Diese Geschichte und ihre Protagonisten sind mein geistiges Eigentum. Ohne mein Einverständnis darf die Geschichte weder komplett noch in Teilen oder modifiziert weiter verbreitet werden. Jeder Verstoß gegen mein Urheberrecht wird von mir zur Anzeige gebracht.Falls euch, liebe Leser, diese Geschichte irgendwo unter anderem Namen begegnet, würde ich mich über einen kurzen Hinweis freuen.
„Diese kleinen Drecksäcke!“ Sauer wischte sich Duncan den Schneeball aus dem Gesicht und fluchte wie ein Rohrspatz vor sich hin. Die Nachbarskinder schienen eine Schneeballschlacht zu veranstalten, zwischen deren Fronten er geraten war. Seit Tagen ging das nun so. Kaum war der erste Schnee gefallen, hatten die Bälger der Nachbarschaft nichts anderes zu tun, als sich das kristallisierte Wasser entgegen zu schmeißen.
Duncan war ein verbitterter Mann geworden und das mit gerade 32 Jahren. Seit einem Jahr lebte er allein in diesem Reihenhaus, welches er zusammen mit seinem letzten Freund gekauft hatte. Es ist die wahre Liebe, lass es uns auch nach außen zeigen! Hatte Dorian gefordert und war kaum drei Monate später abgehauen. Mit einem gerade 19 jährigen Schuljungen. Duncan wäre zu alt, zu sesshaft und wüsste nicht, was das Leben noch zu geben hätte.
Er hatte es geschluckt, wortlos. Half beim Auszug und übernahm die Raten fürs Haus ebenso kommentarlos wie Dorians Gerede über ihn. Doch mit der Zeit hatte Duncan sich selbst in unausgesprochenen Kommentaren vergessen. Vergaß, was er wollte, wie es war zu lieben und zu leben.
Frontal, direkt auf die Nase erwischte ihn ein Schneeball und holte ihn aus seinen Erinnerungen zurück. Ein Schmerzwall durchzog sein Gesicht und seine Nasenflügel blähten sich auf. Gerade als er zu einem Schrei ansetzen wollte, stand ein Mann vor ihm.
Vor Kälte rote Wangen ließen dessen blaue Augen strahlen. „Entschuldige. Übermut tut wohl selten gut und ... es tut mir wirklich leid.“
Duncan war sprachlos, sah weiter in das Gesicht des Mannes, der sich wild gestikulierend bei ihm entschuldigte und dabei eine Spur roter wurde.
Blonde Haare, blaue Augen, zierliche Figur und eindeutig stand der Mann vor ihm ebenso auf Männer, wie Duncan selbst. Das konnte er am musternden Blick erkennen. Eilig wandte er sich ab und verschwand in sein Haus. Ohne einen Kommentar oder sonst etwas zu erwidern.
„Das ist der doofe Miller, der mag keine Kinder oder andere Menschen!“, hörte er die Kinder erklären, bevor er die Tür ins Schloss warf. Dass die Kinder nicht viel von ihm hielten, war ihm durchaus bewusst. Dabei war es mal anders gewesen. Vor einem Jahr hatte er einer morgendlichen Schneeballschlacht freudig gegenübergestanden. Ebenso abends, wenn die Kinder schon im Bett lagen, Schneemänner gebaut, um sie morgens lachen zu hören.
Vergangenheit! Sein momentanes Ich legte darauf keinen Wert mehr. Wieso auch? Für wen? Er wollte mit Dorian eine Familie gründen, sie hatten schon alles geplant und dann war dieser Mistkerl einfach gegangen. Hatte ihn mit seinen Zukunftsträumen im Stich gelassen und nun stand Duncan da. Vor den Trümmern seines Lebens, das nur noch daraus bestand, zu arbeiten und zu sein. Ein Leben konnte man das wirklich nicht nennen.
Morgens um sechs ging der Wecker, um Punkt sieben Uhr zwanzig ging er aus dem Haus, um acht war er auf der Arbeit. Pünktlich, jeden Tag, mit verschlossener Miene und starrem Blick.
