des täglichen Lebens, waren dieser Gemeinde fremd und doch musste es so sein. Wieso wusste David nicht, doch vertraute dem Schicksal, der Vorhersehung und seinem Gespür.

Es war ein friedlicher Frühlingsabend, der Tag und die Nacht waren im tiefsten Osten des Landes ruhig und besonnen anzusehen. Einst hatte ihm der neue König dieses Land zur Verfügung gestellt, der Bitte entsprochen dieses Dorf aus den Aufzeichnungen zu lassen, damit sie ein Leben, wie ihnen es zugedacht war, führen konnten.

Manches Mal sehnte sich David nach seinen ehemaligen Freunden, wozu auch der neueste König gezählt hatte. Was Leonard wohl tat? Sicherlich führte er die Krieger und seine Untertarnen mit einer strengen und doch verständnisvollen Hand, wie es sein Vorgänger zu ihrer Zeit getan hatte.

 

„Hilfe!“, der Ruf seines Zeichners, ließ David aus seinen Gedanken schrecken. Stolpernd und stürzend näherte sich der Mann den Toren des Dorfes. Die Kleidung voller Blut, blickte er immer wieder über seine Schulter und ihm war anzusehen, welche Angst ihn trotz der sichtlichen Verletzungen in die Sicherheit des Dorfes trieb.

„Wachen ans Tor!“, schrie David und wusste, ohne es zu sehen, dass seinen Anweisungen sofort Folge geleistet wurde. Das Quietschen verriet, dass das schwere Holztor geöffnet wurde, dann sah er drei seiner Wachen nach draußen stürmen. Zwei ergriffen den Zeichner und einer sicherte sie dabei. Doch nichts war weit und breit zu erkennen. Kein Verfolger auszumachen. Jedoch sprach der Anblick des Opfers eindeutig, dass dieser angegriffen worden war. Ohne jegliche Bitte, übernahm eine Wache seinen Dienst auf dem Turm, sodass David zum Verletzten eilen konnte.

Es zeigte sich ein schreckliches Bild. Tiefe Fleischwunden an Bauch und Beinen, die rechte Hand war kaum noch mit dem restlichen Körper verbunden. Der Arzt eilte herbei, doch jedem war bewusst, dass das Todesurteil des Vitae essentia bereits geschrieben. Mit zitternden Fingern reichte der Zeichner seinen Block zu David. „So sieht es aus und es lauert auf uns!“, vernahm das Oberhaupt des Dorfes ein letztes Mal die Stimme des Mannes, den er seinen Freund zu nennen wagte. Louis Florentin war einer der Männer, die ihn von Beginn an zur Seite gestanden hatten, der für Neuigkeiten zuständig war, wie man es sonst aus den lokalen Zeitungen kannte. Trotzdem blieb Davids Miene neutral, seine Gedanken rational und sein Fokus lag auf dem Bild in seiner Hand.

 

Die Entscheidung war gefallen und so packte David etwas Nahrung ein und. auch eine Waffe fand den Weg in eine kleine Seitentasche seiner Hose. Der Blick seines obersten Wächters verfolgte seine Handlung, missbilligend schnaubte Patrik und schüttelte den Kopf. „David ich bitte dich, lass mich den Weg antreten, du bist zu wichtig für das Dorf.“

„Ich werde meinen Entschluss nicht mit dir diskutieren. Der Wolf hat mich ausgezeichnet als Oberhaupt des Dorfes, ich bin verantwortlich und werde diese Verantwortung auch tragen.“

„Und du meinst den Hengst zu finden, der uns führen soll? Wo?“

„Bei den Kriegern der Vitae essentia. König Leonard lebt in ihrer Nähe und mir ist der Weg bekannt. Man hat mich zu jedem zehnten Jahr darüber in Kenntnis gesetzt wie ich hinzufinden habe.“

Patrik zog die Augenbrauen hoch. „Wie das?“

„Eine Taube, die jedoch seit 30 Jahren nicht mehr fliegt. Ich weiß nicht was in der neuen Welt geschehen ist, vielleicht ist man es leid, mich mit solch alten Methoden zu kontaktieren, doch ich werde den Weg finden und mit Hilfe zurückkehren. Ich verspreche es dir.“

Jedes weitere Wort war sinnlos, denn David schulterte seinen Beutel, kontrollierte die Patronen für seine Waffe und ebenso das Schwarzpulver in einem kleinen eingeschlagenen Tuch. Hoffentlich reichte es, der Weg war weit und beschwerlich, die Gefahr nah und greifbar. Mit dem schnellsten Pferd ritt er aus der Sicherheit des Dorfes zu einem Ziel, welches ihm sicherlich mehr Kraft kosten würde, als er besaß.

 

50 Tage und Nächte hatten dem einst so kräftigen Mann, alles an Kraft gekostet was er besessen hatte. Die letzten zehn, ging er nun schon auf den dünnen Sohlen, seiner feinsten Schuhe. Das Pferd hatte es nicht geschafft. Die Strecke zu weit, es zu alt, war es einen Abhang hinabgerutscht und David blieb nichts anders übrig als ihm die letzte Ehre zu erweisen und die Gnade eines Schusses, welches sein Leid beendete. Mit zittriger Hand, hatte er die Schusswaffe gefüllt, den Lauf zwischen die Augen des Tieres gedrückt, ein Gebet gen Himmel geflüstert und den Abzug betätigt. Die Stille wurde durch den Knall der Waffe gebrochen, bis sie sich wieder schwer über die Welt legte.

Nun stand David da, mitten in einer Straße, einer Stadt, die viel zu laut und zu dreckig erschien. Die Luft ließ sich nur schwerlich atmen und doch trieb ihn der eiserne Wille die Krieger zu finden vorwärts. Das Schicksal würde ihn leiten, davon war er weiter überzeugt, sah dennoch empor zum Himmel und betete, als plötzlich vor ihm eine Tür aufgestoßen und von seiner Nase und Stirn gebremst wurde.

 

„Gott du warst eindeutig einen Tag zu lang mit Samu zusammen. Ich bitte dich Aurelian, das können wir uns echt sparen.“

„Ach meinst du also. Erstens habe ich deine ungehobelte Äußerung gegenüber Samu wieder gut gemacht und zweitens, wieso sollten wir uns das sparen können? Und wage es nicht schon wieder mit dem Argument zu kommen, weil es ein Frauending sei, das ist lächerlich!“

„Entschuldige mal, Samu ist aber auch … meine Güte alles aber kein normaler Mann. Ich glaube ich würde nicht mal in diese knall engen Hosen reinpassen, wenn ich tot wäre und das Fleisch von mir abgenagt. Von der Handtasche fange ich erst gar nicht an. Das ausgerechnet er dir diesen Floh ins Ohr setzen musste, hätten mir allerdings klar sein müssen.“

 

David sah benommen zu den zwei Männern, die scheinbar seiner Anwesenheit zu ihren Füßen nicht bemerkten. Erst als er sich aufrichten wollte und dabei schmerzerfüllt stöhnte, schenkte man ihm Aufmerksamkeit.

Ehe er es realisierte stand er auch schon wieder auf den Beinen und der Mann, der wohl zu lange mit Samu zusammen war, untersuchte David. „Tut Ihnen was weh?“

„Es geht schon, ich bin lediglich erschöpft von meiner langen Reise und die Tür hat mich als erstes in dieser Stadt zu begrüßen gedacht. Ich suche diese Adresse, wissen Sie zufällig wie ich auf schnellstem Wege dorthin komme?“

Der Mann vor ihm, nahm den Zettel entgegen, auf der Leonards Adresse notiert war. „Travor schau mal.“

Der Angesprochene zog die Augenbrauen hoch und blickte David dann mit versteinerter Miene an. „Wer seid ihr?“

„David Milles aus einem Dorf, das euch nicht bekannt sein wird und suche einen Landsmann, der mir Hilfe versprach, wann immer ich sie brauche.“ David war sich nicht sicher, ob er die zwei Männer vor sich richtig verstand, in ihrer Reaktion, doch riskierte, als Verrückt zu gelten. „Er ist mein König und versprach mir zu helfen, sollte ich ihn je brauchen“, mit diesen Worten zog er den Hemdärmel nach oben und ließ den Wolf erscheinen.

Man schenkte ihm unverzüglich ein Lächeln und forderte David auf, ihnen zu folgen. „Ich bin Travor und das ist mein Gefährte Aurelian. Wir können Sie zum König bringen, jedoch ist das nicht mehr Leonard. Dieser ist vor 30 Jahren für den neuen König gestorben. William MacDermont hat das Amt nun inne.“

Mit einem Nicken signalisierte David, dass er den Worten gefolgt hatte und unterdrückte ein schweres Seufzen. Ein weiterer Freund war zu Asche zerfallen, es war kaum zu glauben. William MacDermont sagte ihm selbst nichts, doch, wenn Leonard bereit war für diesen Mann seinen Platz und sein Leben zu opfern musste dieser würdig sein.

An sich war es ihm im Moment auch egal, wer seinem Dorf zur Hilfe kam, er musste den Hengst finden und brauchte die Krieger, nur das war wichtig. Den Verstorbenen konnte er später gedenken.

 

Die Fahrt in dem lauten Transportmittel, war für David ungewohnt und für seine Ohren recht schmerzend. Trotzdem schwieg er, bis sie vor dem Haus hielten, wo sich der König der Vitae essentia aufhielt. Kaum war der Wagen auf dem Weg zum Stehen gekommen und David mit zittrigen Beinen ausgestiegen, ging auch schon die Tür auf. Selbst ohne die Kenntnis, dass in diesem Haus der König lebte, hätte er es gewusst. Die imposante Gestalt, mit den durchdringenden Augen, konnte niemand anderes sein. Automatisch ging David in die Knie und senkte ergeben seinen Kopf. „Mein König, ich bitte um eine baldige Audienz.“

„Steht auf. Ich bin William und ihr seid?“

Irritiert von der recht offenen Art, kam David schwerfällig auf die Beine, die ihn nach der langen Reise nicht mehr wirklich tragen wollten. „Ich bin David Milles, komme aus einem Dorf, 40 Tagesritte und 10 Tagesschritte von hier. Der einzige König Leonard hat …“

„Willkommen David, ich weiß durchaus, wer ihr seid und wo ihr herkommt. Es gibt Unterlagen zu euren Gemäuern und eine Untersagung, ohne Eure Erlaubnis einzutreten.“

Erleichtert vernahm David, dass Leonard sein Versprechen gehalten hatte. „Es freut mich, dass Ihr diesem Wunsch entgegengekommen seid. Jedoch ist es jetzt an der Zeit, Euch in meine Welt zu führen, denn wir werden bedroht und können uns alleine nicht helfen. Wir brauchen die Krieger und somit erbitte ich mir, die Hilfe, die mir einst versprochen wurde.“

„Die sollt Ihr bekommen. Doch erst einmal, lasst mich euch Gastfreundschaft beweisen und treten ein. Ihr seid Erschöpft.“

„So gerne ich das Angebot annehmen möchte …“ David fiel es sichtlich schwer die folgenden Worte auszusprechen. „50 Tage habe ich hierher gebraucht, zurück bin ich ohne Pferd …“

Man unterbrach ihn, indem man eine Hand an seinem Rücken ihn nach vorne drückte. „Wir werden zurückfliegen, sind innerhalb von Stunden in eurem Dorf, das ist ein Versprechen!“, sprach Travor.

