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Unconditionally

„Anastasia? Wo bist du?“ werde ich ziemlich unsanft aus meinen Träumen gerissen und stöhne auf.

Meine Kopfschmerzen sind wirklich fast einen Eintrag im Buch der Weltrekorde wert, ich fühle mich als hätte ich gar nicht geschlafen.

„Anastasia Coleman?“ kommt es erneut und ich verfluche, meiner Mum jemals einen Schlüssel zu meinem Appartement gegeben zu haben.

„Hier bist du…“ sie kommt ins Schlafzimmer und zieht mit einem kräftigen Ruck die Vorhänge beiseite, so dass die Sonne mir ins Gesicht scheint.

„Mum.“ Stöhne ich auf und schlage meine Bettdecke über den Kopf.

„Steh’ auf…“ sie zieht die Bettdecke erbarmungslos weg und ich komme verschlafen hoch. Es ist unverkennbar, dass sie sauer ist, aber das ist sie eigentlich ständig, also muss sie mir den Grund schon nennen, Gründe hat sie zugegebener Maßen genug…

Mein Gott, wie spät ist es eigentlich?

Ich reibe meine Augen und werfe einen Blick auf mein Handy, welches auf dem Nachttisch liegt. Kurz nach 11 Uhr an einem Montagmorgen, die Nacht war eindeutig zu kurz…

„Ich bitte dich nicht noch einmal.“ Sagt meine Mum nun in einem scharfen Ton zu mir „Zieh dir was an und komme in die Küche.“ Damit dreht sie sich um und ich greife nach einem T-Shirt, welches neben meinem Bett liegt und ziehe es mir über mein Top.

Dann folge ich ihr gezwungener Maßen und erhasche einen Blick auf mein Spiegelbild.

Wow, die Nacht scheint wirklich gut gewesen zu sein. Mein Make up, na ja die Reste davon, verteilen sich um meine dunkelblauen Augen und meine langen dunkelbraunen Haare schwirren wild um meinen Kopf.

Ich komme schließlich in der Küche an und meine Mum sitzt auf einem der Barhocker am Küchentresen und schiebt mir einen Becher Kaffee, den sie anscheinend mitgebracht hat, zu.

Ich setze mich und nehme dankbar einen Schluck.

„Was ist los Mum?“ ich sehe sie an und lege meinen Kopf schief. Unbewusst mustere ich sie mal wieder, die erfolgreiche Anwältin Heather Coleman, die an ihrer Tochter verzweifelt.

Sie sieht mal wieder aus wie frisch einem Katalog für Vorzeigemütter entsprungen. Ordentlich hoch gesteckte blonde Haare, dezent geschminkte grau blaue Augen und ein perfekt sitzendes Kostüm.

Dass ich eher in die Richtung meines Dads schlage, muss ich nicht erwähnen, denn meine Mum und ich sehen uns überhaupt nicht ähnlich.

„Anastasia, das kann nicht so weiter gehen…“ beginnt sie und ich schließe gequält meine Augen.

Ich kann gar nicht mehr zählen, wie oft wir dieses Gespräch in den letzten Jahren geführt haben, ich weiß nur, ich bin es leid…

„Was genau Mum?“ erwidere ich gereizt.

„Was genau?“ sie schüttelt resigniert den Kopf „Du gehst kaum noch zur Uni… Wie willst du jemals deinen Abschluss schaffen, wenn du vielleicht ein oder zwei Mal in der Woche auftauchst? Dein Auto wurde gestern vor irgendeinem Club in West L.A. abgeschleppt…“ sie reibt sich die Augen, augenscheinlich ist sie dieses Gespräches auch überdrüssig „Ich habe es deinem Dad nicht gesagt, aber ich habe eine Entscheidung getroffen.“ Sie nimmt meine Hand, ich ziehe sie schnell weg und sehe erschrocken auf. „Anastasia, du gehst einen Weg, der dich ins Nirgendwo führt.“

„Mum, lass es.“ Ich schüttele ihre Hand ab.

„Nicht nur du hast ihn verloren, wir auch und wir sind nicht bereit dich auch noch zu verlieren.“ Ihre Augen suchen die meinen.

„John ist tot…“ ich schüttele den Kopf und schlucke schwer.

„Anastasia bitte…“ setzt sie an. Nicht einmal jetzt kann sie mich Ana nennen, nur John hat das immer getan, dadurch fühlte ich mich geliebt… schon so lange hat keiner mehr Ana gesagt.

„Nein Mum, nichts Anastasia…“ ich stehe auf und gehe zum Fenster „… Er wird nie wieder kommen. Ich habe mich damit abgefunden und versuche meinen eigenen Weg zu gehen und nicht den, den du und Dad für ihn auserkoren hattet.“ Ich starre auf den für diese Uhrzeit dichten Verkehr South Beaches, das Hupen und der allgemeine Verkehrslärm dringen gedämpft zu mir durch.

„Du gehst nicht deinen Weg, du gehst den Weg des geringsten Widerstandes.“ Jetzt kommt ihre Anwaltstonlage zum Vorschein und ich hasse sie dafür.

„Wie bitte?“ ich drehe mich abrupt zu ihr um und starre sie an. „Ich bekomme jawohl genug Widerstand von euch.“

„Anastasia, du warst immer eine gute Schülerin, eine fleißige Studentin und jetzt sieh dich an. Wir können damit leben, das du die Kanzlei nicht übernehmen willst, aber wir können nicht damit leben, das du dein Leben weg wirfst.“ Sie knetet sich angespannt ihre Hände.

„Was willst du?“ frage ich aufgebracht. „Wohin soll das hier führen?“

„Er ist seit drei Jahren tot und seitdem entgleitest du uns immer mehr…“ sie steht auf und kommt zu mir. „Du wirst zu Grace fliegen und auf die Trinity gehen.“ Sie sucht meinen Blick und halte ihm Stand.

„Ich soll nach Irland? Oh nein Mum, ich bin 25, ich lasse mich von euch nicht herum schubsen.“ Aufgebracht fahre ich mir durch die Haare.

„So leid es mir tut Anastasia, entweder das oder du musst sehen, wie du alleine klar kommst.“ Stellt sie mich vor ein Ultimatum.

„Ganz ehrlich Mum…“ setzte ich an. „Ich komme auch alleine klar.“

Natürlich weiß ich, dass sie auf den finanziellen Aspekt hinaus will… und da bin ich von ihnen abhängig, ob ich will oder nicht, denn sie hat Recht, ich habe nichts vorzuweisen, außer einem angefangenen Jurastudium...

„Ich bitte dich Anastasia, Jonathan hätte das hier niemals für dich gewollt.“ Sie kommt zu mir und nimmt meine Hand „Du musst hier raus, du musst weg von deinen sogenannten Freunden und du musst endlich wieder zu dir selbst stehen. Ich verlange ja nicht, dass du bei Grace wohnst, sie wird nur ein Auge auf dich haben. Sie hat dir eine kleine Studentenwohnung in Campusnähe besorgt. Nimm es Chance und nicht als Strafe.“ Bittet sie mich eindringlich.

„Das fällt mir schwer.“ Gebe ich zu.

Im Grunde ahne ich, dass sie womöglich Recht hat…

In den letzten Jahren habe ich durch vieles auf mich aufmerksam gemacht...

Ausschweifende Partys, Nächte im Gefängnis oder im Krankenhaus und ein verlorenes Stipendium der UCLA sind nur ein Bruchteil davon.

Wer weiß, vielleicht muss ich wirklich aus meinem Umfeld raus… Für eine Weile zu mindestens.

„Wann?“ frage ich resigniert.

„In drei Stunden.“ Erwidert sie so ruhig wie möglich.

„Was?“ ich sehe sie entsetzt an „Wie stellst du dir das bitte vor?“

„Pack deine Sachen, geh duschen und ich bringe dich zum Flieger.“ Sie nickt mir zu.

„Es fällt mir immer schwerer das nicht als Strafe zu sehen.“ Ich weiß ich klinge trotzig, aber ich merke wie ich mein Abwehrschild auf volle Stärke hoch fahre, ansonsten würde ich das hier unmöglich überstehen.

Ich gehe erst einmal ins Bad und stelle mich unter die Dusche, das warme Wasser prasselt auf mich und mischt sich mit meinen Tränen.

’Das hätte Jonathan niemals für dich gewollt…’ hallt es immer wieder in meinem Kopf. Warum kann sie nicht zu ihm John sagen, er hasste es so sehr wie ich, von unseren eigenen Eltern immer mit dem vollen Namen angesprochen zu werden, aber auf unsere Gefühle haben sie noch nie sehr viel Rücksicht genommen.

Warum sollten sie ausgerechnet jetzt damit anfangen?

Ich balle meine Hände zu Fäusten und versuche die Kontrolle über mich zurück zu gewinnen, etwas was ich in den letzten Jahren perfektioniert habe.

Nach außen hin die strahlende, lebenslustige junge Frau, die niemals etwas auslässt, aber im Inneren zerbrechlich und immer noch um ihren großen Bruder trauernd. Den großen Bruder, der ihr mehr bedeutet hat, wie sie es jemals in Worte ausdrücken kann…

Ich habe gelernt diese Gefühle abzustellen, doch, ich bin wirklich gut darin.

Als ich aus der Dusche trete und mich in ein großes Handtuch einwickele, da ist es als würde ich meine mir so mühsam aufgebaute Fassade verlieren.

Für die Meisten mag es wertlos erscheinen, aber es ist meine Art weiter zu machen.

Alles mitnehmen… um jeden Preis.

Ich wische mit einer schnellen Handbewegung den Dunst vom Spiegel und meine dunkelblauen Augen sehen mich müde an, sie wirken fast ein wenig zu groß für mein Gesicht und reibe sie mir. Mit dem Effekt, das sie noch eine Spur mehr rot werden und ich in meinen Spiegelschrank greife um mir meine Augentropfen heraus zu holen. Nachdem ich in jedes Auge einen Tropfen geträufelt habe sind sie wie durch Zauberhand wieder weiß und ich sehe viel frischer aus.

Wenn man etwas in L.A. von Kindesbeinen an lernt, dann das dein Aussehen dein Aushängeschild ist und ich achte sehr auf mein Äußeres…

Ich kämme meine langen Haare durch und binde mir einen Pferdeschwanz. Ich schminke mich und gehe dann ins Schlafzimmer, wo meine Mum damit beschäftigt ist meine Taschen zu packen.

Ich sehe, dass sie alle meine dickeren Pullover einpackt und seufze leise. Hier sind 28 Grad, wir haben Mitte Oktober… Ich werde mitten im Semester wechseln und das, obwohl ich von dem laufenden Semester nicht viel mitbekommen habe. Ich sehe mich schon grandios scheitern…

Ist es das, was sie will?

Mich mal wieder scheitern sehen?

Ich nehme mir eine lange dunkelblaue Jeans aus dem Schrank, schlüpfe in einen Slip und einen BH und ziehe sie über, dann angele ich mir ein langärmeliges, schwarzes Top aus dem Koffer und ziehe es mir ebenfalls an.

Dann helfe ich meiner Mum schweigend weitere Sache einzupacken, unter anderen meine Bücher und meinen Laptop und schließlich ziehen wir die Reißverschlüsse der beiden großen Taschen zu.

Als wir fertig sind, ruft sie ein Taxi und schon 20 Minuten später hieven wir die Taschen ins Auto.

Noch immer schweigen wir, denn alles was gesagt werden musste, wurde in den letzten Jahren zu oft gesagt…

Am Flughafen angekommen holt sie ein Ticket aus ihrer Tasche und wir machen uns auf die Suche nach dem richtigen Check in Schalter.

Sie greift, nachdem wir die Taschen eingecheckt haben, in ihre Handtasche.

„Hier sind 5000 Euro drauf, du wirst noch ein paar neue Sachen und Bücher brauchen. Die Wohnung ist bezahlt und Grace holt dich am Flughafen ab.“ Sie drückt mir eine Kreditkarte in die Hand. „Ich liebe Dich Anastasia.“ Sie nimmt mich in den Arm und ich merke, wie ich mich versteife.

Ich kann keine körperliche Nähe zulassen, nicht von ihr... eigentlich von niemandem, aber bei ihr fällt es mir besonders schwer. Wir hatten nie wirklich ein inniges Mutter Tochter Verhältnis, aber es war Okay, so wie es war. In den letzten Jahren ist auch von dem Rest nicht mehr viel übrig geblieben…

Sie lässt mich los und streicht mir eine Strähne aus dem Gesicht. „Wir lieben dich.“

„Es fühlt sich nicht so an.“ gebe ich zu und schnaube. Mein Dad fokussierte sich immer auf John und hat mich erst zur Kenntnis genommen, als dieser starb.

Sehr zu seinem Missfallen musste er relativ schnell erkennen, das ich beileibe nicht die Vorzeigetochter bin, die er sich gewünscht hat.

Was erwartet er?

Ich bin mit Nannys und Haushälterinnen groß geworden, das Gefühl einer Familie hat mir nur John vermitteln können und dieser ist weg.

Ich krame mein Handy aus meiner Handtasche, entferne die Sim Karte und gebe sie ihr.

„Das werde ich da drüben nicht brauchen, ich kaufe mir eine Neue und schicke dir die Nummer.“ Ich zucke mit den Schultern und sie nickt leicht.

Sie will, dass ich mein Leben hier hinter mir lasse und den Gefallen tue ich ihr…

Wie alles in meinem Leben mache ich keine halben Sachen.

Ganz oder gar nicht.

„Du bist mein Leben Anastasia.“ Haucht sie und ich höre den Hauch von Verzweiflung in ihrer Stimme.

„Nein Mum, dein Leben ist die Kanzlei und Dad seins auch, das habt ihr uns von Kinderbeinen an beigebracht.“ Ich steuere die Sicherheitsschleuse an.

Ich habe keine tröstenden Worte für sie, ich kann ihr nicht sagen, dass alles wieder gut wird, denn daran glaube ich schon lange selbst nicht mehr.

Zwei Stunden später sitze ich in der ersten Klasse und starre aus dem Fenster, langsam sehe ich L.A. unter mir verschwinden.

Ich war nie wirklich weg aus L.A., klar die jährlichen Urlaube auf Hawaii, in den Hamptons oder in Mexico.

Aber sonst?

Ich habe Grace, die Schwester meiner Mum, seit Jahren nicht gesehen und wenn, dann ist sie zu uns gekommen und wir nicht zu ihr. Meine Eltern haben wenig Zeit und selbst ihre Freizeit ist immer eingeteilt. Einen Urlaub im Jahr, ansonsten stand, wie schon erwähnt, immer die Kanzlei an erster Stelle.

Ich war also noch nie in Irland, ich war ja noch nicht einmal in Europa…

Im Gegensatz zu John. Er war an so vielen Orten gewesen, neben seinem Studium war er ein weltklasse Surfer und für Wettbewerbe jettete er um die Welt und meine schönste Erinnerungen an ihn sind die, wenn er kurz vor dem Start eines Wettbewerbes die 19 auf seinem Board küsste, dann wusste ich, er denkt an mich.

Die 19, weil ich am 19. September geboren bin…

Er hat diese Nummer wegen mir ausgesucht.

Ich war sein Glückbringer…

Neben seiner Leidenschaft schaffte er aber auch, sein Jurastudium mit Bestnoten abzuschließen, er hatte nur noch sein zweites Staatsexamen vor sich und dann wollte er in die Kanzlei unserer Eltern einsteigen.

Coleman & Coleman sollten endlich ihren Junior Partner bekommen…

Ich sehe in die Wolken, die sich wie Zuckerwatte unter uns ausbreiten.

Gequält schließe ich meine Augen, als auch die Erinnerungen an den schlimmsten Tag meines Lebens zurück kommen.

Ich will jetzt nicht daran denken… ich kann einfach nicht.

Auf dem fast 13stündigen Flug nach London versuche ich nicht allzu viel nachzudenken, im Grunde genommen habe ich nur die Option alles auf mich zukommen zu lassen…

Zu meinem Glück verschlafe ich den größten Teil des Fluges und habe so gar nicht die Möglichkeit nachzudenken.

Als ich in London lande ist es kalt und grau und ich schleppe meine Taschen quer durch den Flughafen, um meine Anschlussmaschine nach Dublin noch zu erwischen.

Ich bin froh, als sich endlich meine Anschlussmaschine in die Lüfte erhebt, in 1 1/2 Stunden habe ich also das erste Mal in meinem Leben irischen Boden unter meinen Füßen.

Unfreiwillig, aber ich gebe mir wirklich Mühe, das als die Chance zu sehen, die es wahrscheinlich für mich ist.

Wer weiß, vielleicht würde ich mein Jurastudium doch noch irgendwann abschließen. Immerhin bin ich im 10. Semester, eigentlich hätte ich schon längst fertig sein können, aber ich habe noch das angefangene und 2 volle Semester vor mir, weil ich mich nicht genug darauf konzentriert habe. Ich habe also im besten Fall noch knapp 1 ½ Jahre vor mir…

Nur weil ich eine Anwältin werden will, heißt das ja nicht, dass ich die Kanzlei meiner Eltern einsteigen oder diese gar übernehmen muss.

Ich lande an frühen Nachmittag in Dublin und ziehe meinen Mantel enger um mich als ich hinaus trete.

Es regnet und es ist wirklich kalt… es passt perfekt zu meiner Stimmung.

Ich reihe mich in den Strom der Menschen ein und erreiche nach einer gefühlten Ewigkeit das Gepäckband. Ich beobachte all die Menschen um mich herum und bemerke die Blicke, die mir vor allen Dingen die jüngeren Männer zuwerfen. Manchmal bin ich es leid, denn alle sehen die schöne Fassade aber keiner schafft es dahinter zu schauen und zu erkennen, wer ich wirklich bin.

Schließlich drehen meine Taschen als letzte ihre einsamen Runden.

„Entschuldigen sie Miss, sind das ihre Taschen?“ spricht mich ein Flughafenangestellter an und ich nicke leicht. „Warten sie, ich hole ihnen einen Gepäckwagen und helfe ihnen.“ Bietet er mir sofort an und keine 5 Minuten später trete ich aus dem Ankunftsbereich in die große Halle.

„Ana?“ eine Frau, ein wesentlich jünger wie meine Mum, aber unverkennbar die gleichen grau blauen Augen kommt auf mich zu.

„Tante Grace.“ Erwidere ich ohne viel Freude in der Stimme.

Sie zieht mich in ihre Arme „Es ist so schön, dass du hier bist.“

„Freiwillig ist was anderes.“ Erwidere ich und presse meine Lippen aufeinander.

Sie betrachtet mich einen Moment eingehend und nickt dann zaghaft.

„Ich bringe dich zu deiner Wohnung.“ Sagt sie nach einer gefühlten Ewigkeit und ich folge ihr notgedrungen.

Sie verlädt meine Taschen in ihren Geländewagen und ich starre auf der Fahrt zu meiner neuen Bleibe aus dem Fenster.

Dublin hat mit L.A. soviel gemein wie ein Hund mit einer Katze…

Wir parken vor einem dreistöckigen Gebäude und ich befürchte hier werde ich wohnen, meine Annahme bestätigt sich, als Grace aussteigt und ich es ihr seufzend gleich tue. Wir holen meine Taschen und betreten das Gebäude.

Das ist also ein Studentenwohnheim…

Ich denke fast, meine Mum hat mit dem Begriff Wohnung übertrieben.

„Dex hat seine Beziehungen spielen lassen, du bekommst am Donnerstag deinen Studienplan.“ Wir betreten den kleinen Fahrstuhl und fahren hoch in den 3. Stock.

„Sag Dexter danke.“ Presse ich hervor.

Oben angekommen pralle ich ziemlich unsanft mit jemanden zusammen.

„Mein Gott, kannst du nicht aufpassen? Ich bin mit meinen Taschen ja wohl kaum zu übersehen.“ Fauche ich.

„Ich befürchte, das bist du doch.“ Erwidert eine belustigte, dunkle Stimme und ich sehe auf in zwei rehbraune Augen, die mich aber zu meiner Verwunderung nicht ansehen, sondern ins Leere starren.

„Es tut mir wirklich leid.“ Entschuldigt sich Grace sofort und reicht ihm seinen Stock, der ihm bei unserem Zusammenprall aus der Hand gefallen ist.

Er ist blind?

Ernsthaft?

Wie studiert er denn bitte?

Ich schüttele meinen Kopf und Grace wirft mir einen strafenden Blick zu.

„Tut mir leid.“ Murmele ich und er lacht.

„Nein, tut es dir nicht, aber ist Okay.“ Damit steigt er in den Fahrstuhl und Grace führt mich zur letzten Tür auf der linken Seite des langen Flures.

„Ich bitte dich Ana, ich weiß alles von Heather. Nimm es als Chance.“ Sie sieht mich flehentlich an und ich erkenne so viel von meiner Mum in ihr.

Sie öffnet die Tür und reicht mir die Schlüssel.

„Es gelten hier im Haus Regeln, an die auch du dich halten musst. Für jedes Stockwerk gibt es ein Gemeinschaftsbad mit Liste, trag dich ein oder sprich dich ab.“ Folgt sogleich eine weitere, sagen wir es mal so, Drohung.

In meinen Ohren klingt es jedenfalls so.

Das Zimmer hat nicht viel zu bieten. Ein Bett, zum Glück nur eins, ein zweitüriger Kleiderschrank und ein Schriebtisch unter dem Fenster mit Stuhl.

„Ich hoffe du lebst dich ein, du bekommst am Donnerstag jemanden zugewiesen, der dir die Uni, den Studienplan und alles drum herum erklärt und Freitag hast du deine ersten Vorlesungen. Morgen hast du frei, ich denke, du wirst noch ein paar Sachen brauchen. Ich habe mit deiner Mum besprochen, dass du jeden Monat 750 Euro Taschengeld bekommst. Solltest du damit nicht hinkommen, dann musst du dich an deine Eltern wenden. Du hast Wirtschafts- und Kapitalrecht bei Dex und ich bitte dich eindringlich, dich zu benehmen. Solltest du eine Vorlesung versäumen sitzt du im nächsten Flieger zurück in die Staaten, du hast nur noch diese eine Chance, setze sie nicht leichtfertig aufs Spiel…“ sie stellt die Tasche, die sie getragen hat, aufs Bett.

Wow, noch eine Drohung.

Wie alt bin ich?

12?

„Ich hole eben noch schnell ein paar Sachen aus dem Auto. Ich denke nicht, das du Bettwäsche und Handtücher eingepackt hast, oder?“ sie sieht zu mir und ich schüttele leicht meinen Kopf.

Damit geht sie und ich sehe aus dem Fenster, ich habe einen Ausblick auf die Innenstadt, ziemlich zugebaut und vom Meer weit und breit nichts zu sehen.

Das wird mir wirklich fehlen, von meinem Appartement in L.A. konnte ich auf den Ozean sehen und ich habe es geliebt…

Der Ozean erinnert mich an ihn, da war ich ihm nah.

Früher bin ich sooft surfen gegangen, aber seit den Tag vor drei Jahren stand ich nicht mehr auf einem Board.

Vielleicht würde ich es irgendwann wieder tun, denn ich liebte es, wenn der Wind und die Sonne mich meine Sorgen einen Moment vergessen ließen…

„So, damit bist du erst einmal ausgerüstet.“ Grace kommt zurück, holt mich aus meinen Gedanken und stellt einen Karton aufs Bett. „Hier ist eine neue Sim Karte, Heather sagte, du hast deine bei ihr gelassen.“ Sie reicht mir einen Umschlag „Meine Nummer steht drauf, ruf mich bitte an.“ sie kommt zu mir und legt ihre Hand auf meine verschränkten Arme „Ich weiß, das alles hier ist vielleicht nicht das, was du dir vorgestellt hast, aber deine Mum ist verzweifelt. Ich kann nur erahnen, wie sehr dich Johns Tod mitgenommen hat, aber Ana…“ sie legt eine Hand unter mein Kinn und zwingt mich sie anzusehen „Du bist hier.“ Sagt sie leise.

Ich kann und will nichts erwidern und drehe mich wieder zum Fenster, ein paar Minuten später höre ich wie die Tür ins Schloss fällt und ich lasse mich aufs Bett sinken.

Ich vergrabe mein Gesicht in meinen Händen und seufze leise.

Dann rappele ich mich auf, beziehe erst einmal mein Bett und packe meine Taschen etwas aus, dann schließe ich meinen Laptop an und verstaue meine Bücher und Ordner.

Vorsichtig stecke ich meinen Kopf aus der Tür und sehe den langen Flur entlang.

Wo sind die alle?

Schließlich finde ich wenigstens die Toiletten, die sich als sauber und gepflegt entpuppen und esse das Sandwich, welches mir Grace da gelassen hat.

Schon um 18 Uhr liege ich in meinem Bett und starre an die Decke.

Was würde John jetzt tun?

Zaghaft lächle ich, er würde aus der Situation das Beste machen. Er sagte immer, egal von welchem Startplatz du in den Wettkampf gehst, es liegt nur an dir, etwas daraus zu machen.

Als ich am nächsten Morgen die Zeitumstellung einigermaßen verdaut habe, beschließe ich shoppen zu gehen, denn ich habe eindeutig nicht die richtige Kleidung für irische Verhältnisse.

Regnet es hier wirklich die ganze Zeit?

Ich dachte, das ist Mythos…

Nach etwas suchen nehme ich mir ein Taxi und lasse mich zu einem Einkaufzentrum bringen, das wie ich fest stellen muss, gerade Mal drei Straßen von meinem Wohnheim entfernt ist. Ich schlendere eher lustlos durch die Geschäfte, besinne mich dann aber eines Besseren und kaufe mir ein paar Pullover, Strickjacken und vor alle Dingen wetterfeste Schuhe, das diese nicht so schön sind wie meine geliebten Highheels ist mir zum ersten Mal in meinem Leben egal.

Hier kennt mich niemand, ich kann von vorne anfangen…

Auf dem Rückweg kaufe ich mir noch eine Winterjacke und etwas zu Essen, denn mein Magen meldet sich lautstark.

Als ich endlich wieder im Wohnheim bin sind augenscheinlich auch meine Mitbewohner für heute mit ihren Vorlesungen fertig und ich werde angestarrt wie eine Außerirdische.

Ich beschließe erst einmal meine Sachen auf mein Zimmer zu bringen und gehe dann in die Gemeinschaftsküche, um meine Einkäufe zu verstauen. Drei junge Frauen sitzen am Tisch und sehen mich skeptisch an, ich atme tief durch und gehe zu ihnen.

„Hallo, ich bin Anastasia Coleman.“ Stelle ich mich vor „Ana.“ Füge ich hinzu.

„Hallo Ana, ich bin Shannon und das sind Olivia und Amber.“ Die schwarzhaarige mustert mich, lächelt aber dann und die beiden anderen winken mir kurz zu.

„Wo kann ich meine Sachen unterbringen?“ frage ich freundlich und deute auf meine Einkaufstüte.

„Im Kühlschrank ist noch ein Fach frei und im großen Schrank daneben ist ebenfalls eins frei. Beschrifte es aber zur Sicherheit. Wir sind 7 hier auf dem Stockwerk.“ Olivia zwinkert mir zu und reicht mir einen schwarzen Edding.

„Danke.“ Ich mache mich daran meine Einkäufe erst zu beschriften und dann zu verstauen und bin froh, dass alles rein passt.

„Was studierst du?“ Shannon dreht sich zu mir um und ich beschließe mich kurz zu ihnen zu setzen.

Was habe ich denn schon zu verlieren?

„Jura.“ Antworte ich schließlich.

„Na, das passt ja. Wir auch.“ Freut sich Olivia. „Wie viele Semester hast du noch?“

„Das angefangene und dann noch 2.“ Erkläre ich schulterzuckend.

„Zum Glück sind wir im Letzten.“ Olivia atmet erleichtert durch „Von welcher Uni wechselst du?“

„UCLA.“ Ich merke, dass ich mich in ihrer Gegenwart nicht entspannen kann, denn sie mustern jede meiner Bewegungen und ich sehe in ihren Augen, dass sie mich verurteilen, bevor sie mich überhaupt kennen.

Ich gebe zu, ich bin nicht viel anders wie sie…

„Wow, aus den Staaten.“ Amber sieht mich anerkennend an.

„In welchem Alter fängt man denn da mit dem Studium an?“ will Shannon nun wissen.

„Ich habe mit 20 angefangen, aber das ist unterschiedlich, je nachdem.“ Erkläre ich ihr.

„Und wie alt bist du?“ sie legt ihren Kopf schief.

„25, aber ich habe die letzten 3 Semester, sagen wir mal, verpasst.“ Gebe ich zu.

„Aha.“ Shannon mustert mich mit einem abwertenden Blick.

„Ich werde auf mein Zimmer gehen und versuchen mich auf Morgen vorzubereiten.“ Entschuldige ich mich und flüchte in mein Zimmer.

Also wir werden mit Sicherheit keine Freunde, aber ich soll mich auch aufs Wesentliche konzentrieren... denke ich missmutig und nehme mir meinen Laptop um mich etwas in den Stoff einzulesen.

Das ich nicht eine einzige Nachricht Auf Facebook bekommen habe, enttäuscht mich dann aber doch ein wenig.

Tatsächlich schlafe ich früh ein und mein Handy reißt mich am nächsten Morgen ziemlich unsanft aus dem Schlaf. Ich komme verschlafen hoch und brauche einen Moment um mich zu erinnern, wo ich eigentlich bin. Dann fällt es mir wieder ein und ich stehe langsam auf. Meine Füße berühren den kalten Holzfußboden und ich schließe kurz meine Augen, eine perfekte Art den Tag zu starten. Ich hasse kalte Füße.

Dann ziehe ich mir eine Strickjacke über mein Top und meine Hotpants und trete in den Flur. Es ist noch alles ruhig und ich mache mich auf die Suche nach dem Gemeinschaftsbad, als ich endlich fündig werde stelle ich erfreut fest, das sich so früh am Morgen noch niemand in den Plan eingetragen hat.

So habe ich wenigstens etwas meine Ruhe…

Ich trage mich gleich die ganze weitere Woche um 6:30 Uhr ein und betrete das Badezimmer, welches sich als wirklich gepflegt und sauber heraus stellt, außerdem ist es komfortabler wie vermutet, drei Waschbecken mit großen Spiegeln an der einen Seite, zwei Duschen auf der anderen Seite und überall kleine Regale und Abstellmöglichkeiten in allen nur erdenklichen Farben.

Ich suche mir ein leuchtend türkises Regal aus und verstaue meine Sachen soweit wie möglich darin. Als ich unter der Dusche stehe und das heiße Wasser auf mich herab prasselt, da fühle ich mich etwas besser, aber von gut kann hier noch keine Rede sein…

Etwas unentschlossen stehe ich 20 Minuten später vor dem Spiegel und entschließe mich gegen meine Gewohnheit mich nur leicht zu schminken. Ich fühle mich fast nackt, als ich so über den Flur husche und mir in meinem Zimmer eine dunkelblaue Jeans, einen dicken beigen Wollpullover und meine neu erstandenen Stiefel anziehe.

Noch bin ich unentschieden ob ich das hier wirklich als Chance nehmen will, oder aber mein Leben so weiter leben möchte, wie ich es bisher getan habe.

Aber wo führt mich das hin?

’Das hätte Jonathan nicht für dich gewollt…’ hallen mal wieder meine Mums Worte in meinem Kopf wieder und ich seufze. Jetzt bin ich schon mehrere tausend Kilometer von ihr entfernt und trotzdem lässt sie mich nicht in Ruhe.

Ich packe meinen Laptop und meine Bücher ein, sehe mich noch einmal kurz im Zimmer um und ziehe dann meinen Mantel an, ehe ich die Tür ins Schloss ziehe und meine Tür verriegele.

Auf dem 30minütigen Weg zur Uni entdecke ich zu meiner Freude einen Starbucks und hole mir einen iced Chocolate Mocca, egal wie kalt es hier ist, ich liebe den Geschmack von Kaffee mit Schokolade.

Dann betrete ich das erste Mal das Gelände des Trinity Colleges durch das große steinerne Tor und atme tief durch. Ich sehe mich um und finde ein Schild mit der Aufschrift Dekan und mache mich auf den Weg den Schildern zu folgen. Ich meine, ich komme aus L.A., so schwer wird das schon nicht sein.

Falsch… irgendwann gibt es einfach keine Schilder mehr und ich drehe mich im Kreis herum, ehe ich mal wieder mit jemandem zusammen stoße.

„Sorry.“ Sage ich sofort und schließe gequält meine Augen, als ich sehe, wen ich mal wieder angerempelt habe.

„Dieses Mal klingt es ja fast so, als ob du es auch so meinst.“ Lächelt mein “Opfer“.

„Es tut mir wirklich leid.“ Erkläre ich ihm und hebe seine Tasche auf um sie ihm zu reichen.

„Kein Problem, aber kann es sein, das du hier Mitten im Weg stehst?“ er neigt fragend seinen Kopf.

„Ja.“ Gebe ich zu „Ich muss zum Büro des Dekans.“

„Okay, den langen Gang in dem wir jetzt sind immer weiter gerade aus, letzter Gang auf der linken Seite bis ungefähr zur Hälfte, dann rechts abbiegen und dann siehst du eine große zweiflügelige Tür. Da ist es dann.“ Erklärt er mir freundlich und ich starre ihn an.

„Ich bin schon etwas länger hier.“ Erklärt er mir und ich sehe ertappt auf meine Füße.

„Sorry.“ Entfährt es mir erneut.

„Hör’ auf dich ständig zu entschuldigen. Ich bin Nate.“ Er hält mir seine Hand hin und ich ergreife sie zögerlich.

„Ana.“ Stelle ich mich ihm ebenfalls vor.

Ich lege meinen Kopf schief und mustere ihn, er ist schätzungsweise Anfang 30, er hat hellbraune etwas längere Haare, einen drei Tage Bart und warme braune Augen. Er überragt mich fast einen ganzen Kopf und macht einen trainierten Eindruck.

„Wenn du mich noch weiter anstarrst, dann kommst du nie zum Dekan.“ Rügt er mich und ich nicke.

„Es tut mir leid.“ Ich lasse endlich seine Hand los.

„Ana…“ erinnert er mich „Und übrigens kannst du dir das nicken sparen…“ er kommt ein Stück dichter an mich heran „Ich kann es nicht sehen.“ Flüstert er mir zu.

Ich stöhne leise auf und er lächelt wieder.

„Keine Entschuldigung mehr.“ Erinnert er mich.

„Danke Nate.“ Sage ich schließlich und setze endlich meinen Weg fort. Anhand der Beschreibung finde ich das Sekretariat dann auch schnell und klopfe zaghaft an die Tür.

„Herein.“ Kommt es fast augenblicklich und ich betrete das imposant wirkende Zimmer.

„Wie kann ich ihnen helfen?“ eine ältere Dame sieht mich freundlich an.

„Ich bin Anastasia Coleman, ich soll mich hier melden.“ Antworte ich fast schüchtern und schließe die Tür hinter mir.

„Miss Coleman.“ Die Dame steht auf und holt eine Akte. „Hier habe ich ihren Studienplan, ihre Einschreibung und das müssten sie bitte unterschreiben, damit wir ihre Unterlagen bei ihrer bisherigen Universität anfordern können.“ Sie legt mir einige Zettel auf den Tresen und ich setze meine Unterschrift auf alle, auf die sie deutet.

„James Connor wird gleich hier sein und sie über das Gelände führen und ihnen die Räume zeigen. Er ist einer ihrer Kommilitonen, Jahrgangsbester und sehr gescheit.“ Sie rückt ihre Brille zurecht und deutet auf einen Stuhl neben der Tür.

„Vielen Dank Mrs.“ ich sehe auf das Schild auf ihrem Schriebtisch „McKinney.“ Bedanke ich mich höflich und setze mich.

Es dauert nicht lange und ein junger Mann kommt herein gestürmt.

„Ah Mr. Connor, das ist Anastasia Coleman, sie wechselt von der UCLA zu uns, zeigen sie ihr bitte alles und machen sie sie mit allem vertraut.“ Sie deutet auf mich und er kommt zu mir.

Er reicht mir seine Hand und mustert mich argwöhnisch.

Ich gebe zu, ich mustere ihn auch… mit seinem weißen Hemd, dem Pullunder, der Bügelfaltenhose und der dazugehörigen schwarzen Nickelbrille entspricht er zu 100 % dem Bild des strebsamen Studenten.

„Dann komm mal mit Anastasia.“ Er nickt mir zu und wir treten in den Flur.

Er macht diese Führung ungefähr so spannend wie ein Dokumentation über das Schlafverhalten von Faultieren und ich stöhne innerlich schon nach 10 Minuten. Nach drei Stunden kommen wir in die Mensa und mir wird eine Mensakarte ausgehändigt und er zeigt mir, wie ich sie aufladen kann.

Nachdem er mich dann noch, mehr oder weniger, über die Eigenheiten meiner verschiedenen Professoren und Lehrer aufgeklärt hat entlässt er mich um 14 Uhr und ich mache 3 Kreuze.

Das war definitiv der längste Vormittag meines Lebens… Ich hoffe nur, ich besuche nicht allzu viele Vorlesungen wie er, denn er gehört bestimmt zu denjenigen, die zu jedem Thema dutzende Fragen stellen.

Mit der mir ausgehändigten Buchliste mache ich mich auf die Suche nach einem Buchladen und bezahle über 300 Euro für Bücher, die ich eigentlich schon habe…

Danach schlendere ich ein wenig durch die Innenstadt, gönne mir ein kleines Abendessen in einer Sushibar und komme erst am frühen Abend zurück ins Wohnheim.

„Hallo Ana.“ Begrüßt mich Amber, als ich aus dem Fahrstuhl stiege und ich winke ihr kurz zu, ehe ich in mein Zimmer gehe. Auf noch ein “Verhör“, bei dem sie mich sowieso nur verurteilen, habe ich keine Lust…

Ich nehme mir meine neuen Bücher zur Hand und suche meinen Studienplan, morgen habe ich die erste Vorlesung bei Prof. Williams… europäisches Recht.

Also davon habe ich mal wirklich gar keine Ahnung…

Ich schlafe tatsächlich über meinen Büchern ein und würde mein Handy am liebsten aus dem Fenster werfen, als es mich früh am nächsten Morgen weckt.

Ich schlurfe ins Bad, dusche kurz und ziehe mich, mit einem Blick nach draußen, mal wieder wasserfest an.

Es regnet hier anscheinend fast ausschließlich…Denke ich missmutig und mache mich, mit einem Abstecher zu Starbucks, auf den Weg.

Nach etwas suchen finde ich auch den Hörsaal und betrete ihn zusammen mit einer Traube weiterer Studenten.

„Hallo Ana.“ Ertönt eine Stimme direkt neben mir und ich zucke zusammen.

„Du hast mich erschreckt.“ Ich sehe Nate an und er lächelt selbstzufrieden. „Und was, wenn ich es nicht gewesen wäre?“ frage ich, nachdem ich den ersten Schreck verdaut habe.

„Melonenshampoo und Euphoria Blossom, diese Kombination hast nur du.“ Er schenkt mir ein weiteres lächeln und ich erwidere es.

Das erste Mal, seit dem ich hier bin lächle ich und es fühlt sich irgendwie befremdlich an.

„Okay gewonnen.“ Erwidere ich „Ich muss mir jetzt einen Platz suchen.“ Ich lege meine Hand auf seinen Unterarm.

„Viel Spaß.“ Er zwinkert mir zu, ich finde einen Platz und nehme mein Buch und meinen Laptop aus dem Rucksack. Also gut, europäisches Recht… Na, dann schauen wir Mal.

„Guten Morgen.“ Ein älterer Mann betritt den Hörsaal und beginnt die Vorlesung mit einer Frage – Antwort – Runde.

„Miss Coleman, ich muss sie bitten, sich den Stoff genauer anzusehen. Ich bin mir bewusst, dass sie gerade erst gewechselt haben, aber das ist Grundwissen.“ Rügt er mich, nachdem ich auch die dritte Frage, die er mich gerichtet hat nicht beantworten kann.

Ich sehe beschämt auf meine Hände und höre das leise Getuschel um mich herum.

Der Start ist ja mal richtig gut…

„So, die heutige Vorlesung übernimmt Mr. O’Brian, den ihr ja alle bereits kennt und der ab dem nächsten Semester seine eigenen Vorlesungen übernehmen wird, damit ich als alter Mann etwas durchatmen kann. Nathaniel sie gehören dir.“ Er deutet auf Nate und dieser geht in die Mitte und dreht sich zu uns um.

Er ist Lehrer?

Ich hätte ja vieles erwartet, aber das mit Sicherheit nicht…

Dann beginnt er mit seinem Unterricht, ich muss sagen er ist gut, er ist wirklich gut… aber da mir augenscheinlich schon ein paar Grundbausteine fehlen, komme ich natürlich mit dem laufenden Stoff nicht wirklich mit.

Europäisches Recht geht geschlagene drei Stunden und ich seufze erleichtert, als uns Nate entlässt.

Ich packe meine Sachen zusammen und bete inständig, dass ich in der nächsten Vorlesung, Grundrecht, nicht auch völlig versage.

„Ana?“ ruft mich Nate und ich gehe zu ihm.

„Willst du mir jetzt auch noch sagen, dass ich den Stoff nicht drauf habe?“ frage ich gequält. „Und warum hast du mir nicht gesagt, dass du Lehrer bist?“

„Ich gebe doch nicht jedem Auskunft.“ Lacht er „Außerdem wusste ich ja nicht, das du Jura studierst.“ Fügt er hinzu „Komm schon Ana, das ist dein erster Tag…“ er legt seine Hand auf meinen Unterarm „… Ich wollte dir anbieten den Stoff mit dir durch zu gehen.“ Bietet er mir an und ich lege meinen Kopf schief.

„Das ist wirklich nett.“ Bedanke ich mich.

„War das ein Ja oder ein Nein?“ er schaut abwartend in meine Richtung.

Ich muss mich aus Ärger raushalten, in jedem Fall…

„Leider ein nein, ich denke, ich weiß, an wen ich mich wenden muss.“ Ich seufze erneut. „Vielen Dank trotzdem.“

„Gern geschehen.“ Er nickt leicht.

„Nate, ich muss…“ ich lege meine freie Hand auf seine die immer noch auf meinem Unterarm liegt „Grundrecht wartet auf mich und ich hoffe, ich bin da nicht auch ein totaler Loser.“

„Kopf hoch Ana.“ Erwidert er aufmunternd und ich mache mich auf die Suche nach dem Hörsaal. Tatsächlich stelle ich mit Erleichterung fest, dass ich in diesem Fach wirklich mit dem Niveau mithalten kann und gehe einigermaßen aufgebaut in die Mittagspause.

Mit einem Salat ziehe ich mich in eine ruhige Ecke zurück und lese mich in Bilanzrecht ein.

Meine erste Vorlesung bei Dexter, da will ich mich, wenn möglich, nicht auch blamieren.

Mal wieder mache ich mich auf die Suche nach einem der Hörsäle, kaum zu glauben, diese Uni ist wesentlich kleiner als die in L.A. aber ich kann mich nicht daran erinnern, das ich dort für jede Vorlesung den Hörsaal wechseln musste. Schließlich finde ich ihn und setze mich in die letzte Reihe und klappe meinen Laptop auf.

Obwohl ich Dexter Jahre nicht gesehen habe, so erkenne ich ihn sofort. Er sieht gut aus, seine schwarzen Haare haben schon etliche graue bekommen, aber das steht ihm. Er ist Ende 30 und wenn ich sehe, wie einiger meiner Kommilitoninnen ihn regelrecht anhimmeln, da kommen mir Zweifel, ob die überhaupt hier sind um zu studieren oder nur jedes männliche Objekt anmachen…

Denn das sind die gleichen Frauen, die sich in europäischem Recht auch schon Nate an den Hals geworfen haben und ich beschließe, sie einfach mal nicht zu mögen.

Dexter kontrolliert erst einmal die Anwesenheit und ich kaue nervös auf dem Ende meines Bleistiftes.

„Coleman, Anastasia.“ Sagt er und ich sehe auf.

„Hier.“ Sage ich und unsere Blicke treffen sich, er nickt mir kurz zu und geht dann die Liste weiter durch.

Bilanzrecht scheint eines der Fächer zu sein, in denen ich wirklich Durchblick habe und ich kann gar nicht sagen, wie sehr ich mich darüber freue.

„Anastasia? Kommst du bitte mal kurz?“ ruft mich Dexter nach der Vorlesung zu sich und ich nehme meinen Ordner unter den Arm und trete an seinen Lehrerpult.

„Prof. Hamilton. Was kann ich für sie tun?“ ich sehe ihn an, seine dunkelgrünen Augen funkeln einen kleinen Moment lang belustigt.

„Du machst dich gut in meinem Kurs, aber ich weiß von Prof. Williams, das Europäisches Recht nicht einer deiner Stärken ist.“ Beginnt er und der Hörsaal leert sich langsam aber sicher hinter mir.

„Ich weiß…“ ich kaue auf meiner Unterlippe.

„Was willst du machen?“ er sieht mich prüfend an.

„Hättest du vielleicht die Möglichkeit mir zu helfen?“ ich atme tief durch, es fällt mir schwer um Hilfe zu bitten, aber ich will dieses Semester einfach kein weiteres Mal wiederholen.

„Sicher doch Ana, ich hole dich morgen Abend ab. Wir essen gemütlich was und schauen dann mal, wie weit du bist. Was hältst du davon?“ er nickt mir zu und ich erwidere es zögerlich.

Immer schon das Nützliche miteinander verbinden…

So haben er und Grace mich schön im Blick.

„Gut, ich bin um 18 Uhr da. Bis dann Ana.“ Er übergeht mein seufzen und damit trete ich in den Flur, der sich erstaunlicher Weise wie durch Zauberhand geleert hat.

Gut, es ist Freitagnachmittag und alle wollen so schnell wie möglich weg, aber wenn etwas dieses Bild jetzt perfekt machen würde, dann wäre es ein trockenes Grasbüschel welches durch den Korridor rollt.

Ich schüttele über meine lebhafte Fantasie den Kopf und trete in den Regen Dublins.

Eine halbe Stunde später komme ich durchgeweicht im Wohnheim an und beschließe, dass ich mir ein Auto zulegen muss. Bei dem Wetter durch halb Dublin zu stapfen ist nur halb so lustig, wie es sich vielleicht anhört. Ich werde das mit Grace und Dexter morgen Abend besprechen, ich habe keine Ahnung wie das hier mit meinem Führerschein ist und ein Auto muss ja auch versichert werden, damit hatte ich bisher noch nie etwas zu tun.

Das Wohnheim ist wie ausgestorben, die Meisten sind bei ihren Familien, bei Freunden oder sonst wo, nur eben nicht hier.

Aber ich habe hier in Dublin nichts, ich werde mich wohl dran gewöhnen müssen, das Wohnheim oder zumindestens die oberste Etage an den Wochenenden für mich zu haben.

Ich sehe mir erst einmal das Stockwerk genauer an und finde einen Gemeinschaftsraum mit einem Fernseher, vor dem ich es mir dann zum Abend, nach einem kleinen Abendessen gemütlich mache. Vielleicht ist es ja ganz gut, dass ich die Wochenenden für mich habe…

Ich soll mich ja schließlich von allem was mich ablenkt fern halten.

Auferlegte Isolation…

Am Samstag schlafe ich fast bis Mittag, alles was in der Woche passiert ist hat mich ziemlich geschafft, nach einem starken Kaffee nehme ich mir meinen Laptop und setze mich mit ihm aufs Bett. Ich schaue erneut auf meine Facebook Seite und muss ernüchtert fest stellen, das mich immer noch nicht, wenigstens einer meiner sogenannten Freunde vermisst… nicht einmal ein einziger und das ist schon ganz schön bitter.

Enttäuscht nehme ich mein Lehrbuch für europäisches Recht aus meiner Tasche und beginne alles was mir irgendwie wichtig erscheint zu markieren. Ich bin erstaunt, als ich das nächste Mal auf die Uhr sehe, Dexter will in 30 Minuten hier sein und ich habe immer noch meine Jogginghose und mein Top an. Ich ziehe mich schnell um, stopfe meine Bücher in meinen Rucksack und fahre mit dem Fahrstuhl runter. Tatsächlich sind außer mir noch drei andere Studenten hier und begrüßen mich mit einem nicken, als ich an ihnen vorbei nach draußen in den, welch Überraschung, irischen Regen trete.

Zum Glück kommt Dexter nur Augenblicke später und ich steige zu ihm ins Auto.

„Regnet es auch mal nicht?“ ich verziehe das Gesicht und er lacht auf.

„Du bist nicht mehr im sonnigen Californien.“ Erinnert er mich.

„Echt jetzt?“ ich verdrehe die Augen und sehe auf dem Weg zu seinem und Graces Haus aus dem Fenster.

Mein Leben in Californien kommt mir so entfernt vor, als wäre ich nicht erst ein paar Tage hier, sondern schon Jahre…

Sie haben ein Haus in Blackrock, einem wunderschönen Stadtteil am Meer und Grace nimmt mich in den Arm, kaum das ich mit Dexter das Haus betrete.

„Schön, das du Dex gefragt hast.“ Sie nimmt mein Gesicht in ihre Hände und ich lächle zaghaft.

Ich beginne langsam wieder Gefühle zuzulassen. Auf einmal ist es nicht mehr schlimm, dass sie mich in den Arm nimmt, denn ich begreife allmählich, dass sie es vielleicht nicht nur aus Mitleid tut.

Bei meinen Eltern ist es was anderes… Mein Dad nimmt mich überhaupt gar nicht in den Arm und von meiner Mum fühle ich mich sofort bedrängt.

Bei Grace ist das was anderes, in ihren Augen sehe ich nicht nur Vorwürfe und Verzweiflung, nein ich sehe etwas, was ich schon lange nicht mehr in den Augen meines Gegenübers gesehen habe… Liebe.

„Ich brauche einfach Hilfe und Dexter bietet sich an, er weiß, was ich wissen muss.“ Erwidere ich schulterzuckend und sie begleitet mich, nachdem sie mir meinen Mantel abgenommen und ich meine Schuhe ausgezogen habe, ins Esszimmer.

Das Essen ist wirklich gut, aber irgendwie verkrampft, weil ich erwarte mal wieder eine Standpauke zu hören.

Das ist zu einem Teil meines Lebens geworden und es fühlt sich ungewohnt an, ohne Schuldzuweisungen und Anklagen zu essen.

Grace und Dexter haben keine Kinder und ich weiß, dass es nicht daran liegt weil sie keine wollen, sondern weil es einfach nicht klappt. Mum hat mir erzählt, das sich Grace mit 35 damit abgefunden hat niemals Mutter zu werden und wenn ich sehe, wie sehr sie um mich besorgt ist, dann tut es mir leid.

Meine Mum ist 14 Jahre älter wie Grace und ich weiß, die beiden haben zwar ein ganz gutes Verhältnis zueinander, aber meine Mum ging in die Staaten, als Grace gerade mal 7 Jahre alt war und es ist schwer eine geschwisterliche Beziehung über den Atlantik hinweg aufzubauen. Dennoch sind sie sich ähnlich, in vielen kleinen Gesten und in dem Ausdruck in ihren Gesichtern…

Über so etwas hätte ich mir vor einer Woche noch keine Gedanken gemacht, aber ich fange an, meine Mitmenschen wieder wahr zu nehmen.

Nachdem ich drei Jahre blind für die Gefühle anderer durch Leben gelaufen bin, sehe ich endlich mal wieder genauer hin.

Zu einem ist es schön, zum anderen macht es mir Angst… Denn nicht mit allen Gefühlen kann ich umgehen, zu sehr bin ich daran gewöhnt mein Schutzschild auf volle Stärke aufgebaut zu lassen, das es mir manchmal falsch vorkommt, es nur im Reservemodus laufen zu lassen.

Ich sehe Grace wie sie Dexter anlächelt und muss plötzlich auch lächeln, die Beiden sind nicht so schlimm, wie ich sie mir immer ausgemalt habe. Wir hatten einfach nie die Gelegenheit uns richtig kennen zu lernen.

„Bereit Ana?“ Dexter steht auf und ich nicke leicht.

Ich gehe in den Flur und hole mein Buch über europäisches Recht. Gemeinsam gehen wir in eine kleine Bibliothek und ich sehe mich staunend um.

„Ein kleines Hobby von mir.“ Erklärt mir Dexter nicht ohne Stolz in der Stimme.

„Das ist wirklich toll.“ Ich setze mich in einen Sessel und er nimmt mir gegenüber auf der, mit schiefergrünen Samt bezogenen, Couch Platz.

Grace kommt rein und stellt uns jeden einen Kaffee auf den kleinen Couchtisch.

„Danke Tante Grace.“ Ich lege meine Hand auf ihre.

„Grace Kleines und wirklich gern geschehen.“ Sie drückt kurz meine Hand und geht dann wieder raus.

„Dann zeig mal her.“ Dexter nimmt mir das Buch aus der Hand und lacht auf. „Ich glaube, du hast das System nicht verstanden, du sollst nur anstreichen was wichtig ist und nicht alles.“ Grinst er.

„Du solltest mal mein Buch zu Grundrecht sehen.“ Ich verziehe das Gesicht und er beginnt mir ruhig und verständlich alles zu erklären.

Ich bin unendlich dankbar, dass er so viel Geduld hat.

Da kommt eine Menge Arbeit auf mich zu…

„Danke Dexter.“ Ich erhebe mich knapp drei Stunden später und er streckt sich.

„Du begreifst wahnsinnig schnell Ana, du packst das. Wenn du dich weiter so mit dem Stoff beschäftigst, dann musst du das Semester nicht wiederholen…“ er legt seinen Arm um meine Schulter „Und bitte nenn mich Dex.“ Er zwinkert mir zu „Weil du so fleißig warst, haben wir noch etwas für dich.“ Wir gehen vor die Haustür und er deutet auf einen alten Jeep. „Damit du mobil bist. Es ist nicht der Neuste, aber er ist angemeldet und versichert, bei uns steht er nur in der Garage rum.“

„Wow danke!“ ich nehme ihn in den Arm und er drückt mich an sich.

„Schön, dass du so diszipliniert bist. Grace macht sich wirklich Sorgen um dich.“ Er sieht mich an und ich sehe zu Boden.

Ist es so unwahrscheinlich, das ich nach 5 Tagen noch nicht in Schwierigkeiten stecke?

Ja, wenn ich mir meine letzten Jahre ansehen, dann ist das wirklich ein Fortschritt…

„Woher wusstet ihr denn, dass ich mich nach einem Auto umsehen will? Ich habe doch noch gar nichts gesagt.“ Ich sehe fragend zu ihm und er lächelt.

„Ein California Girl im verregneten Irland… Uns war klar, dass du so schnell wie möglich ein Auto brauchst. Ich habe alles abgeklärt, dein Führerschein ist hier gültig und unsere Versicherung war damit einverstanden dich mit zu versichern. Außerdem hoffen wir so, dich öfter zu sehen.“ Gesteht er mir und ich nicke leicht.

„Ihr wollt mich kontrollieren.“ Stelle ich nüchtern fest.

„Nein Ana, wir wollen, dass es dir gut geht und wir wollen dir helfen, wo es nur geht.“ Grace kommt zu uns und sieht mich traurig an „Wir wollen dich nicht kontrollieren.“

„Okay.“ Sage ich leise und gehe zu ihr. Ich ringe einen Moment mit mir und ziehe sie dann in meine Arme „Danke Grace.“

„Dafür nicht Kleines. Sehen wir uns am Dienstagabend wieder?“ sie legt ihren Kopf schief und ich nicke.

„Okay.“ Ich nehme von Dex den Autoschlüssel in Empfang und setze mich ans Steuer. „Ich danke euch.“ Ich winke beiden zu und fahre dann aus der Einfahrt.

Okay Linksverkehr, aber Hey, ich bekomme das, zu meinem eigenen Erstaunen, ganz gut hin…

Es ist beängstigend, dass mir meine eigenen Eltern so fremd sind und ich bei Grace und Dex plötzlich wieder so etwas wie Familiengefühl verspüre…

Ich fahre zum Hafen und beobachte eine Weile die hohen Wellen die sich tosend an der Kaimauer brechen.

Meine letzte Chance…

Ich sollte sie nicht vertun.

Ich bin es mir schuldig, etwas aus meinem Leben zu machen und ich schulde es John.

Wenn meine Mum auch nicht oft Recht hat, sie hat Recht, wenn sie sagt, dass John das nicht für mich gewollt hätte…

Mein neues Leben beginnt, ohne Vorwarnung, ohne Warmlaufphase und mit rasender Geschwindigkeit…

Dex nimmt seine Nachhilfe sehr Ernst und in den nächsten 8 Wochen lerne ich jeden Abend ohne Ausnahme. Er hilft mir meine Abschlussarbeiten fertig zu stellen, liest sie Korrektur und hilft mir hier und da ein wenig. Außer natürlich die Arbeiten für Bilanz- und Wirtschaftsrecht, die muss ich wie alle anderen alleine schreiben, aber ich darf mich seiner Bibliothek bedienen und spare mir so die Abende in der Uni Bibliothek.

Bilanzrecht und Wirtschaftrecht werden mit zu meinen Lieblingsfächern neben europäischem Recht, denn da sehe ich Nate und ich freue mich ihn zu sehen.

Er entspricht so gar nicht dem Bild, mit welchem sich meine bisherigen längerfristigen und auch kurzfristigen Beziehungen messen mussten, aber ein lächeln von ihm reicht und ich fühle mich besser.

Mein Herz schlägt schneller und ich merke, wie meine Wangen zu glühen anfangen.

So schön dieses Gefühl auch ist, ich beschränke mich darauf ihn heimlich anzusehen, denn einen Schritt auf ihn zu kann ich nicht machen.

Er ist mein Lehrer und das bedeutet Probleme.

Und aus Problemen muss ich mich heraus halten.

Ab und zu unterhalten wir uns kurz und anschließend weiß ich, dass der Tag nur gut werden kann.

Nate baut mich auf, lobt mich und versichert mir, dass ich alles schaffen kann.

Ich bin sonst niemand, der jeden x-beliebigen Glauben schenkt, aber ihm glaube ich es und es tut gut, mal nicht immer als das schwarze Schaf betrachtet zu werden.

Er wagt sogar mal einen kleinen Vorstoß als er mich fragt, ob wir zusammen Abendessen wollen, aber ich lehne dankbar ab. So schwer es mir auch fällt, aber ich kann einfach nicht.

Meine Mum traut mir immer noch nicht über den Weg, egal wie oft ihr Grace versichert, das ich meine Chance ernst nehme, sie kann es ihr nicht glauben…

Sie vertraut mir nicht, aber ist das wirklich verwunderlich?

Ich denke eher nicht, jede “normale“ Mum würde ihrem Kind, was die letzten Jahre das abgezogen hat, was ich nun einmal ohne Frage abgezogen habe, auch nicht vertrauen.

Ehe ich mich versehe steht Weihnachten vor der Tür und das Semester geht mit den Prüfungen zu Ende.

Wo sind die letzten fast 3 Monate hin?

Bin ich nicht erst gestern hier angekommen?

Ich ringe mit mir, ob ich die Feiertage nach L.A. fliegen soll.

Was erwartet mich da?

Mit Sicherheit kein Schnee, denn den haben wir hier zu aller Überraschung schon seit 2 Wochen.

Gott, es ist kalt… wirklich kalt.

„Hast du deine Ergebnisse bekommen?“ empfängt mich Grace, als ich mit einer Schneeböe von ihr ins Haus gelassen werde.

„Ja.“ Ich halte zähneklappernd den Umschlag hoch.

„Und?“ Dex kommt hinter ihr aus der Küche und sieht mich fragend an.

„Ich habe noch nicht nach geschaut.“ Gebe ich zu und hänge meinen Mantel an die Garderobe.

„Komm erst mal rein, es ist ja bitterkalt draußen.“ Grace reibt meine Oberarme und führt mich ins Wohnzimmer.

Obwohl ich die letzte Woche keine Nachhilfe mehr hatte fahre ich trotzdem beinahe jeden zweiten Abend zu Grace und Dex. Zum einen ist Grace eine hervorragende Köchin, zum anderen habe ich sonst niemanden, wo ich mal hin kann und im Wohnheim fällt mir manchmal echt die Decke auf den Kopf.

Grace ist in den letzten Monaten immer mehr zu einer Freundin und einer Vertrauten geworden, ich fühle mich bei ihr und Dex sicher, weit weg von dem was sich Zuhause nennt, habe ich endlich ein wirkliches Zuhause gefunden.

„Ich hole uns mal einen Tee und dann schauen wir, ob sich unsere Anstrengungen gelohnt haben.“ Dex zwinkert mir zu und Grace setzt sich zu mir auf die Couch.

„Und sonst Kleines. Wie geht es dir?“ sie legt ihren Kopf schief.

„Ganz gut, ich weiß immer noch nicht, ob ich über die Feiertage nach L.A. fliegen soll.“ Gestehe ich ihr.

„Heather und William würden sich sehr freuen.“ Sie nickt mir aufmunternd zu.

„Mum hat nicht ein einziges Mal mit mir geredet seitdem ich hier bin, von Dad ganz zu schweigen.“ Ich zucke mit den Schultern.

„Sie trauen der ganzen Sache noch nicht.“ Grace nimmt meine Hand.

„Ich weiß…“ gebe ich zu und Dex kommt mit dem Tee zurück und reicht mir eine Tasse.

„Ich sollte allein schon wegen dem Wetter fliegen.“ Ich sehe nach draußen und Grace lacht leise.

„Hat Heather dir nicht schon ein Ticket geschickt?“ sie legt den Kopf schief.

„Ja, der Flug geht morgen Abend.“ Ich nehme einen Schluck von meinem Tee.

„Wisst ihr was, ich fliege…“ entscheide ich spontan „Ich brauche mal wieder etwas Sonne.“

„Braves Mädchen.“ Lobt mich Dex „Und jetzt gib den gottverdammten Umschlag her.“ Fügt er ungeduldig hinzu und ich reiche ihm eben jenen wichtigen Umschlag.

Bitte lass es mich geschafft haben… bete ich still vor mich hin.

„Also gut…“ er öffnet ihn und sieht zu mir, dann beginnt er vorzulesen „Rechtsgeschichte B-, Rechtsphilosophie C, Rechtssoziologie C+, Grundrecht B, Sozialrecht B+, Bilanzrecht B, Wirtschaftsrecht B-, Europäisches Recht C-, Familienrecht B+, Erbrecht C, Strafrecht B und Prozessrecht B+…“ er sieht weiter unten auf die Seite „Sehr geehrte Miss Coleman, ihr Semester gilt als bestanden.“

„Herzlichen Glückwunsch!“ Grace zieht mich mit Tränen in den Augen fest in ihre Arme und ich erwidere ihre Umarmung.

„Danke Dex.“ Ich drehe mich zu ihm um und er strahlt mich an.
„Das hast du alleine hinbekommen.“ Er nimmt mich ebenfalls in den Arm.

„Nein, ohne Dich hätte ich das niemals hin bekommen.“ Versichere ich ihm.

„Ich bin unheimlich stolz auf dich.“ Grace streicht mir eine Strähne aus dem Gesicht.

„Oh Grace.“ Ich sehe verlegen auf meine Hände.

„Um das entsprechend zu feiern gehen wir heute Essen.“ Beschließt Dex, ich sehe an mir runter und ziehe eine Augenbraue hoch.

Von dem California Girl ist rein kleidertechnisch nicht mehr viel übrig. Vielmehr habe ich den letzten Monaten nur Jeans, Pullover oder Shirts getragen. Meine Sachen aus L.A. habe ich noch nicht einmal zu Ende ausgepackt.

Aber für was brauche ich die auch?

Damit ich beim lernen hübsch aussehe?

Bestimmt nicht…

„Keine Angst Ana, wir gehen zu unserem Italiener, da ist keine Kleiderordnung.“ Er zwinkert mir zu und wir brechen auf.

Mit einem guten Rotwein stoßen wir eine Stunde später an und ich bin so froh, dass ich das Semester nicht wiederholen muss und endlich voran komme…

„Auf Ana!“ Grace lächelt mich an und unsere Gläser stoßen leise klirrend zusammen.

„Auf Ana.“ Sagt auch Dex und zwinkert mir zu „Eine wirklich begabte Studentin, die es noch weit bringen wird.“ Prophezeit er mir.

„Ich kann euch gar nicht genug danken.“ Ich nehme einen Schluck des Weines und Grace nimmt meine Hand, um sie kurz zu drücken.

Der Abend ist richtig schön und ich habe das Gefühl, das ich es immerhin schon geschafft habe, mich vom schwarzen Schaft zu einem dunkelgrauen zu arbeiten.

Mal schauen, ob Mum und Dad das auch so sehen.

Ziemlich müde sitze ich am nächsten Tag im Flugzeug Richtung USA und als ich knapp 14 Stunden später in L.A. den Flieger verlasse, da atme ich tief durch.

Endlich wieder mal Sonne…

Ich vermisse die Sonne, an alles andere könnte ich mich gewöhnen, aber nicht an diesen ständigen Regen, na ja, im Moment ja eher Schnee…

Meine Mum wartet im Ankunftsbereich auf mich. Mal wieder in einem ihrer teuren Kostüme und ich bemerke den argwöhnischen Blick, als ich in Jeans und Top zu ihr gehe.

Sie lächelt, aber das lächeln erreicht ihre Augen nicht, dann nimmt sie mich in ihre Arme.

„Es ist schön dich zu sehen.“ Sie sieht mich an und ich versuche ebenfalls zu lächeln.

Kaum das ich hier bin und sie vor mir steht, da merke ich, das ich meine Selbstschutzmauer wieder um mich herum aufbaue.

Bei Grace und Dex fällt es mir so leicht wie die Ana zu sein, die ich mal war, aber ein Blick in die Augen meiner Mum reicht und ich mache wieder dicht…

„Dein Dad freut sich sehr, das du dich entschieden hast zu kommen.“ Sie geht neben mir her, als wir zum Auto gehen.

„Hmm.“ Ich nicke fahrig.

„Wir haben alle deine Sachen aus dem Appartement ins Gästezimmer bringen lassen.“ Sie konzentriert sich auf den Verkehr und ich sehe sie von der Seite an.

Ich hätte in Dublin bleiben sollen…

Dieses Weihnachten wird eine Katastrophe, da spüre ich schon jetzt.

Es ist früher Abend als wir die Einfahrt zum Haus meiner Eltern hoch fahren. Ich war schon lange nicht mehr hier und ich gestehe, ich habe Angst, was mich erwartet.

Mein Dad liest seine Zeitung als wir das Wohnzimmer betreten und steht nicht einmal auf um mich zu begrüßen. Wir haben uns fast 3 Monate nicht gesehen.

„Hallo Dad.“ Sage ich leise.

„Hallo Anastasia.“ Erwidert er und sieht mich wenigstens an. „Findest du deinen Aufzug nicht etwas unangemessen? Wir erwarten Gäste zum Dinner.“ Sein Blick streift über meinen Aufzug.

Mal ehrlich, ich trage eine ganz normale helle Jeans, ein aprikotfarbendes Top und ich habe sogar mal wieder Highheels an, aber das ist augenscheinlich nicht gut genug um den Bild der Anwälte Coleman zu entsprechen…

„Ich komme gerade aus Dublin und dort ist es nun einmal etwas kälter.“ Ich nehme meine Tasche und stapfe die Treppe hoch in mein Zimmer.

Ich hätte wirklich in Irland bleiben sollen.

Wem mache ich hier etwas vor?

Meine Eltern werden mir die letzten Jahre niemals verzeihen können. Egal ob ich mich anstrenge oder nicht, für sie werde ich die Tochter bleiben, die nach dem Tod ihres einzigen Sohnes nichts mehr auf die Reihe bekommen hat.

Wütend werfe ich meine Tasche auf das Bett im Gästezimmer und ziehe mich um. Ich schlüpfe in ein pastellgrünes kurzes Sommerkleid, öffne meinen Zopf und trete auf den Balkon. Ich genieße einen Augenblick den Blick über den Atlantik und schließe meine Augen.

„Anastasia? Kommst du zum Dinner? Die Bradfords sind eben eingetroffen.“ meine Mum steht plötzlich im Zimmer und ich drehe mich erschrocken um.

„Ja.“ Erwidere ich schließlich und sie geht gleich wieder.

Ich habe nicht viel erwartet, aber den ersten Abend seit drei Monaten, den ich mit ihnen verbringe, den hätten meine Eltern sich doch wohl frei halten können, oder?

Ich kämme meine Haare durch und gehe die Treppe runter in den Speisesaal.

„Anastasia, es ist schön dich zu sehen.“ Mr. Bradford, ein langjähriger Mandant der Kanzlei steht auf, als ich herein komme.

„Es freut mich auch sie zu sehen Mr. Bradford.“ Erwidere ich höflich und setze mich.

