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Texte und Foto

© by Barbara Ester

2023

 

feuervogel

 



am frühen morgen
grüßt mich der feuervogel
färbt die wolken
und meine bilder
für den tag
bis zum abend
sieht sie unsere träume
schmunzelt
uns freundlich zu
die sonne bringt alle träume
an den tag

am frühen abend
spaziert der mond gemächlich
hinter wolken
blinzelt zu uns

wir betrachten unser werk


einhorn, feuerpferd und pegasus



alle träume zerbrochen
und
alle wünsche verflogen
so steht es dort:
das einhorn

wo du nicht denkst
dass es dich erwartet

nur du kannst das
feuerpferd besänftigen und reiten

pegasus, entsprungen aus dem haupt
der medusa
mit eiternden augen
stumpfen fell

und kein lachen tönt durch den himmel

es strahlt dich an
vom himmel der drache
er bespuckt das einhorn
mit dreck und schmutz
mit lüge und verrat
und sucht den kampf mit
dem feuerpferd
und verliert
und
f
ä
l
l
t

zurück
ins dunkle meer des vergessens

wo die wellen aufgeschäumt
von pegasus` hufschlag
ihm einen hässlichen untergang bereiten

das einhorn steht still
ein letztes zittern der angst
das rollen seiner augen

verbirgt sich

das einhorn dankt dem feuerpferd
auch er verbirgt sich
hinter pegasus
der nun mit klarem blick
und glänzenden fell
sich vor allen verneigt
nur du kannst das feuerpferd bändigen

und den drachen töten


gar nichts geht mehr



I

wie oft ich mir auch noch den kopf einschlage
und mich alle für verrückt halten

weil sie den film „a beautyful mind“ über john nash
irgendwelcher hollywoodidioten gesehen haben
und das zelluloid mit meiner realität verwechseln
und das mathematikgenie letztendlich den nobelpreis plotgerecht im film erhält
und alle beruhigt sind
verrücktheit ist doch zu etwas gut
und john nash fast zur lächerlichkeit verkommt
und in der gosse der großen traumfabrik landet

da laufen sie in scharen mir die bude ein
halten mich auch für ein kleines genie
und ich weiß nicht, was ich davon halten soll
gar nichts? alles?
ich kann noch nicht einmal mit mehreren variablen rechnen
einsteins formel habe ich noch nie verstanden
ich suche immer mehrere steine und werfe sie durch licht, zeit und raum

aber sie kommen nie schnell genug auf anderen planeten an
zu denen ich auswandern würde
wenn ich könnte

einmal zum mond
einmal nur sagen dürfen: das ist ein kleiner schritt für einen menschen, aber ein großer schritt für die menschheit

und ich schreie
und heule

damit ich nirgendwo hingehen muss

aber ich muss

und dann will mich keiner haben -

und ich weiß nicht wohin
wohin rennen, gehen, hüpfen oder sonst was?


II

außer hier hin

zwischen den zeilen und worten
bleibt vieles gesagt und ungesagt

ich habe es schon erwähnt: ich habe einsteins formel nie verstanden
ein für alle mal:
meine masse ist nicht schneller als das licht oder aber:
bewegte masse kann man als energie interpretieren

ich habe schon bei der prozentrechnung schwierigkeiten gehabt
und die binomischen formeln finde ich zu paradigmatisch fürs drama

und ich weigere mich strickt die vorzeichen in der mathematik zu beachten
beweise mir doch einer die null, die nur theorisch ihre position im mathematischen konstrukt hält

unendlich groß in raumkrümmung und zeit
die bewegung dazwischen jedoch unendlich wichtig

bipolare koordinaten auf einer ebene finde ich zum kotzen, nur um das zu erwähnen

mir gefällt die eindeutigkeit des schönen geistes
aber nicht des verstandes
nicht von systemen
in denen ich mich bewegen soll
wie eine hirnlose attitüde
die nicht erkennt
das wirklichkeiten in allen menschen sind

zuweilen verborgen hinter ideen ihrer eigenen möglichkeiten

meine leidenschaft ist nicht die mathematik
aber ich respektiere ihre logik
mathematik ist unendlich, theoretisch unberechenbar, schön
und

grausam



da ich eher sterben muss als die erkenntnis
ob nun die eigene bewegung zwischen null und eins ihr geheimnis preisgibt und ob die zeit linear bleibt?

