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Prolog


Eigentlich hatte ich ja nichts gegen den Sommer. Wirklich! Ich liebte es in der Sonne zu liegen und es mir gut gehen zu lassen. Aber irgendwann ist zu viel des Guten!
„Ich fühle mich wie ein Fisch an Land! Völlig ausgetrocknet!“, jammerte Lisa mir die Ohren voll, während ich selbst versuchte die letzten Wassertröpfchen aus meiner VIO-Flasche in meinen Mund träufeln zu lassen. Wir waren gerade auf dem Weg zum Freibad. Bei so einem Wetter vielleicht die einzige Möglichkeit, um abzukühlen.
„Und ich bin ein fast geschmolzenes Eis! Mir läuft überall die Brühe runter!“
Und als wäre das nicht genug, plagte mich, seit ich am morgen das Haus verlassen hatte, ein heftiger Juckreiz.
Aber die Temperatur und mein Manko waren eigentlich nur die reinste Nebensache.
„Und er hat dich wirklich geküsst?!“
Ich lächelte verlegen und schielte auf den Boden.
„Ja, Lisa! Ich weiß nicht wie oft ich das noch wiederholen soll, aber jetzt ignoriert er mich… glaubst du es war ihm peinlich?“
Lisa schüttelte ihre roten Locken heftig.
„Sonst hätte er es doch nicht gemacht! Vielleicht ist er zu schüchtern??“
Ich kratzte mich wieder am Unterarm.
„Ich weiß nicht…. Ich meine er schaut mich doch nicht mal mehr an…und in Facebook stand neulich, dass ihm der Spruch „Ich finde dich nicht hübsch – ich bin nur betrunken.“ gefällt.
Mit einem Mal ging es mir ganz schön elend und das lag definitiv nicht nur an Janis, mein Kopf fühlte sich an, als würde er brennen und der Juckreiz wurde immer schlimmer.
„Ja und?“
„Lisa, er war betrunken!“
Lisa quiekte auf und ich dachte schon es würde ein weiterer Protest folgen, doch sie schwieg. Als ich vom Boden aufblickte, schaute ich in ihr schockiertes Gesicht.
„Was ist?“
Sie zeigte mit dem Finger auf mich, was mich dazu veranlasste mich einmal um mich selbst zu drehen.
„Tinú… du kochst!“
„Ach, nein wirklich?! Es ist ja auch warm! 36 Grad! Da ist es doch…“
Meine gestikulierende Hand blieb abrupt vor meinem Gesicht stehen. Lisa hatte sich vielleicht etwas merkwürdig ausgedrückt, aber sie hatte Recht. Meine Haut formte Blasen, als würde ich mich gerade an etwas verbrennen. Langsam wurden sie immer größer und ließen nur schwarze Flecken zurück, wenn sie aufplatzten.
Während ich starr an mir herabblickte, spürte ich auch wie der Schmerz kam. Von den Armen und Beinen lief er hinauf bis er meinen Kopf mit voller Wucht erreichte. Meine Augen suchte Hilfe in Lisas Blick, doch dann wurde alles schwarz. Ich spürte wie ich zusammensackte und auf dem Asphalt liegen blieb. Es fühlte sich an als würde ich mich entfernen. Langsam immer weiter davon schweben, bis ich Lisas Hilferufe nur noch als leises Flüstern irgendwo in der Ferne vernehmen konnte.
Was zur Hölle passierte mit mir?