„Fliegen, mit diesen Blechvögeln? Ich habe sie auf dem Weg hierher gesehen, aber verstehe nicht wie sie sich am Himmel halten.“

Aurelian schlug David sanft auf die Schulter. „Das zu erklären wäre zu ausufernd, aber wenn mein Gefährte euch etwas verspricht, seid euch sicher, es wird so sein. Ich werde Amanda anrufen, sie soll Euch ein stärkendes Mittel senden, damit Ihr zu Kräften kommt. Zudem möchte ich mir Eure Wunden ansehen, dass wir sie behandeln können. Ich hoffe Ihr vertraut mir, ich bin gelernter Arzt und werde nun auch in unserer Rasse gelehrt.“

Während der Ansprache waren sie bereits ins Haus getreten und David fand sich alsbald auf einem bequemen Sofa wieder. Aurelian entledigte sich seiner Jacke, krempelte die Ärmel hoch und kniete vor ihm nieder. In der Zwischenzeit telefonierte Travor und der König orderte Speisen und Getränke.

David war erstaunt über diese Gastfreundschaft und ließ auch die Untersuchung ohne Kommentar über sich ergehen, bis er Aurelians Unterarm vor seinen Augen hatte.

Der Hengst sprang ihn regelrecht an, dass er hart schlucken musste. „Ihr seid die Führung!“, kam fast tonlos über seine Lippen.

„Bitte?“

„Die Weissagung, ich leite, doch der Hengst wird führen. Ihr seid der Hengst!“

Williams nickte, als hätte er bereits begriffen was David zu erklären versuchte. Sein Blick ging zu Travor, ein sanftes Lächeln schenkte er dem jungen Krieger, der stirnrunzelnd die Situation betrachtete. „Dann sucht Ihr nicht meine Hilfe, sondern die von Travor und Aurelian, wenn ich es korrekt verstehe. Es war vorauszusehen, nachdem was Travor einst prophezeit bekam. Jedoch bevor ich Euch meinen Krieger / Nachfolger und meinen Patensohn anvertraue, erzählt wieso Ihr unsere Hilfe benötigt.“

 

David tat wie ihm befohlen worden war. Erzählte von seinem Dorf, von seiner Weissagung und von dem Wesen, welches in den Wäldern auf sie lauerte. Die Zeichnung des Künstlers ging einmal durch die Reihen. Selbst die rechte Hand des Königs hatte sich eingefunden, doch keiner der Krieger konnte das Wesen zuordnen. „Ich möchte Philip anrufen, er ist der älteste in unseren Reihen, der in der Nähe ist. Vielleicht weiß er um was es sich handelt“, sprach die rechte Hand des Königs, der sich als Sean vorgestellt hatte. Er bekam ein zustimmendes Nicken und verschwand aus dem Speisesaal, indem sie mittlerweile saßen und David seine Kräfte auftankte. Die Nahrung, Getränke und das Pulver der Hexe, wie er im Nachhinein erfuhr, verhalfen seinem Körper rasch sich frisch zu fühlen.

Es dauerte nicht lange bis ein junger Krieger eintraf, begleitet von einem Hünen, der David das Fürchten lehren konnte. Eindeutig, dieser Mann hatte die Welt schon gesehen, als so mancher hier noch nicht an seine eigene Existenz glaubte.

Dass er sich täuschte, in der Annahme, welcher der zwei der gemeinte Krieger war, sah David, als William auf Philip zuging und ihm die Zeichnung reichte.

 

Tief durchatmend, blähten sich die Nasenflügel des recht jungaussehenden Kriegers auf und seine Augen schlossen sich für einen Moment. „Es dürfte dieses Wesen nicht mehr geben, wir haben, wir dachten, ich war davon überzeugt, dass wir es ausgelöscht hätten.“

„Was ist es?“, wollte William alarmiert wissen.

„Ein Wendigo.“ Stille, es herrschte absolute Stille und man sah jeden in seinen Gedanken versunken, nach Hinweisen suchen, wo sie diesen Namen schon einmal gehört hatten. „Es ist der Inbegriff von einer Bestie wie es uns einst die Großeltern erzählten, damit wir nicht in den dunklen Wald gingen. Er frisst alles was ihm in den Weg kommt, doch bevorzugt Menschen und unsereins. Es ist brutal, blutrünstig, es dürfte nicht mehr leben“, Philip schlug gegen das Gemäuer des Saals und kämpfte mit dem Entsetzen und der Wut was sein Gesicht in eine verzehrte Maske verwandelt hatte.

„Was soll das heißen Phil?“, sprach ihn Travor an.

David selbst kämpfte mit dem Gedanken an seine Heimat, die Gefahr in der er seine Dorfbewohner allein gelassen hatte und betete, das Patrik seiner Berufung gerecht werden konnte, das Dorf zu schützen. Einst wäre der Wächter ein Krieger geworden, doch dann hatten sich ihre Wege verbunden und sie bauten gemeinsam das Dorf auf.

„Es heißt, dass ich in diesen Wald gehe und das Vieh erledige, was seit 250 Jahren ausgestorben sein sollte. Herr ich bitte Euch mich freizustellen, damit ich meine vermeintlich erledigte Mission beenden kann“, kniete Philip vor William nieder und senkte den Kopf.

 

„Natürlich!“, nickte William und stand auf. Seine Beine waren ruhelos, während er in Gedanken durch den Saal lief. „Jannis und Quinn werden ebenso mitreisen. Er ist deine rechte Hand Travor, ihr gehört zusammen. Ich werde ebenso noch einige Krieger von Rikku schicken lassen, sie sind teilweise auch weit älter als 280 Jahre, somit könnten sie das Wesen noch kennen und euch eine Hilfe sein. Ist das in deinem Sinn Phil?“

„Nein! Ich werde das Biest töten, denn eins ist so gewiss, wie unsere Verbindung zu unseren Gefährten. Ein Wendigo lässt sich nicht hinterrücks umbringen, es muss Aug in Aug geschehen, mit einer Klinge aus heißem Eisen, welches sein Innerstes zum Glühen bringt. Will du kannst mir 100 Männer mitschicken, doch dieser Wendigo gehört mir und ich werde ihn töten, zerteilen und verbrennen, wie ich es damals getan habe, als wir sie jagten. Bis zum Letzten hatte ich geschworen und habe meinen Schwur nicht gehalten.“

 

So belebt wie sich Davids Körper fühlte, so erschöpft war sein Geist. Der Wendigo machte ihm zu schaffen und warf die Frage auf, wieso er ihn nicht kannte. Gut er war gerade 320 Jahre alt, somit gute 50 Jahre jünger als Philip, jedoch lebte dieses Wesen noch, als er die Wälder seiner alten Heimat unsicher machte. Niemals war ihm eins der Wesen begegnet, noch hatte er von ihnen gehört und Aufzeichnungen gab es darüber ebenso wenig. Sehr merkwürdig wie er befand. Der nächste Gedanke galt den drei Paarungen, die ihn in sein Dorf begleiteten. Travor und Aurelian, Quinn und Jannis, Philip und Dante, sechs Vitae essentia die so gleich wie unterschiedlich zu sein schienen. Eine komische Paarung hatte sich das Schicksal da ausgesucht, doch es musste für etwas gut sein, das wusste er durchaus. Niemals täuschte sich das Schicksal, alles war Bedacht gewählt.

Langsam fielen David die Augen zu und seine Gedanken verfielen auf ihn selbst. In 29 Jahren sollte er auch eine Gefährtin finden, sonst wäre seine Mission bereits beendet. Allerdings schien das in seinem Dorf zur Gewohnheit zu werden. Denn kaum eine Paarung befand sich dort, wie auch, wo sie nie in die Außenwelt gelangten um jemanden zu treffen, der ihr Gefährte sein konnte. Vielleicht war es an der Zeit die Tore zu öffnen?

Noch nicht! hallte es in seinem Kopf und dann stellte sich jeder Gedanke ein.

 

Es war faszinierend wie schnell man mit diesen metallischen Vögeln zum Dorf kam. Auch wenn der Jet, wie man es wohl nannte, außerhalb landen musste und sich sofort auf den Rückweg machte, benötigten sie nicht mehr als vier Stunden bis zu den Toren des Dorfes. Die Angst vor dem Wendigo, war der Nervosität des Eintreffens und der Neuigkeiten, die David erwarteten gewichen. Man hatte sie erwartet, der Jet die Aufmerksamkeit der Bewohner geweckt. So öffnete sich das Tor rasch und man ließ David mit seinen Gästen eintreten. Patrik war zur Stelle, begleitet mit einem schiefen Seitenblick zu den Kriegern, seinen Freund zu dessen Unterkunft. „Wir vermelden fünf Tote, zwei Schwerverletzte und drei werden vermisst. Das Wesen ergreift uns auch mittags, wir haben keine Möglichkeit in den Wald, oder an den Fluss zu kommen, ohne mindestens einen von uns zu opfern.“

Erschrocken blickte David zu Philip, suchte bei diesem die Erklärung für das Verhalten des Wesens. „Ihr opfert bewusst eure Bewohner?“, fragte dieser stattdessen direkt an Patrik gewandt.

„Nein, ich habe mein Bestes getan es jedes Mal zu verhindern. Geschossen, mit Pfeilen geworfen, wir haben Feuerkreise gezogen, doch es kesselte uns ein und stahl sich unsere Frauen, Kinder und Wächter.“

„Das passt, es wird blutrünstiger, gieriger. In wenigen Nächten wird es euer Dorf angreifen und sich die Bewohner holen. Ich brauche einen Schmied.“

David nickte und zeigte ihm den Weg zu diesem. Ohne ein Wort zu verlieren folgte Dante seinem Partner. Ein sehr ungewöhnlicher Artgenosse, wie David bereits beim König feststellen konnte und fragte sich sogar, ob dieser noch eine Zunge besaß. Denn sprechen hatte er ihn noch nie gehört.

Sein Blick wanderte zu Travor und Jannis die sich leise unterhielten, dann zu Quinn der ein Gerät in die Luft hielt. „Kann ich dir helfen Quinn?“, sprach er diesen direkt an.

„Ich bekomme kein Netz, wie soll ich so ins Internet kommen?“

Prustend sah ihn sein Partner an und schüttelte mit dem Kopf. „Du hast wohl das ganze echt missverstanden, oder? Das hier ist, als wären wir 200 Jahre zurückversetzt im Mittelalter gelandet. Also wirst du wohl deiner Nachforschungen altertümlich nachkommen müssen.“

„Altertümlich …“, murmelte Quinn, bis ihm sichtlich aufging, was es hieß. Stöhnend sah er sich um, streifte durch sein weißes Haar und ließ den Kopf hängen. „Wo ist die Bibliothek? Wenn ihr so was besitzt.“

„Natürlich, eine ziemlich große sogar“, David wies ihnen den Weg und ging dann mit Aurelian, Travor und Patrik in sein Haus.

Die bescheidene Unterkunft für die nächste Zeit, wurde von den Gästen recht positiv aufgenommen. Dabei hatte David schon bedenken gehegt, nachdem er gesehen hatte, wie der König lebte. Jedoch schienen sie sich mit dem zu begnügen, was ihnen geboten wurde, wenn auch teilweise, wie vorher bei Quinn, mit sichtlichem Nichtgefallen. Verständlich war dies schon. Wie einfach es die Außenwelt hatte, durfte David selbst erleben. Keine Pferde mehr, das Licht durchflutete Straßen und Häuser selbst bei Dunkelheit. Diese Bilderkisten lieferten amüsante Geschichten, doch auch die Nachrichten der ganzen Welt und man konnte in anderen sogar Informationen suchen, wie man es bei ihnen in der Bibliothek tat. Die Zeitersparnis war sicher frappierend und in ihm keimte das schlechte Gewissen.

Patrik sprach kurz mit Travor, der den Wächter überzeugen konnte, mit auf Streife gehen zu dürfen.

