Es ist mittlerweile mehr als zwölf Jahre her, dass ich Samantha das erste Mal sah. Dass sie meine Schwiegertochter würde, das stand schon seit ihrer Geburt geschrieben und doch war ich überrascht, was für ein hübsches Wesen mir nun schüchtern entgegen blickte. Ihre haselnussbraunen Haare, mit bei Lichteinfall kupferfarbigen Strähnen, schienen unmessbar lang, nur durch die Locken über dem Boden gehalten zu werden. Ihre grünen Augen schauten unschuldig in die weite Welt und dieses Lächeln, was sie auf den Lippen trug, war einfach nicht zu beschreiben. Es fesselte, versuchte gelesen zu werden, doch wusste es genau, wie es Geheimnisse verbergen konnte.
Damals war sie fünfzehn Jahre jung, kaum drei Jahre später heiratete sie Jonathan, meinen Sohn. Er war nicht minder attraktiv als sie, seine braunen Haare, dazu diese dunklen Augen, hatten etwas Geheimnisvolles an sich, seine markanten Gesichtszüge. Wenn er lächelte, bildeten sich kleine Grübchen um seine Augen und mit seiner Größe und seinem muskulösen Körper war er eine sehr gute Partie.
Sie waren ein wirklich schönes Hochzeitspaar, schienen schier glücklich, als sie tanzten, sich immer wieder für Fotos küssten und irgendwann versuchten, ganz heimlich den Ballsaal zu ihren Flitterwochen zu verlassen. Es misslang, seine Freunde hatten sie entdeckt und genötigt, noch einige Hochzeitsspiele zu tätigen.
Doch wie ich gerade schrieb, sie schienen schier glücklich, waren es aber nie. Auch in der heutigen Zeit, und das mitten in Amerika, gab es noch, nun in der heutigen Zeit nennt man es wohl Zwangshochzeit, doch bei uns heißt es: Sie machten eine gute Partie. Meine Welt ist voller technischer Errungenschaften - auch wir sind im zwanzigsten Jahrhundert angekommen - doch wiederum ist sie eine andere, fast zurückgebliebene Welt.
Voller Regeln, voller fast altertümlicher Bräuche und Sitten. Wir sind nicht adelig - oder in den seltensten Fällen - doch hatten sich unsere Familien seit Jahrhunderten dazu entschieden, ihren Kindern die Entscheidung der Ehe abzunehmen.
So auch Samanthas Familie, es war nie anders gewesen, ihre Eltern wurden vermählt, deren Eltern und deren Großeltern, so war auch ihr Schicksal geschrieben.
Nun, ich muss zugeben, sie ist eine ganz besondere junge Frau, sehr belesen, ein freundliches Wesen und perfekt erzogen, wenn auch für unsere Verhältnisse zu frei. Mir wurde mein Sohn nach der Geburt aus den Armen genommen und eine Bedienstete kümmerte sich seither um ihn. Mich nannte er Mutter, doch ich hatte weder die Pflichten einer solchen noch die Rechte. Samantha hingegen wurde von ihrer Mutter erzogen. Sie war ein so herzliches Mädchen, dass es mir das Herz brach, sie so zu sehen, ohne dieses Lächeln, das war seit der Hochzeit eine schöne Erinnerung gewesen, nicht mehr, doch auch nicht weniger.
Ihre Miene war versteinert und trotzdem jederzeit freundlich. Nun waren es bald acht Jahre her, dass sie Jonathan jr. geboren hatte, einen kleinen Wonneproppen. Doch auch ihr wurde der Sohn genommen, sie war nicht für seine Erziehung oder Ähnliches zuständig. Hatte ich mir doch so sehr gewünscht, dass es ein Mädchen würde. Samantha war nur dazu verpflichtet einen Stammhalter mit meinem Sohn zu zeugen, seither waren ihnen getrennte Zimmer gestattet und an ein Liebesleben keineswegs mehr zu denken. Gerade mein Sohn war sichtlich angetan davon, von nun an ging seine, ich nannte sie bei so vielen Namen, dass mir ihr Name gänzlich entfallen ist, Geliebte, hier ein und aus. Selbst Samantha war dies keineswegs entgangen, doch sie hatte ihren Stolz, grüßte immer freundlich, wünschte einen guten Tag und lächelte mit ihrer versteinerten Miene selbst diese Frau an.
Ich hatte es gemerkt, sie war erleichtert, dass ihr diese Pflicht abgenommen worden war. Ich kann mich nicht erinnern, wann sie mit Jonathan noch ein Wort wechselte, das außerhalb des Gewöhnlichen lag. Innerlich hatte ich sicherlich gehofft, dass dieses Paar sich doch noch Zuneigung schenkte, mir mehr als ein Enkelkind gegönnt würde, doch diese Hoffnung blieb nur eine solche. Ich kann nicht sagen, ob ich noch welche habe, dass eventuell irgendeine von Jonathans Geliebten sein Kind in den Armen halten könnte. Doch dies interessierte mich nicht, es war mir nicht zugetragen worden, bis heute nicht.
Jonathan jr. war nun sieben Jahre alt und wie jeden Tag betrat er morgens den Frühstückssaal unserer Familienvilla.
Er nickte mir freundlich zu: "Guten Morgen, Großmutter." Dann ging sein Blick zu seinem Vater: "Vater, auch Euch einen guten Morgen." Erst dann wandte er sich seiner Mutter zu: "Auch Euch Mutter, einen guten Morgen."
Er war sehr gut erzogen, selbst in diesem zarten Alter hatte er die Umgangsformen eines Erwachsenen, was Samantha jedes Mal eine Träne in die Augen hauchte, doch es war ihr nicht gestattet zu weinen. Sie blinzelte diese Träne weg und wandte sich ihrem Essen zu.
Jonathan sah von seiner Zeitung hoch, wie jeden Morgen, nach seinem ersten Kaffee:
"Samantha, du hast heute Termine?" Sie nickte wortlos.
"Gut und mein Sohn?"
Jonathan jr. sah auf:
"Vater, ich werde meinen schulischen Pflichten nachkommen."
"Sehr gut, dann werden wir uns heute Abend um sechs zum Abendessen treffen, ich erwarte euch." Mit diesen Worten verkündete er nicht mehr, als auf Wiedersehen und einen schönen Tag.
Sein Stuhl stand am oberen Ende des Tisches, somit ging er erst an mir vorbei, küsste, wie es sich gehörte, meine Wange, dann wandte er sich in die andere Richtung des Tisches, ging zu seinem Sohn und drückte dessen Schulter und als Letztes ging er zu Samantha. Ihr hauchte er einen Kuss auf die Stirn und somit war seine Verabschiedung, wie jeden Tag, vollkommen.
Jeden Tag sah ich ihre Blicke zu ihrem Sohn, ich kannte diese Blicke, die nicht mehr als Verlangen ausdrückten. Selbst hatte ich diese Blicke vor Jahren meinem Sohn zugeworfen, jedoch wurden sie nie wahrgenommen, genau wie bei Samantha. Ich hatte mir gewünscht, Jonathan in die Arme zu nehmen, mit ihm spielen zu dürfen, doch all dies war mir nicht vergönnt gewesen und auch Samantha hatte sich diesen Regeln zu unterwerfen. So war sie erzogen, nicht von ihren Eltern. Nein dies war meine Aufgabe gewesen und mir fiel es immer schwerer, diese Regeln aufrecht zu halten. Doch wieso hätte ich ihr Freiraum geben sollen, den ich selbst nicht gehabt hatte?
Doch, dass dieser Tag der Anfang großer Veränderungen war, damit hatte ich nicht gerechnet. Ich hätte alles unterbunden, es im Keim erstickt, aber nun war es zu spät. Das Schicksal lehrte mich, dass Meinungen da waren, um geändert zu werden und ich sitze in der Familienvilla, sehe raus auf den Garten und schreibe zwischendurch diese Zeilen. Ich möchte meine Erinnerungen festhalten, die Erinnerungen, an meine Schwiegertochter.
Es war ein sonniger Tag, wie immer, nachdem mein Sohn das Haus verließ, hielt es kaum einer mehr lange in diesem. Jeder ging seinen Verpflichtungen nach, mein Enkel in die Schule und Samantha in die Stadt. Jonathan ermöglichte ihr ein sorgenfreies Leben, er hatte die Firma meines Mannes übernommen, was finanzielle Absicherung und mehr hieß. Uns ging es seit Generationen mehr als nur gut, wir waren wohlhabend, sind wir heute noch. Ich schickte wie immer meine Beobachter los, die mir jeden Tag Bericht darüber erstatteten, was sie getan hatte. An diesem Abend erfuhr ich dann von diesem Mann. Doch ich möchte alles erzählen.
Samantha hatte ihren Tagesablauf, zuerst ging sie zum Frühstück in den Golfclub, wo sie sich mit Freundinnen traf, Gleichgesinnten, jedem erging es gleich, sie teilten das gleiche Leid und auch Freud. Selbst hier war ihre Miene immer versteinert, selbst unter Freundinnen. Meist gingen sie gemeinsam durch die Stadt, sahen sich Geschäfte an, brachten etwas in die Reinigung, oder holten es ab. Nicht dass es hierfür keine Bediensteten gab, doch es war schon immer so, dass es die Ehefrauen taten, ihre Flucht aus dem Zuhause, aus ihrem golden Käfig.
Allerdings war es an diesem Tag anders, Samantha musste zur Führerscheinstelle, ihren Führerschein verlängern lassen, ein kurzer Seh- und Hörtest, manchmal, auch etwas Schriftliches, mehr sollte es nicht sein, doch es dauerte an diesem Tag. Es war wohl Schicksal, denn genau hinter ihr stand dieser Mann, der nervös immer wieder auf seine Armbanduhr sah und dann nach vorne blickte, als würde er dadurch die Menschenmenge reduzieren, die sich vor ihm befand. Nach einer halben Stunde, des Sehens auf seine Uhr, des Beschauens der Menschen vor ihm und des immer folgenden Seufzens, schien es Samantha zu stören, plötzlich drehte sie sich zu ihm um.
"Wissen sie Mister, jeder muss hier warten, da nützt ihr andauerndes Seufzen ebenso wenig, wie es nützt, dass sie mich jedes Mal anstoßen, wenn sie auf ihre Armbanduhr sehen", sprach es, doch merkte dann erst, dass sie ihm nicht einmal in die Augen sah, denn diese waren viel weiter oben.
Langsam ging ihr Blick, der auf seiner Brust lag, nach oben, wo sie als Nächstes ein verlegenes Lächeln erkannte, dann endlos tief blaue Augen. Dieser Mann überragte sie und sogar meinen Sohn, doch war er genau so muskulös. Aber da endeten die Ähnlichkeiten auch schon. Er hatte blonde Haare, azurblaue Augen, es war das Gesicht eines Engels, sanfte Züge. Verlegen fuhr er sich durchs Haar.
"Verzeihen sie Miss, es war nicht meine Absicht, sie damit zu verärgern." Sein Lächeln war nun keineswegs mehr verlegen, eher amüsiert über ihren Blick zu ihm.
Gegen jede Erziehung stand ihr Mund leicht offen, ihre Augen waren überrascht geweitet und dann, seit acht Jahren hatte ich es nicht mehr gesehen, kam ihr das Lächeln auf die Lippen, das ich bei unserem ersten Treffen so bezaubernd fand. Nun war es an dem Mann, sich von diesem Lächeln verzaubern zu lassen und dies tat er. Ich war abends amüsiert dies bildlich zu sehen und nachlesen zu können, auch ihr war ein außereheliches Verhältnis gestattet.
"Es hat mich aber verärgert, also unterlassen sie es bitte. Über dem Schalter befindet sich eine Uhr, somit könnten sie ihre Arme unten lassen", entgegnete Samantha, nachdem sie sich wieder gefangen hatte und wandte sich um.
Sie versuchte ihren Herzschlag wieder zu regulieren und schluckte einmal hart, dann wandte sie sich ihrem Handy zu. Was sie so nicht mitbekommen konnte, war sein Blick für sie, dieses Grinsen, dieser Mann, hatte ein Grinsen, das mehr als nur wissend schien, selbst bildlich war ich überzeugt, dass ihm bewusst war, was er für eine Wirkung auf sie hatte. Fast zeitgleich waren sie nach zwei Stunden aus der Führerscheinstelle hinaus getreten. Tief zogen sie die frische Luft ein, die ihnen innen gefehlt hatte.
Er drehte sich zu ihr: "Entschuldigen sie Miss?"
Überrascht blickte sie nun zu ihm: "Bitte!"
"Dürfte ich sie zu einem Kaffee einladen? Als Entschuldigung für mein Verhalten?"
