in Erinnerung an den Hammer MultiKünstler
Norbert Matzdorf aka multimatz
Noch während seine jüngste Ausstellung „Unzeitgemässe Betrachtungen“ aktuelle Arbeiten Norbert Matzdorfs zeigte, verstarb der nur 61jährige Künstler und ehemalige Beuys-Schüler in der Nacht zum 12. Mai 2013 an den Folgen seiner Diabetes-Erkrankung.
Am Rahmenprogramm zur Vernissage dieser letzten Ausstellung des vielseitigen und im allerbesten Sinne eigenARTigen Künstlers hatte die Hammer Autorin Mone Hartman mit einer Lesung teilgenommen. Matzdorf und Hartman kannten einander seit einigen Jahren aus der Hammer Kulturszene; die Autorin gehörte zum SYNDICART, einem von Matzdorf mehrere Jahre lang betriebenen Künstlertreff in seinem ehemaligen Werkstatt-Atelier.
Ausserdem waren beide Gründungsmitglieder des Veranstaltungs-Teams kunSToff, das herausragende regionale Kunst, Musik und Literatur im Rahmen von Events präsentiert. Auch Matzdorfs Ausstellung „Unzeitgemässe Betrachtungen“ fand als kunSToff-Projekt statt. Eigens für die Vernissage-Lesung, und Norbert Matzdorf gewidmet, hatte sie eine dada-artige Textkollage gemacht, die nicht nur dem Publikum gefiel, auch Matzdorf selbst zeigte sich sehr erfreut und berührt über diesen Text. Dieses eBook enthält neben den beiden Textkollagen selbst einige kurze erläuternde Notizen, sowie im Anhang kurze Infos/Links zum Künstler und zur Autorin.
(…) In Sachen meiner Lesung im Rahmen der Ausstellungseröffnung Norbert Matzdorf gefiel mir der Gedanke, eigens für diese Vernissage und mit Bezug zum Künstler einen Text zu machen; mit Matzdorf sind Begriffe verknüpft wie DaDaismus, Surrealismus, auspropieren, basteln, zerschneiden, zusammenfügen, Collage- und ohne weiteres Nachdenken stand mir Tristan Tsara im Sinn, einer der Begründer der DaDaismus-Bewegung vor rund 100 Jahren; Tsara hat einmal eine Art Anleitung geschrieben, und zwar zur Herstellung eines dadaistischen Gedichts.
Nehmt Scheren!, fordert Tristan Tsara auf: Und kurz gefasst, sieht der Produktionsprozess dann so aus: Man nimmt einen Ausgangstext, etwa so lang, wie das Gedicht werden soll, zerschneidet den Text in seine einzelnen Wörter, gibt diese Wortschnipsel in eine Tüte, schüttelt diese Tüte dann vorsichtig, anschliessend zieht man Wort für Wort heraus und ordnet die Wörter in Reihenfolge des Herausnehmens an. Ergebnis ist laut Tsara ein Gedicht, das den Gedichtproduzenten zum unendlich originellen Schriftsteller macht, „mit einer charmanten, wenn auch von den Leuten unverstandenen Sensibilität“. –
Also gut: Weil auch ich gerne herumprobiere und zerschneide und zusammenklebe undsoweiter, nur eben mit Worten, und um einen Ausgangstext zu haben, der irgendwie mit MultiMatz in Bezug steht, bin ich zwecks Materialbeschaffung auf virtuelle Diebestour im Internet gegangen: Habe aus Artikeln über Matzdorf, biographischen Daten, Meinungen von Zeitgenossen und Selbstbeschreibungen einzelne Sätze, Überschriften, Titel seiner Kunstwerke, undsoweiter, kopiert, teilweise modifiziert, und mit dem Klebstoff eigener Formulierungen zu einer Collage zusammengebaut; dieser kurze Ausgangstext beleuchtet ergo auch ein wenig die Person des Künstlers, um den es hier geht: Norbert Matzdorf.
- Ausgangstext / Kollage -
Der Anfang, vor 60 Jahren plus 3: Ein Mutterschoss wirft ein frisches Kind in die Welt. Als Gott oder sonstwer dann die Talente und Fähigkeiten verteilt, erwischt der kleine Norbert eine Überdosis Phantasie und ist bereits vor Spracherwerb mit ihr per Du. Sein erstes gesprochenes Wort lautet denn auch nicht Mama, sondern FANTADU. Bald schon schickt sich der kleine HosenMatz an, ein MultiMatz zu werden, denn so einen kannte die Welt bis dahin noch nicht. Der Beginn eines nie endenden Lernprozesses.
60er/70er Jahre: Ausbildung zum Typographen. Studium der freien Malerei bei Prof. Joseph Beuys . Autodidaktisches Experimentieren, Ausprobieren, Tüfteln, Basteln, Erfinden. Tuschefeder und Computer. Ölmalerei und Fotomontage. Digitaldesign und Autoschrott. Durch den unbeschwerten und humorvollen Umgang mit Pinsel, Zeichenstift, Schere oder Computer entstehen die skurrilen Gestalten, die fast alle seine Bilder und Objektwelten bevölkern. Matzdorfs handwerkliche Vorgehensweise addiert Können, Talent, Fleiß und Auseinandersetzung mit dem Material. Formen und Farben versprühen bunt und fröhlich LebensLust.