 

Ein Ruck ging durch Davids Herz, als er zusah wie sich die Gefährten voneinander verabschiedeten. Sanft berührten sich ihre Hände, dafür war ihr Blick umso verheißungsvoller. Versprechungen für gemeinsame und einsame Stunden lagen darin.

Im Dorf sah man solche Verbundenheit nicht oft, die durchschnittliche Lebenserwartung lag gerade mal bei 250 Jahren. Verletzungen und der fehlende Bund, ließ die Vitae essentia sterben. Zwar sorgten sie für Nachwuchs, dafür war der Bund nicht von Bedeutung und doch sah man es vielen an, das etwas fehlte, dieses gewisse Etwas was das Innerste erreichte und aus zwei Teilen eins machte. Davids Zeit würde auch ein jähes Ende finden, sollte er nicht in den nächsten Jahrzehnten seinen Gegenpart finden. Jedoch war er realistisch genug um zu wissen, dass es einem Traum gleichkam, denn nur selten verirrten sich andere Vitae essentia hier her und das darunter gerade seine Partnerin sein sollte, … diese Chance war geradezu bei null anzusiedeln.

 

Aurelian holte ihn wieder aus seinen Gedanken, indem er dem Dorfoberhaupt auf die Schulter schlug. „Hast du hier medizinische Versorgung für Verletzte?“

„Wir haben einen Dorfarzt, auch wenn er recht … für eure Verhältnisse, einfach ausgebildet wurde. Leider sind die Überlebenschancen bei schwerwiegenden Verletzungen recht gering.“

„Das dachte ich mir, weshalb ich euch ein paar Mittel von den Hexen mitgebracht habe und eventuell könnte ich in der Zeit wo wir zu Gast sind, eurem Arzt zur Seite stehen. Ich bin ausgebildet in der menschlichen Medizin und werde in der, der Vitae essentia zurzeit noch belehrt. Vielleicht kann ich mein Wissen weitergeben und William bat mich dir das zu geben.“ Dabei reichte Aurelian ein Funktelefon an David. „Einmal im Jahr würde er gerne von dir hören, eventuell Mittel schicken, wenn benötigt, oder dem Dorf zur Seite stehen. Du darfst ablehnen, jedoch halte ich es für keine schlechte Idee. Ihr dürft euer Leben so weiterführen, allerdings mit unserem Schutz für Notfälle wie diesen.“

Noch im Flugzeug hatte man sich geeinigt, dass das Du, durchaus legitim sei und doch war es für David gewöhnungsbedürftig. Seufzend betrachtete er das Gerät in seiner Hand. „Du müsstest mich damit vertraut machen und ich möchte nichts versprechen, allerdings das Angebot auch nicht abschlagen. Dass du dich bereit erklärst unserem Arzt zur Seite zu stehen, dagegen, nehme ich uneingeschränkt an. Wir können Hilfe gebrauchen.“

„Danke für dein Vertrauen.“ Aurelians Lächeln steckte an und David fühlte sich gut bei seiner Entscheidung. Mit Vorsicht verstaute er das Funktelefon in einer Schublade und verdrängte jeden weiteren Gedanken daran, ob er der Bitte des Königs nachkommen sollte. Erst einmal war es wichtig, das Wesen zu stoppen und das Leben der Dorfbewohner zu retten. Nichts Anderes konnte sein Ziel sein, als Gründer war er für die anderen Vitae verantwortlich, wie er es ihnen einst geschworen hatte.

Eine große Verantwortung auch wenn er mittlerweile die 320 Jahre voll hatte, fühlte er sich manches Mal zu Jung dafür. Auf seinen Schultern trug er eine Last und wusste keinen, mit dem er sie teilen konnte. Einsam unter so vielen Menschen, ein einsamer Wolf, wie es in so vielen Geschichten geschrieben stand. Davids Blick wanderte zu seinem Handgelenk, wo das Tattoo, sein Mal, unter dem Stoff seines Hemdes versteckt lag.

„Wie oft findet ihr euren Bund in diesem Dorf?“, drang Aurelians Stimme sanft an sein Ohr.

„Einer von einhundert findet seinen zugedachten Partner. Es ist nicht viel und ich weiß nicht wie ich das ändern könnte. Mir ist dieses Dorf zugedacht wurden, ich sollte es errichten und leiten, bis der Hengst uns führt.“

„Das sagtest du im Haus von William schon einmal, was bedeutet das?“

„Travor wird uns führen, wohin weiß ich nicht, doch unser Schicksal ist miteinander verbunden. Meine Weissagung sagte es so, genau wie das: Einst werdet ihr es sein, der die Vergangenheit in die Zukunft führt und so das eine mit dem anderen verbindet. Jedoch, bis es dazu kommt solltet ihr die Welten trennen, zum Schutze eures Lebens und derer die sich zu euch gesellen. Entscheidet weiße und dem treu, was ihr von Herzen her folgt.“

David sah dem jungen Vitae essentia an, wie es in dessen Kopf arbeitete um zu verstehen, was diese Worte für ihn und seinen Gefährten bedeuteten. Leider konnte er ihm darauf auch keine Antwort geben, denn selbst David wusste es nicht, war sein Leben lang nur seinem Instinkt gefolgt und hatte gehofft es richtig zu machen. So war es nun beruhigend, nicht mehr allein zu sein, auch wenn er sich keineswegs erleichtert fühlte.

Ein Schrei des Unmutes erfüllte den Dorfplatz, welcher eindeutig von Patrik stammte. Kurz darauf gab Travor Anweisungen, die wohl jeden Einwohner strammstehen ließ. Der Vitae essentia hatte eine Ausstrahlung, die David bisher nur vom König kannte. Anmutige Strenge, eine gerade Haltung und eine Stimme, die mit ihrem Bass jede Mauer durchdringen konnte.

„AURELIAN!“

Patrik krümmte sich vor Schmerzen, seine Beine waren von tiefen Wunden übersät, aus denen das Blut jedoch nur zäh floss. Gestützt von einigen Wachen, stand er mitten auf dem Dorfplatz und fluchte unflätig. Der Schmerz machte sich bei jedem Menschen auf seine Art Luft, das wusste David nur zu genau.

Aurelian war beim Ruf seines Gefährten losgesprintet und kniete nieder vor dem Verletzten. „Die Mittel der Hexen, schnell! Bringt ihn zum Arzt, ich brauche Wasser, heiße Tücher, Feuer und ein geschärftes Messer.“

Eine Wache nickt verstehend, wies zwei weitere an und man verstreute sich im Dorf, während die anderen Patrik in ein naheliegendes Gebäude brachte.

 

Es war eine recht einsilbige Vorstellung der zwei Ärzte, jedoch sah David erleichtert, dass ihrer sofort Platz schaffte und ohne zu zögern den Anweisungen des jüngeren folgte. Mit ansehen wollte er sich das allerdings nicht. So wandte sich David ab und trat nach draußen, wo bereits Quinn, Jannis, Dante und Philip standen, während Travor seinem Partner half.

„Wie schlimm ist es?“, erkundigte sich Philip und balancierte ein Schwert in seiner Hand.

„Ich traue eurem Freund zu, meinen besten Wächter zu retten. Du hast den Schmied gefunden und auch eine geeignete Waffe?“

Philip verzog seufzend die Mundwinkel. „Es ist noch nicht, dass was ich will, doch der Anfang ist gemacht. Ihr habt fähige Männer in diesem Dorf. Ich habe schon lange nicht mehr, solche Schmiedekunst gesehen. Wie damals, die gute alte Zeit.“

„Da befindet ihr euch gerade wieder, wohl war. Was ist mit eurem …“ David kam nicht dazu seinen Satz zu beenden, sah sprachlos Dante hinterher, der losgerannt war.


Keiner hatte es bemerkt, das kleine Mädchen, was sich durch das nicht ganz verschlossene Tor zwängen wollte doch im letzten Moment von Dante eingefangen wurde. „Das ist gefährlich“, erklang zum ersten Mal für Davids Ohren, die Stimme des bärigen Mannes.

„Aber ich will zu meinem Papa. Mama sagt er ist im Wald und kann nicht heimkommen.“

Sanft streichelten die riesigen Finger die Konturen des zarten Gesichtes nach. „Da draußen ist ein böses Tier, dein Vater würde nicht wollen, dass du da rausgehst. Bitte nicht!“, es war ein Flehen, dass sich in den Augen widerspiegelte, was selbst die Wächter rührte.

Der Mann, der aussah, als würde er jeden Baum entwurzeln, jedes Wesen mit einem Schlag vernichten können, war die Sanftheit in Person.

„Ich will doch nur zu meinem Papa!“, weinte das Mädchen an Dantes Schulter, der es sanft in seine Arme geschlossen hatte und zu dessen Mutter ging.

 

„Er kann sprechen“, entkam es David viel zu schnell, was Philip zum Lachen brachte.

„Allerdings. Er tut es nur selten. Die gute alte Zeit, hat es mit ihm nicht immer gut gemeint“, schluckte Philip und senkte seinen Blick, um sich kurzdarauf wieder mit seinem Schwert zu beschäftigen. „Ich bin wieder beim Schmied, das Schwert muss angepasst werden, umso schneller kann ich den Wendigo erledigen.“

So verschwand der Krieger, und David sah ihm nachdenklich hinterher. Es war wirklich eine recht ungewöhnliche Konstellation, zwischen diesen zwei Vitae essentia und doch erkannte er ein Sinn dahinter. Er wollte weder den einen, noch den anderen unterschätzen, würde es gewiss auch nie tun, denn etwas in ihm sagte klar und deutlich, dass das durchaus einem Todesurteil gleichkommen konnte. Fast hätte er mit dem Wendigo Mitleid gehabt, wäre sein Blick nicht zu den Familien gegangen, die ihren Verlust auf dem Dorfplatz nach außen trugen. So viele von ihnen waren für ein Wesen gestorben, was es nicht mehr geben durfte. Was in dieser Welt keinen Zweck erfüllte, sondern nur mordete um seine Gier zu befriedigen. Keine Jagt, wie es natürlich war, eine Hinrichtung wie man sie einst nur von den Menschen kannte.

 

„Philip?“, rannte er dem ältesten Krieger hinterher, der sofort stehen geblieben war. „Wieso erschafft die Natur dieses Wesen, wenn es keinen Zweck erfüllt? Ich habe das Gefühl, etwas zu übersehen.“

„Weil es nicht natürlich ist … Einst waren die Hexen und Feen in einem Bündnis, welches Wesen kreierten, die es nie hätte geben dürfen.“

„Unnatürlich … und ich dachte das sei nur den Menschen zuzuschreiben.“

„Leider nicht. Umso wichtiger ist es, dem Ganzen jetzt Einheit zu gebieten, bevor es sich paaren kann.“

„Du meinst, es gibt noch so ein Wesen und sie können sich vermehren?“

Philip atmete tief durch, man hörte seine Zähne aufeinander reiben, während sich seine Nasenflügel weiteten. „Er braucht nicht eins seiner Wesen, er braucht lediglich einen Gegenpart. Ist es männlich, dann ein Weibchen und umgekehrt.“

Sie waren beim Schmied angekommen und Philip verschwand in dessen Werkstatt. David blieb allein zurück und versuchte seine Gedanken zu ordnen. Innerhalb weniger Wochen, war das beschauliche Leben in seinem Dorf zu einer Horrorvorstellung geworden. Sein Blick wanderte durch die Straßen, blickte in einige ängstliche Gesichter, in denen sich sogar Vorwürfe widerspiegelten. Man machte ihn für diese Situation verantwortlich und David gab ihnen uneingeschränkt recht. Er hatte das Dorf errichtet und war für die Sicherheit seiner Bewohner verantwortlich. Sein Kopf senkte sich, das schlechte Gewissen nagte an ihm und eine leise Stimme in ihm versuchte alles, um diese zu vertreiben.