Kapitel 1



Zwei Monate konnten einiges verändern. Manchmal positiv. Aber in meinem Fall wohl eher negativ. Oft reichten schon kleine Dinge aus, um ein ganzes Leben zu verändern. Tja, und bei mir war es eben ein defektes Gen. Lisa hatte es noch rechtzeitig geschafft einen Krankenwagen zu rufen und so wurde ich mit schweren Verbrennungen sofort operiert. Von den ersten zwei Wochen hatte ich nicht wirklich etwas mitbekommen. Ich lag im Koma. Irgendwo zwischen Leben und Tod, wie mir immer wieder versichert wurde. Es war eigentlich gar nicht schlimm. Nein wirklich, das Koma war sogar ganz angenehm. Es gab nichts worüber man sich Gedanken machen musste. Eigentlich könnte man es mit einem friedlichen Schlaf vergleichen, nur irgendwie anders. Ich glaubte sogar mich an einen Traum zu erinnern. Zumindest an Bruchteile davon, doch jedes Mal wenn ich mich genauer darauf konzentrierte verblassten sie wieder.
Der Moment, in dem ich aufwachte, wird wohl für immer als schlimmster meines Lebens in mein Gehirn gebrannt bleiben.
Es war nicht schlimm eine Mumie zu betrachten, aber es war tragisch, wenn man feststellen musste, dass man selbst diese Mumie war. Vor allem wenn einem nur Sekunden später die Erkenntnis traf, dass der Schwarm einen erst recht nicht mehr für hübsch halten würde.
Einen Monat später sah ich schon nicht mehr so schlimm aus. Ganz im Gegenteil. Ich konnte die Ärzte mit einer überaus merkwürdigen Heilung ins Grübeln versetzten. Man hatte mich davor gewarnt, dass meine Haut vielleicht nicht mehr so „schön“ aussehen würde, wie zuvor, aber, als die Verbände abgenommen wurden, fiel der Arzt beinahe vom Stuhl.
„Man könnte meinen ihr wäre nie etwas geschehen!“
Ich hatte keine Narben oder ähnliches…ich hatte nur meine schöne sommerliche Bräune verloren. Shit happens würde ich sagen.
Der Vollmond über mir strahlte hell, während ich, schon zum zehnten Mal in den letzten Tagen, alle Sternbilder suchte, die ich kannte.
„Extreme Polymorphe Lichtdermatose, hmm.“, flüsterte ich leise in die Nacht hinein, die ab sofort zu einem Teil meines Tages werden würde, wenn ich das Haus noch verlassen wollte.
Eigentlich sollte diese Krankheit nicht so schlimm sein, ein rötlicher Ausschlag, sobald man zu lange in der Sonne war, aber ich musste natürlich die Extrawurst bekommen. Durch die enorme Reaktion hatte sich meine Haut vom Sonnenlicht abgewandt, jeder weitere Kontakt könnte wieder zu schweren Verbrennungen führen.
Ein gutes hatte das ganze ja. Ich konnte deswegen auch nicht mehr zur Schule gehen, aber größtenteils war es wirklich der größte Scheiß, der einem siebzehnjährigen Mädchen, wie mir, passieren konnte.
„Tinúviel?! Kind wo bist du?“
Ich setzte mich auf und schielte zu meinem Dachfenster.
„Na wo wohl, Mama. Auf dem Dach!“, rief ich der besorgten Stimme zu, deren zugehöriger Kopf kurz darauf aus dem Fenster herausgestreckt wurde.
„Du weißt doch ganz genau, dass das gefährlich ist! Komm sofort wieder rein.“
Ich lächelte nur müde und ließ mich wieder auf den Rücken fallen.
„Mir passiert schon nichts, ich schnapp nur bisschen frische Luft, das geht tagsüber ja nicht mehr.“
Ich hörte wie ihre Schuhe zu Boden fielen und nur Augenblicke später saß meine Mutter mit ihren blonden kurzen Haaren neben mir und schaute mich aus grünen Augen besorgt an.
„Wenn ich könnte, würde ich mit dir tauschen.“
Ich winkte mit einer Hand leichtfertig ab und gähnte ausgiebig.
„Es ist gar nicht so schlimm. Ich mochte die Sonne eh nicht, die Nacht ist viel angenehmer und weggehen kann man nach Sonnenuntergang auch noch ganz gut. Lisa und ich wollen am Samstag vielleicht zum See gehen, da soll wieder eine Party stattfinden.“
Marina Youngblood, wie meine Mutter hieß, war allein erziehend und viel zu fürsorglich. Wenn ich ihr gegenüber zeigen würde, wie schwer es mir fiel den ganzen Tag in meinem dunklen Zimmer zu verbringen, würde sie vermutlich mehr darunter leiden als ich und sie hatte mit ihrem Café, das gerade auch nicht mehr so gut lief wie früher, schon definitiv genug Probleme am Hals.
„Wenn du das so sagst, mein Engel. Ach ja, ich bin ja eigentlich nur hochgekommen, weil Lisa angerufen hat. Sie will morgen vorbeikommen, um dir irgendeine großartige Neuigkeit zu offenbaren. Bleib also nicht zu lang wach, hörst du!“
Ich nickte brav und wartete bis Mama sich wieder in die Geborgenheit ihrer Küche verzogen hatte, bevor ich tatsächlich selbst vom Dach stieg.
Normalerweise konnte Lisa nie 24h warten, wenn sie mir etwas erzählen wollte, warum rief sie also nicht einfach an?
Ich schielte auf mein Handy um sicher zu gehen, dass sie nicht doch schon angerufen hatte, aber der Bildschirm zeigte nichts an.
Mein Blick irrte durchs Zimmer, auf der Suche nach irgendeiner Beschäftigung. Ich hatte einen Monat lang Zeit gehabt um all meine Bücher durchzulesen und die Filme anzuschauen. Sonderlich viel Auswahl hatte ich also nicht mehr.
Ausnahmsweise hörte ich also tatsächlich auf meine Mutter und legte mich schon früher ins Bett.
Wie bitte sollte ich mein restliches Leben verbringen, wenn ich schon nach einen Monat anfing zu kapitulieren?!