Man sah ihre Unentschlossenheit, doch schlussendlich nickte sie, mit diesem gewissen Lächeln auf den Lippen, das scheinbar verriet, was sie dachte, doch zugleich Geheimnisse für sich behielt. Dieser Mann schien interessiert an ihr, das war seinem Blick anzusehen und ihrer stand dem seinen nicht nach. Ich konnte einmal hören, wie sie zu einer Freundin sprach, dass er Augen hätte wie das Meer, so blau, so rein und so tief, dass sie Angst gehabt hätte, sich darin zu verlieren und das Ufer nicht mehr zu finden. Gegen meine Erwartung tranken sie wirklich nur einen Kaffee, unterhielten sich erst mäßig, als sie dann ein Thema fanden, das beiden zusprach, sogar ziemlich angeregt. Ab und zu verloren sie sich gegenseitig in den Augen, nur so waren Minuten des Schweigens zu erklären. Sie ertappten sich wohl selbst bei dieser Tatsache, denn sogleich waren sie verlegen und sahen zu ihren Tassen. Ich gebe gerne zu, dass ich die Fotos sehr schön fand, nicht nur des Lächelns wegen, es kam mir vor, als sei ich in einem guten Buch versunken, das Bilder in meinem Kopf frei setzte und die Besetzung war erstklassig.
Als Samantha diesen Abend zum Abendessen erschien, wie immer in einem schönen Kleid, war dieses gewisse Lächeln, noch nicht vergangen. Selbst ihre Augen strahlten und ließen es jeden ebenso erwidern, bis auf meinen Sohn, dieser sah es nur beiläufig.
Auch dieses Essen verlief wie jedes, er fragte nach unserem Befinden, nach unserem Tag und doch blickte er an diesem Tag zwei Mal zu Samantha, er schien auch etwas sagen zu wollen, doch tat es nicht.
Erst als er aufstand blickte er sie an: "Samantha, du vergisst bitte das Picknick am Wochenende nicht, es sind Vorbereitungen zu treffen."
"Natürlich nicht Jonathan, ich bin mir meiner Aufgabe bewusst und kann dir versichern, dass alles mit bestem Gewissen vorbereitet wird."
"Das ist gut zu hören. Ich wünsche eine geruhsame Nacht." Dies hieß wiederum nichts anderes, als dass er fortging.
Samantha zog scharf die Luft ein, dann sah sie zu ihrem Sohn: "Jonathan ich wünsche, dass du zum Picknick passend gekleidet kommst, ich lasse dir neue Kleidung zukommen."
Da war ihr Lächeln verschwunden, ich sah, wie es sie schmerzte, so mit ihm zu reden.
"Natürlich Mutter." nickte dieser dennoch freundlich und mit einem Lächeln, das dem seiner Mutter ähnelte.
Es waren fast drei Monate seit der ersten Begegnung von Samantha und Nickolas, so hieß der Mann, wie mir am dritten Tage zugetragen wurde, vergangen. Ich bekam so viele schöne Bilder, dass ich nicht anders konnte, als diese in ein Album zu kleben und sie als kleine Erinnerung aufzuheben. Ich besah jeden Tag aufs Neue die Bilder der beiden, wie sie sich zum Essen trafen, kleine Spaziergänge machten, doch niemals hielten sie dort die Hand des anderen, tauschten verstohlen Küsse, nur Blicke teilten sie und diese waren intensiver als jede Berührung ihrer Hände wohl hätte sein können, dennoch fing ich an, mir zu diesem Zeitpunkt Gedanken zu machen. Eine Liebelei, eine Affäre, wäre eine Sache gewesen, doch teilten sie dieses nicht. Mir war vollkommen bewusst, dass sie ihn nie mit in dieses Haus gebracht hätte, das hätte ihrer Erziehung, ihrem Anstand widersprochen und doch waren sie auch sonst nirgends alleine, zu keiner dieser Zeiten, nicht einmal in diesen drei Monaten, waren sie meinen Beobachtern entgangen, noch Jonathans. Ich sah verwundert auf den Bericht, der mir vorgelegt wurde. Dieser Nickolas war Schlagzeuger einer Gruppe, er war bekannt und seiner Begleitung war in einem Bericht in einer Zeitschrift mit ihm zusammen eine ganze Seite gewidmet. Ich empfand es als Wunder, dass man Samantha nicht im Profil sah, nur von hinten, sie hatte ihr Gesicht schützen können, als hätte sie es gewusst. Doch ich wusste, dass sie keine Ahnung hatte mit wem sie sich da traf, sie war nicht bewandert in der Welt des Showbusiness, sie hörte Klassik, liebte die Welt der Kunst, zu keiner Zeit hätte ich sie mir an einer solchen Bühne, wie sie in den Zeitschriften mit Wort und Bild beschrieben waren, vorstellen können. Nachdem ich diesen Bericht studiert hatte, legte ich die Zeitschrift zur Seite, meinen Blick auf den Garten gerichtet, wo meinem Enkel das Fechten näher gebracht wurde und Samantha ihm aus der Ferne des Rosenbeets zusah. Ihr Blick wich ab, ging zu ihrem Handy, diese modernen Dinge, doch mein Sohn sagte, dass es zum guten Ton gehöre, immer erreichbar zu sein. Samantha hatte dieses Handy selten bei sich gehabt, bis sie Nickolas kennen lernte. Nach der zweiten Begegnung hatten sie bereits Nummern ausgetauscht und seither summte dieses Ding immer wieder und gab Nachrichten preis, die ihr ein Lächeln nach dem anderen auf die Lippen hauchte. Wieder sah ich auf den Bericht der Zeitschrift. Dieser Nickolas hatte Stellung zu Samantha genommen, er dementierte, dass sie seine Freundin sei, doch widersprach er keineswegs, dass sich Gefühle entwickelten. Ich wusste ab diesem Zeitpunkt, dass das gefährlich werden würde und ich etwas unternehmen müsste, doch ich konnte nicht, nein, ich gebe zu, ich wollte nicht. Ich wollte nicht, dass dieses Buch zu Ende ginge, ich wollte das Happy End eines Kusses. Zugegeben - ich bin heute noch süchtig nach Liebesromanen und wie hätte ich diesen verschmähen können? Mein Plan war nicht ganz nett, gegenüber Samantha, das war mir da schon bewusst, doch nach meinem Happy End, nachdem das Album gefüllt war, wollte ich ihr zukommen lassen, wer Nickolas war und somit wäre ihr bewusst geworden, dass sie diese Beziehung beenden müsste.
Es war bald Sucht, die mich jeden Abend auf die Berichte meiner Beobachter warten ließ und doch musste ich mich an diesem lange gedulden. Samantha hatte sich nach dem Abendessen verabschiedet, sie sei verabredet und mit wem, war mir mehr als bewusst. Sie kam erst um drei Uhr in der Nacht nach Hause, schwankte leicht und kicherte ununterbrochen. Da kam dann auch mein Beobachter und reichte mir Bilder sowie Berichte.
Sie hatten sich auf der Promenade am Strand getroffen, doch dieses Mal nicht alleine, seine Bandkollegen - oder wie er sie ihr vorstellte - seine Freunde, waren ebenfalls dabei. Teilweise mit Begleitung, ging es erst zum Essen und gegen zehn in einen Club. Samantha war sichtlich gelöst, sie tanzte, trank, was sie normal nie tat, ich weiß nicht, wann ich sie das letzte Mal mehr als ein Glas Wein trinken sah. Ihre Hemmungen verflogen und das bekam besonders Nickolas zu spüren, den sie mit auf die Tanzfläche zog. Seine anfängliche Gegenwehr hatte er schnell aufgegeben, erst recht, als ein ruhigeres Lied gespielt wurde. Ganz langsam legte er seine Arme um sie, sah ihr tief in die Augen und wiegte sich mit ihr im Takt. Diese Annäherung schien ihm zu gefallen, doch auch zu irritieren. Ihre Augen waren geschlossen, während sie ihren Kopf gegen seine Brust lehnte und sich von ihm führen ließ. Einige Bilder seiner Freunde mischten sich unter die Aufnahmen, erst wollte ich sie einfach weg legen, doch das Geschriebene veranlasste mich, sie anzusehen. Jason, Christopher und Marc, wie sie hießen, standen nebeneinander und sahen von ihrer Erhebung, wo der Tisch stand, zu Samantha und Nickolas hinunter, alle drei hatten ein freudiges Grinsen auf den Lippen, sie freuten sich sichtlich. Nachdem der Song verklungen war, sah Samantha Nickolas wie aus einem Traum erwacht an. Ganz sanft streichelte er ihre Wange und sah ihr tief in die Augen. Es kribbelte mir in den Fingerspitzen, es war soweit, mein Happy End. Doch ich hatte mich geirrt, das nächste Bild zeigte keinen Kuss, nein, es zeigte wie Samantha die Augen weit geöffnet hatte, einen Abstand zu Nickolas aufbaute und dann war sie auf dem nächsten Bild nicht mehr zu sehen, nur er, wie er ihr verwirrt nachsah. Das konnte nicht alles gewesen sein, schließlich war sie kichernd hier her zurück gekommen. Mein Blick fiel auf das schriftliche Dokument des Abends.
Es dauerte ein paar Minuten, bis Samantha wieder an dem Tisch war, wo alle saßen, sie war sichtlich blasser und wies das Cocktailglas zurück, das ihr gereicht wurde. Verlegen sah sie auf ihre Finger, als Christophers Begleitung ihr ein Kaugummi reichte.
Nickolas grinste und legte einen Arm um sie: "Trinkst du normalerweise keinen Alkohol?"
"Nicht wirklich, entschuldige, mir war die Wirkung nicht bewusst", kam schuldbewusst als Antwort.
Doch er lächelte nur liebevoll, entfernte eine Strähne aus ihrem Gesicht: "Möchtest du heim?" Ungern, mir geht es wirklich wieder gut, aber ich wäre über ein Glas Wasser sehr glücklich." Er verstand und orderte gleich eins. Verwundert nahm ich das Gesprochene wahr, wie auch immer meine Beobachter daran kamen, sie hatten gute Arbeit geleistet. Und wirklich, nach ungefähr einer halben Stunde ging es ihr sichtlich besser. Mittlerweile hatte ich die dazugehörigen Bilder auch gefunden, sie lagen unter dem Bericht. Gegen zwei Uhr verließen alle den Club, unschlüssig sah Nickolas Samantha an.
"Hast du Lust noch etwas spazieren zu gehen?"
"Wie wäre es, wenn wir uns einfach nur hinsetzen, ich glaube nicht, dass ich noch des Gehens mächtig bin." Sie kicherte, nahm seine Hand und zog ihn mit auf die Promenade, wo sie sich, ein paar Stufen tiefer und ein paar Schritte näher dem Meer, in den Sand setzten.
"Hätte ich gewusst, dass du normal nichts trinkst, hätte ich dich gewarnt, diese Cocktails sind mörderisch, gerade fürs erste Mal." Bedauern lag in seiner Stimme. "Du wirst morgen höllische Kopfschmerzen haben."
Sie zuckte mit den Schultern: "Aber jetzt geht es mir einfach nur gut und das genieß ich, bevor ich mir Gedanken um Morgen mache", lächelte sie ihn an und lehnte sich gegen ihn, was er zum Anlass nahm, seinen Arm um sie zu legen.
"Samantha, ich müsste dir unbedingt etwas erzählen."
Interessiert sah sie zu ihm: "Aber bitte nichts Schlimmes, dafür ist es jetzt zu schön und wenn du anfängst, Geheimnisse preiszugeben, müsste ich dies auch tun und ich denke nicht, dass wir den Abend nun beenden wollen, oder?"
"Wie meinst du das?" Seine Stirn runzelte sich.
"Nickolas, es gibt Dinge, über die ich jetzt nicht sprechen möchte, irgendwann, aber nicht jetzt, verstehst du? Und ich denke nicht, dass du mit solchen Dingen nun anfangen solltest, sonst würde ich mich gezwungen fühlen, dies auch zu tun." Sanft glitt ihre Hand über seine Wange.
"Du hast Geheimnisse vor mir?" Erstaunen lag in seiner Stimme.
"Ja, die habe ich und ich weiß, dass sie dir nicht gefallen werden." Sie war traurig über diese Tatsache, das sah man ihr an, doch sah sie dies nicht als Anlass, von ihm zu lassen, immer noch streichelte ihre Hand seine Wange.
"Wieso bist du dir da so sicher?", fragte er, wobei er, sobald ihre Hand in der Nähe seiner Lippen war, einen Kuss auf diese hauchte.
Sie wurde verlegen, des Kusses wegen und seufzte: "Weil es mir nicht gefällt, wie sollte es dann dir? Du bist ziemlich gefährlich für mich, ist dir das bewusst?"
"Nicht mehr als du für mich", lächelte er und nahm ihre Hand nun in seine, um sie miteinander zu verschränken.
"Ich würde dir gerne Recht geben, doch dies geht nicht", lachte sie, dann wurde ihr Blick ernst: "Ich muss heim, langsam vernebelt sich mein Verstand."
"Ich bringe dich gerne heim, das weißt du?!"
Sie nickte lächelnd, stand auf und klopfte sich den Sand von ihrer Kleidung. Er tat es ihr gleich, dann gingen sie gemeinsam zur Straße, ganz sanft streifte ihre Hand abermals über seine Wange, während die andere ein Taxi zu sich orderte.
"Danke für diesen wunderschönen Abend." dann berührten ihre Lippen seine Wange und ehe er wieder ganz bei Sinnen war, war sie ins Taxi gestiegen und dieses fuhr los.