Dann trägt Izobell, die Haushälterin meiner Eltern, die Vorspeise auf und ich sehe mich um.

Wie wenig habe ich das hier vermisst…

„Wie lange musst du eigentlich noch in der Klinik bleiben?“ Mrs. Bradford sieht zu mir und ich sehe überrascht auf.

„Klinik?“ frage ich und sehe zu meiner Mum, die auf ihren Teller starrt.

„Ja, du bist doch in einer Klinik, die dir deinen Entzug so leicht wie möglich machen soll, oder?“ Mrs. Bradford klimpert mich mit ihren falschen Wimpern an und ich schüttele seufzend meinen Kopf.

„Nein Mrs. Bradford, ich bin in keiner Klinik. Ich studiere seit Oktober an der Trinity in Dublin.“ Erkläre ich ihr falsch lächelnd und sie sieht erstaunt zu meinem Dad.

„Kommst du denn auch wenigstens endlich mal mit deinem Studium voran?“ fragt mein Dad in einem kalten Tonfall.

„Ja.“ Gebe ich zurück und konzentriere mich wieder auf meinen Salat.

„Wenigstens was…“ er schnaubt leise „Weißt du Victor, unser Jonathan war in dem Alter schon fertig.“ Er sieht zu Mr. Bradford und ich balle meine freie Hand zur Faust.

„Er musste auch nicht den Tod der einzigen Person verarbeiten der er etwas bedeutet hat.“ Ich presse meine Lippen aufeinander.

„Aber Anastasia, Spatz, wir lieben dich.“ Meine Mum sieht mich mit großen Augen an.

„Ja Mum, tut ihr das?“ ich lege meine Gabel hin „Deswegen erzählt ihr allen ich bin in einer Entzugsklinik? Mir kommt es langsam so vor, als ob ihr nur euer Problem aus dem Land schaffen wolltet.“

„Nein Anastasia…“ sie schüttelt ihren Kopf und mein Dad sieht mich prüfend an.

„Überlege dir deine Wortwahl ganz genau.“ Seine Stimme ist gefährlich leise.

„Was Dad? Ihr habt mich ja nicht einmal gefragt, wie es mir geht… Macht man so etwas nicht? Wenigstens aus Höflichkeit?“ ich sehe zu meinem Dad.

„Ich habe dich gefragt.“ Er legt seine Stirn in Falten.

„Nein Dad, hast du nicht. Du hast als erstes an meinem Aufzug herum gemäkelt. Ich frage mich wirklich, warum es euch wichtig war, das ich über die Feiertage komme. Macht es für euch überhaupt einen Unterschied?“ ich sehe ihn an und erkenne den verletzen Stolz in seinen Augen.

„Natürlich, wir lieben dich, du bist unsere Tochter. Du bist alles was wir noch haben.“ Mein Dad seine Stimme klingt monoton und ich weiß, er sagt das nur, um vor seinem Kollegen und dessen Frau gut da zu stehen.

„Ja, was ihr noch habt, aber ihr würdet es tausend Mal lieber haben, wenn John jetzt hier sitzen würde und nicht ich.“ Ich stehe auf.

„Wo willst du denn jetzt hin?“ meine Mum sieht mich erstaunt an.

„Ins Gästezimmer, ich habe keinen Hunger und außerdem bin ich müde.“ Damit verlasse ich das Esszimmer schnellen Schrittes.

„… Das ist bestimmt der Jetlag.“ Höre ich meinen Dad, wie er versucht mein Verhalten mal wieder zu entschuldigen.

Ich verdrehe frustriert die Augen und steige die Treppe in den ersten Stock hinauf.

An den Wänden hängen unzählige Fotos… John lächelt mich von so vielen an. In diesem Haus ist er so präsent, als würde er gleich zur Tür herein kommen.

John war der Vorzeigesohn schlechthin, alles was er anpackte, gelang ihm auch.

Aber im Gegensatz zu unseren Eltern hat er mir immer eingebläut, dass Anwalt zu sein nicht alles ist. Viel mehr geht es im Leben darum, ein ausgewogenes Gleichgewicht aus seiner Arbeit, seiner Familie und den Dingen die einem Spaß machen zu finden.

Etwas, was meinen Eltern Augenscheinlich nicht gelungen ist…

„Ich vermisse dich John, ich vermisse dich so sehr.“ Flüstere ich traurig und gehe ins Gästezimmer.

Ich lege mich aufs Bett und starre an die Decke.

Normale Eltern würden sich nach so einem Gespräch vielleicht Sorgen machen, aber meine Eltern fragen nicht einmal nach, als die Gäste gegangen sind.

Ich bin ihnen egal, so zu mindestens fühlt es sich an.

Tatsächlich schlafe ich vor Erschöpfung wenig später ein.

Am nächsten Morgen, als ich, nachdem ich mich geduscht und angezogen habe, die Treppe runter komme, kommt Izobell auf mich zu und sieht mich prüfend an.

„Wie hast du geschlafen Ana?“ fragt sie leise.

„Geht so.“ erwidere ich.

„Es ist schön, dich zu sehen.“ Sie lächelt und ich nehme sie zu ihrer Überraschung in den Arm.

„Danke Belle, es bedeutet mir viel, dass du dich freust.“ Ich schenke ihr ein lächeln und gehe ins Wohnzimmer.

Der perfekt geschmückte Weihnachtsbaum steht in der Ecke und unzählige Geschenke darunter. Ich seufze gequält, von diesen Geschenken sind, wenn es hoch kommt 4 dazu gedacht, sie auszupacken, der Rest ist Deko…

„Fröhliche Weihnachten!“ meine Mum kommt aus der Küche, nimmt mich in den Arm und drückt mir einen Kuss auf die Wange.

„Danke Mum.“ Erwidere ich und schüttele leicht mit dem Kopf.

Sie tut gerade so, als hätte das Gespräch gestern gar nicht statt gefunden, sie ignoriert es.

„Hier ein Geschenk von mir und deinem Dad.“ Sie hält mir ein kleines Geschenk hin und ich sehe sie überrascht an.

Vorsichtig wickele ich es aus und halte einen Autoschlüssel in der Hand.

„Ernsthaft Mum? Ich wohne nicht mehr in L.A., nur falls du das vergessen haben solltest.“ Ich lege den Schlüssel auf den Tisch.

„Aber du kommst ja wieder, bis dahin steht er sicher bei uns in der Garage.“ Flötet sie und ich gehe in die Küche.

Ich brauche einen Kaffee, sonst überstehe ich das hier nicht…

Mein Dad ist Büro und es wundert mich nicht einmal, ich verbringe meine Tage in L.A. damit mich drauf zu freuen am 2. Januar zurück nach Dublin zu fliegen.

Die Festessen werden zur einem Schauspiel, was seinesgleichen sucht. Jeden Tag neue Gäste und immer freundlich lächeln und Auskunft darüber geben, ob ich es denn geschafft habe in den letzten drei Monaten clean zu werden. Ich wusste ja gar nicht, dass ich ein Problem mit Alkohol oder Drogen gehabt hätte…

Gut, ich habe gerne mal einen getrunken, aber als Problem würde ich es nicht bezeichnen.

Obwohl es Dublin ist, wo der Schnee liegt, so friere ich hier…

Die Gefühlkälte meiner Eltern setzt mir zu.

Waren sie schon immer so und ich war nur zu abgestumpft um es zu bemerken?

Silvester steht die alljährliche große Silvesterparty an, im Haus wuseln ein Dutzend Menschen umher, als ich zum Frühstück herunter komme.

Noch bevor es Mittag ist, habe ich schon zwei Gläser Champagner getrunken um das alles zu überstehen.

Am frühen Abend merke ich, dass ich die letzten Monate keinen Tropfen Alkohol angerührt habe und meine Wahrnehmung beginnt langsam aber stetig, mit jedem weiteren Glas, zu verschwimmen.

Irgendwann sitze ich auf der Terrasse und verfolge das ganze Theater mit eher wenig Interesse.

Ich stecke in einem dunkelblauen mit Pailletten bestickten, langen Abendkleid, meine Haare sind kunstvoll hoch gesteckt und meine Fingernägel glänzen nach einer Maniküre.

Wie gerne würde ich jetzt in Dublin sein… bei Dex und Grace auf der Couch.

Sicher und geborgen…

„Anastasia?“ eine quietschige Stimme dringt zu mir durch und ich sehe verwundert auf.

Carmen, eine meiner früheren “Freundinnen“ kommt zu mir und zieht mich von meinem Stuhl hoch „Gott Schätzchen, ich habe dich ja ewig nicht gesehen.“ Sie gibt mir links und rechts einen Luftkuss auf die Wange.

„Carmen.“ Erwidere ich ohne Freude in der Stimme.

„Komm schon Anastasia…“ sie schlägt gespielt nach mir „Lass uns verschwinden, ich weiß, wo heute noch richtig die Party abgeht.“ Sie zieht mich hinter sich hinterher und ich ahne, dass das nicht gut enden kann.

Dennoch will ich keine Sekunde länger in diesem Haus bleiben und nehme mir den Schlüssel meines Weihnachtsgeschenkes von der Kommode.

Zwei Stunden später finde ich mich mit einem Glas Champagner in der Hand, tanzend auf dem Tresen irgendeines Clubs wieder.

Ich habe eindeutig heute ein oder zwei Gläser zu viel getrunken, aber das ist mir gerade egal…

Es ist schon später Nachmittag des nächsten Tages, als ich mit Carmen aus dem Club torkele, meinen Wagen aufschließe und mich hinters Steuer setze.

Wir kommen nicht weit, genauer gesagt bis zur nächsten Kreuzung an der ich meinem Vordermann ungebremst von hinten auffahre.

Dieser ruft sofort die Polizei und ich muss mich einem Alkoholschnelltest unterziehen.

1,4 Promille lautet das vernichtende Urteil und ich werde aufs Revier gebracht, während man Carmen in ein Krankenhaus bringt, da sich ihr Alkoholspiegel jenseits von gut und böse befindet.

Ein Arzt nimmt mir Blut ab, um den genauer Wert zu bestimmen und ich werde in eine Zelle gebracht.

„Möchten sie jemanden anrufen?“ fragt mich ein junger Officer und ich schüttele mit dem Kopf.

„Ich nehme an, meine Eltern wurden informiert.“ Ich sehe ihn an und er nickt.

Es dauert knapp zwei Stunden ehe meine Eltern auftauchen und mich aus der Haft frei kaufen.

„Miss Coleman wird mit einer Anklagen wegen Trunkenheit am Steuer, Gefährdung des Straßenverkehrs und Körperverletzung rechnen müssen. Sie sollte das Land in der nächsten Zeit nicht verlassen.“ Teilt uns der Officer mit, nachdem meine Eltern über den Unfallhergang aufgeklärt wurden.

„Meine Tochter wird morgen nach Europa fliegen, um ihr Studium fort zu setzen, da sie einen eingetragenen Platz an einer renommierten Universität hat, wird es nicht nötig sein, sie an die Staaten zu binden. Für eine Verhandlung, sollte es zu einer kommen, wird sie selbstverständlich anwesend sein.“ Mein Dad packt mich am Arm und zieht mich raus zu seinem Auto.

Ich steige hinten ein, während meine Mum und mein Dad sich nach vorne setzen.

Wir schweigen die ganze Autofahrt und ich starre aus dem Fenster. In den letzten Monaten habe ich so sehr gehofft, den Teil meines Lebens endlich hinter mir gelassen zu haben, aber ich habe mich kein Stück gebessert…

Nicht, wenn ich hier bin.

Im Haus angekommen gehe ich hoch, dusche und lege mich ins Bett.

Ich habe mal wieder richtigen Mist verzapft, diese Anklage könnte der Tropfen sein, der das Fass zum überlaufen bringt.

Ich habe einfach schon zu viele Sachen in meiner Akte, dieses Mal wird der Richter mich bestimmt nicht so davon kommen lassen…

Erst am nächsten Morgen wage ich mich wieder nach unten und zu meinem Erstaunen sitzt sowohl meine Mum als auch mein Dad am Frühstückstisch als ich herein komme und Izobell mir einen Kaffee einschenkt.

„Wenn du vorhast dich jedes Mal so zu benehmen, wenn du zu Besuch kommst, dann kann ich darauf verzichten.“ Mein Dad funkelt mich an „Du hast es mal wieder geschafft, das wir dich aus der Ausnüchterungszelle abholen mussten, du hast einen 50.000 Dollar Wagen, der gerade Mal zwei Wochen alt war, zerstört und nicht zu vergessen hast du es jetzt geschafft, deine berufliche Zukunft endgültig an die Wand gefahren.“ Er schüttelt mit dem Kopf „Herzlichen Glückwunsch Anastasia Colemann, du hast es mal wieder geschafft.“ Er klatscht in die Hände und ich merke, wie Tränen in mir aufsteigen.

Aber nicht, weil mich das, was er sagt so trifft, sondern weil er mich wütend macht…

„Ich dulde so etwas nicht. Ich will nicht, dass du uns noch einmal besuchst. Du kannst gerne wieder kommen, wenn du dir der Verantwortung des Namens Colemana bewusst bist und ein angemesseneres Verhalten an den Tag legst. “ Er schlägt plötzlich mit der flachen Hand auf den Tisch. „Hast du eigentlich auch nur eine Sekunde darüber nachgedacht?“

„Nein Dad.“ Antworte ich wahrheitsgemäß „Und soll ich dir sagen warum?“ jetzt sehe ich ihn wütend an „Ich habe viel erwartet, als ich mich entschloss nach Hause zu kommen, aber nichts… rein gar nichts, trat ein. Ihr habt euch weder gefreut mich zu sehen, noch habt ihr nach meinen Noten gefragt. Ich habe die letzten drei Monate nur gelernt um das Semester zu bestehen und von euch kann nichts, gar nichts. Du willst mich hier nicht mehr haben.“ Ich stehe auf „Gut, denn ich will hier auch nicht mehr sein.“

„Anastasia warte!“ meine Mum kommt mir hinterher.

„Nein Mum, nichts Anastasia…“ ich drehe mich mit Tränen in den Augen zu ihr um „Ich weiß, ich muss immer Rücksicht auf euch nehmen, denn ihr habt ja einen Sohn verloren. Aber Mum, ICH habe mit John den Menschen verloren, der alles hier für mich lebenswert gemacht hat. Wenn ich hier bleibe, dann gehe ich unter, das hat der gestrige Abend ja wohl mehr als deutlich gezeigt.“ Ich schüttele meinen Kopf und stopfe, im Gästezimmer angekommen, meine restlichen Sachen in meine Tasche.

„Anastasia, du bist mein Leben.“ Meine Mum nimmt meine Hand und ich sehe sie erschöpft an.

„Nein Mum, dein Leben ist die Kanzlei die du dir mit Dad aufgebaut hast und die John übernehmen sollte.“

„Nein Anastasia, bitte, ich kann es nicht ertragen, dich auch noch zu verlieren.“ Sie sieht mich bittend an.

„Du hast mich schon verloren Mum, schon vor langer Zeit, du wolltest es dir nur nicht eingestehen, denn ein Coleman verliert nicht…“ ich schüttele leicht mit dem Kopf „Aber eins muss ich dir lassen, Irland war die beste Entscheidung, die du jemals für mich getroffen hast. Du hast Recht, es ist eine Chance und ich nutze sie. Ich werde immer deine Tochter sein, aber ich kann Dads und deine Blicke nicht ertragen. Ihr verleugnet mich und mir ist eines in der letzten Woche klar geworden, ich muss schnell wieder zurück, denn in Dublin bin ich kein Totalausfall. Mir tut es leid, was gestern passiert ist und ich will das für mich nicht mehr.“ Ich sehe sie entschuldigend an und dränge mich an ihr vorbei nach draußen.

„Bye Belle.“ ich winke ihr kurz zu, als ich die Eingangshalle schnellen Schrittes durchquere „Es tut mir leid.“

„Bye Ana!“ ruft sie mir traurig hinterher, ich laufe bis zum Tor und winke mir ein Taxi herbei, welches mich zum Flughafen bringt.

Ich habe Kopfschmerzen, als ich endlich im Flugzeug sitze und ich verschlafe fast den gesamten Flug.

Es graut mir davor Grace gegenüber zu treten, ich weiß, ich habe sie enttäuscht und das schmerzt beinahe mehr, wie das eigentliche Geschehen.

Tatsächlich sieht sie mich traurig an, als ich in die Ankunftshalle komme und ich falle ihr weinend um den Hals.

„Es tut mir so leid.“ Schluchze ich.

„Oh Ana.“ Sie streicht mir über die Haare und hält mich einfach nur fest.

„Komm, wir fahren erst einmal zu uns.“ Sie wischt mir die letzten Tränen weg und bugsiert mich zum Auto.

Auf der Fahrt zu ihr und Dex kann ich mich kaum beruhigen und schluchze haltlos.

„Hey Kleines.“ Dex hilft mir beim aussteigen und ich sehe ihn unter Tränen an.

„Ich hab’ echt Mist gebaut.“ Weine ich.

„Hey, nichts ist so schlimm, das wir es nicht wieder hin bekommen.“ Er küsst mich auf die Stirn und wir gehen ins Haus. Nachdem Grace mich mit einer Tasse heißen Tee versorgt hat, setzt sie sich zu mir.

„Willst du darüber reden?“ fragt sie schließlich.

„Ich denke Mum wird dir alles erzählt haben.“ Ich wage es nicht sie anzusehen.

„Ja, aber das ist nur eine Seite der Geschichte und ich würde gerne deine Seite hören.“ Sie legt ihre Hand unter mein Kinn und ich muss aufsehen.

„Ich weiß nicht, was mit mir los war…“ gestehe ich.

„Ich kann es mir auch nicht erklären.“ Gibt sie zu und wischt mir eine Träne weg „Das ist nicht die Ana, die ich kenne.“

„Ich weiß nicht, wer ich bin.“ Ich sehe sie an und sie streicht mir eine Strähne aus dem Gesicht.

„Du findest dich Ana, vertrau dir.“ Sie gibt mir einen Kuss auf die Wange.

„Da war nichts, kein Gefühl der Liebe oder der Freude…“ ich sehe sie an und sie legt ihren Kopf schief.

„Was meinst du?“ fragt sie verwundert.

„Mum und Dad, sie sagen, das sie mich lieben, aber sie erzählen ihren Freunden, das ich in einer Entzugsklinik bin und nehmen mich nicht einmal zur Kenntnis, wenn ich da bin. Mir ist eins klar geworden…“ ich sehe sie an „Mein Zuhause ist hier, du und Dex… ihr seid mein Zuhause. Hier fühle ich mich sicher und geliebt.“ Gestehe ich ihr.

„Oh Kleines.“ Sie nimmt mein Gesicht in ihre Hände.

„Du kannst dir nicht vorstellen, was es mir bedeutet so etwas von dir zu hören, aber gib deine Eltern nicht auf. Sie haben schon John verloren.“ Sie küsst mich auf die Wange.

„Ja, sie haben John verloren, aber ich auch…“ wieder beginnen die Tränen zu laufen „Er war nicht nur mein großer Bruder, er war es, der mein Leben lebenswert gemacht hat. Er hat mich gelobt, wenn ich gute Noten hatten, er hat mir das surfen bei gebracht und er hat mich geliebt… bedingungslos.“ Schluchze ich.

„Ich liebe Dich auch Ana.“ Versichert sie mir und Dex legt seinen Arm um uns Beide.

„Wir lieben Dich Ana.“ Er küsst meine Haare.

„Ich werde richtig Ärger bekommen.“ Ich schnäuze mich und sehe zu Dex „1,4 Promille, zwei Autos mit Totalschaden und ein Aufenthalt in der Ausnüchterungszelle.“

„Oh Kleines.“ Er seufzt leise.

„Ich darf mir nichts erlauben, sonst muss ich zurück in die Staaten, oder?“ ich sehe ihn verzweifelt an.

„Ich denke darauf wird es hinaus laufen…“ bestätigt er mir „Konzentriere dich auf dein Studium, mach keine Dummheiten und alles andere können wir nur auf uns zukommen lassen.“ Er nimmt meine Hand und drückt sie kurz „Du bist nicht allein.“

„Danke, ich weiß es zu schätzen…“ ich sehe auf die Uhr „Ich muss nach Hause, morgen beginnt das neue Semester.“ Ich stehe auf und Grace drückt mich erneut an sich.

„Alles wird gut.“ verspricht sie mir und ich würde ihr so gerne glauben.

„Ich fahre dich schnell rum.“ Dex nimmt sich seine Jacke und reicht mir meine.

Ich nicke Grace kurz zu und steige schnell ins Auto, da es mal wieder schneit und ich wirklich friere.

Als wir fast bei mir sind bricht Dex das Schweigen „Wir müssen schauen, das es nicht zu einer Verhandlung kommt, sollte das geschehen, wird es schwer sein, einen Referendariatsplatz zu bekommen und fast unmöglich dich hier in Dublin zu halten.“ Er seufzt leise.

„Ich weiß Dex.“ Ich sehe wieder raus.

„Konzentriere dich auf das hier und jetzt.“ Er drückt mir einen Kuss auf die Wange, als wir vor dem Wohnheim halten.

„Ich versuche mein Bestes.“ Verspreche ich ihm und winke ihm zu bis er hinter der nächsten Ecke verschwunden ist.

Als ich oben ankomme herrscht ein reger Betrieb und völliges Durcheinander.

Ach ja, Shannon, Olivia, Amber und noch zwei andere von meiner Etage sind fertig und die Zimmer bekomme neue Bewohner.

So lange sie mich in Ruhe lassen, soll es mir egal sein.

„Wenn das nicht Ana ist.“ Ertönt eine Stimme neben mir, als ich gerade meine Tür aufschließe und sofort schlägt mein Herz schneller.

„Hallo Nate.“ Ich drehe meinen Schlüssel im Schloss.

„Du klingst bedrückt.“ Er legt seinen Kopf abwartend seinen Kopf leicht schräg.

„Sorry Nate, aber mir ist gerade überhaupt nicht nach reden.“ Entschuldige ich mich und schließe die Tür vor seiner Nase wieder.

Verdammt…

Halte dich aus Ärger raus Ana Coleman!

Im Flur ist es so laut, das ich irgendwann mit meinem Handy Musik höre und über meinen Büchern einschlafe.

Mein Handy klingelt schrill und ich komme verschreckt hoch, mein Buch landet mit einem lauten Knall auf dem Boden und ich vergrabe mich unter meiner Bettdecke.

Es kann unmöglich schon der nächste Morgen sein…

Doch mein Handy klingelt unnachgiebig, also stehe ich auf und schlurfe zur Tür. Kaum das ich im Flur bin, werde von einer jungen Frau, die aus dem Zimmer neben meinem kommt, ziemlich unsanft zu Boden befördert.

„Es tut mir so leid.“ Sie reicht mir ihre Hand und ich lasse mir von ihr aufhelfen. „Du musst Zimmer 4 sein. Du bist gestern wieder gekommen, oder? Oh wie unhöflich…“ sie fasst sich an die Stirn „Hallo, ich bin Jennifer Amalia Collins, Jenna reicht aber.“ Plappert sie sogleich weiter, zwinkert mir zu und ich starre sie an.

Es ist 6:30 Uhr am Morgen und sie strotzt nur so vor Energie.

Wie ist so etwas denn bitte möglich?

Entweder sie gehört so, oder aber sie hat gewaltig einen an der Murmel…

„Ich bin Ana, Anastasia Coleman.“ Sage ich schließlich und gehe Richtung Bad. Ich hoffe sie übersieht, dass ich noch immer meine Sachen von gestern trage, denen das im Übrigen deutlich anzusehen ist, denn mein T-Shirt ist total zerknittert. Das macht ja nicht gerade den besten Eindruck…

Ich sehe auf den Plan und Jenna erscheint neben mir.

„Ich dachte wir könnten morgens gleich zusammen rein. Ist doch genug Platz oder?“ sie sieht mich strahlend an und ich nicke ziemlich überrumpelt.

Sie greift sich meine freie Hand und zieht mich hinter sich her.

Ich schlüpfe aus meinen Sachen und dusche erst einmal. Ich fühle mich wesentlich besser als ich im Bademantel neben Jenna vor dem Spiegel stehe.

„Du kommst nicht aus Irland oder?“ sie holt sich ihre Zahnbürste und ich schnappe mir meine ebenfalls.

„Nein.“ Erwidere ich knapp.

„Und woher kommst du?“ fragt sie weiter und lässt sich durch meine Einsilbigkeit nicht aus der Fassung bringen.

„L.A.“ antworte ich und sehe sie an.

Sie hat lange rotblonde Locken die ziemlich wild um ihren Kopf herum schwirren, ihre hellblauen Augen und die leichten Sommersprossen machen das Bild einer waschechten Irin perfekt.

„Wow, aus den Staaten.“ Sie sieht mich anerkennend an, bindet sich mit der Zahnbürste im Mund die Haare locker hoch und strahlt mich mit dem Mund voller Zahnpasta an.

„Ja.“ Ich beginne auch meine Zähne zu putzen.

„Du bist wirklich hübsch.“ Stellt sie fest, nachdem sie sich den Mund ausgespült hat.

„Danke.“ Ich lächle leicht verwirrt.

Sie hat eine Art an sich, die mich zu einem irritiert aber zum anderen wirklich charmant ist.

Ich stelle zu meinem Erstaunen fest, das ich sie mag und beschließe, dass es nicht schaden kann nach drei Monaten wenigstens ein paar Kontakte zu knüpfen…

Ich werde noch 2 Semester hier an der Uni sein, das heißt ein ganzes Jahr und ich möchte mich ab und zu einfach mal nett unterhalten.

Shannon und Co. waren nicht gerade das, was ich mir unter Freundinnen vorstelle, aber Jenna könnte dem Nahe kommen…

„Ich glaube wir werden gute Freunde Ana Coleman.“ Lacht sie nun und trägt sich etwas Lipgloss auf.

„Bist du immer so?“ lächle ich.

„Ja, aber warte bis ich meinen ersten Kaffee bekommen habe.“ Sie zwinkert mir zu.

„Das wird bestimmt spaßig.“ Gebe ich zurück und binde meine Haare locker im Nacken zusammen.

Meine Augen sind noch ziemlich gerötet von den letzten Tagen und Nächten und ich verzichte heute komplett darauf mich zu schminken.

Aussehen kann nicht alles sein…

„Gehen wir zusammen zur Uni?“ Jenna geht mir voraus und sogleich drängen sich zwei weitere Frauen in unserem Alter rein.

Man, die haben es ja eilig.

„Klar.“ Stottere ich und sie winkt mir zu während ich in mein Zimmer gehe.

Ich ziehe mir schnell eine neue Jeans, einen schwarzen dicken Pullover und meine Stiefel an, als es auch schon klopft. Ich nehme meinen Rucksack und meinen Mantel und gehe zur Tür.

„Na breit L.A.?“ Jenna grinst mich an.

„So bereit wie man eben sein kann.“ Gebe ich zurück.

„Die Ferien waren viel zu kurz.“ Stimmt sie mir zu.

„Na ja, in meinem Falle hätten sie auch kürzer ausfallen können.“ Wir steigen in den Fahrstuhl.

„Weißt du Ana, du hast etwas an dir…“ sie sieht mich von der Seite an.

„Was meinst du?“ erwidere ich irritiert.

„Ich glaube, du bist nicht das, was zu sein scheinst.“ Gibt sie zurück und legt ihren Kopf schief.

„Wie bitte?“ ich runzele meine Stirn.

„Na, ja dieses Einsiedlerkrebsgetue nehmen dir vielleicht viele ab…“ gibt sie zu „Ich meine, ich durfte mir von der Vorbesitzerin meines Zimmers einiges über dich anhören, aber ich denke, so bist du gar nicht.“ Wir erreichen das Erdgeschoss und finden uns in einem Wirrwarr aus verschiedenen Menschen wieder.

Ich sehe ihr verdutzt hinterher.

Einsiedlerkrebsgetue?

Ich wollte meine Ruhe…

Ich besinne mich und schließe schnell zu ihr auf.

„Ich habe mein Auto eine Straße weiter geparkt.“ Ich deute in die Richtung in der mein Auto steht.

„Quatsch Ana, die Sonne scheint…“ sie winkt mich zu sich „Frische Luft tut gut, weißt du.“

Sie hat tatsächlich Recht, die Sonne scheint von einem wolkenlosen Himmel.

Ich schüttele lächelnd meinen Kopf und knöpfe meinen Mantel schnell bis obenhin zu. Es mag ja sein, das die Sonne scheint, aber die Temperatur ist trotzdem arktisch.

„Hier.“ Jenna reicht mir ihren Schal „Wenn ich dich schon überrede zu laufen, dann sollst du ja nicht erfrieren.“ Lacht sie und ich binde ihn mir dankbar um.

Jenna reckt ihr Gesicht den Sonnenstrahlen entgegen und ich tue es ihr gleich, es ist ein schönes Gefühl auf der Haut und sie hakt mich unter, als wir unseren Weg fort setzen.

„Wie lange bist du schon in Dub?“ will sie nun von mir wissen und ich denke kurz nach.

„Seit 3 Monaten.“ Gebe ich zurück.

„Wie gefällt es dir bis jetzt?“ sie legt ihren Kopf schief und lächelt.

„Ganz gut, aber außer der Uni habe ich noch nicht viel gesehen und erlebt.“ Ich zucke mit den Schultern.

„Das muss ich ändern, aber jetzt hast du ja mich.“ Sie läuft rückwärts vor mir her.

Also Selbstbewusstsein hat die Frau eindeutig genug…

„Ja, welch ein Glück.“ Grinse ich.

„Was studierst du eigentlich?“ will sie ein paar Sekunden später wissen und steuert zielstrebig den Starbucks an.

Oh ja Kaffee!

Aber für Jenna?

Wohl eher einen Kamillentee, ansonsten hat sie mir bis zum Unigelände ein Loch in den Bauch gefragt…

Wir holen uns beide einen iced Chocolate Mocca und nachdem sich Jenna beruhigt hat, weil sie es fast gespenstisch findet, dass wir den gleichen Kaffee mögen setzen wir unseren Weg fort.

„Und Ana, was studierst du nun?“ sie schubst mich leicht, als wir in einem Park ankommen.

„Jura und du?“ ich sehe sie an und sie grinst breit.

„Medizin.“ Strahlt sie und ich lache leise.

„Echt?“ frage ich erstaunt „So wie du deine Mitmenschen verhörst, wäre Jura wohl die Bessere Wahl gewesen.“

„Ach was…“ sie winkt lachend ab „Jura ist mir zu trocken.“

„Aha.“ Ich ziehe eine Augenbraue hoch und grinse.

Auf dem Gelände der Uni angekommen verabreden Jenna und ich uns in der Mensa und unsere Wege trennen sich, ich mache mich auf zu Europäischem Recht und strahle. Ab diesem Semester ist ja Nate mein Lehrer in diesem Fach und ich muss mich noch für gestern Abend entschuldigen.

Das war unhöflich.

Gut gelaunt betrete ich den Hörsaal, entdecke ihn und steuere auf ihn zu.

„Na, wenn das nicht Ana ist.“ Nate grinst mich an. „Ich hoffe du bist heute besser gelaunt.“

„Es tut mir leid wegen gestern, ich hatte absolut beschissene Ferien. Ich wollte es nicht an dir auslassen.“ Antworte ich zerknirscht.

„Kein Thema, es ist schön mal wieder deine Stimme zu hören und übrigens…“ er beugt sich zu mir „Frohes neues Jahr.“ Er drückt mir einen Kuss auf die Wange.

„Wünsche ich dir auch.“ Ich lächle wohlweißlich, dass er es nicht sehen kann und mein Herz macht einen Salto rückwärts.

„Viel Glück für deinen ersten Tag.“ Ich nehme seine Hand und drücke sie leicht.

„Danke Ana.“ Freut er sich und ich finde meinen Platz.

Es fällt mir schwer, mich auf den Unterricht zu konzentrieren, da mein Blick immer an seinen vollen, schön geschwungenen Lippen hängen bleibt.

Dennoch ist die Vorlesung spannend und sehr lehrreich und als er sich verabschiedet applaudieren wir ihm alle zu. Ich packe meinen Laptop und mein Buch ein und stiege die Stufen vom obersten Rang hinunter.

„Anastasia? Kommst du noch mal bitte zu mir.“ Ruft mich Nate zu sich und wieder ist es mein Herz, das sofort auf seine weiche, warme Stimme reagiert.

„Was gibt es Mr. O’Brian?“ ich stelle mich vor seinen Lehrerpult.

„Wollen wir heute zusammen Mittag essen? Ich würde mit dir gerne noch ein paar Dinge besprechen, die mir Prof. Williams mit auf den Weg gegeben hat.“ Erklärt er mir und ich denke mein Herz springt gleich aus meiner Brust… Dann fällt mir Jenna ein.

„Eigentlich habe ich schon eine Verabredung.“ Gebe ich zu.

„Hast du tatsächlich mit deinen neuen Mitbewohnern Glück gehabt?“ lacht er.

„Ja, sie ist speziell, aber ich mag sie.“ Gebe ich zu. „Sie hat mehr Selbstbewusstsein als jeder andere Mensch dem ich bisher begegnet bin und wenn sie erzählt, dann wünscht man sich manchmal einen Stopp Knopf, ansonsten ist sie wirklich nett.“

„Jenna?“ er lacht erneut auf und ich lege meine Stirn in Falten.

„Woher weißt du denn das schon wieder?“ frage ich verwirrt.

„Jenna ist die Schwester meines besten Freundes Aiden und wir haben ihr zwischen den Feiertagen beim Umzug geholfen, deswegen war ich gestern da.“ Er zwinkert mir zu.

„Ich dachte schon du kannst hellsehen.“ Feixe ich.

„Nein, nein…“ er winkt ab.

„Wenn du magst, dann kannst du uns ja gerne Gesellschaft leisten.“ Biete ich ihm an.

„Warum eigentlich nicht, ich hatte meine Dosis Jenna heute noch nicht.“ Grinst er.

„Gut, ich hole dich nach Strafrecht hier ab.“ Fast will ich mich zu ihm beugen und ihm einen Kuss auf die Wange geben, aber ich besinne mich und stürme nach draußen.

Hast du noch alle Tassen im Schrank?

Er ist dein Lehrer!

Die nächste Vorlesung ist gut, aber ich muss mich an den neuen Professor mit dem furchtbaren schottischen Akzent erst noch gewöhnen.

Dann ist Mittag und ich gehe zurück zu Nate, er unterhält sich gerade mit einem Studenten und ich klopfe an den Türrahmen.

„Ich bin’s, ich warte hier draußen.“ Sage ich schnell und lehne mich mit dem Rücken an die Wand neben der Tür.

Kurze Zeit später kommt der Student raus und dann erscheint Nate im Türrahmen.

„Ana?“ fragt er und ich stoße mich von der Wand ab.

„Hier.“

„Gut, dann mal los…“ er deutet mir an neben ihn zu treten und greift nach meinem Arm, fast aus Reflex will ich ihn zurück ziehen, doch dann besinne ich mich.

„Ich umfasse deinen Unterarm, damit ich mit dir Schritt halten kann. Wenn du Treppen gehst oder die Richtung wechselst, dann kann ich das sofort spüren und du musst mir nicht alles ansagen.“ Erklärt er mir und ich nicke „Wahrscheinlich nickst du jetzt, aber das ist für mich, wie schon mal erwähnt, ziemlich schwer zu sehen.“ Lächelt er.

„Sorry.“ Gebe ich ertappt zurück.

„Auch das hatten wir schon mal Ana.“ Lacht er „Keine Entschuldigungen.“

„Okay.“ Sage ich etwas sicherer und wir gehen in durch den Park in die Mensa, ich staune, mit welcher schlafwandlerischer Sicherheit er sich auf dem Gelände zu Recht findet.

„Wenn du dir das nächste Mal vor meiner Vorlesung einen iced Chocolate Mocca von Starbucks holst, dann darfst du mir einen mitbringen.“ Er sieht zu mir und ich lege meinen Kopf schief.

„Wie machst du das nur?“ frage ich erstaunt.

„Wie mache ich was?“ erwidert er und ich runzele meine Stirn, dann grinst er schelmisch. „Ich bin blind, aber meine anderen Sinne sind umso besser ausgeprägt.“

„Du kannst ganz schön unheimlich sein.“ Ich schüttele mich gespielt und sehe ihn an, dabei bemerke ich nicht, dass wir stehen bleiben und sein grinsen wird noch breiter.

„Mustern sie mich Miss Coleman?“ ertappt er mich und ich sehe schnell weg.

„Nein.“ Gebe ich lang gezogen zurück und er lacht dunkel auf.

„Wir sind da.“ Er deutet vor sich und tatsächlich stehen wir am Eingang zur Mensa.

Wir reihen uns in die Schlange ein und ich kann nicht verhindern, dass ich ihn weiterhin von der Seite ansehe.

„Wie sind deine Semesterprüfungen gelaufen?“ fragt er mich und lehnt sich gegen das Geländer, welches die Kassenschlange von der Anstehschlange trennt.

„Gut, ich muss das Semester nicht wiederholen, wie du feststellen kannst.“ Erkläre ich ihm mit Stolz in der Stimme.

„Das ist ja wunderbar. Wer hat dir eigentlich Nachhilfe gegeben? Ich meine, du bist zwar sehr schlau, aber ganz ohne Hilfe hast du das nicht hin bekommen, oder?“ er zieht eine Augenbraue hoch.

„Dexter Hamilton.“ Erkläre ich ihm und ziehe meine Jacke aus, hier drinnen ist es stickig warm. Kein Wunder, wenn 1500 Studenten und Lehrkräfte zur gleichen Zeit essen wollen.

„Dexter gibt Nachhilfe?“ denkt er laut nach „Ich meine, er ist wirklich gut, bei ihm musst du nur darauf achten, dass du immer alle Quellen angibst und die Querverweise nummerierst. Wie hast du es geschafft, das er dir hilft?“ er sieht in meine Richtung.

„Er ist mein Onkel.“ Sage ich leise.

Ich will das weiß Gott nicht an die große Glocke hängen, denn das kann sich hier ganz schnell zu meinem Nachteil entwickeln…

„Das wusste ich nicht, aber ich denke, er wird dich wie alle behandeln.“ Ich sehe, dass er nachdenkt. „Wieso hast du eigentlich Mitten im Semester gewechselt, wäre es für dich nicht einfacher gewesen, erst jetzt zu wechseln?“ fragt er vorsichtig und ich starre auf meine ineinander verschlungenen Hände.

„Tut mir leid, wenn ich zu weit gegangen bin, aber es ist schwer für mich deine Körpersprache zu deuten.“ Er grinst und ich muss es erwidern als ich aufblicke.

„Schon Okay, ich hatte… sagen wir es mal so… Schwierigkeiten.“ Gebe ich ausweichend zu.

Endlich sind wir an der Reihe und er nimmt wieder meinen Arm. „Ich hole mir einen Salat, soll ich dir was mitbringen?“ ich drehe mich zu ihm um.

„Nein, nein, ich bekomme das schon hin.“ Er lässt mich los und ich steuere die Salatbar an um mir einen bunten Salat zusammen zu stellen. Ich beobachte Nate, wie er sich durch die Menschen arbeitet, hier und da mit jemandem plaudert und schließlich stehen wir beide an der Kasse.

„Ein großer Salat, ein Kaffee und ein O-Saft.“ Sie Kassiererin sieht auf mein Tablett „5,40 Euro“

Ich will meine Karte aus meinem Portemonnaie holen und schließe verzweifelt meine Augen.

„Ich habe meine Karte zu Hause vergessen. Kann ich bar bezahlen?“ frage ich bittend die Kassiererin.

„Sorry Miss, aber wir nehmen nur die Unikarte.“ Sie sieht mich entschuldigend an.

„Aber…“ setze ich an.

„Kein Problem Carla, rechne es bei mir mit ab.“ Springt Nate ein.

„Danke.“ Sage ich verlegen und er reicht ihr seine Karte um mein Essen mit seinem zu bezahlen.

„Das zählt aber nicht als offizielle Einladung.“ Neckt mich Nate, als ich mich nach dem Kassenbereich suchend umsehe.

Jenna winkt mir zu und ich winke zurück.

„Da ist Jenna.“ Lache ich „Dritter Tisch von hinten, linke Seite an der Wand.“ Erkläre ich ihm und er nickt.

„Hier Ana!“ ruft Jenna nun und ich schüttele lachend meinen Kopf, als ich mich zu ihr setze.

„Du bist nicht zu übersehen.“ Erkläre ich ihr augenzwinkernd. „Ich hoffe es stört dich nicht, aber ich habe noch Nate eingeladen. Ich habe europäisches Recht bei ihm.“ Erkläre ich ihr und sehe mich nach Nate um, ängstlich beobachte ich ihn und Jenna schnippt mit ihren Fingern vor meiner Nase.

„Der kommt klar.“ Lacht sie und deutet auf Nate „Er und ich sind wir Magnete, er wird von mir angezogen.“ Grinst sie.

Nate erreicht unseren Tisch und setzt sich neben mich, während ich immer noch lachend meinen Kopf schüttele.

Jenna ist einfach unglaublich, sie schafft es in Sekunden meine Laune erheblich zu verbessern…

„Hey mein alles sehender Freund.“ Begrüßt Jenna Nate und ich sehe sie erstaunt an. „Was Ana? Nur weil er blind ist, heißt das nicht, das man keine Witze machen kann.“ Sie klopft mir leicht auf die Schulter.

Ich esse meinen Salat, während sich Jenna und Nate etwas unterhalten. Eher necken sie sich und es wirklich amüsant, man merkt einfach, dass sie sich schon ewig kennen.

„Du musst übrigens gut aussehen Ana.“ Sagt Nate unvermittelt zu mir und Jenna lacht leise.

„Wie kommst du darauf, ist ja nicht so, als ob du dir ein eigenes Bild machen kannst.“ Ich lege meinen Kopf schief und Jenna lacht nun richtig los.

„Der war gut…“ gibt er zu „… Ich merke es am Gang der anderen Studenten, sie verlangsamen ihre Schritte wenn du in ihre Nähe kommst, ein untrügliches Zeichen dafür, dass du wirklich gut aussehen musst oder aber schrecklich entstellt bist.“

„Glaub mir Nate, sie sieht gut aus…“ Jenna zwinkert mir zu „Sie hat lange dunkelbraune Haare, dunkelblaue Augen, ist leicht gebräunt und sie hat ein wirklich wunderschönes lächeln…“ beschreibt sie mich und ich sehe auf „Sie hebt sich hier ab, wie ein gelber Marienkäfer zwischen roten.“ Jenna sieht zu mir und ich merke, wie ich rot werde.

Ich bin es nicht mehr gewohnt Komplimente zu bekommen und Jennas Komplimente schaffen es tatsächlich mir die Schamesröte ins Gesicht zu treiben.

„Und sie wird rot.“ Lacht diese nun und ich verdrehe die Augen. „Jetzt passt sie zu uns anderen.“

„Danke Jenna.“ Seufze ich.

„So, meine Mittagspause ist vorbei.“ Seufzt sie und räumt ihr Geschirr zusammen.

Einer meiner Kommilitonen kommt zu mir und drückt mir einen Zettel in die Hand.

„Kommt frisch aus dem Sekretariat.“ Erklärt er mir und ich überfliege den Zettel.

„Scheint als habe ich heute Nachmittag Vorlesungsfrei.“ Ich grinse Jenna an.

„Hast du es gut.“ stöhnt sie.

„Und ich brauche neue Bücher für Straf- und Prozessrecht.“ Seufze ich nun.

„Ich kenne einen guten Buchladen, der fast alle Bücher auf Lager hat.“ Erklärt mir Nate und ich sehe ihn erstaunt an.

„Du hast doch bestimmt noch Vorlesungen.“ Winke ich ab.

„Nein, Montag- und Freitagnachmittag habe ich frei.“ Er grinst.

„Beschreib mir doch einfach, wie ich den finden kann.“ Ich nehme meinen letzten Schluck Kaffee.

„Ich bring dich hin, der Weg ist schwer zu erklären.“ Bietet er sich an.

„Ach was, so schnell verlaufe ich mich schon nicht.“ Winke ich ab.

„Ha Nate, sie lässt dich abblitzen.“ Gibt Jenna schadenfroh ihren Senf dazu.

„Nein, nein meine Liebe, das verstehst du falsch…“ berichtigt er sie augenblicklich und ich lache leise. Die beiden sind echt unterhaltsam… „Ich bin ihr Lehrer und sie MUSS sich von mir fern halten, wenn wir keine Probleme mit dem Dekan und der Aufsicht bekommen wollen.“ Er steht auf und hält mir seine Hand hin. „Aber das heißt nicht, dass ihr nicht zeigen kann, wo sie ihre Bücher kaufen kann.“

„Natürlich liegt es nur daran…“ Jenna winkt ab „Träum weiter Nate.“ Sie drückt ihm einen Kuss auf die Wange. „Wir sehen uns.“ Damit reiht sie sich in den Strom der anderen Studenten ein und verschwindet aus meinem Gesichtsfeld.

„Was ist nun Anastasia Coleman? Brauchst du Bücher oder brauchst du Bücher?“ er sieht wieder zu mir und ich ergreife seine Hand.

„Geht doch.“ Lobt er mich.

„Du bekommst nicht oft einen Korb, oder?“ erwidere ich lachend.

„Nein, eigentlich nie…“ gibt er grinsend zu „Wenn die Frauen nicht mein wirklich gutes Aussehen umhaut, dann greife ich in die Mitleidschublade. Eins funktioniert immer.“ Weiht er mich ein.

„Du bist unmöglich.“ Ich schüttele lebhaft meinen Kopf.

„Ich weiß.“ Gibt er unbeeindruckt zurück.

Es fällt mir schwer ihn als Lehrer zu sehen, denn eigentlich sehe ich in ihm mehr einen Freund und seine Art gefällt mir.

Er ist unkompliziert, aufgeschlossen und ich habe ihn noch nie schlecht gelaunt erlebt.

Nicht zu vergessen, das er es ist, der mein Herz dazu bringt schneller zu schlagen, aber ich hoffe inständig das gibt sich irgendwann von alleine.

Denn er ist nur mal mein Lehrer und er hat es auf den Punkt gebracht, das bedeutet Ärger…

Erschwerend kommt hinzu, das er wirklich, wirklich gut aussieht… ich stöhne innerlich.

Das darf nicht wahr sein, ich verliebe mich ausgerechnet in den einzigen Mann in ganz Dublin, bei dem es nur Ärger bedeutet. Ich glaube dafür bin ich ein Magnet…

Ich stelle unsere Tabletts in den Geschirrwagen, ziehe mir meine Jacke über und wickele meinen Schal um. Er greift wieder nach meinem Arm und wir verlassen erst die Mensa, dann das Uni Gelände und steuern die Innenstadt an.

Fast schon aus einem Reflex heraus sage ich ihm kleinere und größere Stolperfallen wie Verkehrschilder, Bordsteine und Aufsteller an.

Plötzlich knallt es neben mir und Nate ist in eines der Aufstellschilder gelaufen.

„Meine Güte kannst du nicht gucken wo du hinrennst?“ der Verkäufer kommt zu uns gelaufen. Ich hebe Nates Stock auf und reiche ihn ihm.

„Nein eigentlich nicht.“ Antwortet Nate ganz ruhig und der Verkäufer bekommt ein hochrotes Gesicht.

„Es tut mir leid.“ Stottert er hilflos.

„Schon Okay.“ Winkt Nate ab und ich nehme seine freie Hand und lege sie wieder an meinen rechten Arm.

„Damit du nicht gleich die komplette Innenstadt zerstörst.“ Sage ich leise und lache.

„Du bist zu gut zu mir.“ Gibt er gespielt gelangweilt zurück. „So, wir sind da.“ Er zieht mich in einen Eingang und wir stehen in dem kleinsten Buchladen den ich jemals gesehen habe. Eigentlich ist es nur ein Tresen umgeben von Bücherregalen und einem kleinen Loch für das Schaufenster. So etwas habe ich wirklich noch nie gesehen…

„Hallo Nate!“ wird er sofort von dem jungen Verkäufer begrüßt.

„Hey Ronan!“ er lässt sich von dem Mann umarmen. „Sag mal, sind meine bestellten Bücher schon da?“ fragt er sogleich, als der Mann ihn los lässt.

„Zwei habe ich schon, die anderen sind bestellt.“ Er eilt hinter seinen Tresen.

„Super, setz es auf meine Rechnung.“ Bittet Nate ihn „Und wenn ich dir vorstellen darf, das ist Ana und sie braucht die Neuauflagen von Prozess- und Strafrecht.“ Stellt er nun mich vor und der Mann sieht mich an, als ob er mich jetzt erst zur Kenntnis nimmt.

„Hallo Ana.“ Grinst er dann aber und geht nach hinten um mit den beiden besagten Büchern zurück zu kommen. „Hier haben wir sie, das macht 108 Euro.“ Er reicht sie mir und ich nehme meine Kreditkarte und bezahle sie.

Mann die Bücher sind echt ganz schön teuer…

„Kann ich sonst noch etwas für euch tun?“ er sieht uns abwartend an und ich schüttele mit meinem Kopf.

„Danke Ronan, wir sehen uns am Wochenende.“ Verabschiedet sich auch Nate und wir stehen wieder in der Fußgängerzone.

„Lust auf einen Kaffee?“ fragt er und ich ringe mit mir. „Komm schon Ana.“ Er grinst mich an und ich nicke leicht.

„Nickst du?“ fragt er amüsiert.

„Nein, ich denke nach.“ Flunkere ich.

„Du kannst nicht lügen Ana und das ist für einen erfolgreichen Anwalt schlecht.“ Lacht er „Also, Kaffee?“

„Gerne.“ Sage ich schließlich und er führt mich weiter durch die Innenstadt.

Schon ein wenig ironisch, ein Blinder führt mich…

Wir kommen an einem kleinen Café an und setze uns an die Heizung.

Ich winke die Kellnerin zu mir „Einen großen Latte Macciato und du?“ ich sehe zu John.

„Ein doppelte Espresso.“ Bestellt er und sie nickt, ehe sie hinter den Tresen geht, um die Bestellung fertig zu machen.

„Ich dachte, du willst keine Freunde hier in Dub.“ Sagt er unvermittelt, als die Kellnerin unsere Tassen auf den Tisch stellt.

„Wie kommst du darauf?“ erwidere ich skeptisch.

„Na ja, die Frauen von deiner Etage haben gemeint, du bist ziemlich zurück gezogen…“ er zuckt entschuldigend mit den Schultern „… Heute war das erste Mal, dass ich dich lachen gehört habe. Du hast eine wunderbare Lache Ana, du solltest viel öfter lachen.“

Ich merke, wie mir wieder die Röte ins Gesicht steigt.

„Ich arbeite daran.“ Sage ich leise und er greift nach meiner Hand.

„Nate…“ ich entziehe ihm meine Hand „Du bist mein Lehrer und ich kann mir keine Probleme leisten.“

„Okay Ana…“ er zieht seine Hand zurück „Es tut mir leid, wirklich leid.“ entschuldigt er sich.

„Nein Nate, mir tut es leid.“ Ich seufze leise.

Er hat ja keine Ahnung, wie gerne ich jetzt seine Hand nehmen würde und mir einfach einreden möchte, alles ist gut.

Ist es aber nicht…

Das Leben ist ungerecht.

Außerdem kann ich ihn nicht in mein verkorkstes Leben mit hinein ziehen, das wäre unfair.

Dann unterhalten wir uns tatsächlich über europäisches Recht und erklärt mir, was ich im laufenden Semester beachten muss.

„So nun mal ein paar persönliche Fragen.“ Er grinst mich an und ich erwidere es.

„Noch persönlicher? Du weißt welches Parfüm ich trage und sogar mit welchem Shampoo ich mir die Haare wasche.“ Gebe ich gespielt schockiert zurück und er lacht auf.

„Das sind für mich ja auch die offensichtlichen Dinge.“ Erklärt er mir. „Komm schon Ana, es tut auch nicht weh.“ Neckt er mich.

„Okay…“ sage ich schließlich „Aber jede Frage wird auch von dir beantwortet. Du hast 3 Fragen, wähle weise.“

„Oho…“ er tippt sich mich dem Zeigefinger an die Lippen und denkt nach.

„Lese mir dir Rückseite deines Führerscheins vor.“ Er sieht mich gespannt an.

„Nicht schlecht Mr. O’Brian, so haben sie ja einen guten Überblick, aber da sie hoffentlich nicht im Besitz eines Führerscheins sind, kann ich diese Frage nicht gelten lassen.“ Erwidere ich überzeugt von mir.

„Sehr gut Miss Colemann.“ Lobt er mich „Dann deinen Universitätsausweis und keine Angst, ich habe auch einen.“

Ich hole meinen Ausweis aus meinem Portemonnaie.

„Also gut Anastasia Harriet Colemann…“ ich verziehe das Gesicht und er unterdrückt ein lachen „Sehr lustig Mr. O’Brian, es ist ja nicht so, als hätte ich bei meiner Namenswahl Mitspracherecht gehabt.“

„Weiter Miss Colemann.“ Bittet er mich breit grinsend.

„Okay. Geboren am 19.08.1987 in South Beach, County Californien, United States of America. Wohnhaft in der Gilbert Road 11-18 Appartement 3-4, Dublin 8 und dann ist da mein Foto.“ Ich lege meinen Ausweis auf den Tisch.

„So nicht Miss Colemann, auch die Rückseite.“ Lächelt er und ich nehme ihn wieder zur Hand. Auf der Rückseite sind nur ein paar Daten zu meinem Aussehen, damit der Ausweis nicht von irgendjemand geklaut und verwendet werden kann.

„Also dann Größe 1,68 m, Augenfarbe blau, Haarfarbe braun, ethnische Herkunft weiß, amerikanisch, Führerschein ja und Studienhauptfach Jura.“ Ich atme tief durch „Dann mal her mit deinem.“

„Nein, nein ich lese ihn auch vor.“ Lacht er und nimmt seinen zur Hand und ich lache.

„Wollen sie mir etwas verschweigen Mr. O’Brian?“ frage ich vorwurfsvoll.

„Nein, nein nehmen sie ihn Miss Colemann, ich kenne meine Daten auch so.“ sagt er gönnerhaft. „Dann mal los Name Nathaniel Andrew O’Brian und ja, ich bin zufrieden mit meinem Namen.“ Fügt er hinzu und ich lehne mich zurück.

„Weiter Mr. O’Brian.“ Weise ich ihn an und er lacht leise „Geburtsdatum und Ort 22.Juni 1981, Drogheda, County Louth, Irland, Anschrift Sir John Rogerson’s Quay 32-11 Appartement 2b, Dublin 2 und mein Foto.“ Er sieht mich an, aber ich betrachte sein Foto. Er trägt eine Sonnenbrille und sieht ein wenig aus, wie ein Playboy. Ich meine, er ist ja in gewisser Art und Weise einer, nur eben so einer, mit dem man sich am liebsten 24 Stunden am Tag umgeben wollen würde und mit einer Sonnenbrille habe ich ihn bisher noch nicht einmal gesehen. Gut, wir haben Winter, das erklärt es wohl…

„Wenn sie den Ausweis jetzt bitte wenden würden Miss Colemann.“ Weist er mich an.

„Aber sicher Mr. O’Brian.“ Erwidere ich lächelnd.

„Gut, laut diesem Ausweis bin ich 1,85 m groß, ich habe braune Augen und braune Haare, meine ethnische Herkunft ist weiß und irisch, ich habe natürlich keinen Führerschein und statt des Studienfaches steht Lehrkraft in Ausbildung für europäisches Recht und Auslandsrecht unten auf dem Ausweis, daneben eine nette Fußnote…“ er grinst breit „Da steht tatsächlich ich bin blind und behindert.“ Lacht er.

„So was aber auch, was denken die sich dabei bloß.“ Gebe ich empört zurück.

„Ich weiß es einfach nicht.“ Seufzt er theatralisch und ich gebe ihm seinen Ausweis wieder in die Hand.

„Danke für das Kreuzverhör Miss Colemann und ich glaube ich habe noch zwei Fragen frei.“ Er steckt den Ausweis zurück und sieht mich an.

Aus Reflex heraus nicke ich.

„Nickst du schon wieder?“ fragt er belustigt.

„Natürlich nicht Mr. O’Brian, stellen sie bitte ihre beiden Fragen.“ Ich räuspere mich und er lacht leise.

„Welche Musik magst du am Liebsten und was ist deine Lieblingsfarbe.“ Er legt seinen Kopf schief und ich lächle.

„Also ich stehe auf keine bestimmte Band, ich mag eher ruhigere Musik, nicht zu wild und zu aufgedreht, es sei denn ich bin in einem Club.“ Ich denke einen Moment nach „Meine Lieblingsfarbe ist türkis.“

Ich nippe an meinem Kaffee und stupse ihn unter dem Tisch leicht an.

„Na, na Miss Colemann, was sind denn das für Methoden.“ Lacht er.

„Antworte.“ Sage ich nur.

„Okay, okay…“ er hebt abwehrend seine Hände „Ich stehe auf Snow Patrol, ansonsten auch eher ruhige, tiefgründige Musik und meine Lieblingsfarbe ist dunkelgrün.“

„So, sie haben ihre drei Fragen aufgebraucht und obwohl das erste keine Frage war, hoffe ich sie sind mit dem Ergebnis zufrieden.“ Ich mustere ihn und ein lächeln erscheint auf seinem Gesicht.

„Sehr zufrieden Miss Colemann.“ Er nickt mir zu „Wollen wir uns noch einen Kaffee bestellen?“

„Ich sollte langsam zurück.“ Ich sehe auf meine Uhr und er tastet an seiner.

„Ja, morgen geht es wieder rund.“ Er zwinkert mir zu. „Ich bringe dich zu dir.“ Er bezahlt unsere Rechung.

„Danke für die Einladung, aber ich denke, nach Hause finde ich auch alleine.“ Ich stehe auf und ziehe mich an.

„Bist du sicher, dass du zu Recht kommst?“ Nate sieht mich prüfend an, als wir draußen im stehen.

„Ja, es war ein wunderbarer Nachmittag.“ Ich beuge mich vor und will ihm einen Kuss auf die Wange geben, aber er dreht seinen Kopf zu mir und unsere Lippen treffen sich.

Ich will mich sofort los machen, aber seine Lippen auf meinen zu spüren ist einfach viel zu verlockend. Er legt seine Hand an meine Hüfte und zieht mich dichter zu sich, während seine Zunge sanft um Einlass bittet. Ich öffne meine Lippen leicht und als sich unsere Zungen zum ersten Mal berühren, da ist es als ob ein elektrischer Impuls durch meinen Körper geht und ich stöhne leise.

Dann besinne ich mich und mache mich sanft los.

„Es tut mir leid Nate.“ Ich schließe gequält meine Augen.

„Mir auch Ana.“ Sagt er bedauernd und fährt mit seinem Zeigefinger über meine von dem Kuss geschwollenen Lippen.

Es tut mir nicht leid, überhaupt nicht…

Aber das kann ich ihm unmöglich sagen.

Jenna sagte, er und sie seien wie Magnete, aber ich habe eher das Gefühl, das er und ich wie Magnete sind und ich versuche mich mit Händen und Füßen gegen seine Anziehung zur Wehr zu setzen.

„Wir sehen uns Mittwoch in der Vorlesung.“ Ich lasse seine Hand los, die meine fest umschlungen hält und stürme davon.

Als ich in meinem Zimmer bin, klopft mein Herz immer noch wie verrückt und ich versuche mich zu beruhigen.

Ich muss mich auf meinen Lernstoff konzentrieren und nehme mir meine neuen Bücher, das ich manche Seiten drei oder vier Mal lesen muss, weil ich ständig an den Kuss denke, ist nicht sehr hilfreich.

„Bist du da?“ Jenna klopft an die Tür.

„Komm rein.“ Ich lege mein Buch, dankbar für die Anwechslung, zur Seite.

„Wow, fängt dein Semester genauso stressig an wie meins?“ sie lässt sich auf mein Bett plumpsen und sieht sich um.

„Mal ehrlich Ana, man kann sein Zimmer auch ein wenig persönlicher gestallten.“

„Ich weiß, ich hatte nur einfach noch keine Zeit und ehrlich gesagt auch keine Lust.“ Gebe ich zu.

„Dann ist das unser Projekt für dieses Wochenende.“ Sie reibt sich die Hände und ich lache leise.

„Du weißt schon, das du einen Knall hast, oder?“

„Ja, ist manchmal ganz nützlich.“ Sie treckt mir ihre Zunge raus.

„Ich wollte mir gleich was zum Abendbrot machen. Hunger?“ ich stehe auf und sehe sie fragend an.

„Gerne, wie war denn deine Einkaufstour mit Nate?“ sie steht auf und folgt mir.

„Nett.“ Gebe ich zurück und beim bloßen Gedanken an den Kuss schlägt mein Herz sofort schneller.

In der Küche wechselt sie zum Glück das Thema und wir machen uns eine Pizza, welche wirklich richtig gut ist und anschließend ziehen wir uns zurück um zu lernen, die ersten Wochen eines neuen Semesters sind immer die stressigsten, dann wird es etwas ruhiger und zum Ende hin ist dann noch einmal Vollgas angesagt…

Als ich am nächsten Abend zu Grace und Dex fahre, fällt Grace sofort auf, dass ich irgendwie anders bin.

„Sag mal, was ist denn mit dir los? Noch vor ein paar Tagen schien deine Welt untergegangen zu sein.“ Sie sieht mich prüfend an.

„Ich habe neue Bewohner auf meine Etage bekommen. Jenna, sie wohnt neben mir…“ ich schüttele lächelnd bei dem Gedanken an sie den Kopf „Sie ist die aufgedrehteste, lebenslustigste und Selbstbewussteste junge Frau die ich jemals kennen gelernt habe. Ich weiß, ich habe nur diese eine Chance hier, aber ich soll auch zu mir finden und dazu gehören Freunde. Oder nicht?“ ich sehe sie leicht unsicher an.

„Aber sicher Kleines, es ist schön, das du endlich Anschluss findest.“ Freut sie sich und ich lächle erleichtert.

Am Samstag verschönern wir tatsächlich mein Zimmer, gut wir versuchen es und wir haben so viel zu lachen, dass ich schon Bauchschmerzen habe. Ich kann mich nicht daran erinnern, wann ich das letzte Mal so gelacht habe.

„Jemand da?“ ertönt eine männliche Stimme und Jenna krabbelt von mir runter, wir sind gerade beim Versuch Gardinen aufzuhängen beide von der Leiter gefallen und halten uns vor lachen den Bauch.

„Hier Aiden!“ ruft Jenna und ein junger blonder Mann betritt mein Zimmer.

„Was in aller Welt macht ihr?“ Er hilft Jenna auf die Beine und zieht auch mich hoch.

„Gardinen aufhängen.“ Sagen Jenna und ich wie aus einem Mund.

„Und du musst Ana sein.“ Er grinst mich an und ich versuche mich zu beruhigen.

„Ja, die bin ich.“ Sage ich nach Luft ringend „Und du bist?“

„Das ist Aiden, mein einzigartiger großer Bruder.“ Jenna strahlt ihn an und einen kleinen Augenblick versetzt es mir einen Stich Mitten ins Herz…

John.

Wie gerne würde ich ihn jetzt hier an meiner Seite haben.

„Wo versteckt ihr euch? Hey Leute, ich bin Nachteil.“ Ertönt Nates Stimme und ich atme tief durch.

„Und das ist Nate.“ Sagt Aiden.

„Weiß ich.“ Sage ich sofort und von Jenna kommt ein „Weiß sie.“ Wie aus der Pistole geschossen.

„Ach ja, Jura…“ er deutet auf mich „Lehrer für europäisches und Finanzrecht.“ Er deutet auf Nate.

„Europäisches und Auslandsrecht.“ Verbessern ihn Nate und ich wie aus einem Mund.

„Ist ja gut.“ lacht Aiden.

„Hallo Jenna!“ Nate winkt in ihre Richtung und sie drückt ihn an sich.
„Hallo Sonnenschein, lange nicht gesehen.“ Grinst sie.

„Ja, kommt hin.“ Erwidert er leise lachend.

„Ana.“ Er kommt zu mir und nimmt auch mich in den Arm.

Ich schließe kurz meine Augen und lächle dann.

„Was macht ihr hier?“ fragt Jenna schließlich.

„Wir haben was von Chinesen mit gebracht, da ich denke, dass meine kleine Schwester wie immer Hunger wie eine Siebenköpfige Raupe hat.“ Lacht Aiden und fängt sich einen Knuff von Jenna ein.

Beim Essen bin ich eher schweigsam und lausche den Gesprächen der anderen am Tisch.

Man spürt sofort, dass sie sich schon ewig kennen und ich genieße es irgendwie ein Teil davon zu sein.

Wir sind gerade fertig mit Essen, als Dex aus dem Fahrstuhl steigt.

„Hallo zusammen.“ Grüßt er in die Runde. „Hallo Nathaniel.“ Begrüßt er Nate einzeln.

„Hallo Dexter.“ Erwidert er verwundert.

„Was verschafft mir denn die Ehre?“ ich räume unsere Pappbecher weg und sehe ihn erstaunt an.

Es muss wichtig sein, wenn er nicht anruft, sondern persönlich vorbei kommt-

„Ich hatte gestern ein Gespräch mit dem Dekan, er hat vorgeschlagen, dass du bis Ende Mai nach Oxford gehst und am Austauschprogramm teilnimmst. Du hast zwar alle Semesterprüfungen bestanden, aber man merkt noch, das dir etwas Wissen fehlt…“ er zuckt mit den Schultern „Ich halte es für eine gute Idee, du willst in einem Jahr dein erstes Staatsexamen hier in Irland machen und dein Studium war bisher zu sehr USA-lastig.“ Er setzt sich zu uns an den Tisch und ich seufze.

„Du meinst es ist richtig?“ ich sehe ihn fragend an.

„Ja Ana, ich halte es für eine richtig gute Idee.“ Er nickt zuversichtlich, aber ich sehe einen Schatten über seine Augen huschen, da steckt mehr dahinter.

Aber im Grunde genommen ist es keine schlechte Idee, für meine Bewerbung um eine Referendariat macht sich Oxford richtig gut und wenn ich Nate ansehe und merke, welche Wirkung er auf mich hat, dann kann es nicht schaden mal etwas aus Dublin zu verschwinden um einen klaren Kopf zu bekommen…

„Okay, wann soll ich da sein?“ ich atme tief durch.

„Morgen Mittag geht dein Flieger nach London, von da wirst du abgeholt, du wohnst im Internat…“ er zuckt mit den Schultern. „Die anderen haben schon diese Woche dort verbracht und du kannst dich morgen Abend etwas einlesen, bevor Montag die Vorlesungen los gehen.“

Warum in aller Welt werden die Entscheidungen mich betreffend immer so kurzfristig entschieden?

Dann geht mir ein Licht auf…

„Hat mein Dad etwas damit zu tun?“ frage ich und presse meine Lippen aufeinander.

„Ja.“ Gibt er zu.

Wie gut das ich weiß, das er es nicht mag seine Mitmenschen anzulügen.

„Was will er damit bezwecken?“ mir ist der Sinn dessen nicht ganz klar.

Wann hat er dann mal etwas für meinen Vorteil gemacht?

„Das Austauschprogramm vom Oxford ist ein 24 Stunden Programm. Keine Freizeit, kein Wochenende…“ er seufzt.

„Keine Probleme.“ Füge ich hinzu und Jenna sieht mich verwirrt an.

„Was ist mit meinem Zimmer hier?“ ich sehe wieder zu Dex.

„Das bleibt deins, in 15 Wochen bist du wieder da.“ Versichert er mir und Jenna verzieht das Gesicht.

„Ich muss los. Grace holt dich morgen früh um 8 Uhr ab.“ Er haucht mir einen Kuss auf die Stirn „Egal ob dein Dad dahinter steckt, das Angebot ist gut Ana.“ Versichert er mir und ich nicke leicht.

„Danke Dex.“ Ich winke ihm hinterher, als er in den Fahrstuhl steigt.

„Was war das denn bitte?“ Jenna sieht mich verwirrt an.

„Das war Dexter Hamilton, mein Lehrer in Wirtschafts- und Bilanzrecht und mein Onkel.“ Erkläre ich ihr.

„Wow Oxford, das ist eine wirklich einmalige Chance.“ Nate sieht zu mir.

„Ich weiß, es kommt nur… wie so viele Dinge in meinem Leben, sehr überraschend.“ Ich versuche zu lächeln.

„Kaum habe ich eine Freundin, da haut sie für 4 Monate ab…“ Jenna verschränkt schmollend die Arme vor der Brust.

„Tja Jenna, das muss dann wohl an dir liegen.“ Feixt Aiden und ich lache leise.

„Du wirst mir fehlen Jenna.“ Gebe ich zu.