 

„Lass den Kopf nicht hängen. Patrik überlebt, seine Wunden heilen bereits. Deine Bewohner, sie werden das Vertrauen in dich nicht verlieren, sie haben Angst und das ist verständlich!“, trat Travor zu David und legte ihm einen Arm um die Schulter.

„Ich könnte verstehen, wenn nicht. Hätte ich dieses Dorf nicht geschaffen … nicht die Hilfe des Königs ausgeschlagen … wir wären jetzt nicht …“

„Ihr wärt in der gleichen Situation. Selbst wir hätten Probleme, wahrscheinlich sogar größere als ihr, wenn das Wesen bei uns herumtrieb. In der Großstadt gibt es so viele Verstecke, so viele Menschen, wir könnten nicht mal so eingreifen, wie wir es hier können. Also zweifle nicht an dem hier. Du hast ein Dorf erschaffen, das alles hat. Ich bin wirklich erstaunt. Euch mag es an unseren Annehmlichkeiten fehlen, aber besitzt was viel Wertvolleres. Dieses Dorf schreit seine Liebe, Zuversicht und Ruhe geradezu aus.“

David sah sich abermals um, erblickte seine Bewohner, die sich gegenseitig halfen. Ja es war Normalität, dass man sich unterstützte. Das schwächste Glied wurde besonders gestützt und konnte somit an Stärke gewinnen. Stolz breitete sich in Davids Herz aus, vielleicht sah er momentan auch nur Schwarz. Es war alles zu viel, seine Reise zu beschwerlich gewesen, die Nachrichten niederschmetternd und wirklich angekommen war David auch noch nicht.

Als hätte Travor seine Gedanken gelesen, schob dieser ihn zum Haus zurück. „Leg dich hin, ich lass dir von Aurelian was für einen guten Schlaf bringen und kümmere mich in der Zeit um dein Dorf. Wäre das in Ordnung für dich?“

„Du bist der Hengst, es wäre mir eine Ehre.“

 

***

 

Milan rannte und ahnte doch, dass er nicht schnell genug war. Lediglich das Wissen, das Aaron vor ihm war beruhigte ihn. Dieses widerliche Wesen jagte hinter ihnen her, hatte seinen besten Freund schon in zwei Teile zerfetzt und nun schienen sie dran zu sein.

„Opa wohin?“, erklang die abgehetzte Stimme von Aaron, der im Laufen in alle Richtungen sah.

Es war Zufall, vielleicht sogar Schicksal, als Milan Gemäuer erblickte, welches nicht natürlich war. „Rechts da ist irgendwas“, wies er an und flüsterte gen Himmel. „Herr rette uns, ich bitte dich, lass ihn nicht sterben.“ Sein Herz pumpte hart in der Brust, allein bei dem Gedanken, dass Aaron etwas passieren könnte, trieb mehr Adrenalin durch seinen Körper. Er würde Kämpfen, alles tut um den Jungen zu schützen, der ihn als Großvater ansah, obwohl sie nicht verwandt waren.

Beim nächsten Blick über die Schulter, sah Milan dem Wesen in die gelben Augen, konnte dem Atem riechen und jeden Luftausstoß in seinem Nacken spüren.

Aaron schrie währenddessen gegen ein Tor, was sich in der Mauer befand, die unüberwindbar hoch war.

„HILFE!“

Im nächsten Moment wurde Milan zur Seite gestoßen und er sah geschockt auf die Szenerie. Es war wie in seiner Jugend, ein Kämpfer in lederner Montur schwang ein glühendes Schwert. Das Wesen hielt inne, fletschte die Zähne und ruckte zurück.

„Du entkommst mir nicht. Ich habe es geschworen, dass ich auch den Letzten von euch wieder dahin schicke, wo ihr hingehört!“

Das Wesen lachte auf, zumindest nahm Milan das an, während er sich aufrappelte und nach Atem rang. Als es zu sprechen begann, landete er jedoch vor Schreck abermals auf dem Waldboden.

„Das sagtest du schon einmal Krieger und auch da bin ich dir entkommen“, mit einem Satz war es verschwunden. Wie ein Raubtier sprang es einfach von einem Baum auf den nächsten, bevor es mit einer unglaublichen Geschwindigkeit ganz aus ihrem Sichtfeld verschwand.

Milan stand abermals auf und sah sich nach Aaron um, der gerade hinter die Mauern geführt wurde. Der Kämpfer, der sein Leben gerettet hatte, ließ sich auf die Knie fallen, rammte das kälter werdende Eisen in den Boden und schrie. Frust und Wut wurde von dem Wind mitgetragen und im ganzen Wald verteilt.

 

Skeptisch sah man Milan und Aaron an, der erste erwiderte die Blicke ebenbürtig. Wenn er eins in seinem Leben gelernt hatte, war es keinem Menschen zu trauen, es sei denn, es war seine Familie, die er vor zweihundert Jahren gewählt hatte. Sie verrieten ihn nicht, behielten sein Geheimnis für sich, stellten keine Fragen und akzeptierten diese merkwürdige Tatsache seines langen Lebens umstandslos.

Eilig verdrängte er die Gedanken, die eindeutig nicht hierhergehörten. Stattdessen maß er sich mit einem jungen Mann, dessen ganzes Auftreten von Kraft und Macht unterstrichen wurde. Dieser wechselte mit seiner Aufmerksamkeit zu dem neben ihm stehenden Mann. „Diese Augen …“

„Ist mir auch schon aufgefallen, er ist einer von uns. Doch der Junge nicht.“

Gerade als man auf Milan zuging, sprang Aaron zwischen ihn und die Männer. „Finger weg von meinem Opa, ich warne euch!“ Milan schloss kurz die Augen, atmete tief durch und versuchte die letzten Sekunden zu löschen, doch das war unmöglich. Ausgesprochene Worte konnte niemand zurücknehmen und so atmete er abermals durch und sah den Männern fest in die Augen.

„Dein Opa wird er nicht sein, da wir uns nicht mit Menschen paaren können, jedoch bin ich überzeugt, dass du ihm sehr verbunden bist und er dir. Ihr würdet euer Leben für den anderen geben, sehr schön zu sehen“, lächelte ein junger Mann und kniete neben Aaron nieder. „Ich bin Aurelian, ausgebildeter Arzt. Eventuell darf ich mir deine Wunde ansehen, bevor sie sich entzündet?“

„Ja!“, stockte Aaron und verschaffte Milan damit ein Lächeln.

„Ich danke Ihnen Aurelian. Also wissen Sie was mit mir ist? Wieso ich bin, wie ich bin?“, informierte er sich.

„Sie sind kein Mensch Milan, sondern ein Vitae essentia. Wir leben recht unbeachtet unter den Menschen, doch zwischen unsersgleichen. Wieso Sie allerdings darüber nicht informiert sind, würde mich interessieren“, lächelte Aurelian und sah zu Aaron. „Bist wohl an irgendwelchen Dornen vorbeigekommen. Ich würde dir gerne eine Tetanusspritze geben und es einmal desinfizieren. Reine Vorsicht. Bist du einverstanden?“ Ein Nicken war Zustimmung genug und so stand Aurelian auf und drehte sich zu den zwei Männern die hier wohl das Sagen hatten. „Wenn ihr etwas Anstand besitzen würdet, stellt ihr euch erst mal vor! Zudem ist der Dorfplatz nicht der geeignete Ort um solche Gespräche zu führen. Wir gehen besser ins Haus und ihr beide stellt euer Gehabe ein. Sie sind nicht wie wir, kennen euch nicht, also fahrt runter!“

Milan konnte sich ein Grinsen nicht verkneifen und dankte dem Arzt innerlich. Vitae essentia … der Ausdruck hallte in ihm nach und er war gespannt was er erfahren sollte. Nicht wirklich den Menschen anzugehören, war keine Überraschung, dafür hatte er in den Jahrhunderten zu viel herausgefunden und gesehen. Wunden heilten bei ihm wesentlich schneller, seine Augen unterschieden sich, auch wenn es selten auffiel, war es ihm nicht entgangen. Nachdenklich folgte Milan den Männern und bemerkte erst spät, dass er von David und Travor flankiert wurde. „Ich bin Travor!“, sprach ihn der augenscheinlich jüngere an, dessen Kraft und Macht ihn regelrecht zucken ließ.

„Milan, wie Ihr schon wisst. Bitte tut Aaron nichts, er ist ein guter Junge, seine Familie mir sehr treu, seit zweihundert Jahren, kann ich mich ihrer Loyalität und Verschwiegenheit gewiss sein.“

„Das Versprechen habt Ihr von uns. Wir tun niemanden etwas, der unschuldig ist.“

 

Die Anspannung hatte sich gelegt und doch dröhnte Milans Kopf, über die Informationen, die man ihm mitgeteilt hatte. Er gehörte also einer Rasse an, die sich Vitae essentia nannte. Sein Latein war nicht gerade das Beste, doch es musste so viel heißen wie die Essenz des Lebens. Ganz schön hochtrabend, wenn man ihn fragte. Seine Wundheilung, die Augen, alles war für diese Wesen typisch, keineswegs anormal. Was man gerade bei Travor sehen konnte, dessen türkise Farbe der Pupillen extrem hervorstach. Die Frage, wie er unwissend über seine Herkunft sein konnte, schwebte trotz des Gespräches weiter über ihnen. Denn Milan erinnerte sich nicht mehr. Die Zeit vor der Familie Loley war wie ausgelöscht und er konnte sich bei Leibe nicht daran erinnern, wie sein wahrer Name, seine Herkunft, oder gar seine Eltern waren. Aurelian schob es auf eine Amnesie. Selten in ihren Kreisen, doch nicht unmöglich. Als sie Milan baten, von der Zeit ab zu erzählen, als Erinnerungen hatte … wurde es schwer um sein Herz.

 

Sein Kopf dröhnte, als würde jemand mit einem Hammer einen Amboss bearbeiten. Jeder Schlag hallte in ihm wider. Das Erste was Milan sah, war eine Frau mit stechend blauen, verweinten Augen. „Ihr hättet Euer Leben für unseres gegeben, wie sind Euch zu Dank verpflichtet!“, es war Loreley Loley gewesen, die ihn dort anblickte, deren Mann im Kampf um das Dorf gestorben war, was von Wesen heimgesucht wurde, für die es keinen Namen gab. Nach ihren Erzählungen, hatte sich Milan zwischen eins dieser und dem jüngsten Kind gestellt, damit ein Leben geschenkt und bald seines verloren. Tiefe Fleischwunden, an Beinen und Armen, sein Kopf welcher ein Loch aufwies und gebrochene Knochen, hatte er davongetragen. Wie er überlebte, war jedem ein Rätsel und doch schrieben sie es einfach dem Wunder Gottes zu. Alsbald nahm Milan den Platz von Loreleys Mann ein, sorgte für die Familie und dafür schwor man ihm ewige Loyalität und Verschwiegenheit.

 

„Was war das für ein Wesen?“, holte David ihn in die Gegenwart zurück.