man kann sich auf die eins stellen und rückwärts auf die null zu laufen
die zeit vergeht
die null wird man mit keiner berechnung wieder erreichen
in der null ist nur nicht die null, sondern der meschliche ausgangswert
es verschwindet im gekrümmten raum des alls und der zeit
wird zur unendlichkeit

mit einer gleichung kann man jede bekannte position eines sterns berechnen
und doch sind so viel sterne übrig
das die gleichungen nicht reichen
und man unbekannten positionssternen eigene namen geben kann

bei all meiner verrücktheit
und da soll ich mich systemen einordnen
in denen ich nicht meinen willen durchsetzen darf ?
sterne im gekrümmten raum sind teilweise unberechenbar
sie folgen ihrer eigenen wesensheit


III

wenn man nur von einem kleinen gedanken beflügelt ist
und die endlichkeit des eigenen daseins
sich ins bewusstsein stiehlt
und man an mauern nicht mehr interessiert ist
dann will man schaffen
bis zum umfallen

nichts vergeht so schnell wie die eigene zeit
nichts wird durch das vergehen der zeit deutlicher als die eigene unfähigkeit
die bewegung von eins und null mit einer gleichung zu erreichen
oder zu verstehen


das puppengeschirr

 




ich bin angekommen
an einem ort
an einer stelle
in meinem leben
die unwirklicher nicht sein kann

aber was macht wirklichkeit aus?
erinnerung?
ein spiel oder die erinnerung an ein spiel?
ein film oder die erinnerung an einen film?
der verstand?
die logik?
gefühl oder vertrauen?
oder der tod? von allen gewünscht,
aber ich gewähre ihn nicht
nicht ihnen zur freude
niemals

ich bin angekommen
auf dem fernen fremden planeten : einsamkeit
es liest sich pathetisch
aber es hat nichts heldenhaftes an sich
ich war eher überrascht über meine ankunft dort
liebe gibt es hier nicht
kein vertrauen
nur ratten
große schwarze ratten
die aus dem gulli klettern
nachts
wenn man schläft
nie sicher
weil der mond immer tief steht
und sie herauslockt
und mein puppengeschirr genau neben meinem bett
jede tasse
jedes tellerchen
jedes kännchen
so zart und zerbrechlich
an seinem platz

manchmal kommen andere ratten
die gescheckten, bunten
sagen kluge sprüche
oder sachen, die ich nicht verstehe
und ich sage ihnen sachen, die sie nicht verstehen
es kann vielleicht daran liegen
dass sie meinen planeten nicht kennen
den ich mir schon vor langer Zeit in meiner kinderzeit erschaffen musste
als heimat
oder zuflucht

zuweilen sind die ratten auch menschen
oder gekleidet wie menschen
oder sie gehen so
oder sie sprechen so
dann kann ich sie oder ihre absicht nicht sofort erkennen
aber sie flüstern beständig hinter meinem rücken
und daran kann man sie dann doch erkennen

bevor ich es richtig verhindern kann
wühlen sie durch mein puppengeschirr
wie durch mein leben
stecken ihre feuchten nasen hinein
ihre kleinen hässlichen pfoten betasten tässchen und tellerchen
und verstehen tun sie doch nichts

das schrecklichste aber ist
ich bin mit ihnen verwandt

und ich weiß, was sie wollen
meinen tod
damit sie trauern können


mein tod wäre für sie die magie des augenblicks

 




an meinem grab geheucheltes mitleid
ich könnte kotzen bei dieser verblendung und idiotie

parasiten !

unheimlich
wie ich neuerdings leichenwagen hinterher starre


es ist kalt hier

 




es ist kalt hier
in dem Schweigen
in dem ich sitze
und schreibe
und friere
und zittere
und ich gleich wohl auf den Friedhof gehen werde
um mich an den Geruch zu gewöhnen
und um allen guten Tag zu sagen
die schon da sind
im Vergessen
und in der Erde

auch das ist ein Ort
zu dem ich nie wollte
und eigentlich auch noch nicht will

aber ich weiß nicht, was besser ist
die kalte Erde

es ist kalt hier
in dem Schweigen
in dem ich sitze
mit dir und
mit dem Feuervogel

Impressum

Tag der Veröffentlichung: 21.08.2009

Alle Rechte vorbehalten

Widmung:
für Peter

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