Es geschah in der Dämmerung nach einem warmen Sommertag.
Mit einer frisch gebrühten Tasse Kaffee in der Hand machte ich es mir auf den Balkonsessel gemütlich und genoss die herrliche Ruhe. Die wunderbar blühenden Balkonblumen ringsherum beschenkten den kühlen Sommerwind mit einer fast exotischen Duftnote, die meine Sinne streichelten.
Damals wußte ich bereits, dass im folgenden Herbst aus dem Balkon eine Veranda mit Treppe werden würde, weil ich einen Vorgarten hinzu bekommen sollte. Ein bißchen träumte ich schon von meiner entstehenden Gartenidylle, so sehr freute ich mich darauf.
Da bemerkte ich sie: besonders viele verwelkten Blüten in einen der drei Balkonkästen. Das konnte ich nicht dulden, diese mußten entfernt werden - sofort! Also stand ich auf, um Gärtnerisch tätig zu werden.
Die Sensorlampe beleuchtete zwar meine Arbeitsfläche, aber nicht die Wandecke darüber. So entging mir die Tatsache eines dort befindlichen großen Spinnennetzes.
Während ich die verwelkten Blüten fleißig entfernte, verfing sich mein dauergewelltes Haar darin. Das bemerkte ich noch nicht einmal. Aber drei Minuten später schrie ich laut in die dunkle Nacht hinaus!
Es lebte nicht nur eine einzige Spinne in diesem Netz, sondern unzählige frisch geschlüpfte kleine Spinnen ebenfalls, die nun allesamt erfreut in meinem Haar Verstecken und Fangen spielten - es schien lebendig geworden zu sein! Meduse wäre stolz auf mich gewesen ...
Noch nicht einmal von einer Tarantel brauchte ich gebissen zu werden, um in Rekordzeit ins Bad zu flitzen ... kreischend, versteht sich.
Da inzwischen die kleinen Spinnen auch meinen Rücken unter dem T-Shirt erkundeten - wie Tarzan gleich an Fäden schwingend - verzichtete ich darauf, mich erst auszuziehen, stieg mitsamt Sachen in die Badewanne und drehte die Dusche auf!
Der zuerst saukalte Strahl war mir so was von egal.
Verstärkt wurde mein Kreischen nun durch das ängstliche Schreien meiner Tochter Anita, die Insekten jeglicher Art in der Wohnung panikartig überhaupt nicht mag.
Welch musikalische Höchstleistung von uns Beiden!
Logisch klingelte es genau zu diesem Zeitpunkt sturmartig an unserer Wohnungstür ... und meine geistig behinderte Tochter Anita öffnete diese mal wieder sofort.
Nun sahen zwei Nachbarinnen und ein Nachbar mit offenen Mündern mir dabei zu, wie ich wimmernd - mit durchnässten Sachen in der Wanne stehend – meine ebenfalls nassen Haare mit einem Kamm durchfurchtete. Von dessen Zinken an Fäden herablassend, versuchten einige noch lebende Spinnen zu fliehen. Ich hinderte sie daran. Man möge mir diesen Massenmord bitte verzeihen.
Ein erleichtertes Gelächter mit sich tragend, verließ die wachsame Nachbargruppe unsere Wohnung. Für peinliche Anwandlungen hatte ich keine Zeit.
Zum Glück erst jetzt – im Nachhinein betrachtet – zog ich meine Sachen aus und schäumte mich von Kopf bis Fuß ein.
Seelig lächelnd mit der Gewißheit, dass nun keine unzähligen Beinchen mehr auf meiner nackten Haut herumkrabbeln würden.
Seit diesem Erlebnis kontrollierte ich jeden Tag bei Tageslicht den Balkon, ob es wieder eine Spinne wagte, über Nacht dort ein Spinnennetz zu weben.
Das Krabbelgefühl auf meiner Kopfhaut erlebte ich noch oft als Alptraum.
Damals ahnte ich nicht, wieviele Spinnennetze in einem kleinen Garten entstehen können …
Texte: Copyright © Monika Drake
Text und Coverbild
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Tag der Veröffentlichung: 03.11.2009
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