„Ich weiß es nicht, ich habe keine Erinnerungen. Man nannte sie Schattenwesen, da sie nie im Sonnenlicht auftauchten, dunkel gekleidet waren und so schnell …“

„Vampire. Zur damaligen Zeit waren sie dem Bluthunger verfallen. Wir haben es kaum in den Griff bekommen, sie waren stärker und angriffslustiger als heute. Wie das ausgelöst wurde, kann keiner mehr nachvollziehen, aber jede Rasse hatte Verluste zu verzeichnen“, mischte sich der Kämpfer ein, der vor dem Tor Milans Leben gerettet hatte. „Ich bin Philip, einer der ältesten Krieger des Königshauses. Du bist jedoch nicht viel jünger als ich, wenn ich dich richtig einschätze, wirst du die 300 auch schon überschritten haben. Besitzt du ein Tattoo?“

Irritiert sah Milan auf Philip, der seins entblößte. Eine Schlange zierte das Handgelenk des Kriegers und zischte ihm entgegen. „Nein ich habe keine Schlange … und weiß auch nicht, ob mir das gefallen würde, aber alles ist Geschmackssache.“

„Wir haben ja auch nicht alle das Gleiche. Travor trägt den Hengst, unser König den Drachen, Quinn eine Muräne, andere Eulen, Panther… es sind immer Tiere, die ausweisen welchen Rang wir haben und wer unser Partner ist. Das Schicksal hat für jeden einen Partner oder Partnerin vorhergesehen, findest du ihn beziehungsweise sie, verlängert sich dein 350 Jahre währendes Leben um bis zu 450 Jahre.“

„Ich lebe so lange? Das ist der reinste Wahnsinn. Kaum zu glauben und wie erkenne ich meine Partnerin? Nur durch dieses Tattoo?“

Aurelian lehnte sich an Travor, beide zogen auf den fragenden Blick von Milan ihre Ärmel hoch. „Ihr müsst euch nahekommen und du spürst so was wie einen Stromstoß, es durchzuckt deinen Körper. Nach und nach fühlst du die Anziehungskraft, das Verlangen bei dem anderen sein zu wollen. Eine Bindung macht aus zwei eins und es ist das unglaublichste was dir je passieren wird.“

„Noch unglaublicher als das hier? Na dann bin ich gespannt und wo ist mein Gegenstück?“ Einheitlich erhellte ein Schmunzeln die Gesichter. „Oh … es ist wie mit der wahren Liebe, entweder man findet sie, oder …“

„Zerfällt in unserem Fall zu Staub. Korrekt. Sag mal, du warst so nah am Wendigo wie ich. Was für ein Geschlecht hast du gesehen?“

Milan war über diese Frage irritiert und wusste nicht so recht was Philip meinte. Das behaarte Wesen sah keinem Geschlecht zugehörig aus, noch hatte er zwischen die Beine geschaut und auch die Stimme wies nicht auf männlich, oder weiblich. „Ehrlich gesagt, weiß ich nicht, wie ich das hätte erkennen können.“

„An den Augen, oder an der Hüfte, doch ich war mir nicht sicher …“

„Es hatte stechend gelbe Augen, mit einem roten Rand“, hörte man die leicht zitternde Stimme von Aaron, der bisher geschwiegen hatte.

„Du hast ihn so genau gesehen?“, fragte Philip kritisch.

„Ja, als er Adam …“, Aaron würgte und rannte hinaus. Selbst Milan musste mit der Übelkeit kämpfen, die bei der Erinnerung aufkam. In die grünen Augen seines besten Freundes zu blicken, als dieser dem Wesen in die Klauen geriet, war schrecklich gewesen.

„Er hat meinen besten Freund erwischt … als wir Rast machten, es gab kein Entkommen und ich konnte ihm nicht helfen, ich … Ich war zu feige.“

„Das hat nichts mit Feige zu tun, sondern ist reiner Überlebenswille. Gut, dann wissen wir es ist ein Weibchen und dass ich ihr vor 250 Jahren geschworen habe, sie zu vernichten und es nicht schaffte.“ Philips Nackenwirbel knackten, als er seinen vor Zorn angespannten Nacken nach rechts und links bewegte. „Es wird Zeit das Vieh zu vernichten.“

Milan erkannte gleich, wer Philips Partner war, als dieser ins Haus trat. Der Mann war eine Erscheinung, die dem Sprichwörtlichen Fels in der Brandung gleichkam und doch auch den Fluchtinstinkt wecken konnte. Außer man bemerkte den Blick, den er für Philip übrighatte, Liebe und Zuneigung, doch gerade auch voller Sorge.

„Phil, ich gehe mit!“

„Mit Sicherheit nicht Dante und darüber werden wir nicht diskutieren. Das ist mein Kampf, bei dem ich dich nicht gebrauchen kann. Du bist kein Krieger!“

„Und doch trage ich das Tattoo eines solchen. Wenn du dich in den Tod stürzen willst, werde ich an deiner Seite sein, denn du weißt genauso gut wie ich, dass dein Ableben auch meines sein wird. Da kannst du dir einreden wie du willst, dass es nicht so ist. Du willst mich dazu verdammen hier zu warten, bis der Wind mich davon trägt … statt mein Leben im Kampf zu lassen.“

Es herrschte Stille, keiner wagte auch nur einen Laut von sich zu geben und auch Milan ahnte, dass es ein Fehler wäre. Das Paar maß sich mit Blicken, die keinen Gewinner auserkoren konnten, sondern zwei Leben beenden würden, davon war Milan überzeugt. Er hatte das Monster in Aktion gesehen und konnte sich nicht vorstellen, dass einer dieser Männer gegen es ankam.

 

Die Entscheidung schien getroffen, denn schon am nächsten Morgen standen beide Männer in lederner Montur auf dem Dorfplatz. Ließen sich mit Schwertern eindecken und nahmen von einem weißhaarigen Krieger etwas entgegen, was Milan wie ein Feuerzeug vorkam. In ihm war jeder Muskel gespannt, als wäre er es der zum Kampf aufbrechen würde und fast sah er sich in einem. Sein Kopf schob Bilder vor sein geistiges Auge, welche er am liebsten verdrängt hätte. Blut, Körperteile, Tote … ein Schlachtfeld wie aus den Zombiefilmen. Wesen die sich über die Leichname hermachten, oder nicht mal den letzten Atemzug abwarteten um ihre Opfer bei lebendigen Leib zu verspeisen. Sich selbst mit blutgetränkten Händen, schreiend, ein Schwert schwingend und sich doch der Hilflosigkeit der Situation bewusst.

Das wirklich Laute seine Lippen verließen, bekam Milan nicht mit, befand sich in einer Erinnerung, die nicht hätte schrecklicher sein können. Sein Blut wurde in Höchstgeschwindigkeit durch seinen Körper gepumpt, dass er nur noch das Rauschen wahrnahm. Die Atmung wurde hektischer, er versuchte mehr und mehr Sauerstoff in seine Lungen zu bekommen, die seiner Meinung nach nichts aufnahmen. Milans Brustkorb wurde abgeschnürt, immer weniger Sauerstoff konnte sich darin entfalten, seine Finger verkrampften und dann fiel er ins Nichts. Tauchte ein in die erholsame Schwärze, wo es keinen Schmerz, keine Erinnerungen, keine Empfindungen gab.

 

„Gott ich habe dafür echt keine Zeit. Meine drei fähigsten Wächter und eure Freunde sind da draußen … und wir kümmern uns um ihn, weil er nicht weiß sich zu beherrschen“, Milan erkannte sofort Davids erboste und vor allem genervte Stimme. Wut brodelte in ihm hoch, was war das für ein arrogantes Verhalten? Und wo war er eigentlich und wieso fühlten sich seine Glieder schwer wie Blei an? Langsam quälte Milan seine Augen auf und blickte direkt in die braunen von David, dessen Hand über seinen Augenlidern schwebte.

„Hol deine Finger da weg. Wenn du schon so genervt von mir bist, verschwinde dahin wo kein Pfeffer wächst.“

„Erstens, ist das hier mein Dorf und du nur zu Gast! Zweitens, wenn hier einer geht, bist du das! Drittens, wächst hier gar kein Pfeffer.“

„Oh Mann, ihr lebt echt noch im Mittelalter, kaum zu fassen. Das ist ein Sprichwort und nun hol deine Hand da weg, bevor ich sie beseitige.“

„Drohst du mir gerade? Was meinst du wer du bist? Ich an deiner Stelle würde mir die nächsten Worte recht gut überlegen.“

„Jetzt bekomme ich Angst … wolltest du nicht irgendwohin spannen gehen wie die armen Männer sterben, während du dich in Sicherheit wähnst? Ach du großer Dorfbesitzer?“ Als David seine Hand zurückzog, die sich mittlerweile zu einer Faust geballt hatte, setzte sich Milan auf und kämpfte mit seinem Kreislauf. „Hau mir ruhig eine rein, aber sei dir eins bewusst, es kann nicht schlimmer sein, als meine Vergangenheit, die sich eben gezeigt hat. Ich habe so viele Tote gesehen, wie du dir in deinen Träumen nicht ausmalen kannst, habe selbst den Tod gebracht, ohne dass es was verbessert hat. Habe meine Freunde sterben sehen, während du hier in deiner vermeintlich sicheren Siedlung versteckt hast. Habe meine Ersatzfamilie über die Jahrhunderte durch Leid und Tod begleitet, was denkst du, was du mit deiner Faust noch bei mir anrichten könntest?“

 

Diese Frage blieb unbeantwortet. Stattdessen stürmte eine Wache in das Arzt-Haus und rief David nach draußen. Es ereigneten sich so viele Dinge auf einmal, dass es Milan schwerfiel dem Ganzen zu folgen. Über dem Dorf kreiste ein Helikopter, während vor den Toren der Wendigo sein Spiel mit den Wächtern und dem Krieger spielte. Immer wieder kreiste das Wesen um die Männer, schnappte sich einen nach dem anderen, in einer Geschwindigkeit, dass die anderen nur machtlos zusehen konnten.

Milan stand entsetzt neben David auf der Dorfmauer und versuchte eine Lösung zu finden. Er wollte das nicht ansehen müssen, wie gute Männer starben, ohne auch nur einen ehrenwerten Kampf bestritten zu haben. Doch wie sollte er helfen, er hatte die Mauern nur mit Hilfe von Aurelian besteigen können, sein ganzer Körper schien auf Sparflamme zu fahren, was der Arzt auf den seelischen Stress zurückführte.

 

Langsam zogen sich die Wachen zurück, waren sich ihrer Machtlosigkeit bewusstgeworden, während Philip und Dante weiter das Wesen in Schach hielten. Die ersten Hiebe trafen Philip, zerschnitten selbst die Lederkleidung und wäre diese nicht in Schwarz gehalten, hätte man sicherlich eine Rotfärbung erkannt. Ein Seitenblick zu David zeigte Milan dessen Verzweiflung und Ratlosigkeit. Automatisch mobilisierte der angeschlagene Vitae essentia seine Kraftreserven, überblickte die Situation und ehe sich weitere Gedanken bilden konnten, hörte er seine Stimme auch schon von den Mauern der Stadt wiederhallen. „Macht das Tor ein Stück auf und lasst die Leute rein! Bereitet Schwerter vor, lasst sie rot glühen und jeder Mann der sich fähig fühlt, geht mit mir da raus!“, es war als wäre er ein anderer Mann. Milan spürte es tief in sich, wie sich sein Geist aufbaute, jeglichen analysierenden Gedanken zurückschob und stattdessen das tat, was gefordert war.

Der Schmied ließ mit Quinns Hilfe zehn Schwerter ihren silbernen Glanz verlieren und rot leuchten, wie flüssige Lava. Travor, Quinn, Jannis, Milan und Patrik stellten sich auf. Auch wenn der Letztere einen schiefen Blick bekam, welcher dieser mit einem Schulterzucken abtat. Es wurde Zeit zum Handeln, denn die Kampfgeräusche vor den Toren, hallten zu ihnen, ebenso Dantes Grollen, was auf nichts Gutes schließen ließ.