Sie hatte mehr Anstand als manch andere Frau, die ich kannte; falsch sie hatte mehr Anstand als ich je hatte. Seit acht Jahren war sie meinem Sohn treu, gab sich nicht den Gelüsten mit einem anderen Mann hin. Ich gebe zu, dass ich denen mehr als nur mit einem Mann nachgegangen war, ich hatte Bedürfnisse.
Am nächsten Morgen um Punkt sieben saßen wir alle wieder beisammen, wenn auch Samantha sichtlich angeschlagen. Jedes Wort schien ihr zu laut, jedes Licht sie zu blenden und dies blieb nicht unentdeckt.
Jonathan sah seine Frau prüfend an: "Du hast getrunken?!" Dies war mehr eine Feststellung, als eine Frage gewesen.
Mit Mühe sah sie auf: "Verzeih, ja es waren gestern ein, zwei Gläser zu viel, es kommt nicht mehr vor." Allein der Gedanke an ihre Begleitung hauchte ihr ein Lächeln auf die Lippen. Jonathan hingegen verfinsterte seinen Blick, er sah zu seinem Sohn, der gerade den letzten Löffel seines Müslis aß.
"Mein Sohn, dir steht ein Ausflug bevor, gehe dich dafür umziehen."
Wortlos ließ der kleine Junge seinen Löffel sinken und stand auf. Ich glaubte zu wissen, was käme, doch damit hatte ich in meinem Leben nicht gerechnet. Es gab nicht vieles, was mein Sohn an Samantha tadelte. Er hatte bisher nur einmal einen Grund bekommen, ihrer Kleidung wegen. Langsam stand er auf, versicherte sich, dass sein Sohn den Saal verlassen hatte und ging auf Samantha zu. Mir war nicht gestattet zu gehen, ich wäre so gerne aufgestanden, doch solange er mich nicht bat, als Mann des Hauses, solange er nicht den Raum selbst verließ, gebot mir mein Anstand, sitzen zu bleiben.
"Ich denke nicht, dass dir gestattet war, viel zu trinken." Sein Blick galt mir, diese Zustimmungen waren meine Angelegenheiten. So sehr ich bestätigen wollte, dass sie um Erlaubnis gefragt hatte, konnte ich es nicht, nie hatte ich meinen Sohn angelogen und würde nun nicht damit anfangen.
Samanthas Blick senkte sich, seine erhobene Stimme, schien in ihr Schmerzen zu verursachen.
"Bestimmt war mir das nicht gestattet, es war ein Fehler, es tut mir leid."
Er sah an ihr hinunter, als er sie unsanft auf die Beine zog, betrachtete ihre Augen, was er noch nie gemacht hatte, da war ich mir sicher.
"Ich denke, dass ein Haarschnitt ansteht."
Samantha sah ihn nichts verstehend an, auch mein Blick konnte nichts anderes widerspiegeln. Ihre haselnussbraunen Haare, im Lichteinfall mit kupfernen Strähnen versehen, lagen in leichten Wellen auf ihrer Hüfte. Sie liebte ihre Haare und ich denke, das war meinem Sohn mehr als bewusst.
"Jonathan ich war erst beim Frisör."
Ich hatte diesen Blick noch nie zuvor gesehen. In seinen Augen loderte es, ein Feuer, das ich nicht einzuordnen wusste. Es schockierte mich im nächsten Moment zu sehen, wie er sich eine Schere bringen ließ und ohne Umschweife ihre Haare an der Höhe der Schulter abschnitt. Samantha sagte nichts, schloss kurz die Augen, schluckte einige erstickte Laute herunter und blickte dann zu ihrem Mann, der sie abermals am Arm festhielt. Wie er sie eben zum Aufstehen gezwungen hatte, drehte er sie nun zu sich.
"Ich denke, ein Haarschnitt steht an."
"Gerne", erwiderte sie.
Sein Blick endete abermals in ihren Augen und wieder loderte etwas auf. Ich wusste, es waren keine herzlichen Gefühle. Sogleich fragte ich mich, ob er etwas über Nickolas wusste. Doch selbst dieses Wissen hätte nicht genug Gründe für sein Verhalten haben können, es stand ihr schließlich frei, zu tun, was sie wollte, sich einen Geliebten zu halten. Was war nur in meinen Sohn gefahren? Ich zuckte, als er seine Hand hob, würde er sie schlagen?
Doch gerade beider Sohn war es, der seinen Vater von dieser unbedachten Tat zurückhielt, indem er in den Saal trat. Mit weit aufgerissenen Augen betrachtete er diese Situation, die Haare seiner Mutter auf dem Boden und die erhobene Hand seines Vaters ihr gegenüber. Jonathan ließ seine Hand sinken, ließ von Samantha ab.
"Mein Sohn?", blickte er zu diesem.
"Vater ich möchte mich bis heute Abend verabschieden." In den Augen des Kleinen stand der Schock, doch seine Stimme war ruhig und klar, er ging auf seinen Vater zu, der seine Schulter drückte und nickte seiner Mutter zum Abschied zu.
Mit der leichten Befürchtung, Jonathan würde dort weiter machen, wo er aufgehört hatte, wandte ich meinen Blick zu Samantha, sie tat mir leid. Doch Jonathan kam zu mir, gab mir einen Kuss auf die Wange, dann wandte er sich wieder seiner Frau zu und hauchte einen Kuss auf ihre Stirn. Wortlos verließ nun auch er den Saal und ich sah, wie Samantha tief durchatmete. Mit alle dem hätte ich nicht rechnen können, nie hatte er sie geschlagen, rau angefasst, niemals. Im normalen Falle hätte er sie getadelt, einen Hausarrest verhängt, was für sie sicher genau so schmerzhaft gewesen wäre, doch dies alles war neu. Ich selbst konnte damit nicht umgehen, stand auf, nickte meiner Schwiegertochter zu und verließ den Saal.
Samantha hatte sich einen Frisörtermin besorgt und ich war ebenso geschockt wie erstaunt, als ich sie am Abend zu Gesicht bekam. Es war eine moderne Kurzhaarfrisur, der Nacken freigelegt, vorne umrandeten ihre Haare ihr Gesicht bis zu ihrem zarten Kinn.
Sie sah verjüngt aus, ihrem Alter entsprechend, dazu hatte sie sich ein weißes Kleid angezogen, das über ihren Knien endete, sie sah traumhaft aus und ich wusste gleich, wo sie gewesen war. Noch während der Fahrt zum Frisör, wo sie sich ausnahmsweise hinfahren ließ, schrieb sie Nickolas eine Nachricht und somit war eine Verabredung, nach dem Frisör der nächste Termin.
Bedacht darauf, ihre blauen Flecke am Arm, die von meinem Sohn stammten, zu verstecken, hatte sie sich zwischen diesen Terminen noch schnell ein neues Kleid gegönnt. Es war weiß, endete - wie eben erwähnt - über den Knien, die Ärmel hingegen hatten an Länge mehr, reichten bis zu ihren Ellenbogen, dazu noch die passenden weißen Absatzschuhe und sie sah aus, wie eine Frau, die gerade einen Strandurlaub machte, frisch, jung, ungebunden.
Erst jetzt entdeckte ich, dass sie ihren Ehering gewechselt hatte, kein goldener Ring lag um ihren linken Ringfinger, dieser war Silber, schon fast schlicht. Doch weiter ließ sie sich nicht von unserem Fahrer begleiten, sie wechselte in ein Taxi und ihre Fahrt endete vor einem blau/weißen Haus, es war groß, umzäunt und doch luden der Garten und der Anblick des Hauses einen regelrecht ein.
Strahlend trat Nickolas aus der Tür, blieb dann geschockt stehen, es lag nicht nur an ihren Haaren.
"Gefällt es dir nicht?", fragte sie in seine fragenden Augen hinein.
"Nun, es sieht sehr hübsch aus, doch daran muss man sich erst einmal gewöhnen. Deine schönen Locken ..." Wehmut klang in seiner Stimme.
Doch ihr Lächeln bescherte nun auch ihm eins, so bat er sie ins Haus.
"Du siehst bezaubernd aus", kam nun über seine Lippen, als Nickolas sie genauer betrachtete.
"Danke schön, ich fühlte mich danach."
Samantha drehte sich leicht und wäre er nicht gleich bei ihr gewesen, hätte sie auf dem Boden gelegen, die Auswirkungen des Alkohols waren noch nicht ganz verflogen.
"Schön langsam. Was hat dich bewegt, dir die Haare so schneiden zu lassen?"
Ihr Blick senkte sich: "Ein kleines Missgeschick." Sie versuchte zu lächeln, doch dieses versagte.
Als Nickolas sie dann noch sanft am Oberarm entlang streifte, was sie zusammenzucken ließ, schaute er sie skeptisch an. Seine Stirn gerunzelt fragte er nicht nach Erlaubnis, wollte ihr den Ärmel nach oben schieben, doch sie hielt seine Hand fest.
"Es gehört sich nicht", sagte sie mit erstickter Stimme, wiedermal blinzelte sie Tränen weg, allerdings schienen dieses Mal die Tränen nicht weg gehen zu wollen, als Nickolas sie an sich zog, versanken ihre Tränen in seiner Bekleidung.
Als er sich sicher war, dass sie sich nicht mehr wehrte, schob er ihren Ärmel hoch. Seine Augen weiteten sich, auch ihm war der Schock ins Gesicht geschrieben, wie bei Jonathan jr. vorher.
Zwei Striemen schienen es zu sein, so wie ich es auf diesen Fotos erkennen konnte, ich sah sie nie richtig, doch Nickolas schien sofort die Handabdrücke zu erkennen, in seinen Augen funkelten Wut und Entsetzen.
"Wer war das?"
Selbst ich, als ich diese Worte gelesen hatte, schluckte hart, fragte mich, ob Samantha es ihm sagen würde, dabei war doch schon alles geschehen, ich musste nur weiter lesen.
"Es gibt Fragen, die du nicht stellen solltest und Antworten, die ich nicht geben darf", kam zur Antwort, doch weiter ruhte ihr Kopf an seiner Schulter.
"Ich möchte wissen, wer dir so weh tut und warum. Samantha was ist dein Geheimnis?"
Mein Herz schien auszusetzen, mein Atem stand still, als ich diese Worte gelesen hatte. Nun hob sich ihr Blick, in ihren Augen zeigten sich so viele Gefühle, die ich nicht kannte, die ich nie gespürt hatte und doch erwärmten sie mein Herz.
"Ich kenne deine Ansichten und weiß, dass wenn ich es dir erzähle, du mich nicht mehr sehen möchtest."
Seine Augen sahen zärtlich zu ihr, während seine Finger durch ihr kurzes Haar glitten: "Nichts auf dieser Erde könnte diese Reaktion in mir auslösen, niemals würde ich dich nicht mehr sehen wollen, mein Herz würde brechen", sprach er sanft und einfühlsam, als seine Lippen auf ihrer Wange ruhten.
Samantha löste sich von ihm, griff ihre Handtasche, die sich achtlos hatte fallen lassen, seitdem sie an seiner Schulter lag. "Setz dich bitte und lass es mich erklären", bat sie ihn leise und er folgte ihrer Bitte. Sie wollte sich neben ihn setzen, doch er zog sie auf seinen Schoß. Überrascht doch erfreut ließ sie es zu.
Samantha zog den silbernen Ring von ihrem Finger und entnahm ihrer Handtasche ihren Ehering. Schon jetzt konnte man Nickolas geschocktes Gesicht sehen, er schluckte hart, doch sagte kein Wort.
"Ich bin verheiratet, seit nun bald neun Jahren. Ich weiß, es war nicht richtig, dir dies zu verheimlichen, doch wie hätte ich es meinem Herzen antun können, dir diese Tatsache zu sagen und zu wissen, dass ich dich nie wieder sehen dürfte?"
Nickolas senkte kurz seinen Blick, zog Luft ein, die ihm scheinbar fehlte: "Wo bleibt der Spruch: Das mit uns war ein Fehler?"
"Wie könnte ich das sagen? Du, ein Fehler? In meinem Leben hat sich nichts richtiger angefühlt, als in deiner Nähe zu sein, deine Augen zu sehen und nun deine Berührungen zu spüren. Alles mag ein Fehler gewesen sein, nur du nicht."
Was mein Herz erweichte und fast zum Schmelzen brachte, es war traumhaft dieser Szene beizuwohnen, auch wenn ich wusste, dass seitdem mindestens drei Stunden vergangen waren. Nie hatte ich Samantha weinen gesehen, doch dieser Tag schien anders als jeder zuvor, es war nicht sie, die da sprach, es war ihr Herz, das sie nie sprechen gelassen hatte, nie hatte sie diesem die Oberhand überlassen, zu jeder Zeit war ihr Verstand mächtiger gewesen, bis zu jenem Tag.
"Habt ihr Kinder?", fragte Nickolas zögernd und unterbrach den Blickkontakt.
"Ja, einen Sohn, mehr war ich ihm nicht schuldig, einen Stammhalter, seither gehen wir getrennte Wege."