„Du mir auch Ana.“ Sie steht auf, umarmt mich von hinten und legt ihren Kopf auf meinen.

„Aber ich komme ja wieder.“ Versichere ich ihr.

„Aber natürlich kommst du wieder und bis dahin habe ich dein Zimmer dann auch fertig.“ Lacht sie.

„Kein Plüsch, kein Rosa und bitte, bitte keine Blümchentapete.“ Warne ich sie.

„Bring sie bloß nicht auf komische Ideen.“ Rät mir Aiden und ich sehe zu Jenna die mich schelmisch angrinst.

„Nein Jenna…“ lache ich und sie hebt ihre Hand zum Schwur.

„Ich halte mich zurück.“ Verspricht sie.

„Was ist denn das für eine Sache mit deinem Dad?“ fragt mich Nate unvermittelt und ich schüttele mit dem Kopf.

„Sie schüttelt mit dem Kopf.“ Sagt Aiden und ich sehe ihn an.

„Das ist eine lange Geschichte.“ Antworte ich ausweichend „Aber egal wie ich an diese Austauschsache gekommen bin, es ist eine gute Sache.“ Mache ich mir selbst Mut.

Dann wechselt Aiden geschickt das Thema und der Rest des Abends wird richtig gemütlich, erst recht, als Jenna zwei Falschen Wein aus dem Hut zaubert.

„So, ich muss ins Bett.“ Jenna streckt sich und ich gähne wie zur Bestätigung.

Sie will sich die Gläser vom Tisch nehmen, doch ich winke ab.

„Ich mach das eben schnell.“ Biete ich ihr an.

„Du bist ein Schatz.“ Flötet sie.

„Ich gehe eben ans Auto und hole noch meine Tasche, dann rufe ich uns ein Taxi.“ Nun erhebt sich auch Aiden.

„Ich geh noch mal schnell für kleine Jungs, dann komme ich runter.“ Erwidert Nate und ich räume unsere Weingläser in die Spüle.

„Du gehst aber nicht wegen mir, oder?“ fragt Nate plötzlich und ich drehe mich zu ihm um.

„Nein Nate.“ Versichere ich ihm eher halbherzig.

„Du kannst nicht lügen Ana, versuche es gar nicht erst.“ Seufzt er und steht auf. „Ich wollte dir nicht zu Nahe kommen.“ Versichert er mir.

„Nate bitte…“ ich schließe meine Augen.

„Ana…“ er kommt zu mir und nimmt meine Hand „Ich mag dich… Als Freundin, wenn dir das lieber ist. Aber bitte sieh diese einmalige Chance die du hast, nicht nur als Flucht.“ Bittet er mich.

„Als Flucht vor was?“ frage ich leise.

„Vor deinen Gefühlen.“ Flüstert er und kommt meinem Gesicht ganz nahe.

Wieder einmal ringe ich, was ihn angeht, mit meinen Gefühlen.

Gibt es bei Gefühlen jemals ein richtig und ein falsch?

Ich lege meine Hand an seine Wange und er schließt seine Augen.

„Du hast keine Vorstellung wie gerne ich das zulassen will, aber Nate…“ setze ich an.

„Ana, ich bin mir unserer Situation sehr wohl bewusst.“ Unterbricht er mich.

„Nein Nate, deren Tragweite ist dir nicht bewusst und das ist gut so.“ gestehe ich ihm, dann beuge ich mich vor und küsse ihn sanft.

Er zieht mich wieder zu sich und ich schlinge meine Arme um seinen Nacken. Seine Lippen auf meinen, das ist wie schweben mit den Füßen auf dem Boden, noch niemals hat sich etwas Falsches so richtig angefühlt…

Nach einem schier endlosen Kuss lösen wir uns voneinander und ich streiche ihm erneut über die Wange.

„Freunde?“ hauche ich.

„Ja Ana, Freunde.“ Erwidert er und küsst meine Stirn.

„Danke Nate.“ Ich lasse ihn los und auch entlässt mich aus seinem Griff.

„Danke für den schönen Abend, genieß deine Zeit in Oxford und mach das Beste draus.“ Er winkt mir zu, klappt seinen Stock aus und besteigt den Fahrstuhl.

„Bye Nate.“ Flüstere ich, räume die Küche zu Ende auf und gehe dann in mein Zimmer.

Hier sieht es aus wie nach einem Bombeneinschlag, denn Jenna und ich sind nicht wirklich fertig geworden. Ich ziehe meine Reisetasche unter meinem Bett hervor und packe zu mindestens schon mal meine Sachen ein. Dann packe ich alle meine Bücher und Ordner in meinen Rucksack und meinen Laptop in die Laptoptasche.

Also wieder eine neue Uni, wieder neue Professoren und neue Menschen…

Wo gehöre ich eigentlich noch hin?

Am liebsten würde ich jetzt sagen, hierher nach Dublin zu Nate, zu meiner Familie zu meinen Freunden, aber dessen bin ich mir einfach auch nicht sicher…

Als mich mein Wecker viel zu früh für einen Sonntag weckt, quäle ich mich aus dem Bett und gönne mir eine ausgiebige Dusche. Ich lege Jenna noch eine kleine Notiz in die Küche und dann stehe ich auch schon unten und warte auf Grace.

Wie immer ist sie pünktlich und ich steige mit meinen Taschen zu ihr ins Auto.

„Guten Morgen.“ Sie deutet auf einen Becher Kaffe, der im Getränkehalter steht.

„Guten Morgen.“ Ich seufze leise.

„Dex sagt, du weißt, dass dein Dad dahinter steckt.“ Sagt sie nachdem ich einen Schluck Kaffee genommen habe und ich nicke.

„Ja, ich weiß, dass er mich von Problemen fern halten will.“

„Es tut mir leid Ana.“ Sagt sie mitfühlend und nimmt meine Hand.

„Weißt du Grace…“ ich sehe sie an „Die Chance ist einmalig, ich nutze sie und wenn ich wieder komme, dann überlege ich, was ich will und wo ich sein will.“

„Ich bin stolz auf dich, noch vor einem halben Jahr hättest du nicht so erwachsen reagiert.“ Sie lächelt mich an.

„Es ist viel passiert und ich weiß, dass ich euch viel zu verdanken habe.“ Wir erreiche den Flughafen und Grace parkt in der Kurzzeitzone, weil sonst alles voll ist.

„Ich spring einfach schnell raus.“ Ich schnalle mich ab.

„Aber ich wollte dich doch zu deinem Flug bringen.“ Sie sieht mich traurig an.
„Grace, ich besteige schon das Flugzeug.“ Versichere ich ihr.

„Quatsch, darum geht es doch nicht.“ Winkt sie ab „Ich wollte dir viel Glück wünschen.“

„Danke Grace.“ Ich beuge mich zu ihr und küsse sie auf die Wange „Ich schaff das schon, ich melde mich, wenn ich angekommen bin.“ Ich schnappe mir meine Tasche und steige aus.

„Dein Ticket.“ Fällt es ihr im letzten Moment ein und sie reicht es mir.

Ich winke ihr hinterher und betrete den Flughafen, zum Glück finde ich meinen Abflugschalter ziemlich schnell und gebe mein Gepäck auf.

„So, das war deine Einweisung, wenn du Fragen hast, dann wende dich an mich.“ Am frühen Abend winkt mir Victoria, meine Tutorin, zu und ich lasse mich aufs Bett fallen.

Das passt niemals alles in meinen Kopf…

Ich greife nach meinem Handy und rufe kurz bei Grace und Dex an, um ihnen mitzuteilen, das ich zum einen sicher gelandet und zum anderen eingewiesen wurde.

Eins ist mir jetzt schon klar, die nächsten vier Monate werden hart.

Und wie hart sie werden, nachdem ich eine Woche nachholen musste und endlich den Anschluss finde, verbringe ich meine komplette Zeit entweder in der Bibliothek oder im Hörsaal.

Dex hat nicht untertrieben, als er sagte, dass das ein 24 Stunden Programm ist. Ich bekomme kaum mit, dass sich draußen der Frühling seinen Weg bahnt und es langsam wärmer wird.

Die Zeit fliegt an mir vorbei, wie als ob man auf vorspulen drückt und es einfach nicht hin bekommt schnell genug wieder auf die Play Taste zu drücken…

Die Mauern Oxfords sind grau, trist und kalt, aber ich mache das Beste daraus. Ich hänge mich in mein Studium und lerne, als ob mein Leben davon abhängt.

Tut es ja auch in gewisser Weise…

Am Ende der 4 Monate müssen wir eine Prüfung ablegen und ich bin froh, dass ich diese mit einem B bestehe.

In der gesamten Zeit habe ich versucht nicht an Nate zu denken, aber wie immer wenn man sich etwas selbst verbietet, dann macht man es erst Recht…

Jenna und ich versuchen mindestens einmal die Woche über Skype zu chatten und auch Grace freundet sich endlich mit dieser Art der Kommunikation an.

„Wir hoffen, dass ihnen das Austauschprogramm das mitgeben konnte, was wir vermitteln wollten und sie nun für das erste Staatsexamen ausgerüstet sind. Unseren irischen Mitstudenten geben wir eine Literaturliste mit, die ihnen die Vorbereitung erleichtern wird. Auch unser deutschen und französischen Kommilitonen bekommen natürlich eine und ich möchte mich bei jedem Einzelnen für die gute Zusammenarbeit und für ihr Engagement bedanken.“ Prof. Andrews, der Leiter des Austauschprojekts, nickt in die Runde der 20 Austauschstudenten und ich atme erleichtert durch.

Geschafft… Das ist alles was ich denken kann und daran, das ich endlich wieder zurück nach Dublin kann.

Oxford soll schön sein, aber ganz ehrlich, ich habe in den letzten vier Monaten nichts davon gesehen, aber ich war ja auch nicht zum Sightseeing hier…

„Es war nett mir dir.“ Victoria kommt zu mir, als ich gerade fertig bin mit packen.

„Danke für alles.“ Ich reiche ihr ein kleines Päckchen. „Deine Lieblingskekse.“ Ich zwinkere ihr zu.

„Danke Anastasia.“ Sie reicht mir ihre Hand „Viel Glück.“ Wünscht sie mir noch und geht dann.

Obwohl wir die vier Monate quasi zusammen verbracht haben, sind wir niemals auf die Idee gekommen uns als Freunde zu bezeichnen. An der Oxford University herrschen strenge Regeln und ich bin Dankbar, das es an der Trinity nicht so hart ist, zugegeben hart genug aber nicht mit dem hier zu vergleichen.

Als ich vier Stunden später in Dublin aus dem Flieger steige stört mich nicht einmal der Regen der mich erwartet und ich falle Grace um den Hals, als ich sie im Ankunftsbereich stehen sehe.

„Gott, ich bin so froh wieder hier zu sein.“ Ich strahle sie an.

„Und ich bin erst mal froh, dass du wieder hier bist.“ Sie erwidert mein Strahlen und ich hake mich bei ihr unter.

„Dex wartet auf uns, er hat heute sein erstes Zitronenhähnchen gemacht und ich bitte dich, egal wie es schmeckt… lobe ihn.“ Grinst sie.

„Aber sicher.“ Lache ich.

„Du hast uns gefehlt.“ Sie drückt mich an sich, nachdem wir meine Taschen verladen haben. „Jenna war am Mittwoch bei Dex und hat gefragt, wann du landest. Er hat mit ihr besprochen, dass wir dich um 18 Uhr zum Wohnheim bringen. Sie wollte ihrem Bruder und seinem Freund Bescheid sagen, sie wollen dich willkommen heißen.“ Erklärt sie mir und ich kann gar nicht aufhören zu strahlen.

Ihr Bruder und ein Freund…

Nate…

Wir sind Freunde, alles ist gut.

Das zu mindestens rede ich mir seit 4 Monaten ein und dann träume ich nachts von unserem ersten Kuss und mir wird klar, dass das wirklich schwer wird.

Ich warte immer noch auf Bescheid aus L.A., ob nun Anklage gegen mich erhoben wird oder nicht. Bisher vergeblich und ich gebe zu, ich hoffe dieses eine Mal, das mein Dad das aus der Welt schaffen kann.

Kaum das wir in der Einfahrt parken kommt Dex aus dem Haus und zieht mich in seine Arme.

„Planänderung Ladies, bleibt im Auto…“ er sieht zu Grace „Wir fahren zum Italiener.“

„Was ist mit dem Hühnchen passiert?“ grinse ich.

„Wollte nicht so, wie ich wollte und wurde zum Aufenthalt im Müll verurteilt.“ Gibt er zerknirscht zu.

„Macht nichts, ich fühle mich geehrt, dass du es für mich versuchen wolltest.“ Ich drücke ihm einen Kuss auf die Wange.

Er steigt nach hinten und Grace dreht sich um, um ihn zu küssen.

„Der Versuch war wirklich nett.“ Unterstreicht sie meine Aussage und wir fahren zum Italiener.

Nach einer wirklich famosen Pizza reibe ich mir den Bauch und Grace grinst mich an.

„Hast du da drüben nichts zu essen bekommen?“ lacht sie.

„Doch, aber ganz ehrlich…“ ich verdrehe die Augen „Die können nicht kochen, ich habe 10 Pfund abgenommen.“

„Oh Kleines.“ Grinst Dex „Aber dafür hast du deine Sache wirklich gut gemacht. Das Kollegium war ganz angetan, das du mit einem B bestanden hast. Crawford und Petersen haben nur mit einem C bestanden und ich glaube vor Stolz bin ich fast 3 Zentimeter gewachsen.“

„Du bist so lieb Dex.“ Ich erhebe mein Glas „Auf meine letzten Semester.“

„Auf dich.“ Dex zwinkert mir zu und wir stoßen an.

Dann erfahre ich ein paar Neuigkeiten, was in der Zwischenzeit hier so los war, als Dex erschrocken auf seine Uhr sieht.

„Ich muss dich ins Wohnheim fahren, sonst reißt mir Jenna den Kopf ab. Hat dem Mädchen eigentlich schon mal einer gesagt, das sie fürchterlich anstrengend sein kann?“ er verdreht die Augen und ich lache auf.

„Mehr wie einer.“ Vermute ich.

„Dann mach dir noch einen schönen Abend.“ Grace steht auf und drückt mir einen Kuss auf die Wange.

„Willst du nicht mit?“ ich sehe sie fragend an.

„Nein, nein Dex kommt gleich wieder und wir genießen hier noch etwas den guten Wein.“ Sie zwinkert mir zu.

„Ich komme Dienstag zum Essen.“ Verspreche ich ihr.

„Das will ich doch stark annehmen.“ Lacht sie und ich ziehe meine Jacke über.

Dex legt seinen Arm um meine Schultern und wir gehen zum Auto.

Nachdem wir ein Stück gefahren sind mustert er mich.

„Was ist los Dex?“ grinse ich.

„Hast du schon was gehört?“ fragt er leise.

„Nein. Ich weiß nur nicht, ob das ein gutes oder ein schlechtes Zeichen ist.“ Ich zucke mit den Schultern.

„Ich weiß es auch nicht.“ Gibt er zu.

Dann schweigen wir wieder und ich sehe die Lichter der Stadt vorbei ziehen.

„Ana?“ Dex dreht sich an einer Ampel zu mir und ich erwidere erwartungsvoll seinen Blick. „Ich bin wirklich stolz auf dich, im letzten halben Jahr hast du bewiesen, das du es Ernst meinst und ich erkenne dich kaum wieder.“ Er lächelt und ich schlucke.

„Du vergisst meinen Aussetzer zu Silvester.“

„Jeder schlägt mal über die Stränge.“ Versichert er mir.

„Mag sein, aber mir kann es teuer zu stehen kommen. Ich habe eine Menge auf dem Kerbholz.“ Ich knete meine Hände.

„Grace und ich sind da. Das weißt du, oder?“ er nimmt seine Hand vom Schaltknauf und legt sie auf meine.

„Ja Dex und ich danke euch dafür.“ Ich nicke ihm zu, dann sehe ich das Wohnheim und grinse.

„Home sweet Home.“ Er schüttelt lächelnd seinen Kopf und parkt.

Er hievt meine Taschen aus dem Kofferraum und reicht sie mir.

„Willkommen in Dub.“ Er winkt mir hinterher und ich betrete das Wohnheim.

Im Erdgeschoss nicken mir einige kurz zu, ehe ich den Fahrstuhl besteige und auf die 3 drücke.

Natürlich erwarte ich oben Jenna zu sehen, aber nur zwei weitere Mitbewohner sind im Flur und begrüßen mich mit einem kurzen winken.

Etwas verwirrt schließe ich mein Zimmer auf, kaum das sich die Tür einen Spalt geöffnet habe springt mich Jenna mit einem „Willkommen zurück!“ an und wir landen beide rücklings im Flur.

„Jenna.“ Lache ich und drücke sie an mich.

„Oh Ana, endlich.“ Sie drückt mir einen, für meinen Geschmack, etwas zu feuchten Schmatzer auf die Wange.

„Steht erst mal auf.“ Aiden erscheint über uns und hält mir lachend seine Hand hin.

„Ich hoffe Jenna hört jetzt auf zu nerven.“ Er nimmt mich kurz in den Arm.

„Du hast Hoffnung?“ erwidere ich grinsend und helfe Jenna hoch.

„Nein, eigentlich nicht.“ Gesteht Aiden und ich betrete erst einmal richtig mein Zimmer.

Bevor ich den Rest meines Zimmers wahrnehme sehe ich ihn auf dem Bett sitzen.

Nate.

Er steht lächelnd auf und nimmt mich in den Arm.

„Hallo Ana.“ Sagt er leise und ich schließe meine Augen.

Seine Stimme hat mir so sehr gefehlt…

Nein Ana! Schalle ich mich selbst.

„Hallo Nate.“ Erwidere ich schließlich und sehe mich dann in meinem Zimmer um.

„Wow Jenna, das ist wunderschön.“ Ich sehe Jenna mit großen Augen an.

Sie hat meinem Zimmer einen hellen türkisen Anstrich verpasst, lange weiße Schals hängen vor dem Fenster, ein weißer Teppich unter dem Bett und überall kleine Dekosachen, wie Vasen, Kerzen und Blumen in türkis machen es einfach perfekt.

„Habe ich deinen Geschmack getroffen?“ sie hibbelt vor meiner Nase herum.

„Ja Jenna, voll und ganz.“ Nicke ich.

„Und jetzt…“ sie grinst in die Runde „Ein gutes Glas Wein auf die Heimkehrerin.“ Sie hakt mich unter und wir gehen in die Küche.

Zwei Stunden später habe ich vor lachen schon Tränen in den Augen und halte mir meinen Bauch, die Geschichten, die die anderen mir erzählen sind einfach zu komisch…

Sie haben mir gefehlt.

Dub hat mir gefehlt.

„So, ich muss los.“ Aiden steht auf, drückt er Jenna und dann mir einen Kuss auf die Wange und winkt uns dann zu, ehe er in den Fahrstuhl steigt.

„Und ich muss mal für kleine Mädchen.“ Jenna springt auf und ich verschlucke mich beinahe an meinem letzten Schluck Rotwein.

Als Jenna weg ist setze ich mich neben Nate.

„Danke Nate.“ Sage ich ehrlich, denn augenscheinlich scheint unser Freundschaftsding wirklich zu klappen.

„Für was Ana?“ er sieht zu mir.

„Dafür, das das mit uns Beiden funktioniert.“ Ich nehme seine Hand „Diese Freundschaftssache.“

„Gern geschehen. Willst du morgen Nachmittag gleich deine neue Bücher holen?“ er lässt meine Hand los und ich ziehe meine ebenfalls zurück.

„Ja, ich hoffe nur, ich finde den Weg zum Buchladen wieder.“ Denke ich laut nach.

„Bis wann hast du Vorlesungen?“ er nimmt sein Weinglas und dreht es zwischen den Händen.

Ich denke einen Moment nach „Bis 15 Uhr.“
„Das passt doch, ich muss morgen sowieso zu Ronan. Ich warte am Tor auf dich.“ Er lächelt zaghaft.

„Du musst das…“ setze ich an.

„Ana, Freunde helfen sich gegenseitig.“ Erklärt er mir und zwinkert.

„Danke Nate.“ Wiederhole ich mich und Jenna kommt zurück.

„Für was danke?“ sie setzt sich wieder und sieht uns beide gespannt an.

„Nate begleitet mich morgen zum Buchladen, ich glaube nicht, dass ich ihn jemals wieder finden würde.“ Erkläre ich ihr.

„Klingt gut, bringst du uns auf dem Rückweg neuen Wein mit?“ sie hält die leere Flasche hoch.

„Mach ich, aber du solltest ins Bett.“ Ich nehme ihr die Flasche ab und bugsiere sie in ihr Zimmer.

„Kommst du klar Jenna?“ ich sehe wie sie sich einfach aufs Bett fallen lässt und schließe lächelnd die Tür hinter ihr.

„Bye Ana, bis morgen!“ Nate winkt mir zu und die Fahrstuhltüren schließen sich.

Das war ein richtig schöner Abend und nachdem ich die Küche aufgeräumt habe, gehe ich glücklich ins Bett.

Ich bin noch vor meinem Wecker wach, packe meinen Rucksack und klopfe an Jennas Tür.

„Ich geh ins Bad, beeil dich!“ rufe ich durch die geschlossene Tür und gehe beschwingt ins Bad.

Als ich aus der Dusche komme, betritt Jenna gerade ziemlich zerknautscht das Bad und ich kann mein grinsen nicht unterdrücken.

„Kopfschmerzen?“

„Etwas.“ Gibt sie zu und angelt sich eine Aspirin aus ihrer Waschtasche.

„Ich hoffe du hast heute nicht allzu schwere Vorlesungen.“ Ich schubse sie leicht und sie sieht mich gequält an.

„Geht.“

„Komm schon Jenna, die Sonne lacht, es wird ein schöner Tag.“ Mache ich ihr Mut, aber sie bleibt einsilbig.

Erst nach unserem Abstecher bei Starbucks taut sie auf und hat fast ihre alte Form, als wir an der Uni ankommen.

„Hat Nate es eigentlich verdient, dass du ihm einen Kaffee mitbringst?“ Jenna deutet auf den Extra Becher in meiner Hand.

„Ja, in Oxford habe ich gemerkt, was für ein guter Lehrer er ist. Bei europäischem Recht bin ich da tatsächlich 2 Mal eingeschlafen.“ Flüstere ich ihr zu und sie lacht auf.

„Bis heute Abend!“ ich winke ihr zu und sehe wie sie sich in den Strom der Medizinstudenten einreiht.

Sie lässt heute ihre Mittagspause ausfallen, so werde ich wohl allein essen müssen.

Im Hörsaal angekommen sehe ich, wie Nate mit ein paar meiner Kommilitoninnen unterhält und so sehr ich es auch nicht will, es stört mich.

Ich stelle den Kaffee auf seinen Tisch und setze mich auf meinen Platz.

Er klatscht in die Hände und nun setzen sich auch meine Kommilitonen hin, er tastet auf dem Tisch und nimmt den Becher in die Hand, kurz sehe ich, wie ein lächeln über sein Gesicht huscht, dann beginnt seine Vorlesung und ich konzentriere mich zur Abwechslung mal auf das, was er sagt und nicht auf ihn.

Nach europäischem Recht erwartet mich Strafrecht und ich muss sagen durch mein Austauschprogramm habe ich mir einen gewissen Vorsprung erarbeitet und kann es ganz entspannt angehen.

Wie vermutet verbringe ich meine Mittagspause allein und nachdem ich dann noch 3 Stunden Prozessrecht hinter mir habe trete ich in die Frühlingssonne Dublins und atme tief durch.

Er steht schon am Tor und ich schleiche mich an ihn an.

„Hallo Fremder.“ Begrüße ich ihn lachend.

„Hallo Fremde.“ Erwidert er und greift nach meinem Arm, damit wir uns auf den Weg Richtung Innenstadt machen können.

„Danke für den Kaffee.“ Er dreht sich zu mir, als wir an einer Fußgängerampel zum warten gezwungen werden.

„Gern geschehen.“ Ich drücke auf den Knopf am Ampelmast und sehe ihn an.

„Und froh wieder hier zu sein?“ er zieht eine Augenbraue hoch und ich nicke.

„Nickst du etwa?“ amüsiert er sich.

„Ja Nate, ich nicke.“ Gebe ich zu.

„Gut, Dublin hat dir also gefehlt.“ Stellt er fest.

Ja, Dublin und du…

„Ja, in Oxford sind die Regeln echt streng.“ Ich schnaube „Ich musste ein Formular ausfüllen, wenn ich nach 21 Uhr in die Bibliothek wollte.“

„Sklavenhaltung.“ Kommentiert er belustigt.

„Du hast ja keine Ahnung.“ Die Ampel springt auf grün und ich lege seine Hand wieder an meinen Arm.

Schon 10 Minuten später stehen wir wieder in dem kleinen Buchladen und Ronan drückt Nate an sich, als hätte er ihn wochenlang nicht gesehen.

„Ah Ana. Was kann ich denn für dich tun?“ er nimmt auch mich in den Arm und sieht mich anschließend fragend an.

„Ich brauche die hier.“ Ich reiche ihm meine Liste.

„Die habe ich nicht da, aber ich bestell sie dir und du kannst sie nächsten Montag abholen.“ Er sieht von seinem Bildschirm auf und ich nicke.

„Nate, ich habe ein neues Buch für dich…“ er greift unter den Ladentresen und reicht es ihm „Sehen wir uns am Samstag zum surfen?“

„Aber sicher, ich freue mich schon riesig, das erste Mal nach dem langen Winter wieder raus.“ Strahlt dieser und ich sehe ihn skeptisch an. „Vielleicht begleitet uns Ana ja.“ Er sieht zu mir und ich denke einen Moment lang nach.

„Ein blinder Surfer?“ ich ziehe eine Augenbraue hoch und Ronan grinst mich breit an.

Vielleicht wird es für mich endlich Zeit die Schatten der Vergangenheit ein für alle mal zu bewältigen, bisher schlage ich mich ja ganz gut.

„Das kann ich mir ja fast nicht entgehen lassen, aber ich hoffe wir nehmen Jenna mit, so als Medizinstudentin.“ Ich ziehe eine Augenbraue hoch und ignoriere das kräftige, fast schon panische, Schlagen meines Herzens.

„Sieht sie spöttisch aus?“ fragt Nate nun Ronan und er sieht zu mir, ich ringe mich zu einem grinsen durch und er lacht auf.

„Ja Nate, sie sieht spöttisch aus.“ Sagt er schließlich.

„Okay…“ er denkt einen Moment nach „Da du aus L.A. kommst gehe ich mal davon aus, das du auch surfen kannst, oder?“ er dreht sich zu mir.

„Ja kann ich.“ Gebe ich zu und schlucke schwer.

Das ich schon lange nicht mehr mit einem Board draußen war muss ich ihm ja nicht auf die Nase binden und warum schon mal gar nicht.

„Gut, du hast die sagenhafte Gelegenheit einen spitzenmäßigen blinden Surfer zu sehen und im Gegenzug will ich dich auf einem Board sehen.“ Er hält mir seine Hand hin.

„Aber davon hast du doch gar nichts.“ Gebe ich zurück und ergreife zögernd seine Hand.

„Ich lass mir beschreiben wie L.A. vor der irischen Küste untergeht.“ Witzelt er.

„Du bist dir deiner Sache aber verdammt sicher.“ Entgegne ich.

„Immer doch.“ Lächelt er.

„Ich hoffe nur das Wasser ist nicht allzu kalt.“ Denke ich laut nach und mich fröstelt es bei dem bloßen Gedanken an ein Bad Ende Mai in der irischen See.

„Es ist zwar fast Mai, deinen Neoprenanzug solltest du lieber noch ganz schließen. Sonst bekommst du womöglich noch Frostbeulen.“ Jetzt klingt er spöttisch, ich ziehe eine Augenbraue hoch und will gerade zum Gegenschlag ansetzen, als mir Ronan auf die Schulter tippt.

„Ich unterbreche das streitende Ehepaar ja nur ungern, aber ich muss noch arbeiten. War es das für euch Beide?“ er sieht uns an und ich nicke.
„Ja, danke Ronan!“ Nate winkt ihm zu und wir stehen wieder mitten in der Fußgängerzone.

„Weißt du, wie du zurück zum Studentenwohnheim kommst?“ Nate sieht zu mir und ich schüttele mit dem Kopf.

„Ana?“ fragt er nach und ich lächle leicht.

„Nein, weiß ich natürlich nicht, beim letzten Mal sind wir ja nicht gerade den einfachsten Weg zurück gegangen, oder?“ Antworte ich ihm schließlich und mir steigt beim Gedanken an diesen Tag die Röte ins Gesicht.

Seine Lippen auf meinen…

Reiß dich zusammen, ermahne ich mich selbst.

„Gut, dann bring ich dich zu dir.“ Bietet er mir an und umfasst meinen Arm.

„Ich kann mir auch einfach ein Taxi nehmen.“ Wehre ich ab und er lächelt.

„Quatsch Ana, ich bring dich.“ Er gibt die Richtung vor und ich beginne ihm alle möglichen Hindernisse aufzuzählen.

Ich weiß gar nicht, ob ich das das letzte Mal auch gemacht habe?

Egal, ich will ja nicht, dass er noch einmal Bekanntschaft mit einem Schild oder ähnlichen macht.

„Ana?“ fragt er nach ein paar Minuten.

„Was gibt’s?“ ich bleibe stehen und er lacht.

„Erstens Mal bin ich durchaus in der Lage mich mit dir zu unterhalten und gleichzeitig zu laufen und Zweitens musst du nicht alle Hindernisse aufzählen…“ er grinst breit „Schön zu wissen, das da drei Tauben waren, aber spätestens wenn ich ihnen mit meinem Stock zu Nahe komme, dann verschwinden sie.“

„Tut mir leid, es ist nur ungewohnt.“ Gestehe ich.

„Ich weiß Ana, aber ich komme zu Recht, das weißt du.“ Versichert er mir und zieht mich mit sich.

Ich überlasse ihm die Führung und schweige.

„Du bist heute ruhig.“ Stellt er nach ein paar Minuten fest und ich zucke mit den Schultern.

„Das kannst du lassen, ich sehe dich nicht.“ Erinnert er mich und ich seufze leise.

Wenn mir eins die letzten Stunden mal wieder aufgefallen ist, dann wie viel ich mit meinem Körper und nicht mit meiner Stimme ausdrücke…

„Ich höre dich gerne reden Ana.“ Lächelt er und ich merke mal wieder wie mir die Röte ins Gesicht steigt.

Es hat ja auch Vorteile, dass er blind ist…

Warum bringt er mich nur so aus dem Konzept?

Mir wäre es lieber, wenn es nicht so wäre oder wenn es jemand anderes wäre, der diese Gefühle in mir auslöst.

Nur nicht gerade er…

Ich bin froh, dass ich gerade neue Freunde finde, Freunde, die mich nicht auf mein Aussehen, meine Kreditkarte und meine Standhaftigkeit bei Partys reduzieren.

„Ich habe gerade nichts zu sagen.“ Erkläre ich ihm leise.

„Okay.“ Er umfasst meinen Arm einen Tick fest und wir setzen unseren Weg fort. Nach 10 Minuten entdecke ich mein Zuhause.

„Wir sind da, vielen Dank fürs bringen.“ Verabschiede ich mich von Nate.

„Wir sehen uns morgen in der Uni.“ Er zwinkert mir zu.

„Ganz bestimmt und wenn ich nicht mit dir sprechen will, dann gehe ich eben einfach an dir vorbei.“ Lache ich.

„Du lernst schnell.“ Erwidert er belustigt und ich gehe ins Haus. „Aber dich würde ich überall erkennen…“

Ich drehe mich nochmals um und beobachte ihn noch, bis er hinter der nächsten Hausecke verschwunden ist.

In meinem Zimmer angekommen setze ich mich aufs Bett und versuche krampfhaft meinen Herzen einen normalen Rhythmus aufzuzwängen, denn noch immer hämmert es wie nach einem Marathonlauf in meiner Brust.

Rücklings lasse ich mich aufs Bett fallen und atme tief durch.

„Bist du da?“ Jenna hämmert an meine Tür und ich grinse.

„Komm rein Jenna.“ Rufe ich und sie betritt mein Zimmer.

„Na, schon wieder eingelebt.“ Sie legt ihren Kopf schief und ich seufze leise.

„Wenn ich noch einmal irgendwo hin muss, dann bitte ich um Sonne. Hast du was anderes erwartet?“ Ich befreie mich von meinem Schal und meiner Jacke und setze mich auf.

„Keine Ahnung, du bist mir ab und zu immer noch ein Rätsel.“ Sie setzt sich zu mir aufs Bett und schubst mich leicht an „Was hast du heute Abend vor?“

„Ankommen.“ ich sehe auf meine immer noch nicht ausgepackte Tasche.

„Ein Kinderspiel. Wie liefen denn deine ersten Vorlesungen?“ sie lehnt sich nach hinten und beobachtet mich.

„Gut, sehr gut… Wenn ich bedenke, wie viel Zeit ich in L.A. verschwendet habe. Ich könnte schon lange fertig sein.“ Seufze ich.

„Aber dann hätten wir uns nie kennen gelernt und das wäre ja nun wirklich eine Schande.“ Lacht sie leise „Aber gut, heute Abend bekommst du von mir frei, aber morgen gehen wir aus. Wie ich gehört habe begleitest du uns am Wochenende nach Rush.“ Sie steht auf, dreht sich zu mir um und lacht über mein verwirrtes Gesicht.

„Also morgen bin ich bei Grace und Dex und ja, ich habe da so ein Ding mit Nate laufen.“ Winke ich lachend ab.

„Ich weiß, Aiden hat es mir erzählt.“ Gibt sie zu.

„Kannst du mir sagen, wo ich in einer Woche eine Surfausrüstung her bekomme?“ ich lege meine Stirn in Falten und sie setzt sich wieder neben mich.

„Leihen oder Kaufen?“ sie denkt nach und ich tue es ihr gleich.

„Kaufen.“ Beschließe ich.

Ich bin mir fast sicher, wenn ich erst einmal wieder auf einem Board gestanden habe, dann will ich dieses Gefühl wieder öfter haben. Die Frage ist nur, ob ich die Erinnerung abschütteln kann und es schaffe auf dem Board zu stehen…

„Ich kenne ein gutes Sportgeschäft, da kaufen die Jungs und ich immer unser Surfzeug. Ich denke Josh kann dir einen guten Preis machen.“ Sie ist sichtlich zufrieden mit sich.

„Du surfst auch?“ frage ich erstaunt.

„Ja sicher, Aiden und Nate haben mich immer mit genommen. Ich kann schon seit ich denken kann surfen.“ Erklärt sie mir.

Ich denke einen Moment nach, über eine Frage denke ich schon eine ganze Weile nach, aber bisher habe ich mich noch nicht getraut sie laut auszusprechen.

„Ist Nate eigentlich seit seiner Geburt blind?“ frage ich leise und plötzlich wird sie nachdenklich.

Etwas, was ich bei ihr noch nicht wirklich gesehen habe.

„Es tut mir leid Jenna.“ Entschuldige ich mich schnell.

„Nein, nein…“ sie winkt ab und versucht zu lächeln, aber dieses lächeln erreicht nicht so wie sonst ihre Augen. „Nein, er ist seit einem Unfall vor 15 Jahren blind, damals war er gerade 16. Bitte sag ihm nicht, dass ich es dir erzählt habe. Er wird es dir sagen, wenn er soweit ist.“

Ich merke, dass da mehr dahinter steckt, aber ich will nicht weiter nachfragen.

Ich gebe ja zu, dass es mich interessiert, aber ich werde bestimmt irgendwann eine bessere Gelegenheit finden…

„Es tut mir wirklich leid, dass ich so neugierig bin.“ Sage ich erneut leise und sie nimmt meine Hand.

„Wir haben alle unsere kleinen Geheimnisse.“ Sie drückt kurz meine Hand und ich nicke.

Ja, die einen Große und die anderen Kleine…

„Dann pack du mal aus und ich werde schauen, ob ich noch etwas Stoff in meinem wunderschönen Kopf bekommen.“ Sie steht auf und ich sehe sie betroffen an.

„Alles gut.“ sagt sie und lächelt, dieses Mal strahlen ihre hellblauen Augen wieder und ich atme erleichtert aus.

„Morgen früh um 6:30 Uhr?“ frage ich und sie dreht sich grinsend um.

„Aber sicher, ich kam mir schon doof vor morgens allein im Bad herum zu stehen.“ Sie zwinkert mir zu.

„Ich danke dir.“ Erwidere ich und sie zieht die Tür ins Schloss.

Tatsächlich packe ich meine Tasche aus und nehme mir dann mein Buch in Grundrecht vor, morgen liegt tatsächlich ein ganzer Tag mit diesem leidigen Thema vor mir…

Ich schlafe über meinem Buch ein und werde durch ein penetrantes Klopfen an der Tür geweckt.

„Wir haben eine Stunde, komm schon Ana.“ Ruft Jenna und ich komme verwirrt hoch.

Ich sehe auf mein Handy und schrecke hoch, so schnell es eben geht schnappe ich mir eine neue Jeans, ein Shirt und Unterwäsche sowie Socken, dann laufe ich über den Flur und klopfe an die Tür zum Bad.

Jenna öffnet mir und sieht mich verwirrt an.

„Wie siehst du denn aus?“ fragt sie belustigt und ich seufze leise.

„Ich bin tatsächlich über meinem Buch eingeschlafen.“ Gebe ich zurück und ziehe mir mein T-Shirt über den Kopf.

„Gibt’s ja nicht. Hilft das beim lernen?“ lacht sie und legt dann ihren Kopf schief. „Wow, das sieht ja toll aus.“ Sie bestaunt mein Tattoo, welches ich an meinem rechten Schlüsselbein habe. Bisher ist es ihr wohl entgangen, aber meistens hatte ich auch morgens immer einen Bademantel und wenn sie duschen war, dann habe ich mich angezogen, wir hatten ja nicht wirklich Wetter, bei dem ich Top herumlaufen konnte…

Eine Pusteblume, einige der kleinen Schirmchen erstrecken sich bis hoch zur Schulter und dazwischen steht der Name Jonathan und ein kleines Herz.

Er ist immer bei mir.

„Danke.“ Ich lege mein Hand darauf und schließe kurz meine Augen, als ich sie wieder öffne sieht mich Jenna nachdenklich an und ich schenke ihr einen langen Blick.

„Wir sollten uns beeilen, Aileen und Sophia verstehen keinen Spaß was die Badzeiten angeht.“ Jenna grinst und steigt in einer der Duschkabinen.

Ein paar Minuten später prasselt das heiße Wasser auf meinen verspannten Körper und ich lehne mich gegen die geflieste Wand.

Noch immer ist alles hier in Dublin für ich irgendwie unwirklich, erst Recht nachdem was Silvester passiert ist und den letzten vier Monaten in Oxford.

Es fühlt sich an wie ein anderes Leben, gerade so, als würde die Ana, die in L.A. gelebt hat langsam aufhören zu existieren.

Aber ich will mich bessern, ich will endlich jemand sein, der etwas aus sich macht.

Hier bin ich endlich die Ana, die ich sein kann, auch wenn ich meine Geheimnisse habe.

Ich wasche meine Haare und als ich mein Shampoo in die Hand nehme und es verteile, muss ich an Nate denken, er wird mich heute, mit frisch gewaschenen Haaren, wahrscheinlich schon auf 10 Meter Entfernung riechen…

Ich stelle die Dusche aus und schlinge das Badetuch eng um mich um mich neben Jenna vor den Spiegel zu stellen.

„Na sieh mal einer an, unter dem zerknautschten Etwas steckt ja tatsächlich Ana.“ Feixt sie und ich strecke ihr meine Zunge raus.

Man eine Stunde kann verdammt kurz sein und meine Haare sind noch nicht einmal richtig trocken, als uns Aileen und Sophia in den Flur verfrachten.

„Ich brauche jetzt einen Kaffee.“ Stöhnt Jenna und ich lache.

Schön, dass sich manche Dinge nie ändern…

„10 Minuten.“ Sage ich und bringe mein nasses Handtuch ins Zimmer um es über die Heizung zu legen, dann nehme ich meinen Laptop und meine Bücher für den heutigen Kurs. Mit einem Blick nach draußen nehme ich mir meine dünne Winterjacke mit und stehe dann auch schon wieder im Flur.

Ich bin mal vor Jenna fertig?

Ich klopfe an die Nachbartür.

„Jenna?“ rufe ich.

„Ich bin gleich fertig, komm rein.“ antwortet sie und ich betrete ihr Zimmer.

„Wow, du hast ja umgeräumt.“ Ich bestaune ihre, aus Retromöbeln bestehende Einrichtung und sie reckt stolz ihren Kopf in die Höhe.

Aber die Möbel verdecken nicht Jennas Chaos, überall sind ihre Sachen verstreut und ich frage mich wirklich, wie sie es schafft hier drinnen auch nur ein Teil wieder zu finden.

„Wirklich hübsch.“ Ich sehe mich genauer um und reiche ihr ihren Schal, den sie mir im Januar geborgt hat und den ich im Schrank wieder gefunden habe. „Danke für ausleihen.“

„Gern geschehen.“ Lacht sie „Und bereit für einen neuen Tag?“ sie nimmt sich ihre Umhängetasche und ich nicke seufzend.

„8 Stunden Grundrecht…“ ich verdrehe die Augen.

„Das überstehst du schon.“ Sie legt den Arm um mich und wir gehen zum Fahrstuhl.

Sie zwingt mich wieder zum laufen und wie immer machen wir einen Abstecher zu Starbucks und betreten 30 Minuten später das Unigelände.

„Mittag in der Mensa?“ sie sieht mich lächelnd an.

„Sicher.“ Erwidere ich und gehe in Richtung des Jura Gebäudes.

Kaum betrete ich dieses, laufe ich Nate in die Arme.

„Du hast aber eilig Ana Colemann.“ Neckt er mich.

„Oh ja, der Traum meiner schlaflosen Nächte…“ ich seufze theatralisch „Einen ganzen Tag Grundrecht.“

„Viel Spaß, ich will nicht mit dir tauschen müssen.“ Erwidert er gespielt schockiert.

„Danke Nate!“ rufe ich ihm über die Schulter zu und setze meinen Weg beschwingt fort.

Der Tag geht erstaunlich schnell rum und ehe ich mich versehe ist Freitag.

Als ich den Hörsaal zur Rechtsgeschichte betrete suche ich vergeblich nach Prof. Morris und uns wird von Nate, der kurz herein kommt ein neuer Lehrer vorgestellt.

Nach der Vorlesung stapfe ich ziemlich gefrustet durch die Flure, als mich jemand zur Seite zieht.

„Was ist den los?“ fragt mich Nate und ich seufze.

„Wo hat der denn bitte studiert? Von der Hälfte habe ich noch nie etwas gehört.“ Meckere ich und er lächelt leicht.

„Ich kann dir Nachhilfe geben, wenn du willst. Es sei denn, du willst Dex fragen.“ Er sieht mich an und ich denke einen Moment nach.

Dex ist in Rechtsgeschichte nicht sonderlich gut, es ist einfach nicht sein Fachgebiet…

„Ich überlege es mir und sage dir dann Bescheid.“ Antworte ich schließlich und er scheint zufrieden mit meiner Antwort zu sein.

Bilanzrecht ist echt entspannend und nach der Vorlesung gehe ich zu Dex.

„Sag mal Dex, kann man als Studentin einen Lehrer um Nachhilfe bitten?“ ich lege meine Stirn in Falten.

„Klar doch, ich habe dir ja auch Nachhilfe gegeben.“ Er grinst.

„Du bist mein Onkel…“ ich winke ab „Nate hat mir Nachhilfe in Rechtsgeschichte angeboten, der neue Prof. ist irgendwie von einem anderen Stern.“

„Wenn er es dir anbietet, dann spricht nichts dagegen, aber bitte Ana, denk immer daran, er ist dein Lehrer.“ Fügt er hinzu und ich lächle gequält.

„Dessen bin ich mir bewusst, danke Dex.“ Ich sehe mich um und hauche ihm einen Kuss auf die Wange.

„Vielleicht findet sich noch eine andere Lösung.“ Ruft er mir hinterher und seine Worte hallen in meinem Kopf wieder.

Vielleicht…

Jenna winkt mich in der Mensa zu sich und ich setze mich mit meinem Sandwich lachend zu ihr.

„Jenna, wir sitzen immer am selben Tisch, ich finde dich auch, wenn du dir nicht den Arm abwinkst.“

„Ich will ja nur auf Nummer sicher gehen. Und wie war es bis jetzt?“ sie beißt beherzt in ihr Sandwich.

„Der Tag ist eine Katastrophe, wir haben einen neuen Professor in Rechtsgeschichte. Keine Ahnung wo er studiert hat, aber er wirft unseren kompletten Lehrplan über den Haufen…“ ich verdrehe die Augen „Nate hat mir Nachhilfe angeboten.“

„Wow, kannst du ihn dir als Nachhilfelehrer leisten?“ scherzt sie.

Ich sehe sie fragend an und sie lacht auf.

„Nate ist beliebt als Nachhilfelehrer, besonders bei deinen Kommilitoninnen….“ Sie zwinkert mir zu „…Einige Väter bezahlen ihm gutes Geld, damit ihre Töchter die Prüfungen bestehen.“

„Ich habe ihn nicht gefragt, was er die Stunde nimmt.“ Gebe ich zu und runzele die Stirn.

Ich bin eine von vielen… und irgendwie gefällt mir dieser Gedanke ganz und gar nicht.

„So schlimm wird es nicht, vielleicht kannst du ihm etwas als Gegenleistung anbieten.“ Jenna sieht mich an und ich verschlucke mich an meinem Kaffee.

„Wie bitte?“ echoe ich.

„Gott Ana, so war das nicht gemeint.“ Lacht sie auf „Ich meine, vielleicht kannst du…“ sie denkt angestrengt nach „… Was weiß ich denn? Tanzen? Backen? Kochen?“

„Tanzen? Backen? Kochen?“ nun muss auch ich lachen „Ich kann weder das eine noch das andere besonders gut.“

„Dann lass dir doch was einfallen.“ Sie zuckt mit den Schultern.

„Ich frage ihn einfach, wie viel er die Stunde nimmt. Ist ja nicht so, als würde ich mein “Taschengeld“ jeden Monat aufbrauchen.“ Ich nehme mir mein endlich mein Sandwich und beiße hinein.

„Denk daran, dass wir nach der Uni zu Josh fahren.“ Sie sieht mich an und ich lege meinen Kopf schief, wobei mir eine Strähne ins Gesicht fällt.

„Josh. Surfausrüstung.“ Hilft mir Jenna auf die Sprünge und ich grinse.

„Ach ja. Wir müssen aber erst mein Auto holen. Du hast mich ja wieder mal gezwungen zu laufen.“ Ich seufze, knülle das Papier meines Sandwiches zusammen und sehe sie abwartend an.

„Aiden leiht uns seinen Pick up. Er steht vor der Uni, wenn wir Schluss haben.“ Trumpft sie auf.

„Hast du auch mal keine Lösung für ein Problem?“ lächle ich und sie schüttelt vehement mit dem Kopf.

„Gut, dann lass uns den heutigen Tag zu Ende bringen.“ Ich stehe auf und nehme ihren Müll gleich mit.

„Bis später!“ sie winkt mir zu und wir verlassen die Mensa in verschiednen Richtungen.

Ich bin fast pünktlich raus und sehe mich draußen suchend nach Jenna um.

Sie rauscht an mir vorbei und packt mich am Arm „Wochenende!“ jubelt sie.

„Ist ja gut.“ lache ich und werde von ihr zu einem ziemlich lädierten Pick up gezogen.

„Wow.“ Ich sehe das Auto an und dann Jenna.

„Es fährt.“ Sie zuckt mit den Schultern.

„Das nächste Mal nehmen wir mein Auto, das sieht ja lebensgefährlich aus. Wenn du es brauchst, dann sag einfach Bescheid.“ Ich steige auf der Beifahrerseite an und sie sieht mich mit großen Augen an.

„Echt?“ fragt sie nach und ich nicke.

„Ja klar. Wieso denn nicht?“ erwidere ich schulterzuckend.

„Du bist definitiv meine beste Freundin.“ Sie umarmt mich stürmisch und ich lache leise.

„Danke Jenna, das weiß ich wirklich zu schätzen.“ Grinse ich.

„Weißt du Ana, ich kenne dich jetzt noch nicht sehr lange, aber es kommt mir so vor, als wärst du schon immer hier gewesen.“ Sagt sie leise und ich lächle.

„Ich weiß, es fühlt sich auch so an.“ gebe ich zu.

Dann bahnen wir uns unseren Weg durch die Innenstadt und nach 30 Minuten, in denen wir sämtliche Titel im Radio schrecklich schief mitsingen, erreichen wir unser Ziel einen kleinen Surf Shop in einem der Vororte.

„Ich habe Josh Dienstag schon angerufen, er wird dir alles was du brauchst raus gesucht haben.“ Erklärt sie mir, als wir den Laden betreten und die kleine Glocke über der Tür erklingt.

„Jenna!“ ein junger Mann kommt aus einem kleinen Hinterzimmer und wirbelt Jenna im Kreis. Ich schaffe es gerade so mich in Sicherheit zu bringen und schüttele lächelnd meinen Kopf, scheint es gebe es in Dublin tatsächlich noch ein Exemplar von Jenna, in männlich.

„Josh das ist Ana. Ana das ist Josh.“ Macht sie uns bekannt und er reicht mir seine Hand.

„Schön dich endlich kennen zu lernen.“ Er entblößt seine strahlend weißen Zähne.

Endlich?

Ist mein Ruf mir voraus geeilt?

„Freut mich auch.“ Erwidere ich freundlich und er deutet uns an mit nach hinten zu kommen.

An allen Wänden lehnen Surfboards in verschiedenen Größen und Farben und ich sehe mich ein wenig um. Ich streiche über den glatten Lack und schließe kurz meine Augen, Erinnerungen stürzen auf mich ein und ich versuche sie abzuschütteln…

„Ich habe hier ein Masterboard von O’Neill für dich und die gesamte Ausrüstung dazu.“ Holt mich Josh ins hier und jetzt zurück und ich nehme ihm das Board aus der Hand. Es ist ein Shortboard, so eines hatte ich in L.A. auch.

Wusste er das?

„Warum kein Longboard?“ ich ziehe eine Augenbraue hoch und er lacht auf.

„Weil mir Jenna erzählt hat, das du kein Newbie bist und ehrlich Ana… Ein Longboard?“ er sieht mich grinsend an.

„Du hast Recht, es ist perfekt.“ Ich streiche über die gewachste Unterseite.

„Ich brauche deine Kleidergröße und dann kannst du ja mal ein oder zwei Anzüge anprobieren.“ Er führt uns wieder nach vorne und ich stelle das Board neben die Kasse.

Nach einer Stunde habe ich einen langen und einen kurzen Anzug gefunden die perfekt passen und schlüpfe wieder in meine Jeans und meinen Pullover.

„Soll ich das Board morgen mit nach Rush bringen?“ fragt Josh und ich sehe ihn erstaunt an.

„Nate, Aiden, Ronan, Jenna und ich sind Freunde.“ Sagt er als würde das alles erklären.

Es erklärt viel, das gebe ich zu… aber längst nicht alles.

„Okay.“ Erwidere ich lang gezogen.

Ist Dublin wirklich so klein?

Oder kommt es mir nur so vor?

„Also gut L.A., das macht dann 758 Euro.“ Er stellt sich neben die Kasse und ich hole meine Kreditkarte raus.

„Das ist echt ein guter Preis.“ Ich drehe mich erstaunt zu Jenna um.

„Das Board ist vom letzten Jahr.“ Sagt Josh und zieht meine Karte durch.

„Und? Als ob Boards aus der Mode kommen.“ Ich schüttele meinen Kopf.

„Das ist vielleicht für dich so, aber glaub’ mir genug Leute müssen jedes Jahr ein Neues haben.“ Erklärt er mir „Ansonsten könnte ich ja schließlich nicht überleben.“ Fügt er hinzu und ich nicke lächelnd.

„Ich danke dir Josh.“ Ich nehme die Tüte mit den Anzügen und winke ihm zu ehe ich Jenna aus dem Laden folge.

Bis hierher ging ja alles gut…

„Ich danke dir Jenna.“ Sage ich und sie strahlt mich an.

„Ich muss dir danken, endlich bin ich nicht mehr die einzige Frau zwischen den Idioten.“ Sie schließt den Pick up auf und wir steigen ein.

„Was hältst du von einer Pizza?“ Jenna zieht eine Augenbraue hoch und ich will gerade antworten als mein Handy klingelt.

Auf dem Display steht Grace und ich grinse leicht.

„Ja Grace.“ Gehe ich ran.

„Hallo Ana. Kommst du heute Abend?“ fragt sie leicht verwirrt.

„Nein, nein Grace, ich komme erst Montagabend wieder. Kann es sein, das du ganz schön vergesslich in letzter Zeit bist? Ich habe es dir doch Mittwoch gesagt.“ ärgere ich sie.

„Zum Glück ist mein Kopf angewachsen.“ Erwidert sie lachend „Dann bis Montag, schönes Wochenende!“

„Euch auch!“ damit lege ich auf.

„Was ist los?“ Jenna sieht mich belustigt an.

„Das war Grace, sie vergisst in letzter Zeit ständig was, weil sie im Büro so viel um die Ohren hat, und sie hat gefragt, ob ich heute komme, obwohl ich ihr Mittwoch gesagt habe, dass ich erst Montag wieder komme.“ Lache ich.

„Sie ist sehr besorgt um dich, manchmal vielleicht etwas zu viel, oder?“ skeptisch betrachtet sie mich.

„Sie will nur sicher gehen, das ich mich anständig benehme." erkläre ich ihr leise.

„Ana das böse Mädchen?“ sie zieht eine Augenbraue hoch und parkt aus.

„Du kennst mich nicht.“ Erwidere ich leise.

„Weil dir die größte Mühe gibst, das man ja nicht hinter diene Fassade schaut.“ Gibt sie zurück. „Aber du bist so unbeholfen. Hattest du in L.A. überhaupt richtige Freunde?“ sie sieht zu mir, als sie an einer roten Ampel hält und ich denke angestrengt nach.

„Ich weiß nicht.“ Antworte ich ehrlich.

„Du hast hier Freunde Ana und wir passen schon auf dich auf, sag das Grace.“ Sie zwinkert mir zu.

„Danke Jenna.“ Ich sehe aus dem Fenster.

Manchmal holt mich mein altes Leben ein, so sehr ich auch will, das das hier ein neues Kapitel ist, das alte ist so lange nicht abgeschlossen, bis ich weiß, ob ich angeklagt werde oder nicht…

Das Schwert der Unwissenheit schwebt immer noch über mir.

Ich möchte wieder die Ana von vor drei Jahren sein, als meine Welt noch in Ordnung war, aber an die erinnere ich mich kaum noch.

„Und Pizza?“ fragt Jenna nach einer Weile doch ich schüttele meinen Kopf.

„Mir ist nicht nach Pizza.“

„Chinesisch auf dem Dach des Studentenwohnheims?“ sie sieht lächelnd zu mir und ich nicke leicht.

„Das klingt gut.“ gebe ich zu.

Wir halten vor einem kleinen chinesischen Imbiss in zweiter Reihe und Jenna läuft rein und kommt mit zwei Tüten zurück.

„So das haben wir. Wein?“ sie legt ihren Kopf schief und ich grinse.

„Rot.“ Sage ich und sie nickt zustimmend.

Am nächsten Supermarkt springe ich dann aus dem Auto und kaufe zwei Flaschen Rotwein.

Wir finden tatsächlich einen Parkplatz nur drei Straßen vom Wohnheim entfernt und Jenna ist sichtlich stolz auf sich, als der Pick up fast gut in der Parklücke steht.

Wenn ich mit ihr zusammen bin, dann fühle ich mich unbeschwert und frei. So habe ich mich nicht einmal in meiner Kindheit fühlen dürfen und ich erkenne, dass meine Eltern nicht erst in den letzten Jahren Fehler gemacht haben, vielmehr ziehen sich ihre Fehler durch mein ganzes Leben…

Es ist fast unheimlich still im Wohnheim, alles sind mal wieder weg du genießen das erste wärmere Wochenende des Jahres mit ihren Freunden oder ihren Familien.

„Komm.“ Jenna holt dicke Decken, grinst mich an und deutet auf die Feuerschutztür auf der groß und in leuchtenden Farben – Zutritt verboten - steht. Zweifelnd erwidere ich ihren Blick.

„Es ist Okay.“ Versichert sie mir und wir betreten ein kleines Treppenhaus. Nachdem wir ein paar Stufen nach oben gestiegen sind schubst Jenna die Tür auf und wir stehen auf den Dach.

Der Anblick ist atemberaubend und von hier kann ich in der Ferne sogar das Meer sehen, die Sonne versinkt gerade glutrot darin und ich schließe meine Augen.

„Wunderschön, oder?“ holt mich Jenna zurück und ich nicke lächelnd.

„Ja, es ist wirklich wunderschön.“ Pflichte ich ihr bei und wir setzen uns auf die Decken.

Wir essen mit Stäbchen aus der Packung und trinken den Wein aus der Flasche, aber es ist das erste Mal seit Jahren, das ich mich wirklich rundum wohl fühle.

Wir reden über die Uni, über ihren Bruder und ihre Freunde. Sie ist nicht zu neugierig was mich angeht und ich danke ich wirklich dafür. Ich muss das alles erst einmal verarbeiten, das hier ist immer noch alles Neuland für mich…

„Wer ist Jonathan?“ fragt Jenna leise und ich sehe neben mich.

Wir liegen auf dem Rücken und sehen in die Sterne. Dick eingepackt in die Decken ist es mollig warm. Ich kann mich kaum noch erinnern, als ich das letzte Mal so viele Sterne gesehen habe.

„Mein Bruder.“ Sage ich leise und sehe wieder zu Sternen.

„Ist er noch in L.A.?“ hakt sie vorsichtig nach.

„Er ist vor drei Jahren gestorben.“ Ich schließe meine Augen.

„Das tut mir leid Ana, ich wollte nicht…“ ich höre das bedauern in ihrer Stimme.

„Schon Okay Jenna, es ist nur so…“ ich drehe mich auf die Seite und sehe sie an „Ich spreche sehr selten über ihn, es tut zu weh.“

„Du hast ihn sehr geliebt?“ sie dreht sich auf den Bauch und legt ihren Kopf schief.

„Ja.“ Sage ich leise und meine Hand legt sich auf mein Tattoo.

„Er passt auf dich auf.“ Versichert sie mir und ich lächle gequält.

„Ich habe Mist gebaut, viel Mist…“ ich seufze leise „Ich hoffe inständig, er hat das nicht sehen müssen.“

„Menschen die uns lieben verzeihen uns alles.“ Sie nimmt meine Hand.

„Danke Jenna.“ Ich lege meinen Kopf auf meinen Arm.

Das klingeln irgendeines Handys lässt mich hoch schrecken und ich stelle fest, das Jenna und ich noch immer auf dem Dach sind und das es kalt ist.

Jenna erwacht neben mir und greift nach ihrem Handy.

„Wir sind in 30 Minuten unten.“ Sagt Jenna und grinst mich an. „Es muss schon Jahre her sein, das ich mal im Freien geschlafen habe.“ Sie zwinkert mir zu und ich helfe ihr auf die Beine. Wir sammeln die Essensboxen und die Weinflaschen ein und steigen die kleine Treppe wieder runter. Oh man, das nächste Mal nehmen wir noch mehr Decken mit…

„Anziehen, in einer halben Stunde sind Aiden und Nate hier.“ Weist sie mich an und ich gehe in mein Zimmer.

Ich ziehe mir ein enges langärmliges Top, eine lange Unterhose und dicke Socken an. Wenn das Wasser nur halb so kalt ist wie befürchtet, dann bekomme ich die Frostbeulen, die Nate mir angedroht hat, noch wirklich.

Schließlich binde ich meine Haare hoch, schlüpfe in eine Jeans und einen Pullover und schnappe mir meinen Neoprenanzug.

Als ich mein Spiegelbild sehe, da stiehlt sich ein lächeln in mein Gesicht.

Ich bin ungeschminkt und ich erkenne, dass das hier wirklich ich bin…

„Fertig?“ Jenna kommt rein und ich recke meinen Daumen in die Höhe.

„Dann los!“ jubelt sie und zieht mich mit sich, ich schaffe es gerade noch so mein Zimmer abzuschließen und stolpere hinter ihr in den Fahrstuhl.

Unten angekommen hält der Pick up am Bürgersteig und Jenna läuft los.

„Aiden!“ jubelt sie und drückt ihn an sich.

Ich recke mein Gesicht der Sonne entgegen und sie hat wirklich schon richtig Kraft, dann folge ich ihr und beuge mich zu Nate, der im Auto geblieben ist.

„Hey.“ Flüstere ich und er zuckt zusammen.

„Es ist unhöflich sich so an jemanden ran zu schleichen Ana Coleman.“ Rügt er mich.

„Ich habe mich nicht ran geschlichen, ich habe schon von der Haustür aus gewunken.“ Gebe ich zurück und er lacht leise.

„Ana!“ Aiden nimmt nun mich in den Arm und mein Blick bleibt an seinem rechten Arm hängen, er trägt ein T-Shirt und ich erkenne die Narben einer ziemlich schlimmen Verbrennung, die sich über den ganzen Arm nach oben hin erstreckt.

Was ist da nur passiert?

„Ich dachte, es war mal Zeit meine alte Haut los zu werden, ich wusste nicht, dass sie so hässlich nachwächst.“ Kommentiert er trocken und ich zucke schuldbewusst zusammen.

„Es tut mir leid.“ Stammele ich und Jenna und Nate lachen auf.

„Entspann dich Ana.“ Sagt Nate und ich krabbele mit Jenna nach hinten. „Bereit?“ Aiden dreht sich lachend zu uns um.

„Immer.“ Antworten Jenna und ich wie aus einem Mund.

„Und Ana, wie sicher stehst du auf dem Board?“ fragt er weiter. „Ich meine so auf einer Skala von 1 bis 10?“

„Ich bin sicher auf dem Board, ich denke eine 9 wird es schon sein.“ Gebe ich zu.

„Mit wie viel Jahren standest du das erste Mal auf einem Board?“ ich sehe, das mich Aiden im Rückspiegel grinsend mustert.

Ich überlege einen Moment „Ich glaube, ich muss 5 oder 6 gewesen sein.“ Ich lächle als ich mich an den Sommer erinnere, in dem mir John das surfen bei gebracht hat.

Das war unser Ding, unsere Leidenschaft, die uns immer verband.

John… plötzlich werde ich Ernst und alle Muskeln in meinem Körper spannen sich an.

Ich kann das nicht! Schreit eine kleine Stimme in meinem Kopf.

Ich muss es wenigstens versuchen… mache ich mir selber Mut.

„Ana?“ holt mich Nates Stimme zurück.

„Was?“ frage ich verwirrt.

„Du hast mir ja was verschwiegen.“ Wiederholt er erschüttert.

„Ich muss dir ja nicht alles verraten.“ Flüstere ich ihm ins Ohr und Jenna lacht leise.

„Oh Nate, du bist bei Ana so etwas von abgeblitzt.“ Kommentiert sie trocken und ich schlucke schwer.

„Wie ich schon mal sagte, sie verschmäht mich nur, weil ich ihr Lehrer bin.“ Kontert Nate, öffnet das Fenster und lässt seine Hand durch die Luft gleiten.

Ich beobachte ihn und bemerke Jennas Blick erst, als sie mich anschubst.

Ich sehe ertappt weg und aus dem Fenster.

Verrate ich John, wenn ich mich wieder auf ein Board stelle?

Nein, er würde es so wollen… So kann ich ihn nah sein.

Ich nicke leicht meinen Spiegelbild in der Seitenscheibe zu und der Knoten in meinem Magen löst sich langsam auf.

Dann erreichen wir einen Strand und da ich schon von weiten Josh erkenne, der wild winkend auf sich aufmerksam macht, gehe ich mal einfach davon aus, dass wir in Rush sind.

Nate steigt aus und ich und Jenna krabbeln aus dem Auto.

„Hey Mädels!“ Ronan nimmt erst Jenna und dann mich in den Arm.

„Hey Row.“ Jenna drückt ihm einen Kuss auf die Wange.

„L.A., dein Board wartet auf dich.“ Josh kommt angelaufen und nimmt mich überschwänglich in den Arm.

„Ich danke dir.“ Ich drücke ihm einen Kuss auf die Wange.

„Hey, hey erst einmal Nate und Aiden.“ Mischt sich Ronan ein und Josh holt ein Board aus seinem Bus und ich starre es an.

Es sind im Grunde genommen zwei Boards die mit Stangen aneinander befestigt sind und durch Gelenke frei beweglich sind.

„Meine Konstruktion.“ Erklärt mir Josh stolz und ich betrachte es genauer. „Erst haben wir nur steife Verbindungen probiert, aber damit haben Aiden und Nate mehr Zeit im als auf dem Wasser verbracht, dann haben wir die Gelenke eingebaut und seitdem funktioniert es richtig gut.“ er wird glatt ein paar Zentimeter größer.

„Das ist unglaublich.“ Ich streiche über das eine Board auf dem Nate steht und fahre die Buchstaben nach.

Ich drehe mich um und sehe, wie Nate aus dem Bus stiegt, er hat sich seinen Anzug angezogen, aber ist noch nicht in das Oberteil geschlüpft und ich sehe seine muskulöse Brust. Ich halte unbewusst die Luft an und beobachte fasziniert wie er sich das Oberteil überzieht. Dann steigt auch Aiden aus dem Bus und ich sehe schnell weg.

Wie alt bin ich?

Mal wieder 12?

„Dann los!“ ruft Aiden Nate zu, nimmt seinen Arm und führt ihn zum Board.

„Jetzt schau uns zu und lerne.“ Flüstert mir Nate zu und ich lächle, als ich den Beiden hinterher sehe.

„Nate ist Besonders.“ Sagt Jenna plötzlich neben mir.

„Ich weiß.“ Antworte ich ihr und wir folgen den Jungs bis ans Wasser, Ronan und Josh stürzen sich mit in die Fluten und ich sehe, das sie neben Nate und Aiden fahren um im Notfall zu helfen.

„Die Jungs sind ein gut eingespieltes Team.“ Beruhigt mich Jenna als sie meinem Blick folgt, der immer noch an Nate hängt.

„Das sieht man.“ Gebe ich zu.

„Du magst Nate, oder?“ sie legt ihren Kopf schief und der Wind bläst ihr die Haare ins Gesicht.

„Ja, ich mag ihn, aber er hat Recht…“ ich sehe wieder aufs Wasser und betrachte Nate, der sich auf seinem Board aufrichtet und es sichtlich genießt „Er ist mein Lehrer und ich kann viel gebrauchen, aber bestimmt keinen Ärger.“

„Das ist gut, nimm ihn als Freund… Weißt du, ich mag ihn wirklich sehr.“ Ihre Stimme bekommt einen Unterton den ich bisher noch nie bei ihr gehört habe und ich sehe sie an.

„Es tut mir leid Jenna, ich wollte…“ setze ich an.

„Schon Okay Ana, er gehört zu mir, Okay?“ sie sieht mich bittend an.

„Okay.“ Ich nicke ihr zu und wir setzen uns in den Sand.

„Weiß er es?“ frage ich sie nach ein paar Minuten.

„Keine Ahnung, Andeutungen mache ich genug.“ Sie zuckt mit den Schultern und sieht verträumt aufs Meer.

Wie konnte ich es nur nicht sehen?

Jenna ist in ihn verliebt und ich tauche hier auf und benehme mich, wie ein Elefant im Porzellanladen…

Gut gemacht Ana Coleman…

Nach einer Stunde haben sich die Jungs ausgetobt und ich und Jenna ziehen uns um. Der Neoprenanzug ist wind- und hoffentlich auch wasserdicht, aber meine Hände zittern, als ich das Sicherheitsband an meinem Knöchel befestige.

„Bereit?“ Jenna strahlt mich an.

Zum Glück ist sie nicht nachtragend…

„Immer.“ Ich versuche zu lächeln und wir stürzen uns in die Fluten.

„Passt auf das Riff auf!“ ruft uns Aiden hinterher und Jenna deutet auf einen dunklen Streifen weiter hinten im Wasser.

Ich nicke als Zeichen, das ich verstanden habe und paddele weiter, das Wasser ist kalt, echt kalt…aber auszuhalten.

Ich starte ein paar zaghafte Versuche aufs Board zu kommen und mein Herz droht aus meiner Brust zu springen.

In Gedanken höre ich John zu mir sprechen, ganz so wie in dem Sommer als ich surfen gelernt habe.