Ich wurde am nächsten Tag unsanft geweckt, als ich plötzlich ein schweres Gewicht auf meinen Bauch spürte, das etwas unsanft gelandet war.
Mit einem Stöhnen öffnete ich die Augen und blickte in das breit grinsende Gesicht meiner besten Freundin. Mittlerweile konnte ich im Dunkeln ganz gut sehen, Lisa aber stolperte immer noch, jedes Mal, über meinen Bettkasten.
„Langsam müsstest du aber echt wissen, wo das bescheuerte Ding steht! Mein Bauch würde es dir danken. Was machst du so früh überhaupt schon hier?! Musst du nicht zur Schule?“, ratterte ich müde runter, während ich mich umdrehte und meinen Kopf wieder im Kissen vergrub.
„Früh? Süße, es ist drei Uhr, ich bin verhältnismäßig spät gekommen! Die bessere Frage ist eher, was du noch in den Federn suchst!“
Überrascht blickte ich zu meinem Wecker.
„Oh scheiße….!“
Lisa nickte zustimmend und stand auf, um nach dem Lichtschalter zu tasten. Und während sie sich die Mühe machte zog ich mich schon mal um. Eine gemütliche Jeans und mein blaues Lieblingst-shirt reichten völlig aus. Die nächsten sechs Stunden würde mich außer Lisa sowieso niemand zu Gesicht bekommen.
„Also was gibt es so Besonderes?“
Das Licht ging an und meine Augen blinzelten ein paar Mal, damit sie sich an die plötzliche Helligkeit gewöhnen konnten.
„Ich würde sagen ich bin deine Retterin vor der Langeweile!“, sie lächelte triumphierend und hielt mir einen Fetzen Papier entgegen.
Ich blickte es misstrauisch an und schaute dann wieder in ihr strahlendes Gesicht.
„Ich möchte dich daran erinnern, dass das Blond aus meinen Haaren wieder raus gewachsen ist. Du kannst mich nicht ewig mit einem Fetzten Papier beschäftigen!“
Meine rothaarige Freundin ließ sich neben mir aufs Bett fallen.
„Lies erstmal, du Schlaumeier!“
Stroker High – Day&Night School


Unter dem Namen stand in Lisas sauberer Schrift eine Internetadresse.
„Eine Schule? Lisa, ich kann nicht zur Schule gehen, sonst verbrenn ich mich wieder!“
Ohne auf meinen Protest einzugehen kramte Lisa meinen Laptop hervor und ließ ihn hochfahren.
„Das ist keine normale Schule. Erinnerst du dich daran, dass ich gerade diese eine Buchreihe lese?“
Dafür musste ich nicht lange überlegen. Diese Buchreihe war eines von ihren Lieblingsthemen, wenn wir uns mal wieder zusammengesetzt hatten, um ein wenig zu plaudern.
„House of Night. Wie könnte ich es vergessen.“
Lisa nickte erneut ziemlich heftig, ich hatte mich schon oft gefragt, warum ihr Kopf nicht einfach davonflog.
„Aus Neugier hab ich mal gegoogelt, ob es wirklich eine Schule gibt, die nachts unterrichtet und tada! Hier ist sie!“
Sie schob mir den Bildschirm vor die Nase und zeigte mir eine schick eingerichtete Homepage, die mich irgendwie an die Seite eines teuren Hotels erinnerte, dass ich mir mal angeschaut hatte. Auf der rechten Seite waren fein säuberlich alle Links aufgelistet. Einer davon sprang mir sofort ins Auge.
Polymorphe Lichtdermatose