Er war zu einem Arschloch mutiert, unfreundlich, starrsinnig und gemein.
Duncan sah in den Spiegel, direkt in seine grünen Augen, um dann eilig den Blick zu senken. Nicht mal mehr das konnte er, was war nur aus ihm geworden? Müde schlurfte Duncan in die Küche, bereitete sich was zu essen zu und aß es lustlos vor dem Fernseher, bevor er im Bad verschwand und dann ins Bett. Sein Tag, jeden Tag aufs Neue.
***
Florian runzelte die Stirn und sah zu seinem Neffen, der zungenrausstreckend hinter dem Mann hersah, der in das Nachbarhaus verschwunden war. „Hol deine Zunge wieder rein, das tut man nicht! Wer ist das?“
„Duncan Miller, der war mal echt cool, aber seit sein Freund weg ist, ist er doof zu uns!“ Max senkte seinen Blick. „Duncan hat mit uns Schneeballschlachten gemacht und sogar für uns Schneemänner gebaut. Doch jetzt ...“
„Sein Freund ist gegangen?“
Die Miniaturausgabe eines Menschen sah zu Florian auf. „Ja. Dorian. Der war noch schlimmer wie Duncan jetzt, auch wenn der das nie wahrhaben wollte. Während er mit uns spielte, lehnte Dorian immer gegen eine Mauer und wartete gelangweilt. Der war echt blöd.“
Immer wieder fielen Florian die Augen zu, doch der Schlaf wollte sich nicht so recht einstellen. Er sah die grünen Augen des Nachbarn vor sich, der ihn gemustert hatte, wie er es selbst zu tun pflegte. Duncan Miller war ein attraktiver Mann, mit dunkelbraunen Haaren, froschgrünen Augen und einem Mund ... Florians Gedanken schweiften ab. Der Gedanke an die schmalen und doch auffälligen Lippen, die sich zu einem Strich zusammenpressten ... Was sie wohl alles umschließen konnten? Automatisch ließ er seine Hand unter die Bettdecke gleiten und nicht mal der Gedanke, im Haus seiner Schwester zu sein, hielt ihn davon ab, seiner Lust freien Lauf zu lassen. Mit festen Strichen massierte er seinen Schwanz, bis ihm das Sperma in der Unterwäsche klebte und ihn beschämt seufzen ließ.
Es war gerade sechs Uhr. Florian hatte Urlaub und stand freiwillig um sechs auf, weil sein Neffe sich wünschte, dass er ihn zur Schule brachte. Max war gerade acht geworden und Florian schätzte sich glücklich, dass der Junge ihn so gern hatte. Und doch, der fehlende Schlaf der Nacht, ließ seine Laune nicht gerade in die Höhe steigen. In ständiger Erinnerung an die grünen Augen des Nachbarn machte er sich frisch und begab sich in die Küche. Seine Schwester bereitete bereits das Frühstück zu.
„Guten Morgen Flo, würdest du Brötchen holen?“
Grummelnd nickte er, zog sich seine Schuhe an und dann seine Winterkleidung. In weniger als zwei Wochen war bereits Weihnachten und pünktlich dazu hatten sich die Temperaturen weit unter dem Gefrierpunkt festgesetzt.
Dass um eine solche unchristliche Uhrzeit schon so viel Betrieb in einer Bäckerei war, konnte Florian nicht verstehen. Müde dehnte er seinen Nacken und sah sich um.
Hängen blieb er an ein paar grünen Augen, die ihn musternd anblickten. Doch es war nicht der Nachbar, sondern eine junge Frau, was ihn dazu veranlasste, den Blickkontakt sofort zu beenden.
Als Florian an der Reihe war, kaufte er sechs Brötchen und vier Croissant, entschied sich dann noch spontan für eins der Hörnchen, welches mit Nougat gefüllt war. Dieses war für den grimmigen Nachbarn gedacht. Zielsicher griff Florian in seine Jackentasche, zückte einen Stift und schrieb auf den Beutel: Gute-Laune-Hörnchen, für einen guten Start in den Tag! Die Tüte fand seinen Platz auf dem Briefkasten und schon verschwand Florian im Haus nebenan.