’Warte auf deine Welle Ana und dann stehst du auf und fliegst.’ Sagt er immer wieder und ich setze mich aufs Board und atme tief durch. Dann erwische ich meine Welle und als ich auf dem Board stehe, da ist tatsächlich wie fliegen. Ich schließe meine Augen und genieße es einfach nur.

Kaum zu glauben, das ich mir das selber so lange vorenthalte habe…

Als ich mit Jenna zurück an den Strand komme klappere ich schon mit den Zähnen und Aiden reicht mir eine Decke.

„Du hast nicht übertrieben, selbst Nate sagt, das war phänomenal.“ Grinst er.

„Wenn selbst Nate das sagt.“ Ich verdrehe die Augen und wickele mich in die Decke ein.

„Habt ihr noch Lust auf ein Drink im Poppys?“ Ronan sieht in die Runde.

„Immer doch!“ strahlt Jenna und ich nicke.

„Wenn ich mich erst einmal umziehen darf?“ ich ziehe eine Augenbraue hoch und ziehe den Reißverschluss meines Anzuges auf und stehe ein paar Sekunden später, nachdem ich mich auch von meiner nicht mehr ganz trockenen langen Unterwäsche befreit habe, nur in meiner schwarzen Unterwäsche vor den Jungs.

„Alter, das du blind bist ist echt eine Schande.“ Sagt Ronan zu Nate und Aiden und Josh lachen auf.

Ich ziehe mir schnell ein Top und mein Pullover über und schlüpfe in meine Jeans.

Besser, viel besser…

Ich fahre dieses Mal bei Ronan und Josh im Bus mit und die beiden sind wirklich witzig, als wir vor einer kleinen Bar halten habe ich schon Bauchschmerzen vom lachen.

Wir fallen in die Bar ein, die Besitzerin winkt den anderen zu und wir finden unseren Platz an einem runden Tisch.

Nate sitzt neben mir und ich seh aus dem Augenwinkel wie Jenna mich beobachtet, ich gebe mit den ganzen Nachmittag Mühe, mich so unauffällig wie möglich zu verhalten, aber es fällt mir verdammt schwer.

„Kann es sein, das du am Anfang Angst hattest? Ich habe ja wirklich einen Moment gedacht, du packst das nicht.“ Ronan sieht mich an und ich zucke leicht mit den Schultern.

„Es war einfach zu lange her, das ich auf einem Board stand.“ Gebe ich zu.

„Aber dann Ana… Du bist echt talentiert.“ lobt mich nun Josh und ich proste ihm mit meinem Cocktail zu.

„Danke Josh.“

Am frühen Abend bitte ich Jenna vor die Tür, diese angespannte Situation gefällt mir überhaupt nicht.

„Jenna, ich weiß nicht, was ich machen soll.“ Ich fahre mir durch die Haare.

„Es tut mir leid Ana, aber das Ganze ist ungewohnt, ich will nicht, dass du dich unwohl fühlst.“ Sie nimmt mich in den Arm.

„Es ist komisch, ich meine, die Ana die ich war und die ich wahrscheinlich immer noch in meinem Inneren bin…“ ich seufze und mache mich los „Die hat sich einen Scheißdreck um die Gefühle anderer geschert, aber du bist mir wichtig Jenna. Du bist meine erste richtige Freundin.“ Gestehe ich ihr und sie sieht mich mit großen hellblauen Augen an. „Ich mag Nate, doch wirklich… Als Freund und ich weiß einfach nicht, was Okay für dich ist und was nicht.“

„Sei einfach die Ana, die ich kenne.“ Sagt sie und hakt sich bei mir unter.

Wir kommen zurück zu den anderen und ich setze mich neben Aiden und Jenna krabbelt zu Nate und Row auf die Sitzbank.

„Was hattet ihr denn zu besprechen?“ Aiden mustert mich.

„Mädchenkram.“ Sagen Jenna und ich wie aus einem Mund und müssen lachen.

„Ah ja.“ Aiden sieht mich prüfend an.

Ich habe keine Ahnung wie spät es ist, als ich ins Bett komme, aber den Sonntag verbringe ich damit meine Bücher und Aufzeichnungen zu wälzen und mich für Montag vorzubereiten. Jenna und Aiden sind heute bei ihren Eltern und somit habe ich wirklich Ruhe.

Mein Handy vibriert auf meinem Nachtisch und ich nehme es verwundert zur Hand.

 

Hey Ana, ich wollte nur fragen, ob du die Nachhilfe jetzt willst oder nicht. Gruß Nate

 

Ich überlege wann ich ihm meine Nummer gegeben habe und muss mir eingestehen, das ich keine Ahnung habe, schließlich gehe ich auf antworten.

 

Ich weiß nicht so recht. Was bekommst du die Stunde von mir?

 

Ich drücke auf senden und lächle, Nate hat so ein Handy was die Nachrichten vorliest und wir haben gestern viel gelacht, als das Handy verschiedene Nachrichten von unzähligen Frauen vorgelesen hat. Selbst Jenna nahm das alles mit Humor und war so wie ich sie kennen gelernt habe… lustig, überdreht und gut gelaunt.

Wieder vibriert das Handy und ich drücke auf lesen.

 

Was ich die Stunde bekomme? Mal ehrlich Ana, können wir so etwas nicht in einem persönlichem Gespräch klären? Jenna ist eben fast vom Stuhl gefallen.

 

Ach, daher hat er meine Nummer…

 

Ich weiß, das du als Nachhilfelehrer beliebt bist und nicht günstig und ich muss wissen, ob ich mir dir leisten kann.

 

Ich nehme wieder mein Buch zur Hand und drehe mich auf den Bauch, so dass ich mir einige wichtige Sachen markieren kann. Ich habe inzwischen gelernt wichtig von unwichtig zu unterscheiden…

Dann wieder eine Nachricht.

 

Für dich umsonst. Dienstag 19 Uhr bei dir?

 

Hmm ich denke nach, ich glaube, das ist nicht so gut… Ich will Jennas Gefühle nicht verletzen.

 

Danke, aber weiß du, ich denke, ich bekomme das alleine hin. Kümmere dich um deine anderen Nachhilfeschüler. Sei nicht böse.

 

Mit zittrigen Fingern drücke ich auf senden und bin nicht wirklich erstaunt, das er nicht zurück schreibt.

Ich würde gerne Nachhilfe bei ihm nehmen und das nicht nur in Rechtsgeschichte…

Aber ich muss mich zusammen reißen.

Seufzend blättere ich in meinem Buch weiter, immer wieder denke ich am Nate und hoffe inständig, er ist nicht allzu böse auf mich, aber ich darf das hier nicht vermasseln.

Das ich mich hoffnungslos in ihn verliebt habe, ist mir spätestens seit unserem ersten Kuss klar, aber genauso klar ist mir, das ich das nicht darf.

Jetzt kommt zu dem Problem, das er mein Lehrer ist auch noch das, das augenscheinlich Jenna in ihn verliebt ist.

Ich zwinge mich, mich auf mein Buch zu konzentrieren und es will einfach kein Ende nehmen, das ich manche Seiten vier Mal lesen muss, weil meine Gedanken abschweifen, was ist nicht gerade hilfreich.

Zum Abendbrot hole ich mir Sushi und mache ein kleines Picknick auf dem Dach, es ist schön hier oben…

Friedlich und ruhig.

Ich schlafe gut in dieser Nacht und tapse ziemlich verschlafen am nächsten Morgen ins Bad.

„Guten Morgen Sonnenschein.“ Werde ich von Jenna begrüßt und winke ab.

„Wie kannst du nur morgens immer so gut gelaunt sein?“ frage ich sie und werfe meinem zerknautschten Spiegelbild einen gequälten Blick zu.

„Ich war gestern mit Nate aus. Sag mal, was hast du ihm eigentlich noch geschrieben? Er war auf einmal so still.“ Sie sieht mich an.

„Nichts weiter, ich habe sein Nachhilfeangebot abgelehnt. Ich pack das schon. Du warst mit ihm aus?“ Winke ich ab.

„Du hast aber nicht wegen mir abgesagt, oder?“ sie reißt ihre Augen erschrocken auf.

„Nein Jenna.“ Erkläre ich ihr und putze mir die Zähne.

„Okay, da bin ich erleichtert.“ Sei atmet tief aus und ich sehe sie kurz an.

Natürlich habe ich es auch ihretwegen getan…

Ich habe gerade das erste Mal in meinem Leben richtige Freunde und will das einfach nicht aufs Spiel setzen.

Die Vorlesungen laufen eigentlich ganz gut und ich merke, dass es mir langsam wieder leichter fällt. Ich bin wieder mitten drin…

„Und Nate und ich waren Essen, es war schön.“ Sie schenkt mir einen verliebten Blick und mein Herz zieht sich zusammen.

„Das ist doch mal gut.“ ich versuche zu lächeln und sie strahlt mich an.

Das Essen am Abend bei Grace und Dex ist wie immer hervorragend, doch Grace sieht mich die ganze Zeit prüfend an.

„Was ist los Ana?“ sie bugsiert mich auf die große Couch im Wohnzimmer und überlässt Dex den Abwasch.

„Ich habe mich verliebt.“ Gestehe ich ihr.

„Aber Ana, das ist wunderbar.“ Sie lächelt.

„Na ja…“ ich seufze „Jenna mag ihn auch und er bedeutet eindeutig Probleme für mich.“ Gestehe ich ihr und sie kaut auf ihrer Unterlippe.

„Das ist natürlich nicht so wunderbar.“ Gibt sie zu und ich lächle gequält.

„Auch auf die Gefahr hin, das ich falsch liege…Nate?“ rät sie ins Blaue hinein und ich reiße meine Augen erschrocken auf.

„Ja.“ Ich nicke leicht.

„Lenk dich ab Ana, das kann für euch Beide böse ausgehen.“ Sie legt ihre Hand auf meine ineinander verschränkten Hände.

„Ich weiß.“ Stöhne ich auf.

„Wenn es bei dir zu einer Verhandlung kommt und ihr beide ein Verhältnis habt, dann wird er da mit rein gezogen. Er kann seine Lizenz verlieren. Er würde seine gesamte Zukunft verlieren.“ Erklärt sie mir leise.

„Denkst du, das weiß ich nicht?“ ich sehe sie traurig an. „Ich versuche schon ihm aus dem Weg zu gehen, aber weil Jennas Bruder sein bester Freund ist, ist das nicht gerade einfach.“

„Es tut mir leid Kleines.“ Sagt sie bedauernd und nimmt mich in den Arm. „Und mach dir keine Sorgen, Dex wird von diesem Gespräch niemals auch nur ein Wort erfahren.“ Verspricht sie mir hoch und heilig.

Na, ja Dex hat seine Meinung zu dem Thema ja auch schon klar und deutlich geäußert.

„Ich muss los, danke für das tolle Essen!“ ich stehe auf und winke ihr zu. „Bye Dex!“ rufe ich in die Küche und stiege draußen in mein Auto.

Statt gleich nach Hause zu fahren folge ich den Schildern nach Rush und setze mich etwas an den Strand. Es wird langsam aber sicher dunkel und Millionen Sterne funkeln am Himmel, es ist so wunderschön…

„Was machst du denn hier?“ Aiden lässt sich neben mir in den Sand fallen.

„Könnte ich dich auch fragen.“ Gebe ich zurück.

„Ich brauchte frische Luft, ich muss meine Gedanken manchmal einfach sortieren.“ Sagt er und sieht aufs Meer, der Mond und die Sterne spiegeln sich darin und die Wellen rauschen leise.

„Dito.“ Gebe ich zurück und lege meinen Kopf auf meine Knie.

„Was war bei dir und Jenna am Samstag los?“ fragt er und schubst mich leicht an.

„Ich bin ihr etwas in die Quere gekommen, glaube ich.“ Ich sehe zu ihm und er sieht mich nachdenklich an.

„Will ich mehr wissen?“

„Ich denke eher nicht.“ Gestehe ich ihm und sehe wieder aufs Meer.

Wir schweigen beide und sehen aufs Meer, nach einer guten Stunde stehe ich auf und klopfe mir den Sand von meiner Jeans.

„Ana?“ auch Aiden steht auf und stellt sich zu mir „Was immer Jenna gesagt oder getan hat, sie ist wie ein Bumerang. Sie kann nicht lange böse sein und kommt zurück.“ Er zwinkert mir zu.

„Bei uns ist alles in Ordnung.“ Beruhige ich ihn.

„Das ist schön, dann kommst du mal wieder mit uns surfen?“ er grinst und ich erwidere es.

„Versuch mich davon abzuhalten.“ Erwidere ich, stehe auf und klopfe mir den Sand von der Hose.

„Allerdings ist mein Studium wichtiger.“ Erkläre ich ihm auf dem Weg zum Auto und er nickt verständnisvoll, als ich meinen Jeep aufschließe.

„Dann wohl dieses Wochenende eher nicht?“ fragt er bedauernd.

„Nein, eher nicht.“ Ich zucke mit den Schultern. „Aber nächstes vielleicht.“

„Komm gut nach Hause.“ Er nimmt mich in den Arm und ich nicke an seiner Schulter.

„Du auch Aiden und danke.“ Ich winke ihm zu und fahre vom Parkplatz.

„Ana, Post aus L.A.“ Grace reicht mir einen Brief, kaum das am Mittwoch das Haus betrete.

„Es ist Mitte Mai, die haben ja Nerven…“ Dex tigert auf und ab und ich öffne mit zittrigen Fingern den Umschlag und überfliege die Zeilen.

„Sie klagen mich an, ich muss am 28. November zur Verhandlung in L.A. sein.“ Ich schließ meine Augen und reiche Dex den Brief.

„Trunkenheit am Steuer, Gefährdung der Öffentlichkeit, aber immerhin Ana, sie erheben keine Anklage wegen Körperverletzung.“ Er zieht mich in seine Arme „Das ist gut Ana und dass Termin erst im November ist zeigt doch nur, dass sie es als Bagatellfall ansehen.“ Versucht er mich aufzubauen.

„Wenn ich verurteilt werde, dann kann ich mein Referendariat vergessen, mit einer Vorstrafe kann ich mein Studium abbrechen, davon abgesehen, das ich selbst unter Bewährung den Staat nicht verlassen darf.“ Leise Tränen laufen über mein Gesicht. „Dann war alles umsonst.“

„Nein Ana…“ er zwingt mich ihn anzusehen „Es war nicht umsonst, wir finden eine Weg.“

„Dex, ich bin ja fast bereit dir alles zu glauben, aber das glaubst doch nicht einmal du.“ Schniefe ich.

„Ana.“ Grace kommt zu uns.

„Ich brauche einfach ein paar Tage…“ ich mache mich von ihnen los.

„Ana bitte.“ Dex hält mich am Arm fest.

„Keine Angst Dex, ich mache keine Dummheiten und ja, ich werde bis November brav an die Uni gehen.“ Sage ich und mache mich endgültig los.

„Nein, nein Ana…“ er zieht mich zurück „Es tut mir leid Ana, ich habe mit William gesprochen. Er hat alles versucht und natürlich wird dich einer seiner Partner vertreten. Denen wird was einfallen, ganz sicher.“ Versichert er mir und ich sehe ihn fragend an.

„Ich habe schon im Februar mit ihm telefoniert und wir haben besprochen, was zu tun ist, wenn es zu einer Verhandlung kommt.“ Gesteht er mir. „Bitte Ana, wir finden einen Weg.“ Er drückt mich an sich.

„Alles für das ich gearbeitet habe löst sich in Luft auf.“ Weine ich.

„Oh nein Ana, wir sind da und es findet sich immer ein Weg.“ Versichert er mir und ich schluchze leise.

„Ich brauche ein paar Tage für mich…“ ich sehe ihn bittend an und er nickt.

„Wenn was ist…“ setzt er an.

„Dann seid ihr die Ersten die ich anrufe.“ Verspreche ich ihm und gehe zu meinem Auto.

Ich fahre direkt ins Wohnheim und igele mich in meinem Zimmer ein, zum Glück ist Freitagnachmittag und niemand stellt Fragen…

Warum muss mich meine Vergangenheit ausgerechnet jetzt einholen?

Unter Tränen schlafe ich ein, endlich hatte ich das Gefühl, ich weiß wo ich hin gehöre, aber damit kann es schnell vorbei sein. Mit nur einem Wimpernschlag.

Nichts in meinem Leben ist anscheinend von Dauer…

In den nächsten beiden Wochen merkt Jenna sehr wohl, das etwas mit mir nicht stimmt, aber zu meiner Verwunderung löchert sie mich nicht mit Fragen, sondern ist verständnisvoll und ich lerne, das sie auch schweigen kann. Zu meiner Überraschung sogar ein angenehmes Schweigen und ich bin ihr unendlich dankbar…

„So, heute kommst du mit!“ Jenna reißt am Samstagmorgen meine Tür auf und ich falle vor Schreck beinahe aus dem Bett.

„Spinnst du?“ murmele ich und rolle mich zusammen.

„Draußen ist ideales Surfwetter und du kannst hier nicht einfach nur rum liegen.“ Sie zieht schwungvoll die Vorhänge beiseite und ich kneife meine Augen zusammen, weil ich erwarte, dass mir die Sonne ins Gesicht scheint. Aber am Himmel sind dicke Wolken, ich sehe zu Jenna und sie grinst breit.

Ich halte mich was Nate angeht bedeckt, so bedeckt wie nur irgend möglich und zwischen mir und Jenna ist alles normal…

Wenigstens das habe ich mal hin bekommen…

Allerdings ertappe ich mich viel zu oft dabei, wie ich an ihn denke und es treibt mich fast in den Wahnsinn.

„Hast du mal raus geschaut?“ ich komme leicht hoch und Jenna setzt sich ans Fußende.

„Ja sicher, heute sind Hammerwellen und glaub mir, das brauchst du.“ Sie reicht mir ihre Hand und zieht mich hoch.

Ich gebe mich geschlagen und folge ihr ins Bad, wie immer am Samstag sind kaum Menschen im Haus und ich gönne mir eine heiße Dusche ehe ich mir erst meinen Bikini, dann eine Jeans und einen dünnen Pullover anziehe. Ich schlüpfe in meine Converse, lasse meine Haare offen über meine Schultern fallen und schnappe mir mein Board.

Sie hat Recht, genau das brauche ich jetzt.

Große Wellen, Wind im Gesicht und einfach mal den Kopf frei bekommen…

Es ist zwar schon Ende Mai, morgen ist der 1. Juni, aber ich packe lieber meinen langen Anzug ein. Ganz ehrlich, das was die Iren unter Sommer verstehen ist in L.A. Winter…

Wir packen mein Board in den Jeep und fahren gut gelaunt zum Strand, schon weitem sehe ich die bekannten Gesichter und Aiden strahlt mich an, als ich aussteige.

„Da bist du ja endlich wieder. Jenna meint, wenn du weiter wie eine Besessne lernst, dann platz dein hübsches Köpfchen.“ Er nimmt mich in den Arm.

Wir treffen uns manchmal hier am Abend, wenn ich mal allein draußen war und es schon dunkel ist, dann sehen zusammen aufs Meer und betrachten die Sterne.

Meistens sagen wir nichts und genießen einfach das Meeresrauschen, aber manchmal unterhalten wir uns auch, wobei ich merke, dass wir eher an der Oberfläche herum kratzen…

Wir kennen uns einfach noch nicht gut genug und ich glaube, wie sind beide noch nicht bereit uns zu öffnen.

„Ana.“ Nate kommt zu mir und zieht mich in seine starken Arme „Ich habe dich vermisst, du hast die letzten zwei Wochen nicht an meinen Vorlesungen teil genommen. Wo warst du?“ Haucht er mir ins Ohr und ich schließe gequält meine Augen.

Wie gerne würde ich ihm jetzt sagen, das ich ihn auch vermisst habe, aber ich sehe zu Jenna und nicke einfach nur an seiner Schulter.

„Ich habe europäischen Recht bei Winston belegt.“ Sage ich leise.

Er lässt mich los und mein Herz schlägt Purzelbäume in meiner Brust.

Ich kann ihn nicht in meine Schwierigkeiten mit rein ziehen, das hat er einfach nicht verdient.

Ich bin angeklagt und werde wahrscheinlich verurteilt, das würde seine Karriere beenden, neben der Tatsache, dass er sich mit mir mit einer Studentin einlassen würde.

Und nicht zu vergessen, die Gefahr, das er mir vielleicht das Herz bricht.

Ich lächle fahrig und werde von Ronan und Josh ebenfalls mit einer Umarmung begrüßt.

„Und du willst dich wirklich in die Wellen stürzen?“ Josh deutet aufs Meer.

Ich betrachten einen Moment die wirklich hohen Wellen, dann atme ich durch und nicke.

Ich muss meinen Kopf frei bekommen…

Ich klettere in den Bus und ziehe mich mit Jenna zusammen um.

„Ich schwöre dir Ana, das wird der Wahnsinn!“ freut sie sich und strahlt mich an.

„Danke Jenna, das ist genau das, was ich gerade brauche.“ Ich ziehe den Reißverschluss mit dem langen Band zu und wir klettern wieder raus.

Ich hole mein Board und sehe zu Ronan.

„Wollt ihr nicht auch?“ frage ich verunsichert.

„Nein, nein…“ er winkt ab „Für Nate und Aiden ist es heute mit dem Doubleboard einfach zu gefährlich und ich will gerne noch einen weiteren Tag auf der Erde verweilen. Aber Aiden will mit euch raus.“ Er deutet auf Aiden der mir zu winkt.

„Sei vorsichtig.“ Nate tritt neben mich und packt mich sanft am Arm.

„Ich bin immer vorsichtig.“ Sage ich leise.

„Ehrlich Ana, es ist gefährlich da draußen.“ Seine Hand liegt an meiner Hüfte und ich kann dem Drang ihn einfach zu küssen nur schwer widerstehen.

Dann lässt er mich los.

„Ich passe auf mich auf.“ Flüstere ich ihm ins Ohr.

Ich sehe ihn an und bemerke den Ausdruck von Sorge in seinen Augen.

„Vertrau mir.“ Füge ich hinzu, schnappe mir mein Board und laufe zu Aiden und Jenna.

Wir stürzen uns ins Meer und verdammt, das ist mal wieder kalt…

Wir paddeln ein Stück raus und Jenna hat Recht, die Wellen sind klasse. Ich halte immer Sichtkontakt zu Aiden und Jenna und wir genießen es in vollen Zügen.

Nur noch eine Welle…

Noch eine…

Und noch eine…

Ich sehe noch wie Aiden wild mit den Armen fuchtelt, aber da ist es auch schon zu spät, mein Board stößt auf etwas hartes und ich werde nach vorne katapultiert und lande kopfüber im kalten Wasser.

Im ersten Moment kann ich mich nicht orientieren und werde herum gewirbelt wie in einer Waschmaschine.

Das ist die Gefahr bei starkem Wellengang zu surfen, wenn du stürzt ist es übel, richtig übel. Mein Kopf prallt gegen einen harten, unnachgiebigen Gegenstand und ich versuche krampfhaft an die Oberfläche zu kommen, aber wie soll ich da hin, wenn ich nicht einmal weiß, wo oben und wo unten ist?

Ich merke wie Panik in mir aufsteigt…

Hat sich John so in seinen letzten Minuten gefühlt?

Hatte er auch solche Angst?

Ich rudere wild mit meinen Armen und mein Knöchel wird nach oben gerissen. Ich schlucke das kalte Wasser und kneife meine Augen zusammen.

Im Grunde genommen ist es doch egal…

So nicht Ana… höre ich John sagen und endlich sehe ich etwas Licht und komme prustend an die Wasseroberfläche, mein Board ist neben mir und ich halte mich daran fest und schließe einen Moment meine Augen, kleine Sterne tanzen davor und ich versuche durch zu atmen. Die Wellen schlagen mir immer wieder ins Gesicht, ich huste immer wieder das Wasser aus und ich versuche irgendwie auf mein Board zu kommen.

Nach etlichen Versuchen gelingt es mir und ich setze mich kraftlos hin und schluchze trocken.

Hat er sich wirklich so gefühlt?

Wenn ja, dann ist das einfach nur schrecklich…

Ich will nicht, dass er sich so gefühlt hat.

Ich beruhige mich etwas, lege mich aufs Board und paddele in Richtung Strand.

Als ich wieder festen Boden unter den Füßen habe stütze ich meine Hände auf meine Knie und versuche meinen Puls und meine Atmung unter Kontrolle zu bekommen.

Aiden stürzt auf mich zu und zieht mich in seine Arme.

Ich sehe ihm in die Augen und sacke zusammen, er hebt mich auf seine Arme und trägt mich aus dem Wasser um mich in den Sand zu setzen, sofort schlägt er eine Decke um mich.

„Gott Ana.“ Er presst mich fest an sich „Du hast dir ziemlich übel den Kopf gestoßen.“ Er befühlt vorsichtig meine Stirn.

„Ist schon gut.“ ich lege meinen Kopf auf meine Knie und merke wie sehr meine Hände zittern.

„Ana? Scheiße, das sah echt über aus.“ Jenna setzt sich neben mich und ich schließe meine Augen.

Ich stehe auf und schluchze leise, ich brauche einen Moment für mich allein.

„Wo willst du denn hin?“ Jenna steht auf und ich winke ab.

„Ich brauche… einen Moment.“ Ich sehe sie mit Tränen in den Augen an und gehe den Strand ein Stück runter.

Ich setze mich ein ganzes Stück weiter in den Sand und beginne richtig zu weinen, etwas, was ich seit dem Tag an dem John gestorben ist, nicht mehr getan habe.

„Hey.“ Aiden setzt sich neben mich und nimmt mich fest in den Arm.

„Bitte.“ Versuche ich mich verzweifelt zu wehren.

„Schon gut, ich bin alleine, die anderen sind auf dem Weg ins Poppys.“ Beruhigt er mich und ich schluchze an seiner Brust.

Er lässt mich einfach weinen und stellt fürs Erste keine Fragen.

Ich habe einen Knoten in meinem Magen und brauche eine ganze Zeit, ehe er beginnt sich aufzulösen und sehe beschämt zu Aiden auf.

„Schon gut Ana.“ Versichert er mir und haucht mir einen Kuss auf die Haare.

„Er ist bei einem Surfunfall gestorben.“ Sage ich leise und Aiden sieht mich prüfend an.

„Jonathan…“ ich lege meine Hand auf mein Tattoo und er nickt leicht „Er war mein großer Bruder, er hat mir das surfen bei gebracht.“ Ich wische mir meine Tränen beiseite.

„Was ist passiert?“ fragt er vorsichtig.

„Er hatte einen Wettkampf auf Hawaii und ich war das erste Mal seit langem dabei…“ ich lächle unter Tränen „Er hat sich so gefreut. Er ging als einer der Ersten ins Wasser, die Wellen waren an dem Tag hoch, aber der Wettbewerb wurde frei gegeben und die ersten drei Starter machten ihre Sache wirklich gut.“ ich sehe Aiden an und er nickt leicht, während seine Hand immer wieder über meinen Rücken streicht „Dann war er dran, er winkte mir zu, schickte mir einen Handkuss und stürzte sich in die Wellen. Es lief gut, ich meine richtig gut…“ ich seufze leise „Dann erwischte er eine Welle nicht richtig und plötzlich war er weg. Ich sprang auf und wollte ins Wasser laufen, aber die Securities hielten mich zurück. Der Wettkampf wurde sofort abgebrochen und sein Board wurde an den Strand gespült, das Sicherheitsband war gerissen.“ Ich schluchze erneut und Tränen bahnen sich ihren Weg „Sie haben ihn erst einige Stunden später tot geborgen. Sie sagen er hat sich den Kopf angeschlagen und ist ertrunken.“

„Gott Ana.“ Er streicht über meine Stirn und ich merke, dass die Stelle ganz schön weh tut.

„Als ich da draußen vom Board gefallen bin und als ich die Panik gespürt habe, da habe ich immer nur gedacht, dass er sich hoffentlich niemals so gefühlt hat. Es war schrecklich.“ Ich vergrabe mein Gesicht an seiner Brust.

„Ich hatte wahnsinnige Angst um dich.“ Gesteht er „Nate wäre am liebsten sofort ins Wasser gesprungen, er hätte alles riskiert.“ Fügt er hinzu.

„Nate?“ ich sehe ihn mit verweinten Augen an.

„Ja Nate, er liebt dich Ana. Siehst du das denn nicht?“ Er streicht mir eine Strähne aus dem Gesicht „Ich mag dich auch Ana, wie eine kleine Schwester…“ er lächelt leicht „Nicht, das ich mit Jenna nicht schon alle Hände voll zu tun habe.“

„Aber…“ setze ich an.

„Hör’ zu Ana…“ er schluckt schwer „Nate und ich kennen uns noch aus dem Sandkasten, er ist mein bester Freund…“ er atmet tief durch „Das er blind ist, ist meine Schuld.“

Ich sehe ihn verwirrt an. „Wie kann es deine Schuld sein?“

„Wir waren 16 und absolut dumm.“ Er fährt sich durch die Haare „Wir haben mit Böllern und Raketen herum experimentiert. Dann ist so ein selbst gebasteltes Ding direkt vor uns hoch gegangen, ich stand in Flammen und Nate lag bewusstlos auf dem Boden. Meine Eltern kamen sofort zu uns gelaufen und löschten mich so gut es ging. Als ich im Krankenhaus aufgewacht bin, da musste ich als erstes wissen wie es Nate ging und sie brachten ihn in mein Zimmer, er hatte Verbände auf den Augen und ich erwartete, das er böse auf mich ist. Aber er war es nicht, niemals hat er mich für irgendetwas, was an diesem Tag geschehen ist verantwortlich gemacht. Nate ist unglaublich und ich wünsche mir für ihn, das er glücklich ist und das er eine Frau bekommt, die ihn verdient.“ Er sieht mich durchdringend an.

„Dann hast du die Falsche im Visier.“ Erwidere ich leise.

„Ana…“ er zwingt mich ihn anzusehen „Du bist wunderbar, klug und wenn er von dir spricht, dann erhellt sein lächeln den Raum.“

Ich schließe meine Augen und schüttele meinen Kopf.

Das genau ist es, was ich mir gewünscht habe, aber das geht einfach nicht.

„Weißt du warum ich hier bin?“ frage ich ihn und er schüttelt verwirrt mit dem Kopf. „Ich bin hier, weil ich seit Jonathans Tod nicht mehr auf die Reihe bekommen habe. Ich habe mich gehen lassen, ich habe keine Party ausgelassen, ich habe mindestens 3 Autos geschrottet, saß zwei Nächte wegen Alkohol am Steuer in einer Ausnüchterungszelle und mein Magen musste mehrmals ausgepumpt werden. Ich habe mich erst seitdem ich hier bin wieder annähernd im Griff. Als ich Silvester in L.A. war, da bin ich in meine alten Verhaltensmuster zurück gefallen. Ich habe unter Alkoholeinfluss einen Unfall gebaut. Ich habe am 28. November eine Verhandlung und wenn ich verurteilt werde, dann war alles umsonst. Ich bin also definitiv die Falsche für ihn.“ Einzelne Tränen laufen über meine Wangen.

„Nein Ana, das alles ändert doch nichts daran, wer du jetzt bist. Du kämpfst, um dein Leben zurück zu bekommen und du gibst nicht auf.“ Er zwingt mich erneut ihn anzusehen.

„Ich kann keine Schwierigkeiten gebrauchen, wenn ich mir nur eine kleine Sache erlaube, dann sitze ich im nächsten Flieger zurück nach L.A. und da gehe ich unter.“ ich zucke mit den Schultern „Nate ist mein Lehrer und außerdem komme ich…“ ich breche ab und schluchze leise.

„Jenna?“ fragt er und ich nicke leicht.

„Jenna ist nicht in Nate verliebt, vielleicht glaubt sie das im Moment, aber Nate und sie sind wie Bruder und Schwester und ich kenne sie gut genug um zu wissen, das das höchstens eine Schwärmerei ist und früher oder später wird sie dahinter kommen.“ Erklärt er mir und ich sehe ihn verunsichert an. „Gehst du ihm deswegen aus dem Weg?“

„Er war viel beschäftigt in den letzten Wochen.“ Erwidere ich und er nickt zustimmend.

„Ja, du auch. Ich stelle dir noch eine allerletzte Frage…“ er sieht mich an und ich lege meinen Kopf leicht schief „Was empfindest du für ihn?“

Ich denke einen Moment nach „Ich habe mich in ihn verliebt.“ Gebe ich zu „Aber…“

„Nein Ana kein aber.“ Sagt Aiden sicher.

„Mein Leben steht auf dem Spiel.“ Erkläre ich ihm mit letzter Kraft. „Und wenn ich ihn damit rein ziehe, dann auch seins.“

„Aber was ist das für ein Leben, wenn du nicht deinem Herz folgen kannst?“ er wickelt die Decke fester um mich.

Ich starre hinaus aufs Meer und versuche dem Chaos Herr zu werden.

„Kannst du aufstehen? Es wird langsam kalt.“ Aiden steht auf und hält mir seine Hand hin.

Ich nehme sie dankbar und er zieht mich auf die Beine.

„Erst einmal bekommst du ein Superpflaster von mir.“ Er legt seinen Arm um meine Schulter und führt mich zu Joshs Bus.

Ich steige hinten ein und setze mich auf eine der unzähligen Kisten während Aiden den Verbandskasten holt.

„Still halten.“ Ermahnt er mich, als er meine Wunde mit Jod säubert und ich mein Gesicht verziehe.

Dann ist er endlich zufrieden und klebt ein Pflaster drauf.

„Was machst du eigentlich beruflich?“ ich sehe ihn an und befühle das Pflaster.

„Ich bin Arzt.“ Er zwinkert mir zu und ich lächle leicht.

„Deswegen studiert Jenna Medizin.“ Ich schäle mich aus dem Neoprenanzug und schlüpfe in meine Jeans.

„Na ja, nachdem sie jahrelang nicht wusste was sie wollte, waren unsere Eltern froh, als sie sich für Medizin entschieden hat.“ Er lächelt nun auch und reicht mir seinen Pullover, damit ich ihn über meinen dünnen drüber ziehen kann.

„Ich danke dir Aiden.“ Ich nehme seine Hand und er lächelt mich an.

„Ich danke dir Ana.“ Er haucht mir einen Kuss auf die unverletzte Seite meiner Stirn. „Denk ab und zu einfach mal nur an dich.“ Er hilft mir zwischen den Sitzen nach vorne zu krabbeln.

„Das habe ich lange genug getan, die Zeit in der ich egoistisch war ist vorbei.“ Ich schnalle mich an und seufze leise.

„Ich meine im Bezug auf Nate…“ er sieht mich lange an „Er ist es Wert Ana.“

„Ich weiß.“ Ich kaue auf meiner Unterlippe.

Aiden schnallt sich auch an und startet den Motor, 15 Minuten später halten wir vor dem Poppys und er sieht mich prüfend an.

„Geht es dir gut? Schwindelgefühle? Kopfschmerzen?“ er befühlt erneut meine Stirn.
„Kopfschmerzen.“ Gebe ich zu.

„Gut, ich besorge dir aus meinem Auto Schmerztabletten, sollte sich was ändern sagst du was, ja?“ er sieht mich wirklich besorgt an und ich nicke.

Er holt mir zwei Tabletten und reicht mir eine kleine Flasche Wasser, dankbar nehme ich sie und hoffe meine Kopfschmerzen reduzieren sich bald auf ein Minimum.

„Bereit?“ er hilft mir auszusteigen und deutet aufs Poppys.

„Ich denke schon.“ Ich atme tief durch und er geht an mir vorbei, bevor er die Tür aufstoßen kann, halte ich ihn am Arm fest.

„Aiden?“ frage ich leise und er dreht sich zu mir um.

„Kein Angst Ana, das bleibt unter uns.“ Versichert er mir und wir betreten das Poppys, hier drin ist es, als ob alles Tageslicht mit einmal verschluckt wird und durch warmes gelbes und rotes Licht ersetzt wird.

Josh springt sofort auf, als er uns sieht und nimmt mich in den Arm, als wir am Tisch ankommen.

„Alles Okay?“ er sieht mich besorgt an.
„Ja Josh, alles gut. Es geht mir gut.“ ich setze mich zu Nate auf die Bank und dieser nimmt meine Hand.

„Du lügst erbärmlich.“ Flüstert er mir ins Ohr.

„Bitte nicht Nate.“ Wispere ich zurück.

„Ein Bier?“ Ronan sieht erst mich und dann Aiden an.

„Lieber nicht, ich habe ihr gerade ziemlich heftige Schmerztabletten gegeben.“ Winkt Aiden für mich ab.

„Eine Cola.“ Bitte ich Ronan und er steht auf um sie mir zu holen.

Ich nehme nicht wirklich an den Gesprächen um mich herum teil, ich starre in mein Cola Glas und versuche das, was vor ein paar Stunden passiert ist irgendwie zu verarbeiten.

Nate liebt mich…

Und ich in ihn.

Wenn das Leben doch nur einmal einfach wäre.

Ich sehe auf und sehe wie Jenna mit Josh und Ronan herum albert und frage mich, ob Aiden wirklich Recht hat.

Ist sie wirklich verliebt in Nate oder nicht?

Aber ich kann nicht auf die Gefahr hin, das Aiden womöglich falsch liegt, meine Freundschaft mit ihr aufs Spiel setzen.

Und das ist ja nun nicht das einzige Problem.

Meine Verhandlung im November, Nate ist immer noch mein Lehrer…

Ich seufze leise und Aiden sieht mich besorgt an.

„Soll ich dich nach Hause fahren?“ bietet er mir an und ich nicke leicht.

„Nimmst du mich mit?“ fragt Nate sogleich und ich sehe hilfesuchend zu Aiden.

„Klar doch, wir fahren mit meinem Auto.“ Er sieht mich lange an und ich schließe kurz meine Augen.

Warum Aiden?

„Jenna? Nimmst du Anas Auto und parkst es vor dem Wohnheim? Wir treffen uns dann morgen zum Mittag bei Mum und Dad.“ Aiden steht auf und sieht zu Jenna.

„Aber sicher. Wenn was ist Ana, dann ruf mich an.“ sie nimmt mich in den Arm als ich aufgestanden bin.

„Mach ich.“ Verspreche ich ihr.

Aiden geht mir voran und Nate dicht hinter mir, dennoch zucke ich zusammen, als er nach meinem Unterarm greift und drehe mich zu ihm um.

„Ich habe meinen Stock im Auto gelassen.“ Erklärt er mir ganz ruhig und ich nicke fahrig.

Seine Hand liegt warm auf meinem Unterarm und selbst durch die beiden Pullover die ich trage, spüre ich seinen sanften Druck.

Ich setze mich nach hinten während Aiden und Nate vorne einsteigen und starre aus dem Fenster.

„Willst du wirklich nach Hause?“ fragt Aiden, als wir eine große Kreuzung erreichen und ich sehe erstaunt auf.

„Wieso denn nicht?“ erwidere ich verwirrt.

„Du hast dir ziemlich übel den Kopf angeschlagen und mir wäre wohler, wenn du heute Abend und heute Nacht nicht allein wärst.“ Erklärt er mir.

„Ana kommt mit zu mir.“ Beschließt Nate und ich schlucke schwer.

„Aber ich kann doch bestimmt auch mit zu Aiden, oder?“ ich sehe Aiden verzweifelt bittend an.

„Sorry, aber ich habe heute Abend noch ein Date und ich würde dieses wunderbare Geschöpf wirklich nur ungern versetzen.“ Er sieht mich entschuldigend an.

Nicht sehr überzeugend wie ich zugeben muss, aber ich weiß, worauf er hinaus will.

Er will, dass ich mit Nate rede und mir über einige Sachen klar werde.

Früher wäre ich vor so etwas davon gerannt, aber heute?

Ich weiß, es ändert nichts an alle dem, aber ich will ehrlich zu Nate sein, denn das Letzte was ich will, ist ihn zu verletzen.

Ich denke, er hat die Wahrheit verdient, mehr wie jeder andere.

„Okay.“ Sage ich schließlich.

„Welches wunderbare Geschöpf ist es denn dieses Mal?“ fragt Nate nun Aiden und dieser lacht auf.

„Sie arbeitet im Café, in dem ich meine Mittagspausen verbringe, wenn ich denn mal eine habe und sie ist wirklich süß. Es hat mich ein halbes Jahr gekostet am Mittwoch hat sie endlich ja zu einem Date gesagt und ich will es wirklich nicht vermasseln.“ Erklärt er ihm und ich sehe den verliebten Ausdruck auf seinem Gesicht.

„Jessica hat endlich ja gesagt?“ frage ich ihn erstaunt.

„Ja, dank deines Rats.“ Er zwinkert mir zu.

Jessica war eine der Sachen über die wir uns am Strand unterhalten haben, ich habe ihm geraten die Sache ganz langsam anzugehen und augenscheinlich hat es funktioniert.

Er biegt nach links, statt wie zu meiner Wohnung nach rechts ab und wir fahren eine ganze Weile ehe wir vor einem Mehrfamilienhaus anhalten.

„Ruf mich morgen Vormittag an, ich will sicher sein, das es deinem Kopf gut geht.“ Aiden haucht mir einen Kuss auf die Wange und Nate steigt neben mir aus.

„Wenn was mit ihr ist, dann melde dich.“ Sagt Aiden eindringlich zu ihm und Nate nickt.

„Natürlich.“ Verspricht er ihm.

Dann fährt Aiden los und ich folge Nate ins Haus. Im zweiten Stock holt er seine Schlüssel raus und schließt eine Tür auf.

„Komm rein Ana.“ Bittet er mich und ich folge ihm in seine Wohnung.

Sie ist aufgeräumt, systematisch geordnet aber dennoch gemütlich. Er zieht sich seinen Pullover über den Kopf und legt ihn auf eine kleine Kommode.

„Komm rein Ana.“ Bittet er mich erneut lächelnd und ich ziehe die Tür hinter mir zu. „Setz dich.“

Ich setze mich auf die Couch und ziehe meinen und den von Aiden geborgten Pullover, ebenfalls aus, es ist schön warm hier und ich zupfe mein Shirt zu Recht.

Warum?

Kein Ahnung…

„Möchtest du was trinken?“ er geht an den Kühlschrank und ertastet eine Dose.

„Cola?“ fragt er und ich sehe auf die Dose in seiner Hand. Eindeutig Bier und ich lächle leicht.

„Ja, aber das hier…“ ich stehe auf, gehe zu ihm und nehme ihm die Dose aus der Hand um sie in den Kühlschrank zurück zu stellen. „Ist keine Cola.“

Ich stehe dicht neben ihm und er legt seine Hand an meine Hüfte, er schiebt sie hoch und sie berührt zaghaft meine kalte Haut. Dann dreht er mich zu sich „Ich weiß.“ Er legt seinen Kopf schief und ich kämpfe gegen meine Gefühle.

Ich will ihn so gerne küssen, aber ich drehe mich weg und nehme mir eine Cola aus dem Kühlschrank.

Schnell flüchte ich wieder auf die Couch und er setzt sich zu mir.

„Nate, ich muss dir was sagen…“ setze ich an und nehme seine Hand „Es ist wichtig und du hast es verdient alles zu wissen.“

„Das klingt ernst.“ Sagt er leise.

„Ja Nate, es ist ernst.“ Nicke ich.

„Dann fang an…“ bittet er mich und nimmt meine Hand in seine.

„Ich bin nicht freiwillig aus L.A. hier her gekommen, vielmehr wussten meine Eltern nicht mehr weiter und die beste Lösung die ihnen eingefallen ist, war mich zu Grace und Dex zu schicken und mich an der Trinity einzuschreiben.“ Ich seufze leise „Jetzt weiß ich, das diese Entscheidung richtig war...“

„Aber warum?“ fragt er leise nach und unser Hände verflechten sich ineinander.

„Ich habe Mist gebaut, viel Mist…“ ich atme tief durch „Ich habe mein Stipendium an der UCLA verloren, ich bin mehrmals unter Alkoholeinfluss Auto gefahren, ich habe mich so sehr betrunken, das mir der Magen ausgepumpt werden musste… Ich hatte mein Leben nicht im Griff und habe mich mit den falschen Menschen umgeben.“

„Aber das klingt nicht nach dir.“ Er legt seine Stirn in Falten.

„Im Juli vor drei Jahren ist mein großer Bruder John bei einem Surfwettbewerb ums Leben gekommen. Ich war dabei, ich habe es mit angesehen…“ stumme Tränen laufen über mein Gesicht „ Es zog mir den Boden unter den Füßen weg. Meine Eltern waren immer viel zu sehr mit sich beschäftigt, sie nahmen mich und John nicht wirklich wahr. Gut John schon, denn er sollte so schnell wie möglich in die Kanzlei meiner Eltern einsteigen, aber ich war immer irgendwie unsichtbar, als ich dann durch John Tod plötzlich für sie sichtbar wurde, da machte ich nur negativ auf ich aufmerksam. Ich hatte mich hier gut im Griff, aber als ich Silvester in L.A. war, da habe ich unter Alkoholeinfluss einen Autounfall gebaut und ich werde wegen Alkohol am Steuer und Gefährdung der Öffentlichkeit am 28. November in L.A. vor Gericht stehen. Ich muss dir nicht sagen, was eine Verurteilung für mich bedeutet.“ Ich schluchze leise. „Ich will und darf dich da nicht mit rein ziehen, wenn ich mein Leben versaue, dann ist das ganz alleine meine Sachen, aber Nate, du hast etwas, nein jemand Besseren verdient.“ Ich entwinde meine Hand und stehe auf.

„Ana…“ er steht ebenfalls auf und tastet nach mir, endlich bekommt er meinen Arm zu fassen und dreht mich zu sich. Ich will ihm ausweichen, aber irgendwann spüre ich den Küchentresen in meinem Rücken.

„Nate…“ setze ich an, aber da beugt er sich zu mir und seine Lippen legen sich ganz sanft auf meine.

Aus einem Impuls heraus will ich ihn erst wegstoßen, aber dann breitet sich dieses warme Gefühl in mir aus und ich lege meine Arme um seinen Nacken um ihn dichter zu mir zu ziehen.

Er weiß alles und trotzdem küsst er mich…

Seine eine Hand liegt wieder an meiner Hüfte und seine andere liegt in meinem Nacken, sanft dirigiert er mich in Richtung eines angrenzenden Zimmers und ich finde mich in seinem Schlafzimmer wieder.

„Nate…“ wispere ich zwischen unseren Küssen die immer fordernder werden.

„Bitte Ana.“ Fleht er mich an und ich ziehe ihn wieder zu mir.

Nicht denken Ana… beschwöre ich mich selbst.

Sanft schiebt er mein Shirt hoch und seine warmen Hände treffen auf meine kalte Haut. Er zieht es mir schließlich aus und wir landen auf seinem Bett. Sanft küsst er meine Halsbeuge und ich stöhne leise, seine Hände erkunden jeden Zentimeter meines Körpers und noch niemals habe ich mich mehr geliebt, mehr begehrt und mehr beschützt gefühlt wie in diesem Moment.

Unsere Lippen finden sich immer wieder zu sanften Küssen und ich ziehe ihm sein Shirt über den Kopf, um seine Brust zu küssen. Schließlich liegen wir beide nackt im Bett und er breitet eine Decke über uns aus. Seine Augen sind geschlossen als seine Hand langsam über meinen Bauch nach oben zu meinen Brüsten wandert und auch ich schließe meine Augen.

In der Dunkelheit sind wir beide verbunden…

Er legt sich auf mich und ich spüre wie er langsam in mich eindringt, ich halte mich an ihm fest und stöhne leise. Er bewegt sich langsam in mir und ich habe das Gefühl mich aufzulösen. Noch niemals habe ich jemanden erlebt der zärtlicher oder einfühlsamer ist.

Er ist besonders… auf so viele Arten und Weisen.

Wir treiben dahin, wir verschmelzen und seine Hände halten meine neben meinem Kopf fest.

Ich schließe meine Augen, als ich merke, dass meine Erlösung nur noch Sekunden entfernt ist. Ich stöhne und bäume mich unter ihm auf als ich sie endlich finde und mich zitternd an ihn presse. Auch er kommt pulsierend in mir und lässt sich schwer atmend neben mich fallen um mich in seine Arme zu ziehen.

Ich versuche die Kontrolle über mich zurück zu gewinnen und mit einem Mal stürzt es auf mich ein.

Was habe ich getan?

Ich will mich von ihm los machen, doch er hält mich fest an sich gepresst.

„Ana… Bitte.“ Flüstert er und ich beginne zu weinen.

„Bitte sag was.“ Bittet er mich und ich schluchze erstickt an seiner Brust.

„Nate... Ich kann nicht.“ Hauche ich schließlich und er zieht mich hoch um mich auf den Mund zu küssen.

„Was Ana? Was kannst du nicht?“ fragt er mich verzweifelt.

„Ich kann dir nicht sagen, dass ich dich liebe, auch wenn es der Wahrheit entspricht… Es steht zu viel auf dem Spiel.“ Ich versuche mich erneut aus seiner Umarmung zu befreien.

„Bitte Ana bleib.“ Er zieht mich wieder an seine Brust.

„Ich darf mir keine Fehler erlauben und so gerne ich glaube will, das das mit uns kein Fehler ist. Du bist mein Lehrer und ich stehe unter Anklage.“ Weine ich.

„Ana, ich suche mir doch nicht aus, in wen ich mich verliebe.“ Erklärt er mir ganz ruhig und tatsächlich beruhige ich mich etwas.

„Es ist nicht nur das… Jenna.“ Flüstere ich.

„Jenna ist wie eine kleine Schwester, da wird niemals mehr sein.“ Versichert er mir.

„Weiß sie das auch?“ frage ich leise.

„Ich denke ja, aber wenn es dich beruhigt. Ich rede mit ihr.“ Verspricht er mir und küsst mich.

„Ich bin nicht gut genug für dich…“ ich schaffe es mich aus seiner Umarmung zu befreien und setze mich auf.

„Ana bitte.“ Er kommt hoch und streicht über meinen nackten Rücken um mich auf meine Schulter zu küssen.

„Nein Nate, ich kann nicht zulassen, das du für mich alles aufs Spiel setzt. Das bin ich nicht Wert.“ Ich greife nach meinem Slip und ziehe ihn mir an.

„Du bist eine wunderbare, warmherzige und kluge junge Frau. Du bist alles Wert…“ er nimmt meine Hand „Ich weiß nicht, wie deutlich ich noch werden muss… Ana, ich liebe dich und wir stehen alles zusammen durch. Wir zusammen, hörst du?“ wieder küsst er meine Schultern und ich merke, wie mein Widerstand mich ihm zu widersetzen immer mehr in sich zusammen fällt.

„Die Verhandlung?“ flüstere ich.

„Es finden sich immer Wege und Möglichkeiten und wenn es um dein Referendariat geht… Ich kenne viele Anwaltskanzleien.“ Versichert er mir.

„Ich muss erst einmal mein Studium beenden.“ Seufze ich.

„Sicher, niemand wird etwas von uns erfahren bis du fertig bist, ich verspreche es dir.“ Er zieht mich zurück ins Bett und ich gebe auf.

Ich kann, und vor allen Dingen will, ich mich nicht länger gegen ihn wehren…

Ich drehe mich zu ihm um und ziehe ihn in meine Arme. Er seufzt erleichtert und küsst mich innig.

In meinem Kopf kreisen all die Gedanken und ich habe Mühe sie zu sortieren, irgendwann schlafe ich dann in seinen Armen an und genieße das Gefühl der Geborgenheit.

Ich öffne langsam meine Augen und blinzele gegen das Sonnenlicht an.

„Guten Morgen.“ Nuschelt Nate in mein Ohr und ich drehe mich lächelnd zu ihm um und nehme sein Gesicht in meine Hände.

„Guten Morgen.“ Ich hauche ihm einen Kuss auf die Lippen.

„Wie geht es dir?“ fragt er vorsichtig.

„Meinem Kopf geht es ganz gut…“ ich lege meinen Kopf auf seine Brust „Ansonsten bin ich überfragt.“

„Ich will dich nicht verlieren.“ Flüstert er und ich komme leicht hoch.

„Das wirst du nicht, aber die nächste Zeit wird schwer, das ist dir bewusst, oder?“ frage ich leise.

„Ja, das ist mir bewusst, aber ich habe in meinem Leben schon ganz andere Sachen geschafft.“ Versichert er mir sicher.

Ich sehe ihn an, fahre mit meinen Fingern seine Gesichtszüge nach, die sich durch meine Berührung sofort entspannen und ich lächle.

Ich habe mich hoffnungs- und bedingungslos in ihn verliebt…

„Ich liebe Dich.“ Sage ich leise.

„Ich liebe dich auch Ana, seit dem ersten Tag.“ Jetzt lächelt er und ich küsse ihn scheu.

„Ich bin nicht sonderlich gut in solchen Sachen.“ Gestehe ich ihm.

„Ich kann mir nicht vorstellen, dass du etwas nicht hin bekommst.“ Grinst er.

„Nate, ich bin… ich war.“ Stottere ich und suche nach den richtigen Worten.

„Hey Ana, was war ist vergangen…“ er küsst meine Schläfe „Wir sind im Hier und Jetzt und ich bin auch kein Meister in Sachen Beziehungen. Wir müssen uns vertrauen.“

„Ich vertraue dir.“ Sage ich sicher und küsse ihn.

Wir liegen noch ein Weile einfach im Bett, seine Hände streichen sanft über meinen Rücken und ich liege auf seiner Brust und lausche den steten Schlägen seines Herzens.

Plötzlich klingelt sein Handy auf dem Nachttisch und wir beide zucken zusammen.

„Aiden Handy.“ Ertönt die Stimme des Handys und Nate seufzt leise.

Schließlich tastet er auf Nachttisch und nimmt sein Handy zur Hand um ran zu gehen.

„Ja.“ Sagt er seufzend. „Ja, es geht ihr gut, keine Kopfschmerzen mehr, keine Übelkeit und keinen Schwindel.“ Beruhigt er ihn. „Willst du sie sprechen? ... Nein… ja richte ihr aus.“ Dann legt er auf.

„Was wollte Aiden?“ frage ich und fahre mit meiner Hand über seinen trainierten Bauch.

„Die bessere Frage ist, was willst du?“ er zieht mich mit Schwung auf sich und ich kreische überrascht auf.

„Was ich will?“ ich küsse ihn und er nickt „Ist das nicht offensichtlich Mr. O’Brian?“ necke ich ihn.

„Ich weiß nicht so genau Miss Coleman.“ Er hebt mich an und ich finde mich unter ihm wieder.

Er küsst meinen Hals und arbeitet sich zu meinen Brüsten vor. „Hatten sie das im Sinn Miss Coleman?“ schäkert er.

Mein Atem beschleunigt sich, als er sanft meine Brustwarze küsst und ich wuschele ihm durch die Haare.

„Ja Mr. O’Brian, genau das hatte ich im Sinn.“ Gebe ich abgehakt von mir.

„Dann haben wir ja die gleichen Pläne.“ Er beißt sanft hinein und ich stöhne auf.

Ich dachte, unser erstes Mal ist nicht mehr zu übertreffen, doch Nate legt eine solche Zärtlichkeit und Behutsamkeit an den Tag, das ich mich wie Wachs in seinen Händen fühle.

Tatsächlich verbringen wir den ganzen Tag im Bett und erst als sich am späten Nachmittag mein Magen meldet zwingt Nate mich dazu aufzustehen.

„Komm schon Baby, ich kann es nicht verantworten, dass du Hunger leidest.“ Er setzt sich auf und sucht mit der Hand den Boden nach seinen Shorts ab.

Ich helfe ihm und reiche sie ihm widerwillig.

„Du schmollst.“ Stellt er belustigt fest.

„Nein.“ Gebe ich in einem nicht sehr erwachsenen Tonfall vor mir und er lacht leise.

„Du bist kein Mensch der Gefühle unterdrücken kann.“ Er tastet nach mir „Ich spüre genau, dass du sehr verletzt wurdest und Angst hast.“ Er bekommt meine Hand zu fassen und drückt sie sanft „Egal was es ist Ana, ich bin bei dir.“ Verspricht er mir und ich küsse seine Hand.

„Danke.“ Hauche ich und stehe nun auch auf. Ich angle mir Nate sein Shirt von gestern und ziehe es mir über meinen Slip, natürlich ist es viel zu groß, aber riecht herrlich nach ihm.

Nate geht in die Küche und wieder einmal staune ich, wie gut er sich zu Recht findet und schließlich mit einer Bestellkarte von einem chinesischen Imbiss zurück kommt. Doch es ist keine normale Karte, daran befestigt ist ein Blatt und als ich es in die Hand nehme, da spüre ich die kleinen Punkte… Sie ist in Braille übersetzt.

„Ich möchte es irgendwann lernen.“ Sage ich leise und setze mich zu ihm auf die Couch.

„Was Baby?“ fragt er erstaunt und legt seine Hand auf mein nacktes Knie.

„Braille.“ Lächle ich.

„Ich bringe es dir bei, aber es erfordert eine außergewöhnlich feinfühlige Fingerspitzenfertigkeit.“ Er grinst.

„Habe ich die nicht schon an den Tag gelegt?“ ich lege die Karte weg, lege eine Hand in seinen Nacken und kraule ihn sanft.

„So bekommen wir nie etwas zu essen.“ Rügt er mich und ich lache leise. „Komm schon, ich habe Hunger.“ Quengelt er.

10 Minuten später bestelle ich und er zieht sich ebenfalls ein T-Shirt an.

„Wenn du denkst, ich bemerke nicht, wenn du mir ein T-Shirt klaust…“ er sieht zu mir und ich lächle.

Dieser Mann steckt voller Überraschungen.

„… Ich merke es.“ Er kommt auf mich zu, umrundet geschickt den Couchtisch und tastet nach mir, als er mich hat, zieht er mich hoch und ich sehe automatisch zu ihm auf. „Aber ich borge es dir gerne aus.“ Fügt er hinzu und küsst mich.

„Ich mag es, es riecht nach dir.“ Gestehe ich ihm.

„Ich schenke es dir trotzdem nicht, es ist mein Lieblingsshirt, ich stehe auf die New York Yankees.“ Er legt seine Stirn an meine.

„Wie machst du das?“ frage ich belustigt und er zieht mich zu seinem Kleiderschrank. Er nimmt ein kleines Gerät in die Hand und hält es an eines seiner T-Shirts.

„Smaragdblau, 90 % Baumwolle, 10 % Elasthan.“ Gibt das Gerät von sich.

„Das ist ein wirklich cooles Shirt mit einem Surfboard Aufdruck auf dem Bauch und der Nummer 54 auf dem Rücken.“ Er sieht zu mir und ich nicke, bis mir einfällt, dass er mich nicht sieht.

„Ja. Wie machst du das?“ frage ich erstaunt.

„Wenn ich mir neue Sachen kaufe, dann nehme ich natürlich einen von den Jungs mit und merke mir anhand des Farbcodes und der Zusammensetzung welches es ist. Ich habe ein wirklich gutes Gedächtnis, ich weiß, das das T-Shirt welches du anhast dunkelblau ist, mittlerweile etwas verwaschen und auf der Brust ist das Zeichen der New York Yankees in weiß, auch schon etwas abgeblättert.“ Er küsst mich.

„Du bist atemberaubend.“ Ich erwidere innig seinen Kuss.

Die Türklingel lässt und auseinander fahren und ich gehe an die Tür.

Statt des Lieferanten stehe ich aber plötzlich Aiden gegenüber und halte unbewusst meine Luft an. Ich stehe hier in Nate’ seinem T-Shirt und nebenbei gesagt, nicht viel mehr als das.

„Kann ich rein kommen?“ übergeht er meinen geschockten Gesichtsausdruck, drückt mir einen Kuss auf die Wange und geht durch. Hinter ihm taucht der Lieferant auf und ich nehme ihm fahrig unsere bestellten Sachen ab und bezahle ihn.

Ich stelle das Essen auf den Tresen und fahre mir durch die Haare, unser Geheimhaltungsplan funktioniert nicht einmal 24 Stunden…

Als ich ins Wohnzimmer komme sitzt Nate auf der Couch und Aiden ihm gegenüber im Sessel.

„Bitte steh nicht so da rum.“ Aiden sieht zu mir und ich überlege einen Moment wo ich mich hinsetzen soll, schließlich entscheide ich mich für den zweiten Sessel und sehe zu Aiden.

„Was machst du hier?“ frage ich ihn und er lächelt.

„Ich wollte nachsehen, ob es dir wirklich gut geht.“ Er fixiert mich und ich weiche seinem Blick aus.

„Es geht mir gut.“ sage ich schnell und er lacht leise.

„Was ist denn bitte so amüsant?“ ich sehe auf und funkle ihn an.

„Du Ana.“ Gibt er zu.

„Schön, das ich zu deiner Erheiterung beitragen kann.“ Gebe ich fast beleidigt zurück.

„Du hast recht Nate, sie kann ihre Gefühle schwer zurück halten.“ Er sieht zu ihm und dieser lächelt verschmitzt.

„Nein, kann sie nicht und das ist nur einer, von den vielen Gründen, warum ich mich in sie verliebt habe.“ Erklärt er ihm ganz ruhig und ich atme tief ein.

„Komm schon her Baby, Aiden ist mein bester Freund. Wir können ihm trauen.“ Versichert er mir.

„Nate… Wenn das auffliegt, dann kommen nicht nur wir in Teufels Küche, Jenna reißt Aiden den Kopf ab.“ Ich stehe unschlüssig im Raum und beginne dann auf und ab zu tigern.

„Wie ich dir schon mal gesagt habe, Jenna ist nicht in Nate verliebt. Sie ist in die Vorstellung von ihm und sich verliebt. Sie ist schon eine ganze Weile Single und projiziert ihre Gefühle auf ihn, obwohl sie weiß, das das niemals passieren wird.“ Aiden steht auf und hält mich am Arm fest „Sie wird mich nicht umbringen, ich bin der einzige Bruder den sie hat.“ Er grinst und ich schließe gequält meine Augen. „Komm schon Ana.“ Er legt seine Hand unter mein Kinn „Du und Nate…“ er deutet auf ihn „Ihr seid perfekt für einander.“

Ich sehe ihn an und Tränen stehen in meinen Augen. Trotz allem was ich ihm gestern erzählt habe, hält er mich immer noch perfekt für Nate. Trotz meiner Fehler…

Aber habe ich im letzten halben Jahr nicht alles versucht, um wieder ich zu werden und dieses Kapitel meines Lebens abzuschließen?

Das es mich nun einholt ist mit Sicherheit auch meine Schuld, aber ich bin nicht mehr diese Ana und ich werde sie nie wieder sein…

Ich sehe zu Nate.

„Ich liebe ihn.“ Sage ich leise und Aiden strahlt mich an.

„Das sehe ich.“ Er drückt mir einen Kuss auf die Stirn, ich gehe zu Nate und streiche ihm über die Wange.

Er nimmt meine Hand und haucht einen Kuss darauf, ehe er mich auf seinen Schoß zieht.

„Wie stellt ihr euch das weiter vor?“ Aiden setzt sich wieder.

„Geheime Treffen? Nachts schnell raus schleichen?“ Nate zuckt mit den Schultern.

„Das ist nicht hilfreich.“ Gebe ich zu.

„Nein ehrlich, euch zusammen zu sehen ist wirklich wunderbar, aber das Risiko ist nicht zu unterschätzen.“ Aiden sieht mich lange an und ich nicke.

„Ich weiß…“ ich kaue auf meiner Unterlippe. „Ich sollte dich da nicht mit rein ziehen.“ Sage ich zu Nate und er seufzt leise.

„Danke Aiden, ich hatte sie gerade soweit, dass sie mich nicht mehr als größten Fehlgriff ihres Lebens sieht.“ Er nimmt meine Hand.

„Nate du bist kein Fehler.“ Sage ich leise.

„Wir schaffen das.“ Verspricht Nate mir und ich kuschele mich an ihn.

„Ich bin da, wenn ihr Hilfe braucht.“ Bietet sich Aiden an und ich schenke ihm einen dankbaren Blick.

„Wir müssen es auch vor Jenna geheim halten, gerade vor Jenna.“ Gebe ich zu bedenken.

„Das wird schwer.“ Nate streicht mir sanft über den Rücken du ich erschaudere.

„Ich weiß.“ Gebe ich zu.

„Um Jenna kümmere ich mich schon.“ Bietet sich Aiden an „Nur noch bis Januar, dann kann es allen egal sein, was ihr macht.“ Macht er uns Mut.

„Danke Aiden.“ Kommt es von Nate und ich lege meine Stirn an seine. „Bis Januar.“ Flüstert er.

„Ja, bis Januar und eine Verhandlung.“ Füge ich hinzu.

„Ich muss los ihr Zwei. Jenna wartet bei Mum und Dad.“ Aiden steht auf, haucht mir einen Kuss auf die Stirn und nimmt Nates Hand. „Ich halte Jenna vom Studentenwohnheim fern, aber morgen Abend sollte sie wieder da sein. Genießt den Feiertag morgen.“

„Danke Aiden.“ Sagt Nate und zieht mich dichter an sich heran.

Als sich die Tür hinter Aiden schließt stehe ich auf und gehe in die Küche um unser Essen auf zwei Teller zu verteilen.

Dann setzen wir uns an den Tisch und ich stochere in meinem Essen herum.

„Du bist so still Baby.“ Stellt Nate nach einer Weile fest.

„Ich will dich nicht in Schwierigkeiten bringen.“ Sage ich leise.

Er steht auf und tastet nach mir, er bekommt meine Schulter zu fassen und dreht mich zu sich, um in die Hocke zu gehen.

„Du bringst mich nicht in Schwierigkeiten. Ich liebe Dich Ana.“ Versichert er mir und ich würde ihm so gerne glauben. „Und bitte iss ein wenig.“ Bittet er mich eindringlich, küsst mich kurz und setzt sich wieder „Ich habe in den nächsten 24 Stunden Dinge mit dir vor, von denen du sonst nur träumst.“ Er grinst zaghaft und ich erwidere es.

Tatsächlich esse ich ein wenig und dann legen wir uns auf die Couch und hören wunderbar sanfte Musik.

Unablässig streichelt Nate meinen Rücken und ich bekomme eine Gänsehaut.

„Ist dir kalt?“ fragt Nate erstaunt.

„Nein.“ Lächle ich.

„Schade, sonst hätte ich gesagt, es ist zwingend notwendig, dass wir uns unter die Bettdecke kuscheln.“ Er zuckt mit den Schultern.

„Hmm, wenn ich es mir so Recht überlege, dann ist mir schon etwas kalt. Irland im Juni ist auch nicht mehr das, was es mal war.“ Lache ich und er rappelt sich auf um mir seine Hand zu reichen.

Kaum im Bett beginnt er mich verlangend zu küssen und ich fühle mich so geborgen, beschützt und sicher bei ihm, das es ein leichtes ist, mich fallen zu lassen und mich ihm voll und ganz hinzugeben.

Wir stehen am Sonntag erst gegen Mittag wieder auf und meine Beine drohen unter mir nachzugeben.

„Was ist los?“ Nate tastet nach mir und ich lache leise.

„Wenn wir nicht bald irgendetwas anderes machen außer uns zu lieben, dann kann ich morgen leider nicht in die Uni kommen.“ Gebe ich zu und er lacht ebenfalls leise.

„Dann fehlst du einen Tag, davon geht nicht die Welt unter.“ Er presst mich an sich.

„Oh doch…“ gestehe ich leise.

„Einmal noch?“ grinst er und ich muss lachen.

„Ganz ehrlich Nate, wie lange warst du mit keiner Frau zusammen?“ frage ich kopfschüttelnd.

„Zu lange, weil ich auf die Richtige gewartet habe.“ Er küsst mich verlangend und ehe ich mich versehe liege wir auch schon wieder im Bett.

„Hast du dein Auto hier?“ fragt er, nachdem wir beide unsere Atmung wieder unter Kontrolle haben und ich schüttele meinen Kopf.

„Baby? Ich kann dich nicht sehen.“ Erinnert er mich.

„Nein, das steht doch am Wohnheim. Jenna ist Samstag damit nach Hause gefahren.“ Sage ich schnell.

„Ach ja, dann machen wir das nächstes Wochenende.“ Denkt er laut nach.

„Was denn?“ ich nehme ihn in den Arm.

„Ich habe vor mich ein Wochenende im Monat mit dir irgendwo hin abzusetzen.“ Er grinst.

„Und was erzählen wir den anderen?“ gebe ich zu bedenken.

„Jenna erzählst du, das du bei Dex und Grace bist und ich sage den anderen, das ich Nachhilfe gebe, das habe ich früher immer an den Wochenenden gemacht.“ Erklärt er mir, als sei es das Selbstverständlichste auf der Welt. „Wo wir gerade bei Nachhilfe sind, ich gebe dir Nachhilfe in Rechtsgeschichte und glaub mir Ana Coleman…“ er küsst mich innig „… Du wirst mich fürstlich dafür entlohnen.“

„Du musst mir in Rechtsgeschichte wirklich helfen.“ Gebe ich zu bedenken.