 

Fassungslos sahen sie einander an, alles hatte sich gegen sie verschworen, jeden Plan zu Nichte gemacht. Gerade als die Fünf das Tor durchquert hatten, ertönte ein ohrenbetäubendes Geräusch über ihnen. Ein Helikopter schwebte genau über dem Platz des Geschehens und ehe einer reagieren konnte, sprang ein zweiter Wendigo auf die Lichtung vor dem Dorf und packte sich Dante. Philip wollte seinem Gefährten zur Hilfe eilen, wurde jedoch hinterrücks von dem ersten Biest niedergeschlagen, indem sich die scharfen Krallen in seinen Rücken bohrten und ehe jemand reagierte, waren sie fort. Dante, Philip und die Wendigos verschwanden in einer nicht zu folgenden Geschwindigkeit, hinterließen lediglich eine Blutspur, die sich im Wald verlor.

Travor verlor seine Gelassenheit, brüllte die Bäume an, schrie verzweifelt auf und brachte damit jedes Tier zum Flüchten. Jede Spur führte ins Nichts, lediglich das Blut, einige Haare und Kleidungsfetzen zeigten, dass Dante und Philip durch den Wald geschleift worden waren.

„Es ist zu viel Blut, selbst für einen von uns“, schluckte Aurelian und verkniff sich jemanden in die Augen zu sehen.

„Der Wald wird bis zum letzten Winkel durchsucht, ich will meine Krieger zurück, ich will meine Freunde wieder. Wer sich dem widersetzt, kann sich auf eine harte Strafe gefasst machen!“ Travors Augen waren gefüllt von Verzweiflung, Wut und Hoffnungslosigkeit, seine Mimik versteinert und seine Stimme durchschnitt jeden Gehörgang wie ein Schwert. Der Hengst war ausgebrochen und bereit zu führen, diese Gewissheit stand dem künftigen Führer oder gar König ins Gesicht geschrieben.

 

Milan verstand nur wenig von dem, was Aurelian ihm nebenbei über ihre Rangordnung erklärte, akzeptierte dessen Partner trotzdem, ohne Widerrede als Anführer. Das Alter zählte bei ihnen nichts und irgendwas in Milan sagte ihm, dass er das richtige tat. Zusammen mit Aurelian und Jannis durchforstete er den ihnen zugeteilten Waldabschnitt.

„Also werdet ihr zwei irgendwann die Könige unserer Rasse sein?“

„Ich weiß es nicht, oder Travor der Anführer der Krieger. Irgendetwas kommt auf uns zu und wie ich meinen Freund heute erlebt habe, weiß ich nicht ob ich Angst davor haben soll, oder mich Freude durchflutet. Er ist innerhalb von Minuten zu William mutiert. Ich mag meinen Patenonkel, aber als Partner wollte ich den nie“, zwinkerte Aurelian und sah hinter einige Büche, die an einem Felsen wuchsen.

„Und was hat es mit dem Helikopter auf sich? Wer sind die Leute? Der eine Krieger sah aus, wie ein Berserker, der andere …“

Aurelian zog die Augenbrauen hoch. „Sag nichts Falsches. Samu ist ein toller Mann. Ja er mag etwas exzentrisch sein, aber sonst … Ich mag ihn.“

Jannis lachte. „Etwas? Der Kerl ist ein Paradiesvogel, aber echt nett. Der Berserker ist Rikku, die Vertretung von William bei den südlichen Kriegern. Ein erfahrener Kämpfer aus Finnland. Ich habe eben nur zwei Worte mit ihm gewechselt, aber es scheint als hätte er den Weg mit zwei seiner Krieger hier hergefunden, weil diese den Wendigo auch noch von früheren Zeiten kennen. Sie wollten uns unterstützen, wollen … Wir müssen die zwei finden, wenn ich mir nur vorstelle was die Viecher mit ihren Opfern machen …“ Jannis machte ihnen wieder klar, wieso sie gerade den Wald durchforsteten. Bedrückt atmete Milan ein. Er kannte keinen der Vitae essentia und doch fühlte er sich ihnen verbunden, war dankbar, dass sie selbst Aaron Unterschlupf boten, obwohl das nicht der Normalität entsprach. Verständlich, wenn man ihn fragte. Sie waren Fabelwesen, unrealistisch für die Menschheit und doch, wie er mittlerweile mitbekam, retten sie diese immer wieder vor anderen „nichtexistierenden“ Wesen.

Milan entdeckte eine kleine Höhle und betrat diese, gefolgt von den anderen. Dank Taschenlampen, die Jannis zwinkernd verteilte, fanden sie sich darin zurecht. Der Gang war lang und hinterließ bei allen drei Männern ein unwohles Gefühl.

 

Immer tiefer drangen sie in die Höhle vor und ihre Vorahnungen, erfüllten sich. Gebeine, Stoffreste, Zähne und selbst Finger- und Fußnägel erblickten sie auf dem erdigen Boden.

Jannis drängte sich vor und leuchtete mit zittrigen Fingern den vor ihnen liegenden Gang entlang. Ein Keuchen entkam seiner Kehle, als er losrannte.

Bald schon, konnten auch Aurelian und Milan sehen, was den Krieger dazu veranlasste. In der Erde steckte Philips Schwert, drum herum frisches Blut, dessen lederne Kluft und abermals Haarbüschel, wie sie schon im Wald gefunden wurden. Als sie dann auch noch einen Anhänger von Dante entdeckten, der halb verscharrt in der Erde lag, brach Jannis in die Knie und Aurelian kämpfte mit seiner Fassung.

Milan stand etwas abseits und fragte sich, was er machen sollte? Die Verzweiflung und Trauer lag den zwei Männern ins Gesicht geschrieben. Das Blut und die Überreste sprachen für sich. Zwei tapferen Männern hatte es das Leben gekostet und irgendwas tief in ihm sagte, dass sie es nicht mal schaffen würden, die Überreste anständig beizusetzen. Ein ehrenwerter Tot war sicher etwas Anderes und doch hoffte er inständig, dass sie nicht mehr gelitten hatten, als es nötig war. Langsam stand Jannis auf, in den Händen den Anhänger und das Schwert. Dessen Augen glänzten verräterisch und doch lag so viel Härte in ihnen, dass es Milan eiskalt den Rücken hinunterlief.

Dieser Blick schrie nach Rache, Vergeltung, Tot.

 

Die Rückkehr ins Dorf verlief schweigend, dabei konnte Milan nicht sagen, ob jeder seinen Gedanken nachhing, oder die zwei Männer bei ihm, bereits still besprachen, was als nächstes zutun war.

Der Erste, der ihnen begegnete war Quinn, dem ein Blick auf die Sachen in Jannis Hand reichte um zu wissen, was unausgesprochen bleiben sollte. Das Zittern in der Kiefermuskulatur, der Tränenschleier vor den Augen, verriet den kühnen Krieger. Keiner sagte ein Wort, auch die Neuankömmlinge senkten lediglich den Kopf um ihrer Betroffenheit Ausdruck zu verleihen.

Travor übernahm die letzten Habseligkeiten und verschwand mit diesen im Haus von David.

Eine merkwürdige Situation für Milan, der sich fehl am Platz vorkam. Als jedoch David mit einem wutverzerrten Gesichtsausdruck auf ihn zustürmte, musste er sich doch glatt ein Grinsen verkneifen. Wie unpassend das in dieser Situation auch war, der Bürgermeister, oder wie man ihn nennen mochte, amüsierte ihn geradezu mit dieser Mimik.

„DU …“, zeigte David ihm auf die Brust. „DU …“, wiederholte er knurrend und eine Ader an seinem Hals schwoll an. „Wie kannst du es wagen, dir das Sagen anzueignen? DU bist hier Gast, ein Flüchtiger, dem ICH Unterschlupf biete. DU hast hier NICHTS zu sagen!“

Milan grinste selbstgefällig, dass er es selbst bemerkte und sich am Liebsten davon abgehalten hätte, doch in solchen Situationen schien sein Geist einen eigenen Willen zu entwickeln. „Ich bilde mir ein, das getan zu haben, was DU nicht geschafft hast, nämlich deine Leute gerettet und wenigstens versucht den Krieger und seinen Partner zu retten. Während du nur dagestanden und dumm aus der Wäsche geguckt hast.“

Die Zähne mahlten aufeinander, die Nasenflügel des Dorfoberhauptes blähten sich auf, was darauf schließen ließ, dass er jeden Moment explodierte. „Meine Männer sind durchaus fähig selbst Entscheidungen zu treffen und du hattest nicht das Recht dazu. Was für ein arroganter, selbstgefälliger Artgenosse du doch bist, hast uns zwei Leben gekostet!“

„Ich? Hättest du reagiert, könnten sie alle noch leben, wäre dieser beschissene Hubschrauber nicht aufgetaucht ebenso. Wage es nicht, mich für deine Handlungsunfähigkeit verantwortlich zu machen.“

Der Schlag traf Milan unerwartet und doch besaß er so viel Körperspannung um stehen zu bleiben. Verwundert sah er seinem Gegenüber an, der irritiert auf seine Faust starte, die weiterhin auf Milans Kinn lag. Die Wucht des Aufpralls hallte in ihnen nach, als wäre es ein Storm von Energie. Es durchzuckte ihre Körper, ließ sie auseinanderfahren, als hätten sie in die heiße Glut eines Feuers gepackt.

„Was war das?“, fragte Milan sich selbst, doch laut genug, dass es David nicht entging.

 

 

***

 

 

Hart schluckend, entfernte sich David immer weiter von Milan. Das war nicht gut gewesen, gar nicht gut und vor allem nicht geplant. Nicht jetzt, nicht dieser Vitae essentia, ein absolutes Desaster. Milan war ein Mann und auch wenn David wusste, dass das Schicksal keine Unterschiede bei den Geschlechtern machte, konnte es das nicht ernst meinen. Nicht Milan, nicht er, keine Bindung, das war nie geschehen, das durfte nie geschehen sein.

Er war aufgeschlossen, hatte nichts gegen gleichgeschlechtliche Bindungen, solange es ihn nicht selbst betraf und diesen arroganten, selbstgefälligen Mann, der seinen Puls zum Kochen brachte.

Eilig wandte sich David ab und rannte so schnell er konnte in sein Haus. Nichts wie rein, die Türe schließen und verriegeln. Die Hoffnung starb nun einmal zuletzt.

 

„Alles in Ordnung David?“, zog Travor die Aufmerksamkeit auf sich. Er saß am Esstisch, den Kopf in den Händen gestützt und ein Funktelefon vor sich. „Ich habe William informiert“, beantwortete er die unausgesprochene Frage von David.

„Wie hat der König reagiert?“

„Geschockt. Dante ist ein Freund, ein sehr langer Freund. Er fährt jetzt zu Bennet und versucht es ihm so schonend wie es geht beizubringen. Seit Stephans und Leonards Tot mussten sie keinen mehr gehen lassen und sie haben gehofft, das hielte noch etwas an.“

„Es tut mir leid“, ehrlich betroffen, senkte David den Kopf, sein Herz wurde schwer.