Irritiert schüttelte nichts verstehend den Kopf. "Wie meinst du das? Mehr bist du ihm nicht schuldig?"
Sie lächelte, er war so ahnungslos, sie lebten auf einem Planeten und doch waren sie in zwei Welten geboren.
"Ich bin mit achtzehn diese Ehe eingegangen, die seit unserer Geburt bestimmt war, verachte es nicht, es ist bei uns normal. Unsere Ehen werden beschlossen und dem fügt man sich."
"Du weißt aber, dass Zwangshochzeiten verboten sind?" Er wurde immer schockierter.
"Dies war es zu keiner Zeit, man stellte uns einander vor, fragte uns, ich weiß nicht, ob unsere Antwort wirklich interessierte, aber so sind wir erzogen worden. Das einzige, was aus unserer Ehe hervorgehen muss, ist ein Sohn, ein Stammhalter, danach bin ich als seine Ehefrau nur noch seine Begleiterin, nicht mehr, nicht weniger. Es war ein schönes Gefühl zu wissen, einen Jungen zur Welt zu bringen und fortan ein eigenes Zimmer bewohnen zu dürfen."
Ihr Lächeln wurde größer.
"Moment Darling, nur damit ich es verstehe. Du hast geheiratet, mit achtzehn, hast mit diesem Mann ein Kind, einen Jungen und seither lebt ihr nebeneinander, ihr teilt kein Bett, keine Gemeinsamkeiten?"
Sie nickte: "Richtig, seit nun mehr als sieben Jahren habe ich mein Zimmer und er ..." sie schluckte, es schien ihr zuwider dieses auszusprechen: "und er hat seine Geliebte, die Tag ein und Tag aus unser Haus betritt und verlässt."
Ich konnte verstehen, dass sie angewidert war, diese Frau, von der sie sprach, ihr fehlte Niveau, sie war in keiner Weise mit Samantha zu vergleichen, kam weder gegen ihre Schönheit noch ihre Intelligenz an. Irgendetwas veranlasste Nickolas zu lächeln.
"Also, ihr lebt nebeneinander her, habt kein Verhältnis mehr, seit sieben Jahren, das heißt, du liebst ihn nicht?"
"Wie könnte ich? Mein Herz habe ich verschenkt, vor nicht allzu langer Zeit und ich habe nicht vor, es mir wieder zu holen."
Ich erschrak, das konnte sie nicht ernst gemeint haben, niemand konnte so leichtfertig sein Herz verschenken, sie war verheiratet und das mit meinem Sohn. Ich hatte schwer atmend weiter gelesen. Sein Lächeln wirkte nicht minder erleichtert.
"Ich denke auch nicht, dass ich es dir wiedergeben kann, da meins bei dir ist, sollte ich eins besitzen, das mich am Leben hält."
Sein Blick war intensiv, seine Berührungen schienen es ebenso zu sein, still fragten seine Augen um Erlaubnis, als sie ihm diese erteilte und sich ihre Augen schlossen, versanken sie in einem Kuss.
Ich hatte es also, mein Happy End und doch schien es mich in keiner Weise zu befriedigen. Aber nun blieb mir nur noch eines zu tun, diesem ganzen Spuk ein Ende zu setzen. Verwundert blickte ich auf den Bericht, der wirklich noch weiter ging, ich wechselte das Blatt. Atemlos, mit hitzigen Wangen und verträumten Augen trennten sie sich voneinander, um doch so nahe beieinander zu sein, dass kein Blatt zwischen ihnen Platz gefunden hätte.
"Wieso bist du noch bei ihm?" keineswegs schien er den Moment zerstören zu wollten, doch brannte in ihm diese Frage.
"Was sollte ich tun? Eine Scheidung würde mir meinen Sohn nehmen, ich habe doch sowieso so wenig von ihm. Ich darf ihn nicht berühren, nicht trösten, wenn er traurig ist, nicht loben, wenn er Leistungen erbringt, ich darf ihn nur von ferne bewundern." Wieder weinte sie, ihre Augen waren schmerzerfüllt, dies war wohl das Einzige, was wir immer geteilt hatten, den Schmerz, unsere Kinder nicht so berühren zu dürfen, wie wir es uns wünschten.
Nickolas zog sie wieder in seine Arme, streichelte ihr beruhigend über ihren Rücken.
"Samantha du irrst dich, kein Gericht wird ihn dir verweigern, es mag ein langer Weg sein, doch diesen wirst du nicht alleine gehen müssen, ich bin bei dir." Seine Augen beteten sie an, um gleichzeitig darauf zu hoffen, dass sie diesen Schritt wagte.
Eine Antwort blieb sie ihm schuldig, erschrocken hatte sie auf die Uhr gesehen, es war Nachmittag, sie musste nach Hause, ihre Verpflichtungen warteten.
"Samantha bleib."
Sie schüttelte traurig mit dem Kopf.
"So sehr ich will, es geht nicht, aber ich komme wieder." Sie hauchte ihm einen Kuss auf die Lippen und verschwand die Auffahrt hinunter.
Wie hätte dieser liebevolle Mann ahnen können, dass unsere Welt bis weit in seine reichte? So wie er sich das dachte, es nie geschehen würde? Es gab Trennungen, auch in unseren Kreisen, doch niemals hatte eine Frau ihr Kind behalten, nie war es einer gelungen, es mit sich zu nehmen. Mittel und Wege der uns angetrauten Männer waren so stark, so weitreichend, niemals würde Samantha ihren Sohn wiedersehen. Selbst manche Frau, so wurde gemunkelt, war nie wiedergesehen worden.
Ich sah auf Bildern, was ihr entgangen war. Reporter standen auf der gegenüberliegenden Seite, sie hatten sie also auf Bildern. Ich wusste, was ich zu tun hatte. Meine Beziehungen, so hoffte ich, würden diese Fotos verschwinden lassen, sonst wäre in diesem Haus nicht mal mehr ich sicher. Jonathan hatte am Morgen bewiesen, wie ungehalten er sein konnte, ich wollte nicht dabei sein, wenn er Samantha in einer Zeitung sah, wie sie aus Nickolas‘ Haus kam, was meinen Sohn öffentlich bloßstellte. Wenn ich eins bei seinem Vater gelernt hatte, dann, dass sich ein wahrer Mann niemals bloßstellen ließ.
Es war reine Angst, die mich zum Hörer des Telefons greifen ließ, ich spielte jede Beziehung aus und hoffte, dass es funktionieren würde. Mein nächster Gang war zu Samantha ins Arbeitszimmer, wo sie an ihrem Computer saß und alles für die Party in einer Woche vorbereitete. Sie zuckte zusammen als ich eintrat, sah vor sich in den Spiegel, ich war sicher, nur aus diesem Grund stand ihr Schreibtisch so, damit sie sah, wer hineintrat.
"Mutter was beschert mir euren Besuch?" Ihre Stimme zitterte, Unheil lag in der Luft, dies war ihr bewusst.
Ich drehte sie samt des Drehstuhles zu mir: "Kind du weißt nicht, was du angestellt hast, mit wem du dich seit drei Monaten triffst ..."
Sie seufzte, sah mich an: "Ihr wisst es?"
"Natürlich, wie ich immer weiß, was du tust. Kind dieser Mann ist gefährlich für dich und das weißt du. Wenn Jonathan euch sieht, in diesen Magazinen, ich weiß nicht, wozu er fähig ist."
Verwunderung lag in ihren Augen, noch mehr als ich nichts erwiderte, sondern an ihren Computer trat und die Seite dieser Band eingab.
"Schau es dir an, erkennst du ihn?"
Natürlich tat sie es, ihr Atmen stellte sich ein, ihre Augen schlossen sich.
"Bete, dass ich es geschafft habe, eure Bilder verschwinden zu lassen, bevor sie öffentlich werden. Ich dachte nie, dass Jonathan sich so dir gegenüber verhält, ich kenne meinen eigenen Sohn genau so wenig, wie du deinen und das ist gefährlich, da seine Reaktion nicht vorhersehbar ist. Ich kann dir nur sagen, dass ein Mann sich nicht bloßstellen lässt und diese Konsequenz wirst du tragen müssen, wenn er es erfährt."
Endlich atmete sie wieder, kurzzeitig dachte ich, sie würde es nie wieder tun. Ein schweres Schlucken war das nächste, dann sah sie mit Tränen in den Augen zu mir auf.
"Wie gefährlich wird es für Nickolas?"
Ich schüttelte ungläubig den Kopf: "Erwähne nie wieder seinen Namen, denke nicht an ihn, er ist Luft für dich. Die nächsten drei Wochen verhänge ich ein Ausgangsverbot."
Ich spürte selbst den Stich, den ihr Herz traf, doch würde sie mit jedem Wort, das ich verlor, nicht verstehen, dass ich sie schützen wollte und ihren Engel genauso. Ihre Miene war versteinert, ausdruckslos saß sie am Tisch, nicht einmal dieses zarte Lächeln, was sie sonst auf den Lippen trug, war es auch noch so kalt, hatte sie mehr auf ihren Lippen, es tat weh, sie so zu sehen. Es schien wieder alles so wie es sollte, Jonathan verhielt sich wie immer, oder? Nein, ich sah diesen Blick, den er zu ihr wandern ließ und dann sprach er doch wirklich, während des Essens.
"Der Frisörbesuch hat sich gelohnt."
"Ich gebe dir recht, es war eine gute Entscheidung von dir." Die Antwort kam tonlos.
Jonathan runzelte die Stirn, selbst ihm schien es aufzufallen, doch wendete er sich wieder seinem Essen zu. Irgendetwas ging hier vor sich, doch ich war mir nicht bewusst, was.
Kaum eine Woche später war die Party, Samantha sah so zauberhaft aus, in ihrem beigen bodenlangen Kleid, das mit seinen Spaghettiträgern einen wundervollen Ausschnitt zauberte, doch hätte man erwartet die blauen Flecke zu sehen, so täuschte man sich. Sie hatte ein breiten Armreif über dem Oberarm, der diese hervorragend versteckte. Ihr zartes Lächeln, saß auf ihren Lippen, ich hatte sie dazu ermahnen müssen. Höflich begrüßte sie die Gäste, führte Small Talk, sie war die perfekte Gastgeberin, die neben ihrem Mann glänzte. Zwei Stunden waren seit dem ersten Gast, der hineingetreten war und dem letzten nun vergangen.
Verwundert blickte Samantha zur Erhebung, wo eigentlich seit zehn Minuten eine Violine gespielt werden und eine Sängerin den Abend untermalen sollte, alles klassisch versteht sich. Mein Blick sah erstaunt zu meinem Sohn, der ein Grinsen auf den Lippen hatte, das unheilvoller nicht hätte sein können. Er sprach laut, so dass es ein Großteil der Gäste mitbekam: "Ich vergaß dir zu sagen, meine verehrte Frau, deine Musik wurde abgesagt."
Samantha schluckte, was sollte sie jetzt tun?
"Keine Angst, ich habe für Ersatz gesorgt, ich hörte du magst sie gerne." Dabei machte er eine ausladende Bewegung, ein Vorhang, der den Raum minimal verkleinern sollte, ging auf, dahinter war eine Bühne, wo vier Musiker standen. Langsam begannen sie zu spielen, stilvoll, doch nicht für unsere Kreise üblich. Dann verschlug es mir den Atem, hinter diesem Schlagzeug, dort saß Nickolas.
Samantha schien es auch erst jetzt gemerkt zu haben, sie schluckte, sah von Nickolas zu ihrem Mann und wieder zurück, als sie wieder bei Jonathan angelangt war.
"Ich denke nicht, dass diese Gruppe meinen Musikgeschmack trifft, ich dachte, du würdest diesen kennen."
"Ja der ist mir bekannt, ich dachte auch eher, dass er dein Begehren sei." Er wies unverblümt auf Nickolas.
Zu unserem Glück war die Musik so laut, dass keiner mehr mitbekam, was da vor sich ging. Unverwandt sah Samantha ihrem Mann in die Augen: "Ich denke nicht, dass ich dir Rechenschaft schuldig bin, genau so wenig wie du mir. Oder täusche ich mich?"
"Keineswegs, deshalb ja diese Überraschung, da du ihn nie hierher eingeladen hast, dachte ich, ich mache dir eine Freude."
Irgendwas steckte dahinter, seine Augen zeugten nicht davon, dass er ihr wirklich eine Freude machen wollte.
Es verging eine geschlagene Stunde, bis diese Musikgruppe eine Pause machte. Sie stiegen von der Bühne, während Samantha abgelenkt von zwei Freundinnen, dieses nicht realisierte. Ich verlor sie aus den Augen, so sehr war ich auf die jungen Männer fixiert, die seitlich jeweils einen Mann zur Seite stehen hatten, der sie trotz ihrer Größe überragte und Schultern hatte, dass selbst Adonis verblasst wäre vor Ehrfurcht. Obwohl diese Gruppe sicherlich nicht oft in unseren Kreisen vorzufinden war, hatten sie einige der anwesenden Damen erkannt und näherten sich ihnen. Höflich begrüßten die vier Männer die Damen und wussten, zu meinem Verwundern, die Etikette perfekt zu beherrschen. Dann kamen sie auf uns zu, mein Herz schlug schneller, nur Jonathan bekam abermals dieses gewisse Grinsen auf die Lippen, alles schien geplant.