Da fliegen auch mal grinsende Drachentiere in den blauen Himmel. Das Dreiaugentier und eine Zwitschermaschine erleben erst einen Sündenfall und später Gottes grosses Kotzen, der schöne Wolfgang und der Mann mit Wolkenhut vergnügen sich bei Titten und Sekt, der Witzbold verspeist einen Satansbraten, und der grosse Meister findet den wesentlichen Sinn der Dinge im Zivilisationsmüll.
MultiMatz hat früh begriffen: Kunst muss nicht, Kunst darf nicht unverständlich und langweilig sein. Betrachter seiner Bilder geraten ins Lachen, ins Reden, ins Phantasieren. Norbert Matzdorf ist nicht nur Künstler, er ist auch Meister einer Kunst, die zu oft vernachlässigt wird: Mit seinen Arbeiten schenkt er den Menschen etwas Wesentliches: Er schenkt ihnen Freude. Ein seltenes Talent.
Der Spassvogel lädt die ganze Wilde Horde ein, sagt ihnen: HEREINSPAZIERT und schickt sie in eine Andere Welt. Dort findet dann auch der letzte Kotzbrocken ein blondes Gift und Glückshormone bescheren ihm wieder mal die grosse Liebe. Nur der Spiessbürger sagt: Mir wird es langsam zu bunt hier. -
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** Permutation des Ausgangstexts **
wenige Worte zur Entstehung: Der Ausgangstext "MultiMatz ist FantaDu", für sich bereits Collage, wurde nun gemäss der –abgewandelten- DaDa-Methode Tristan Tsaras permutiert, umgewandelt; durchgeführt allerdings im virtuellen Raum mittels eines cgi-Scripts, das diese Tsara-Methode abbildet. Aus dem Text-Ergebnis wurden einzelne Satzstücke, Formulierungen, Begriffe willkürlich herausgegriffen, und zwar immer dort, wo das Auge der Verfasserin beim ersten Überfliegen des Textes spontan hängenblieb; die Chronologie ist in der anschliessenden Neu-Textung bestehen geblieben, lediglich an wenigen Stellen wurden Satzfragmente oder Wörter umgestellt, auch hier spontan dem ersten Impuls folgend, ohne weiteres Nachdenken. -
Malerei muss Sündenfall
er seltenes werden, eines und Erfinden.
den Wolkenhut oft Basteln, Professor, Pinsel, Sekt,
Menschen Studium
Das handwerkliche wieder schöne Titten
Fähigkeiten und Zivilisationsmüll.
Er lautet sich plus bunt mal grinsende Himmel.
Kunst Kunst, ein Arbeiten
etwas FANTADU Ein Lachen, dann LebensLust.
Der Bilder eine Anfang,
erstes Können, bunt Kotzen,
Farben fröhlich wirft Meister Sündenfall
MultiMatz und fliegen Meister Ausprobieren,
Gott Computer. Autoschrott.
Kunst etwas sagt: Glückshormone Lachen
Kunst, Auseinandersetzung sein.
grinsende Gestalten, HEREINSPAZIERT
Spassvogel Malerei Du
findet plus auch so noch etwas
Gottes Witzbold mit Schere
Norbert verspeist Sekt, Sündenfall
er fröhlich sagt
von FANTADU bis Liebe
so mit Beuys ist Dreiaugentier Satansbraten
Talent, und MultiMatz Kind sein
Gottes Bilder Titten Meister
erst ausprobieren bunt verteilt,
Liebe. ist Mir und sie Ein Wilde Fähigkeiten FANTADU
Phantasieren. Erfinden. dann Überdosis
die Wilde Kunst der Phantasie
MultiMatz findet Glückshormone Himmel.
Menschen alle bunt nicht
Talente langsam sich plus und und werden
Gottes Talente LebensLust
Ein Norbert auch Fleiß
Ausprobieren, Wort Sinn Welt. Kunst früh
vergnügen Zeichenstift, bunt lädt auch Kunst oder
Lachen
Reden, und Kotzen,
und grosse Anfang, Meister ist Wilde Dreiaugentier
fliegen kleine bunt Kotzbrocken .
eine langweilig Spiessbürger
MultiMatz oder Kind Künstler,
Gottes Spassvogel, früh hat frisches Kunst hier. Bilder
Titten Gottes auch vergnügen
Talent im unbeschwerten Pinsel,
versprühen frisches bunt vergnügen
der Norbert
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Die Website des Hammer MultiKünstlers präsentiert eine grosse Auswahl früherer und aktueller Arbeiten http://norbertmatzdorf.de/ - Das Titelbild zu diesem eBook enthält einen Ausschnitt aus seinem Bild "Blondes Gift".
Neben Mone Hartman war auch Matzdorf Mitgliede des regionalen Veranstaltungs-Teams kunSToff, das regelmässig erfolgreiche und beliebte Vernissage-Events veranstaltet.
zur Website: http://kunstoff-events.de
Foto "in memoriam": (c) Michael Larssen -
Foto "kunSToff": (c) Kai Wohlgemuth
- mit liebem Dank!
Hey Norbert,
solange wir an Dich denken,
solange Du uns aus Deinen Bldern
warm und frech und fröhlich
anlachst, freundlich-verschmitzt:
solange bist Du nicht tot,
solange lebst Du weiter,
in uns und mit uns.
Schön, dass das so ist- aber jetzt erstmal Prost! -
Deine Mone
Texte: Mone Hartman
Bildmaterialien: Michael Larssen, Kai Wohlgemuth
Lektorat: Ramona Menth M.A.
Tag der Veröffentlichung: 14.05.2013
Alle Rechte vorbehalten
Widmung:
für "multimatz"