Ohne zu zögern klickte ich den Link an und staunte über den langen Text der vor meinen Augen geladen wurde.
„An der Schule wurde das alles extra für die Leute eingerichtet die so ne Krankheit haben wie du, davon gibt es weit mehr als deinem Arzt bekannt war. Die halbe Schule besteht aus denen.“
Das hörte sich alles wirklich sehr verführerisch an, aber merkwürdiger Weis gab es weder Bilder noch Informationen, die man auf einer normalen Schulhomepage erwartet hätte. Dafür aber eine lange Preisliste und eine schöne Anfahrtserklärung.
„Das ist DIE Schule für dich, Tinú! Da musst du hin!!“
Als meine Augen immer größer wurden schaute Lisa nicht mehr ganz zu euphorisch, wie noch Augenblicke zuvor.
„Was ist? Gefällt´s dir nicht?“
Ich nickte mit dem Kopf und schüttelte ihn dann wieder.
„Erstens, kann ich nicht sagen, ob sie mir gefällt, weil man nicht viel von der Schule sieht. Zweitens ist sie viel zu teuer und drittens….sag mal hast du schon mal geschaut wo sie liegt?!“
Lisa schüttelte zögerlich den Kopf.
„Bei San Francisco! Da kannst du nicht mehr einfach so vorbei kommen, wie hier in Stuttgart!“
Das ließ Lisa erstmal schlucken. Aber sie fasste sie ganz schön schnell wieder. Das Mädchen konnte einem manchmal echt gruselig werden mit ihrem grenzenlosen Optimismus.
„Dann komme ich eben mit! Und du kriegst das Stipendium. Guck da unter Stipendium. Du bist gut in Sport und du bist gut in der Schule. Mehr wollen die gar nicht“
Ich zog eine Augenbraue hoch.
„Ich und gut in Sport? Welche Kokosnuss ist dir den auf den Kopf gefallen?“
„Du bist gut! Du bist nur faul, schrecklich faul!“
Da hatte sie auch wieder Recht. Wenn ich wollte, war ich wirklich gut. Ich wollte nur nie, weil ich es zu anstrengend fand.
„Also ich finde du könnest es zumindest probieren.“
Meine Mutter kam zur Türe rein und setzte sich wie selbstverständlich zu und aufs Bett.
„Probieren geht über studieren.“
Ich schaute sie mit Blitzen in den Augen an.
„Maaama du hast gelauscht?!“
Sie zuckte unschuldig mit den Schultern und lächelte mich mit einem schelmischen Blick an.
„Als Mutter darf man das hin und wieder mal!“
Lisa knallte mir voller Freunde ein Schreiben vor die Nase und ich schüttelte nur fassungslos den Kopf.
„Du meinst also echt ich soll mich da anmelden? Warum?“
Sie wuschelte mit der Hand durch mein Haar, was ich wirklich nicht ausstehen konnte, und drückte mir einen Stift in die Hand.
„Ich wollte schon immer mal nach Amerika. Und ich will, dass du ein normales Leben führen kannst.“
Also unter normal verstand ich definitiv etwas anderes, aber scheinbar wurde ich überstimmt:
„Und wie willst du das alles bezahlen?!“
Mama wiegte ihren Kopf leicht hin und her.
„Ich glaube ich verkaufe das Café: Und dann werde ich mal sehen, was sich dort so finden lässt. Für den Anfang wird eine kleine billige Wohnung ja reichen. Du wohnst ja in der Schule. Und Arbeit habe ich bisher auch immer gefunden. Ich werde gleich morgen anfangen die Anzeigen zu schreiben.“
Ich seufzte schwer und ließ mich mit einem gequälten Laut auf den Rücken fallen.
„Fein, ich melde mich an. Vielleicht nehmen sie mich ja! Aber lobt den Tag nicht vor dem Abend! Vielleicht werde ich gar nicht genommen, also hört auf so zu tun als wäre das schon alles geregelt!“
Mama und Lisa stimmten in ein gemeinsames Lachen ein und irgendwie fühlte ich mich verraten. Da hatten sie sich doch tatsächlich gegen mich verschworen.
Das Schreiben war schneller ausgefüllt, als ich erwartet hatte. Man musste sich ja nicht einmal richtig bewerben, sondern einfach nur eine Art Steckbrief ausfüllen. Von dem üblichen Kauderwelsch, wie Name und Adresse, bis hin zu Fragen, die mich etwas ins Stocken brachten. Vorfahren. Okay das ist ja noch halbwegs verständlich, auch wenn ich mir nicht ganz im Klaren war, weshalb eine Schule so etwas wissen wollte. Aber merkwürdige Begierden?! Was zur Hölle sollte man da bitte rein schreiben? Die einzige Begierde, die ich hatte war ein unstillbares Verlangen nach Schokolade. Naja und vielleicht nach Janis Lippen und seinem verführerischen Hals….
Welches Mädchen schmachtete nicht dahin, wenn sie ihr Gesicht in der Kuhle unter seinem Hals vergraben konnte.
Wie auch immer, so etwas konnte ich definitiv nicht schreiben und deshalb setzte ich einfach einen ausdrucksstarken Strich.