Doch entging ihm dieser Blick der Sicherheitsmänner der Gruppe, die ihn skeptisch beäugten, besonders der neben Nickolas hatte tiefe Falten auf seiner Stirn und sein Blick war nicht weniger von Finsternis und dunkler Vorahnung geprägt, wie der von meinem Sohn.
Sie kamen zum Stehen, direkt vor uns. Mein Sohn war erstarrt, ihm war wohl nicht bewusst gewesen, wie groß Nickolas war, erst jetzt, wo sie direkt voreinander standen, fiel es auf, fast eine Kopflänge trennte sie, er trat einen Schritt zurück und versuchte sich seinem Gegenüber nicht unterlegen zu fühlen, dabei stand in seinem Gesicht alles, wie in einem offenen Buch, konnte man darin lesen.
Nickolas streckte die Hand aus: "Es ist uns eine Freude, Sie kennen zu lernen“; lächelte er verhalten freundlich zu Jonathan.
"Die Freude liegt auf meiner Seite, dass Sie die Zeit gefunden haben, hier ihre Kunst vorzuführen. Doch nun frage ich mich, wo sich meine Gattin befindet, der ich mit Ihnen eine Freude machen wollte." Sein Blick haftete auf Nickolas. Wie gerne hätte ich ihn gewarnt, wer konnte ahnen, wie er reagierte, wenn Samantha vor ihm stand? Sofort war unser Butler es, der sich in Bewegung setzte, um Samantha zu holen, ich wünschte mir, dass er sie nicht fände.
Dieser Mann neben Nickolas, sein Sicherheitsmann, beäugte Jonathan so kritisch, ich konnte in seinen Augen lesen, dass er es ahnte, ahnte, dass nichts Gutes vor sich ging. Wie recht er doch hatte. Es dauerte nicht lange, bis unser Butler wieder zu uns zurück gefunden hatte und dicht hinter ihm, ungesehen von den mir gegenüberstehenden Herren, folgte Samantha. Meine wunderschöne Schwiegertochter, die trotz zahlreicher Komplimente nicht einmal erfreut lachte, nur Traurigkeit war in ihren Augen zu lesen. Ich sah ihren Blick, der in meinem endete und ihr wurde bewusst, was ihr nun bevorstand. Nun war es Angst, die ihre Augen erfüllte und es schmerzte mich, dieses zu sehen. Nickolas, kurz abgelenkt von einer Verehrerin, hatte sie noch nicht entdeckt, im Gegensatz zu seinen Freunden, die alle scharf die Luft einzogen und sichtlich ihrem Freund dieses Geschehen hätten ersparen wollen, doch es war zu spät.
Jonathan zog Samantha zu sich: "Ich darf den Herren meine Frau vorstellen?" In diesem Moment war Nickolas‘ Aufmerksamkeit wieder zu uns zurückgekehrt, ich erwartete das Schlimmste. Nur mit Mühe hatte er die Fassung bewahrt und nickte Samantha höflich zu, diese zitterte, es war nicht zu übersehen. Jonathan fing bei Jason an, ihm stellte er seine Frau zuerst vor, es war Absicht, das war zu sehen, er zögerte es hinaus und sah zu, wie Samantha mit der Fassung rang, ihr Zittern zu kontrollieren versuchte, was alles vergebens war. Jeder aufbauende Blick seiner Freunde war nichts wert, als sie zu Nickolas kamen.
"Samantha, dies ist Nickolas Parker."
Ihr Anstand ließ sie ihm in die Augen sehen, was ihr Zittern nur noch verstärkte und seinen Blick lesbarer als jedes Bild machte. Er wollte sie in seine Arme ziehen, sie beruhigen, doch blieb er stehen, nahm ihre ausgestreckte Hand entgegen und hauchte, wie jeder hier, kurz über dem Handrücken einen Kuss in die Luft.
„Sehr erfreut." kam mit zittriger Stimme, die hörbar zu versagen drohte, von Samantha.
"Die Freude liegt auf meiner Seite", erwiderte er liebevoll, mit einem Blick, der Eisberge zum Schmelzen brachte.
Sein Blick wechselte nun zu Jonathan, sie sagten kein Wort und doch konnte es jeder hören, wie mein Sohn gehässig lachte und Nickolas einen einzigen vernichtenden Blick zuwarf.
"Weißt du Margaret, höre was ich dir zu sagen habe, ein letztes Mal. Unser Sohn ist ein machtvoller Mann geworden, der mich als Vater stolz macht, doch sei dir bewusst, so machtvoll er ist, genau so gefährlich und unberechenbar ist er. Hüte dich vor ihm." Wieso ich ausgerechnet in diesem Moment an die letzten Worte, meines verstorbenen Mannes, Gott habe ihn selig, dachte, wusste ich nicht. Oder wusste ich es doch, dieser Blick, er machte mir Angst, mein Sohn hatte dunklere Augen denn je, statt diesem schönen Braun, was ich an ihm bewunderte, waren sie schwarz, schwarz wie die Nacht.
Ich wusste nicht, wie lange wir hier schon so standen und auf eine Reaktion der beiden Männer warteten, doch keiner rührte sich.
Samantha war es dann, die tief durchatmete: "Ich denke, die anwesenden Gäste wären über ein Fortführen Ihrer Kunst, begeistert“, sprach sie ruhig.
Wann war ihr Zittern nur verschwunden, ich hatte es nicht mitbekommen, ich sah an ihr herunter, fest umklammert in ihrer Hand glitzerte etwas. Ich sah auf, dicht bei ihr stand Nickolas‘ Sicherheitsmann, der nun mich ebenso beäugte wie ich ihn. Plötzlich lächelte er freundlich und nickte mir zu, bevor er mit seinem Schützling den Weg zur Bühne antrat. Samantha drehte sich um, verschwand ungeachtet meines Sohnes in der Menge, doch ich war ihr gefolgt, wollte wissen was hier passiert war, ungesehen von mir. Sie stand auf dem Balkon, zitterte wieder und öffnete fast in Zeitlupe ihre Hand, die sie gleich ruckartig schloss, als sie mich bemerkte. Was hätte ich tun sollen? Ich ging auf sie zu und öffnete diese wieder, in ihr lag ein Armband, mit drei aneinander gereihten Zeichen dran, sie waren wohl chinesisch, oder japanisch, dazu ein kleiner Zettel.
Vorsichtig entfaltete ich ihn: "Jeden Tag saß er da und sah auf dieses Geschenk für dich, ich versprach, es dir zu geben. Ein Zeichen seiner Liebe in deinen Händen."
Mein Blick ging zu ihr: "Mein Kind, du weißt, dass dies nicht gut ist?"
"Mutter nicht ich habe ihn hier her eingeladen, das war Euer Sohn. Bitte sagt mir, was er damit bezweckt."
Ich seufzte innerlich, hätte ich ihr doch gerne diese Antwort gegeben, doch die wusste ich da noch nicht: "Ich würde es tun, wüsste ich es. Ich kann dir nur abermals raten, nicht in Nickolas Nähe zu kommen, ihn zu ignorieren."
Eine Träne von Samantha endete auf ihrem Handrücken: "Wie könnte ich es? Mich sehnt nichts mehr, als bei ihm zu sein, seine Arme um mich zu wissen und seine zarten Lippen zu spüren, so falsch, wie es sein soll, wie ihr sagt, fühlt es sich nicht an."
Sie sah hinaus in den Garten, beide teilten wir die Zuneigung diesem gegenüber. Es war das erste Mal, dass ich ihr Gesicht berührte, die Tränen entfernte und sie fest ansah.
"Bitte reiße dich zusammen, gehe hinein und tue, wie dir aufgetragen wurde, jedes Wort welches wir hier verlieren, schürt nur dein Verlangen." Ich nahm ihr das Armband ab, sie hätte protestiert, doch mein Blick brachte sie zum Verstummen, als ich es ihr um ihr Handgelenk legte: "Jonathan wird nicht auffallen, dass es nicht von ihm stammt, oder von dir selbst gekauft wurde."
Mir war bewusst, was ich da tat, es war das Zeichen, dass sie Nickolas liebte und doch, vielleicht war es mein Drang nach meinem Happy End, vielleicht wollte ich ihr auch nur das gönnen, was ich nie hatte, ich wollte, dass er es sah und sich bewusst wurde, dass sie ihn so liebte, wie er sie.
Es dauerte, bis sie ihr letztes Lied gespielt hatten und von nun an Musik aus den Lautsprechern in der Wandverkleidung drang. Sie stiegen von der Bühne, es sah aus, als wollten sie gehen, doch da war mein Sohn schon bei ihnen und ich daneben.
"Wir würden sehr erfreut sein, wenn Sie noch blieben, um mit uns zu feiern."
Diese Worte waren so voller Lüge wie sein Lächeln.
Ausgerechnet Christopher nickte: "Wir danken für die Einladung und werden sie gerne annehmen." Überraschte Gesichter seiner Freunde, nur Nickolas, schien mehr als dankbar.
Sie verteilten sich, jeder seinen Sicherheitsmann an der Seite, in der Menge und ich wusste, wen Nickolas suchte, doch ich konnte ihm nicht weiterhelfen, mein Sohn schien ungewöhnlicherweise an meiner Seite bleiben zu wollen.
"Wie soll Euer Happy End aussehen, Mutter?"
Ich sah ihn erstaunt an.
"Ihr habt einen bewundernswert tiefen Schlaf, ich habe mir erlaubt, die Alben zu sichten und die Berichte zu lesen."
Mein Herz schlug hart und es schnürte mir meine Kehle zu. Obwohl er alles gelesen hatte, wusste er nicht, was ich dachte, was ich mir wünschte, das beruhigte mich - allerdings nur sehr leicht.
"Ich dachte, Ihr seid mir verbunden, Mutter, nicht ihr."
Ich versuchte vergebens, dieses eingeschnürte Gefühl in meiner Kehle mit einem Glas Sekt herunterzuspülen.
"Haltet Euch zurück, sonst waren Vaters ratsame Worte nicht nützlich für Euch."
Nun sah er mir in den Augen, Angst fühlte ich in mir auflodern, ich hatte Angst vor meinem eigenen Fleisch und Blut, vor meinem einzigen Kind, vor meinem Sohn. Schon immer war es den Männern gelungen alles zu erfahren, was in diesem Hause vor sich ging. Doch das selbst die Gespräche meines Mannes und mir, davon nicht verschont blieben, war mir bis dahin nicht bewusst.
Samantha hatte sich in eine Ecke zurückgezogen, wo mein Sohn, mich fest in seinem Griff um meinen Oberarm, hindirigierte. Das würde schief gehen. Nickolas stand nicht weit weg. Doch dieser machte keine Anstalten zu ihr gehen, was mein Sohn gerne übernahm, er winkte ihn zu sich, dem Nickolas sichtlich widerwillig nachkam.
"Amüsiert ihr Euch, Mister Parker?"
"Danke der Nachfrage, es ist sehr angenehm hier." Dieses Mal machte sich Nickolas noch nicht mal die Mühe zu lächeln, er unterdrückte mit aller Gewalt den Drang, zu Samantha zu sehen.
Dieses arme Geschöpf in dieser Ecke, keine Flucht war möglich, sie war eingekreist. Links mein Sohn, ihr Ehemann und rechts Nickolas, ihre Liebe und vor ihr stand ich. Sie zitterte unwillkürlich, schloss immer wieder die Augen, als würde dies an der Situation etwas ändern.
"Samantha hättest du nicht das Verlangen, zu tanzen?"
Sie sah zu Jonathan: "Wie du möchtest", machte einen Schritt auf ihn zu, doch er schüttelte den Kopf.
"Mir ist nicht danach, aber Mister Parker wird doch sicher für mich übernehmen, nicht wahr?"
"Gerne doch." Nickolas Stimme war fest, sein Blick ebenfalls, irgendetwas sagte mir, dass mein Sohn ihn unterschätzte.
Sie tanzten, ihre Schritte schienen nicht den Boden zu erreichen, es war fast so, als würden sie schweben. Nickolas hatte das Armband sicherlich schon entdeckt, er hatte dieses gewisse Lächeln auf den Lippen und auch Samantha hatte sich nicht wehren können und strahlte durch ihre Augen, auch wenn ihr Mund versuchte weiter nur zart zu lächeln. Neben mir erschien eine große Gestalt, die ich im ersten Moment nicht zuzuordnen wusste, dann erkannte ich Nickolas‘ Sicherheitsmann, der neben mir, zwischen meinem Sohn und mir stand. Dieser sah erstaunt zu diesem Mann auf, der es wagte, den Griff von Jonathans Hand um meinen Arm zu lockern, in dem er dessen Handgelenk zusammen drückte. Es schmerzte meinen Jungen, bestimmt genau so, wie mich sein Griff geschmerzt hatte.
"Ich denke, Sie hatten nicht vor, dieser Dame weiterhin die Blutzufuhr zu unterbinden!" kam rau.