Er hatte sich den Fensterplatz am Esstisch gesichert und blickte hinaus, direkt zur Tür des Nachbarhauses. Punkt sieben Uhr zwanzig trat Duncan aus dem Haus, während Max und sein Onkel gerade auf dem Weg zum Auto waren.
Florian versuchte nicht zu auffällig in die Richtung zu sehen, als Duncan verwundert auf den Beutel blickte. Er las, sah sich irritiert um und ein zartes, kaum erkennbares Lächeln erschien auf seinen Lippen.
Florians Herz machte einen Satz, fand er den Mann vorher schon attraktiv, hatte er in diesem Moment das Gefühl, dem schönsten männlichen Vertreter ihrer Spezies zuzuschauen.
Duncan hatte ihn wohl nicht gesehen, linste in die Tüte hinein, entnahm den Inhalt und biss herzhaft in das Croissant. Das Lächeln auf seinen Lippen wurde größer und erreichte selbst dessen Augen.
Florian stieg ins Auto und grinste. In seinem Magen polterte es und sein Herz pumpte das Blut in Lichtgeschwindigkeit durch seinen Körper, sodass er es hören konnte.
„Sag mal, was grinst du denn so dumm? Hast du eine tolle Nachricht bekommen?“
Irritiert blickte er seinen Neffen an. „So in etwa.“ Was sollte er auch sonst sagen. Florian hatte dieses Gefühl ewig nicht mehr gespürt und nun, es hatte ihn hinterrücks überfallen, zu Boden geworfen und war in ihn hineingekrochen.
***
Ein Croissant. Duncan schüttelte immer noch mit dem Kopf, auch wenn er sich das köstliche Gebäck schmecken ließ. Das Nougat legte sich auf seine Geschmacksknospen und er seufzte wohlig. Wie sehr er solche Sachen liebte. Sein Blick fiel auf die Tüte. Die Schrift war ihm gänzlich unbekannt. Wer war sein Wohltäter? Egal, er dankte ihm mit einem Lächeln, als ihm plötzlich der Mann vom Vortag vor seinem inneren Auge erschien. Dessen blaue Augen hatten ihm einen schönen Traum beschert und er beschloss, diesem diese Aufmerksamkeit zuzuschreiben. Ein wohliges Gefühl machte sich in Duncan breit und ohne es zu merken, behielt er das Lächeln im Gesicht und hatte für seine Arbeitskollegen sogar ein Nicken zur Begrüßung übrig. Diese sahen ihn verwundert an, während sie ihm die gleiche Aufmerksamkeit schenkten. Die standardmäßige Begrüßungsform war seit einem Jahr nicht mehr vorgekommen.
Doch Duncan fiel es nicht auf, seine Laune hatte ein unbekanntes Hoch und gedanklich die strahlend blauen Augen vor sich, schien der Tag nur besser werden zu können.
Da saß er im Büro der Versicherungsgesellschaft, für die er tätig war, und sah sich um. Irritiert warf er einen Blick auf den Kalender und weitete erschrocken die Augen. Das Weihnachtsfest war bereits in 14 Tagen. Wie hatte er das übersehen können, wo das ganze Büro geschmückt war.
Duncans Gedanken schweiften zu seiner Familie, er konnte nicht mehr sagen, wann er sie zuletzt gesprochen noch gesehen hatte. Automatisch griff er zum Telefon und wählte die Nummer seiner Eltern.
Eine Stunde später atmete er tief durch. Es hatte gut getan, die Stimmen zu hören, sich ihrer Liebe zu versichern und die Einladung entgegen zu nehmen, an Weihnachten vorbei zu kommen. Dieses Angebot hatte er zwar abgelehnt, vertröstete sie aber auf das Wochenende. Jedoch fühlte er sich, als wäre ein Eisblock geschmolzen.
Ein einfaches Croissant hatte in ihm etwas ausgelöst, was er so nicht erwartete. Selbst am Abend beherrschte ihn noch die gute Laune.