„Keine Angst Baby, ich kann berufliches und privates sehr gut trennen.“ Er küsst meine Nasenspitze.

„Erfahrungswerte?“ frage ich und kann nicht verhindern, das sich ein missbilligender Ton einschleicht.

„Bist du etwa eifersüchtig?“ fragt er gespielt schockiert.

„Natürlich nicht.“ Antworte ich viel zu schnell und er lacht leise.

„Wie oft muss ich es dir noch sagen? Du kannst nicht lügen.“ Er zieht mich in seine Arme.

„Okay… Ja, ich bin eifersüchtig und das ist neu für mich.“ Gebe ich zu.

„Ich werde dir niemals einen Grund geben, an mir zu Zweifeln.“ Versichert er mir und ich lehne meinen Kopf an seine Schulter.

„Ich muss mich anziehen und los.“ Sage ich leise und entwinde mich seiner Umarmung.

„Hmm…“ nuschelt er und obwohl ich weiß, dass er mich nicht sehen kann, so habe ich das Gefühl, sein Blick verfolgt mich, als ich mich anziehe. Er zieht sich seine Shorts an und kommt zu mir.

Woher weiß er genau wo ich bin?

„Wir sehen uns morgen in der Uni und am Mittwoch kommst du um 19 Uhr hier her.“ Flüstert er mir ins Ohr „Und bis dahin musst du mit dieser Erinnerung leben.“ Er dreht mich in seinen Armen um und küsst mich voller Liebe.

Meine Lippen brennen und ich kann seinen Kuss immer noch spüren, als ich das Wohnheim eine halbe Stunde später lächelnd betrete.

Kaum oben angekommen springt mich Jenna fast an und ich schüttele lachend meinen Kopf.

„Wie viele Tassen Kaffee hat dir Aiden heute schon gegeben?“ feixe ich, als sie mich in ihr Zimmer zieht.

„Ach nicht viele.“ Winkt sie ab.

„Sicher?“ ich ziehe eine Augenbraue hoch und sie grinst.

„Vielleicht zwei oder drei.“ Gibt sie zu.

„Kannen?“ ich setze mich auf ihr Bett.

„Hör’ auf jetzt…“ bittet sie mich und setzt sich neben mich „Aiden hat mir ein Praktikum in seiner Klinik besorgt.“ Sie strahlt mich an.

„Aber das musst du doch erst in einem Jahr machen?“ frage ich verwirrt.

„Ja, aber ich bin ihm so dankbar, das ganze bewerben fällt weg und ich kann mich aufs Wesentliche konzentrieren.“ Freut sie sich.

„Das ist super.“ Ich nehme sie in den Arm.

„Wo warst du eigentlich Sonntag und heute? Und viel wichtiger: Geht es dir gut?“ sie nimmt meine Hand.

„Es geht mir gut, wirklich Jenna.“ Versichere ich ihr.

Ich will ihr jetzt noch nicht von meinem Verhandlungstermin im November erzählen…

„Sushi?“ fragt sie nach ein paar Sekunden und ich nicke lächelnd.

Eine knappe halbe Stunde später sitzen wir auf dem Dach, genießen die immer noch warmen Sonnenstrahlen und essen ein wirklich gutes Sushi.

„Ana?“ Jenna legt ihren Kopf schief und ich sehe sie fragend an.

„Na Jenna?“ grinse ich.

„Ich weiß, das du Nate magst und ich danke dir, das du dich zurück hältst.“ Sie lächelt verlegen und ich verschlucke mich fast an meiner Cola.

„Immer Jenna.“ Ich versuche mich zu einem lächeln durchzuringen.

„Wir sollten runter, morgen heißt es wieder früh aufstehen.“ Ich strecke mich und reiche Jenna meine Hand um ihr hoch zu helfen.

Ich schlafe gut in dieser Nacht.

Okay, ich muss ja auch etwas Schlaf nachholen…

Der Dienstag beginnt mit Prozessrecht und ich quäle mich durch die fast unendlich lange Vorlesung. Anschließend steht europäisches Recht auf meinem Plan und ich bin froh die Vorlesungen gewechselt zu haben, wenn ich Nate sehe, dann könnte ich mich nicht ein bisschen konzentrieren.

Auf dem Weg in die Mensa sehe ich ihn dann endlich, ich trete leise neben ihn und er beginnt zu lächeln.

„Hey Baby.“ Flüstert er.

„Hey mein Prinz.“ Antworte ich ebenso leise.

„Du hast mir heute Nacht gefehlt.“ Er berührt leicht meine Hand und ich erschaudere.

„Du mir auch, aber es war auch ganz nett zur Abwechslung mal wieder zu schlafen.“ Erkläre ich ihm lächelnd.

„Da seid ihr ja.“ Werden wir von Jenna empfangen als wir uns am Tisch niederlassen und ich meinen Salat inspiziere.

„Wo denn sonst?“ fragt Nate belustigt.

„Weiß nicht.“ Jenna beißt beherzt in ihren Burger. „Bist du ein Kaninchen oder was?“ fragt sie mich mit vollem Mund und deutet auf meinen Salat.

„Ich ernähre mich gesund, solltest du auch mal versuchen zukünftige Frau Dr.“ erkläre ich ihr und stecke mir ein Stück Gurke in den Mund.

„Oh du bist gemein.“ Kommt es von Nate und Jenna sieht mich mit großen Augen an.

„Okay, ich halte dir zu Gute das du frische Gurke und Tomaten auf deinem Burger hast.“ Grinse ich und Jenna genehmigt sich einen weiteren Bissen.

Unterm Tisch berührt Nate mich ganz sachte mit seinem Bein und ich sehe ihn an.

„Ach ja Ana, ich erwarte das du morgen Abend pünktlich bist.“ Wirft er auf einmal ein und ich sehe verwirrt von meinem Salat auf.

„Was macht ihr denn morgen?“ Jenna sieht erst mich und dann Nate an.

„Ana braucht Nachhilfe ins Rechtsgeschichte und ist sich endlich darüber klar geworden, das ich die einzig logische Alternative zu Dex bin, der mit Rechtsgeschichte mal gar nichts am Hut hat.“ Erklärt Nate ihr und sie nickt.

„Machst du ihr einen Sonderpreis?“ feixt sie nun und ich werfe ihr einen giftigen Blick zu.

„Schau nicht so böse Ana.“ Rügt er mich und mein Gesichtsausdruck wechselt von böse zu überrascht.

„Deine ganze Körperspannung ändert sich.“ Erklärt er mir „Und nun zu deiner Frage.“ Er sieht wieder zu Jenna „Ana und ich werden uns schon einig, zerbrich du dir mal nicht dein kleines Köpfchen darüber.“

„Solange sie besteht…“ sie zuckt mit den Schultern „Es ist für mich und Aiden nie verkehrt gute Anwälte zu kennen.“

„Du bereitest dich jetzt schon innerlich darauf vor mal vor Gericht zu müssen?“ hake ich amüsiert nach „Ich glaube, ich suche mir einen anderen Arzt meines Vertrauens.“

„So Mädels, Pause vorbei. Was habt ihr?“ Nate lehnt sich leicht nach hinten.

„Neurochemie.“ Jenna seufzt.

„Wirtschaftsrecht.“ Auch ich seufze leise und räume meine Sachen zusammen.

„Und ich habe frei.“ Er streckt sich.

„Reib es uns doch noch mehr unter die Nase.“ Beschwert sich Jenna und Nate lacht auf.

„Mach ich doch gerade.“ Lächelt er.

„Wir sehen uns um 15 Uhr auf dem Parkplatz.“ Jenna winkt mir zu.

Ich nehme Nates Tablett mit und stelle es in einen der dafür vorgesehenen Container.

„Ich bring dich.“ Nate packt meinen Arm und ich muss, ob ich will oder nicht, lächeln.

Eine kleine Berührung von ihm reicht aus und ich fühle mich sicher und geborgen.

Kurz bevor wir den Hörsaal erreichen zieht er mich plötzlich in einen kleinen Raum.

Er gibt der Tür einen Schubs und sie fällt ins Schloss.

„Was hast du vor?“ frage ich überrascht, aber bevor ich über die Frage nachdenken kann, legt er seine Hand an meine Wange, gleitet langsam in meinen Nacken und küsst mich.

Der Kuss ist leidenschaftlich und doch sanft und ich sehe ihn nach ein paar Minuten atemlos an.

„Nate…“ setze ich an.

„Ich verschwinde ja schon.“ Beruhigt er mich. „Wir sehen uns morgen Abend.“ Er haucht mir einen letzten Kuss auf die Lippen und geht dann raus.

Ich warte einen Moment und gehe dann auch, ich komme tatsächlich das erste Mal seitdem ich in Dublin bin zu spät zu einer Vorlesung.

„Entschuldig.“ Murmele ich und suche mir einen Platz.

Dex sieht mich kurz an und winkt dann ab.

„Sie haben nichts verpasst Miss Coleman.“ Beruhigt er mich und setzt ein Häkchen auf seine Liste.

Dex Vorlesung ist wie immer interessant, aber ich weiß, dass mich nach ihm noch eine Vorlesung Rechtsgeschichte erwartet und bin deswegen nicht ganz so gut gelaunt, als er sein Thema für heute beendet.

„Anastasia.“ Ruft er mich zu sich und ich trete an seinen Lehrerpult.

„Es tut mir leid, dass ich zu spät gekommen bin…“ setze ich sofort an und er lächelt.

„Ana, du warst 4 Minuten zu spät, nicht 4 Stunden.“ Beruhigt er mich. „Ich wollte fragen, wann du morgen zum Essen bei uns bist.“

„Oh Man, das habe ich vergessen. Kann ich auch übermorgen kommen? Nate gibt mir Nachhilfe in Rechtsgeschichte und du weißt, die brauche ich.“ Ich ziehe eine Flunsch und er lächelt.

„Klar doch, ich sage Grace Bescheid.“

„Danke Dex, ich bin übermorgen um 18 Uhr bei euch!“ verspreche ich ihm und renne durch die Flure um ja nicht zu spät zu kommen.

Die Vorlesung ist ein Krampf, alle Studenten hängen über ihren Laptops und versuchen irgendwie aus dem Gesagten schlau zu werden.

„Ich erwarte in zwei Wochen ein 200 Seiten Essay über das heute besprochene Thema, eine Auswahl an Fachliteratur finden sie wie immer in der Bibliothek.“ Damit entlässt er und ich stöhne verzweifelt auf.

„Man, hätte ich das gewusst…“ der junge Mann zu meiner Rechten reibt sich die Schläfen.

„Glaub mir, das konnte keiner ahnen.“ Gebe ich zu er lächelt.

„Nein…“ gibt er zu.

Ich packe meinen Laptop ein und setze mich, kaum das Jenna und ich zu Hause sind an den Laptop.

Am Abend kommt Aiden mit Pizza vorbei und wir sitzen gemütlich auf meinem Fußboden.

„Wo ist Nate?“ will Jenna nach einer Weile wissen und ich wundere mich, warum sie das nicht als Erstes gefragt hat.

„Termine.“ Sagt Aiden nur „Und ich solle dir von Henry, unserem klinischen Leiter sagen, das wenn du Lust hast du an den Wochenenden stundenweise als Schwester arbeiten kannst. Nur als Aushilfe und sehr schlecht bezahlt, aber du bekommst einen Einblick.“

„Das ist wunderbar.“ Freut sich Jenna.

„Wow, so langsam wirst du wohl eine richtige Ärztin.“ Gebe ich anerkennend zu.

„Na ja, du bist ja auch nicht mehr soweit davon entfernt eine Anwältin zu sein, oder?“ antwortet sie lachend.

„Jenna? Ich habe meinen Termin für meine Verhandlung in L.A. bekommen…“ ich atme tief durch „Ich muss am 28. November nach L.A. Bei diesem Termin wird sich meine Zukunft entscheiden.“

„Seit wann weißt du es?“ sie nimmt mich in den Arm.

„Seit zwei Wochen, ich musste das erst einmal für mich auf die Reihe bekommen.“ Gestehe ich ihr.

„Oh Ana.“ Sie drückt meine Hand. „Du packst das schon.“

„Ich hoffe…“ sage ich leise.

„Ganz sicher Ana.“ Aiden nickt mir zu.

Eine Stunde später rappelt sich Aiden auf. „Ich muss los, ich habe morgen Frühdienst.“ Er streckt sich kurz, nimmt den leeren Pizzakarton und ich erhebe mich ebenfalls.

„Danke Aiden.“ Ich drücke ihm einen Kuss auf die Wange.

„Bis dann Bruderherz!“ ruft ihm Jenna hinterher und er zieht die Tür hinter sich zu.

„Gefällt dir Aiden eigentlich?“ sie sieht mich prüfend an und ich zeige ihr einen Vogel.

„Quatsch Jenna, er ist wie ein Bruder für mich.“

„Ich meine ja nur, er ist zurzeit nicht vergeben.“ Sie zwinkert mir zu.

„Es tut mir leid, dich enttäuschen zu müssen, aber er trifft sich zurzeit mit einer sehr netten Frau. Jessica.“ Erkläre ich ihr und sie sieht mich erstaunt an.

„Was?“ lache ich „Es geschehen noch Zeichen und Wunder, ich weiß mal was, was du nicht weißt.“

„Mal schauen, wie lange seine Aufmerksamkeit dieses Mal anhält, manchmal glaube ich er hat ein Aufmerksamkeitsdefizitsyndrom.“ Sie schüttelt mit dem Kopf.

„Oh Jenna.“ Lachend ich helfe ihr hoch. „Lass ihn doch, so lange er glücklich ist.“

„Ja, oder?“ sie verzieht das Gesicht.

„Ja Jenna.“ Lächle ich „Und jetzt ins Bett.“ Ich klatsche in die Hände.

Dann mache auch ich mich bettfertig, als mein Handy piept und ich es zu Hand nehme.

Gute Nacht meine Baby! Ich vermisse dich neben mir. Ich liebe Dich! Dein Prinz

Ich lächle und drücke auf antworten.

Schlaf schön mein Prinz! Morgen Abend bin ich bei dir. Ich liebe Dich!

Ich drücke auf senden und kuschele mich in mein Bett. Was in den letzten Tagen passiert ist, ist fast unglaublich…

Nate liebt mich!

Er liebt mich trotz und mit allen meinen Fehlern.

Glücklich lächelnd schlafe ich ein.

„Komm schon Ana!“ Jenna hämmert an meine Tür und ich stehe brummend auf.

Warum kann de Uni nicht erst an Mittag beginnen?

Ich schnappe mir meine Wechselsachen und gehe zu Jenna ins Bad, die mich mal wieder anstrahlt und der die gute Laune ins Gesicht geschrieben steht.

Wenigstens hat sie so viel Anstand zu warten bis ich geduscht habe, ehe sie wie aufgezogen los plappert und ich nur hin und wieder nicke und ein paar Kommentare einwerfe.

„Du bist still heute.“ Stellt sie fest, als wir das Bad verlassen und ich lache.

„Du lässt mich kaum zu Wort kommen.“

„Entschuldigung.“ Murmelt sie.

„Ach was Jenna, dafür liebe ich dich ja.“ Ich lege meinen Arm um sie.

„Können wir heute mit dem Auto fahren?“ ich deute nach draußen, zur Abwechslung regnet es mal wieder.

„Okay, nur weil du es bist.“ Jenna zwinkert mir zu und ich gehe in mein Zimmer um mir meine Jacke und meine Tasche zu holen.

Es dauert fast ewig bis wir, nach unserem allmorgendlichen Abstecher bei Starbucks, einen Parkplatz an der Uni finden und ich sehe abgehetzt auf meine Uhr.

Ich laufe durch die Flure des juristischen Traktes und fluche vor mich hin.

„Guten Morgen.“ Erklingt eine mir nur zu bekannte Stimme.

„Keine Zeit.“ Ich nehme einen Becher Kaffee aus meinem Halter und drücke ihn Nate bei vorbei laufen in die Hand. „Ich liebe Dich.“ Flüstere ich und eile den Gang weiter entlang.

Tatsächlich komme ich auf den letzten Drücker und lasse mich geschafft auf einen Platz fallen.

Für meine Beinahe Unpünktlichkeit werde ich sofort zum Kreuzverhör gebeten, aber da in europäischen Recht bin, schlage ich mich ganz gut.

Da ich über meinem Essay für Rechtsgeschichte brüte vergesse ich tatsächlich etwas zu essen und mein Magen hängt mir in den Kniekehlen, als ich endlich um 15 Uhr das Unigelände verlasse.

Jenna winkt mich zu sich, ich packe sie am Arm und ziehe sie zum Auto.

„Ich sterbe vor Hunger…“ ich sehe sie an „Also Pizza, Burger oder Sushi?“

Sie lacht laut auf und steigt ein, während ich das Auto umrunde.

„Burger.“ Sagt sie sicher und ich starte den Motor. Im Moment würde ich sogar Pappe essen, so lange nur mein Magen endlich Ruhe gibt.

„Und wie war dein Tag?“ will Jenna wissen, nachdem wir uns nach einem Stopp an einem Schnellrestaurant mit Burger und Pommes versorgt haben und auf dem Parkplatz was essen.

„Geht so.“ nuschele ich mit vollem Mund. „Und bei dir?“

„Super gut. Ich habe heute kurz mit Aiden telefoniert, am Samstag kann ich meine erste Schicht machen.“ Sie strahlt mich an und schiebt sich ein paar Pommes in den Mund.

„Wow Jenna, das ist Großartig.“ Pflichte ich ihr bei.

„Ich mache drei Kreuze, wenn dieses Semester überstanden ist.“ Gebe ich zu.

„Geht’s bei euch los?“ sie zieht eine Augenbraue hoch und ich nicke.

„Ja, sind ja nur noch 4 Wochen und jetzt geht es mit den Hausarbeiten und Essays los.“ Stöhne ich.

„Sei getröstet, bei mir geht es auch los. Was denken die eigentlich? Denken die, das wir den Rest des Semesters nichts tun?“ sie seufzt und nimmt einen großen Schluck Cola.

„Ich bin nur froh, dass ich Dex habe.“ Gebe ich zu.

„Und Nate.“ Sie nickt mir zu.

„Ja, und Nate.“ Ich schlucke leicht. „Aber du hast ja noch Aiden.“ Erinnere ich sie.

„Ja, ich befürchte, ich werde viel Zeit mit ihm verbringen. Mehr als mit wahrscheinlich lieb ist.“ Sie verdreht die Augen.

„Komm schon, es gibt Schlimmeres.“ Ich schubse sie leicht und sie grinst.

„Ja, wahrscheinlich hast du Recht.“ Nickt sie lachend „Und heute in Biochemie habe ich einen neuen Laborpartner bekommen.“

„Und erzähl schon.“ Grinse ich.
„Man ich sag dir, der ist nicht nur gutaussehend, nein, der hat es auch noch echt drauf.“ Sie nickt anerkennend.

„Gefällt er dir?“ hake ich nach.

„Ja, er ist wirklich süß und er hält mich aus.“ Sie beißt sich auf die Unterlippe.

„Mensch Jenna, ran an den Mann.“ Ich schüttele den Kopf.

„Meinst du? Aber was ist mit Nate?“ fragt sie leicht unsicher.

„Ich glaube, er sieht in dir nur so etwas wie seine kleine Schwester.“ Versuche ich vorsichtig einen Vorstoß.

„Meinst du?“ fragt sie erneut.

„Ja, genauso wie ich immer in Aiden nur so etwas wie einen großen Bruder sehen werde.“ Erkläre ich ihr und sie nickt ganz sachte.

„Mal schauen, Donnerstag haben wir wieder Biochemie, dann werde ich ihm mal auf den Zahn fühlen.“ Ihr grinsen wird wieder deutlich breiter und das einzige was ich denken kann ist:

Juhu… Nate ist aus dem Spiel.

Hoffe ich…

„Du musst mir dann alles erzählen, wenn ich von Grace und Dex wieder komme.“ Bitte ich sie und sie nickt eifrig.

„Stimmt ja, am Donnerstag bist du ja bei ihnen. Fährst du gleich nach der Uni?“ will sie nun wissen und dieses Mal nicke ich.

„Ja, ich will noch ein paar Sachen mit Dex besprechen.“ Erkläre ich ihr.

„Man, dann sehe ich dich heute und morgen Abend nicht.“ Sie zieht eine Schnute.

„Freitag gehöre ich dir. Kino?“ ich knülle mein leeres Burgerpapier zusammen und stecke es in die große Papiertüte.

„Klingt gut.“ gibt sie zu „Und jetzt sollten wir nach Hause, je schneller wir uns an unsere Hausarbeiten setzen, so schneller sind wir fertig.“

„Wie viele hast du insgesamt?“ ich steuere den Mülleimer an dun versenke unsere Papiertüte darin.

„Bis jetzt 4, aber 2 kommen auf jeden Fall noch. Und du?“ sie sieht ich lange an und nimmt dann einen weiteren Schluck von ihrer Cola.

„5 und es kommen noch bestimmt 2…“ ich seufze „Auch Dex wird uns nicht verschonen.“ Ahne ich.

Im Wohnheim angekommen tausche ich meine an den Knien immer noch nasse Jeans gegen eine Neue und ziehe mir einen kuscheligen Pullover an, ehe ich mich aufs Bett setze und mit zumindestens Stichpunkte mache. Ich habe so einige Ideen, aber das muss ich morgen mit Dex noch einmal durchgehen.

Kurz vor 18 Uhr verabschiede ich mich kurz von Jenna und mache mich auf den Weg zu Nate. Mein Herz schlägt mir bis zum Hals, als ich an seine Tür klopfe und er sie mir lächelnd öffnet.

„Komm rein Baby!“ er packt mich Handgelenk und zieht mich in die Wohnung, neben der Tür drückt er mich an die Wand und küsst mich verlangend.

„Nate…“ ich schiebe ihn ein Stück weg. „Können wir uns bitte erst einmal mit Rechtsgeschichte beschäftigen?“

„Echt jetzt?“ er sieht mich schmollend an.

„Ja Nate, echt jetzt…“ ich schnaube leicht „Ich muss übernächsten Dienstag ein 200seitiges Essay abliefern und wenn das nicht wenigstens passabel ist, dann kann ich das Semester vergessen.“ Ich hole meinen Laptop raus und schalte ihn an. „Bitte Nate.“

„Okay, aber dann gehörst du mir.“ Er setzt sich neben mich und fährt sich durch die Haare.

„Ich habe mir schon ein paar Notizen gemacht…“ ich beginne ihm das, was ich schon habe, vorzulesen und tatsächlich kommen wir richtig gut voran.

„Meinst du, den Rest bekommst du alleine hin?“ er streichelt sanft meinen Nacken.

„Hmm…“ ich lese den letzten Absatz erneut, schriebe mir noch ein paar Stichpunkte dazu und speichere ab.

„Immerhin schon 160 Seiten.“ Ich reibe mir die Augen.

„Baby?“ er kommt ganz nah an mein Ohr „Es ist schon kurz nach 23 Uhr.“

„Was? Oh verdammt.“ Fluche ich.

„Bleib ruhig Baby, Jenna ist bestimmt schon im Bett und wenn du morgen ganz früh hinfährst, dann merkt sie nichts.“ Er knabbert an meinem Ohrläppchen und ich stöhne leise.

„Nate…“ setze ich an.

„Halt den Mund.“ Er versiegelt meine Lippen mit einem liebevollen Kuss.

Ich schiebe den Laptop weg und drehe mich zu ihm. Ich fahre mit meinen Händen über seinen Rücken und er küsst mich fordernder, seine Hände wandern unter mein Top und schieben es sanft aber bestimmt nach oben.

„Du kannst dir nicht vorstellen, wie sehr du mir gefehlt hast.“ Haucht er mir ins Ohr und ich lächele versonnen.

„Du mir auch.“ Wispere ich und ziehe ihm sein T-Shirt über den Kopf.

„Nicht, das du mir das auch noch klaust.“ Grinst er „Ich habe sehr wohl bemerkt, das mein Lieblings T-Shirt weg ist.“ Er drückt mich nach hinten und ich finde mich unter ihm wieder.

„In einer Beziehung muss man auch teilen können…“ ich küsse ihn verlangend „…Habe ich gehört.“ Füge ich hinzu.

„Ich habe nicht vor dich mit irgendjemanden zu teilen.“ Er zieht den Reißverschluss meiner Jeans auf und schiebt mir diese langsam über meinen Po nach unten. Er beugt sich vor und küsst hauchzart den Ansatz meiner Brüste und ich stöhne wohlig auf. Mit einer geschickten Handbewegung öffnet er mir meinen BH und knabbert zart an meinen Brustwarzen. Ich schließe meine Augen und lehne meinen Kopf nach hinten, seine Liebkosungen sind so gefühlvoll und ich denke an nichts, außer an ihn.

Ich öffne seine Gürtelschnalle und langsam die Knöpfe seiner Jeans.

„Ich will dich.“ Hauche ich ihm ins Ohr und er seufzt leise.

Er befreit mich gänzlich von meiner Jeans, beugt sich vor uns küsst meinen Bauch, hauchzart… und es bringt mich um den Verstand. Ich kralle mich in seinen Haaren fest und atme schwer, mein ganzer Körper ist angespannt und ich warte auf den Moment der Erlösung.

Er arbeitet sich langsam vor zu meinem Slip, fährt mit seiner warmen Hand hinein und umkreist quälend langsam mein Lustzentrum. Ich recke mich ihm entgegen und fast glaube ich, ich erreiche meinen Höhepunkt, wenn er ihn nur ein Einziges Mal berührt. Aber stattdessen beschleunigt sich mein Atem und ich kann mein Stöhnen kaum unterdrücken.

Er kommt wieder hoch und küsst mich verlangend, ich ziehe ihn zu mir, halte ihn an mich gepresst und will ihn nie wieder los lassen. Ich zerre eher unbeholfen an seiner Jeans und er hilft mir sie auszuziehen, ehe er noch auf dumme Ideen kommt, schiebe ich seine Shorts gleich mit runter. Da er vor mir steht, beuge ich mich vor und berühre mit meinen Lippen zärtlich seinen Penis.

Er stöhnt auf und ich umschließe ihn ganz langsam mit meinem Mund.

„Gott…“ stöhnt er kehlig.

Nachdem meine Lippen ein paar Mal seinen Schaft auf und ab geglitten sind, packt er meine Haare im Nacken und zieht meinen Kopf zurück. Er presst mich auf die Couch, befreit mich von meinem Slip, nimmt meinen Po fest in seine Hände und stößt zu.

Ich halte mich an ihm fest, gebe einen leisen, erstickten Schrei von mir und schließe meine Augen.

Seine Bewegungen werden im Einklang mit meiner schweren Atmung schneller und ich recke ihm mein Becken entgegen. Ich will ihn tief in mir spüren, ich will jeden Zentimeter in mich aufnehmen und am Liebsten die Zeit anhalten.

Mit ihm vereint zu sein, ist die perfekte Mischung von Liebe, Lust und Verlangen.

Ich lasse mich fallen, tauche ein in Welten, die ich noch nie vorher gesehen und gefühlt habe und als mich ein gewaltiger Orgasmus überrollt, da ziehe ich ihn zu mir und küsse ihn.

Ich merke wie sich sein ganzer Körper anspannt und sehe in seinem Gesicht, das auch er Erlösung gefunden hat.

Mein Herzschlag und meine Atmung sind jenseits mir bekannter Schnelligkeit und ich halte mich an ihm fest.

Er legt sich zu mir, küsst sanft meine Schläfe und ich bette meinen Kopf auf seiner Brust. Mit ein klein wenig Genugtuung stelle ich fest, das auch sein Herz rast und schließe meine Augen.

„Baby?“ fragt er leise und ich hebe eher widerwillig meinen Kopf an.

„Hmm.“ Nuschele ich und streiche ihm sanft über seine Wange.

Er hält meine Hand fest und haucht einen Kuss in meine Handinnenfläche. „Ich liebe Dich.“

„Oh Nate…“ ich komme etwas mehr hoch und küsse ihn von Liebe erfüllt „Ich dich auch.“

Zum Glück habe ich mein Handy gestellt, denn ansonsten hätten wir mit Sicherheit verschlafen.

Ich rappele mich auf und suche meine Sachen eilig zusammen, ich habe noch eine halbe Stunde ehe Jenna an meine Tür klopft und mich anschließend im Bad erwartet.

Nate zieht sich zähneknirschend wenigstens seine Boxershorts an und bringt mich zur Tür.

„Weißt du worauf ich mich freue?“ er küsst mich und zieht mich erneut in seine Arme.

„Worauf?“ frage ich leise.

„Wenn das Versteckspiel ein Ende hat und du für immer bei mir sein kannst.“ Er legt seine Hand in meinen Nacken und ich seufze glücklich.

„Darauf freue ich mich auch.“ Gestehe ich ihm.

„Und bis dahin werde ich jedes einzelne Mal, wenn ich deinen Geruch wahr nehme daran denken, wie ich dich auf meiner Couch genommen habe, wie du sanft…“ er küsst mich erneut.

„Nate…“ ich lege ihm meinen Zeigefinger auf die Lippen. „Ich muss wirklich los.“ Sage ich bedauernd.

„Am Wochenende?“ fragt er hoffnungsvoll.

„Ich versuche alles was in meiner Macht steht.“ Verspreche ich ihm und gehe zum Treppenhaus. Kurz bevor ich die Tür erreiche, drehe ich mich, laufe zu ihm zurück und küsse ihn erneut.

„Ich liebe dich. Bedingungslos.“ Wispere ich.

„Ich dich auch, Baby.“ Er hält meine Hand noch einen Moment fest, ehe ich dann endlich los gehe und die Treppen quasi runter stürze.

Ich schleiche mich ins Studentenwohnheim und bin gerade in meinem Zimmer, als es an der Tür klopft.

„Guten Morgen, ab ins Bad.“ Ruft Jenna und ich atme erleichtert auf.

Das war wirklich knapp…

Ich ziehe mir meinen Pullover und meine Jenas aus und laufe im T-Shirt über den Flur.

„Guten Morgen:“ begrüße ich Jenna, die gerade in die Dusche steigt.

Fröhlich vor mich hin summend prasselt das Wasser nur wenige Minuten später auch auf mich.

„Man, du hast aber heute Morgen Gute Laune.“ Jenna grinst mich an, als ich das Badehandtuch um mich schlinge und zur ihr an das Waschbecken trete.

„Nicht nur du kannst am Morgen Gute Laune haben.“ Ich strecke ihr die Zunge raus und sie lacht auf.

„Stimmt auch wieder.“ Gibt sie zu und wir machen und fertig.

Als wir eine knappe Stunde später das Unigelände betreten herrscht das morgendliche Chaos und ich habe zu tun pünktlich in meiner ersten Vorlesung bei Dex zu sein.

„Coleman, Anastasia?“ ruft er und ich bekomme von meinem Sitznachbarn einen unsanften Knuff an den Oberarm.

„Hey du.“ zischt er.

„Coleman, Anastasia?“ fragt Dex erneut.

„Hier.“ Sage ich schnell und reibe mir den Oberarm.

„Aufgewacht Miss Coleman?“ Dex grinst leicht und ich schenke ihm einen schiefen Blick.

Ich tue mich den Tag über etwas schwer den Vorlesungen zu folgen, da ich immer wieder an die vergangene Nacht denken muss und dann dümmlich vor mich hin grinse.

Dann endlich ist es vollbracht und da ich mit Grace und Dex vereinbart habe, gleich nach der Uni zu ihnen zu kommen, setze ich Jenna nur schnell ab und fahre raus nach Blackrock.

„Ana!“ Grace nimmt mich freudestrahlend in den Arm.

„Hallo Grace.“ Begrüße ich sie mit einem Kuss auf die Wange.

„Komm rein, Essen ist fertig.“ Sie zwinkert mir zu.

„Woher weißt du, das ich kein Mittag hatte?“ ich reibe mir den Bauch.

„Weil ich weiß, das ihr gerade mit Hausarbeiten zu gepflastert werdet und da hat Dex auch fast immer sein Mittag ausfallen lassen.“ Sie zwinkert mir zu und ich betrete das Haus in dem es herrlich nach Lamm und Minzsauce duftet. Seitdem ich in Irland bin mein absolutes Lieblingsgericht.

„Wir müssen aber noch warten bis Dex kommt, er hat noch eine Besprechung.“ Sie nimmt mir meine Tasche ab und stellt sie in die Bibliothek.

„Okay, komm wir setzen uns auf die Terrasse.“ Schlage ich lächelnd vor.

„Gut, ich hole uns aber eben was zu trinken.“ Sie macht einen Abstecher in die Küche und ich setze mich auf eine der zwei Sonnenliegen.

„Du siehst glücklich aus.“ Grace reicht mir einen Eistee.

„Ich bin glücklich.“ Gebe ich zu und sie erstrahlt.

„Ein Mann?“ sie setzt sich auf die andere Sonnenliege und ich merke, wie mein Gesicht von ganz alleine anfängt zu strahlen.

„Ana?“ sie zieht eine Augenbraue hoch.

„Ganz ruhig Grace…“ ich winke ab „Nein, im Moment läuft es gut. Trotz der ganzen Hausarbeiten, trotz des Stresses…“ ich atme tief durch „Ich bin zu Hause.“

„Das ist wunderbar.“ Sie schenkt mir einen liebevollen Blick.

„Ja, ich danke dir und Dex so sehr.“ Ich erwidere ihren Blick „Ihr habt euer Vertrauen in mich gesetzt und ihr liebt mich.“ Ich zucke leicht mit den Schultern „Das kannte ich vorher nicht.“

Ich weiß, dass jedes einzelne Wort wahr ist, aber ich weiß auch, dass ich sie im Bezug auf Nate anlügen muss, ich kann sie nicht zu Mitwissern machen.

„Ich bin zu Hause! Wer noch?“ Dex kommt lautstark ins Haus und ich und Grace lachen auf.

„Ich!“ sagen wir Beide wie aus einem Mund.

„Terrasse.“ Fügt Grace hinzu und Dex kommt zu uns, legt sein Jackett über einen der Gartenstühle und begrüßt Grace mit einem Kuss.

„Es duftet herrlich nach Lamm.“ Freut er sich.

„Bevor ihr Beide noch verhungert...“ Grace steht auf „In 15 Minuten ist es fertig. Deckt doch den Tisch hier draußen.“ Sie lässt ihren Blick über den wolkenlosen Himmel schweifen.

Dex und ich folgen Grace in die Küche und ich hole Teller und Besteck, während Dex Tischsets, Gläser und eine große Karaffe Eistee mitnimmt.

Das Essen ist wunderbar entspannt und ausgezeichnet, wie immer. Der Blick über die irische See macht es zudem perfekt…

„Na Ana, auf in den Kampf?“ Dex sieht mich an und ich schnaube.

„Was muss, das muss, oder?“ erwidere ich und will meinen Teller nehmen.

„Ich mach das schon.“ Winkt Grace ab und ich folge Dex in die Bibliothek.

Wir kommen gut voran und ich beschließe bei ihnen zu schlafen, da Dex und ich die Zeit total aus den Augen verlieren.

Dementsprechend aufgeregt empfängt mich Jenna am Freitagmorgen vor dem Uni Gelände.

„Gott Ana…“ sie nimmt mich in den Arm „Wo zur Hölle warst du die ganze Nacht?“

„Bei Grace und Dex, wir haben länger gebraucht.“ Entschuldige ich mich.

„Kannst du beim nächsten Mal deiner überbesorgten besten Freundin eine SMS schrieben?“ Nate taucht hinter ihr auf und mein Herz beginnt sofort schneller zu schlagen.

„Es tut mir leid Jenna.“ Ich nehme sie erneut in den Arm.

„Ich bin ja nur froh, dass es dir gut geht.“ Sie lächelt wieder und ich atme durch.

„Wie ich dich kenne, heute mal wieder keine Mittagspause. Macht nichts…“ beantwortet sie sich die Frage selber „Wir sehen uns um 14 Uhr hier…“ sie strahlt mich an und ich nicke „So, ich muss.“ Sie drückt mir einen iced Chocolate Mocca in die Hand, einen Kuss auf die Wange und verschwindet in der Menge.

„Und deinen Freund, der vor Sorge um seine Freundin kaum eine Auge zu bekommen hat, den rufst du beim nächsten Mal auch an, verstanden?“ Nate hält mich leicht am Arm fest.

Mir fällt auf, das heute einer der wenigen Tage ist, an denen er seine Sonnenbrille trägt, denn meistens geht er ohne aus dem Haus… und ich weiß, er trägt sie, weil er zu wenig geschlafen hat.

„Es tut mir so leid, ich bin es nicht gewohnt, dass sich Menschen um mich sorgen.“ Gebe ich zu.

„Gewöhn dich dran.“ Sagt er leise und ich nicke. „Ehrlich Ana?“ fragt er belustigt und ich muss lächeln.

„Ich habe nicht genickt.“ Versuche ich mich aus der Affäre zu ziehen.

„Hast du doch und ich glaube, wir müssen los.“ Er fühlt an seiner Uhr, ich sehe auf meine und erschrecke.

Auf dem Weg zum juristischen Trakt nehme ich einen großen Schluck von meinem Mocca und bevor sich meine und Nates Wege trennen drücke ich ihm meinen Becher in die Hand.

„Als kleine Wiedergutmachung.“ Rufe ich ihm noch zu.

„Du hast schon die Hälfte getrunken.“ Ruft er über die leeren Flure.

„Teilen!“ rufe ich zurück und schlüpfe in meine Vorlesung.

Der Tag geht relativ schnell rum und in der Mittagspause schaffe ich es zumindestens schon mal ein Essay fertig zu stellen und abzuliefern, macht dann nur noch 6 in vier Wochen.

Jenna nimmt mich in den Arm als ich in die strahlende Junisonne Dublins trete.

„Was meinst du? Morgen Strand und surfen?“ sie legt ihren Kopf schief.

„Meine Hausarbeiten.“ Gebe ich zu bedenken.

„Komm schon Ana, die laufen nicht weg und ab und zu brauchst du auch mal einen klaren Kopf.“ Sie zieht eine Schnute und ich nicke schließlich.

Als ich kurz darauf eine SMS bekomme, in der Nate mir mitteilt, das er morgen auch surfen will und wir unser gemeinsames Wochenende verschieben wollen, da weiß ich, das dieses Wochenende nur gut werden kann.

Es fängt schon sehr gut, mit Sushi und Wein auf dem Dach an und dieses Mal schlafen Jenna und ich absichtlich draußen.

„In 10 Minuten ist Aiden hier!“ Jenna scheucht mich in mein Zimmer. Ich gehe an meinen Schrank, ziehe mir in Windeseile mein türkisener Bikini an, nehme das erstbeste Top und meine Jeansrock. Ziehe beide Teile beim Zusammensuchen meiner restlichen Strandutensilien an, öffne meine Haare, fahre mit den Fingern schnell hindurch und stehe tatsächlich 10 Minuten später angezogen und bereit im Flur.

„Ich bin fertig Jenna. Was ist mit dir?“ rufe ich und drücke schon mal auf den Fahrstuhlknopf.

„Bin da.“ Jenna kommt mit wehenden Haaren zu mir gelaufen.

„Wow, zwei Genies ein Gedanke.“ Lacht sie und deutet auf meine Haare.

Ich schüttele lachend meinen Kopf und wir steigen in den Fahrstuhl.

Kaum unten angekommen hupt es auch schon und Jenna und ich laufen raus.

„Hey!“ ich nehme Aiden in den Arm.

„Wow Ana!“ er lässt mich eine Pirouette drehen. „Du siehst echt heiß aus. Nichts für ungut Nate, aber das du den Anblick nicht genießen kannst, das ist mehr wie eine Schande.“

„Hey und ich?“ Jenna dreht sich ebenfalls im Kreis und Aiden lacht.

„Meine kleine Schwester eben.“ Er zuckt betont lässig mit den Schultern.

„Man ey!“ Jenna boxt ihn unsanft und ich gehe zu Nate.

„Hey Baby.“ Flüstert er mir ins Ohr.

„Hey mein Prinz.“ Antworte ich genauso leise und drücke ihm einen Kuss auf die Wange.

„Guten Morgen schöner Mann.“ Begrüßt nun auch Jenna Nate und wir steigen hinten ein.

„Verdammt, mein Board.“ Ich fasse mir an die Stirn.

„Willst du mit deinem Auto fahren?“ Aiden dreht sich zu mir um.

„Ja, ist wohl das Beste, fahrt doch schon vor.“ Ich steige wieder aus.

„Findest du den Weg?“ Aiden zieht eine Augenbraue hoch. Er weiß genau, dass ich den Weg finde, immerhin haben wir uns ja schon zig Mal am Strand getroffen.

„Wird schon werden, wenn nicht, dann rufe ich an und ihr lotst mich.“ Ich zwinkere ihm zu.

„Ich fahre bei dir mit.“ Bietet sich Nate an und ich sehe zu Jenna. Als diese leicht nickt, tue ich es ihr gleich.

„Hallo blinder Mann wartet auf eine Antwort.“ Beschwert sich Nate und ich öffne seine Tür.

„Wenn sie mir die Ehre erweisen und mein blinder Navigator sein würden Mr. O’Brian.“ Lache ich und er steigt aus.

Jenna steigt auch aus und setzt sich zu Aiden nach vorne.

„Bis gleich!“ ich winke beiden zu und sie fahren los.

Wir gehen ein Stück nebeneinander her und ich führe ihn zu meinem Auto.

„Du kennst den Weg, oder?“ fragt Nate plötzlich und ich lache auf.

„Aber sicher. Ich denke Aiden wollte uns nur etwas Zeit verschaffen.“ Gebe ich zu.

Ihm so dicht zu sein und nicht berühren zu dürfen grenzt fast an Folter, aber hier wohnen einfach viel zu viele Studenten und uns braucht nur einmal die verkehrte Person zu sehen und schon bekommen wir richtig Ärger.

Seine Hand umfasst wie immer meinen Unterarm, aber ich will mehr von ihm spüren…

Wir stiegen ins Auto und ich fahre die Strecke, die ich wirklich in- und auswendig kenne mit schlafwandlerischer Sicherheit.

„Hier links.“ Sagt Nate plötzlich kurz bevor wir den Strand erreichen.

„Aber wir müssen weiter geradeaus.“ Sage ich verwirrt, biege aber dennoch ab.

„Aiden wollte uns Zeit verschaffen und ich habe nicht vor, sie einfach nur verstreichen zu lassen.“ Gibt er zu und ich finde mich auf einem kleinen Kiesweg wieder.

„Halt an.“ sagt er mit rauer Stimme und ich fahre an den Rand.

Kaum das ich den Motor ausgestellt habe, schnallt er sich ab, öffnet meinen Sicherheitsgurt und zieht mich auf seinen Schoß.

Er fährt durch meine Haare und lächelt.

„Du bist wunderschön.“ Sagt er andächtig und küsst mich verlangend.

„Nate…“ setze ich an.

„Bitte Baby, so wie ich mich jetzt fühle, kann ich mit Sicherheit nicht an den Strand.“ Er fährt mit seinen Händen über meine Seite und ich bekomme eine Gänsehaut, dann bemerke ich die Wölbung in seinen Shorts und kichere leise.

Er kommt leicht hoch und ich ziehe ihm seine Shorts ein Stück runter, ich schiebe meinen Slip beiseite und er gleitet in mich.

„Oh Nate.“ Stöhne ich leise.

Er hält mich fest in seinen Armen und unser Rhythmus ist ungehalten und stürmisch, so dass wir beide schon nach kurzer Zeit kommen.

Ich krabbele von seinem Schoß und nehme seine Hand.

„Niemals werden Worte ausdrücken können, wie sehr ich dich liebe.“ Ich streiche mit der anderen Hand über seine Wange und er schließt seine Augen.

„Du bist mein Leben Anastasia Coleman.“ Sagt er leise und ich küsse ihn hingebungsvoll.

Ich rücke meine Sachen etwas zu Recht und schnalle mich wieder an, auch Nate folgt meinem Beispiel und ich wende das Auto. Okay, in mehr wie drei Zügen, aber die Straße verdient die Bezeichnung Straße auch nicht…

Als wir am Strand eintreffen warten die anderen schon auf und Josh und Ronan begrüßen mich erst einmal und wir bringen unsere Sachen an den Strand, als Erstes wollen die Jungs raus und Jenna und ich legen uns in die Sonne.

Wir beobachten Aiden und Nate und haben ordentlich was zu lachen, den Nate scheint nicht ganz bei der Sache zu sein.

Als sie an den Strand zurück kommen, lacht Aiden schon so sehr, dass er sich den Bauch halten muss.

„Alter, das war mal so was von schlecht.“ Er klopft Nate auf die Schulter.

„Ist ja gut, ich habe es verstanden…“ brummt Nate und lässt sich in den Sand fallen „… Im Übrigen auch schon die 20 Male, die du es mir auf dem Wasser gesagt hast.“

„Kann nicht sein…“ lache nun auch ich „Ihr wart ja eigentlich die ganze Zeit im und nicht auf dem Wasser.“

„Der war gut.“ lacht Josh und zieht mich hoch.

„Danke.“ Ich mache einen Knicks „Komm Jenna, wir zeigen den Jungs mal wie das geht.“ Ich nicke ihr zu und wir befestigen unsere Boards am Fußgelenk und stürmen ins Wasser.

Gut, warm ist was anderes, aber es war auch schon kälter…

Jenna und ich paddeln nebeneinander raus und setzten uns auf unsere Boards.

„Bereit?“ sie grinst mich an und ich nicke.

Ich drehe mich um und warte auf eine gute Welle, als dann eine kommt, lasse ich mich ein Stück tragen, stelle mich auf und genieße den Wind und die Gischt in meinem Gesicht.

Erst nach über einer Stunde kommen wir wieder raus und die Jungs applaudieren.

„Echt gut.“ Josh nickt anerkennend.

„Wann lernt ihr es endlich uns nicht immer zu unterschätzen?“ ich nehme mir ein Handtuch und rubbele meine Haare etwas trocken.

„Hmm…“ Aiden tut als müsse er nachdenken „Niemals.“ Sagt er schließlich.

„Arsch.“ Kommentiere ich trocken und er sieht mich überrascht an.

„Hat sich mich gerade Arsch genannt?“

„Ja, hat sie.“ Nate nickt zustimmend.

Ich sehe Aiden einen Moment an, er springt auf und will mich packen, aber da ich den Verdacht hatte, das er das nicht auf sitzen lässt, bin ich schneller und flüchte Richtung Wasser.

Kurz vor dem Wasser packt er mich und hebt mich über seine Schulter, triumphierend kommt er mit mir zurück zu den anderen.

„Vorschläge für Strafen?“ fragt er in die Runde.

„Ana gibt heute Abend die erste Runde im Poppys aus.“ Schlägt Josh vor.

„Gut, aber das können wir besser.“ Aiden sieht weiter in die Runde.

„Ana wachst alle unsere Boards.“ Feixt Ronan.

„Akzeptiert.“ Jubelt Aiden und lässt mich zappelnd runter.

„Echt jetzt?“ ich sehe in die Runde und alle nicken zustimmend.

„Es tut mir leid.“ Ich sehe mit meinem gekonntesten Augenaufschlag in Richtung Aiden, doch der winkt ab.

„Wenn du es gleich machst, dann können wir noch mal raus.“ Er deutet auf die Boards.

Ich ziehe eine Schnute und gehe an meinen Jeep um das Wachs zu holen.

„Die spinnen die Iren.“ Murmle ich vor mich hin.

„Mit gewissen Ausnahmen, hoffe ich.“ Nate taucht aus dem nichts neben mir auf.

„Natürlich.“ Ich berühre leicht seine Hand.

„Ich muss aufhören an dich zu denken, wenn ich auf dem Board stehe.“ Grinst er.

„Ja, könnte nicht schaden, es sei denn du willst deinen Tauchschein machen.“ Erwidere ich lachend und nehme die Tube Wachs und meinen Handschuh mit.

„Du bist frech Anastasia Coleman.“ Er schüttelt gespielt fassungslos seinen Kopf.

„Bin ich nicht.“ Ich sehe mich um, drücke ihm einen Kuss auf den Mund und kneife ihn in den Po.

„Echt jetzt?“ lacht er und folgt mir zurück zu den anderen.

Fast 90 Minuten später sind alle 6 Boards gewachst und glänzen wie neu.

„So, wollen wir?“ fragt Aiden und hilft Nate hoch.

„Wäre schön, wenn du deine Gedanken mal für eine halbe Stunde ordnen könntest, sonst gehe ich ohne dich raus.“ Sagt er ernst zu ihm.

„Ja, sonst mache ich wirklich noch den Tauchschein den Ana mir andrehen will.“ Nate grinst schief und die Jungs machen sich lachend auf ins Wasser.

„Ich kapier das nicht, Nate ist einer der sichersten Surfer die ich kenne und heute tut er gerade so, als wäre es sein erstes Mal auf dem Board.“ Jenna schüttelt verwirrt den Kopf.

„Vielleicht hat er einfach andere Sachen im Kopf. Du weißt doch, er hat Ende Juli seine letzten Prüfungen als Lehrkraft.“ Erinnere ich sie.

„Das wird es wohl sein.“ Gibt sie zwar nicht sehr überzeugt zurück, aber immerhin sie lässt das Thema fallen.

Nachdem auch Jenna und ich die Wellen noch einmal genossen haben machen wir uns auf den Weg ins Poppys und dieses Mal fährt Jenna bei mir mit.

„Der Tag war schön, findest du nicht?“ sie strahlt mich an und ich nicke zustimmend.

„Du hast richtig Farbe bekommen.“ Ich deute auf ihre Beine.

„Und du erst. Man Ana, da kann man neidisch werden.“ Sie kurbelt das Fenster runter und hängt ihre Füße raus.

„Natur.“ Gebe ich zwinkernd zurück und ich fahre hinter Joshs Bus auf den Parkplatz des Poppys.

„Morgen wieder?“ lacht Jenna.

„Warum eigentlich nicht, ein wenig Lernpause hat noch niemandem geschadet.“ Antworte ich und steige aus.

„Was morgen wieder?“ Ronan sieht mich fragend an.

„Na was wohl? …Strand und surfen.“ Jubelt Jenna.

„Wir sind dabei!“ er legt seinen Arm um Nate und dieser nickt finster.

Beim zweiten Durchgang hat er sich zwar schon wesentlich besser angestellt, aber von richtig gut kann immer noch keine Rede sein.

Nate kommt zu mir, während die anderen schon Mal reingehen.

„Ich muss mit Ana noch etwas wegen einer Hausarbeit besprechen.“ Er zuckt mit den Schultern.

„Du bist ein Sklaventreiber, kannst du das arme Mädchen nicht wenigstens am Wochenende in Ruhe lassen?“ schimpft Jenna lachend.

„Nein liebste Jenna, ich will ja, das sie auch mal irgendwann fertig wird.“ Erwidert er trocken.

„Sind sie drin?“ fragt er leise.

„Ja.“ Flüstere ich zurück.

Er nimmt mein Gesicht andächtig in seine Hände und küsst mich.

„Gott, danach sehne ich mich so.“ gibt er zu und ich nicke an seinen Lippen. „Bitte Baby, lass dir was einfallen, damit du heute Nacht bei mir sein kannst, sonst blamiere ich mich morgen wieder.“ Er legt seine Stirn an meine.

„Und was bitte?“ frage ich zweifelnd.

„Egal was.“ Er küsst mich erneut kurz und geht dann Richtung Eingang.

Ich bleibe noch etwas draußen und denke nach, dann stelle ich meinen Wecker am Handy mit meinem Klingelton und gehe wieder rein.

Entweder es funktioniert, oder eben nicht…

Ich bestelle mir einen alkoholfreien Cocktail und stoße mit den anderen auf den wunderbaren Tag an. Dann ertönt mein Klingelton “Walking on Sunshine“ und ich sehe entschuldigend in die Runde.

„Grace.“ Sage ich mit einem Blick auf mein Display und gehe vor die Tür, nach ein paar Minuten komme ich wieder rein.

„Und was wollte Grace?“ Jenna sieht mich prüfend an.

„Dex will heute Abend mit mir mein Essay in Bilanzrecht durchgehen, damit ich voran komme.“ Ich gebe mir Mühe genervt zu klingen.

„Auf einen Samstagabend?“ Jenna zieht eine Augenbraue hoch.

„Ja, er meint ich habe ja noch 5 weitere liegen, weil ich erst eine abgegeben habe und er sagt, was wir heute fertig bekommen ist die nächsten Wochen weniger auf meinem Plan.“ Ich zucke mit den Schultern „Besser, als wenn ich morgen den Tag damit verbringen müsste.“ Gebe ich zu.

„Morgen lässt er dich in Ruhe?“ sie sieht mich zweifelnd an.

„Ja, er hat es mir versprochen.“ Nicke ich.

„Gut, dann kann ich heute Abend auf dich verzichten.“ Meint sie gönnerhaft und ich lache.

„Jenna, du weißt das Dex und Grace nur das Beste für mich wollen und ein gutes abgeschlossenes Semester ist bestimmt nicht verkehrt für meine Verhandlung.“ Gebe ich zu bedenken.

„Was für eine Verhandlung?“ Josh sieht mich fragend an.

„Ana, du musst nichts…“ setz Aiden an, doch ich hebe meine Hand. Josh und Ronan sind genauso meine Freunde wie Aiden, Jenna und Nate…

„Das ist eine etwas längere Geschichte.“ Beginne ich und sehe in die gespannten Gesichter von Josh und Ronan „Bestellt euch lieber noch was zu trinken.“ Füge ich hinzu und versuche zu lächeln.

„Komm schon Ana, so schlimm kann es nicht sein.“ Josh nickt mir zu.

„Du hast keine Ahnung…“ ich seufze „Ich bin damals nicht ohne Grund und schon gar nicht freiwillig hierher nach Irland gekommen.“ Ich schlucke schwer „Mein Bruder… Jonathan…“ wie on selbst legt sich meine Hand auf mein Tattoo „Er starb im Sommer vor drei Jahren, ein Surfunfall bei einem Wettkampf auf Hawaii.“ Ich atme tief durch, weil ich nicht wieder weinen will und Nate greift unter dem Tisch nach meinem Knie und drückt es sanft „Ich war dabei, ich habe alles mit angesehen. Ich habe gesehen, wie sie seinen leblosen Körper nach einer stundenlangen Suche an Land gezogen haben. An diesen Tag zerbrach mein Leben…“ ich starre auf meine Hände „Ich verlor den Halt, rutschte in Partys, Alkohol und in einen völlig falschen Freundeskreis. Ein Spirale in der es nur nach unten gehen konnte. Ich verlor mein Stipendium, besuchte überhaupt kaum noch die Uni, schrottete mehr wie ein Auto unter Alkoholeinfluss, verbrachte Nächte im Krankenhaus und in der Ausnüchterungszelle.“ Ich zucke entschuldigend mit den Schultern „Letztes Jahr im Oktober traf meine Mum die Entscheidung für mich hierher zu kommen, bei Null anzufangen und zu sehen, ob ich denn in der Lage bin mein Leben auf die Reihe zu bekommen. Grace und Dex sind toll, sie gaben mir nach Jahren endlich das Gefühl gut genug zu sein, liebenswert und vertrauenswürdig.“ Ich mache eine kurze Pause „Zu Weihnachten bin ich zu meinen Eltern geflogen, traf eine alte Freundin, ließ mich verleiten und verursachte einen Unfall mit Totalschaden unter Alkoholeinfluss… Mal wieder. Am 28. November muss ich mich deswegen in L.A. vor Gericht verantworten.“

Ich erwarte das sie was sagen, aber es bleibt still am Tisch und ich wage es aufzusehen.

Ronan nimmt meine Hand „Ist doch scheißegal, die Ana, die ich kenne ist so nicht mehr. Die Ana, die ich kenne ist warmherzig… gut etwas verrückt und manchmal lebensmüde aber hey… du bist unsere Freundin. Egal was war, das jetzt zählt.“ Er drückt sie kurz und ich merke wie die Tränen nun doch in meine Augen steigen.

„Komm her Ana!“ Josh zieht mich etwas rabiat von Bank hoch und drückt mich an sich. „Danke.“ Sagt er leise.

„Kann ich jetzt was mit Alkohol bekommen?“ ich wische mir meine Tränen schuldbewusst beiseite.

„Klar doch, ein Guinness?“ Aiden geht zur Bar und stellt mir ein paar Minuten später ein Guinness vor die Nase.

„Das war stark von dir.“ Er haucht mir einen Kuss auf die Schläfe.

„Danke Aiden.“ Er setzt sich neben mich.

„Nur mal so, du musst heute doch nicht wirklich zu Grace und Dex, oder?“ flüstert er mir ins Ohr und ich sehe ihn an, leicht lächle ich. „Schon verstanden.“ Lacht er „Ich bringe ihn nachher rum, eine halbe Stunde nachdem du los bist, Okay?“

„Ich danke dir.“ Ich strahle ihn an.

„Das ist die Ana die ich lieben und schätzen gelernt habe.“ Er erhebt sein Glas und ich stoße mit ihm an.

Um 19 Uhr mache ich mich auf den Weg und parke zwei Straßen weiter von Nates Haus entfernt. Ich setze mich auf den Fußboden vor seine Tür und warte…

Eine ältere Frau, wohl augenscheinlich seine Nachbarin kommt neugierig in den Flur, als ich schon eine ganze Weile da sitze.

„Miss? Warten sie auf Mr. O’Brian?“ will sie wissen.

„Ja, er kommt gleich.“ Erwidere ich und sie lächelt.

„Ein sehr netter und höflicher junger Mann.“ Sie nickt mir zu.

„Ich weiß.“ Antworte ich lächelnd.

„Aber sie sollten nicht auf den kalten Steinen sitzen Miss, sonst fangen sie sich noch eine Blasenentzündung ein.“ Mahnend sieht sie mich an und ich erhebe mich.

„Vielen Dank…“ ich sehe auf ihr Türschild „Mrs. Kellys.“

„Gern geschehen Miss.“ Sie schließt die Tür wieder und ich lehne mich gegen die Wand.

Dann höre ich Schritte auf der Treppe und sehe gespannt zur Tür. Nate erscheint im Türrahmen, ich stoße mich von der Wand ab, laufe zu ihm und schlinge meine Arme um seinen Nacken.

„Baby?“ fragt er erstaunt.

„Wer denn sonst?“ lache ich.

„Aber Dex…“ setzt er an.

„Was denn? Ich sollte mir doch was einfallen lassen.“ Ich küsse ihn erneut „Hat dir Aiden nichts gesagt?“

„Nein, wir hatten Jenna mit im Auto, sie will jetzt plötzlich auch noch etwas für die Uni tun und Aiden hat ihr Hilfe angeboten.“ Erklärt er mir und bugsiert mich bestimmt in Richtung seiner Wohnungstür.

„Ich hoffe, du bist jetzt nicht allzu enttäuscht.“ Hauche ich in sein Ohr.

Er schluckt schwer, öffnet seine Wohnungstür und schubst mich hinein.

„Was ist das denn nur für eine Frage?“ brummt er und küsst mich.

Eine Stunde später liegen wir in zerwühlten Laken und mein Kopf ruht auf seiner Brust.

Davon werde ich nie genug bekommen…

„Wollen wir uns was zu Essen bestellen und uns einen Film anschauen?“ fragt er leise.

„Einen Film?“ frage ich amüsiert.

„Ja Baby, einen Film.“ Er steht auf, zieht sich seine Boxershorts an und reicht mir seine Hand.

Ich angle mir mein Top und meine Hotpants und folge ihm ins Wohnzimmer.

„Ich habe uns heute mal mexikanisch bestellt.“ Sagt er, als ich kurz darauf aus dem Bad komme.

„Hmm, klingt lecker.“ Gebe ich zu.

Ich setze mich zu ihm auf die Couch und kuschele mich an ihn.

Ich schlafe sehr gut in dieser Nacht und fühle mich wunderbar, als ich am nächsten Morgen zu Allererst in Nates Gesicht blicke. Er hält mich fest in seinen Armen, sein Atem streift mein Ohr und er riecht so wunderbar nach Sommer und nach ihm.

„Du bist wach.“ Murmelt er.

„Nein.“ Flüstere ich und er lacht leise auf.

Ich beginne seine Brust zu küssen und er stöhnt wohlwollend auf.

„Ein Mal noch Okay?“ ich küsse mir einen Weg an seinem Hals nach oben und er nickt leicht.

Seine Hände erkunden meinen Körper und ich winde mich unter ihnen. Das ist alles wie in einem Traum… Nate ist perfekt.

Zu perfekt?

Kurz nach 9 Uhr ziehen wir uns an und Nate reicht mir einen Schlüssel.

„Was ist das?“ frage ich erstaunt.

„Ein Schlüssel zu meiner Wohnung, ich will nicht, das du noch einmal im Flur warten muss, sonst denkt Mrs. Kellys noch, ich gehe nicht gut mit meiner Freundin um.“ Erklärt er mir.

Natürlich habe ich ihm von meinem Zusammentreffen mit seiner Nachbarin erzählt und er hat sich köstlich darüber amüsiert.

„Du gibst mir einen Schlüssel zu deiner Wohnung?“ frage ich erstaunt nach und er lächelt, zieht mich in seine Arme und küsst mich.

„Aber sicher Baby.“

„Wow.“ Ich nehme dem Schlüssel und befestige ihn an meinem Schlüsselbund. „Es ist das erste Mal, dass mir ein Mann den Schlüssel zu seiner Wohnung gibt.“

„Und ich hoffe auch, das letzte Mal.“ Er umarmt mich von hinten und ich lege meinen Kopf an seine Schulter.

„Ja, ich liebe Dich.“ Erwidere ich und wir fahren beide auseinander, als es klingelt und dann klopft.

„Guten Morgen Sonnenschein!“ ertönt Jennas Stimme und ich sehe Nate panisch an.

„Ins Schlafzimmer.“ Sagt er bestimmt und schiebt mich in dessen Richtung.

„Bis später.“ Er küsst mich erneut und streicht mir eine Strähne aus dem Gesicht „Ich liebe dich auch Baby.“

Dann höre ich die Stimmen von Jenna und Aiden und kurz darauf ist alles still in der Wohnung.

Ich atme tief durch und gehe zum Fenster, ich kann Aidens Auto nirgendwo sehen und beschließe, dass die Luft rein ist.

Als ich am Strand ankomme, nimmt mich Aiden sofort zur Seite.

„Es tut mir leid.“ Entschuldigt er sich.

„Alles gut Aiden.“ Ich halte den Schlüssel hoch „Eine Vorwarnung per SMS wäre das nächste Mal hilfreich.“

Er nimmt mich in den Arm und atmet erleichtert durch „Hat Jenna eigentlich schon mal jemand gesagt, wie anstrengend sie sein kann?“

„Hast du?“ frage ich und er schüttelt mit dem Kopf.

„Kann man das überhaupt?“ er sieht zu Jenna, die mit Josh und Nate herum albert.

„Nein und ich glaube, sie weiß das ganz genau.“ Ich zwinkere ihm zu und gehe zu den anderen.

Der Tag wird entspannt und Nate macht auch wieder eine gute Figur auf dem Board.

Ich lasse das Essen im Poppys heute ausfallen und fahre früher zurück ins Wohnheim, nachdem ich gestern wegen meiner Hausarbeit gelogen habe, muss ich sie heute wirklich fertig bekommen. Da Dex und ich so gute Vorarbeit geleistet haben, geht es mir schnell von der Hand und nachdem ich meine obligatorische Gute Nacht SMS von Nate bekommen habe, schlafe ich zufrieden ein.

Am nächsten Tag hat mich der Uni Alltag wieder und ich bin froh, dass ich meine Hausarbeiten nach und nach fertig bekomme…

Am 21.Juni ist das Semester offiziell zu Ende und da Nate am 22. Juni Geburtstag hat, haben wir beschlossen uns das Wochenende einfach abzusetzen.

Zusammen haben wir uns für ein kleines Cottage im Süden, in der Nähe von Tramore entschieden und ich freue mich so sehr, ihn ein ganzes Wochenende für mich zu haben.

Nate sagt, er will es bei seinen Eltern verbringen und ich erzähle Jenna, ich bin bei Dex und Grace.

Die nächsten Wochen vergehen schneller als mir lieb ist und ich habe wirklich meine Mühe und Not alles zu den Terminen fertig zu bekommen.

Dann endlich ist die letzte Vorlesung für das Semester geschafft und ich packe lächelnd meine Sachen ein.

„Kommst du am Wochenende vorbei?“ Dex sieht mich fragend an, als ich als Letzte den Hörsaal verlassen will.

„Nein leider nicht, ich komme Dienstag zum Essen. Ich möchte das erste freie Wochenende einfach nur genießen.“ Ich gehe zu seinem Pult. „Ich hoffe, das ist in Ordnung für euch?“ frage ich nach und er nickt lächelnd.

„Aber sicher Kleines, genieß das Wochenende, das Wetter soll ja herrlich werden.“ Er drückt mir einen Kuss auf die Stirn „Und außerdem bin ich ganz froh, so habe ich meine bezaubernde Frau das ganze Wochenende für mich allein.“ Er zwinkert vielsagend.

„Okay Dex, das waren jetzt eindeutig mehr Informationen, wie ich erwartet habe.“ Ich schüttele lachend meinen Kopf.

„Was denn?“ fragt er gespielt schockiert.

„Ach nichts…“ ich winke ab und sein grinsen wird wieder breiter „Viel Spaß!“ ich winke ihm zu und trete hinaus in die leeren Flure.

Dachte ich schon an einem Freitagnachmittag ist es hier wie ausgestorben, so ist es jetzt, als sei die Apokalypse über uns herein gebrochen und ich bin der einzige Mensch der auf dem Planeten Jura Trakt zurück gelassen wurde.

Ich habe Jenna versprochen, das wir heute mal shoppen gehen, bevor ich das Wochenende bei “Dex und Grace“ verbringe und diese wartet dementsprechend gut gelaunt auf mich am Tor.

„Bereit die Stadt unsicher zu machen?“ sie hakt sich bei mir unter und ich nicke strahlend. Meine Haare wehen im leichten Dubliner Wind und ich freue mich wirklich auf unsere Shoppingtour, das habe ich schon viel zu lange nicht gemacht und als wir das erste Shoppingcenter entern, da gibt es kein Halten mehr.

„Was zuerst?“ Jenna sieht mich fragend an.

„Ich brauche neue Unterwäsche, einen neuen Bikini und vielleicht ein, zwei Sommerkleider…“ ich denke nach „Und Schuhe, ich brauche definitiv Schuhe. Nichts gegen meine Turnschuhe, aber ich will endlich mal wieder Pumps anziehen.“ Ich deute auf meine Füße. „Und du?“

„Bikini klingt gut, Schuhe sowieso und ein Kleid? Oder zwei? Kann Man bzw. Frau immer gebrauchen.“ Wir steuern lachend den ersten Laden an.

Kleider und Schuhe werden relativ schnell gefunden und wir finden uns in einer Boutique für Unterwäsche ein.

„An was hast du denn gedacht?“ Jenna sieht mich fragend an, als ich an den Ständern versuche etwas Passendes zu finden.

„Weiß nicht genau…“ gebe ich zu.

„Kann ich ihnen helfen?“ eine rundliche Frau kommt auf mich zu.

„Ja, warum nicht…“ ich lege meinen Kopf schief „Ich suche ein paar Sets, nicht zu aufreizend, aber etwas schon…“ ich kaue auf meiner Unterlippe „Falls sie wissen was ich meine.“ Füge ich hinzu und sie lächelt.

„Ich habe eine ungefähre Vorstellung.“ Sie zwinkert mir zu. „Ihre Größe?“ sie mustert mich einen Moment „75 D und 36?“

„Ja, manchmal auch 75 C, kommt auf die Marke an.“ gebe ich zu und Jenna grinst.

„Dann kommen sie mit.“ Sie deutet uns an ihr zu folgen und reicht mir ein paar Sets, alle sind wirklich schön und ich befühle den Stoff, immerhin ist das das was Nate spürt. Zwei Sets gebe ich gleich wieder zurück, da sich diese wie Sandpapier anfühlen, mit den restlichen verschwinde ich in der Umkleidekabine.

Das erste Set ist dunkelblau mit Push up und String und ich drehe mich etwas unentschlossen vor dem Spiegel.

„Zeig mal.“ Jenna reißt den Vorhang auf und ich sehe sie strafend an.

„Hast du sie nicht mehr alle Jenna?“ ich versuche meine Brüste zu bedecken, doch sie kommt zu mir und nimmt meine Arme runter.

„Das sieht richtig gut aus Ana.“ Stellt sie fest. „Dreh dich mal.“

Ich tue ihr den Gefallen und auch die Verkäuferin nickt mir zu.