"Und ich denke, dass es Sie nichts angeht."
Ein Lachen vernahm ich, dunkel und rau: "So, meinen Sie? Sie täuschen sich. Ich bin für die Sicherheit der Menschen eingestellt, die mir Mister Parker nennt und soeben bekam ich die Sicherheit ihrer Mutter aufgetragen."
Ich war erstaunt, Nickolas hatte sich nicht anmerken lassen, dass er bemerkt hatte, was mein Sohn mir gerade antat und ich wusste, dass ich keinerlei Schmerzen gezeigt hatte.
"Um die Sicherheit meiner Mutter kümmere ich mich selber, genau wie um die meiner Ehefrau." Finster sah Jonathan diesen großgewachsenen Mann an, dessen Griff mittlerweile von ihm abgelassen hatte. Doch er wagte es nicht, wieder an meinen Arm zu fassen, solange dieser Mann neben mir stand.
Es wurde getuschelt, jeder sah dieses Paar, das so schön und doch so verboten war. So dauerte es auch nicht lange, bis Jonathan beide trennte und nun selbst mit seiner Frau einen Tanz wagte, doch dieser war lange nicht so wunderbar anzusehen, wie der vorige.
Ich sah den Mann neben mir an, der nun seinen Schützling wieder beruhigt bei sich wusste.
"Ich danke ihnen Mister ..."
"Buster, angenehm." Er reichte mir galant seine Hand.
"Dann Mister Buster danke ich Ihnen, genau wie Ihnen Mister Parker."
Nickolas lächelte mir sanft zu: "Ich verstehe Ihre Welt hier nicht, doch ich denke nicht, dass in irgendeiner Weise solches Verhalten geduldet werden sollte."
"Bitte reden Sie nicht mit, wenn Sie es nicht verstehen, es gibt so viele Regeln in unserer Welt, wie sie sagen, doch schützen diese uns und wir leben gut", lächelte ich ihn mit Zuversicht an.
"Wie kann eine Welt ein Leben sein, wenn man nicht frei ist. Irgendwann, irgendwie, wird sich Samantha entscheiden und diese Welt wird nicht mehr ihre sein", seine Antwort kam mit einem Nachdruck in der Stimme, dass es mir kalt den Rücken runter lief.
Es war keineswegs nur ein Spruch, der so eben mal gesagt wurde. In seiner Stimme klang ein Versprechen nach und ich gab zu, dieses Versprechen machte mir so viel Angst, wie ich vor meinem Sohn verspürte und doch freute es mich sogleich, dass mein Herz mehr Schläge absolvierte.
Ich sah zu meiner Schwiegertochter, ihr Blick galt doch nur einem. Nickolas lächelte ihr zu, den ganzen Tanz mit ihrem Mann lang lächelte er und ihr Blick gehörte nur ihm. Jonathan war dies keineswegs entgangen, doch ignorierte er es gekonnt, legte seine Hand um ihren Oberarm, grinste Mister Buster gehässig zu und zog sie mit in die Menge.
Ich vernahm ein Knurren neben mir, wir hatten keine Hunde, es war Mister Buster, der seine Zähne aufeinander presste, knirschte und knurrte.
Nickolas hielt ihn an der Schulter: "Nicht jetzt John."
"Ich brauche nur fünf Minuten." blinzelte Mister Buster gefährlich.
"Nicht heute, nicht hier vor diesen Leuten, ich verspreche, er wird dir gehören, für fünf Minuten, aber eben nicht heute." Auch in Nickolas‘ Augen brannte es, dass er tief die Luft einzog, um sie sogleich beruhigend auszustoßen.
Meinen Blick zu übergehen kam ihm nicht in den Sinn.
"Ich weiß, dass Ihnen das nicht gefällt, aber Madam verstehen Sie, irgendwer muss ihm irgendwann zeigen, wie man sich einer Dame gegenüber verhält." Er lächelte so sanft und auch ich verlor mich für Sekunden in seinem Blick.
Ich sah Samantha erst zum Frühstück wieder, ihre Augen waren vom Weinen gerötet. Den Grund machte ich an ihrer extrem geraden Haltung aus, die sie immer wieder korrigierte. Sie verspürte Schmerzen. Wie ich später durch den Familienarzt erfuhr, war sie in der Nacht die Treppen herunter gestürzt und unglücklich auf ihre Rippen gefallen, so dass diese nun angerissen waren und ein großer Bluterguss sich darunter sowie darüber bildete. Ich schloss die Augen, in mir zeigte sich ein Bild dieses Sturzes, doch war sie nicht gestürzt, sondern gestoßen worden und der, der sie gestoßen hatte, hatte fast schwarze Augen und sein gehässiges Lachen ließ mich selbst bei der Vorstellung erschaudern. Mein verstorbener Mann, Gott habe ihn selig, hatte Recht und wenn ich nicht aufpasste, würde ich auch bald an dem Ende einer Treppe liegen. Meine Augen schlossen sich. Ich versuchte, den Gedanken zu verdrängen, auch den, dass ich Mister Buster ausfindig machen sollte. Mein Verdrängungsversuch war gelungen und schon bald kehrte Ruhe in unsere Familienvilla ein.
Verwundert saß ich kaum zwei Wochen später am Frühstückstisch, mein Sohn hielt nicht seine gewohnte Zeitung in den Händen, und als ich näher hinsah, wusste ich wieso. Samantha sah ebenso wie ich das Titelblatt, auf der Nickolas und seine Freunde abgebildet waren. Sie blinzelte ihre Tränen weg und sah auf ihren Sohn, nur er hielt sie hier und das wussten wir alle, außer ihm.
Die Zeitung senkte sich, Jonathan sah befriedigt die Reaktion seiner Frau, dann sah er jeden an, fragte seinen Sohn nach seinem Vorhaben heute, natürlich ging er wie immer in der Woche zur Schule.
Dann blickte er zu Samantha: "Wir sind heute Abend geladen, also erwarte ich, dass du um Punkt Acht angekleidet vor der Tür stehst."
Es war lange her, dass er sie mitnahm, irgendetwas musste dahinter stecken. Ehe ich mich versah, ging sein Blick zu mir.
"Mutter ich würde mich freuen, wenn Ihr ebenso bereitständet." Sein Grinsen, was er nun auf den Lippen hatte, war nicht das, was ich kannte, es war in den letzten Wochen sadistisch geworden.
Mir blieb nichts weiter, als stumm zu nicken, so gebot es mir der Anstand und doch lief es mir eiskalt den Rücken hinunter.
Nachdem er sich verabschiedet hatte, zog es auch Jonathan jr. in die Schule.
Samantha und ich saßen immer noch am Tisch, dass selbst unser Dienstmädchen, das den Saal betrat, erschrocken zurückwich, da sie nicht mit uns gerechnet hatte. Normalerweise wären wir alle recht rasch aus dem Saal gegangen, nachdem sich Jonathan verabschiedete.
Nun sah meine Schwiegertochter mich an: "Wisst Ihr, was besonders ist?"
"Nein, ich kann es mir selbst nicht erklären, doch rechne mit dem Schlimmsten, dann bist du vorbereitet."
Sie nickte, stand auf und begab sich in ihr Zimmer.
In mir wusste ich, es ging um Nickolas, ich ahnte da schon, dass dieser sich dort befand und mein Sohn nicht weniger vorhatte, als Samantha zu quälen und ihre Sehnsucht zu schüren, während ihr Herz darunter litt.
Es geschah, was ich geahnt hatte, auf dieser Party traten mehrere Gruppen auf und als die ersten Klänge ertönten, sah man Samanthas geschocktes Gesicht, wir standen so dicht an dieser Erhebung, dass sie sich nur seitlich drehen musste und genau vor Jason stand.
Dieser war genau so geschockt wie sie gewesen, doch schaffte er es, sich zu besinnen und Nickolas zu benachrichtigen. Seine Blicke suchten ihre, er sandte ihr ein Lächeln und einen warmen Blick, was sie nur zu gerne erwiderte. Jonathan grinste, so sadistisch hätte ich mir meinen Sohn in meinen Alpträumen nie vorstellen können.
"Na meine Ehefrau, flattert dein Herz?"
Sie wandte sich nicht ab, sah weiter zu Nickolas und genoss jede kleine Sekunde des gemeinsamen Blickes, bis Jonathan ihren Arm umfasste.
Ihr Abendkleid hatte lange Ärmel, wie die Kleidung der letzten Wochen, ich bezweifelte, dass ihre blauen Flecken irgendwann einmal verschwanden.
Mein Herz schlug höher, als ich Mister Buster entdeckte und mein Blick, außer meiner Kontrolle, bat um Hilfe.
Verwundert folgte er meinen Blicken zu Jonathan und Samantha, sah dessen Hand um ihren Oberarm, so dass Mister Buster wieder diesen Blick bekam, sein Zorn war entbrannt.
Doch wieder hielt ihn Nickolas zurück, er schüttelte dem Kopf und sah mich dann um Verzeihung bittend an.
Nachdem mein Sohn einige Freunde und Geschäftspartner begrüßt hatte, waren wir weiter gegangen. Zielstrebig steuerte Jonathan uns zur Bar, positionierte seine Frau, die alles mit leeren Augen hinnahm, seitdem ihr Blickkontakt mit Nickolas unterbrochen worden war.
Wieder erkannte ich das Vorhaben meines Sohnes. Samantha stand mit dem Rücken zu Nickolas, sie waren einander so nahe und doch sahen sie sich nicht. Wieder suchte ich Mister Buster, brauchte lange, bis ich ihn entdeckte und seine Blicke abermals meinen folgten, dann hellte sich sein Gesicht auf, er nickte verstehend und gab seinem Schützling ein Zeichen. Wobei er nicht dort stehen blieb, wo er war, sondern langsam zu Samantha hinüberging und sich zwischen sie und Jonathan stellte, so waren sie fast alleine, Nickolas und meine Schwiegertochter.
Mein Sohn war abgelenkt. Es war eine blonde Frau, die seine Aufmerksamkeit erlangt hatte, ihre Brüste boten sich ihm nur so entgegen, ich schluckte das Wort, was mir für sie einfiel und wandte mich wieder meiner Liebesgeschichte zu.
Samantha wurde erst durch Mister Buster auf Nickolas aufmerksam, langsam drehte sie sich, ihr Lächeln zeigte Freude auf ihn, wieder zitterte sie und ihre Beine drohten zu versagen, doch da waren seine Hände, die ihre Hüfte umfassten und sie zu sich zogen.
Ja, es war meine Liebesgeschichte, zwischen Tragödie und liebevoller Vereinigung schwankend. Ich stand dabei und es war die wohl schönste, die ich je gesehen oder gelesen hatte, sie fesselte mich, ließ mein Herz springen und mir ein Seufzen entweichen.
Eine Hand löste sich von ihrer Hüfte, entfernte eine einsame Strähne aus ihrem Gesicht und sein Blick war einfach nur von Bewunderung ihr gegenüber geprägt. Sein Gesicht näherte sich ihrem Ohr, flüsterten etwas in dieses, was ich nie erfuhr, doch brachte es ihr eine sanfte Röte auf ihre Wangen und einen verlegenen Blick. Ihre Arme legten sich um seinen Nacken, wollten ihn näher zu sich ziehen, langsam näherten sich ihre Lippen.
"Ihr werdet doch nicht unartige Dinge im Sinn haben?" diese Stimme, gemischt mit diesem sadistischen Lachen, jeder wusste, was nun kam.
Noch bevor Jonathan an ihren Arm fasste, verzog Samantha ihr Gesicht vor dem ankommenden Schmerz.
Mister Buster sah sie bittend an, er wollte ihr helfen, doch sie schüttelte den Kopf.
"Danke John", flüsterte sie erstickt, des Schmerzes wegen und folgte ihrem Mann.
Ebenso war es mir vorgesehen, ihm zu folgen, meinen Blick zu senken und mich zu fragen, wieso sie es nicht zuließ.
Sie musste wissen, dass Jonathan seinem einzigen Sohn nie etwas antun würde, dass er bei uns gut aufgehoben war und doch ließ sie es nicht zu, dass Nickolas sie aus dieser, meiner Welt befreite.
Diese Situationen, sie kamen so oft vor, Jonathan brachte sie zueinander, um sie dann auseinanderzureißen.
Und sobald ihre Tränen nachließen, nahm Jonathan sie mit, mit zu Nickolas, ließ beiden Zeit für Berührungen, im höchsten Falle zu einem sanften Kuss, bevor er sie wieder auseinanderriss und sie unsanft nach Hause brachte.
Ich wusste nicht, welche Beweggründe meinen Sohn dort trieben, am Anfang hoffte ich noch auf Eifersucht, dass er seine Liebe ihr gegenüber entdeckt hätte, doch langsam beschlich mich das Gefühl, es sei reiner Sadismus. Seine Augen nach jedem Abend waren entspannt und schienen glücklich, für eine Weile tauchten dann auch wieder seine wunderschönen braunen Augen auf, doch es hielt nie lange an.