Ich brachte Lisa noch nach Hause. Es war ja mittlerweile dunkel und außerdem konnte ich so auch gleich den Brief bei der Post einwerfen.
Ich wollte mich gerade von meiner Freundin verabschieden, als diese plötzlich zur Salzsäule erstarrte und wild mit dem Kopf in eine bestimmte Richtung gestikulierte.
Etwas misstrauisch schaute ich über meine Schulter zurück und erblickte…Janis.
Wenn man daran dachte, dass ich eigentlich die ganze Zeit an ihn dachte, so war die Tatsache, dass er plötzlich mehr oder weniger vor mir stand doch sehr schockierend.
Janis war groß. Kein Riese, aber immerhin einen Kopf größer als ich und ich durfte stolze 1,77m auf meinen Ausweis herumtragen. Er hatte die schönsten braunen Augen, die ich je gesehen hatte und einen muskulösen Körper. Einer der Mädchenschwärme schlecht hin und ich blöde Kuh hatte mir natürlich gerade diesen Jungen ausgesucht.
Er sah uns und kam langsam auf uns zu. Ein Wunder, denn die letzten Wochen hatte er mich völlig ignoriert.
Seit ich nicht mehr zur Schule ging, konnte ich ihn auch nicht mehr sehen. Er war eine Klasse über mir und Leiter der Fußball AG für die Kleinen. Selbst spielte er meines Wissens nicht mehr, wegen einer Verletzung am Knie.
„Tinúviel? Hey, ihr zwei!“
Lisa nickte ihm nur mit einem leichten Lächeln zu, während ich seine Begrüßung erwiderte.
„Ich dachte du hattest einen Verbrennungsunfall. Man sieht dir gar nichts an. Ich hab eigentlich mit Narben gerechnet.“
Irgendwie versetzte es mir einen Stich in Herzgegend, da mich das wieder an diese bescheuerte Facebookgruppe erinnerte.
„Tinú hat eben besonders starke Heilkräfte. Außerdem kann ein hübsches Mädchen eh von nichts entstellt werden.“
Lisa war gerade um mindestens drei Zentimeter gewachsen und nahm ihre typische Sag-was-Schlechtes-über-meine-Freundin-und-ich-stampf-dich-in Grund-und-Boden-Haltung ein.
Irgendwo in einem Schatten hinter Janis bemerkte ich plötzlich eine Bewegung und erblickte zwei andere braune Augen, die einen leichten Smaragdton aufwiesen. Ich wunderte mich selbst, dass ich das erkennen konnte.
„Hey, Tinú. Ich hab gefragt ob du wieder zur Schule kommst. Und zum Fest in vier Tagen?“
Total aus dem Konzept gerissen richtete sich mein Blick wieder auf Janis.
„Ehm, nein, ich werde vermutlich umziehen. Wie auch immer…war nett mit dir zu plaudern ich muss jetzt gehen.“
Ich drückte Lisa einen Kuss auf die Wange und rannte an Janis vorbei.
Noch in dem Moment, als ich los rannte sah ich die Fragezeichen in Lisas Gesicht, die wohl den meinen völlig gleich waren.
Janis sprach wieder mit mir! Er ignorierte mich nicht mehr! Und ich lief einfach weg?! Irgendwas stimmte nicht und irgendwie sagte mir mein Gefühl, dass diese merkwürdige Gestallt im Schatten daran Schuld war.
Verdammt ich hätte mit Janis reden können!!
Noch eine Tatsache, die mich wunderte: Ich konnte nicht aufhören zu rennen. Erst als ich an meiner Mutter vorbeirauschte und meine Zimmertür hinter mir zuschlug, hörten meine Beine wieder auf sich zu bewegen
Ich starrte an meine Zimmerdecke und wusste nur noch eins.
Ab diesem Tag würde alles nur noch verrückter werden!

Impressum

Tag der Veröffentlichung: 03.07.2010

Alle Rechte vorbehalten

Widmung:
Für Sarah, meinen Schutzengel ;) und für meine Freunde, die mir immer so viele Ideen einflüstern

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