„Gut, das nehme ich.“ Ich ziehe den Vorhang wieder zu „Jenna, wage es nicht jetzt rein zu kommen.“ Zische ihr durch den geschlossenen Vorhang zu und sie lacht auf.

Ich finde zu dem Set auch noch eine Korsage und lächele bei dem Gedanken daran, wie Nates Hände diese erkunden…

Schließlich habe ich 6 verschiedene Sets, 2 Korsagen und ein paar einfache Sport BHs und die passenden Hotpants und ich bin wirklich zufrieden mit meiner Auswahl.

Jenna sieht sich ein wenig um, aber ich weiß, das sie nicht so viel Geld mit hat, denn das Meiste hat sie schon für ihre Schuhe und ein Kleid ausgegeben.

„Such du dir auch ein Set aus.“ Ich grinse sie an.

„Echt jetzt?“ ihre hellblauen Augen sehen mich strahlend an.

„Mach schon, bevor ich es mir anders überlege.“ Scheuche ich sie weg und die Verkäuferin lächelt mich freundlich an.

„Haben sie auch Strapse?“ frage ich leise und sie lächelt wissend.

„Ich hätte gerne welche zu der dunkelblauen Korsage, mit so einem …“ ich deute um meinen Bauch und sie lächelt erneut.

„Strapshalter?“ fragt sie und ich nicke.

Sie holt die Sachen und ich bezahle schnell, ich habe keine Lust auf Jennas neugierige Fragen.

Jenna ist auch fündig geworden und ich bezahle ebenfalls ihr Set ehe wir in ein Sportgeschäft gehen und ich mich nach einem Bikini umsehe, einfach weil ich denke, dass ich ruhig mehr wie einen haben kann.

Ich finde einen schlichten weißen und Jenna ist hellauf begeistert, da dieser mich so schön braun aussehen lässt. Bepackt mit unseren Errungenschaften lade ich Jenna zu einer Pizza ein und wir lassen uns geschafft in einer Ecke eines kleinen Italieners nieder.

„Hast du eigentlich schon ein Geschenk für Nate?“ fragt sie, nachdem wir unsere Bestellungen aufgegeben haben.

„Ich habe ihm eine CD gekauft.“ Ich zucke mit den Schultern. Das ist zu mindestens das Geschenk, was er vor unseren Freunden von mir bekommt…

Ansonsten habe ich das Unterwäscheset, von dem wir beide etwas haben und einen Tanzkurz. Ich glaube, das könnte ihm gefallen. Er ist Anfang August und wir werden das Wochenende in Sligo verbringen, da das die einzige Tanzschule war, die solche Kurse auf einem Wochenende anbietet.

„Und du?“ frage ich neugierig nach.

„Ich habe ihm ein T-Shirt gekauft, du weißt doch, er liebt sein blauen New York Yankees T-Shirt und er hat es jetzt schon eine ganze Zeit nicht mehr angehabt…“ beginnt sie.

Ja, weil es bei mir ist und ich darin schlafe…

„Jedenfalls habe ich ihm ein neues gekauft, in grau. Mal schauen, ob es ihm gefällt.“ Sie zuckt mit den Schultern „Obwohl ich einfach eines mit Winnie Pooh hätte kaufen können.“ Fügt sie lachend hinzu.

„Du bist gemein.“ Ich schüttele lachend den Kopf.

Unsere bestellte Pizza kommt und wir beide verfallen für einen kurzen Augenblick in gefräßiges Schweigen.

„Ist es nicht merkwürdig, das Nate seinen Geburtstag bei seinen Eltern verbringt?“ frage ich in die Stille hinein.

„Nein…“ sie winkt ab „Das macht er öfter mal.“

Gut, zu mindestens das fällt nicht auf…

Nachdem wir gegessen haben, sehe ich auf meine Uhr und erschrecke. Ich soll in einer Stunde bei Nate sein und wir wollen los.

„Sorry Jenna, aber wir müssen.“ Ich winke den Kellner heran und bezahle.

Wir nehmen uns ein Taxi zum Wohnheim und ich packe noch schnell meine Neuerrungenschaften in meine Tasche.

„Bis Montag!“ rufe ich Jenna zu und sie winkt mir zum Abschied.

Ich fahre zu Nates Haus und er wartet schon an der Straße.

„Steig ein Fremder.“ Ich halte neben ihm und er lächelt.

„Ich weiß nicht, ob ich zu fremden Menschen ins Auto stiegen soll.“ Er öffnet die Tür, befördert seine Tasche auf den Rücksitz, setzt sich neben mich und grinst mich an.

„Zum Glück bin ich dir ja nicht so fremd.“ Lache ich und fahre los.

Er greift nach meiner Hand, die auf dem Schaltknauf liegt und drückt sie sanft.

„Wir haben uns in den letzten 3 Wochen nur am Mittwoch gesehen, ich glaube schon, dass du fast eine Fremde bist.“ Gibt er zu.

„Gott Nate, wenn du wüsstest wie sehr ich mich gewünscht hätte, mehr Zeit mit dir zu verbringen.“ Gestehe ich.

„Nicht mehr lange.“ Sagt er zuversichtlich.

„Hmm, ich muss erst einmal den November überstehen.“ Sage ich leise.

„Baby, ich bin bei dir.“ Verspricht er mir.

„Ich weiß und du ahnst nicht, was es mir bedeutet.“ Ich erwidere den Druck seiner Hand und lehnt sich entspannt nach hinten.

Erst einmal müssen wir aus der Gefahrenzone Dublin raus, denn hier ist es einfach zu gefährlich für uns und als ich nach 30 Minuten endlich die Autobahn verlasse und auf die Landstraße einbiege, da atme ich leise durch.

„Was sagt dein Navi?“ fragt er, nachdem er merkt, dass ich nicht mehr so schnell fahre.

„Eine Stunde 30 Minuten.“ Lese ich vor.

„Wie sind die letzten Vorlesungen gelaufen?“ will er wissen und wir unterhalten uns über den Lehrplan, die anderen Professoren und er erzählt mir ein wenig von seinen Vorlesungen.

Am späten Abend erreichen wir das Cottage und ich strecke mich, nachdem ich ausgestiegen bin.

„Zurück fahre ich.“ Scherzt er.

Ich drehe mich zu ihm um, nehme ihn fest in den Arm und küsse ihn.

„Mit dir fahre ich bis ans Ende der Welt.“ Ich fahre ihm durch die Haare und er schenkt mir ein umwerfendes lächeln.

„Wow und ich habe doch erst in ein paar Stunden Geburtstag.“ Er nimmt meine und seine Tasche und packt mich sanft am Oberarm.

„Guten Abend. Was kann ich für sie tun?“ empfängt uns eine ältere Dame.

„Wir haben ein Zimmer für das Wochenende gebucht.“ Erkläre ich ihr lächelnd.

„Mr. und Mrs. O’Brian?“ fragt sie und ich grinse.

Nate hat mir erklärt, dass man es gerade in der ländlichen Gegend nicht gerne sieht, wenn unverheiratete Paare sich ein Zimmer teilen und so haben wir beschlossen, für dieses Wochenende verheiratet zu sein, denn wir sind hier mehr als ländlich.

„Ja richtig.“ Ich nicke.

„Das freut mich, ich bin Betty.“ Stellt sie sich vor und sieht zu Nate „Mein Güte sind sie blind?“ fragt sie und Nate lächelt.

„Ja Ma’am.“ Er nickt leicht. „Und ich bin Nate und das ist meine Frau Ana.“

„Entschuldigung, wie unhöflich.“ Entschuldigt sie sich schnell und wird rot.

„Kein Problem.“ Winkt Nate schnell ab.

„Ich zeige euch das Gästehaus, ihr müsst müde sein.“ Sie geht mir voran und ich übernehme wieder die Führung für Nate.

Wir gehen über den Hof und finden uns in einem kleinen Häuschen mit Blick über den Strand wieder.

„Es ist wunderschön.“ Ich nicke Betty zu „Nate, die Aussicht ist fabelhaft, weißer Sandstrand mit ein paar scharfkantigen, schwarzen Steinen, das Meer ist ruhig, nur kleine Wellen brechen sich.“ Erkläre ich ihm „Hier im Haus steht ein großes Bauernbett, daneben auf beiden Seiten Nachtschränke, auf der linken Seite geht es ins Bad und gleich neben uns ist ein Kleiderschrank.“ Führe ich weiter aus und Betty lächelt.

„Ich wünsche euch einen angenehmen Aufenthalt. Kommt ihr morgen zum Frühstück?“ sie sieht mich fragend an.

„Nate hat morgen Geburtstag und ich denke, wir wollen erst einmal ausschlafen.“ Gestehe ich.

„Dann mache ich euch Brunch…“ sie lächelt „So heißt das doch, wenn man mittags Frühstück isst, oder?“

„Das wäre wunderbar.“ Bedanke ich mich.

„Gute Nacht.“ Sie gibt mir den Schlüssel und zieht die Tür hinter sich zu.

Kaum ist die Tür im Schloss zieht mich Nate zu sich und küsst mich verlangend.

„Du wirst dich gedulden müssen, bist du Geburtstag hast.“ Ich lege meinen Zeigefinger auf seine Lippe und er schnaubt enttäuscht.

„Ich verspreche dir, es lohnt sich.“ Flüstere ich ihm ins Ohr „Außerdem sind es nur noch 2 Stunden.“

„Hast du eine Ahnung wie lang 2 Stunden werden können?“ er zieht eine Flunsch.

„Geduld!“ hauche ich ihm ins Ohr und bugsiere ihn zum Bett. „Ruh dich aus.“ Ich küsse ihn sanft.

„Und was machst du?“ er kommt leicht hoch.

„Ich werde mir ein Bad gönnen und dann dein Geburtstagsgeschenk vorbereiten.“ Erkläre ich ihm geheimnisvoll und verschwinde mit meiner Tasche im Bad.

Tatsächlich genehmige ich mir ein ausgedehntes Bad mit extra viel Schaum, mache mir dann meine Haare und schlüpfe in meine neu erstandene Korsage mit dem passenden Slip und den Strapsen.

Anfangs will es nicht ganz so, wie ich will, aber ich bekomme es schließlich hin.

Kurz vor Mitternacht komme ich aus dem Bad und er liegt auf dem Bett, hört leise Musik und wirkt völlig entspannt.

Ich sehe auf meine Uhr…

5, 4, 3, 2, 1…

„Happy Birthday!“ sage ich leise und er hebt seinen Kopf und dreht ihn in meine Richtung.

Ich nehme seine Hand und ziehe ihn hoch.

„Ich liebe Dich!“ ich küsse ihn und halte seine Hände fest.

Als wir uns voneinander lösen, lege ich seine rechte Hand auf meinen Po und seine Linke an meine rechte Seite.

Er grinst verschmitzt und beginnt zu fühlen, seine Hände wandern über meinen Körper, ertasten den ihm unbekannten Stoff und seine Augen beginnen zu strahlen.

„Du bist atemberaubend schön.“ Er dreht mich in seinem Arm und seine Hände wandern über meinen Bauch, meine Brüste und hoch zu meinem Hals „Du riechst so gut.“ nuschelt er an meinem Ohr.

Ich drehe mich wieder zu ihm um, ziehe ihm mit einer fließenden Bewegung sein T-Shirt aus und schubse ihn aufs Bett.

Nur zu gern lässt er es mit sich machen und seine Hände tasten nach meinem Körper

Ich setze mich auf ihn und küsse seine Brust, seine Hände wandern über meinen Rücken und öffnen Harken für Harken meine Korsage, schließlich hat er es geschafft und sie fällt zu Boden. Immer wieder finden sich unsere Lippen zu einem Kuss und ich genieße seine Berührungen und Liebkosungen.

Wir lassen uns Zeit und erst nach und nach fallen die anderen Kleidungsstücke und er zieht mich unter die Decke.

„Du bist alles was ich jemals wollte.“ Wispert er, beugt sich über mich, schiebt mit bestimmtem Druck meine Beine auseinander und dringt quälend langsam in mich ein.

„Ich. Liebe. Dich.“ Hauche ich und passe mich seinem langsamen Rhythmus an.

Sein Handy vibriert auf dem Nachttisch, aber das nehme ich nur am Rande wahr, alle meine Sinne sind auf Nate fixiert und als ich komme, da denke ich fast, mein Herz müsste aus meiner Brust springen.

Glücklich und zufrieden kuschele ich mich an seine Brust und versuche wieder gleichmäßig zu atmen.

„Das Geschenk war das Beste, was ich jemals zum Geburtstag bekommen habe.“ Er haucht mir einen Kuss auf die Stirn.

Dann nimmt er sein Handy zur Hand und dieses liest die Geburtstagswünsche unserer Freunde und seiner Eltern vor.

Ich lege mich auf die Seite und er schmiegt sich an mich, mit seinem Herzschlag, den ich spüren kann und seinem Atem an meinem Ohr schlafe ich schließlich ein und werde erst wach, als die Sonne ins Zimmer scheint.

„Guten Morgen Geburtstagskind.“ Wecke ich Nate zärtlich.

Um 12 Uhr gehen wir rüber zu Betty und sie hat zu unserer Überraschung einen kleinen Kuchen für Nate gebacken.

Dieser strahlt übers ganze Gesicht und nach dem wirklich fürstlichen Mahl gehen wir runter an den Strand.

„Baby?“ Nate hält meine Hand fest in seiner und wir stehen mit den Füßen im Wasser.

„Na was?“ ich umarme ihn und lege meinen Kopf an seine Brust.

„Ich muss in einer Woche für 4 Wochen nach London.“ Sagt er leise und ich sehe auf.

„Warum?“ frage ich erstaunt.

„Ich muss meine letzten Prüfungen ablegen. Winston denkt darüber nach, dass er nur noch ein Semester machen will und bis dahin muss ich voll einsetzbar sein. London ist die Gelegenheit.“ Er küsst meine Schläfe.

„Das werden lange 4 Wochen.“ Ich vergrabe mein Gesicht an seinem Hals. „Und du beschwerst dich gestern wegen 2 Stunden.“ Necke ich ihn.

„Wir telefonieren jeden Abend.“ Verspricht er mir „Und die anderen werden dich so gut es eben geht ablenken.“

„Okay, aber jetzt will ich nichts mehr davon hören, ich will das Wochenende mit dir genießen.“ Bestimme ich und er nickt.

„Anfang August fahren wir übrigens nach Sligo…“ ich nehme sein Gesicht in meine Hände und stelle mich auf Zehenspitzen „Wir haben da nämlich einen Tanzkurs.“ Erkläre ich ihm.

„Was?“ fragt er lächelnd.

„Du sagst doch immer, alle deine anderen Sinne laufen auf Hochtouren, dann wollen wir mal schauen, wie gut du wirklich bist.“ Ärgere ich ihn.

Er versucht mich zu kitzeln und wir fallen in den warmen Sand.

„Das ist toll.“ Er küsst mich „Und danke, dass ich etwas Zeit habe um mich vorzubereiten.“

Wir liegen im warmen Sand, ich lasse mir die Sonne ins Gesicht scheinen und fühle mich, das erste Mal seit Johns Tod, komplett und angekommen.

Nates Hand streicht unablässig über meinen Rücken und ich nehme sein Gesicht in meine Hände und küsse ihn innig.

„Du bist das Beste, was mir in meinem Leben passiert ist.“ Gestehe ich ihm leise.

„Ich liebe Dich Ana, für immer und bedingungslos.“ Verspricht er mir und ich schließe genießerisch meine Augen.

Betty ist das ganze Wochenende rührend besorgt um uns, sie versorgt uns mit Essen, Getränken und erkundigt sich des Öfteren ob wir auch alles haben, was wir brauchen.

Eigentlich aber brauchen Nate und ich nur uns und das genießen wir auch in vollen Zügen.

Es wäre so schön, wenn das unsere Normalität wäre…

Doch leider hat uns unsere “Normalität“ wieder, als wir am Montagmorgen in Dublin ankommen.

Ich setze ihn bei ihm zu Hause ab und fahre ins Wohnheim.

Neben mir und Jenna verbringen nur noch 3 weitere Studenten ihre Semesterferien im Wohnheim und dementsprechend still ist es dann auch als ich das Haus betrete. Jenna und ich sind sogar die Einzigen auf unserer Etage und ich bin mir fast sicher, dass wir das wirklich genießen werden.

„Da bist du ja!“ Jenna nimmt mich stürmisch in den Arm, als ich aus dem Fahrstuhl steige und ich lache.

„Was bitte hättest du jetzt gemacht, wenn ich es nicht gewesen wäre?“ ich lege meinen Kopf schief.

„Hey, wir haben die ganze Etage für uns, der Kreis der Personen ist also überschaubar.“ Winkt sie ab.

„Du hast einen Knall.“ Stelle ich nüchtern fest und bringe erst einmal meine Tasche in mein Zimmer.

Als ich mein Zimmer betrete staune ich nicht schlecht, denn Aiden liegt in meinem Bett und schläft. Leise stelle ich meine Tasche ab und gehe zurück zu Jenna in den Flur.

„Hast du vergessen mir was zu sagen?“ ich stemme meine Hände in die Hüfte.

„Ach, ja Aiden schläft in deinem Bett.“ Lacht sie.

„Na danke auch.“ Ich schüttele meinen Kopf und gehe in die Küche um mir erst einmal ein Wasser zu holen. Heute ist es mal wieder stickig warm und ich habe das Gefühl gleich zu verdursten.

„Was macht Aiden genau in meinem Bett?“ ich setze mich an den Tisch und Jenna setzt sich zu mir.

„Er hatte gestern Streit mit Jessica und kam vorbei, nach ein paar Bier wollte er nicht mehr fahren und da ich einen Schlüssel für dein Zimmer habe…“ sie zuckt mit den Schultern.

„Schon Okay… Was ist denn bei ihm Jessica los?“ ich neige interessiert meinen Kopf zur Seite.

„Sie ist sauer auf mich, weil ich nicht so viel Zeit mit ihr verbringe, wie sie es gerne will.“ Aiden kommt verschlafen in Boxershorts und T-Shirt in die Küche.

„Hey.“ Ich stehe auf und nehme ihn in den Arm.

„Hey.“ Erwidert er müde und gähnt. „Gibt es bei euch auch Kaffee?“

„Klar doch, er ist nur nicht gut.“ Jenna stellt die Kaffeemaschine an, legt ein Pad ein und die Maschine beginnt zu zischen.

„Egal, Hauptsache Kaffee.“ Aiden setzt sich zu uns.

„Das mit Jessica tut mir leid.“ Ich lege meine Hand auf seinen Unterarm.

„Ach was, das renkt sich schon wieder ein. Sie muss akzeptieren, das ich zum Ersten einen sehr zeitaufwendigen Job und zum Zweiten ein sehr zeitaufwendiges Hobby habe.“ Er zuckt mit den Schultern.

„Bring sie doch einfach zum surfen mit.“ Schlage ich ihm vor und er sieht mich zweifelnd an. „Zeig ihr, was dir Spaß macht und wenn sie wirklich mit dir zusammen sein will, dann versteht sie es auch.“ Ich nicke ihm aufmunternd zu.

„Ich überlege es mir.“ Er nimmt einen Schluck von dem Kaffee, dem Jenna ihm hinstellt. „Gott, der ist wirklich furchtbar.“ Gibt er zu.

„Kommt Nate heute eigentlich zum Strand? Ich meine, er muss ja noch eine Runde ausgeben und will doch mit Sicherheit seine Geschenke haben, oder?“ Jenna sieht Aiden fragend an.

„Ja, er wollte mit Josh an den Strand kommen.“ Antworte ich für Aiden und Jenna sieht mich verwirrt an. „Hat er mit am Mittwoch bei der Nachhilfe gesagt.“ Füge ich schnell hinzu und sie nickt.

„Gut, dann gehe ich duschen, wir gönnen uns Sushi zum Mittag und fahren dann an den Strand.“ Bestimmt sie „Gegenstimmen?“

„Würde es Sinn machen?“ ich ziehe eine Augenbraue hoch und sie geht Richtung Bad.

„Willst du auch duschen? Ein Handtuch habe ich bestimmt noch für dich.“ Ich sehe zu Aiden und er nickt dankbar.

Ich hole ein Handtuch und reiche es ihm.

„Hattet ihr wenigstens ein schönes Wochenende?“ er grinst mich an und ich nicke verträumt. „Das freut mich.“ Er drückt mir einen Kuss auf die Wange und folgt Jenna.

Ich packe meine Tasche aus, meine Strandtasche ein, schlüpfe in meinen Bikini und checke meine Mails. Ich bin gerade fertig, als Jenna und Aiden aus dem Bad kommen und Jenna ebenfalls ihre Sachen zusammen sucht.

„Fahren wir mit deinem Auto?“ Aiden sieht mich an und ich nicke.

„Klar, wieso nicht. Ich muss nur mein Board einpacken.“ Ich klemme mir mein Board, was an die Wand gelehnt steht unter meinen Arm.

„Gib schon her.“ Lacht Aiden und nimmt es mir ab.

„Anas Auto?“ Jenna kommt zu uns und Aiden und nicken zustimmend.

Nachdem wir auch Jennas und Aidens Board verladen haben machen wir uns gut gelaunt auf den Weg zum Strand.

„Gott Ana, schaff dir eine Klimaanlage an.“ stöhnt Jenna und kurbelt das Seitenfenster ganz runter.

„Gott Jenna, schaff dir ein eigenes Auto an.“ erwidere ich und Aiden lacht auf.

Als wir auf den Parkplatz fahren müssen wir fest stellen, das der Strand heute sehr gut besucht ist und unser Parkplatz ist dieses Mal nicht wirklich strandnah.

Ich ziehe mein Top aus, denn so ungern ich es zugebe, Jenna hat Recht, es ist brütend heiß im Auto gewesen und ich bin nach den 30 Minuten total durch geschwitzt.

„Neu?“ Aiden deutet auf mein weißes Bikinioberteil.

„Ja, cool oder?“ ich drehe mich im Kreis und er lächelt.

„Nicht schlecht Miss Coleman.“ Gibt er zu.

Ich tausche schnell noch meine Jeansshorts gegen Frotteeshorts, klemme mir mein Board unter den Arm und folge Jenna und Aiden.

Wir finden die anderen relativ schnell, den Ronans blonder Schopf ist nicht zu übersehen und Josh macht Lärm für 10 Leute.

„Hey, hey… wen haben wir denn hier?“ Ronan springt auf und drückt mich an sich.

„Hey Ronan.“ Begrüße ich ihn.

Ich nehme anschließend auch Josh in den Arm und beuge mich runter zu Nate, der im Sand sitzt.

„Hey du.“ Flüstere ich in sein Ohr und er erstrahlt „Happy Birthday!“ sage ich etwas lauter und Jenna springt ihn förmlich an um ihm zu gratulieren.

„Alles Gute alter Mann!“ lacht sie „Man Nate, 32… du wirst wirklich alt!“

Dann beschließt Josh, das es an der Zeit ist Nate seine Geschenke zu geben und ich befördere meine CD ans Tageslicht.

Nachdem er Jennas T-Shirt, die Bücher von Ronan, den Neoprenanzug von Josh und einen Gutschein von Aiden ausgepackt hat nimmt er mein Geschenk in die Hand. Als er die CD in den Händen hält werden seine Augen groß.

„Du hast sie mit Braille beschriftet.“ Stellt er erstaunt fest.

„Aber sicher, ich will doch, dass du weißt, was du hörst.“ Erkläre ich ihm lächelnd und drehe die CD in seinen Händen um, denn auf der Vorseite habe ich eine spezielle Botschaft für ihn aufbringen lassen.

Bedingungslos! Ich liebe Dich, Happy Birthday Ana

Ich sehe wie seine Finger konzentriert über die kleinen Punkte fahren und der Ausdruck in seinem Gesicht weich wird.

„Ich danke dir Ana.“ Sagt er gerührt.

„Dafür doch nicht.“ ich beuge mich vor und hauche ihm einen Kuss auf die Wange.

„Was haltet ihr von einer Runde surfen?“ Josh sieht in die Runde und ich sehe zweifelnd aufs Wasser.

„Es sind eindeutig zu viele Menschen im Wasser.“ Gebe ich zu bedenken.

„Dann lasst uns noch ein Stück die Küste hoch fahren, da ist weniger los.“ Schlägt Josh nun vor.

„Warum nicht.“ Aiden zuckt mit den Schultern und wir packen unsere Sachen zusammen.

Wir sind nun einmal nicht dafür gemacht, einfach am Strand herum zu liegen, wenn wir am Wasser sind, dann müssen wir einfach surfen.

Wir fahren weiter nach Norden, die Küste wird felsiger und zerklüfteter und ich habe nicht das beste Gefühl, als Josh parkt und ich aussteige.

„Das sieht gefährlich aus.“ Gebe ich zu und fahre über meine Narbe an der Stirn.

Meine letzte Begegnung mit einem Teil des Riffes vor der irischen Küste ist mir noch zu gut in Erinnerung.

„Ich gehe erst einmal alleine raus und checke die Unterströmung.“ Aiden schnappt sich sein Board, zieht sich seine Neoprenschuhe an und macht sich auf den Weg ins Wasser.

Tatsächlich ist es ein Stück draußen augenscheinlich nicht mehr so gefährlich und als er eine halbe Stunde später wieder kommt, sind wir alle umgezogen und startklar.

Heute gehen Jenna und ich mit den Jungs raus und ich halte meinen Atem an, als Nate und Aiden ihr Board besteigen und die erste Welle mitnehmen.

Meine Beine baumeln im Wasser und eine Weile beobachte ich einfach nur. Es ist herrlich, die Sonne, das Meer und meine Freunde… und natürlich Nate.

Ich betrachte ihn und ja, ich bin ein wenig stolz, das das mein Freund ist und ich genau weiß, wie er unter seinen Shorts aussieht.

„Komm schon Ana, rauf aufs Board!“ ruft mir Aiden zu und ich paddele ihnen hinterher.

Knappe zwei Stunden später machen wir erst einmal eine Pause und legen uns ins Gras, denn Strandsand sucht man hier vergebens.

Josh hat ein paar Snacks mitgebracht und noch nie war mein Magen so dankbar für einen Apfel und ein Sandwich.

Es ist entspannt und ich lege meinen Kopf in Ronans Schoss und ruhe mich einfach ein wenig aus.

„Noch eine Runde und dann ins Poppys?“ Ronan sieht zu mir runter und ich nicke.

Es ist immer wieder erstaunlich, wie schnell so ein Tag am Meer verfliegt und ich erschrecke mich, als ich auf meiner Uhr sehe, das es schon kurz nach 19 Uhr ist.

„Auf geht’s!“ ich stehe auf und klatsche in meine Hände.

Wir klettern über die Felsen ins Wasser und ich beobachte erst wieder ein wenig, wie sich die anderen anstellen, ehe ich raus paddele und auf die richtige Welle für mich warte.

„Scheiße Nate!“ höre ich plötzlich Josh und drehe mich abrupt um. Ich sehe, wie Josh den augenscheinlich bewusstlosen Nate auf sein Board zieht und paddele panisch zu ihnen.

Nate hat eine ziemlich schlimme Wunde am Kopf, ich gleite von meinem Board und helfe Josh und Aiden Nate auf sein Board zu ziehen.

Ich zittere am ganzen Körper und streiche seine nassen und blut verklebten Haare aus der Stirn.

„Komm schon Nate.“ Flehe ich ihn leise an und mein und Aidens Blick treffen sich für den Bruchteil eines Sekunde.

Aiden ist blass und sieht geschockt aus, nicht das was ich mit wünsche und die Panik umklammert mein Herz, sie drückt es zusammen und ich habe das Gefühl keine Luft mehr zu bekommen.

Jenna und Ronan sind am Ufer angekommen und ich sehe wie Ronan sofort sein Handy nimmt und nach Hilfe ruft.

Auch wir kommen an den Klippen an und heben Nate vorsichtig aus dem Wasser, beim erklimmen der glitschigen Felsen stürze ich und schlage mir meinen Ellenbogen und mein Knie auf.

Mit ist nie aufgefallen, wie sehr solche augenscheinlich kleinen Wunden bluten können, doch als ich sehe, das mir das Blut das Schienbein hinunter rinnt, da wird es mir bewusst und ich halte mich an Ronan fest, als sie Nate abstellen.

„Ana?“ fragt er geschockt und sieht auf mein Bein. „Gott Ana…“ er legt seinen Arm um mich und setzt mich neben Nate ins Gras.

„Das muss bestimmt genäht werden.“ Er drückt mir ein Handtuch auf mein Knie und ich sehe ängstlich zu Nate, der von Aiden untersucht wird.

Dieser kommt wieder zu sich und fasst sich an die Stirn.

Erleichtert atme ich aus und merke, wie mir die Tränen in meinen Augen stehen.

„Kannst du mich hören Nate?“ fragt Aiden und Nate stöhnt auf.

„Alter, ich bin blind und nicht taub.“ Antwortet er und ich sehe wie Aiden unter Tränen lächelt.

„Halt die Klappe Blödmann.“ Sagt er zu Nate, schließt seine Augen und atmet tief durch.

Dann höre ich die Sirenen des Krankenwagens und Augenblicke später übernehmen die Sanitäter Nate.

„Aiden schaust du dir mal Anas Knie und ihren Ellenbogen an?“ bittet Ronan ihn und Aiden kommt zu uns.

Er nimmt das Handtuch von meinem Knie und untersucht die Wunde kurz.

„Du musst mit ins Krankenhaus, ein, zwei Stiche und du bist wieder wie neu.“ Verspricht er mir und untersucht nun auch meinen Ellenbogen. „Hier reicht Kleber.“ Sagt er mehr zu sich selbst als zu mir.

Die Sanitäter bereiten Nate zum Transport vor und Aiden geht zu ihnen.

„Können sie ihn ins Central bringen? Ich würde dann gerne mitfahren, ich bin Dr. Aiden Collins, Stationsarzt der Notaufnahme des Centrals.“ Erklärt er ihnen und die Sanitäter nicken.

„Wir müssten auch bitte die junge Dame mitnehmen, sie hat Schnittwunden, die genäht und geklebt werden müssen.“ Er deutet auf mich.

„Dann rein.“ Sagt einer der Sanitäter.

„Vielen Dank. Jenna, du fährst mit Anas Auto. Kümmert ihr euch um die Boards, ich rufe an, sobald ich was weiß.“ verspricht er, zieht mich in den hinteren Teil des Rettungswagens und schließt die Tür.

„Ana? Bist du Okay?“ fragt Nate besorgt und ich greife nach seiner Hand.

„Ja, alles gut. Wie geht es dir?“ ich streichele sanft seine Hand.

„Ich glaube das gibt Kopfschmerzen.“ Gibt er zu und ich lächle unter Tränen.

Ihn zu verlieren, wäre mein schlimmster Alptraum…

Aiden legt seinen Arm um meine Schultern und ich schluchze trocken.

„Baby, mir geht es gut.“ Nate drückt meine Hand und ich nicke leicht.

„Sie nickt.“ Sagt Aiden leise und ich muss grinsen.

„Danke Aiden.“ Ich sehe ihn dankbar an.

Wir erreichen das Central und während Aiden mit Nate mit geht, bekomme ich einen anderen Arzt zu geteilt, der mich, nachdem er mich genäht hat auch noch netterweise mit einem T-Shirt versorgt.

„Vielen Dank.“ Ich sehe ihn dankbar an und trete an die Anmeldung.

„Wo finde ich Nathaniel O’Brian?“ frage ich den jungen Mann hinter dem Tresen und er tippt auf seinem Laptop herum.

„Er ist noch in der Neurologie, es wird gerade ein Kopf CT gemacht.“ Erklärt er mir und ich ziehe fragend meine Augenbrauen zusammen.

„Ein Röntgenbild von seinem Kopf.“ Erklärt er mir und deutet auf den Fahrstuhl „Dr. Collins ist bei ihm, fahren sie in den 3. Stock und wenden sie sich an eine der Schwestern.“

„Vielen Dank.“ Ich gehe Richtung Fahrstuhl und fahre in den 3. Stock, sofort entdecke ich Aiden und stürme auf ihn zu.

„Aiden.“ Rufe ich und er nimmt mich in den Arm.

„Geht es dir gut?“ er hebt meinen Arm an und betrachtet meinen Verband und inspiziert natürlich auch meinen Verband am Knie.

„Alles gut…“ winke ich unwirsch ab „Was ist mit Nate?“

„Gehirnerschütterung, wenn das CT unauffällig ist, dann muss er nur eine Nacht hier bleiben und kann morgen wieder nach Hause.“ Erklärt er mir und ich atme erleichtert durch.

„Ich bin fast gestorben vor Angst.“ Gebe ich zu.

„Frag mich mal.“ Er bugsiert mich zu ein paar Stühlen und drückt mich auf einen freien, dann geht er vor mir in die Hocke.

„Es tut mir leid Ana.“ Beginnt er.

„Oh nein Aiden, es war doch nicht deine Schuld. Wir sollten uns lieber auf Rush festlegen, draußen an den Klippen ist es einfach zu gefährlich.“ Ich lege meine Hand unter sein Kinn „Es war nicht deine Schuld.“ Wiederhole ich.

„Ihn da so liegen zu sehen…“ er fährt sich durch die Haare „… und dann dein entsetztes Gesicht.“

„Aiden, er wird wieder.“ Verspreche ich ihm und er lächelt schief.

„Bist du Ärztin?“ er kommt hoch und setzt sich neben mich.

„Nein, habe ich auch nicht vor zu werden, aber er hat auch schon den besten Arzt.“ Ich nehme seine Hand.

Vom Aufzug her höre ich Stimmen, die mir mehr wie bekannt vorkommen und als aufsehe, da stürmen Jenna, Ronan und Josh auf uns zu.

„Wie geht es ihm?“ will Ronan sofort wissen und Aiden lässt mich los.

„Ganz gut, wir warten auf das CT und dann muss er eine Nacht hier bleiben, morgen können wir ihn wieder nach Hause holen.“ Erklärt er in die Runde und alle atmen erleichtert auf.

„Und du Ana?“ Josh sieht mich mitleidig an.

„Alles gut…“ winke ich ab.

„Das war ne doofe Idee, oder?“ Josh setzt sich uns gegenüber und fährt sich durch die Haare.

„Besonders gut war sie augenscheinlich nicht.“ Gibt ihm Aiden recht „Aber es ist alles noch mal glimpflich ausgegangen, also wissen wir es fürs nächste Mal besser.“

„Können wir nachher noch zu ihm?“ Jenna setzt sich neben Josh.

„Ich denke, er wird erst einmal Ruhe brauchen und dafür sind wir ja nicht wirklich bekannt…“ Aiden zieht eine Augenbraue hoch. „… Fahrt nach Hause.“ Weist er unsere traute Runde an.

„Okay.“ Jenna sieht zu mir.

„Lass sie noch kurz hier, ich will noch nachschauen, was mein geschätzter Kollege da vollbracht hat.“ Er deutet auf mein Knieverband „Ich bringe sie später rum.“ Verspricht er Jenna und diese nickt ganz sachte.

„Bis später.“ Sie winkt mir zu und die drei verlassen die Station wieder.

„Aiden?“ ein weiterer Arzt kommt zu uns und Aiden steht auf.“
„Wie sieht es aus Tom?“ fragt er sogleich und dieser reicht ihm ein paar Bilder.

„Nichts zu sehen, er scheint einen wirklich harten Schädel zu haben.“ Erklärt er ihm. „Er ist jetzt auf Station 4, Zimmer 19. Morgen Mittag werde ich ihn entlassen.“

„Danke Tom.“ Aiden reicht ihm seine Hand.

„Gern geschehen Aiden, aber ihr solltet vorsichtiger sein.“ Ermahnt er ihn und Aiden nickt bestätigend.

Dann verabschieden sich die Beiden und Aiden kommt zu mir.

„Komm mit.“ Er hält mir seine Hand hin und führt mich über die Krankenhausflure hin zu einem Patientenzimmer.

Er klopft leise an und wir betreten das Zimmer.

Er ist noch an einige Infusionen angeschlossen und sein Kopf ziert ein dicker Verband, automatisch halte ich Aidens Hand fester und er sieht mich an.

„Es ist alles gut.“ verspricht er mir und ich merke, wie mir wieder die Tränen in den Augen stehen.

„Hey Nate.“ Aiden betritt nun ganz das Zimmer, lässt meine Hand los und schließt die Tür.

Mit wackligen Schritten gehe ich auf das Krankenhausbett zu, meine Füße machen dabei keinerlei Geräusche, da ich immer noch barfuss bin, aber Nate dreht seinen Kopf augenblicklich in meine Richtung.

„Baby?“ fragt er leise und ich nehme seine Hand und küsse sie, dabei tropfen die ersten Tränen auf seine Hand und er legt seine freie Hand unter mein Kinn.

„Es tut mir leid Baby.“ Entschuldigt er sich „Bitte weine nicht.“

„Ich hatte wirklich Angst um dich.“ Gestehe ich und Aiden schiebt mir einen Stuhl rüber, auf den ich mich auch gleich setze.

„Ich lasse euch gleich allein, aber ich will mir erst Anas Naht an ihrem Knie ansehen.“ Erklärt er uns und setzt sich auf den anderen Stuhl um mein Bein über seine Beine zu legen.

Vorsichtig wickelt er den Verband ab und ich atme zischend ein, denn der Tupfer direkt auf der Wunde ist etwas verklebt und es tut weh, als er ihn entfernt.

„Wie sieht es aus Aiden?“ will Nate wissen und umklammert fest meine Hand.

„Die Naht ist gut, 5 Stiche im Oberhautgewebe, eine Narbe wird wohl bleiben, aber die wird man kaum sehen.“ Erklärt er ihm zufrieden und legt mir einen neuen Verband an.

„Wie hast du das überhaupt gemacht?“ fragt Aiden mich, nachdem er mein Bein wieder abgesetzt hat.

„Ich bin auf den Klippen ausgerutscht und blöd gefallen.“ Gebe ich schulterzuckend zu.

„Okay ihr Beiden, ich gebe euch 20 Minuten, dann muss ich deine entzückende Freundin bei Jenna abliefern.“ Aiden sieht zu Nate und dieser nickt ganz vorsichtig.

Als Aiden die Tür hinter sich schließt, sieht Nate in meine Richtung „Komm her.“ Bittet er mich leise und ich stehe auf und beuge mich über ihn.

Wieder tropfen ein paar Tränen auf ihn und er wischt sie etwas unbeholfen weg.

„Ich werde dich niemals alleine lassen.“ Versichert er mir.

„Ich hatte wirklich Angst um dich.“ Schluchze ich.

„Oh Baby.“ Er zieht ich noch dichter zu sich und küsst mich sanft.

Ich krabbele zu ihm und er befühlt meine Verbände. „Du musst besser aufpassen.“ Flüstert er.

„Sagt der, der eine Nacht im Krankenhaus bleiben muss.“ Erwidere ich leise.

„Vielleicht ist es ganz gut, dass ich ab nächstes Wochenende für 4 Wochen in London bin, dann kann ich wenigstens keine Dummheiten machen.“ Er drückt mich an sich.

„Ich werde dich schrecklich vermissen.“ Gebe ich zu.

„Und ich dich erst.“ Er küsst meine Schläfe.

Es klopft leise und Aiden kommt wieder rein.

„Ich muss Ana jetzt mitnehmen.“ Er reicht mir seine Hand und hilft mir aufzustehen.

„Hmm, kümmere dich um sie.“ Bittet ihn Nate „Sie ist mein Leben.“ Fügt er hinzu.

„Ich liebe Dich.“ Ich drehe mich zu ihm um und küsse ihn liebevoll.

„Und ich dich.“ Er streicht mir über die Wange.

„Nun ist aber mal gut…“ lacht Aiden und ich stimme mit ein, auch Nate kann sich ein leises lachen nicht verkneifen.

„Wir sehen uns morgen. Ich hole dich ab, aber ich kann dir nicht versprechen, das ich Ana mitbringe.“ Aiden geht zu Nate und nimmt seine Hand „Schlaf dich aus.“ Empfiehlt er ihm.

„Mach ich Doc.“ Erwidert dieser und lehnt sich in sein Kissen zurück.

Eine halbe Stunde später hält Aiden vor dem Wohnheim.

„Soll ich nicht doch mit hoch kommen?“ er sieht hoch zu Jennas Zimmer in dem Licht brennt und ich schüttele meinen Kopf.

„Nein, ich werde Jenna bitten ihr Verhör auf morgen zu verschieben, ich bin wirklich müde.“ Ich strecke mich leicht.

„Schlaf dich aus.“ Bittet er nun auch mich.

„Danke Aiden.“ Ich drücke ihm einen Kuss auf die Wange und laufe schnell ins Haus.

Als ich oben ankomme, kommt Jenna wie eine Rakete aus ihrem Zimmer und zieht mich in ihre Arme.

„Hey, noch vor zwei Stunden hat es dich nicht einmal interessiert wie es mir geht.“ Ich grinse leicht.

„Es tut mir so leid, aber Nate da so liegen zu sehen…“ sie atmet tief durch.
„Ja, das war ein Schock.“ Gebe ich zu.

„Ich habe ja fast gedacht du kippst gleich um, du warst weiß wie eine Wand.“ Sie betrachtet mich leicht skeptisch.

„Nate ist mein Freund.“ Versuche ich mich aus der Situation zu befreien.

„Nur ein Freund?“ hakt sie nach und ich nicke leicht.

„Ja Jenna und bitte sei mir nicht böse, aber ich bin erledigt und muss schlafen.“ Ich nehme ihre Hand. „Wir reden morgen weiter, ja?“

„Alles klar, schlaf’ schön.“ Sie drückt kurz meine Hand.

„Danke Jenna du auch.“ Ich lasse sie los und gehe in mein Zimmer.

Geschafft lasse ich mich aufs Bett fallen und schlafe wirklich schnell ein.

Ich werde erst wach, als ich vom liegen schon Rückenschmerzen habe und rappele mich mit einem Blick auf meine Uhr auf. Schon kurz nach 15 Uhr.

Wow, ich brauchte tatsächlich dringend Schlaf…

Ich tapse in den Flur, aber wie zu erwarten ist von Jenna weit und breit keine Spur, ich greife nach meinem Handy und wähle Aiden an.

Klar, würde ich jetzt lieber Nate anrufen, aber die Gefahr das Jenna bei ihm ist, ist einfach viel zu groß.

„Na Murmeltier. Ausgeschlafen?“ meldet sich dieser fröhlich.

„Hmm.“ Nuschele ich „Wie geht es Nate?“ komme ich gleich zur Sache.

„Alles gut, wir sind bei ihm zu Hause.“ Erklärt er mir und ich nicke, meine Entscheidung ihn anzurufen war augenscheinlich genau richtig.

„Gut, sorge dafür, dass er sich ausruht. Ich fahre zu Dex und Grace.“ Ich gähne herzhaft.

„Mach ich. Sehen wir uns am Wochenende?“ fragt er und ich denke nach.

„Klar, am Freitag werde ich zu Nate. Wir bringen ihn ja Samstag zum Flieger, dann können wir gerne was unternehmen.“ Ich reibe meine Augen.

Ich glaube vom zu lange schlafen kann man auch müde werden…

„Ja, er hat uns gerade gesagt, dass er Samstag los muss und keine Angst, ich habe ihm versprochen mich die vier Wochen um dich zu kümmern.“ Lacht er.

„Du bist hoffentlich draußen.“ Ich lege meine Stirn in Falten.

„Aber klar, die denken ich telefoniere mit Jess.“ Erneut lacht er auf.

„Genau Jess, du solltest dich lieber um sie kümmern.“ Werfe ich ein.

„Wie sagtest du so schön? Wenn sie mich will, dann so wie ich bin und meine Freunde sind mir wichtig, besonders Nate und wenn ich ihm etwas verspreche, dann halte ich es auch.“ Er wird wieder ernst.

„Ich danke dir Aiden, sage ihm, dass ich ihn liebe.“ Bitte ich ihn.

„Glaub mir Ana, das weiß er.“ Erwidert er.

„Trotzdem.“ Lache ich.

„Also gut, ich sage es ihm gerne noch einmal.“ Gibt er nach.

„Bis Samstag.“ Damit lege ich auf und gehe erst einmal heiß duschen, meine Muskeln fühlen sich total verspannt an und ich könnte ewig unter dem heißen Strahl stehen.

Dennoch besinne ich mich, lasse meine Haare offen über meine Schultern fallen, schlüpfe in Nates T-Shirt und Jeansshorts und mache mich auf den Weg zu Dex und Grace.

Nachdem ich Sturm geklingelt habe und mir keiner öffnet gehe ich ums Haus und finde beide auf der Terrasse.

„Hier seid ihr.“ Lache ich und setze mich auf die freie Sonnenliege.

„Gott Kleine…“ Grace springt auf und zieht mich hoch um meinen Arm und mein Knie zu betrachten. „Was hast du gemacht?“ fragt sie besorgt.

„Ein kleiner Unfall beim surfen. Merke Klippen und surfen passt nicht wirklich gut.“ ich verziehe das Gesicht.

„Warum hast du uns denn nicht angerufen?“ Nun bekomme ich auch von Dex einen vorwurfsvollen Blick.

„Tut mir leid, aber es war ja nicht schlimm. Ich wurde genäht und geklebt und durfte wieder nach Hause.“ Ich setze mich wieder und sehe beide abwechselnd an.

„Du warst im Krankenhaus?“ Grace schnappt nach Luft.

„Grace, es geht mir gut. Ganz ehrlich.“ Versuche ich zu beruhigen.

„Dieses Surfen ist zu gefährlich.“ Schimpft sie und geht ins Haus.

„Grace.“ Ich stehe auf und folge ihr, ich hole sie ein und halte sie am Arm fest. „Es tut mir leid, ich werde vorsichtiger sein, ich verspreche es dir.“ Ich ziehe sie in meine Arme.

„Ganz fest versprochen?“ sie sieht mich bittend an.

„Ja, ich schwöre es dir.“ Ich lege meine Stirn an ihre „Oder ich rufe an.“ füge ich hinzu und sie schlägt leicht nach mir.

„Du bist unmöglich Ana.“

„Aber immerhin bist du jetzt nicht mehr böse.“ Gebe ich zu bedenken.

„Gott Kleine, ich war doch nicht böse, ich bin besorgt um dich.“ Sie nimmt mein Gesicht in ihre Hände.

„Ich kenne das nicht.“ Gebe ich zu.

„Dann gewöhn dich bitte dran.“ Sie drückt mir einen Kuss auf die Wange „Und jetzt hoffe ich, dass du Hunger hast.“

„Und wie.“ Ich reibe mir meinen Bauch.

Der Abend wird so schön, dass ich spontan beschließe bei ihnen zu schlafen und am nächsten Tag machen wir eine Tour zum Dublin Castle. Es ist toll auch die Geschichte des Landes, welches in mir mehr Heimatgefühl auslöst als mein eigentliches Heimatland, kennen und verstehen zu lernen und Dex verspricht mir in den Semesterferien mehr solcher Touren mit mir und Grace zu machen.

Am Abend grillen wir und wieder finde ich meinen Schlafplatz bei Grace und Dex im Gästezimmer. Aber ich rufe Jenna an und sie ist beruhigt, das sie weiß wo ich stecke.

Ich telefoniere auch kurz mit Nate, aber da dieser mit den anderen unterwegs ist, fällt unser Gespräch sehr kurz aus.

Freitagmittag verabschiede ich mich dann endlich von Grace und Dex und fahre ohne Umwege zu Nate. Da ich einen Schlüssel habe lasse ich mich selbst rein und muss fest stellen, das Nate nicht da ist.

Ich schreibe ihm eine SMS und erwarte eigentlich, dass er mir antwortet, statt dessen höre ich 20 Minuten später wie die Tür aufgemacht wird und stürme zur Tür.

Es ist unglaublich, das nur noch ein kleines Pflaster an seiner Stirn von seinem Unfall vor 4 Tagen zeugt und das er schon wieder strahlt wie immer.

Ich schleiche mich an ihn heran, aber er beginnt zu strahlen und zieht mich in seine Arme.

„Hey Einbrecher!“ begrüßt er mich lächelnd.

„Ich habe einen Schlüssel.“ Sage ich stolz und er küsst mich.

Ich habe keine Ahnung wie viel Schlaf wir in dieser Nacht bekommen, aber ich tippe mal auf vielleicht 1 Stunde, denn ich weiß, ich werde ihn für eine sehr lange Zeit nicht spüren können…

An frühen Samstagmorgen helfe ich Nate seine Sachen zu packen.

„Willst das grüne T-Shirt mit dem orangen Druck mitnehmen?“ ich strecke fragend meinen Kopf aus dem Schlafzimmer.

„Nein, aber ich hätte wirklich gerne mein dunkelblaues T-Shirt zurück.“ Grinst er und schenkt uns Kaffee ein.

„Gibt es nicht.“ Gebe ich betont lässig zurück und packe weiter seine Tasche.

Er kommt ins Schlafzimmer und reicht mir eine Tasse.

„Ich werde dich vermissen.“ Er setzt sich aufs Bett.

„Und ich dich erst.“ Ich setze mich neben ihn und nehme seine Hand.

„Weißt du was komisch ist?“ er legt seinen Kopf schief und ich betrachte ihn.

Seine warmen braunen Augen, seine dichten schwarzen Wimpern, seine Haare die ihm in alle Richtungen vom Kopf abstehen, seine wunderschön geschwungenen Lippen, die kleine Falte zwischen seinen Augen, wenn er über etwas nachdenkt.

Noch nie in meinem Leben hat ein Mann perfekter für mich ausgesehen.

„Mustern sie mich Miss Coleman?“ fragt er amüsiert.

„Ich will mich jede Einzelheit einprägen.“ Ich küsse ihn sanft.

„Wenn ich mir jede Einzelheit einprägen will…“ seine Hand fährt unter mein T-Shirt und seine warme Hand trifft auf meine Haut.

„Nate, Aiden ist in 30 Minuten hier und wir haben noch nicht zu Ende gepackt.“ Rüge ich ihn und stelle meine Kaffeetasse ab, um aufzustehen und weiter seine Tasche zu packen. „Außerdem wolltest du mir noch sagen, was “komisch“ ist.“ Erinnere ich ihn und packe ein paar Jeans ein.

„Du verbringst dein Leben damit nach etwas zu suchen, ohne zu wissen, was genau…“ er seufzt leise „Und dann ganz plötzlich findest du es und es ist, als ob dein Leben dann erst anfängt. Mit dir hat mein Leben angefangen Ana und ich bete dafür, das es mit dir in meinem Armen endet.“

„Oh Nate.“ Ich gehe zurück zum Bett und setze mich rittlings auf seinen Schoß. „Du weißt wie sehr ich dich liebe, oder?“ ich streiche ihm seine Haare aus der Stirn.

„Ich habe eine ungefähre Vorstellung davon.“ Gibt er lächelnd zu.

„Ich bin gerne bereit es dir noch einmal zu beweisen.“ Ich ziehe ihm sein T-Shirt über den Kopf und küsse seine Brust.

„Baby? Aiden…“ setzt er an.

„Der kann auch 5 Minuten warten.“ Wehre ich ab und ziehe mir mein Top über den Kopf.

„5 Minuten?“ grinst er.

„Von mir aus auch 10.“ Ich küsse ihn hingebungsvoll und er presst mich an sich. Geschickt wirft er mich aufs Bett, hält sich zum Glück nicht lange mit so etwas wie einem Vorspiel auf, zieht seine Shorts runter und mir meinen Slip aus und dringt kraftvoll in mich ein.

Ich beiße mir auf die Unterlippe und schlinge meine Beine um ihn, als er anfängt sich ungehalten in mir zu bewegen.

Ich betrachte ihn, die Erregung in seinem Gesicht, die kleinen Schweißperlen auf seiner Stirn und das zaghafte lächeln, das von seinem Gesicht Besitz ergreift, als er merkt das ich komme.

Ich schließe meine Augen, küsse ihn innig und merke, wie auch er pulsierend in mir kommt.

Schwer atmend liegt er auf mir, rollt sich ein wenig zur Seite und fährt mit seiner Hand über mein Gesicht, sanft fährt er meine Lippen nach und ich kichere.

„Was machst du da?“

„Ich präge mir jede Einzelheit von dir ein.“ Er küsst mich und ich sehe auf meine Uhr.

„Wir haben noch 10 Minuten.“ Ich springe auf, ziehe mich an und packe seine Tasche weiter, während auch er sich anzieht.

Keine Sekunde zu früh klingelt Aiden und ich lasse ihn rein, während Nate noch seine letzten Sachen und seinen Laptop einpackt.

„Guten Morgen!“ begrüßt mich Aiden und nimmt mich in den Arm. „Tipp am Rande, kämm dir wenigstens die Haare.“ Er zwinkert mir zu und ich gehe an Nate vorbei ins Bad und binde meine Haare zu einem Zopf.

„Wir müssen.“ Aiden deutet auf seine Uhr und wir machen uns auf dem Weg zum Flughafen, an dem uns, welch Überraschung Jenna, Josh und Ronan erwarten.

Aiden checkt Nates Gepäck ein und alle nehmen ihn kurz in den Arm, schließlich bin ich an der Reihe. Ich nehme ihn in den Arm und schließe kurz meine Augen.

„Bedingungslos.“ Flüstere ich ihm ins Ohr.

„Ja Baby, bedingungslos.“ Flüstert auch er und ich lasse ihn los.

Wir rufen und winken ihm hinterher als er seinen Check in Schalter betritt.

„Und was machen wir jetzt Schönes?“ Aiden sieht in die Runde.

„Ich weiß ja nicht, was du vor hast, aber Mum und Dad haben mich dazu verdonnert, die nächste Woche mit ihnen nach Limerick zu Gran und Pop zu fahren.“ Jenna zieht eine Schnute „Wie hast du es mal wieder geschafft dich aus der Affäre zu ziehen?“ sie wirft Aiden einen langen Blick zu.

„Ich muss arbeiten.“ Gibt er lässig zurück.

„Ich muss mich mal ums Geschäft kümmern.“ Ronan sieht Aiden entschuldigend an.

„Dito.“ Josh zuckt mit den Schultern „Ich muss das gute Wetter ausnutzen.“

„Ana?“ er sieht zu mir.

„Ich bin frei.“ Gebe ich zu und er legt den Arm um mich.

„Wenigstens einer hält zu mir.“

„Eine.“ Korrigiere ich ihn lachend.

„Eine.“ Wiederholt er.

„Gut, dann bekomme ich dein Auto.“ Jenna hält ihre Hand auf und Aiden legt seinen Autoschlüssel hinein.

„Und wie soll ich zur Arbeit kommen?“ fragt er zweifelnd.

„Du kannst mein Auto nehmen.“ Erkläre ich ihm und er nickt.

Vor dem Flughafen verabschieden wir uns alle und versprechen uns in einer Woche am Strand zu treffen. Der Sommer in Irland muss einfach ausgenutzt werden…

Als Aiden und ich Auto sitzen, sehe ich ihn gespannt an.

„Willst du nicht Jessica anrufen und sie fragen, ob sie mit will?“

„Das mit mir und Jess hat nicht so geklappt, sie versteht mich einfach nicht.“ Er sieht mich traurig an.

„Gott Aiden, warum hast du denn nichts gesagt?“ ich nehme seine Hand.

„Ich weiß nicht, es ist ja nicht so, als ob es mit mir und ihr schon Ernst war. Ich meine weder ihr noch meine Eltern kannten sie… Eigentlich hätte mir das zu denken geben sollen.“ Gibt er zu.

„Hast du sie geliebt?“ hake ich nach.

„Ich weiß nicht…“ er zuckt mit den Schultern „Ich dachte ja, aber immer wenn dich und Nate sehe, dann sehe ich das, was ich vielleicht eines Tages haben kann und was ich mit ihr definitiv nicht gehabt habe.“

„Sind wir so schlimm?“ ich kaue auf meiner Unterlippe.

„Nein Ana, ihr Beide seid toll. Was ihr habt, das wünscht sich jeder.“ Er drückt kurz meine Hand.

„Ich weiß, was du jetzt brauchst.“ Ich nicke ihm zu und schlängele mich durch die Innenstadt, bei Japaner unseres Vertrauens hole ich eine große Platte Sushi und fahre dann zum Wohnheim.

Oben angekommen hole ich eine Decke aus meinem Zimmer und führe ihn aufs Dach.

„Wow…“ er sieht sich staunend um.

„Cool oder?“ ich breite die Decke aus „Jenna hat es mir gezeigt. Wenn der Strand zu überfüllt ist, dann ist hier der Ort, wo man seine Gedanken einfach mal ordnen kann.“ Ich setze mich und er sich mir gegenüber.

Ich klappe die Plastikbox auf und reiche ihm Stäbchen.

„Da draußen…“ ich deute um uns „…gibt es irgendwo eine Frau, die nur auf dich wartet. Die du liebst und die dich liebt. Bedingungslos.“

„Danke Ana.“ Er prostet mir mit seinem Wasser zu.

„Und diese Frau kann froh sein, jemanden wie dich zu bekommen. Du bist wunderbar Aiden Collins.“ Ich erhebe meine Flasche ebenfalls und Aiden wird tatsächlich leicht rot.

Nachdem wir unser Sushi gegessen und uns einen “Schwertkampf“ mit unseren Essstäbchen geliefert haben, liegen wir auf dem Rücken und sehen in den strahlend blauen Himmel.

Mein Handy klingelt leise und ich ziehe es aus meiner Hosentasche, als ich sehe, das Nate anruft beginne ich zu strahlen.

„Hey mein Prinz.“ Melde ich mich fröhlich.

„Hey Baby, ich bin gut angekommen.“ Erwidert Nate und ich höre, dass es ziemlich erledigt ist.

„Was haben sie heute mit euch gemacht?“ frage ich sogleich nach.
„Das übliche: Einweisung, Rundgang und Besprechung der nächsten vier Wochen.“ Er seufzt.

„Komm schon Nate, du packst das.“ Mache ich ihm Mut.

„Danke Baby, ich wollte nur deine Stimme hören, weil ich nicht weiß, ob ich es heute Abend noch mal schaffe anzurufen.“ Wieder seufzt er.

Ich weiß genau, er wäre jetzt lieber hier, aber es geht um seine berufliche Zukunft… ich laufe ihm ja nicht weg.

„Bitte mach dir keinen Stress… Aiden und ich sitzen auf dem Dach, haben Sushi gegessen und genießen die Sonne.“ Muntere ich ihn auf.

„Das ist gut. Ich liebe Dich Baby!“ er schickt mir einen Kuss.

„Ich liebe Dich auch.“ Ich erwidere seinen Kuss.

„Ich rufe morgen Abend an.“ verspricht er mir.

„Bis dann. Lass dich nicht ärgern.“ Damit lege ich auf und mein Handy zur Seite.

„Wie geht es ihm?“ fragt Aiden, als ich mich wieder hin lege.

„Es klang erschöpft, zu viele neue Eindrücke.“ Ich zucke leicht mit den Schultern „Er muss sich konzentrieren, ich weiß, er kann alles schaffen.“

Aiden nickt zustimmend und reckt sein Gesicht wieder der Sonne entgegen.

„Weißt du Ana, das erste Mal seit seinem Unfall mache ich mir keine Sorgen um Nate.“ Gesteht er mir leise.

„Warum?“ ich drehe mich leicht zu ihm.

„Weil ich weiß, das du bei ihm bist. Ich weiß, er hat mich manchmal gehasst, weil ich immer darum bemüht war, ihm das Leben so einfach wie möglich zu machen, aber ich habe erkannt, dass das so nicht funktioniert. Ich werde ihm niemals das Augenlicht zurück geben können und so langsam denke ich, er braucht es auch gar nicht. Er ist…“ er grinst leicht.

„Er ist perfekt, genauso wie er ist.“ Vervollständige ich seinen Satz „Aber er wäre nur ein halber Mensch ohne dich und eure Freunde.“

„Nicht eure Freunde… unsere Freunde.“ Verbessert er mich und drückt kurz meine Hand.

„Ich fühle mich hier zu Hause. Du kannst dir nicht vorstellen, was deine Freundschaft für mich bedeutet. Es ist als hätte John dich geschickt um auf mich aufzupassen und mir hin und wieder einen Schubs in die richtige Richtung zu geben.“ Ich zwinkere ihm zu.

„Erzähl mir von ihm. Wie war er?“ bittet er mich und ich lehne mich lächelnd zurück.

Es schmerzt nicht mehr so sehr über ihn zu reden und es fällt mir immer leichter, gerade gegenüber Aiden.

„John war liebevoll, ehrlich, aufrichtig, loyal und zielstrebig. Gott, manchmal habe ich ihn für seinen Perfektionismus gehasst,“ gebe ich zu „Er war etwa so groß wie du und Nate, wir hatten die gleiche Augenpartie, er hatte mittelblonde längere Haare, so typisch Surfer eben…“ ich lächle erneut „Neben seiner linken Schläfe hatte er eine 3 cm lange Narbe, da habe ich ihn mit meinem Board erwischt, als wir im Urlaub in Mexico surfen waren. Ich war glaube ich 10 oder 11 und unsere Mum ist ausgeflippt.“ Ich ziehe eine Augenbraue hoch und Aiden lacht auf.

„Kenn ich.“ Gibt er zu und deutet auf sein Scheinbein auf eine kleine Narbe. „Jenna, sie war 4 oder 5 und ihre ersten Versuche auf dem Fahrrad.“

„Unsere Eltern hatte wenig bis keine Zeit für uns und John hat mich immer und überall mit hin genommen, nicht weil er musste, sondern weil er nicht wollte, dass ich den ganzen Tag von Nannys und Haushälterinnen umgeben bin. Er hat mir gezeigt, was Liebe ist, ohne wenn und aber. Er saß bei meinem Highschool Abschluss in der ersten Reihe, er hat zusammen mit mir den Brief aufgemacht, in dem ich das Stipendium bekam und er hat mir Mut gemacht, wenn ich nicht mit dem Stoff mitkam. Er war immer da und ganz plötzlich war ich allein. Ich fiel und niemand war da, der meinen Sturz hätte abfangen können.“ Ich sehe ihn kurz an.

„Ich habe mich zu einem wirklich schrecklichen Menschen entwickelt, die Gefühle anderer waren mir gleichgültig und ich weiß, ohne euch, Dex und Grace wäre ich noch immer so. Ich hätte Nate nie kennen gelernt, weil er mich einfach nicht interessiert hätte…“

„Du bist ein wunderbarer Mensch Anastasia Coleman.“ Er nickt mir lächelnd zu „Okay, manchmal etwas anstrengend, aber im großen und Ganzen einfach nur wunderbar.“

„Danke Aiden.“

„Damals nach dem Unfall, als Nate alles neu lernen musste und ich fast ein Jahr im Krankenhaus lag und eine Hauttransplantation nach der anderen bekam, da haben Nate und beschlossen, das wir, egal was passiert, immer für den anderen da sind und in 15 Jahren hat niemals einer von uns sein Versprechen gebrochen. Das ist es doch, was es ausmacht, oder?“ er blinzelt gegen die Sonne.

„Ja. Genau das.“ Stimme ich ihm zu.

„Ich habe mir lange Zeit Vorwürde gemacht.“ Er fährt sich durch die Haare.

„Du weißt, dass du es nicht hättest verhindern können… und ganz ehrlich wirklich geschadet hat es keinem von euch. Sieh dich an, du bist ein erfolgreicher Arzt und Nate Lehrer am Trinity. Was will man mehr?“ ich schubse ihn leicht.

„Wir sind gut, ne?“ lacht er.

„Die Besten.“ Stimme ich ihm zu.

Den Montag und den Dienstag verbringen Aiden und ich am Strand, mal ohne surfen und einfach nur entspannen. Es ist irgendwie ungewohnt, aber Aiden und ich entdecken Gemeinsamkeiten die es fast schon unheimlich machen, dass wir nicht verwandt sind.

„Komm schon Schlafmütze.“ Wecke ich Aiden ziemlich unsanft am Mittwochmorgen.

„Was hast du denn vor? Und woher die Energie?“ murrt er.

„Wir fahren heute zu Grace und Dex, sie wollen mit dem Boot raus.“ Erkläre ich ihm fröhlich und gehe in die Küche.

Ein ziemlich verschlafener Aiden folgt mir und greift erst einmal nach der Tasse frischem Kaffee. Der schmeckt zwar immer noch nicht wirklich gut, aber besser wie nichts…

„Ich soll mit zu Grace und Dexter?“ er zieht eine Augenbraue hoch.

„Warum nicht? Du bist mein Freund und Grace und Dex sagen immer, meine Freunde sind ihre Freunde.“ Winke ich ab. „Du hast 10 Minuten.“ Weise ich ihn an und erhebt sich stöhnend.

„Gott, du solltest dir mal etwas von der fröhlichen Guten – Morgen - Jenna abschauen.“ Rufe ich ihm lachend hinterher.

Ich gehe in mein Zimmer, schlüpfe in Nates T-Shirt und Jeansshorts und knote das T-Shirt schließlich über meinem Bauchnabel zusammen. Statt FlipFlops wie die letzten Tage entscheide ich mich aber heute für Turnschuhe.

Ich glaube FlipFlops sind nicht die richtige Fußbekleidung für eine Bootstour.

Aiden hat tatsächlich deutlich bessere Laune als er aus der Dusche kommt und wir machen uns auf den Weg zu Dex und Grace. Diese warten schon vor dem Haus und sind etwas erstaunt, als Aiden aussteigt.

„Hi Grace.“ Ich nehme sie in den Arm.

„Hi Kleine.“ Sie drückt mir einen Kuss auf die Wange.

Dann umarme ich auch Dex und drehe mich zu Aiden um.

„Grace, das ist Aiden, Jennas Bruder und mein bester Freund.“ Stelle ich Grace Aiden vor. Dex kennt ihn ja schon sie begrüßen sich freundschaftlich.

„Lust auf eine Bootstour?“ Dex klatscht in die Hände und wir machen uns zu Fuß auf zum Anleger.

Dex und Grace haben ein kleines Motorboot und es macht riesig Spaß damit über die Wellen zu jagen. Tatsächlich vertraut mir Dex sogar einmal kurz das Steuer an, aber ich habe viel zu viel Angst und gebe schnell das Kommando an Dex zurück.

„Und du und Aiden?“ Grace sitzt neben mir und sieht mich gespannt an.
„Wie ich schon sagte Grace, er ist mein bester Freund, er ist wie ein großer Bruder.“ Erkläre ich ihr und sie nickt.

„Ja, ihr versteht euch sehr gut, aber so viel Mühe ich mir auch gebe, ich kann keine Funken zwischen euch sehen.“ Gibt sie zu und ich nehme sie lachend in den Arm.

„Ach Grace.“

Erst am späten Nachmittag legen wir wieder an und Dex und Aiden sind sofort in ein Gespräch über Boote, deren Vorzüge und Nachteile, vertieft.

Muss es mich wundern, das Aiden was von Booten versteht?

Mich wundert ja eigentlich gar nichts mehr…

Wir grillen mit einer wunderbaren Aussicht auf die irische See und das einzige was sich die ganze Zeit denken kann ist:

Das nur Nate diesen Augenblick perfekt machen könnte…

Freitagabend kommt auch eine fröhliche und völlig überdrehte Jenna wieder und wir drei genießen unsere Semesterferien in vollen Zügen.

Ich kann mich daran erinnern, ob ich mich jemals so frei, so sehr ich, so geborgen und so sicher gefühlt habe.

Nur eins fehlt mir den ganzen Juli:

Nate.

Natürlich Nate.

Josh kauft sich zu unser aller Überraschung Mitte Juli ein Haus und natürlich stehen wir ihm mit Rat und Tat zur Seite, na ja jeder nach seinen Fähigkeiten und den zartrosa Anstrich seines Schlafzimmers hat er mir und Jenna zu verdanken.

Aber das Haus ist phantastisch, fast direkt am Strand, in unmittelbarer Nähe zu seinem Laden und mit einem sagenhaften Ausblick.

Josh ist auch für noch mehr Neuerungen und Überraschungen gut und stellt uns seine erste Angestellte vor. Sie heißt Charlene, aber wir waren uns schnell einig, dass Charlie reicht.

Bisher hatten wir noch nicht wirklich Zeit uns alle kennen zu lernen, aber ich denke, sie würde in unsere chaotische Truppe gut rein passen.

„Hey Erde an Ana!“ Jenna schnippt mit ihren Fingern vor meinem Gesicht herum.

„Was?“ ich sehe sie erschrocken an.

„Wo warst du denn bitte?“ lacht sie „Wir haben gerade besprochen, das wir für Nate morgen eine kleine Willkommensparty machen und wir sind am Aufgaben verteilen.“ Erklärt sie mir und ich sehe entschuldigend in die Runde.

„Keine Angst Ana, ich habe mit seiner Ankunftszeit etwas geflunkert…“ flüstert mir Aiden ins Ohr und ich strahle ihn an.

„Hey, wer flüstert der lügt.“ Beschwert sich Jenna sogleich.