Mir war es vor lauter Mitleid für Samantha so lange entgangen, bis an einem Mittwochabend, als sie, im Einklang mit dem Himmel, weinte. Jedes Wimmern wurde von einem Donnergrollen geschluckt und jeder Blitzeinschlag ließ sie aufs Neue weinen.
Jonathan jr. stand plötzlich neben mir, ich weiß nicht, wie er seinen Bediensteten unentdeckt entwischen konnte. Er sah mich mit seinen sanften grünen Augen an.
"Großmutter, bitte sagt mir, was meiner Mutter passiert ist, dass sie so weint", bat er schüchtern und doch mit dem Schmerz in den Augen, der mir zeigte, dass er ein Herz besaß, wie seine Mutter.
"Mein Enkel, ich wüsste nicht, wie ich es dir sagen sollte, ohne dass du verletzt würdest. Sei ein guter Junge und geh in dein Zimmer, diese Szenerie ist nicht für deine Ohren bestimmt."
Er blickte zu Boden: "War es Vater? Hat er sie wieder fallen lassen?"
Ich spitzte meine Ohren bei seinem Satz, ging in die Hocke und sah meinem Enkel in die Augen, die seiner Mutter so ähnlich waren: "Sag mir, wie du das meinst. Wie hat er sie fallen lassen?"
"Es war dieser Tag, als die laute Musik durchs Haus hörbar war, ich konnte nicht schlafen, ich war aus meinem Zimmer geschlichen und stand im Treppenhaus, ganz dicht in einer Ecke, Vater hat mich nicht gesehen. Vater sagte zu Mutter, dass sie niemals gehen könne. Nur einen Ausweg gäbe es für sie. Dabei ließ er sie die Treppen hinunter fallen."
"Hatte er seine Hände an ihr?"
Seine Lider senkten sich, als er nickte und die erste Träne über seine Wange lief.
"Großmutter, ich sah, wie Vater lachte und zu seinem Zimmer ging, ich habe ohne Erlaubnis das Telefon benutzt und Doktor Justus angerufen, bitte verzeiht mir. Verzeiht mir, was ich gesehen habe, dass ich telefonierte und nun weine, ich weiß, ich darf das alles nicht."
Die Dämme, die Jahre seine Tränen hielten, waren aufgesprungen, es brach mir ebenso das Herz, wie seine Mutter weinen zu sehen. Doch war er nicht erwachsen, er war ein kleiner siebenjähriger Junge, er hätte dies alles nicht sehen dürfen, nicht mit anhören.
"Es sei dir alles verziehen, wenn du nun in dein Zimmer gehst und keinem von dem Gesprochenen erzählst", antwortete ich ihm so einfühlsam, wie es mir möglich war, ich hatte zu lange mein Herz verleugnet, als dass dies noch so herzlich hätte sein können, wie bei Samantha.
Eilig lief mein kleiner Enkel den Flur entlang und verschwand in der Dunkelheit dessen.
Ich selber suchte auch mein Zimmer auf, setzte mich ans Fenster und versuchte zu dem Garten zu sehen, doch die dichten Regentropfen gaben den Blick nicht frei. Und trotz des Regens hörte ich harte Schritte auf dem Flur, die einmal hinaufführten und wieder hinunter. Angst beschlich mich, ich wusste, wem diese Schritte gehörten und fragte mich, was er zu tun vermochte. Seit geraumer Zeit ging dieses so, ich hörte die Schritte meines Sohnes, sie hielten kurz vor Samanthas Tür bevor sie wieder verschwanden. So auch heute, er verschwand mit harten Schritten in sein Zimmer und ich konnte erleichtert aufatmen.
Verzweifelt suchte ich bei mir einen Ausweg für meinen engelsgleichen Enkel und meine bezaubernde Schwiegertochter. Seit diesem Mittwochabend war mir bewusst geworden, wieso Samantha nicht ging, niemanden eingreifen ließ, stattdessen Schmerz erlitt. Sie musste es gewusst haben, wie sehr ihr Sohn litt, vielleicht hatte sie ihn auch gesehen, bei ihrem Sturz. Ich sah mir die Stelle ein paar Mal an und kam zu dem Schluss, dass es möglich gewesen wäre, dass sie ihren Sohn sehen und dessen Schmerz in den Augen lesen und verstehen konnte. Es hatte mir nun eingeleuchtet, dass sie ihn nie in unserer Welt lassen würde. Eiskalt und lieblos wie diese war, würde meinem Enkel das Herz brechen ohne seine Mutter.
Natürlich was dies die Erklärung: Sie wusste um das Herz ihres Sohnes, doch war ihr genau so bewusst, dass sie Jonathan jr. nicht einfach mitnehmen konnte. Es musste einen Plan geben und mein Gefühl sagte mir, dass Nickolas damit zu tun hatte.
Doch ein Zögern war nicht länger geduldet von meiner Seite, es musste gehandelt werden, denn die Augen meines Sohnes, waren schwärzer denn je.
Eines musste man mir lassen, hatte ich einen Mann für gewisse Stunden, war dieser mir meist verfallen, ich war einmal sehr hübsch gewesen, bevor mein Mann, Gott habe ihn selig, starb und ein Teil von mir auch. Ab diesem Tag hatte ich nichts mehr zu sagen, mein Sohn führte das Haus und die Geschäfte und ich, als seine Mutter, war ein geduldeter Gast und Lehrer für seine Frau. Manche Männer arbeiteten noch in der Familienvilla, die mir bis heute die Treue hielten, mir ergeben waren und dies war mir bewusst.
So entschied ich mich für Alfred, mit ihm hatte ich fast zehn Jahre nachts mein Zimmer geteilt, bis es mein verstorbener Mann, Gott habe ihn selig, verbot und ich mir einen neuen Liebhaber suchte.
Alfred stand vor mir, in seiner braunen Cordhose, sie war damals schon unansehnlich gewesen und war es auch heute noch, einen roten Pullover hatte er ebenfalls an und darunter war ein weißes Hemd zu erkennen, dessen Kragen nur noch zu sehen war.
"Ich bitte dich um vollkommene Verschwiegenheit, nichts, kein Ton darf über deine Lippen kommen, kannst du das?"
Er lächelte durch seine fast grauen Augen: "Wann habe ich je meine Lippen geöffnet, um etwas zu verraten, was meiner Lady geschadet hätte?"
Ich nickte zustimmend, so reichte ich ihm einen Brief: "Du musst diesen Brief zu einem Nickolas Parker bringen, die Adresse steht oben drauf und keiner darf es erfahren", erwiderte ich dann sein Lächeln.
Alfred nickte stumm und war so schnell von mir entfernt, wie er gekommen war. Nun hoffte ich nur, dass der Brief sein Ziel fand und Nickolas wirklich bereit war, mir zu helfen, dass mich mein Gefühl nicht täuschte und er auch schon einen Plan schmiedete. Nun sollte er meine Zustimmung erhalten, ich hatte Angst um unser aller Leben, nein ich hatte Angst um das Leben meiner Schwiegertochter und sogar um das meines engelsgleichen Enkels.
Mein Brief enthielt folgende Worte:
Sehr geehrter Mister Parker,
ich schreibe Euch und bitte so, wenn es sein soll auf Knien, um Eure Hilfe. Hier geht Schlimmes vor sich. Ich kann Euch nicht sagen, wie lange es noch dauert, bis Ihr Samantha nie wieder seht. Mein eigen Fleisch und Blut, mein Sohn ist nicht mehr der, der er mal war. Er spürt Freude dabei, seine Frau zu quälen und ich ahne Schlimmes, wenn dies so weiter geht. So bitte ich Euch, rettet Samantha und meinen Enkel, aus meiner Welt, holte sie hier raus und lasst sie nie wieder gesehen werden.
Ich hoffe sehr, dass Euch dieser Brief erreicht und Ihr Euer nicht ausgesprochenes Versprechen halten werdet. Bitte sendet mir eine Antwort zum Erhalt der Nachricht.
So bleibe ich Euch auf ewig in Dankbarkeit verbunden.
Mistress Margaret
Es dauerte zehn Stunden, bis Alfred wieder vor mir stand, mir wortlos einen Zettel reichte und dann wieder lächelte.
"Lady darf ich sprechen?"
Ich nickte zustimmend, er sah sich um, dass auch wirklich niemand in der Nähe war.
"Was Ihr für sie macht, hättet Ihr besser auch für Euch gemacht. Ich wünsche Glück und bin jederzeit zur Hilfe bereit." Wieder ging er, erwartete keine Erwiderung, die er auch nicht bekommen hätte, zu nervös war ich, als ich den Zettel auseinander faltete.
Ein einziger Satz stand dort geschrieben. Ich überflog diesen Satz.
"Liebe Lady Margaret, haben Sie noch etwas Geduld und so wird Ihr Wunsch in Erfüllung gehen. Nickolas"
Ich musste schlucken, ich hatte mehr erwartet, viel mehr.
Meine Geduld hatte ein Ende, seitdem ich meinen Enkel weinen sah. Hätte Nickolas nicht mehr schreiben können? Seinen Plan, vielleicht hätte ich ihm helfen können, doch dieses dumme Stück Papier schwieg mich an, es verhöhnte mein Vorhaben, es sprach nichts und somit landete es im Feuer des Kamins.
Ich bedauerte meine Tat nicht, denn kaum zwei Minuten später stand Jonathan hinter mir, sah auf den Kamin: "Ist euch kalt Mutter?"
Dies war bis dahin nicht der Fall gewesen, doch seine Anwesenheit, ließ die Kälte in mir Einzug halten, dass ich erschauderte.
"Ihr friert, lasst euch eine Decke bringen", sprach er noch, bevor er wieder verschwand.
Ich hatte das Gefühl, als würde seine bloße Anwesenheit genügen, um mich um Jahre meines Lebens zu bringen, so erschöpft fühlte ich mich, nach seinem nicht mal einminütigen Besuch.
Doch auch diese Nacht ließ mich Samanthas Weinen erwachen. Das Zimmer neben ihr zu haben, hatte für mein Schlafverhalten keine positiven Seiten gehabt. Diese Nacht werde ich niemals vergessen, liegt sie nun schon zwei Jahre hinter mir, schmerzt sie mich bis heute, da ich nichts dagegen getan hatte, mein Handeln kam viel zu spät.
Es waren wieder harte Schritte auf dem Flur zu vernehmen, ich wusste, wem diese gehörten, meinem Sohn, er war auf dem Weg zu seiner Frau. Ich betete zu Gott, dass es wie immer sei, er nur lauschte und wieder ging. Doch im nächsten Moment hörte man das Aufstoßen ihrer Tür, dann das Zuschlagen, dass diese nicht mehr heil war, war mir sofort bewusst. Samanthas Weinen erlosch, nur das Schreien meines Sohnes hallte durchs Haus:
"Du kleines mieses Etwas, wie kannst du es wagen? Du würdest wohl alles dafür geben, zu deinem Herz zu kommen, doch dies wird ein Traum bleiben!", vernahm ich seine Worte und dann einen dumpfen Knall, der von ihrem Körper kam, der auf dem Boden aufschlug. Wieder versuchte ich, es nicht zu hören, doch dieses gelang mir nicht, ich merkte meine eigenen warmen Tränen, die mir über die Wange rannen.
Ich kann mich nicht entsinnen, wann ich vorher geweint hatte, es mussten Jahrzehnte her sein.
Da es mir nicht gelang, es zu überhören, hatte ich den Entschluss gefasst, etwas zu tun. Ich trat auf den Flur, erschauderte bei dem Anblick der gerissenen Tür und dann war ich starr vor Schreck.
Jonathan hatte Samantha an ihren Haaren gepackt und zog sie hinter sich her, wobei er ihr immer wieder ein Bild vor die Nase hielt.
Es war kein Foto, sondern ein gemaltes Bild, was ich immer noch erstarrt in dem Flur stehend wahrnahm.
Ich weiß nicht mehr wie, doch ich folgte ihnen, war mir die Sprache entfallen, wollte ich doch etwas tun; sah jedoch erst erstarrt zu, wie er ihren Körper unsanft gegen das Geländer schmiss, als wäre sie Unrat.
Ihr rannen Tränen über die Wangen, die schon ein leichtes Blau andeuteten. Was zittern meine Hände bei diesem Gedanken, mir ist so kalt wie in dieser Nacht.
"Was habe ich getan?", fragte sie mit erstickter Stimme.
"Sehe es dir an du Miststück, wann warst du bei ihm? Wie kannst du es wagen, mir meinen Sohn streitig machen zu wollen, ihn dazu zu bringen, mich zu hassen?" wieder hielt er ihr das Bild vor ihr Gesicht.
"Niemals war ich bei ihm, ich weiß, dass ich es nicht darf, bitte glaub mir."
Achtlos ließ er das Blatt fallen, doch es wurde aufgehoben, von seinem Sohn, er hatte es fest in den Händen und rannte zu mir.
"Großmutter sagt ihm, dass er aufhören muss, er darf Mutter nichts tun."
Ich nahm meinem Enkel das Bild aus den Händen. Er hatte es gemalt, er hatte gemalt, wie sein Vater seine Mutter die Treppen hinunter stieß.