Grinsend betrachtete er die Kinder, die wie jeden Tag mit dem Schnee eine Schlacht veranstalteten. Ein Blick in den Rückspiegel und Duncan bekam seine Miene wieder unter Kontrolle. Mit versteinertem Gesichtsausdruck stieg er aus dem Auto und ging schnurstracks ins Haus. Doch nicht ohne den Mann vom vorigen Abend zu sehen, der ihm lächelnd nachsah. Eine Gänsehaut erfasste Duncan, Wärme breitete sich in ihm aus. Konnte es sein, dass dieser ... Er brach seinen Gedanken ab, unmöglich, wieso sollte ein wildfremder Mann ihm ein solches Geschenk machen? Wieso sollte überhaupt jemand einem solchen Griesgram ein Geschenk machen?
Sein Lächeln verschwand gänzlich, ein Blick in den Spiegel zeigte ihm einen Mann, der deprimiert die Schultern hängen ließ.
„Jungs, ihr tut das nicht! Das gehört sich nicht!“, ertönte die Stimme des Mannes mit den blauen Augen.
Interessiert ging Duncan zum Fenster der noch dunklen Küche und sah, wie der Mann die Kinder davon abzuhalten versuchte, sein Haus mit Schneebällen zu bewerfen. Es blieb bei einem Versuch, denn schon kurze Zeit später prasselte der gepresste Schnee gegen seine Hauswand.
Grinsend schnappte sich Duncan seine Handschuhe, schlich über die Terrasse nach draußen. Ungesehen von den Kindern kletterte er in den Nachbarsgarten und ging auf die Straße, wo der Blonde stand und den Kopf schüttelte.
„Hilfst du mir?“, flüsterte Duncan leise in dessen Ohr.
Erschrocken fuhr dieser herum. „Was?“
„Kleine Rache!“, erklärte er und fing an Schneebälle zu formen.
„Okay. Ich bin Florian!“
„Duncan. Auf geht´s!“
In Windeseile drückten sie den Schnee in die richtige Form, bis ein kleiner Berg vor ihnen lag und dann ging der Angriff los.
Mit diesem Hinterhalt hatten die Kinder nicht gerechnet und erst recht nicht, mit dem Anblick von Duncan, der zusammen mit Florian unablässig die Schneebälle schmiss, bis keine mehr da waren.
„Onkel Flo!“, krächzte Max, dem Duncan noch bekannt war. Der Junge von nebenan hatte sich immer am meisten gefreut, wenn er heimlich Schneemänner baute. „Du verbündest dich mit dem Feind, dann wirst du selbst einer!“ Die Augen blitzten und schon gingen die Kinder zum Gegenangriff über.
Über eine Stunde tobten sie durch den Schnee, seiften sich ein und lachten.
Max und Florian waren die Letzten, die noch draußen waren, als Duncan sich vom Boden erhob, den Schnee abklopfte und zu zittern begann.
„Jeans und Schnee ist keine gute Idee!“, lachte er und zwinkerte.
„Du bist ja doch noch nett!“, entfuhr es Max.
Duncan zuckte die Schultern, wandte sich ab und ging zu seinem Haus. Er hörte, wie Florian seinem Neffen etwas zuflüsterte und dieser durch den Schnee stapfte.
„Duncan warte mal.“, trat Florian zu ihm. „Sei ihm nicht böse, er ist erst acht und ...“
„Wieso böse sein, er hat ja recht. Ich war das letzte Jahr unausstehlich und dafür müsste ich mich entschuldigen!“
„Ich denke, das hast du heute getan.“ Mit diesen Worten wandte sich Florian ab und stapfte durch den Schnee zum Nachbarhaus.