„Du Schwesterherz kannst alles essen aber nicht alles wissen.“ Er streckt ihr die Zunge raus.

„Blödmann!“ erwidert sie, sammelt sich einen kleinen Moment und sieht auf einen Zettel vor sich „Also ich übernehme Deko und Kuchen, Aiden Getränke, Josh Grillfleisch und Würstchen, Ronan Musik und Beleuchtung und du Ana besorgst einen Grill, Grillkohle und was dazu gehört. Einverstanden?“ sie sieht mich an und ich nicke.

„Kommt deine Angestellte auch?“ sie sieht zu Josh und wenn ich es nicht besser wüsste, dann würde ich fast sagen, da ist ein eifersüchtiger Unterton in ihrer Stimme.

„Klar, ich denke das ist eine gute Idee, dass Charlie euch alle mal besser kennen lernt.“ Josh strahlt sie an und ehrlich wenn Blicke töten könnten, dann würde Josh vom Stuhl fallen.

Knall und tot…

„Gut, meinst du sie kann Knabberzeug mitbringen?“ Jenna presst die Lippen zusammen.

„Sicher, schreib es ruhig auf.“ Nickt Josh zustimmend und Jenna fügt diesen Punkt ihrer Liste hinzu.

„Leute? Wenn wir morgen noch was schaffen wollen… ich meine heute, dann müssen wir jetzt ins Bett.“ Ich sehe auf meine Uhr, schon kurz nach 2.

„Du hast Recht.“ Pflichtet mir Aiden bei „Ich bezahle eben die letzte Runde… Kann ich bei euch schlafen?“ er sieht zu mir und Jenna und wir nicken.

Da Aiden sein Auto nimmt und Jenna immer noch eingeschnappt ist, fährt sie bei mir mit und kaum das ich mich angeschnallt und den Motor gestartet habe sieht sich mich lange an.

„Was ist los Jenna?“ grinse ich.

„Du und Aiden… Was läuft da?“ fragt sie mich gerade heraus.

„Nichts Jenna, Gott…“ ich schüttele meinen Kopf.

„Ich meine nur, ihr versteht euch super gut, manchmal unheimlich gut.“ gibt sie zu.

„Ja Jenna und genau das schätze und liebe ich an ihm. Er ist wie ein großer Bruder. Wenn du ihn denn teilen kannst?“ ich ziehe eine Augenbraue hoch.

„Geschenkt.“ Meint sie gönnerhaft und lacht auf.

„Sei vorsichtig was du sagst.“ Warne ich sie.

„Ach was, ich weiß, dass er mich immer als Bumerang bezeichnet, aber glaub’ mir er ist auch einer.“ Winkt sie ab.

Lachend kommen wir am Studentenwohnheim an und als wir das Haus betreten steht Aiden schon am Fahrstuhl.

„Gott bin ich müde.“ Er streckt sich.

„Ich auch.“ Pflichte ich ihm bei.

„Kann ich morgen dein Auto haben?“ Jenna hält ihre Hand auf und sieht mich an.

„Und wie bitte soll ich einkaufen?“ frage ich sie mit hochgezogenen Augenbrauen.

„Nimm Aidens Auto, Nate kommt erst um 16 Uhr an, da hast du genug Zeit und ich muss nicht noch mal hin und her fahren. Bitte!“ bettelt sie und ich gebe ihr meinen Autoschlüssel.

„Du bist eine Nervensäge Jenna.“ Schimpfe ich und gehe in mein Zimmer.

Aiden folgt mir und lässt sich auf die große Luftmatratze in meinem Zimmer fallen. Er schläft jetzt meist hier, weil bei Jenna im Zimmer einfach kein Platz und die Couch im Wohnbereich auf Dauer nicht bequem ist.

„Gute Nacht Ana.“ Murmelt er noch und schnarcht dann auch schon leise.

Ich ziehe mir mein T-Shirt aus und schlüpfe unter meine dünne Decke, denn die Luft steht in meinem Zimmer.

„Guten Morgen Sonnenschein!“ ich springe am nächsten Morgen, na ja Mittag, nachdem ich duschen war ins Zimmer und Aiden fällt vor Schreck von der Luftmatratze.

„Was bitte hast du denn gefrühstückt?“ er reibt sich seinen Kopf.

„Noch gar nichts.“ Gebe ich zu „Geh duschen, Kaffee in 10 Minuten und dann einkaufen. In knapp 3 Stunden kommt Nate.“ Quietsche ich und er lacht auf.

Ich gehe in die Küche und mache uns Kaffee, anschließend gehe ich in mein Zimmer und ziehe mir ein kurzes geblümtes Kleid und weiße Sandalen an.

Unschlüssig drehe ich mich vor dem Spiegel.

„Du siehst zauberhaft aus aber glaub mir, Nate wird keine Augen dafür haben.“ Er zwinkert mir zu.

„Blödmann!“ äffe ich Jenna nach und er schüttelt lachend seinen Kopf.

Er zieht sich sein T-Shirt über und das erste Mal seit langen sehe ich seine Narben. Ich meine, ich sehe sie fast jeden Tag, aber nach einer gewissen Zeit nimmt man sie nicht mehr wahr. Das ist Aiden und er gehört so, ohne Fragen…

„Los?“ ich sehe ihn hibbelig an und er lacht.

Ich hole die beiden Thermobecher aus der Küche und reiche ihm einen.

Die Innenstadt ist voll und ich glaube Aiden kauft nicht für 7 sondern für 20 Leute ein.

„Wer soll das bitte alles trinken? Und vor allen Dingen überleben?“ ich sehe in seinen Wagen.

„Hey, mein bester Freund war 4 Wochen lang weg, ist jetzt staatlich geprüfter Lehrer, das muss gefeiert werden.“ Erklärt er mir ganz sachlich und ich nicke, während ich mir ein lachen unterdrücke. „Natürlich.“

Ich finde einen ganz passablen Grill und wir kaufen alles was wir noch so für nötig halten und beschließen es alles zu Josh zu bringen.

„Was macht ihr denn hier?“ Josh sieht uns fragend an und wir deuten auf den Kofferraum.

„Abladen, ich muss Nate abholen und er hat auch Gepäck.“ Gibt Aiden zu bedenken.

„Alles klar, alles in den Garten.“ Weist und Josh an und ich stemme meine Hände in die Hüfte.

„Komm gefälligst und hilf dem armen Mädchen.“ Rufe ich ihm hinterher und er kommt zu uns.

„Armes Mädchen? Wo?“ feixt er und nimmt sich dann aber doch den Karton mit dem Grill.

Im Garten ist Jenna damit beschäftigt alles zu schmücken und strahlt als sie mich sieht.

„Super, dann kannst du mir ja doch helfen.“ Freut sie sich und ich sehe hilfesuchend zu Aiden.

„Geht nicht, sie muss fahren.“ Erklärt er ihr und sie legt ihren Kopf schief. „Ich habe schon zwei Bier getrunken und ehrlich Jenna, man fährt nicht, wenn man was getrunken hat.“

„Los komm, ehe sie weiter drüber nachdenkt.“ Aiden packt mich am Arm und wir gehen zurück zum Auto.

Dann fahren wir zum Flughafen und ich zappele auf meinem Sitz herum.

„Herrgott Anastasia Coleman, sitz still.“ Lacht Aiden und ich fahre ertappt zusammen.

„Sorry.“ Sage ich leise.

„Glaub mir Ana, er freut sich mindestens genauso sehr auf dich.“ Er drückt meine Hand und wir parken im riesigen Parkhaus.

Im Inneren des Flughafens machen wir uns auf die Suche nach Nates Gate und dann beginnt das warten…

Dann sehe ich ihn, er trägt seine Sonnenbrille und zieht seinen Koffertrolli hinter sich her.

„Nate!“ ich laufe auf ihn zu und werfe mich in seine Arme.

Er lässt seinen Koffer los und presst mich an sich.

„Gott, ich habe dich so vermisst.“ Flüstere ich und sehe ihn an.

„Ich dich auch. So sehr.“ Er küsst mich sanft kurz, immerhin sind wir hier in der Öffentlichkeit.

„Auch schön dich zu sehen Aiden. Oh danke, man 4 Wochen waren lang…“ führt Aiden neben uns Selbstgespräche und Nate lässt mich los um ihn in den Arm zu nehmen.

„Schön, dass du wieder da bist, deine Freundin war heute den ganzen Tag ein nervliches Wrack.“ Lacht Aiden und ich knuffe ihn.

„Verräter!“ zische ich ihm zu.

„Können wir nach Hause?“ fragt Nate und ich spüre wie geschafft er ist.

„Okay, ich habe euch eine Stunde raus geschlagen. Um 17 Uhr müssen wir bei Josh sein.“ Erklärt ihm Aiden.

„Will ich es wissen?“ fragt Nate gespielt gequält.

„Nein.“ Sagen Aiden und ich wie aus einem Mund.

„Ist mir egal, so lange ich nur eine Stunde mit meiner atemberaubenden Freundin habe.“ Er strahlt mich an.

„Gut, ich lasse euch bei dir raus und hole euch in einer Stunde wieder ab.“ Aiden geht uns voraus und nimmt Nates Koffer mit.

Nate packt seinen Stock in seine Tasche und umfasst meinen Oberarm. Schon diese kleine Berührung reicht aus und mein Herz schlägt schneller in meiner Brust.

Ich sehe ihn an, präge mir jeden seiner Gesichtszüge ein und kann nicht aufhören zu grinsen.

„Sie starren mich an Miss Coleman.“ Lächelt er.

„Ja Mr. O’Brian und mir gefällt ausgesprochen gut was ich sehe.“ Gebe ich zu.

Als wir im Auto sind zieht mich Nate zu sich auf den Rücksitz und küsst mich verlangend.

„Meint ihr, ihr schafft es euch noch 20 Minuten zusammen zu reißen? Ganz ehrlich Leute, wenn ich einen Porno schauen will, dann mache ich meinen Computer an.“ witzelt Aiden und setzt sich auf den Fahrersitz.

„Halt die Klappe Aiden.“ Nuschelt Nate zwischen zwei Küssen und zieht mich fest in seine Arme. Seine Zunge verlangt fordernd Einlass und ich lasse ihn seufzend gewähren.

Als Aiden vor Nates Haus anhält sind meine Lippen von unseren Küssen geschwollen und ich stiege schnell aus. Ich packe Nates Arm und ziehe ihn mit mir.
Auf Aiden, der uns auslacht, gehe ich gar nicht näher ein, denn alles in mir schreit danach Nate endlich wieder zu spüren.

Im Hausflur küsse ich ihn erneut und wir taumeln gegen die Wände.

Ich nehme meinen Schlüssel und versuche seine Wohnungstür aufzuschließen, nach ein paar Anläufen, weil durch Nates Küsse in meinem Nacken so abgelenkt bin, gelingt es mir endlich und ich stoße die Tür auf.

Nate drückt mich neben die Wand im Flur, versetzt der Tür einen Stoß und zieht mir mein Kleid über den Kopf.

Auch ich will nicht eine Sekunde länger warten, ziehe ihm sein T-Shirt aus und nestele an seinem Gürtel herum, schließlich hat er Erbarmen und befreit sich selbst von seiner Jeans. Auf dem Weg zur Couch werfe ich seine Lampe um und Nate grinst schelmisch.

„So unkoordiniert …“ setzt er an.

„Gott Nate, halt die Klappe.“ Lache ich und wir kommen an der Couch an.

Er setzt sich und ich lasse mich auf ihn gleiten. Ich schließe meine Augen und genieße diesen kleinen Moment mit jedem meiner Sinne. Seine Hände liegen an meinen Hüften und geben einen schnellen Rhythmus vor, dem ich mich nur zu gern anpasse und als ich komme, da tanzen Sterne vor meinen Augen und ich halte mich an ihm fest.

„Ich. Liebe. Dich.“ Flüstert er und ich merke, wie sich jeder Muskel unter meinen Händen anspannt.

Schwer atmend sehe ich ihn an und muss leise lachen.

„Lachst du mich aus?“ fragt er gespielt schockiert.

„Nein…“ ich schüttele lebhaft mit dem Kopf „Ich muss zugeben, ich war noch niemals so scharf auf meinen Freund.“ Ich knabbere an seinem Ohrläppchen.

„Gut zu wissen.“ Lächelt er, steht mit mir im Arm auf und geht Richtung Schlafzimmer. Ich küsse ihn und weil er nicht konzentriert ist landet auch die zweite Lampe auf dem Boden.

„So unkoordiniert?“ necke ich ihn.

„Halt die Klappe.“ Lacht er leise und lässt mich aufs Bett fallen.

Er bedeckt jeden Zentimeter meines Körpers mit kleinen hauchzarten Küssen und ich stöhne leise auf.

„Nimm mich!“ hauche ich ihm ein paar Minuten später ins Ohr und dieser Aufforderung kommt er nur zu gerne nach.

Als es klingelt springe ich auf und Nate lacht.

„Das ist nicht lustig.“ Beschwere ich mich und sehe mich nach meinen Sachen um. Ich ziehe mir erst einmal meinen Slip und Nates T-Shirt an, ehe ich zur Tür gehe und Aiden ins Innere der Wohnung ziehe.

„Was habt ihr denn hier gemacht?“ er sieht sich kopfschüttelnd um und deutet auf die zerbrochenen Lampen.

„Übereifer?“ ich zucke mit den Schultern, nehme meinen BH von der Couch und sehe mich suchend nach meinem Kleid um.

„Suchst du das?“ Aiden hält besagtes Kleidungsstück triumphierend hoch.

„Gib es her.“ Ich laufe zu ihm und nehme es ihm aus der Hand.

Ich gehe zurück ins Schlafzimmer und im Türrahmen kommt mir Nate entgegen, er packt mich an der Hüfte drückt mich mit dem Rücken gegen den Türrahmen und küsst mich liebevoll.

„Okay Leute, ich würde ja sagen verschiebt das auf später…“ Aiden stöhnt leise „Aber da ihr die Möglichkeit nicht habt sage ich nur, beeilt euch.“ Er setzt sich auf die Couch und nimmt sich eine Zeitung.

„Natürlich Braille.“ Er legt sie zurück auf den Tisch.

„Was erwartest du denn?“ Nate sieht zu ihm.

„Weiß nicht, aber wenn ihr noch länger braucht, dann verlange ich vernünftige Zeitungen.“ Er lehnt sich zurück und Nate setzt sich zu ihm.

„5 Minuten.“ Sage ich und gehe ins Bad.

Nachdem meine Haare eine Bürste und mein Gesicht etwas Wasser gesehen und gespürt haben, sehe ich schon eindeutig besser aus und komme wieder raus.

„Fertig?“ Aiden sieht mich an und ich nicke.

„Gut, dann mal auf in die Höhle des Löwen.“ Ich küsse Nate ein letztes Mal und dann verlassen wir die Wohnung und machen uns auf den Weg zu Josh.

Als wir auf dem Hof parken dreht sich Nate zu mir um.

„Ich liebe Dich Baby.“ Sagt er leise und ich nehme seine Hand kurz in meine.

„Ich dich auch.“ Versichere ich ihm.

Als wir aussteigen grinst uns Aiden nur an.

„Also meine gute Tat für heute ist vollbracht.“ Lobt er sich selbst.

„Spinner.“ Lache ich.

„So Nate, jetzt Augen zu.“ Witzelt Aiden und nimmt Nate an die Hand und führt ihn in den Garten.

„Überraschung!“ erklingt es im Chor und Nate erstrahlt.

„Ihr seid doch alle wahnsinnig!“ er lässt sich von allen zu seinen letzten bestandenen Prüfungen gratulieren und zu Hause herzlich willkommen heißen, dann nehme ich ihn nochmals kurz in den Arm.

„Sorry, ich habe vergessen dir zu gratulieren.“ Gebe ich kleinlaut zu.

„Das ist mir so etwas von egal.“ Erwidert er lächelnd „Das andere war tausend Mal besser.“

„So Nate, hier haben wir Charlie, sie arbeitet bei Josh im Laden.“ Stellt Ronan den Neuzugang unserer Truppe vor und Charlie reicht Nate vorsichtig die Hand.

Ich muss grinsen, zum einen, weil ich genau weiß, wie unsicher sie jetzt sein muss und zum anderen, weil ich auf Nates Reaktion gespannt bin.

„Hey Charlie…“ er zieht sie dichter zu sich „Ich bin vielleicht blind aber nicht aus Glas.“

„Sorry.“ Kommt es sofort von ihr und ich gehe mal dazwischen.

„Gut Nate, du hast sie jetzt genug blamiert.“ Ich nehme Charlies Hand. „Wir brauchen jetzt alle erst einmal einen Drink, oder?“ ich sehe sie grinsend an und ihre grünen Augen wirken ungemein dankbar.

Der Abend nimmt gut Fahrt auf und auch die Cocktails, die Jenna aus dem Ärmel zu schütteln scheint, tun ihr übriges.

Dennoch entgeht mir nicht, dass sie Charlie mit Argusaugen beobachtet.

„Sag mal Jenna, was hast du gegen Charlie?“ ich stelle mich neben sie an die Bar,

„Nichts.“ Antwortet sie viel zu schnell und viel zu ertappt.

„Komm schon Jenna.“ Ich ziehe eine Augenbraue hoch.

„Josh… Na ja, er verbringt ziemlich viel Zeit mit ihr.“ Gibt sie zu und ich muss mir ein lächeln verkneifen.

„Sie arbeitet bei ihm.“ Sage ich so ernst es mir nur möglich ist.

„Ja aber…“ sie fährt sich durch die Haare.

„Jenna, wenn du es ihm nichts sagst, dann kannst du nichts erwarten.“ Ich gebe ihr einen kleinen Schubs in Richtung Josh.

„Jenna? Einen Sex on the Beach. “ Nate stellt sich an den Tresen.

„Ich bin nicht Jenna, aber das bekomme ich hin.“ Erwidere ich süffisant.

„Von dir hätte ich gerne was ganz anderes.“ Er berührt leicht meine Hand, als ich ihm seinen Cocktail reiche.

„Später.“ Verspreche ich ihm.

„Was ist denn jetzt los?“ höre ich plötzlich Ronan johlen und drehe mich um.

Lächelnd sehe ich wie Josh und Jenna sich stürmisch küssen und mit stürmisch meine ich stürmisch.

„Was ist denn los?“ Nate stellt sich neben mich.

„Jenna und Josh küssen sich und wenn du nicht blind wärst, dann würde ich dir jetzt sie Augen zu halten. Gott, das ist doch nicht mehr jugendfrei.“ Lache ich.

„Sucht euch ein Zimmer!“ spricht Aiden zum Glück meinen Gedanken aus und die Beiden fahren ertappt auseinander.

Josh sieht sich kurz um, packt Jennas Hand und zieht sie ins Haus.

„Kondome!“ ruft ihnen Aiden hinterher und ich schlage leicht nach ihm.

„Du bist ein Blödmann!“ schelle ich ihn.

„So, ich borge mir jetzt Nate aus… Nur zur Info, ich habe meinen besten Freund auch vier Wochen lang nicht gesehen.“ Er legt seinen Arm um Nates Schultern und ich finde mich Charlie gegenüber wieder.

„Geht es hier immer so ab?“ fragt sie lachend.

„Ich würde gerne sagen nein, aber ganz dicht sind wir alle nicht.“ Ich zucke mit den Schultern und reiche ihr einen Cocktail.

„Ich muss noch fahren.“ Winkt sie ab.

„Ach was, du kannst doch hier schlafen.“ Erwidere ich und sie sieht mich prüfend an.

Ich kenne diesen Blick…

„Komm Charlie, wir setzen uns.“ Biete ich ihr an und wir setzen uns auf den Rasen. „Was ist los? Ich kenne diesen Blick, du hast etwas auf dem Herzen, weißt aber nicht, ob du es sagen kannst.“ Rate ich und sie sieht mich erstaunt an.

„Kleine Info, ich bin noch nicht lange hier, knapp ein Jahr und ich habe eine ziemlich, sagen wir mal, durchwachsene Vergangenheit. Aber das zählt hier nicht, wir nehmen dich wie du bist, alles andere ist egal.“ Versichere ich ihr.

„Ich habe einen Sohn, Niall, er ist 9, er wird bald 10.“ Sagt sie leise.

„Und? Das ist doch nicht schlimm.“ Ich sehe sie aufmunternd an.

„Ich war so eine Teenager Mum, Partys und wilde Nächte. Erst die letzten 6, 7 Jahren habe ich mich in den Griff bekommen und jetzt steht Niall bei mir an erster Stelle. Ich wohne mit 27 noch bei meiner Mum und ich habe Angst, dass ich wieder in alte Muster zurück falle. Das könnte ich ihm nicht antun.“ Sie seufzt leise.

„Also Erstens haben wir mehr gemeinsam als du vielleicht ahnst und Zweitens, auch wenn es jetzt nicht so den Eindruck macht, aber wir sind alle anständige Menschen. Ronan hat seinen eigenen Buchladen, Nate ist Lehrer am Trinity College, Jenna studiert Medizin und ich Jura und Aiden ist Arzt am Central. Das einzige was du sein musst… ehrlich…. Charlie, mehr erwartet keiner von dir.“ Ich proste ihr zu.

„Danke Ana.“ Gibt sie gerührt zurück und ihre grünen Augen strahlen Erleichterung aus.

„Hat Aiden eigentlich eine Freundin?“ sie grinst und ich erwidere es.

„Nein, seine letzte Beziehung ist in die Brüche gegangen, weil sie nicht akzeptieren konnte, dass er manchmal echt wenig Zeit hat. Seine Freunde gehen ihm über alles und ich schließe mich da mit ein. Und surfen, gerade von Mai bis September ein zeitmäßig nicht zu unterschätzendes Hobby.“ Erkläre ich ihr „Aiden ist einer der gütigsten, liebenswertesten und loyalsten Menschen dem ich jemals begegnet bin. Spiel nicht mit ihm.“ Bitte ich sie.

„Oh Gott nein Ana, ich mochte ihn auf den ersten Blick, er hat wunderschöne hellblaue Augen.“ sie legt ihren Kopf auf ihre Knie „Aber ich hatte Angst, das ich dir oder Jenna ins Gehege komme, denn mir ist schon aufgefallen, das er sehr viel Zeit mit dir verbringt.“

„Jenna ist Aidens Schwester und ich glaube mich hat er einfach adoptiert. Ich habe meinen Bruder verloren und seitdem ich Aiden kenne, ist das Loch in meinem Herzen nicht mehr ganz so groß.“ Ich sehe lächelnd zu Aiden und Nate. „Er hat es verdient, ohne wenn und aber geliebt zu werden. Egal, ob er morgens von einer harten Nachtschicht kommt und gar nicht reden will, oder aber plappert wie ein Wasserfall… Worauf du dich im Übrigen auch bei Jenna einstellen musst.“

„Ich habe eher das Gefühl, sie mag mich nicht.“ Charlie zieht eine Flunsch.

„Sie hatte Angst, dass du ihr ins Gehege kommst… bei Josh.“ Führe ich aus und sie sieht lächelnd zum Haus.

„Wie lange kennen sich die Beiden?“ will sie wissen und ich überlege kurz.

„Grob geschätzt ihr ganzes Leben, aber Jenna ist was ihre Gefühlswelt angeht manchmal etwas, sagen wir mal, sprunghaft.“ Ich denke an die Zeit, in der sie noch dachte in Nate verliebt zu sein.

„Und du und Nate?“ sie schubst mich leicht an.

„Ich und Nate?“ ich setze mich sofort aufrechter hin und sehe sie an.

„Nichts ich und Nate.“ Winke ich ab.
„Schade, ihr würdet das perfekte Paar abgeben.“ Sie zuckt mit den Schultern.

Ich ringe mich zu einem lächeln durch…

Wir sind das perfekte Paar…

Im Geheimen, in unserer kleinen Seifenblase.

„Na Ladies, wollt ihr noch was zu trinken?“ Ronan sieht uns fragend an und ich halte ihm mein Glas hin.

„Gerne.“ Lächle ich, obwohl ich langsam merke, dass mir der Alkohol zu Kopf steigt.

„Charlie?“ er sieht zu ihr, doch sie winkt ab.

„Ich werde mich gleich auf den Heimweg machen.“ Erklärt sie ihm und er nickt Verständnisvoll.

„Wie kommst du nach Hause?“ er sieht mich grinsend an.

„Ich schlafe hier.“ Beschließe ich.

„Und wo genau?“ er sieht sich suchend um.

„Gib mir eine Decke, mehr brauche ich nicht.“ Winke ich ab.

„Du kannst bestimmt in Joshs Bus schlafen, denn ich…“ er deutet auf sich „… Ich habe das Gästezimmer für mich beansprucht.“

„Schon mal was von Ladys First gehört?“ lacht Charlie.

„Ja, aber ich habe die letzten drei Tage auf einer Matratze auf dem Boden geschlafen und das Gästebett heute eigenhändig zusammen gebaut.“ Erklärt er mit stolz geschwellter Brust.

„Es sei dir gegönnt!“ ich verneige mich lachend.

„Und wo bitte soll ich schlafen?“ Aiden kommt zu uns „Und mein blinder Freund?“

„Tja, im Bus können zwei bequem schlafen, bei drei wird’s ungemütlich.“ Denkt Ronan laut nach.

„Dein Auto?“ er deutet auf Aiden und dieser stöhnt.

„Ich dachte wirklich aus dem Alter bin ich raus.“ Gibt er zu.
„Eine Nacht.“ Neckt ihn Charlie und ich sehe wie er sie ansieht.

Ein lächeln huscht über mein Gesicht und ich spüre eine Hand an meiner Hüfte, als ich nach links sehe, sitzt Nate neben mir und mein lächeln wird noch breiter.

„Und wo schläfst du?“ Aiden setzt sich uns gegenüber, sieht Charlie an und Ronan kommt endlich mit unseren Getränken zurück.

„Ich fahre nach Hause.“ Sie zuckt entschuldigend mit den Schultern. „Ich habe jemanden der auf mich wartet.“

„Oh.“ Ich sehe die Enttäuschung in Aidens Gesicht und schubse Charlie sachte an.

„Nicht was du denkst…“ sie hebt lächelnd ihren Kopf und Aiden sein Blick ist immer noch auf sie fixiert „… Mein Sohn wartet auf mich.“ Stellt sie klar.

„Du bist eine Mum?“ Ronan lässt nun ebenfalls ins Gras plumpsen und ich lache leise.

„Ronan, deine Kommentare waren auch schon mal schlauer.“ Ich schüttele meinen Kopf.

„Wie alt ist er?“ will Aiden wissen und ich beobachte ihn ganz genau, er hat so viele kleine Anzeichen die mir verraten, was er von seinem Gegenüber hält und auch wenn er es nicht gerne hört, ich kann ihn lesen wie ein offenes Buch.

„Er wird bald 10.“ Charlie sieht auf ihre Hände, die eine kleine Colaflasche, fest umklammern.

„Wow.“ Aiden nimmt ihre Hand.

„Aiden ich…“ setzt Charlie an und Ronan und ich sehen die beiden an, als würden wir ein Tennismatch verfolgen.

„Charlie…“ beruhigt er sie und unsere Köpfe schnellen wieder in seine Richtung.

„Man Alter, sag ihr das du sie magst.“ Nate schüttelt seinen Kopf und ich halte ihm den Mund zu.

„Du magst mich?“ Charlie sieht Aiden grinsend an.

„Ja.“ Aiden nickt unsicher.

„Auch jetzt noch?“ fragt sie leise.

„Was sollte meine Meinung denn geändert haben?“ Aiden hebt erstaunt seinen Kopf.

„Na ja, eine Mum lacht sich niemand gerne an.“ gibt sie zu.

„Gut, dass ich kein Niemand bin.“ Er zwinkert ihr zu.

„So, euer geflirte ist ja ganz süß, aber ich muss ins Bett.“ Ronan steht auf und streckt sich.

„Ja, ich auch, der Tag war lang.“ Gibt Nate zu.

„Dann werde ich mal los.“ Charlie will aufstehen, aber Aiden ist schneller und reicht ihr seine Hand.

„Ich bring dich zum Auto.“ Bietet er ihr an.

„Wir werden mit dem Van vorlieb nehmen.“ Ich nicke Aiden zu und nehme Nates Hand.

Wir bauen den Bus um und krabbeln hinein. Es ist angenehm kühl und ich kuschele mich an ihn.

„Danke.“ Flüstert er.

„Ich danke dir.“ Erwidere ich „Ich liebe dich.“

„Ich dich mein Baby.“ Er küsst meine Stirn und dann merke ich auch schon, wie mir die Augen zu fallen.

„Guten Morgen!“ Jenna reißt die Seitentür auf und ich komme verschlafen von Nates Brust hoch.

„Gott Jenna…“ stöhnt Nate unter mir auf.

„Wie spät ist es?“ will ich wissen und lehne mich zurück.

„Kurz nach 12.“ Flötet sie „Ich übersehe jetzt einfach mal, das ihr euch in den Armen liegt, aber kommt ihr jetzt frühstücken?“ sie stemmt die Hände in die Hüften.

„Kannst du mir sagen, wie man sonst hier einigermaßen drin schlafen soll?“ fragt Nate kopfschüttelnd „Und was du gestern gemacht hast, darauf will ich gar nicht näher eingehen.“

Sofort wird Jenna rot „Ich auch nicht.“ Gibt sie zu.

„Das wird ein lustiges Frühstück.“ Sage ich lächelnd und krabbele aus dem Bus, ich reiche Nate eine Hand und helfe ihm beim aussteigen.

Wir sehen alle ziemlich müde aus, aber wir starren abwechselnd Josh und Jenna an.

„Was ist jetzt mit euch Beiden?“ fragt Aiden schließlich und ich verschlucke mich fast an meinem Kaffee.

„Kein Ahnung.“ Gibt Jenna zu und sieht zu Josh „Wir müssen uns erst einmal klar werden, was wir wollen.“

„Wow… da fangt ihr tatsächlich schon nach dem Sex mit an?“ feixt Ronan und ich unterdrücke ein lachen.

Dennoch sieht mich Jenna strafend an.

„Sorry.“ Bringe ich heraus und tue als müsse ich husten, was dazu führt, das alle am Tisch lachen.

Entschuldigend hebe ich meine Hände aber zu meinem Glück stimmen Jenna und Josh mit in unser Gelächter ein.

„Und wie sieht es heute aus? Endlich mal wieder surfen?“ Josh beginnt den Tisch abzuräumen.

„Klingt gut.“ stimmen wir ihm alle zu und machen uns, nachdem wir Joshs Haus wieder in einen annehmbaren Gesamtzustand versetzt haben auf den Weg.

Zu Fuß, das ist echt der Wahnsinn…

Ich paddele dieses Mal mit Aiden und Nate raus und decke die linke Seite, die von Nate, ab und beobachte die Beiden.

Das glückliche Lachen von Nate ist wirklich alles wert…

Am frühen Nachmittag trennen sich unserer Wege erst einmal, ich bin bei Dex und Grace eingeladen, Jenna und Aiden wollen zu ihren Eltern und auch Nate will zu seinen Eltern.

Zum Abschied nehme ich Nate fest in den Arm „Wir sehen uns.“ Verspreche ich ihm und er grinst anzüglich.

Als ich bei Dex und Grace ankomme steht Dex mal wieder hinterm Grill und ich winke ab, als er mir das erste Stück Fleisch auf den Teller legen will.

„Sorry, aber ich bin noch satt vom Frühstück und meinem Magen geht es nach gestern nicht ganz so gut.“ entschuldige ich mich und er nickt verständnisvoll.

„Also ist Nate wieder im Land?“ will er wissen und setzt sich zu mir und Grace.

„Ja und er ist froh, das alles überstanden ist.“ Ich lächle bei dem bloßen Gedanken an ihn und Grace zieht die Stirn kraus.

„Was?“ frage ich irritiert, doch sie winkt ab.

Um 23 Uhr verabschiede ich mich und lasse mich in Nates Wohnung. Ich nehme mir fest vor auf ihn zu warten, aber irgendwann schlafe ich auf der Couch ein.

„Hey Baby!“ werde ich liebevoll mit einem Kuss geweckt.

„Hey.“ Ich komme verschlafen hoch. „Sorry, ich wollte nicht einschlafen.“

„Ach was Baby, es ist schon morgens…“ er zieht mich in seine Arme „Meine Mum wollte mich nicht gehen lassen und beim nächsten Mal muss ich dich mitbringen, oder ich werde enterbt.“

„Deine Couch ist nicht gerade bequem.“ Stelle ich sachlich fest.

„Es tut mir so leid.“ Seine Hände gleiten über meinen Rücken und ich schließe genüsslich meine Augen.

Nur noch zwei Wochen Semesterferien… Ist es zu glauben, wie schnell die letzten 5 Wochen vergangen sind?

„Denkst du bitte daran, das wir Samstag in Sligo sind?“ erinnere ich Nate, als ich mit meinem Laptop auf dem Schoß und meinen Beinen über seine mit ihm auf der Couch sitze und er ebenfalls an seinem Laptop arbeitet. Ich höre immer im Hintergrund die kleine Computerstimme, die Nate sagt, was er gerade tut und lächle.

Nate wird sich niemals von irgendetwas oder irgendjemanden aufhalten lassen.

Ich beuge mich vor und ziehe seinen Kopfhörer ein Stück von seinem Ohr.

„Hey Du…“ sage ich leise und er sieht zu mir „Ich sagte, das du bei allem, was wir mit den anderen planen nicht vergessen darfst, das wir am Samstag in Sligo sind.“

„Aber sicher, ich freue mich schon drauf.“ Er lächelt mich an.

„Schade, dass wir jetzt doch nicht da schlafen können.“ Bedauere ich.

„Ja, aber das holen wir nach.“ Verspricht er mir, nimmt meine Hand und haucht einen Kuss darauf.

Manchmal ertappe ich mich, wie ich mir eine Zukunft mit ihm ausmale, aber mehr ehrlich, wie hoch stehen unsere Chancen, wenn nicht einer von uns alles verlieren will?

Niemals werde ich zulassen, dass er alles verliert, für was er so hart gekämpft hat, ehe lasse ich meine Zukunft sich in Luft auflösen, ist ja nicht so, dass das dann keiner hat kommen sehen. Für meine Eltern wäre es nur noch eine Bestätigung…

Ich mache mir nichts vor, ich bin nur dankbar und glücklich, dass ich diese Liebe erleben darf.

Am Abend fahre ich wieder ins Wohnheim, aber Nate und Aiden kommen vorbei und wir gucken uns einen Film an.

Nachdem die Jungs wieder gegangen sind klopfe ich neben mir und Jenna setzt sich seufzend.

„Also gut Jenna Collins, was ist bei dir und Josh los?“ ich sehe sie an und sie schließt die Augen.

„Ich habe Angst unsere Freundschaft zu zerstören, wenn ich meine Gefühle zu lasse.“ Gesteht sie mir.

„Aber bei Nate damals, da hattest du doch auch keine Angst.“ Ich lege meine Stirn in Falten.

„Das war irgendwie was anderes, ich kann es dir nicht genau erklären.“ Sie zuckt hilflos mit den Schultern.

„Wenn du ihn liebst, dann sag es ihm. Jeder Tag, den du wartest, ist ein verschwendeter Tag.“ Rate ich ihr und sie nickt leicht.

„Danke Ana…“ sie steht auf und nimmt mich in den Arm „Gute Nacht.“

„Gute Nacht Jenna.“ Ich sehe ihr hinterher und nehme mein Handy in die Hand.

Ich liebe Dich

Mehr brauche ich nicht zu schreiben, denn das sagt alles…

Am Samstagmorgen stehe ich in Herrgottsfrühe bei ihm vor dem Haus und er steigt lächelnd zu mir ins Auto.

„Bereits Fred Astaire?“ necke ich ihn.

„Wir werden ja noch sehen, wer sich besser anstellt.“ Er haucht mir einen Kuss auf die Lippen und ich steuere meinen Wagen sicher durch halb Irland, ehe wir um 10 Uhr vor der Tanzschule halten.

„Werde ich der einzige Blinde sein?“ fragt mich Nate und nimmt meine Hand in seine.

Wir betreten das Tanzstudio und ich sehe mich um, außer uns sind noch drei Paare da, ein Paar besteht aus zwei Blinden und bei den anderen Beiden ist jeweils ein Partner blind.

„Nein Nate, du bist in guter Gesellschaft.“ Ich ziehe ihn hinter mir her.

„Hallo.“ Grüße ich fast schüchtern. „Ich bin Ana und das ist mein Freund Nate.“ Stelle ich uns vor und die anderen stellen sich ebenfalls mit Namen vor.

Eine ältere Dame kommt herein und ich sehe sie an, sie nickt mir freundlich zu und ich erwidere es.

„Hallo, ich bin Mariella eure Tanzlehrerin für heute.“ Stellt sie sich vor. „Stellt euch doch bitte kurz vor und erklärt warum ihr hier seid.“ Bittet sie uns „Der junge Mann in dem grünen T-Shirt macht den Anfang.“ Sie deutet auf Nate und ich schubse ihn leicht.

„Danke Baby, aber ich weiß sehr wohl, dass ich ein grünes T-Shirt anhabe.“ Lacht er leise „Also gut, ich bin Nate und ich habe diesen Tanzkurs von meiner bezaubernden Freundin zum Geburtstag bekommen und ach, ja ich bin der blinde Part in unserer Beziehung.“ Erklärt er lächelnd und sieht zu mir.

Mariella fordert mit einer Geste nun mich zum sprechen auf.

„Ich bin Ana, Nates Freundin…“ ich drücke seine Hand und er grinst verschmitzt „Ich habe Nate den Kurs zum Geburtstag geschenkt, weil ich ihm etwas Besonderes ermöglichen wollte.“ Erkläre ich und merke, wie ich leicht rot werde.

Gott, ich will Anwältin werden und in Nates Nähe verschlägt es mir tatsächlich die Sprache…

Nicht gut.

Gar nicht gut.

Die anderen stellen sich auch vor, aber ich kann nur Nate ansehen und sonne mich darin, wie glücklich er ist.

„So, ich bin mir sicher, das kommt unerwartet, aber wir wollen Chancengleichheit für alle.“ Sie teilt schwarze Augenbinden aus. „Die dürft ihr alle gerne behalten.“ Fügt sie lachend hinzu. „Für meine nichtsehenden Teilnehmer, ich habe gerade an eure Partner Augenbinden verteilt, damit wir alle die gleichen Voraussetzungen haben.“ Fügt sie erklärend hinzu. „Setzt jetzt bitte die Augenbinden auf.“ Weist sie uns an und ich setze meine auf.

Wow, das ist mal dunkel…

Dann setzt Musik ein und Nate zieht mich in seine Arme. Das ist doch Nate, oder?

„Nate?“ hauche ich und er lacht leise.

„Du wirkst so unsicher Baby.“ Er legt seine Hand wie von Mariella angesagt an meine Hüfte und ich merke, dass ich Schwierigkeiten habe mich zu orientieren.

„Ich dachte eigentlich ich bin im Vorteil, ich habe jahrelang eine Tanzschule besucht.“ Gestehe ich ihm und er führt mich mit großen Schritten übers Parkett.

Moment mal’, so ganz unbeholfen wirkt das nicht…

„Du auch, du Verräter.“ Grinse ich.

Ich kann mich irgendwie nicht führen lassen, da ich ständig Angst habe das wir irgendwo gegen laufen oder einem anderen Paar in die Quere kommen.

„Versuch dich zu entspannen Ana, vertrau Nate.“ Sagt Mariella bestimmt schon zum 10. Mal zu mir und ich versuche es wirklich.

Nate lässt mich eine Drehung vollführen und ich halte mich an ihm fest, als ich wieder bei ihm bin.

Ich merke, dass jeder meiner Schritte von Angst begleitet ist und mein gesamter Körper auf Angriff steht. Diese Dunkelheit ist einschüchternd, erst ist es noch irgendwie angenehm, aber dann steigt die Panik in einem hoch und man kann nichts tun, deinem Körper fehlt ein Sinn und er versucht ihn irgendwie auszugleichen.

Obwohl die Musik sehr schön ist, dröhnt sie in meinen Ohren.

Meine Füße tasten sich aus Angst nur ganz vorsichtig übers Parkett und das obwohl ich weiß, dass außer den anderen Tanzpaaren hier nichts drin ist.

Wie kann er das nur Tag für Tag aushalten?

Wie kann er sich so sicher bewegen?

Nichts zu sehen macht MIR Angst…

Ich mache mich von Nate los, reiße meine Augenbinde runter und stürme weinend aus dem Saal.

In der Halle angekommen stütze ich meine Hände auf meine Knie und schluchze. Ich fühle mich am Ende meiner Kräfte, dabei war es für mich nur eine Stunde, aber Nate kann nicht einfach die Augenbinde runter nehmen, wenn ihm danach ist.

Er wird nie wieder etwas sehen, seine Welt ist schwarz…

So war das mit Sicherheit nicht geplant.

Ich versuche meinen Tränen Einhalt zu gebieten, aber ich kann sie nicht so schnell weg wischen, wie sie mir über die Wangen laufen, also gebe ich auf und schluchze erneut.

„Baby?“ ich höre Nate die Treppen runter kommen.

„Es tut mir so leid.“ Weine ich.

Er kommt bei mir an und will seinen Arm um mich legen.

„Bitte nicht Nate, ich fühle mich schrecklich genug.“ Bitte ich ihn, gehe zur Wand und lasse mich hinunter gleiten.

Er folgt mir und setzt sich neben mich.

„Was genau hat dich so aus der Fassung gebracht?“ fragt er einfühlsam und kann zulassen, dass er meine Hand in seine nimmt.

„Deine Welt ist schwarz, du musst ständig Angst haben und ich habe es bis eben nicht wirklich verstanden. Ich bin so egoistisch und unsensibel. Was verlange ich manchmal eigentlich alles von dir?“ ich entziehe ihm meine Hand und verberge mein Gesicht.

„Oh nein Ana…“ er zieht mich an seine Schulter „Jetzt erzähle ich dir mal was.“ Beginnt er und haucht mir einen Kuss auf die Schläfe „Weißt du, genau dieses Experiment hat Aiden auch mal gemacht. Er hatte vor, einen Tag die Welt blind zu erkunden, nach 2 Stunden ist er weinend zusammen gebrochen.“ Erklärt er mir und ich hebe meinen Kopf an.

„Aiden?“ frage ich leise.

„Ja Aiden. Es war ein Jahr nach dem Unfall, er fühlte sich danach noch schlechter und es hat lange gedauert, bis er sich verzeihen konnte und mich nicht mehr in Watte packen wollte. Ich bitte dich Ana, tue mir das nicht an.“ er legt seine Hand unter mein Kinn „Meine Welt ist nicht schwarz. Ich kann mich noch von früher an Farben erinnern und zu jeder Person gehört bei mir eine Farbe, sie bewegt sich im Stimmrhythmus und je nachdem ob ich den Menschen mag oder nicht ist es wunderschön. Immer wenn du auch nur ein Wort zu mir sagst, dann sehe ich das Blau des Meeres und die Wellen sind im Einklang mit dem Klang deiner Stimme. Es ist so wunderschön, weil ich weiß, dass du wunderschön bist. Und nein Ana, ich bin nicht ängstlich. Ich bin mein halbes Leben blind, ich weiß was ich kann und glaube mir, ich sage es dir, wenn es mir zu viel wird. Es war schön mit dir zu tanzen und dich im Arm zu halten, ich danke dir für diesen Ausflug. Und meine Sinne sind vielleicht etwas schärfer aber genau deswegen liebe ich den Geruch deines Shampoos, ich könnte stundenlang an deinen Haaren und an dir riechen und ja, meine Hände sind vielleicht in einigen Situationen sensibler, aber glaub mir, das hat auch Vorteile.“ Er streicht mir mit seinem Daumen über das Kinn. „Wenn du weinst, dann zieht ein Gewitter über dem Meer auf.“ Sagt er leise, beugt sich zu mir und küsst mich.

„Ich hatte solche Angst und ich fühle mich schlecht, weil ich die Augenbinde einfach abnehmen kann.“ Ich streiche ihm über die Wange.

Er lächelt leicht „Auch wenn ich es mir aussuche könnte, ich möchte nicht mehr sehen können, denn alles was Wichtig ist geschieht hier drin.“ Er legt meine Hand auf sein Herz „Du hattest Angst und das ist nur verständlich, ich würde auch Angst haben, wenn mir plötzlich jemand die Ohren zu hält. Baby, das ist natürlich.“

„Ich liebe dich so sehr und ich bewundere dich.“ Ich beuge mich zu ihm und küsse ihn.

„Du schmeckst nach Tränen.“ Sagt er leise „Und Ana, du weißt, wie sehr ich dich liebe und das ich mir ein Leben ohne dich nicht vorstellen will und kann und wer weiß, ob ich dich rum bekommen hätte, wenn ich nicht blind wäre.“ Er zieht eine Augenbraue hoch.

Ich lache leise unter Tränen.
„Du bist perfekt, genauso wie du bist.“ Versichere ich ihm.

„Gut und jetzt komm, ich möchte noch einen Tanz mit dir tanzen und wenn du die Augenbinde nicht aufsetzen willst, dann ist das Okay.“ Er steht auf und reicht mir seine Hand. Ich lege meinen Arm um seine Hüfte und wir betreten wieder den Saal.

„Das erste Mal dieses Experiment?“ der Mann einer blinden Teilnehmerin sieht mich an und ich nicke.

„Mir ging es genau so.“ gibt er zu und seine Frau streicht ihm sanft über den Arm. „Wir wollen die Menschen die wir lieben so gerne beschützen und zu erkennen, was sie jeden Tag durchmachen, das schmerzt.“ Gibt er zu „Aber es zeigt uns auch, wie stark die Menschen, die wir lieben, sind.“ Er küsst seine Frau und die anderen applaudieren.

„Entschuldigung.“ Ich sehe zu Mariella und sie winkt ab.

„Ich habe diesen Kurs aus einem bestimmten Grund im Angebot, meine Tochter Quinn kam blind zur Welt und ich weiß, was man als Partner oder Elternteil alles versucht um es zu begreifen. Ihr sollt lernen und spüren wie viel Vertrauen eure Partner jeden Tag in euch haben und versuchen ihnen ein paar Stunden auf die gleich Art und Weise zu vertrauen.“ Sie lächelt.

Ich nehme meine Augenbinde in die Hand, setze sie auf und atme tief durch.

Ich lege meine Arme in Position und plötzlich kann ich mich von Nate führen lassen. Wir schweben und obwohl die Angst immer weiter von mir Besitz ergreift, reiße ich mich zusammen und konzentriere mich auf Nates Stimme, auf seine Haltung und auf seine Hände, die mit leichtem Druck anzeigen, was er vor hat…

Nach zwei Stunden habe ich das Gefühl einen Marathon gelaufen zu sein und Nate küsst mich liebevoll.

Hmm, das erste Mal gefällt es mir eine Augebinde aufzuhaben und Nate lächelt an meinem Mund.

„Ist gut oder?“ fragt er leise und ich kann nur nicken.

„Ich bedanke mich bei euch allen.“ Mariella winkt in die Runde wir applaudieren ihr. „Vielleicht sehen wir uns ja mal wieder.“

Als ich auf die Straße trete bin ich einen Moment von der Sonne geblendet und kneife sie zusammen.

„Alles gut?“ fragt Nate besorgt.

„Ja, alles gut.“ versichere ich ihm, drehe mich zu ihm um und ziehe ihn in meine Arme, was gleichbedeutend damit ist, dass ich mein Gesicht an seinem Hals vergrabe.

„Ich danke dir.“ flüstere ich.

„Ich danke dir.“ Erwidert er gerührt, schiebt mich ein Stück weg und seine Hände befühlen meine Wangen.

„Was machst du?“ ich lache leise.

„Ich will sicher sein, das du nicht weinst, denn ich meinte eigentlich, ich kann dich lesen wie ein Buch, aber dein Ausbruch vorhin hat mich eiskalt erwischt.“ Gibt er zu.

„Ich weine nicht.“ Sage ich und küsse seine Handinnenflächen.

„Das ist gut, ich will nicht, dass du wegen mir weinst.“ Er nimmt mein Gesicht in seine Hände „Niemals.“ Er küsst mich zärtlich „Weil ich dich liebe, bedingungslos.“

„Hey, das ist mein bedingungslos.“ Kichere ich.

„Wenn du kicherst, dann springen Delfine im Meer.“ Er lächelt und kleine Fältchen bilden sich um seine Augen.

„Wenn du eine Farbe für mich wärst, dann wärst du Grün, ein sattes grün, wie ich es hier in Irland zum allerersten Mal gesehen habe. Die langen Gräser die im Wind wehen, das wärst du.“ Ich sehe ihm in die Augen und manchmal kann ich nicht glauben, dass diese niemals etwas sehen werden.

„Ich merke, wenn du mich ansiehst.“ Ein lächeln huscht über sein Gesicht.

„Ich mag es dich anzusehen.“ Gestehe ich ihm.

„Wir müssen uns auf den Rückweg machen und egal was Jenna heute Abend mit dir vor hat, du kommst mit zu mir und wir sehen die anderen morgen am Strand. Ich schreib Aiden, er soll sich für Jenna was einfallen lassen, ist ja schließlich seine Schwester.“ Er greift, kaum das wir im Auto sitzen, nach seinem Handy.

Seine Hand ruht auf meinem Oberschenkel und alles was ich denken kann ist, wann ich endlich alles von ihm haben kann. Nicht gerade sehr förderlich für meine Konzentration und als das dritte Auto mich anhupt nimmt er lachend seine Hand von meinem Bein.

„Ich glaube, für deine und meine Gesundheit ist es besser, wenn ich meine Hände bei mir behalte.“ Er lehnt sich zurück und ich schlage leicht nach ihm.

„Hat Aiden geschrieben?“ will ich kurz vor Dublin wissen und er holt sein Handy raus.

- Danke Nate! Ich werde einen wunderbaren Abend mit einer Frau in die ich mich gerade Hals über Kopf verliebe und mit meiner Schwester verbringen. Du schuldest mir was. -

Liest das Handy vor und ich kann ein kichern nicht unterdrücken.

„Dir ist schon klar, dass Aiden seinen Gefallen bei mir einlösen wird, oder?“ erwidert er ernst und ich nehme seine Hand.

„Ich werde dich unterstützen, bei was auch immer.“ Verspreche ich ihm.

Ich habe seine Wohnungstür noch gar nicht ganz aufgeschlossen, als er sich von hinten an mich schmiegt.

„Jetzt beweise ich dir, das blind sein auch wunderbar sein kann.“ Haucht er mir ins Ohr, greift in meine Jackentasche und holt die Augenbinde heraus.

Er presst mich an die Wand und legt sie mir an.

„Lass dich fallen.“ Flüstert er und nimmt mich auf den Arm um mich zu küssen.

Er lässt mich langsam auf Bett gleiten und befreit mich Stück für Stück von meiner Kleidung. Es irritiert mich, das ich nicht die geringste Ahnung habe, wie viel er noch am Leib trägt. Als seine Lippen sanft meine Nippel umkreisen, da beiße ich mir auf die Unterlippe und kann ein Stöhnen nicht unterdrücken.

Seine Hände gleiten über meinen Körper, lösen Empfindungen aus, die ich noch nie zuvor gespürt habe und ja, ich lasse mich fallen…

Er hebt mich an und positioniert mich über seiner Körpermitte und senkt mich langsam auf seinen Penis. Ihn sonst zu sehen und zu wissen was auf mich zu kommt ist etwas völlig anderes und ich beiße ihm vor Erregung in die Schulter.

Dadurch, dass mich undurchdringliche Dunkelheit umgibt reagiert mein Körper um ein vielfaches intensiver und ich komme schon nach kurzer Zeit. Er hält mich fest in seinen Armen, dreht mich auf die Seite und dringt erneut in mich ein, er will es dieses Mal nicht bei einem Orgasmus belassen und das wird mir spätestens nach dem dritten bewusst.

Ich kann nicht mehr, jeder Muskel in meinem Körper ist angespannt meine Sinne sind so überreizt, das jetzt fast jede Berührung von ihm schmerzt.

„Bitte Nate.“ Flehe ich ihn an und endlich werden seine Stöße kräftiger und schneller.

Meine Hände liegen auf seinem Rücken und krallen sich hinein, als er kommt und ich lasse mich in die Kissen fallen.

Mein Puls kann sich kaum beruhigen, von meiner Atmung ganz zu schweigen und vorsichtig zieht er mir die Augenbinde runter.

„Es hat nicht nur schlechte Seiten.“ Flüstert er mir abgehackt ins Ohr und ich lache leise.

„Oh nein, das war atemberaubend.“ Gebe ich zu.

„Ich denke die Augenbinde sollte einen Ehrenplatz in meinem Schlafzimmer bekommen.“ Neckt er mich und breitet ein Laken über uns aus.

„Ich habe wirklich gedacht, ich werde gleich ohnmächtig.“ Ich schüttele lächelnd meinen Kopf.

„Und jetzt stell’ dir vor, mir geht es jedes verdammte Mal so.“ er zieht mich auf seine Brust und ich lausche seinem Herzen, welches immer noch Mühe hat ein angemessenes Tempo zu erlangen.

„Bedingungslos.“ Hauche ich, ehe mich die Müdigkeit übermannt.

„Hey Baby, aufstehen.“ Haucht mir jemand ins Ohr und ich drehe mich murrend auf die andere Seite.

Eine Hand legt sich auf meine Hüfte und zieht kleine Kreise, was mich dazu veranlasst zu kichern und widerwillig hoch zu kommen.

„Wie spät?“ nuschele ich.

Er tastet an seiner Armbanduhr „Kurz nach 9, in einer Stunde treffen wir uns mit den anderen am Strand.“ Er küsst mich auf die Stirn.

„Okay, ich gehe schnell duschen…“ ich strecke mich gähnend und fahre ihm durch seine nassen Haare „Du warst ja schon.“ Füge ich enttäuscht hinzu.

„Ja, weil ich vorhabe das Haus heute wirklich noch zu verlassen.“ Ruft er mir hinterher.

„Ich brauche ein T-Shirt von dir, am Besten eins, was keiner kennt.“ Ich komme nur in ein Handtuch gewickelt aus dem Bad und er reicht mir ein dunkelblaues Trinity Shirt.

„So kommen wenigstens keine Fragen auf.“ Erklärt er mir und küsst meine Nasenspitze.

Ich ziehe mir meinen Bikini und meine Jeansshorts an und probiere das T-Shirt von Nate über, natürlich ist es viel zu groß, aber ich binde mir einen Knoten, das wird schon gehen.

Als wir eine knappe Stunde später am Strand ankommen werden wir überschwänglich von allen Seiten begrüßt.

Ich entdecke einen Jungen, der sich möglichst unauffällig hinter Charlie zu verstecken versucht.

„Und du musst Niall sein, oder?“ ich reiche ihm grinsend meine Hand.

„Ja. Und du bist?“ neugierig mustern seine grünen Augen mich und Nate.

„Ich bin Ana und das ist Nate, wir sind Freunde von deiner Mum.“ Erkläre ich ihm.

„Okay, man das sind viele Namen die ich mir merken muss.“ Er sieht sich in der Runde um.

„Das bekommen wir hin und ich verspreche dir, ich helfe dir.“ Ich zwinkere ihm zu.

Dann setze ich mich erst einmal in den Sand und ziehe mich aus, es ist wirklich warm. Der Sommer war bisher phänomenal und ein Ende ist noch nicht in Sicht, es ist traumhaft!

Die Jungs wollen natürlich erst einmal aufs Wasser und auch Jenna will gleich mit raus, während Charlie, Niall und ich warten.

„Wow Mum, das sieht klasse aus.“ Niall deutet auf Aiden, der gerade seine erste Welle nimmt und diese bis zum Ende ausnutzt.

„Sag mal Niall, kannst du schwimmen?“ ich sehe ihn an, sehe die strahlenden Augen mit denen er Aiden beobachtet und kann fast mich selbst sehen, als ich in dem Alter war und John auf seinem Board beobachtet habe.

„Ja, ich habe sogar schon das Gold Abzeichen.“ Erklärt er mir stolz.

„Und kannst du auch surfen?“ frage ich ihn und er sieht mich mit großen Augen kopfschüttelnd an.

„Und du?“ ich sehe zu Charlie und auch sie schüttelt den Kopf.

„Was haltet ihr davon es zu lernen?“ ich ziehe eine Augenbraue hoch und Niall nickt begeistert.

„Darf ich Mum? Bitte!“ bettelt er und Charlie sieht mich prüfend an.

„Ich verspreche dir, dass ich auf ihn aufpasse. Ich habe surfen gelernt, da war ich gerade mal 5 und wie du siehst, bin ich noch an einem Stück. Ich bin mir sicher Aiden wird dir liebend gern ein paar Tricks beibringen.“ Lächele ich und ihr Gesicht entspannt sich.

„Okay, aber du hörst was Ana sagt.“ Sie reicht Niall ihre Hand.

„Immer Mum! Danke!“ jubelt er und umarmt sie stürmisch.

Als die Jungs wieder kommen stehe ich auf und gehe auf Aiden zu.

„Bleibst du noch etwas draußen?“ ich grinse breit.

„Wieso sollte ich?“ er fährt sich durch seine nassen Haare.

„Weil ich Charlie gesagt habe, du bringst ihr das surfen bei und ich kümmere mich um Niall.“ Lache ich.

„Klingt gut…“ er legt seinen Arm um meine Schulter „Danke Ana.“ Flüstert er.

„Also, wer will seine erste Surfstunde?“ ich sehe in die Runde und Niall springt auf.

„Ich!“ er reckt seinen Arm in die Höhe und ich kann über so viel kindlichen Eifer nur lachen.

„Kann ich mir dein Board ausleihen?“ ich sehe zu Jenna, aber da diese gerade in ein Gespräch mit Josh vertieft ist, hört sie mich nicht.

„Jenna?“ ich stelle mich zwischen die Beiden und sie sieht mich überrascht an.

„Was?“ fragt sie und legt ihren Kopf schief.

„Ich borge mir dein Board, das ist noch ein Stück kürzer wie meins und genau richtig für Niall.“ Erkläre ich ihr und sie nickt.

Ich nehme mir das Board und beobachte wie Aiden und Charlie sich langsam aber sicher näher kommen, als Aiden ihr das Band anlegt und mit ihr ins brusthohe Wasser watet.

„Also dann Niall, Regel Nummer eins…“ ich nehme ihn an die Hand und wir gehen auch zum Wasser „… Du befestigst immer zu allererst das Band an deinem Knöchel, ehe du auch nur einen Fuß ins Wasser setzt. Okay?“ ich sehe ihn an und reiche ihm das Band.

„Okay. Warum?“ er befestigt das Band und sieht mich gespannt an.

„Weil es sein kann, das du runter fällst und dann ist es wichtig, das dein Board nicht weg ist, wenn du wieder hoch kommst.“ Erkläre ich ihm und wir gehen ins für mich hüfthohe Wasser. Ich drehe mich um und sehe Nate und Ronan grinsend im knöchelhohen Wasser stehen.

Ich winke Ronan zu und widme mich dann wieder Niall.

„Also gut, denke nicht, das es beim ersten Mal klappt, ja?“ warne ich ihn „Du musst geduldig sein und darfst nicht aufgeben.“ Ich hebe ihn hoch und setze ihn aufs Board.

„Wir über jetzt ein paar Mal das aufstehen.“ Ich reiche ihm meine Hand und er versucht auf dem Board zu stehen. Natürlich klappt es nicht, aber Niall ist kein Junge der einfach aufgibt und nur eine Stunde später steht er das erste Mal auf einer kleinen Welle.

„Wow, das war großartig.“ Lobe ich ihn und helfe ihm wieder hoch.

„Das ist ja wie fliegen.“ Jubelt er.

„Ja, aber jetzt machen wir eine kleine Pause Okay?“ ich nicke ihm zu und wir gehen an den Strand zurück.

„Man, du hast ja wirklich eine Engelsgeduld.“ Lobt mich Ronan, als ich Niall zu seiner Mum schicke und vor ihm und Nate anhalte.

„Ich habe mich immer nur daran erinnert, was John damals zu mir gesagt hat und ich glaube, ich stand nicht so schnell das erste Mal auf dem Board.“ Gebe ich zu.

„Der Kleine ist gut.“ lobt ihn auch Nate und ich lache.

„Ja, du hast dir bestimmt alles ganz genau angesehen.“ Feixe ich.

„Ha, ha danke Ana.“ Er verdreht die Augen.

Die letzte Woche vergeht so wahnsinnig schnell und ich weiß, in der nächsten Woche erwartet mich und Jenna wieder der ganz normale Studienwahnsinn.

Schade, von mir aus könnten die Semesterferien ruhig noch länger sein.

Für Nate beginnt das Semester schon am Donnerstag, da er Vorbereitungen für seine Vorlesungen treffen muss.

Freitagabend bin ich mal wieder bei Dex und Grace und lasse mich kulinarisch verwöhnen.

„Wo lässt du das alles?“ Grace knufft mich in die Seite und ich sehe sie empört an.

„Was?“ lache ich Sekunden später.

„Du isst wie eine siebenköpfige Raupe und hast kein Gramm Fett an deinem Körper.“ Sie schüttelt ihren Kopf und betrachtet mich in meinem Bikini.

„Surfen.“ Ich zucke mit den Schultern und drehe mein Gesicht wieder der Sonne zu.

„Hast du schon deinen Lehrplan im Internet abgerufen?“ fragt mich Dex plötzlich und reicht mir ein Bier.

„Nein, wollte ich morgen machen.“ Gebe ich zu. „Ich will meine Ferien bis zum letzten Tag genießen.“

„Du weißt aber schon, das du europäisches Recht bei Nate hast, oder?“ er sieht zu mir und ich sehe ihn verwirrt an.

„Nein, ich bin bei Winston eingetragen.“ Erkläre ich ihm.

„Winston ist im Ruhestand, es wurde erst heute Vormittag auf der Versammlung bekannt gegeben und Nate übernimmt alle seine Vorlesungen.“ Er zuckt mit den Schultern.

Das ist eine Katastrophe…

Ich kann keinen Kurs bei Nate belegen.

Meine Atmung beschleunigt sich und ich stelle mein Bier ab.

„Ich muss los, danke für Essen!“ ich drücke einem perplexen Dex und einer nicht minder verwirrten Grace einen Kuss auf die Wange und fahre, so schnell es der Verkehr zulässt, zu Nates Appartement.

Zum Glück ist er da und hebt verwirrt seinen Kopf, als ich außer Atem die Tür aufschließe.

„Was ist denn los Baby?“ er steht auf und kommt zu mir.

„Du bist mein Lehrer in europäischem Recht.“ Sage ich und er schließt seine Augen.

„Ja, ich weiß es auch erst seit ein paar Stunden.“ Er will mich in den Arm nehmen, doch ich mache mich los.

„Das geht nicht Nate.“ Ich beginne auf und ab zu tigern. „Wen irgendjemand Wind von uns bekommt, dann kann ich mich umbringen…“ ich fahre mir durch die Haare.

„Baby, ich bin durchaus professionell genug um berufliches und privates zu trennen, ich werde dich nicht anders behandeln wie alle meine übrigen Studenten und es ist dein letztes Semester, im Januar legst du dein erstes Staatsexamen ab.“ Er zieht mich in seine Arme.

„Ich kann mich bestimmt nicht konzentrieren.“ Gebe ich zu und er lacht leise.

„Wir schaffen das schon…“ sagt er sicher „Es sind nur 4 ½ Monate.“ Macht er mir Mut.

„Ich werde mich nach ganz hinten setzen.“ Erkläre ich ihm.

„Gut, umso weiter weg von mir, umso besser.“ Stimmt er mir zu.

„Ich werde wenig bis keine Fragen stellen.“ Fahre ich fort.

„Gut, aber deine Arbeiten müssen dann gut sein.“ Räumt er ein.

„Kannst du mir dabei eigentlich noch helfen?“ frage ich leise.

„Wir handhaben es so wie du und Dex, du schreibst die Arbeiten selbst und ich lese Korrektur.“ Er legt seine Hand unter mein Kinn. „Und jetzt genug von der Uni, ich habe die letzten 5 Stunden Lehrpläne geschrieben und brauche etwas Abwechslung.“ Er küsst mich innig.

Das neue Semester startet mehr als stressig, denn jeder einzelne Lehrer will uns auf das Staatsexamen vorbereiten und schüttet uns mit Arbeit zu.

Ich sehen mir den Sommer zurück, aber die Temperaturen zeigen mir deutlich, dass es das für dieses Jahr war.

„Was machst du zu deinem Geburtstag am Donnerstag?“ Jenna liegt neben mir im Bett und wir starren an die Decke. Ich kann einfach kein Buch mehr sehen und das schon nach nicht einmal zwei Wochen im neuen Semester…

„Ich bin bei Grace und Dex zum essen. Ich dachte, ich lade euch am Samstag alle ins Poppys ein.“ Ich drehe mich auf die Seite und sehe sie an.

„Klingt super.“ Sagt sie schließlich.

Ich freue mich auf Donnerstag, der erste Abend seit fast zwei Wochen den Nate und ich für uns haben…

„Und wie weit bist du mit Josh?“ frage ich leise, in den letzten Wochen weicht sie jedes Mal aus und ich hoffe darauf, dass sie jetzt nicht aufspringt und geht.

Sie schließt ihre Augen und atmet tief durch.

„Keine Ahnung, er sagt nichts.“ Gibt sie schließlich zu.

„Und was willst du?“ hake ich nach.

Jenna ist manchmal nicht wirklich einfach zu durchschauen…

„Ich liebe ihn.“ Sagt sie einfach so und ich sehe sie erstaunt an.

„Wow, das ist mal eine Ansage.“ Gebe ich zu.

„Es ist so, je mehr ich mir den Kopf darüber zerbreche, desto klarer wird es mir.“ Sie atmet tief ein und aus. „Jetzt liegt es an ihm.“

„Da hast du wohl Recht.“ Muss ich ihr wohl oder übel zustimmen.

„Und wie sieht es bei dir an der Männerfront aus?“ jetzt dreht sie sich zu mir und wir sehen uns beide an.

„Im Moment gibt es Wichtigeres. In etwas über 2 Monaten ist meine Verhandlung, ich werde Mitte Oktober mit dem Anwalt meines Vaters telefonieren. Dex und ich wollen hören, was er bisher ausgearbeitet hat. Erst danach kann ich weiter sehen.“ Ich schließe meine Augen, sofort taucht Nate vor meinem inneren Auge auf.

Ich hasse es Jenna anzulügen, aber je weniger Leute von mir und Nate wissen, desto sicherer ist es.

„Sie werden dich nicht verurteilen.“ Sagt Jenna sicher.

„Deinen Optimismus möchte ich haben.“ Gebe ich zu.

Jenna schläft diese Nacht bei mir und am nächsten Morgen verschlafen wir tatsächlich das erste Mal.

Noch mit nassen Haaren stürme ich als letzte in Dex seine Vorlesung und er schüttelt grinsend seinen Kopf.

Dann ist endlich Donnerstag, nachdem mich Jenna mit einem Geburtstagskuchen zum Frühstück überrascht hat und ich mich das erste Mal seit langem freue Geburtstag zu haben, startet der Tag wirklich gut und da ich weiß, dass Aiden Jenna beschäftigt kann ich nach der Uni zu Nate fahren.

Dieser empfängt mich schon lächelnd an der Tür.

„Augen zu.“ Sagt er lächelnd und ich tue ihm den Gefallen, nicht das er es kontrollieren könnte, aber ich will mir ja nicht meine eigene Überraschung verderben.

Er platziert mich auf der Couch und ich warte was jetzt kommt.

„Augen auf.“ Sagt er leise und ich öffne meine Augen „Happy Birthday Baby!“ grinst er und ich schlage meine Hände vor den Mund.

„Du bist wahnsinnig.“ Ich sehe mich um, alles steht voll mit weißen und gelben Rosen, meinen Lieblingsblumen, auf dem Tisch steht ein Schokoladenkuchen, Erdbeeren, Sekt und Sektgläser. Noch nie hat sich jemand so viel Mühe für mich gemacht…

„Es ist so wunderschön.“ Meine Stimme droht zu brechen, so gerührt bin ich.

„Hey Baby…“ er zieht mich hoch und küsst mich innig „Das Beste hast du doch noch gar nicht gesehen.“

„Noch besser?“ fragte ich lächelnd.

„Hmm, vielleicht.“ Grinst er und zieht sich sein T-Shirt über den Kopf, auf seiner linken Brust kommt ein Tattoo zum Vorschein und ich halte meine Luft an.

„Du bist irre.“ Ich streiche sanft mit meinen Fingerspitzen über das Tattoo.

 

 

 

 

Dann entdecke ich in dem Herz meinen Namen.

„Was wenn die anderen dich fragen?“ wispere ich.