"Was hast du nur getan?" War meine erstickte Stimme an sein Ohr gedrungen? Ich weiß es nicht mehr.
Ich sah vielmehr, wie Jonathan Samantha auf die Füße stellte, ihr auf die nackten Füße spuckte.
"Du bist ein verdorbenes Stück, eine miese Ehefrau, eine schlechte Mutter, du bist Müll und dieser wird hier nicht geduldet, sondern entsorgt." Seine Stimme war eiskalt und ein sadistisches Lächeln umspielte seine Lippen.
Meine Gedanken sahen schon seinen Stoß, doch nicht die Treppe hinunter, wo es Überlebenschancen gäbe, er hatte vor, sie über das Geländer fünf Meter in die Tiefe fallen zu lassen und mir war bewusst, ihren Körper, der auf dem Marmor aufschlüge, könnte niemand mehr retten.
Ich rannte, so schnell, wie mich meine Füße trugen, meine Hand erhoben und schlug meinem eigenen Sohn ins Gesicht. Geschockt ließ er von Samantha ab, sah mich feurig an, ich fühlte schon seine Erwiderung auf meiner Wange. Doch ich schloss die Augen nicht, ich wollte mich dem stellen, was ich angerichtet hatte, ich hatte dies hier zu verantworten, nun war es an der Zeit mich dem zu stellen.
Verwundert sah ich abermals sein geschocktes Gesicht, dann verlor er sein Gleichgewicht. Während ich meinem Sohn zusah, wie er in Richtung des Geländers fiel, hörte ich Samantha nach ihrem Sohn schreien.
"Jonathan tu es nicht."
Seine Augen voller Tränen, voller Angst, war mein Enkel gegen seinen Vater gerannt.
"Schlagen darf man nicht, Vater!", schrie er dabei blind.
Samantha zog ihren Sohn in ihre Arme, schützende, blickdichte Arme, die verhinderten, dass er sah, wie sein Vater über das Geländer stürzte und fünf Meter tiefer aufschlug. Ich sah nur noch Blut, nur noch mein Fleisch und Blut da liegen, röchelnd um jeden Atemzug kämpfend, bevor sich sein Körper ein letztes Mal bewegte und dann regungslos liegen blieb.
Ich verstand erst nicht wie, doch die Haustüre wurde zeitgleich aufgebrochen, Polizisten stürmten ins Haus, verteilten sich und blickten schier verwirrt zwischen meinem Sohn am Boden und mir hier oben umher. Als letztes betrat ein blonder Mann das Haus, Nickolas, es war Nickolas der fassungslos zu Jonathan sah und dann die Treppen hoch rannte. Samantha saß immer noch auf dem Boden, ihren Sohn in den Armen und weinte hemmungslos.
"Samantha?" ganz zart glitt Nickolas Hand ihren Rücken entlang, was sie leicht zusammenzucken ließ, bis sie ihn wahrnahm.
"Nickolas, du bist gekommen!" lächelte sie und ließ dankend die Umarmung ihres Liebsten über sich und ihren Sohn ergehen.
Zwei Stunden später standen wir immer noch in der Familienvilla, Samantha weigerte sich, ihren Sohn loszulassen, um untersucht zu werden. Der Leichnam meines Sohnes wurde hinausgeschoben und ich stand wie in Trance da und sah Nickolas an.
Er lächelte mich sanft an: "Ich versprach doch zu kommen."
"Es wäre zu spät gewesen, dort sollte Samantha liegen", sagte ich, mit einem Zittern in der Stimme, dass ich selbst meine Zähne aufeinander schlagen hörte.
Tief durchatmend löste er Jonathan jr. behutsam aus den Armen seiner Mutter, sah mich intensiv an.
"Omas dürfen auch umarmen."
Ich schloss die Augen, als ich die zwei kleinen Arme um mich spürte, mehr Nähe, als ich je zu meinem Sohn hatte, es trieb mir abermals die Tränen über die Wangen.
Nickolas sah nun Samantha an: "Sagst du mir, was passiert ist?"
Dass er das nicht um seinetwillen wissen wollte, bemerkte ich erst, als ich den Polizisten sah, der sie die ganze Zeit ansprach.
"Jonathan hat ein Bild gemalt, wie sein Vater mich die Treppe hinunter stieß, ich wusste, dass er da war, ich hatte ihn gesehen, oh Gott ich wollte nicht, dass er es sah. Sein Vater kam in mein Zimmer mit diesem Bild, machte mich verantwortlich ... ich, ich wollte das wirklich nicht, bitte glauben Sie mir."
Ihre Blicke ruhten auf dem Polizisten, der sie musterte, ihre verfärbte Wange begutachtete, seine Blicke gingen an ihr hinab, er sah ihre nackten Beine, die unter ihrem Nachthemd zu sehen waren, die Verletzungen waren sichtbar, die Verletzungen die mein Sohn ihr zugefügt hatte.
Ich war erstaunt über ihre Lüge, es war uns nicht zugedacht, zu lügen und doch tat sie es zum ersten Male und ich konnte nicht anders, als ihr lobend zuzunicken.
"Ich denke, nachdem Sie sich untersuchen und behandeln gelassen haben, werden sie besser mit ihrem Sohn ein Hotelzimmer beziehen und sich ausschlafen." Dann wandte der Polizist sich zu Nickolas: "Wir hätten eher auf Sie hören sollen, Mister Parker. Ich werde es als Notwehr mit Todesfolge bezeichnen, denn nichts anderes kann man bei diesem Anblick annehmen." Dabei wies er auf Samantha.
Nickolas nickte befriedigt: "Ich wäre Ihnen sehr verbunden, wir werden morgen für die Aussagen aufs Revier kommen."
Eine Decke umgab mich plötzlich, ich sah erschrocken hinter mich, es war Mister Buster, der mir diese gebracht hatte.
"Wie geht es ihnen Madam?"
"Wahrscheinlich so schlecht, dass ich die Besinnung verlieren will und nicht kann, Mister Buster. Und doch so gut, dass ich meinen geliebten Enkel immer wieder in meinen Armen wissen möchte."
Ich versuchte zu lächeln, weiß nicht, ob es mir gelang.
"Ihre fünf Minuten werden Sie nicht mehr bekommen, es tut mir Leid für sie."
Er rümpfte die Nase: "Ich begnüge mich damit, ihm einmal gezeigt zu haben, wie man sich einer Dame gegenüber nicht verhält", lächelte er sanft, zog mich in seine starken Arme und geleitete mich zum Auto.
Mein Enkel war wieder bei seiner Mutter, die im Krankenwagen saß und ihr schmerzverzerrtes Gesicht, bei der Abtastung des Arztes, zeugte von den Schmerzen, welche sie über sich hatte ergehen lassen müssen.
Nickolas kniete dicht bei meinem Enkel, redete immer wieder etwas und streichelte ihm sanft über den Kopf.
"Haben Sie keine Angst, Madam, er ist ein guter Mann", hörte ich Mister Busters raue Stimme.
Ich empfand es als Wunder, dass Samantha mir nicht den Rücken kehrte und selbst als ich ihr sagte, dass ich diese Villa noch nicht verlassen könnte, kam sie jeden Sonntag zu Besuch. Wenn ich nun neben mich sehe, steht dort ein Koffer, meine letzten Habseligkeiten, die ich gepackt habe und nun warte ich auf meinen Wagen. Voller Ungeduld, was sich natürlich nicht gehört. Doch all das, all das, was ich geschrieben habe, ist zwei Jahre her.
Samantha und ich, als Erben, hatten vor einem Jahr beschlossen, alles zu verkaufen, die Firma, alles, sogar dieses Haus, was wohl eher Nickolas war, der dies entschied. Ein Mann muss ja das Sagen haben. Ja, ich lache und ich tue es gerne. Es hat sich die letzten zwei Jahre so viel getan und doch warte ich bis heute auf mein Happy End, ich habe das Album bis heute nicht fertigbekommen.
Natürlich hat Nickolas meine Schwiegertochter vor den Altar geführt, sie trug nun seinen Namen statt dem meinen, doch stört mich dies nicht. Jedoch dieses gewisse Bild eines Happy Ends, was ich habe, hat sich bisher nicht gezeigt.
Ich sehe aus dem Fenster, wo ein großer Jeep die Auffahrt hinauf fährt, ich weiß, wer es ist und freue mich. Nickolas ist der erste, der aus dem Jeep hinaussteigt, mir lächelnd zunickt, er weiß, dass ich immer hier sitze.
Als nächstes steigt meine bezaubernde Schwiegertochter aus, sie strahlt voller Freude, wohl aus mehreren Gründen.
Jonathan jr. geht es besser, er hat so viel erlitten und lange gebraucht, doch nun, er nennt Nickolas Dad, nicht Vater, er weiß, wer sein Vater war und hat für sich beschlossen, das Nickolas sein Dad ist.
Auch Jonathan winkt mir überschwänglich zu, ich gebe zu es ist noch immer ungewohnt ihn so offen zu sehen, lachend, spielend, körpernah.
Und nun sehe ich zum ersten Mal den Grund, für die Freude aller da unten stehenden, die kleine Sophia, die vor einer Woche das Licht der Welt erblickte. Nun hält mich auch nichts in meinem Zimmer, ich gehe zur Treppe, wo Jonathan hineinstürmt.
"Oma, Oma." ruft er lachend und stürmt zu mir herauf, um als Nächstes in meinen Armen zu liegen.
Der nächste ist Nickolas, der die Stufen samt seiner Tochter zu mir hinaufgeht, vorsichtig um das kleine Bündel in seinen Armen bedacht.
"Margaret du siehst bezaubernd aus." lächelt er mich an. "Und nun darf ich euch bekannt machen: Sophia, das ist deine Oma Margaret und Margaret, ich stelle dir mit Freuden dein zweites Enkelkind vor."
Ach was dieser Mann mich immer wieder glücklich macht, so charmant wie klug und herzlich. Zögernd nehme ich Sophia in meine Arme und öffne mein Herz.
Samantha sieht ebenfalls lächelnd zu mir.
"Mutter ist es schön Euch zu sehen."
Sie ist bis heute die Einzige, die ihr Sprachverhalten mir gegenüber nicht geändert hat. Wir lachen immer wieder über diese Tatsache, die Nickolas immer wieder ein Seufzen entweichen lässt, da er diese Aussprache nicht mag.
"Samantha, und ich freue mich erst, es ist schön, dass ihr gekommen seid."
Ich reiche ihr das kleine Bündel und werde von Nickolas in mein Zimmer begleitet.
"Margaret wie geht es dir?"
"Ich kann es dir nicht sagen, es ist eine schwere Entscheidung gewesen, ich weiß, dass sie richtig ist, doch es fällt mir schwer, hier weg zu gehen"
"Ich verstehe dich, doch freu dich, du bist direkt neben uns, kannst immer deine Enkel sehen, wir sind dann immer für dich da, nicht nur einmal die Woche."
Ich nicke ihm zustimmend zu, als ich den nächsten Wagen in der Auffahrt entdecke, mir kribbelt es in den Fingern, sehe erstaunt zu Nickolas, der grinsend mit den Schultern zuckt.
"Er hat sich extra frei genommen, um dich abzuholen." kommt entschuldigend, dann lacht er und ich weiß es ist wegen meiner geröteten Wangen.
Mister Buster kommt nun in mein Zimmer, wäre ich ein paar Jahrzehnte jünger,...
"Madam, Sie sehen so bezaubernd aus." schaut er mich fast bewundernd an, dann greift er meine Tasche, reicht mir seinen Arm und wir gehen aus diesem Haus.
Nicht mehr meines, nicht mehr das meiner Familie.
Ein paar Schritte die Auffahrt hinunter, auf dem Weg zu Mister Busters Auto, drehe ich mich um.
Meine Enkel gerade ins Auto gesetzt, dreht sich Nickolas zu Samantha um, die vor der Villa steht, auch ihr ist eine Schwere anzusehen. Zärtlich nimmt er sie in den Arm, was sie sagen verstehe ich nicht, doch ihr haucht es ein Lächeln auf die Lippen. Ganz langsam hebt er sie an, sie schwebt über dem Boden, strahlt, stupst mit ihrer Nase seine und neckt ihn zu einem sanften Kuss.
Neben mir blitzt es, Mister Buster lächelt nickend.
"Also, Madam, ich finde, das ist Ihr Happy End."
Festgehalten auf einem Foto, das bald den Weg in mein Album findet, das ich nun endlich beenden kann.
Texte: © Rigor Mortis 2013
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Lektorat: Ingrid Kunantz / Monika Schoppenhorst/ Sissi Kaiserlos
Tag der Veröffentlichung: 11.04.2013
Alle Rechte vorbehalten
Widmung:
DANKE
Meinen besonderen Dank gilt, Reinhard ohne den diese Geschichte nicht mehr aus meinen Ordner gekommen wäre.
Sissi die sich einer mühevollen Überarbeitung hingegeben hat.
Ingrid und Monika die sich die Mühe machten, meine Fehler zu beseitigen.
Simone, Chris, Arinmoon, Crazy und Uschi.
Ohne euch wäre es nicht so einfach gewesen.