„Da gibt es nichts, was dir leidtun müsste. Also was ist los? Du schaust, als hättest du ein Gespenst gesehen.“

David zögerte und doch musste er loswerden, was auf seiner Zunge bereits zu brennen begann. „Ich glaube, ich bin mir fast sicher, also das … Ich habe eben Milan geschlagen und dann…ja ich weiß nicht so recht …“

„Hast du ein Kribbeln bemerkt, oder war es eher ein Zucken? Zumindest ist dir gerade bewusstgeworden, dass dich das Schicksal hasst!“

„So kann man es ausdrücken … woher?“

„Das scheint eine Nebenwirkung zu sein, in einem Bund zwischen zwei Männern unserer Rasse. Aggressionen gegenüber seinem Partner zu empfinden, eine merkwürdige, recht schmerzhafte Nebenwirkung, aber wenn ihr euch erst einmal aufeinander einlasst, ist es umso schöner.“

David sah Travor entsetzt an, hatte der ihm im Ernst zu verstehen gegeben, er sollte sich auf Milan einlassen? „Im Leben lass ich mich nicht auf diesen arroganten, selbstgefälligen Mistkerl ein. Vorher lasse ich mich vom Wind hinfort tragen.“

Travor lehnte sich grinsend zurück und nickte. „Ich bin so nett und wink dir hinterher, während sich eure Seelen im Jenseits verbinden, denn was du vergisst, wir sind über den Tot verbunden.“

Gerade übermannte David das Bedürfnis, seinem Gegenüber ins Gesicht zu schlagen, diesem schien das allerdings nicht zu entgegen, oder zu beeindrucken. „Ich bin ein Krieger, gelernt in Techniken der Vitae essentia und er Wölfe, glaub mir, du willst dich nicht mit mir anlegen. Du hältst so viele Stücke auf das Schicksal. Was dir dieses Dorf vorhergesagt hat, mich und doch sträubst du dich nun, vor etwas wie einem Bund. Aurelian war ein Baby, als wir erfuhren, dass wir zusammengehören. Obwohl ich mich von ihm fernhielt, sind wir einen Bund eingegangen, der uns in den Träumen heimsuchte. Wir teilen uns diese Welt und die der Träume. Wir können unsere Energie aus jeder unserer Begegnung ziehen, ohne dass sie real ist. Etwas Besonderes! Das Schicksal tut nichts, ohne Grund, ich hoffe das lernst du noch“, mit diesen Worten stand der Krieger auf und verließ das Haus.

David blieb zurück und traute seinen Ohren nicht, hatten ihn der vorhergesagte Führer gerade gemaßregelt? Oder war es lediglich ein gut gemeinter Rat?

Es spielte keine Rolle, denn in diesem Augenblick schien etwas in David zur Besinnung zu kommen und Travor rechtzugeben. Das Alter spielte bei ihrer Rasse selten eine Rolle, sah man es ihnen nicht an und jeder hatte schon Jahre gelebt und Erfahrungen gesammelt, doch gerade jetzt kam sich David wie ein Kind vor. Vor sich hin knurrend ging er ins Bad und entkleidete sich. Der Tag war schrecklich, die Vorwürfe von Milan berechtigt und Davids Herz schwer über das Wissen Schuld zu sein, an dem was passiert war. Eiskaltes Wasser rann über seinen Körper und peinigte seinen Körper von außen, während er sich selbst von innen malträtierte.

 

Zwei Stunden später standen alle auf dem Dorfplatz. Einige Kerzen brannten und das Schwert lag samt Kette in der Mitte. David sah sich um, betrachtete die Neuankömmlinge. Drei wahre Krieger wie er sie aus der alten Zeit kannte, doch der vierte Vitae essentia erschien ihm fremdartig. Haare mit farbigen Spitzen, gen Himmel stehend, die Kleidung so eng wie die eines Reiters, jedoch im Gegensatz zur Ankunft nun farbig angepasst der Situation. Schwarz, gediegen, die Blicke waren gesenkt und doch viel der Partner des Anführers des Südens auf. In dessen Schuhe und Tasche spiegelte sich der Kerzenschein, während er an einem Gefährten lehnte und mit den Tränen kämpfte. Ein sehr außergewöhnlicher Zeitgenosse, wenn man ihn fragte.

Langsam wanderte Davids Blick weiter und blieb an Milan hängen, der bedrückt zum Boden starrte, die Gegenstände der zwei dahingeschiedenen betrachtete und scheinbar mit den Augen abtastete. Obwohl seine Fäuste sich automatisch ballten, blieb David ruhig und analysierte was er sah.

Milan war sicherlich kein verkehrter Vitae essentia, hatte Herz und bewiesenermaßen auch Verstand und doch … er war überheblich, arrogant, eignete sich eine Position an, die ihm in der Situation, zu diesem Moment noch nicht zustand. Allein der Gedanke, dass es ab jetzt nur eine Frage der Zeit war, bis sich der Wolf auf Milans Handgelenk niederließ, verursachte bei David einen eiskalten Schauer. Niemals hatte er damit gerechnet, dass es ausgerechnet einen Mann treffen würde. Auch wenn es durchaus als normal anzusehen war, dass es auch das gleiche Geschlecht treffen konnte, kam es im Vergleich zu selten vor.

Außerdem hatte David nie Interesse an Männern gehegt, außer Freundschaften … doch eine Beziehung beinhaltete eindeutig mehr. Wie sollte das funktionieren? Seine Gedanken schweiften ab. Zeigten ihm Bilder, die er so nicht sehen wollte, geschweige denn sich vorstellen. Wie er einen Mann küsste, intim berührte und sich ihm hingab, nein, das würde niemals passieren, mit Sicherheit nicht.

Die Aufmerksamkeit der umstehenden Dorfbewohner und Gäste, waren ihm gewiss, denn ohne es zu merken, hatte sich ein lautstarkes „Niemals“ aus seiner Kehle gelöst.

„Ich weiß es ist schwer zu akzeptieren, aber jeder muss einmal gehen“, sprach Rikku ihn an und bedachte David mit einem mitfühlenden Blick. „Wir werden dein Dorf schützen. Ich habe meine zwei besten Krieger mitgebracht. Niklas und Arne kennen diese Bestie aus früheren Zeiten.“

Was sollte David nun sagen? Er nickte lediglich, sah wieder zu Boden und zog sich zurück. Allerdings blieb er nicht lange allein, bei seinem Spaziergang in der Dämmerung. Der Partner des Berserkers schloss auf. „Geht es wieder? Mach dir keine Gedanken, wenn Rikku was verspricht hält er es auch. Er ist ein toller Krieger und nimmt seine Arbeit ernst. Manchmal zu ernst, eindeutig und doch kann man sich blind auf ihn verlassen. Ich weiß ja nicht wie ihr das hier so handhabt im Dorf, aber bei uns ist das normal. Man kann sich aufeinander verlassen. Okay ich gebe zu, ab und an drückt sich Rikku etwas schwammig aus und reagiert komisch, dass man ihn nicht wirklich versteht …“

David war stehen geblieben und blickte den schmalen, recht jung wirkenden, Mann an, der ihn gerade fast ohne Luft zu holen alle Vorzüge und Nachteile seines Partners erzählte.

„Als wir uns kennenlernten, das war eine Geschichte, ich sag dir. Eigentlich etwas rührselig, bist du ein Mann der nah am Wasser gebaut ist? Mit Sicherheit nicht, du siehst mir auch wie einer der steinharten Krieger aus. Der Einzige, aber der ist auch kein Krieger, der etwas wie ich ist, ist Aurelian. Ein toller Mann, ein super Arzt, kennst du ihn? Ach mit Sicherheit, er ist ja hier.“

David hatte keine Chance, auch nur zu einer Antwort anzusetzen. Der Mann sprach einfach weiter, gab sich selbst die Antworten auf gestellte Fragen, der ignorierte, dass es eine Frage war. So wanderten sie weiter durch die Dämmerung und die Straßen des Dorfes. Positiv war allerdings, dass er nicht weiter nachdenken konnte, sondern einfach zuhörte und sich sein Denken einstellte.

 

„Dann erzähl mal wie es ist zwischen Milan und dir? Er äußert sich ja gar nicht. Komischer Geselle, wenn du mich fragst, dabei sieht man doch, dass es zwischen euch gefunkt hat.“ Zum ersten Mal schwieg Samu und sah David erwartungsvoll an.

„Gefunkt? Nichts hat es zwischen uns. Das Schicksal irrt und erlaubt sich einen schlechten Witz.“

„Das wäre mir neu. Es liegt immer richtig. Schau dir Rikku und mich an, da würde jeder von einem Witz ausgehen und doch sind wir ein Paar, das glücklich miteinander ist. So unterschiedlich wir sind, so sehr halten wir den anderen in Balance.“

„Ach und du meinst das trifft auf Milan und mich auch zu? Nie im Leben. Es mag durchaus sein, dass er korrekt reagiert hat, als ich nicht fähig war, jedoch hätte er es sich nicht aneignen dürfen. Das war respektlos und unangebracht. Er gehört nicht mal in unsere Welt, ist viel zu menschlich!“

„So? Und was genau ist an ihm viel zu menschlich? Dass er sich ohne nachzudenken, in die Gefahr begab? Mit einem Schwert, was er zu führen wusste? David ich glaube du möchtest die Wirklichkeit nicht sehen. Du hast deinen Gefährten gefunden und er ist ein Mann. Es hätte schlimmer kommen können.“

„Dich zu bekommen?“, grinste David, was ihm schnell verging, als er bäuchlings auf dem Boden lag.

„Oh ja, glaub mir, ich bin eine Nummer zu groß für dich. Lass dich von meiner Fassade nicht blenden, es ist alles mehr Schein, als sein. Ich bin von meinem Mann ausgebildet worden, für den Fall der Fälle und ich liebe es, dieses Wissen auch dann einzusetzen, wenn es nach seiner Meinung, unangebracht ist“, mit diesen Worten, half er David wieder auf und zwinkerte.

„Wer hätte das gedacht? Innerlich doch ein Krieger?“

„Nein, mit Sicherheit nicht …“

„Samu ist lediglich link und man lässt sich täuschen, eine Eigenschaft die kein Krieger nutzen würde, doch so manchen schon in den Dreck befördert hat“, lachte Rikku und zog seinen Gefährten an seine Seite. „Als Partner eines Anführer-Vertreters eine untragbare Eigenschaft, wenn man mich fragt, doch ich kann es ihm nicht austreiben.“

„Es gibt schlimmeres. Ich habe eine Ausbildung als Krieger hinter mir und wie man sieht, nichts mehr behalten, sonst wäre ich achtsamer. Ihr seid jetzt der Ranghöchste hier, wenn ich richtigliege?“

Rikku nickte und seufzte zeitgleich. „Auch, wenn Travor irgendwann weitaus höher sein wird als ich, ist das momentan wahr. Ich werde ab jetzt die Führung übernehmen, so war es Williams Wunsch vorhin, als wir in Kontakt traten. Eigentlich sollte ich nur Niklas und Arne herbringen um Philip zu unterstützen. Jetzt bin ich dafür verantwortlich, das …“ Rikku schloss die Augen. „Wir hätten uns vorher anmelden sollen, statt wie die Wilden einzufliegen und den Mist zu verursachen. Ich habe zwei gute Männer auf dem Gewissen, jetzt ist es meine Pflicht die zwei Wenigos zu töten.“

David dachte sich verhört zu haben, gab sich denn jeder hier die Schuld? Travor, Rikku, er selbst machte sich ja auch verantwortlich. Doch vergaßen sie dabei nicht, wer die tapferen Männer auf dem Gewissen hatte? Diese Bestien hatten mittlerweile so viele Leben gekostet, es war an der Zeit die Jagt-Session zu eröffnen. Diese Gewissheit breitete sich in ihm aus und schon machte er sich auf den Weg zum Dorfplatz. Die silberne Glocke anvisiert strebte er darauf zu, umschloss die Kordel daran fest und schlug Alarm. Wie erwartet gingen im gesamten Dorf die Türen auf und die Bewohner rannten heraus. Tief durchatmend legte sich David die kommenden Worte zurecht, die nicht nur sein Leben verändern würden. Es war Zeit für die Gegenwart, die Zukunft, es wurde Zeit die Grenzen vom Dorf zu überschreiten. Es brauchte nur wenige Sätze mit Quinn, der ihm unverzüglich zusicherte, seinen Plan zu unterstützen.