Seit drei Stunden wälzte sich Duncan von einer Seite auf die andere. Er konnte nicht einschlafen, obwohl es schon nach Mitternacht war. Ungewöhnlich für ihn, doch den Grund hatte Duncan schnell ausgemacht. Florian nahm seine Gedanken ein und ließ ihn nicht zur Ruhe kommen. Wärme flutete seinen Körper, sammelte sich in seiner untersten Region und seit langem gab er sich seinen Bedürfnissen in seinem Bett hin. Hatte ein imaginäres Bild von dem blauäugigen Mann vor sich. Übermannt von den Gefühlen, flutete sein Ejakulat seinen Bauch und Duncan blieb erschöpft, mit geschlossenen Augen liegen. Er wartete auf das Schamgefühl, das ihn normalerweise erfasste, schließlich hatte er die Teenagerzeit schon lange hinter sich. Doch zum ersten Mal fühlte er sich einfach befriedigt und schlief mit einem Lächeln auf den Lippen ein.
***
Florian konnte nicht anders, war extra zehn Minuten vor sechs aufgestanden, damit er seiner Schwester helfen konnte, das Frühstück vorzubereiten, oder Brötchen zu holen. Wie erhofft stellte sie ihn auch dafür ab und so fand er sich alsbald auf dem Gehweg wieder. Automatisch sah er zu Duncans Haus und hielt inne. Die Türe stand auf, Duncan stand im Garten und baute einen Schneemann.
Florian lachte leise, schlich ungesehen vorbei, um zum Bäcker zu gelangen.
Mit drei Tüten verließ er, wie am vorigen Tag, den Shop. Doch die Annahme, dass Duncan bereits wieder im Haus verschwunden war, bewahrheitete sich nicht, denn dieser erwischte Florian beim Beschriften der Tüte.
„Du hast mir das Croissant gebracht?“
„Nun ja, ich hatte dich mit dem Schneeball getroffen und wollte mich dafür entschuldigen.“
Inständig hoffte Florian, dass man ihm nicht anhörte, wie er sich fühlte, nervös und zittrig.
„So? Und wieso bekomme ich heute eins? Ich hoffe wieder mit Nougat.“ Duncans Augen blitzten und seine Hand entwand Florian die Tüte.
„Ich dachte ... Du hast gestern so gelächelt und es schien dir zuzusagen.“ Verlegen biss er sich auf die Unterlippe und wagte nicht sein Gegenüber anzusehen.
„Bei mir ist es schon als Sucht zu bezeichnen, wenn es um Nougat geht. Herzlichen Dank.“
„Gerne.“ Eilig drehte sich Florian um und ging schnellen Schrittes ins Haus seiner Schwester. Die Hitze brannte in seinen Wangen.
Er konnte nicht anders, täglich brachte Florian Duncan ein Nougatcroissant, welches er persönlich entgegen zu nehmen pflegte. Es stellte sich eine Vertrautheit ein, die sie beide nicht benennen konnten und doch genossen sie diese Minuten der Zweisamkeit, die nicht unbeobachtet blieb. Florians Schwester hatte die Annäherung der beiden Männer schon bemerkt und verkniff sich nur selten einen neckenden Blick.
Ihre Anmerkung, dass sich ihr Bruder doch mal mit dem Nachbarn verabreden sollte, wies dieser ab. Er konnte sich einfach nicht vorstellen, dass Duncan ebensolche Wärme in sich verspürte wie er, wenn sie einander begegneten.
Es war ein Samstag, an dem Florian verschlief. Er somit zu spät zum Bäcker kam, keine Nougatcroissants mehr erhielt und deshalb keinen Grund sah, bei Duncan anzuhalten. Dieser stand jedoch wie jeden Morgen an der Tür und sah ihn lächelnd an.
Geknickt schüttelte Florian den Kopf, doch wurde von dem Nachbarn seiner Schwester zu sich gewinkt. Langsam, seufzend und mit einem schlechten Gewissen schlurfte er zum Haus, nahm tief Luft, doch kam nicht dazu, etwas zu sagen.
Duncan hielt eine Tüte in der Hand, die eindeutig mehr beinhaltete, als nur ein Croissant. „Deine Schwester hat mir was vorbei gebracht und meinte, wenn ich es nicht allein essen möchte, da es doch sehr viel sei, könnte ich dich einladen. Du hättest verschlafen und bei ihr gibt es nur bis halb acht Frühstück.“
Irritiert sah Florian zum Küchenfenster, wo seine Schwester stand und lachte. Duncan wartete nicht auf eine Antwort, umschloss Florians Arm und zog ihn mit ins Haus.
