Prolog
Schwarze, lange ‚Klauen durchstreiften sanft und lautlos das hüfthohe Gras, während der Schein, der gelb orange leuchtenden Sonne, sich auf ihnen brach. Sie legten sich auf den Boden nieder, bis sie sich wieder erhoben und von neuen niedersanken. Der schwere Körper, der über das Gras hinaus ragte, schien wie eine Feder über der Erde zu schweben und der Schweif glitt von links nach recht und wieder zurück, ohne nur einmal deinen Grashalm zu berühren. Die gleichmäßige, vor den Nüstern weiß aufwirbelnde Atemluft, fuhr über die schwarze, ledige Haut am zähnen besetzten Kiefer. Die Schwingen waren eng an den Rücken gepresst und die dunklen, matt blau schimmernden Augen behielten die Beute fest im Blick. Nur noch wenige Meter waren zwischen ihm und dem kleinen, unschuldigen Ding, das ihm den Rücken zuwandte. Ein sechs bis sieben Jahre altes Menschenmädchen mit blond, braunem Haar, saß auf einem Stein in diesem ruhigen Grasmeer. Sie knüpfte einen Blumenkranz.
So ganz allein wirkte sie abstrakt und verloren, doch war ihr Dorf nur wenige Meter hinter dem Wäldchen im Westen. Ein Schrei reichte aus um die Anderen zu alarmieren. Als sie gedankenverloren über die Ebene blickte, beugten sich die Beine und ließen den ganzen Körper im hohen Gras verschwinden. Das Kind ahnte nichts und wandte sich wieder seiner Bastelei zu. Der längliche, gekrönt wirkende Kopf erhob sich über das Gras, nahm die Witterung des Kindes auf und jagte los. Die kräftigen Klauen schlugen tief in den Boden, währen der Unterkiefer herunterklappte und die langen, dolchartigen Zähne präsentierte. Das Mädchen riss die Augen auf, starte die Kreatur an, hob die Arme hoch zum Gesicht und wollte gerade vor Panik und Angst schreien, als die scharfen Krallen sich in ihr linkes Bein und in die rechte Schulter bohrten. Gleichzeitig gruben sich die Zähne schräg in ihre Kehle und teilweise in ihren Brustkorb. Die Knochen knackten wie trockene Äste, doch war es viel dumpfer und ein Geräusch, wie ein Fuß, der in den Matsch trat, begleitete es.
Kein Geräusch schaffte es aus der zerrissenen, mit Blut überströmten Kehle. Ein Moment der Stille und der Ruhe empfing die Kleine und spülte alle schrecklichen Gefühle fort. Kurz darauf war sie tot und der Körper wurde schlaf. Die Krallen und Zähne wurden herausgezogen, dass von einem Schmatzen begleitet wurde. Danach zog die Kreatur das rechte Vorderbein an, legte den Köpf schief um mit den vordersten Zähnen aus dem Oberarm ein Stück heraus zu reißen. Dabei wurde der Leichnam angehoben, hin und her geschleudert, während die Arme des Kindes obskur verformten. Das rechte Bein drückte schlagartig den auskühlenden Körper zu Boden, der mit einem dumpfen Aufprall landete. Blut floss über die raue, dunkle Haut und schmatzend schnitten und rissen die Dolchzähne das Fleisch in maulgroße Stücke. Als die Kreatur erneut zubeißen wollte, bemerkte es einen seltsamen Geruch. Der Geruch eines Menschen, der sich ihm näherte.
Bevor der Mensch nur ansatzweise ihn überhaupt erkennen konnte, konnte er die Frau, mit den dunkelblonden Haaren und den grauen Augen, erkennen. Sie war wohl die Mutter, die das Kind vermisste und nun nach ihrer Kleinen Ausschau hielt. Er war schneller, stärker und scharfsinniger als ein Mensch, doch auch er verzichtete auf Auseinandersetzungen. Er könnte sie töten bevor sie überhaupt begriff was geschah, doch warum mühen? Er hatte schon vor dem Kind einen Menschen erbeutet und den fast vollständig verspeist. Also kam es nicht auf dieses bisschen Fleisch an. Er wandte sich zum gehen, doch war es sehr verlockend die Frau zu töten, aber mit dem vollgefressenen Magen konnte man eh nicht gut jagen. Soll sie doch. Der Anblick wird sie, wohl oder übel, umhauen und in Tränen ausbrechen lassen. Die Klauen sanken wie zuvor lautlos und achtsam zu Boden, um dann erneut angehoben zu werden. Schnell wie ein Wildpferd und so elegant wie eine Raubkatze verschwant die Kreatur im hohen Gras, ohne nur ein Geräusch zu verursachen oder eine Spur zu hinterlassen.
Tag der Veröffentlichung: 16.11.2010
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