Eine kleine Diskussion mit Rikku, der schlussendlich einwilligte und dann trat David vor. „Es ist an der Zeit, den Kampf gehen die Bestien zu gewinnen. Leider ist uns das, mit unseren Mitteln nicht möglich, somit fordere ich euch auf, jeden gesunden und kampfbereiten Vitae essentia mit mir da raus zu gehen. Wir kämpfen, werden verletzt und können sterben, seit euch dessen bewusst. Doch ich bin bereit die Grenzen zu öffnen. Quinn wird uns mit neuartigen Kampfgeräten ausstatten, wir werden den Bestien zeigen, dass wir stärker sind und nicht kampflos zusehen, wie sie unsereins töten und fressen. Wir werden die Gewinner sein, die mit hocherhobenen Kopf zurückkehren und unsere Kinder schützen.“

 

Es dauerte Stunden, bis David in lederner Montur vor die Stadtmauern trat und die Schusswaffe in seiner Hand, etwas beherrschte. Der Rückschlag machte ihm durchaus zu schaffen und doch war er gewillt, diesen Kampf zu gewinnen.

50 seiner Dorfbewohner befanden sich alsbald neben und um ihn, waren dazu bereit ihr Leben zu opfern, unterstützt von den Kriegern, wovon einer gerade wutentbrannt auf ihn zukam.

„David ich untersage dir, das hier durchzuziehen. Es ist ein reines Selbstmordkommando. Wir sind die Krieger, wir werden das alleine hinbekommen!“, donnerte Travor los.

„Es ist mein Dorf, ich entscheide hier was gemacht wird.“

„Ich bin der Hengst, sagtest du nicht …“

Rikkus Stimme durchschnitt die Luft und entzog den zwei Männern jeglichen Atem zum Sprechen. „RUHE! Ich habe mein Einverständnis gegeben, aus guten Grund Travor. Das hier ist nicht nur unser Kampf, nicht der, der Krieger, es ist ein Kampf eines Dorfes, dass sich beweisen muss. Wir unterstützen sie und bevor du es wagen solltest, mit mir eine Diskussion anfangen zu wollen, erinnere ich dich an meinen Rang und deinen. NOCH bist du nicht der Anführer oder König, NOCH entscheide ich!“

„Aber …“ Travor unterbrach seine Einwände, kniff die Augen und Zähne zusammen. Rikku hatte recht, er war der ranghöchste und doch tat es David leid. Denn die Vorhersehung sagte ganz klar, dass der Hengst sie führen würde. Allerdings war es wie Rikku gesagt hatte, sie mussten es sich selbst beweisen. Sein Dorf konnte kämpfen, hatte 250 Jahre ohne Hilfe überlebt und ihnen nun jegliches Mitspracherecht zu entziehen, wäre ihr Untergang.

Ein Dorf lebt von Vertrauen und Zuversicht, von der eigenen Kraft im Kampf ums Überleben, nahm man ihnen das, konnte man sie getrost auseinanderreißen und es dem Erdboden gleichmachen.

„Du hast zwei Möglichkeiten, Travor. Geh mit und kämpf an der Seite eines Dorfes, das dich als Führer sieht, oder geh zurück und beschütz das Dorf, was dich als Führer sieht“, Rikku wandte sich ab und besah sich die Männer und Frauen die sich für den Kampf vorbereitet hatten.

 

David grinste in sich rein, der Anführer der südlichen Krieger hatte es auf den Punkt gebracht. Das Dorf zählte auf Travor, vertraute ihm, seitdem ersten Moment, wo er das Tor durchschritten hatte.

Grummelnd nahm Travor Aufstellung neben seinen Kollegen, dass es ihm nicht gefiel stand außer Frage und doch zeigte er durchaus, wieso er später einmal ein höheres Amt innehaben würde.

David sah sich um, betrachtete Aurelian und Samu, die sich gegen die Stadtmauern lehnten und seufzend die Fortschritte wahrnahmen. „Es gefällt ihnen nicht. Jedes Mal, wenn wir in den Kampf ziehen, machen sie sich zu viele Gedanken, bist du breit?“, stand Travor plötzlich bei ihm.

„Es tut mir leid, dass ich mich gegen dich stell, wo wir doch zusammenarbeiten sollten … jedoch, das ist mein Dorf und ich habe mein Leben lang darauf verlassen, was mein Innerstes mir sagt. Dass sie sich Gedanken machen, ist doch schön, sie lieben euch.“

„Lieben ja und halten zusammen und treiben mich in den Wahnsinn. Aurelian hat sich von Samu einen Floh ins Ohr setzen lassen, der für viel Ärger sorgt. Ärger den ich zu sehr an anderen auslasse, ich hoffe du nimmst meine Entschuldigung an.“

David nickte und sein Blick wanderte zu Milan, der ebenso in Montur auf die Anweisungen von Rikku wartete. Das Gewehr in der Hand, das Gesicht zu einer eisernen Maske gefroren, wirkte er abermals wie einer von den Kriegern.

„Ich glaube er ist nur halb so verkehrt für dich, wie du denkst. Ihr werdet bald Energie benötigen, vergesst das nicht. Ich werde mit Rikku reden, dass ihr in eine Gruppe kommt. Und darüber diskutiere ich nicht mit dir!“

David gab sich geschlagen, vorläufig, für das Wohl aller, denn sein eigenes, schien ihm in Bezug auf Milan egal zu sein.

 

Schon bald fanden sich die beiden Gefährten nebeneinander, durch den Wald gehen, wieder. In Zweiergruppen waren sie losgezogen, immer so geringen Abstand wie möglich zur Nächsten, falls man etwas fand. „Wie ist das mit dieser Partnersache?“, erklang die Stimme von Milan derart leise, das David sich kurz fragte, ob dieser überhaupt gesprochen hatte.

„Gefährten werden vom Schicksal bestimmt, man spürt die Verbundenheit und je nachdem, ob einer ein Tattoo einer Seherin hat, überträgt es sich. Ab diesem Moment beziehst du deine Energie nicht mehr nur aus Schlaf, Essen und Trinken, sondern brauchst deinen Partner um am Leben zu bleiben. Nähe und Berührungen.“

Kurz hielt Milan in seinen Schritten inne, doch schloss schnell wieder auf, wie David aus einem Seitenblick erkannte. Sie schwiegen die nächste Stunde und untersuchten mehrere Hecken, kletterten auf Bäume und standen auch alsbald im knietiefen Schlamm eines Baches, welcher durch eine Höhle führte.

„Und wie soll das zwischen uns laufen? Ich steh nicht so auf Männer!“

„Dann haben wir ja wirklich was gemeinsam. Hast du dieses leuchtende Teil?“

„Taschenlampe!“, seufzte Milan und reichte sie ihm augenverdrehend. „Gut, also ist eine Beziehung ausgeschlossen, aber wie läuft es dann?“

David sah in die Höhle, doch musste bald einsehen, dass sie zu verwinkelt und dass ein Reingehen unumgänglich war. „Sag den anderen Bescheid, dass wir reingehen. Ich habe keine Ahnung wie es mit uns laufen soll, ob du es glaubst, oder nicht, ist auch meine erste Bindung. Aber da Nähe intensiv sein sollte, biete ich dir gerne Schläge an, näher werden wir uns wohl nie kommen!“

Milan sprach in ein Funkgerät, was ihm Quinn gegeben hatte und mahlte mit den Zähnen aufeinander. „Was hast du gegen mich? Nur weil ich, als du schockiert dagestanden hast, das Zepter übernahm? Das ist lächerlich, ich hoffe das ist dir klar!“

 

David verkniff sich jeden Kommentar und ging stattdessen voran in die Höhle. Es war düster, roch modrig und doch wiesen fehlende Spinnenweben darauf hin, dass erst kurz davor irgendwer diesen Gang entlanggekommen war. „Ich wünschte mir …“

„Dass es Philip und Dante wären? Ein schöner Gedanke“, flüsterte Milan dicht hinter ihm.

„Die beiden haben das nicht verdient. Hast du die Gesichter ihrer Freunde gesehen? Den Schmerz in den Augen? Diese Verzweiflung … das wird auch der Tot dieser Biester nicht besser machen.“ David lehnte sich zurück, legte seinen Kopf auf die Schulter von Milan und sah ihn an. Warme, sanfte Wellen schwappten durch seinen Körper, die ihn genussvoll die Augen schließen ließen.

„Das ist diese Bindungsgeschichte, oder? Diese Energie … es ist vereinnahmend und gerade sehr unangebracht!“, seufzte Milan und löste sich sichtlich ungern.

„Es tut mir leid, ich weiß auch nicht … wir sollten weitergehen. Mal sehen was wir finden.“

„Soll ich vorgehen? Dein Dorf braucht dich noch.“

David schenkte das erste Mal seinem Gefährten ein Lächeln, was diesen erstaunt schauen ließ. „Noch ein Punkt. Sterbe ich, dann du, stirbst du, dann ich. Ohne einander können wir nicht leben. Ab jetzt sollten wir uns ruhig verhalten. Auf!“

 

Sie hatten die Höhle unterschätzt, wann genau der Kontakt mit den Walkie-Talkies abgebrochen war, konnten sie nicht sagen. Stattdessen gingen sie weiter. War es Hoffnung die sie trieb? Rachegedanken, oder doch reine Unvorsichtigkeit? Jede Warnung ihres Unterbewusstseins, verdrängten die zwei Männer, schritten stattdessen voran und lauschten der unheimlichen Stille.

Bis diese von einem schmatzenden Geräusch unterbrochen wurde. Leise kaum wahrnehmbar und doch erschien es für sie ohrenbetäubend laut. Es hörte sich an, als würden wilde Tiere ihre Beute verspeisen und dieser Gedanke jagte ihnen einen eiskalten Schauer über den Rücken. Mit bedachten Schritten folgten sie den Geräuschen, bis sie von dem Schein eines Feuers zum Stoppen gebracht wurden. Mit Blicken verständigten sie sich und atmeten tief durch.

Die Schusswaffe fest umschlossen, spannte sich Davids Muskulatur an und er trat um die Ecke. Er konnte nur schwerlich das Würgen unterdrücken, was ihm bei dem Anblick überkam. Die zwei Wenigos hingen über einem leblosen Körper und nagten diesen regelrecht ab. Es brauchte nur Sekunden um die Situation zu überblicken und eben solange, dass die Wenigos auf sie Aufmerksam wurden. Sie ließen von ihrer Beute ab, richteten sich auf und machten sich bereit zum Angriff.

Zitternd trat David einen winzigen Schritt zurück, wechselte mit seinem Blick zwischen der Pistole und den Biestern. Diese Idee war sicherlich die schlechteste die er je hatte. Es war wie in Zeitlupe, alles was passierte rauschte an ihm vorbei, als würde er nicht mittendrin stehen. Statt Milan und ihn anzugreifen, sah David zu, wie die Wenigos sie umrannten, hörte wie sich ein Schuss löste, eins der Biester wegknickte, geschultert wurde und dann beide Viecher verschwanden. So langsam wie sich diese Szenen abspielten, so schnell geschahen sie in Wirklichkeit.

Impressum

Texte: Rigor Mortis
Bildmaterialien: www.shutterstock.com
Cover: Rigor Mortis
Tag der Veröffentlichung: 12.01.2021

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