Der Tisch war reichlich gedeckt, der Kaffee aufgebrüht. Etwas Unbehagen machte sich in Florian breit, er wusste nicht so recht, wie er sich verhalten sollte.
Zu lange war es her, dass er mit einem Mann allein war. Das letzte Mal mit seinem Ex, der ihn im Urlaub allein am Strand zurückließ und mit einem lapidaren Zettel abservierte.
„Danke für die Einladung!“ Florian konnte nicht länger schweigen, kam ihm das doch so erdrückend vor.
„Gerne. Deine Schwester war so nett, mir einiges zu erzählen, auch wenn ich nicht nachgefragt habe.“ Offensichtlich war Duncan über diese Tatsache amüsiert. Er setzte sich an den Tisch, schenkte ihm Kaffee ein und sah Florian in die Augen. „Du bist seit acht Monaten solo, dein Ex ist ein Vollidiot, der dich in eurem Urlaub abserviert hat. Seither hältst du dich von Männern fern.“
„Na super. Ja, er hat mich sitzen lassen für einen heißen Spanier. Ich bin ihm wohl zu langweilig!“, resignierte Florian und versteckte sein Gesicht in den Händen.
„Den Spruch kenne ich, durfte ich vor einem Jahr auch hören. Mir ging es nicht anders als dir.“
Erleichtert sah Florian auf und sah in Duncans grüne Augen.
Es knisterte, die Luft war von einem auf den anderen Moment aufgeladen. Sie sahen einander auf die Lippen, spürten schon fast die des anderen auf ihren eigenen. Die Blicke wanderten über des anderen Gesicht, sie empfanden es einer Berührung gleich. Zärtlich ertasteten sie mit den Augen ihr Gegenüber, reizten einander und zogen sich aus.
Schmeckten den anderen, fuhren sanft über dessen Körper, reizten ihn, verführten und kosteten. Es fühlte sich an wie reale Berührungen, denen der Stoff auf ihren Leibern nichts ausmachte. Duncan leckte sich über die Lippen und Florian konnte seine Zunge spüren, die feuchte Spuren auf seinem Körper hinterließ. Ebenso die Zähne, die zwischen den Lippen hervorblitzten und sich in seine Haut vergruben. Stöhnend würde er sich unter ihm winden und nach mehr verlangen, während Duncans Hände seinen Körper erforschten. Schweißnasse Leiber, die sich aneinander schmiegten. Wärme, die sich von Haut zu Haut übertrug, während ihre Kehlen nur noch zu leisen stöhnenden Geräuschen fähig wären. Sie würden miteinander verschmelzen, zu einem Ganzen werden, sich aneinander festhalten und bis zu unentdeckten Welten fliegen.
Duncan gab sich dem hin, was Florian ihm zeigte, genoss diese Verbundenheit, erforschte den Körper seines Gegenübers und kostete jede Sekunde aus. Doch bald war ihm das nicht mehr genug. Florians feucht glänzende Lippen, leicht geöffnet, reizten ihn, er wollte sie kosten und es sich nicht nur erträumen. Leise, fast unbemerkt, stand er auf und stoppte vor dem blonden Engel. Zog diesen auf die Beine, berührte dessen Gesicht.
Ein Schauer überlief Florian, zitternd stand er da und nahm wahr, was Duncan mit ihm tat. Real, keine Vorstellung. Sanft berührten sich ihre Lippen, hauchzart, als könnten sie einander verletzen.
„Ich will dich!“, hauchte Duncan in den Kuss hinein.
Florian öffnete seine Augen, sah ihn mit einem verschleierten Blick an. „Ich dich auch!“
Es brauchte lediglich drei gesprochene Worte, um sich einander hinzugeben, in einem wahren Kuss zu versinken, sich zu schmecken und das Versprechen zu liefern, dass das nicht das letzte Frühstück mit Nougatcroissants war.
Texte: Rigor Mortis
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Lektorat: Brigitte Mel
Tag der Veröffentlichung: 19.12.2013
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