„Baby, dieses Versteckspiel hat bald ein Ende und dann soll es die ganze Welt wissen. Ich Nathaniel O’Brian liebe Anastasia Coleman.“ Er zieht mich erneut in seine Arme.

„Woher willst du eigentlich wissen, wie es aussieht?“ lache ich leise.

„Aiden war mit und hat es ausgesucht und genau beobachtet wie es gestochen wurde.“ Er legt seine Hand auf meine, die immer noch auf dem Tattoo liegt.

„Ich kann es nicht fassen. Wann hast du das gemacht und meinen Namen? Bist du wahnsinnig?“ ich kann nicht begreifen.

Es ist so eine rührende Geste… er muss mich wirklich lieben.

„Letzten Samstag und ja, vielleicht bin ich ein wenig wahnsinnig, aber Baby, ich weiß, ich werde den Rest meines Lebens mit dir verbringen.“ Er zuckt leicht mit den Schultern „So einfach ist das.“

„Ich liebe Dich so sehr!“ ich nehme sein Gesicht in meine Hände, küsse ihn und dirigiere ihn ins Schlafzimmer.

Am frühen Abend lassen wir uns den Kuchen und die Erdbeeren schmecken und wieder einmal wünsche ich mir, die Zeit anhalten zu können. Ich will mich jede einzelne Minute meines Lebens so fühlen wie jetzt.

Geliebt.

Glücklich.

Geborgen.

Sicher.

Verstanden.

Doch leider hat uns am nächsten Tag die Uni wieder und mir bleibt nur, ihn von weitem anzuhimmeln und im Geheimen zu wissen, das er mir gehört…

Dex hat heute mal frei und ich fahre nach der Uni zu ihm und Grace, wo mich ein weiterer Kuchen und kleine Geschenke erwarten. Ich bekomme eine wunderschöne Kette mit passenden Ohrringen und Dex lädt mich und Grace in ein feines Restaurant ein.

Das meine Mum nicht einmal anruft, will ich nicht erwähnen, ich meine, von meinem Dad habe ich nichts anderes erwartet, aber sie?

Ich gebe zu, ich bin enttäuscht.

Am Samstag feiern meine Freunde mich dann und Poppy hat ebenfalls einen Kuchen für mich gebacken. Wie gut, das ich nur einmal im Jahr Geburtstag habe, sonst würde ich in Null Komma Nichts zunehmen…

Ich bekomme natürlich allerhand Surfausrüstung und sogar ein neues Board, über das ich mich wirklich freue, weil mein Name drauf steht und es mit türkisenen Hawaiiblumen verziert ist. Es ist wunderbar…

„Da ich jetzt ja so ein super Board habe…“ ich sehe zu Charlie „Da möchte ich mein Board gerne Niall schenken, wenn ich darf.“

„Aber sicher, wow Ana…“ sie strahlt mich an „Er wird ausflippen und dich definitiv zu seiner Superheldin erklären, nicht, das du das nicht sowieso schon bist. Immer wieder höre ich Ana hier… Ana da…“ sie verdreht die Augen.

„Kann man es deinem Sohn übel nehmen?“ lacht Aiden.

„Nein, ich wisst gar nicht wie dankbar ich euch bin, das ich mich und Niall bei euch aufgenommen habt.“ Sie prostet in die Runde.

„Gern geschehen.“ Kommt es nun von allen Seiten und Charlie lächelt gerührt.

Nate drückt mir einen Umschlag in die Hand, als die anderen gerade Nachschub an Getränken holen und Jenna auf Toilette ist.

Ich nehme die Karte heraus.

 

Nächstes Wochenende… Ich hole dich Samstag um 10 Uhr ab (Spaß, du holst mich ab) Meine Mum und mein Dad erwarten uns zum Mittagessen und verlangen, das wir eine Nacht da schlafen.

Sie freuen sich sehr, die Frau meines Lebens kennen zu lernen.

Ich liebe Dich

N.

 

„Was?“ frage ich geschockt und er lächelt.

„Sie werden dich lieben.“ Verspricht er mir und ich lasse die Karte in meiner Tasche verschwinden.

Die anderen kommen zurück und ich glaube, wir kommen erst zurück ins Wohnheim als es schon wieder hell wird und das heißt Mitte September ja schon einiges…

Der Kater kommt an nächsten Morgen und nistet sich bei mir und Jenna den ganzen Sonntag ein.

Neue Woche, neue Herausforderungen, neue Hausarbeiten und noch mehr Stress…

Am Dienstag schreibe ich mit Dex meine Arbeit für Auslandsrecht und er ist erstaunt, wie gut ich alleine klar komme. Ich kann ihm natürlich nicht sagen, dass ich nebenbei auch noch viel mit Nate lerne.

Er vertraut mir…

Gott, welch ein Fehler…

Am Freitag bin ich nervös und Jenna will mich am Liebsten einweisen lassen, weil sie natürlich nicht weiß, warum ich so nervös bin.

Das es dazu noch eine Steigerung gibt, die ich dann am nächsten Morgen erreiche lässt sie fast verzweifeln.

„Geht das so?“ ich habe das fünfte oder sechste Kleid an und nach etlichen Versuchen sitzt auch meine Hochsteckfrisur endlich. Flehentlich sehe ich Jenna an.

„Was hast du nur vor? Gott, du machst mich wahnsinnig.“ Sie schüttelt den Kopf, steht dann aber auf und kommt auf mich zu. „Du ziehst das blaue Strickkleid an, zieht dir eine schwarze blickdichte Strumpfhose dazu an, deine schwarzen Pumps und deine schwarze, kurze Jacke.“ Sie sieht mich durchdringend an „Und dann fährst du endlich. Wohin auch immer… Dex und Grace wollen dich irgendwo mit hinnehmen, du lernst schon nicht den Papst kennen.“ Sie scheucht mich wieder in mein Zimmer und ich ziehe die Sachen an, die sie vorgeschlagen hat.

Ich nehme meine kleine Reisetasche, schicke ihr einen Handkuss in ihr Zimmer und fahre dann endlich los.

Ich komme 10 Minuten zu spät bei Nate an und er steigt lachend ins Auto.

Ich beuge mich zu ihm und küsse ihn ganz schnell. Mehr müssen wir auf später verschieben, wie immer…

„Du wirkst so angespannt.“ Sagt er in die Stille hinein, nachdem er mir die Adresse gesagt hat und ich mein Navi eingestellt habe.

„Ich bin angespannt.“ Presse ich hervor.

„Meine Mum und mein Dad werden dich nicht fressen.“ Lacht er „Sie werden dich lieben, ich verspreche es dir.“

„Was wenn sie mich nicht mögen?“ ich kralle mich am Lenkrad fest.

„Du machst mich glücklich, mehr interessiert sie nicht.“ Er legt seine Hand an meinen Unterarm und ich lasse das Lenkrad los.

„Wissen sie, dass ich deine Studentin bin? Und was für Ärger du dir wegen mir einhandeln kannst?“ frage ich leicht zweifelnd.

„Ja.“ Sagt er nur.

„Du hast es ihnen erzählt?“ jetzt bin ich wirklich überrascht.

„Ja, sie fanden es anfangs natürlich nicht gut und haben Angst, um mich und um dich, aber sie sind der Meinung, das wenn wir uns lieben, wir das überstehen.“ Er drückt leicht meinen Unterarm „Und jetzt gib mir deine Hand.“ Bittet er mich und unsere Hände verflechten sich ineinander.

Das Haus ist ein altes mit Reetdach gedecktes Fischerhaus und ich finde es auf den ersten Blick wunderschön. Ich parke und atme tief durch, als ich auch schon seine Mum auf das Auto zukommen sehe.

Sie hat Ähnlichkeit mit Nate, die gleiche Augenpartie und das gleiche herzerwärmende lächeln…

„Da seid ihr ja.“ Sie öffnet die Autotür für Nate und er nimmt sie in den Arm.

„Ana ist sehr nervös und hat sich glaube ich deswegen, das erste Mal seit ich sie kenne, an die Geschwindigkeitsbegrenzungen gehalten.“ Erklärt er ihr und ich merke, wie mir die Röte ins Gesicht steigt.

„Danke.“ Murmle ich.

Ich komme gehe ums Auto herum und Nate greift sofort nach meiner Hand, manchmal glaube ich, er hat einen sechsten Sinn, wo ich bin und wo meine Hände sind, der er greift nur äußerst selten daneben.

„Mum, das ist Ana. Ana, das ist Mum Alice.“ Stellt er uns vor und ich will ihr meine Hand reichen.
„Ach Kind, komm her!“ sie nimmt mich fest in den Arm und ich halte die Luft an.

„Was hast du dem Mädchen erzählt? Sie hat eiskalte Hände und sieht total verschreckt aus.“ Rügt sie Nate.

„Gar nichts Mum.“ Wehrt dieser sich.

„Kommt erst einmal rein.“ Sie hakt sich bei mir unter und führt mich ins Haus, wo wir im Flur erstens von einem imposant großen Hund und zweitens von seinem Dad erwartet werden.

„Buddy!“ Nate beugt sich runter und der Hund schleckt seine Hand ab und rennt mich dabei fast um.

„Nate, dein Hund zerquetscht gleich deine wunderschöne Freundin.“ Sein Dad schiebt den Hund etwas weg und ich komme aus der Ecke.

„Sorry.“ Grinst Nate „Das ist Buddy.“ Stellt er mir den Hund vor seinem Dad vor und ich sehe zu seinem Dad.

„Ich bin es gewohnt, dass er mich gerne mal übersieht.“ Scherzt dieser „Ich bin Callum, aber bitte sag Cal zu mir.“ Er reicht mir seine Hand.

„Ich bin Ana.“ Sage ich leise.

„Dass weiß ich Ana, glaub mir, mein Sohn erzählt nur noch von dir.“ Lächelt er und auch in seinem lächeln erkenne ich sofort Nate wieder.

Cal hat graue Haare, die nicht mehr wirklich dicht sind, aber er macht einen so netten Eindruck, dass ich ihn sofort mag, ebenso Alice, die ein so aufgeschlossenes und fröhliches Wesen hat, dass einem warm ums Herz wird.

„Und ehrlich Nate, sie ist wirklich bildschön.“ Seine Mum sieht mich prüfend an und ich merke, wie ich wieder rot werde.

„Diese Frau ist unmöglich. Gib mir mal deine Jacke und komm erst einmal rein.“ Cal hält mir kopfschüttelnd seine Hand hin, ich ziehe meine Jacke aus und gebe sie ihm.

Dann streiche ich Buddy über den Kopf und er beschnuppert mich vorsichtig.

„Werden wir Freunde?“ frage ich ihn vorsichtig.

„Eigentlich mag Buddy jeden.“ Alice strahlt mich an und ich setze mich auf die Couch.

„Außer Jenna, die ist ihm zu laut und aufgedreht.“ Fügt Cal lachend hinzu.

„Kann ich irgendwie nachvollziehen.“ Gebe ich zu.

„Du wohnst ja mit ihr im Studentenwohnheim, nicht wahr?“ Alice schenkt mir Tee ein und ich nicke.

„Ja, sie ist meine Zimmernachbarin.“ Ich nehme dankbar die Tasse Tee und Nate legt seine Hand auf meinen Oberschenkel.

Dann erzählen die beiden ein wenig von sich, Alice ist Gärtnerin und zeigt mir voller Stolz ihren Rosengarten, von dem ich mehr wie angetan bin und Cal lässt es sich nicht nehmen und zeigt mir seine Werkstatt in der vor sich hin bastelt. Wunderschöne Holzarbeiten und meine Hände gleiten über die Meisterwerke.

Dann gibt es Mittag und Alice ist auf jeden Fall auf Augenhöhe mit Grace…

Das Essen ist wunderbar entspannt und ich habe viel zu lachen, als die Kindergeschichten von Nate auf den Tisch kommen.

„Zum Glück bin ich Einzelkind, euch kann man ja niemanden zumuten.“ Beschwert sich Nate.

„Nate, du bist nur aus einem Grund Einzelkind…“ seine Mum tätschelt ihm die Wange „Weil der liebe Gott mir keine weiteren Kinder schenken wollte. Dabei habe ich wirklich auf eine zweite Chance gehofft, allein nur um zu schauen, ob ich es nicht besser hin bekomme.“ Aus ihrem Tätscheln wird ein Klaps und Nate lacht auf.

„Wollt ihr nicht ein wenig mit Buddy raus, der Arme sitzt schon fast bei Ana auf dem Schoß.“ Erklärt Cal seinem Sohn und tatsächlich denke ich, das Buddy nur noch wenige Zentimeter braucht und wirklich auf meinem Schoß ist.

Also der mag mich wirklich…

„Was ist Buddy eigentlich?“ ich kraule den Rüden und schwarze Knopfaugen sehen mich an. Er ist wild bunt gemustert, stämmig und sein Kopf ist wirklich riesig, aber was das für eine Rasse ist, kann ich beim besten Willen nicht sagen.

„Mischung von allem, aber wohl hauptsächlich Bernersenn und Labrador, das sagt der Tierarzt zu mindestens.“ Cal betrachtet den Hund skeptisch „Aber wenn du mich fragst, dann ist da eindeutig auch Trampeltier, Schwein und irgendwas echt schlimm sabberndes drin.“

Ich lache leise und Buddy sieht mich mit einem unwiderstehlichen Hundeblick an.

„Wollen wir eine Runde mit ihm gehen?“ ich sehe zu Nate und er nickt lächelnd.

„Wenn ich jetzt nicht ja sage, dann hockt er den ganzen Tag bei dir.“ Er streicht dem Hund über den Kopf und krault ihn hinter den Ohren. „Du bist ein Verräter.“ Sagt er leise zu ihm und Buddy legt den Kopf schief.

„Dann komm.“ Er steht auf und hält mir seine Hand hin.

Kaum das wir draußen sind, stürmt Buddy davon.

„Dein Hund läuft weg.“ Sage ich geschockt zu Nate und er lacht auf.

„Der rennt zu Strand, geht baden und wälzt sich im Sand.“ Er winkt ab „Der wartet schon auf uns.“

Ich atme die warme Brise ein und Nate zieht mich zu sich.

„Ich habe dir doch gesagt, sie werden dich lieben.“ Er küsst mich.

„Sie sind so nett, ich mag sie auch.“ Gebe ich zu.

„Wir sollten öfter hierher fahren.“ Er schließt die Augen und atmet die salzige Luft ein.

„Es ist traumhaft schön.“ Ich lehne meinen Kopf an seine Brust.

Ich bin wirklich traurig, als wir am nächsten Tag gegen Abend wieder los fahren und Alice will mich gar nicht los lassen.

„Kommt ganz bald wieder.“ Sie streicht mir über die Wange „Und du hast recht Nate, Ana ist wirklich alles Wert.“ Sie nimmt nun nochmals ihren Sohn in den Arm.

„Ich weiß…“ antwortet dieser lächelnd.

Ich verbringe die Nacht noch bei Nate und am nächsten Morgen ist etwas chaotisch, ich habe meine erste Vorlesung heute bei ihm und setze ihn ein Stück weiter weg von der Uni ab und habe meine Mühe einen Parkplatz zu finden.

Tatsächlich komme ich zu spät.

„Miss Coleman, setzen sie sich, ich habe bereits angefangen.“ Erwidert er, als ich mich für meine Verspätung entschuldige.

Kann man am Abend eigentlich auch noch etwas anderes machen, als Hausarbeiten und Essays zu schreiben?

Ich weiß es nicht, denn das ist zurzeit meine einzige Beschäftigung…

Von Mitte September bis Mitte Oktober schaffen wir alle es nur ein einziges Mal surfen zu gehen und da die Bäume schon ihr buntes Kleid tragen und die Temperaturen kühler werden ist die Saison fast beendet. Einmal wollen wir alle noch raus… am 20. Oktober und dann ist Schluss für dieses Jahr.

Schade…

Heute ist der 12. Oktober und ich sitze bei Dex und Grace im Wohnzimmer und Dex wählt die Nummer des Anwaltes, der mich in knapp einem Monat vor Gericht vertreten soll.

„Alistor Graham.“ Meldet sich dieser nach dem sechsten klingeln.

„Guten Tag Mr. Graham, mein Name ist Dexter Hamilton und ich sitze hier mit Anastasia Coleman.“ Erklärt ihm Dex und drückt meine Hand.

„Ja, Mr. Coleman hat mich gesagt, das sie anrufen. Das Gute ist, wir haben Richterin Willcox bekommen, das Schlechte ist, das Miss Coleman schon im Vorfeld mehrmals auffällig geworden ist…“ setzt er an.

„Das ist uns wohl bewusst, aber welche Strategie werden sie fahren?“ unterbricht ihn Dex. „Wie ich die Sache sehe, hat Ana vielleicht noch eine Chance glimpflich aus der Sache raus zu kommen. Sie ist eine sehr gute Studentin am Trinity College hier in Dublin, sie ist im letzten Jahr nicht einmal zu spät gekommen, sie ist durch nichts auffällig geworden und weiß, das sie einen Fehler gemacht hat.“

„Sind sie ihr Anwalt oder ich?“ fragt er pikiert.

„Entschuldigung.“ Murmelt Dex und ich schließe gequält meine Augen.

„Was habe ich zu erwarten.“ Frage ich schließlich.

„Wenn Willcox einen guten Tag hat, dann ein oder zwei Jahre auf Bewährung, ihre Vorstrafen sind nicht gerade dem Fall zuträglich.“ Er blättert, wahrscheinlich in meiner Akte.

„Das weiß ich Mr. Graham, ich studiere selbst Jura….“ Setze ich an.

„Würden sie mich nicht immer unterbrechen.“ Fährt er mich an.

„Entschuldigung.“ Ich merke, wie mir Tränen in die Augen steigen.

„Vielleicht auch weniger…“ fährt er fort „Aber ihnen ist schon klar, dass sie in dieser Zeit den Bundesstaat Californien nicht verlassen dürfen.“

„Sie bekommt eine beglaubigte und genehmigte Abschrift des Dekans vom Trinity, das sie ihr Staatsexamen unbedingt hier machen muss…“ wirft Dex ein.

„Das sie etwas aus ihrer Zukunft machen will, hätte Anastasia vielleicht etwas früher einfallen müssen.“ Ertönt die scharfe, kalte Stimme von meinem Dad und ich zucke zusammen, als ob er mir gerade eine Ohrfeige verpasst hat „Sie hat mehr Chancen vertan, wie jeder andere Mensch den ich kenne und wenn ich ehrlich bin, dann denke ich, das sie keine weitere verdient hat.“

„William.“ Dex sieht mich geschockt an.

„Lass ihn reden, lass ihn endlich sagen, das er wünschte ich wäre tot und nicht John.“ Ich stehe auf, Tränen laufen über mein Gesicht und ich schluchze leise „Sag es schon Dad!“ schreie ich.

„Was willst du von mir hören Anastasia?“ fragt er kühl.

„Das ich dir nicht egal bin.“ Sage ich leise.

Doch es bleibt still am anderen Ende der Leitung.

Grace schlägt die Hand vor den Mund, ich stürme an ihr vorbei, nehme meinen Mantel und laufe aus dem Haus.

„Ana bitte warte!“ Dex versucht mich einzuholen, doch ich steige in mein Auto und fahre los.

20 Minuten später stehe ich weinend bei Nate vor der Tür. Ich habe seinen Schlüssel vergessen und drücke auf die Klingel.

„Wer ist da?“ fragt Nate verwirrt.

„Ich bin es.“ Schluchze ich.

„Baby?“ er öffnet die Tür und zieht mich in seine Arme „Was ist denn passiert?“ er streicht mir eine Strähne aus dem Gesicht, führt mich in die Wohnung und bugsiert mich auf die Couch.

Eine Weile weine ich in seinen Armen und kann mich kaum beruhigen.

Ich bin meinem Dad wirklich egal.

Er hat mit mir abgeschlossen…

„Was ist passiert? Ich kann es nicht ertragen dich so traurig zu erleben.“ Er streicht mir über den Kopf und ich lege ihn an seine Brust. Sein Herzschlag hilft mir mich zu beruhigen.

„Ich und Dex haben heute mit dem Anwalt meines Dads telefoniert, der mich vertreten soll…“ beginne ich. „Er ist ein Arschloch. Seiner Ansicht nach, komme ich um eine Bewährungsstrafe nicht herum und darf L.A. nach der Verhandlung für die Dauer meiner Bewährung nicht verlassen und dann war mein Dad am Telefon.“ ich schluchze erneut auf und kämpfe darum, nicht wieder in Tränen auszubrechen. „Ich bin ihm egal, er hat gesagt, ich verdiene die Strafe und hätte keine weitere Chance verdient.“ Ich halte mich an Nate fest.

„Das ist Quatsch Baby, du bist nicht mehr die Ana, die er zu kennen glaubt. Du bist so wunderbar und einmalig. Du bist etwas so Besonderes und Großartiges, das ich mich jeden einzelnen Tag frage, womit ich dich verdient habe.“ Er hebt meinen Kopf an und küsst mich.

„Ich liebe dich so sehr.“ Weine ich und er hält mich einfach nur fest.

Zum Glück ist Wochenende und den ganzen nächsten Tag verbringen Nate und ich im Bett und versuchen unsere eigene Strategie aufzubauen.

Ich will nicht weg aus Dublin, ich will nicht weg von ihm…

Erst am Sonntagabend kann ich mich aufrappeln und fahre zum Wohnheim, schließlich habe ich morgen Vorlesungen, die ich nicht verpassen darf und ich brauche neue Sachen, ich trage ja immer noch die Sachen von Freitagabend.

Kaum das ich aus dem Fahrstuhl gestiegen bin kommt Jenna auf mich zu und reißt mich in ihre Arme.

„Kannst du dir vorstellen, was für Sorgen ich mir gemacht habe? Grace hat schon an die 50 Mal angerufen und gefragt wo du bist. Sie ist krank vor Sorge und ich dachte, du bist bei ihr und Dex.“ Sie sieht mich ängstlich und verwirrt an.

Aiden steigt in diesem Moment hinter mir aus dem Fahrstuhl und begreift augenscheinlich schnell die Situation.

„Sie war bei mir.“ Sagt er schnell und Jenna sieht ihn verwirrt an.

„Die ganzen letzten beiden Tage und du hast nichts gesagt?“ Jenna lässt von mir ab und geht auf ihn zu.

„Ja, sie brauchte einfach etwas Ruhe und musste sich über ein paar Dinge klar werden.“ Verteidigt er sich und im Grunde genommen ja auch mich.

„Da bin ich ja Mal gespannt, was Charlie dazu sagt.“ Damit stapft sie davon und ich weiß, sie wird Charlie anrufen.

„Das hättest du nicht tun müssen.“ Ich drehe mich zu Aiden um und nehme ihn in den Arm.

„Ich habe mit Nate telefoniert.“ Gibt er zu.

„Du wirst Charlie eine Menge erklären müssen.“ Seufze ich und er sieht mich traurig an. „Ich werde mir ihr reden, ich werde sie einweihen, ich will nicht, dass sie sich womöglich von dir trennt, das kann ich nicht zulassen.“ Ich greife nach meinem Handy.

„Ana, das musst du nicht tun.“ Aiden zwingt mich ihn anzusehen.

„Doch Aiden, ich sehe wie du sie ansiehst. Du hast dir immer etwas so tiefes und inniges gewünscht wie Nate und ich es haben und jetzt hast du es endlich gefunden. Ich werde dir das nicht zerstören, das ist ein Preis, den ich nicht bereit bin zu zahlen.“ Ich suche in meinem Handy nach Charlies Nummer und sie geht tatsächlich gleich ran.

„Das du es wagst hier anzurufen, ich dachte wirklich Aiden und ich hätten eine Chance, aber wie mir Jenna gerade so schön gesagt hat, verbringt mein Freund lieber das Wochenende mit dir und sagt mir er muss arbeiten…“ blafft sie mich dann auch gleich an.

Wow, Jenna war mal schnell…

„Hast du Zeit Charlie? Ich muss dir da Einiges erklären.“ Bitte ich sie ganz ruhig.

„Warum sollte ich?“ fragt sie, wenn auch schon etwas ruhiger.

„Weil du Aiden liebst.“ Sage ich nur und sie schnaubt. „Ich bitte dich Charlie, ich verspreche dir, du wirst es verstehen.“

„Wann?“ lenkt sie schließlich ein.

„In einer halben Stunde im Poppys?“ bitte ich sie.

„Gut, aber ich kann nicht garantieren, dass ich dann nicht mehr sauer auf dich bin.“ Presst sie hervor.

„Dessen bin ich mir bewusst.“ Gebe ich zu „Bis gleich.“

Ich lege auf und sehe zu Aiden.

„Es ist mir egal was du machst, aber bring Jenna zur Vernunft. Ich kann im Moment vieles ertragen, aber nicht, wenn sie sauer auf mich ist.“ Ich sehe zu Aiden „Ich kümmere mich um Charlie und ich verspreche dir, sie wird dir nicht mehr böse sein.“

„Ich versuche es.“ Er nimmt mich erneut in den Arm.

„Erzähle ihr meinetwegen von dem Telefonat…“ ich winke ab und er sieht mich erstaunt an „Glaubst du allen Ernstes, das ich glaube, das Nate es dir nicht erzählt hat?“ ich zeige ihm einen Vogel. „Du bist sein bester Freund.“ Füge ich hinzu „Und meiner.“

„Danke Ana.“ Er drückt mich an sich und ich steige wieder in den Fahrstuhl.

Als ich im Poppys ankomme ist Charlie schon da, ich bestelle mir per Fingerzeig eine Cola und setze mich zu ihr.

„Bevor du was sagst, hör’ mich an…“ bitte ich sie, als sie gerade etwas sagen will.

Sie nickt schließlich und Poppy stellt mir meine Cola hin.

„Es fällt mir schwer dir alles, was ich dir gleich sage, wirklich zu sagen. Aber ich habe keine Wahl…“ beginne ich „Ich kann mit vielem leben, aber nicht damit deine und Aidens Beziehung zu zerstören.“

Sie schnaubt leicht und ich sehe auf meine Hände.

„Ich war nicht bei Aiden, er hat wirklich das ganze Wochenende gearbeitet…“ ich sehe auf und sie sieht mich erstaunt an.

„Aber Jenna…“ beginnt sie.

„Jenna weiß nichts von dem, was ich dir jetzt erzähle.“ Ich atme tief durch „Ich bin mit Nate zusammen, ich liebe diesen Mann mehr wie ich jemals ausdrücken könnte, aber wie du weißt, ist er mein Lehrer an der Uni, wir dürften uns nicht lieben…“ ich schließe meine Augen „Aiden hat uns bestärkt, er deckt uns… auch und vor allen Dingen vor Jenna. Er steht uns bei, schafft uns Freiräume und versucht alles was in seiner Macht steht uns eine wirkliche Chance zu ermöglichen. Manchmal auf Kosten anderer, in diesem Fall auf deine Kosten. Ich habe dir mal gesagt, das wir viel gemein haben.“ Ich sehe sie an und sie nickt „Ich war ein Partygirl wie es im Buche steht. Wie du weißt, komme ich aus L.A. und da ist es so verdammt leicht an die falschen Menschen zu geraten. Ein kleiner Auszug, wie mein Leben noch vor einem Jahr ausgesehen hat. Partys, Alkohol, Fahrer unter Alkoholeinfluss, Nächte in der Ausnüchterungszelle, Nächte im Krankenhaus…“ ich denke nach „Ja, das trifft es so ziemlich. Ich kam hierher, nahm endlich eine Chance die mir geboten wurde wahr, versuchte es besser zu machen und mich wieder selbst zu finden. Mein Leben zu finden und endlich den Schmerz, der durch den Tod meines Bruders vor 4 Jahren entstanden ist, zu verstehen und nicht runter zu schlucken. Aiden ist toll, er hat irgendwie, ganz langsam und heimlich, seinen Platz eingenommen. Er ist wie ein großer Bruder für mich, ein großer Bruder der durch Feuer geht um mich und seinen besten Freund zu beschützen. Ich habe in L.A. noch ein Verfahren wegen Alkohol am Steuer und Sachbeschädigung am Hals, weil ich zum Jahreswechsel letztes Jahr eine Art Rückfall hatte. Am 28. November ist meine Verhandlung und am Freitag habe ich mit einem Anwalt aus der Kanzlei meiner Eltern telefoniert. Mein Dad hat mir ein paar sehr unschöne Sachen gesagt und ich bin zu Nate geflüchtet. Ich brauchte Trost und Zeit mit ihm, um das zu verdauen. Jenna hat mich vorhin gerade in die Mangel genommen, als Aiden mich gerettet hat.“

„Warum darf Jenna es nicht wissen?“ fragt sie leise.

Ich denke sie ahnt, welche Überwindung es mich gekostet hat, ihr all das zu Offenbaren.

„Als ich Jenna kennen lernte, war sie, oder glaubte sie in Nate verliebt zu sein. Ich habe ihr versprochen mich von ihm fern zu halten und ich kann ihr nicht zumuten, das sie zur Mitwisserin, was mich und Nate angeht, wird. Aber hauptsächlich, weil ich ihre Gefühle nicht verletzen will. Ich weiß, sie ist jetzt in Josh verliebt, aber es ändert nichts daran, denn ich bin schon seit Anfang Juni mit Nate zusammen…“ ich starre in mein Glas „Du hältst mich jetzt sicherlich für eine furchtbare Person.“

„Oh nein Ana, ich halte dich für eine unglaublich starke Person und es bedeutet mir unglaublich viel, das du dich mir anvertraust um mir und Aiden eine Chance zu geben. Ich kann nur erahnen, wie schwer das manchmal alles sein muss und ich bewundere deine Stärke und deine Kraft.“ Sie steht auf, setzt sich neben mich und nimmt mich in den Arm „Es ist toll zu wissen, das der Mann den ich liebe, so wunderbare Freunde hat.“

„Danke Charlie.“ Ich erwidere ihre Umarmung „Meinst du, du kannst Aiden anrufen und ihm sagen, das du nicht böse auf ihn bist? Er kann schlecht damit umgehen, wenn die Frau, die er liebt, böse auf ihn ist.“ Bitte ich sie und sie lächelt.

„Aber klar.“ Sie greift sofort nach ihrem Handy. „Hey Liebster, ich bin’s…“ sie atmet tief durch „Es tut mir so leid. Ana hat mir alles erklärt und wenn ich ehrlich bin, dann liebe ich dich jetzt noch mehr. Du bist unglaublich Aiden Collins.“ sie lächelt mich verträumt an „Meinst du, du hast morgen Nachmittag Zeit mit mir und Niall was zu unternehmen? Er würde sich freuen dich zu sehen und meine Mum könnte ihn dann abends nehmen.“ Sie kichert leise „Ja, ich dich auch.“ Damit legt sie auf.

„Danke Charlie.“ Ich drücke kurz ihre Hand „Sei mir nicht böse, aber ich muss ins Bett, das Wochenende war anstrengend und ich habe morgen Vorlesungen.“ Ich drücke sie nochmals kurz an mich.

„Alles wird gut.“ versichert sie mir und ich versuche ehrlich zu nicken.

„Du hast keine Ahnung, wie gerne ich dir glauben würde.“ Sage ich schließlich, winke ihr und Poppy zu und fahre nach Hause.

Am nächsten Morgen fühle ich mich wie gerädert und schlurfe ins Bad.

„Sorry.“ Ist das erste was ich von Jenna hören, als sie in meinem Gesichtsfeld erscheint.

„Okay.“ Ich ziehe mir mein Shirt über den Kopf und gehe erst einmal unter die Dusche, ich muss erst einmal irgendwie wach werden…

Als ich raus komme, steht Jenna direkt vor mir und mit direkt meine ich, das sie nur 5 cm von mir entfernt ist.

„Gott Jenna, soll ich einen Herzinfarkt bekommen?“ ich greife mir demonstrativ ans Herz.

„Hmm, sieh es positiv, ich bin fast Ärztin und würde dich sicherlich retten.“ Sie kaut auf ihrer Unterlippe herum.

„Du würdest mich retten?“ ich sehe sie zweifelnd an.

„Aber sicher, du bist meine beste Freundin.“ Immer noch kaut sie auf ihrer Unterlippe herum.

„Komm her!“ ich nehme sie in den Arm „Dafür kaufst du mir gleich einen extra großen Kaffee.“

„Aber sicher.“ Sie atmet erleichtert aus.

Wir machen uns fertig und werden mal wieder fast aus dem Bad geschmissen, als unserer Zeit vorbei ist.

Die erste Vorlesung geht mir einfach von der Hand und als ich Dexters Hörsaal betrete, kommt dieser sofort auf mich zu.

„Gott Ana, wo warst du denn nur?“ er versucht seine Haltung zu wahren, aber ich merke wie schwer es ihm fällt.

„Ich war bei Aiden.“ Sage ich und er atmet erleichtert aus. „Lass mir ein paar Tage, ich komme Sonntag zu euch zum Essen, Okay?“

„Wir würden uns sehr freuen.“ Er nickt mir zu und ich finde meinen Platz.

Zum Mittag bin ich eigentlich mit Jenna verabredet, aber da ich eine Freistellung für meinen Prozess bekommen habe, muss ich noch 4 weitere Essays abliefern und sage ihr ab.

„Hey Baby!“ ich werde am Arm gepackt und in einen kleinen Abstellraum gezogen.

„Bist du wahnsinnig?“ ich schnappe nach Luft. „Das Thema hatten wir schon mal, es ist einfach zu gefährlich…“

Er zieht mich in seine Arme und küsst mich innig.

„Oh Nate.“ Seufze ich leise und umschlinge seinen Nacken.

„Ich wollte dir nur sagen, dass ich dich liebe.“ Er legt seine Hände an meine Hüfte.

„Ich liebe Dich auch.“ Antworte ich leise und dieses Mal bin ich diejenige, die ihn zu mir zieht und leidenschaftlich küsst.

„Heute Abend. 19 Uhr.“ Haucht er mir ins Ohr, ehe er mich atemlos ansieht und sich raus schleicht.

Eine halbe Stunde später sitze ich über meinen Aufzeichnungen und versuche irgendwie voran zu kommen, aber die Aussicht darauf, das meine nächste Vorlesung bei meinem sexy, heißem Freund ist, lässt das fast zu einer Unmöglichkeit werden.

Dennoch überstehe ich den Tag mehr oder weniger und als ich Jenna abends sage, das ich zu Aiden gehe, da stellt sie auch keine Fragen. Wahrscheinlich will sie sich nicht wieder mit mir streiten oder aber Aiden war so überzeugend, dass sie uns das alles wirklich abnimmt.

Ich lasse mich bei Nate wieder selbst rein und obwohl ich mich wirklich an ihn ran schleiche, ist er es, der mich erschreckt, indem er mich unvermittelt auf seinen Schoß zieht.

„Keine Vorreden… Du und ich, Schlafzimmer.“ Raunt er mir ins Ohr und ich merke, wie sich ein warmes Gefühl in meinem Unterleib ausbreitet.

Das multipliziert sich um ein vielfaches, als er mich ungestüm küsst.

Auf dem Weg ins Schlafzimmer ziehe ich ihm sein T-Shirt aus und mir selbst mein Top über den Kopf. Als er mich auf dem Bett ablegt und sanft meinen Bauch küsst, da stöhne ich leise auf. Das ist genau das, was ich jetzt brauche…

Ich brauche ihn!

Mehr nicht…

Samstag ist das Wetter trübe und grau, dennoch treffen wir uns alle am Strand. Nate, Aiden, Ronan und Josh stürzen sich wie immer zuerst in die Fluten, während Jenna, Charlie, Niall und ich am Strand zurück bleiben. Ich habe zwar meinen Neoprenanzug an, aber ich weiß noch nicht, ob ich mich wirklich in die Fluten stürzen werde.

Niall steht vor mir und ich fahre ihm durch die Haare während wie die Jungs beobachten.

„Nächstes Jahr kannst du das auch.“ Verspreche ich ihm und er strahlt mich an.

„Dann kann ich mein neues Board ausprobieren. Mum hat mir Wachs und Polierhandschuhe gekauft.“ Erzählt er mir stolz und ich drücke ihn an mich.

„Das ist toll Niall.“ Ich küsse ihn auf die Haare und er sieht mich mit seinen großen grünen Augen dankbar an.

Als die Jungs aus dem Wasser kommen reichen wir ihnen Handtücher und als ich kurz Nates Hand berühre, da merke ich, wie kalt das Wasser wirklich ist.

„Iiiihhh Mum…“ stöhnt Niall plötzlich auf und natürlich sehen alle zu ihm. Aiden und Charlie liegen sich in den Armen, während Niall die Beiden ungläubig und deutlich abgeneigt beobachtet.

„Ich liebe dich.“ Aiden fährt Charlie durch ihre dunklen Locken und ich nicke ihm grinsend zu.

„Ich dich auch.“ Erwidert diese und sie küssen sich erneut.

Wir klatschen alle und Aiden verbeugt sich vor uns…

Oh man Aiden, manchmal hast du echt einen Knall.

Plötzlich passiert etwas, womit wohl keiner von uns gerechnet hat… Okay irgendwie schon, aber eher vor ein paar Wochen.

Josh atmet tief durch, augenscheinlich, weil er seinen ganzen Mut sammeln muss und geht auf Jenna zu.

„Jenna, ich liebe Dich!“ sagt er und Jenna starrt ihn an.

Ich gebe ihr einen unsanften Stoß in die Rippen, sie sieht erst mich und dann Josh verwirrt an

„Was hast du gesagt?“ bringt sie endlich hervor.

Josh lächelt „Ich wiederhole mich gerne, Jenna ich liebe Dich!“

„Oh Josh.“ Sie fällt ihm um den Hals und küsst ihn.

Ein Tag voller Überraschungen…

Als wir etwas später im Poppys sitzen und ein Stück ihres ausgezeichneten Kuchens genießen, da können weder Aiden und Charlie noch Josh und Jenna die Hände voneinander lassen und mir wird ganz schwer ums Herz.

Nate sitzt direkt neben mir, aber er ist doch unerreichbar…

Am Abend hilft mir Nate ein paar meiner Essays fertig zu stellen und Dex ist mehr wie erstaunt, als ich ihm am nächsten Tag berichte, das ich nur noch ein Essay fertig bekommen muss.

„Wie hast du das nur hinbekommen?“ er legt seinen Kopf schief.

„Gute Vorbereitung.“ Versuche ich so lässig wie möglich zurück zu geben.

„Hilfe?“ er zieht eine Augenbraue hoch.
„Nein, nein…“ winke ich ab und er nickt ganz langsam.

„Bist du dir sicher Ana? Du weißt, das du mir alles sagen kannst.“

Oh Dex, du weißt gar nicht, wie gerne ich dir alles sagen würde…

„Ja, ich bin mir sicher.“ Ich ringe mich zu einem lächeln durch und sehe auf meine Uhr. „Ich muss jetzt los. Wir sehen uns morgen.“ Ich stehe auf und drücke ihm einen Kuss auf die Wange.

„Danke für das Essen Grace.“ Ich gebe auch ihr einen Kuss auf die Wange, nehme meine Jacke und mache mich auf den Weg nach Hause.

Ich bin fast am Wohnheim, als mir an einer kleinen Kreuzung plötzlich jemand die Vorfahrt nimmt und mein Kopf ziemlich heftig Bekanntschaft mit meinem Lenkrad macht.

„Ist alles Okay? Gott, ich habe dich nicht gesehen.“ Eine ältere Frau kommt zu meinem Fenster.

Ich fasse mir an die Stirn und sehe, dass ich blute.

„Ich rufe einen Krankenwagen, ich möchte, dass du in einem Krankenhaus untersucht wirst.“ Bestimmt sie und ehe ich widersprechen kann, hat sie auch schon ihr Handy in der Hand.

Neben dem Krankenwagen kommt auch die Polizei und nimmt den Unfall auf. Zum Glück hat mein Auto nicht ganz so viel abbekommen, aber die Sanitäter wollen mich zu einer genauen Untersuchung ins Krankenhaus bringen.

Als sich die Türen der Notaufnahme öffnen schließe ich meine Augen, als ich erkenne, wer denn mein behandelnder Arzt ist.

„Ana?“ Aiden stürmt auf mich zu.

„26jährige Patientin, Autounfall, sie wurde seitlich erwischt und da der Airbag nicht ausgelöst hat, hat sie eine Platzwunde auf der linken Seite ihrer Stirn. Abklärung Gehirnerschütterung und Ausschluss von anderen Verletzungen.“ Erklärt ihm der Sanitäter und ich zucke mit den Schultern.

„Bringt sie in die 3.“ Weist er ihn an und ich werde in ein Behandlungszimmer gebracht.

Es dauert nicht einmal eine Minute und schon ist Aiden bei mir.

„Geht es dir wirklich gut?“ fragt er besorgt.

„Ich denke, das gibt Kopfschmerzen.“ Ich verziehe mein Gesicht.

„Witzig Ana.“ Er schüttelt mit dem Kopf „Ich untersuche dich gründlich, dann nehme ich dir Blut ab und dann fülle ich die Verscherungspapiere aus.“

„Danke Aiden.“ Ich seufze leise.

„Leg dich hin.“ Weist er mich an und er versorgt erst einmal meine Platzwunde, erst mit Jod und dann mit Strips, damit ich möglichst keine Narbe zurück behalte. Dann zapft er mir gefühlte zwei Liter Blut ab und ich darf mich wieder aufsetzen.

„Ich rufe Nate an.“ sagt er als er hinaus geht, doch ich springe auf und halte ihn am Ärmel seines Arztkittels fest.

„Bitte Aiden, er würde sich nur Sorgen machen.“ Ich flehe ihn an „Ich sage es ihm selber, aber nicht mehr heute Abend.“

„Okay…“ gibt er nach und nimmt mich dann mit, damit mein Kopf noch durch geleuchtet werden kann.

Endlich um zwei Uhr nachts kann ich nach Hause und muss mir ein Taxi nehmen… Mein Auto ist in irgendeiner Werkstatt.

Als Jenna mich am nächsten Morgen weckt, ist sie milde gesagt geschockt. Der Verband, den Aiden mir verpasst hat, sieht aber auch gefährlich aus. Vorsichtig dusche ich und Jenna hält mich den ganzen Weg zur Uni am Arm fest.

„Jenna, jetzt musst du mich los lassen.“ Ich sehe sie durchdringend an und deute auf den Jura Trakt.

„Du rufst sofort an, wenn was ist, ja?“ sie hält mich an beiden Oberarmen fest.

„Ja Jenna und wie ich dir schon mindestens 10 Mal gesagt habe… Es geht mir gut.“ milde lächelnd mache ich mich los und betrete das Gebäude.

„Ana?“ Dex muss natürlich einer der Ersten sein, dem ich über den Weg laufe und er sieht mich besorgt an.

„Okay Dex, ich hatte gestern einen kleinen Unfall. Es war nicht meine Schuld, mein Kopf ist noch dran und das Auto wird repariert, um die Versicherung kümmere ich mich, Aiden hat schon alle Papiere so weit ausgefüllt.“ Plappere ich drauf los, ehe er was sagen kann.

„Ana, das Auto ist mir ehrlich gesagt Scheiß egal…“ er winkt ab „Aber dein Kopf sieht schlimm aus. Geh wieder nach Hause und ruh’ dich aus.“ Weist er mich an.

„Das kann ich mir nicht leisten.“ Winke ich ab.

„Ana bitte…“ Dex seufzt „Ah, vielleicht kann er dich überzeugen… Nathaniel, kommst du mal bitte?“ ruft er Nate zu sich und ich schließe verzweifelt meine Augen.

„Was gibt es Dexter?“ er kommt zu uns.

„Kannst du bitte Anastasia erklären, das sie heute zu Hausen bleiben kann?“ bittet ihn Dex.

„Was ist denn los?“ will dieser wissen und sieht in meine Richtung.

„Ich hatte gestern einen kleinen Autounfall…“ beginne ich.

„Wie bitte?“ fragt Nate geschockt nach.

„Klärt das unter euch, ich muss zur Vorlesung und Ana, ich will dich da nicht sehen…“ er wirft mir einen langen Blick zu.

Nate wartet kurz, packt mich dann am Arm und zieht mich in eine Ecke.

„Warum weiß ich das nicht.“ Fragt er leicht sauer.

„Ich wollte nicht, dass du dir Sorgen machst.“ Gebe ich zu „Es geht mir gut, ich habe nur eine kleine Platzwunde auf der Stirn. Aiden hat mich von Kopf bis Fuß untersucht, ich versichere dir, es geht mir gut.“

„Aiden?“ er presst seine Lippen zusammen.

„Ja Aiden und ich habe ihn gebeten dich nicht anzurufen. Bitte Nate…“ ich sehe mich um und greife nach seiner Hand „Sei bitte weder böse auf mich noch auf ihn, das kann ich nicht ertragen.“

Er atmet tief durch und drückt meine Hand.

„Beim nächsten Mal rufst du mich an, egal was ist. Du bist meine Freundin und ich will wissen, wenn es dir nicht gut geht.“ Ich kann die Sorge in seinem Gesicht sehen, beuge mich vor und küsse ihn hauchzart.

„Ich verspreche es dir.“ Flüstere ich.

„Sehr gut und jetzt gehst du nach Hause.“ Der Ton lässt keinen Zweifel daran, dass es nicht als Bitte gemeint ist.

„Okay.“ Gebe ich schließlich nach.

„Ich komme heute Abend vorbei.“ Sagt er leise.

„Nein Nate, das ist zu gefährlich, wie sehen uns Freitag.“ Ich drücke seine Hand und er erwidert den Druck.

„Ja, denk bitte daran, Strafrecht mitzubringen, Deine Verhandlung ist in 2 Wochen, wir brauchen eine Strategie.“ Er küsst mich erneut und während er zum Lehrerzimmer geht und ich erst einmal Jenna eine SMS schreibe und dann nach Hause gehe.

Kaum angekommen lege ich mich hin und schlafe ein, noch bevor ich darüber nachdenken kann.

Ich werde geweckt, weil mir jemand sanft über den Rücken streichelt und als ich meine Augen öffne sitzt Aiden an meinem Bett.

„Was machst du denn hier?“ frage ich besorgt und sehe auf meine Uhr, ist erst kurz nach 12 Uhr und er hat noch seine hellblaue Arbeitskleidung an „Ana…“ er nimmt mich in den Arm „Ich habe keine Ahnung, wie ich dir das jetzt sagen soll.“ Er seufzt verzweifelt-

„Was ist los Aiden?“ meine Stimme zittert, so habe ich Aiden noch nie gesehen.

„Ana, wir haben alle deine Ergebnisse von der Blutuntersuchung…“ beginnt er und ich halte die Luft an „…Ana, du bist schwanger.“ Platz er heraus.

„Das kann nicht sein.“ Stottere ich.

„Ana, ich habe das selbst gecheckt, kein Zweifel.“ Er zwingt mich ihn anzusehen. „Du bist schwanger.“

Sofort schießen mir Tränen in die Augen.

Das ist eine Katastrophe, wenn das raus kommt, dann wird Nate gefeuert… die Regeln an der Trinity sind dafür einfach viel zu streng.

„Was soll ich jetzt nur machen?“ schluchze ich.

„Rede mit Nate und ihr findet eine Lösung.“ Er zwingt mich ihn anzusehen.

Ich denke ein paar Minuten nach, dann treffe ich eine Entscheidung, eine die mir absolut nicht gefällt…

„Ich brauche Zeit.“ Bitte ich ihn und Aiden nickt verständnisvoll.

Er bleibt bei mir und nimmt mich einfach nur in den Arm, während ich versuche, dem Chaos in meinem Kopf Herr zu werden.

Am frühen Nachmittag klingelt mein Handy und ich werde zum Dekan gebeten, ehrlich gesagt schwant mir nichts Gutes…

Aiden fährt mich zur Uni, da ich unnatürlich blass bin und er sich wirklich Sorgen macht.

Doch vor dem Büro des Dekans muss er warten und ich werde allein herein gebeten.

Drinnen erwarten mich neben dem Dekan noch Nate und Dex und ganz ehrlich, spätestens jetzt ist mir klar, dass etwas gewaltig falsch läuft.

„Miss Coleman, ich habe sie her gebeten, da mir zu Ohren gekommen ist, das sie und Mr. O’Brian einen Beziehung führen und da ich denke, das sie die Regeln unserer Universität kennen, da können sie sich die Konsequenzen ausmalen.“ Er mustert mich und ich merke, wie mir auch noch der letzte Rest Farbe aus dem Gesicht weicht. „So etwas dulde ich nicht.“ Fügt er hinzu.

„Sir, ich versichere ihnen, ich und Mr. O’Brian führen keine Beziehung über die Lehrer Studenten Beziehung hinaus. Aber ich muss ihnen auch gestehen, das ich ihn sehr mag und vielleicht in manchen Situationen zu weit gegangen bin und das von meinen Kommilitonen durchaus missverstanden hätte werden können. Ich habe nicht nach gedacht und es tut mir leid.“ Ich starre auf meine Hände.

„Miss Coleman, für dieses Verhalten werden sie einen Eintrag in ihre Akte bekommen.“ Prof. Holloway seufzt leise.

„George bitte, ich weiß, das ist in Anbetracht der Umstände eine Möglichkeit, aber Miss Coleman ist noch niemals auffällig geworden und ich versichere dir, sie wird nie wieder auffällig.“ Dex sieht zu ihm und jetzt sieht er zwischen mir und Dex hin und her.

„Soll ich jetzt davon ausgehen, das du eine Beziehung zu ihr hast?“ fragt er kopfschüttelnd.

„Ja, Miss Coleman und ich stehen in einer Beziehung zueinander…“ setzt Dex an.

„Was? Weiß Grace davon?“ Prof. Holloway wird blass.

„Nein… oh Gott… nein George, Miss Coleman ist meine Nichte.“ Erklärt er ihm.

„Das hättest du sagen müssen…“ er sieht zu mir und ich sehe zu Boden.

„Ich weiß George, aber ich wollte Miss Coleman einen sauberen Start hier in Dublin ermöglichen und natürlich bin ich enttäuscht über ihr Verhalten Mr. O’Brian gegenüber.“ Seine Stimme klingt wahrhaftig enttäuscht und ich schlucke.

„Miss Coleman, ich sehe von einem Eintrag in ihre Akte ab. Benehmen sie sich.“ Er nickt mir zu und ich stürze aus dem Büro.

Ich laufe natürlich direkt in Aidens Arme und er sieht mich mitleidig an.

„Ana!“ ruft mir Dex nach und ich drehe mich um „Das wird noch ein Nachspiel haben. Dieses Mal hast du es echt geschafft, ich bin wirklich enttäuscht von dir, weil wir genau dieses Thema, nämlich Nathaniel, gleich am Anfang hatten und ich dachte, ich habe dir unmissverständlich klar gemacht, was ich erwarte.“

„Ja Dex.“ Sage ich nur. Aiden legt seinen Arm um mich und führt mich zu seinem Auto.

„Wir fahren jetzt erst einmal in Krankenhaus und ich untersuche dich. Ana, du gefällst mir nicht.“ Aiden sieht mich durchdringend an und ich nicke schließlich.

Abhalten könnte ich ihn eh nicht…

Im Krankenhaus gibt er mir erst einmal etwas für meinen Kreislauf und macht dann ein Ultraschall, weil ich ihn darum bitte.

Ich muss wissen, was los ist.

„Hier Ana.“ Sagt Aiden leise und deutet auf seinen Monitor. „Der Herzschlag.“

Ich schlucke und starre auf den Bildschirm.

„Danke Aiden, ich muss überlegen, was ich machen soll.“ Ich wische mir das Gel vom Bauch und ziehe mich wieder an.
„Ana, du bist in der 10. Woche.“ Fügt er noch hinzu und reicht mir meinen vorläufigen Mutterpass.

Als ob es einen Unterschied macht…

Ich lasse mich von Aiden bei Nate absetzen.

„Baby.“ Er will mich in den Arm nehmen.

„Nein Nate, wir können das so nicht weiter machen.“ Ich dränge mich an ihm vorbei in seine Wohnung.

„Aber Baby…“ setzt er an.

„Nate, es tut mir leid.“ Die Tränen laufen stumm über mein Gesicht und ich lege ihm seinen Schlüssel auf den Küchentresen. Meine Hand zittert so sehr, das ich Mühe habe den Schlüssel überhaupt los zu lassen.

„Nein Ana.“ Er kommt kopfschüttelnd auf mich zu.

„Bitte Nate.“ Mit allerletzter Kraft drehe ich mich um und gehe zur Tür.

„Ich liebe dich.“ Sagt er leise und ich schluchze auf.

Ich drehe mich kurz zu ihm um „Bedingungslos.“ Flüstere ich.

„Dann geh nicht Ana, ich bitte dich.“ Fleht er mich an und die ersten Tränen laufen ihm übers Gesicht.

„Ich muss Nate.“ Ich gehe zu ihm und hauche ihm einen letzten Kuss auf die Lippen. „Ich kann dein Leben nicht zerstören und das heute hat mir gezeigt, dass wir es nicht schaffen können. Nicht so.“ sage ich leise und erreiche die Tür.

Er trifft mich ins Mark ihn so leiden zu sehen, aber ich bin mir sicher, irgendwann kommt er über mich hinweg.

Dann bin ich nur noch eine schlechte Erinnerung.

Ich stürme vollends aus seiner Wohnung, fahre eine ganze Weile ziellos durch Dublin und schließlich ins Wohnheim.

Noch niemals ist mir eine Entscheidung in meinem Leben so schwer gefallen, wie die ihn frei zu geben und es zerreißt mir fast das Herz.

Kaum das die Fahrstuhltüren öffnen, kommt Aiden auf mich zu, zieht mich in seine Arme und bugsiert mich in mein Zimmer.

„Was hast du getan Ana?“ fragt er leise und ich weine in seinen Armen.

„Ich kann ihm das nicht antun.“ Schluchze ich.

„Du musst es ihm doch sagen.“ Er zwingt mich ihn anzusehen.

„Nein Aiden, ich kann sein Leben nicht zerstören.“ Ich schüttele mit meinem Kopf. „Wir sind heute beinahe aufgeflogen und das hätte nicht nur Konsequenzen für mich gehabt. Er hätte wegen mir seinen job verlieren können…“ ich sehe ihn tränenüberströmt an „… Und das Baby? Damit muss ich alleine fertig werden.“

„Ana, er hatte einen nicht unwesentlichen Beitrag dabei.“ Seufzt Aiden.

„Ich weiß, aber das würde unsere Situation nur noch weiter verschlimmern.“ Ich presse mein Gesicht an seine Schulter.

„Er ist ganz schön fertig.“ Sagt er leise „Jenna ist zu ihm gefahren und sie weiß nicht einmal, warum es ihm so schlecht geht.“

„Sehe ich aus, als wenn es mir gut geht?“ ich rücke ein Stück von ihm weg „Ich habe mit dem Mann den ich liebe Schluss gemacht, weil ich ein Kind von ihm bekomme und es ihm nicht sagen kann, ohne seine Karriere, sein Leben und alles für das er so hart gearbeitet hat, zu zerstören.“

„Ist ja gut.“ mitfühlend nimmt er mich wieder in den Arm „Ist das denn wirklich der richtige Weg?“

„Es ist der einzige Weg.“ Ich vergrabe mein Gesicht an seiner Schulter.

„Ich bleibe heute Nacht hier.“ Er legt sich auf mein Bett und nimmt mich fest in den Arm.

„Geh zu Charlie.“ Bitte ich ihn schluchzend.

„Nein Ana, ich bleibe. Du brauchst mich und Charlie ist die Letzte, die das nicht versteht.“ Versichert er mir und ich kuschele mich an seine Brust.

„Danke Aiden, ohne dich würde ich untergehen.“ Weine ich.

„Oh nein, die Anastasia Coleman die ich kenne, die geht nicht unter.“ Er haucht mir einen Kuss auf die Stirn.

„Ich kenne mich ja nicht einmal mehr selbst.“ Ich merke wie mein ganzer Körper zittert. „Ich weiß einfach nicht mehr, wer ich bin.“

Ohne Nate…

Er war mein Leben…

Und jetzt?

„Aber ich weiß es, vertrau mir Ana.“ Er legt eine Decke über mich. „Morgen kommst du mit zu mir. Ich will nicht, das Jenna dich mit Fragen löchert.“ Er haucht mir einen Kuss auf die Stirn.

Am nächsten Morgen packe ich hastig ein paar Sachen und wir fahren kurz zu Aidens Wohnung in der er mich in seinem Gästezimmer einquartiert. Aidens Wohnung ist ähnlich wie Nates Wohnung, strukturiert aber dennoch gemütlich, Nicht, das ich im Augenblick für so etwas einen Blick habe, aber ich fühle mich bei ihm von Anfang an wohl.

In den nächsten Tagen gehe ich Dex und Nate aus dem Weg, was in Bezug auf Nate relativ einfach ist, da dieser krank gemeldet ist und wir einen Vertretungslehrer bekommen.

Bei Dex ist es schwieriger, aber ich ignoriere ihn und bete, dass er mich einfach in Ruhe lässt. Das ich nur noch ein Schatten meiner Selbst bin ist dem nicht zuträglich, aber es gelingt mir eine Konfrontation mit ihm aus dem Weg zu gehen.

Grace versucht mich anzurufen, aber ich habe keine Kraft mich auch noch mit ihr auseinander zu setzen.

Fast eine Woche krieche ich bei Aiden unter, denn ich kann Jenna nicht unter die Augen treten.

Mal wieder habe ich alles in meinem Leben verkehrt gemacht….

Am nächsten Dienstag, vier Tage bevor ich nach L.A. fliegen muss, muss ich aber dann doch ins Wohnheim ein paar Sachen holen. Ich habe noch drei Tage, um im Bezug auf das Baby eine Entscheidung zu treffen…

Jenna kommt in mein Zimmer, als ich dabei bin, wenigstens die wichtigsten Sachen zusammen zu packen.

„Ich muss mit dir reden.“ Beginnt sie und ihr Ton zeigt mir ganz eindeutig, das sie sauer auf mich ist.

„Rede Jenna.“ Sage ich müde und sehe sie an.

„Sag mir bitte endlich, dass du etwas mit Aiden hast. Gib es zu, ich weiß, wie oft du bei ihm schläfst und ich bin nicht doof.“ Jenna hält mich am Arm fest und ich wirbele herum.

„Ich habe NICHTS mit Aiden.“ Ich sehe ihr direkt in die Augen.

„Ich denke wir sind Freunde, Freunde sagen die Wahrheit. Gib es endlich zu.“ Ihre Stimme erhebt sich.

„Jenna, ich habe nichts mit Aiden, er ist nur ein Freund. Mein Bester und er ist das, was ich nach Johns Tod so schmerzvoll vermisst habe. Außerdem ist er mit Charlie zusammen, glaubst du wirklich ich dränge mich in eine Beziehung.“ Nun erhebt sich auch meine Stimme.

„Ich weiß es nicht, weil ich nicht weiß, was ich dir noch glauben kann. Du warst ja auch bei ihm, als du mir gesagt hast, du bist bei Dex und Grace und diese versucht hat dich zu erreichen. Du hast damals schon gelogen…“ jetzt schreit sie fast und ich schließe meine Augen.

„Ich war damals nicht bei Aiden, ich war bei… Nate.“ Platzt es aus mir heraus.

„Nate?“ echot sie und ich fahre mir durch die Haare.

„Ja Nate, ich war mit ihm seit Anfang Juni zusammen.“ Gebe ich schließlich zu.

„Nate?“ wiederholt sie „Obwohl ich dich gebeten habe, dich von im fern zu halten?“ jetzt klingt sie nicht mehr wütend, sondern einfach nur enttäuscht.

„Es tut mir leid Jenna, aber ich konnte nichts für meine Gefühle.“ Ich sehe sie bittend an.

„Und wegen dir ist Nate so am Boden zerstört?“ hakt sie nach und die Wut in ihrer Stimme ist zurück.

Betreten nicke ich, sie holt aus und verpasst mir eine schallende Ohrfeige.

„Du hast Recht Anastasia Coleman, du hast dich kein Stück geändert. Du bist immer noch selbstsüchtig und trampelst auf den Gefühlen anderer Menschen herum.“ Spuckt sie mir ins Gesicht.

Ich halte mir geschockt meine Wange und die ersten Tränen laufen über mein Gesicht.

Ich drehe auf dem Absatz um und stürme die Treppe runter.

Wo soll ich jetzt nur hin?

Ich laufe bis mir die Füße schon weh tun, dann laufe ich den ganzen Weg zurück und verkrieche mich in meinem Zimmer. Ich nehme eine kleine Karte von meinem Schreibtisch und wähle die Nummer.

„Privatklinik am Madison Square. Was kann ich für sie tun?“ meldet sich eine Frau.

„Ich brauche so schnell wie möglich einen Termin bei ihnen.“ Meine Stimme zittert und egal, wie sehr ich versuche es zu unterdrücken, ich schaffe es einfach nicht.

„In welcher Woche sind sie?“ erkundigt sich weiter.

„In der 11.“ Ich versuche durch zu atmen, aber ich kann nicht.

„Gut, können sie gleich vorbei kommen? Wir können keinen Eingriff ohne Beratungsgespräch vornehmen.“ Erklärt sie mir.

„Ja sicher, ich kann in 20 Minuten bei ihnen sein.“ Sage ich leise, nehme meine Jacke und betrete den Flur.

Jenna kommt gerade von ihren Vorlesungen und ich schaffe es nicht einmal sie anzusehen.

„Ana.“ Sagt sie leise und ich sehe auf, ich sehe ihr erstaunen über meinen Zustand und wende mich schnell ab.

Wenn ich nur halb so schlimm aussehe, wie ich mich fühle, dann reicht das…

Ich drücke auf den Knopf für den Fahrstuhl und meine Hand zittert so sehr, das ich meine Hände ineinander verschlingen muss um sie ruhig zu halten.

„Ana warte.“ Versucht er Jenna erneut.

„Zu spät.“ Sage ich leise und die Fahrstuhltüren gleiten zu.

Ich nehme mir ein Taxi zur einer Privatklinik im Herzen Dublins und betrete die Anmeldung.

„Anastasia Coleman.“ Melde ich mich an.

„Nehmen sie bitte Platz.“ Die Frau deutet in eine Warteecke und ich setze mich.

Es dauert nicht lange und ich werde von einem älteren Arzt in sein Sprechzimmer gebeten.

„Sie haben sich für einen Schwangerschaftsabbruch entschieden Miss Coleman?“ fragt er kaum das ich Platz genommen habe und nimmt sich einen Fragebogen.

„Ja.“ Meine Stimme ist nicht mehr wie ein Hauch.

„Haben sie alle anderen Optionen in Betracht gezogen?“ fragt er seine Liste weiter ab.

„Ja.“ Sage ich und starre auf meine Hände.

„Ihre Familie?“ hakt er nach.

„Lebt in den USA.“ Antworte ich.

„Freunde?“

„Ich habe keine.“ Meine Stimme bricht.

„Der Vater des Kindes?“ seine Stimme ist einfühlsam und ich sehe auf, gütig sieht er mich an.

„Weiß es nicht.“ Gebe ich zu.

„Meinen sie nicht, es gibt noch eine andere Lösung?“ sein Blick wird weich und ich schlucke.

„Glauben sie mir, wenn ich irgendeinen anderen Weg sehen würde, dann würde ich ihn gehen.“ Versichere ich ihm.

„Gut Anastasia, ich habe morgen um 13 Uhr einen Termin für sie…“ Er drückt mir eine Karte in die Hand. „…schlafen sie noch eine Nacht drüber. Ich werde sie morgen vor dem Eingriff noch untersuchen, ich denke gegen 14 Uhr werden sie fertig sein.“ Bittet er mich und ich nicke.

„Vielen Dank Dr.“ ich sehe auf sein Namenschild „Michaels.“

„Gern geschehen Anastasia.“ Er reicht mir seine Hand und ich erwidere schwach seinen Händedruck.

Dann stehe ich wieder vor der Tür, laufe ziellos durch die kalten Straßen Dublins, in meinem Herz ist nur Leere und ich wische ununterbrochen meine Tränen beiseite.

Habe ich das wirklich verdient?

Bin ich ein so schlechter Mensch?

Irgendwann stehe ich vor einem Hotel und checke ein, es ist mir egal wie das Zimmer aussieht und ich rolle mich auf dem Bett zusammen und weine.

Ich weine um alles.

Meine Familie.

Meine Freunde.

Meine Liebe.

Mein Baby.

Nichts macht noch Sinn, alles war umsonst und wahrscheinlich hat Jenna Recht, ich habe mich nicht geändert, ich bin immer noch die egoistische Ana von früher. Und auch mein Dad hat Recht, ich habe es nicht anders verdient, als verurteilt zu werden.

Unter Tränen schlafe ich ein und erst das monotone Piepen meines Handys weckt mich.

Ich setze mich auf und sehe in den Nebel Dublins, alles liegt vor mir wie in Watte gepackt und ich schluchze trocken.

Meine Beine berühren den flauschigen Teppichboden und ich zucke zurück. Ich greife nach meinem Handy, auf dem unzählige Anrufe und SMS eingegangen sind, aber ich mache mir nicht die Mühe sie zu lesen.

Dazu habe ich einfach keine Kraft…

Ich drücke die 2 in meinem Kurzwahlspeicher und warte einen Moment.

„Ana!“ Aiden ist nach dem ersten Klingeln schon dran.

„Aiden, ich…“ melde ich mich leise und meine Stimme bricht.

Meine Stimme scheint nach einer Nacht voller Tränen nicht mehr mir zu gehören.

„Gott Ana. Wo bist du?“ er klingt wirklich besorgt.

„Das ist egal.“ Wiegele ich ab. „Ich habe eine Entscheidung getroffen.“

„Nein Ana, tu das nicht.“ Bittet er mich.

„Es gibt keine andere Lösung. Ich werde verurteilt werden und ich kann Nate nicht zumuten…“ ich breche erneut ab und schluchze leise. „Es tut mir leid, es tut mir alles so leid. Ich habe Dex und Grace enttäuscht. Jenna und vor allen Dingen Nate. Es tut mir so unendlich leid, dass ich auch dich enttäusche.“ Damit lege ich auf und wickele mich wieder in die Bettdecke ein.

Dieses Hotel ist seelenlos, es hat nichts gemütliches, nichts was es auch nur ansatzweise heimelig macht.

Jetzt ist wirklich der Moment, wo ich mich das erste Mal in Irland verlassen und verloren fühle.

Mal wieder habe ich es nicht auf die Reihe bekommen…

Mal wieder bin ich gescheitert…

Um kurz nach 12 stehe ich mechanisch auf, schlüpfe in meine Jeans, bezahle das Zimmer und laufe wieder durch die Straßen Dublins.

Am Empfang werde ich sofort in ein Behandlungszimmer gebracht.

„Nehmen sie Platz Miss Coleman, ich bin gleich wieder da. Ziehen sie am Besten schon mal ihre Hose und ihre Schuhe aus.“ Die Schwester lächelt mir aufmunternd zu und ich komme ihrer Bitte nach.

Meine Beine baumeln von der Behandlungsliege und mein Herz schmerzt in meiner Brust.

Es ist falsch Ana… höre ich John seine Stimme und Tränen steigen in mir auf.

„Sind sie bereit Miss Coleman?“ die Schwester kommt zurück und ich nicke leicht, obwohl ich weinend weg laufen will.

In mir wächst ein kleiner Mensch heran, ein Ergebnis der Liebe zwischen mir und Nate und wie gerne würde ich ihm oder ihr die Welt zu Füßen legen.

Aber welche Welt?

Meine Welt?

Eine Welt in der ich mal wieder total versagt habe?

Ich habe den Mann, den ich mehr wie mein Leben liebe, enttäuscht und ihm nicht einmal den Grund gesagt.

Ich habe die Menschen, die mein Leben endlich wieder lebenswert gemacht haben enttäuscht… Dex, Grace, Jenna, Aiden.

Meine Liste mit den Menschen die ich enttäuscht habe, wächst von Tag zu Tag.

„Legen sie sich bitte hin, der Arzt ist in wenigen Minuten bei ihnen.“ Sie lächelt freundlich, doch mein Gesicht ist so verkrampft, das ich es nicht erwidern kann. Meine Gedanken schwirren wirr in meinem Kopf umher, ich bekomme sie nicht zu fassen und kann sie nicht einmal zu Ende denken.

Erst einmal muss ich das hier überstehen…

Sie lässt mich wieder allein in dem sterilen Zimmer und ich schluchze trocken, meine Hand legt sich auf die kleine Wölbung meines Bauches und ich bete still, dass ich die Kraft habe das hier zu überstehen.

Ich trage Nates T-Shirt, sein Lieblingsshirt und meine Hände krallen sich in den Stoff.

„STOPP!“ die Tür wird aufgerissen und ich komme verwirrt hoch.

„Nein Ana!“ Nate und Aiden stehen in der Tür, verwirrt und unter Tränen sehe ich sie an.

„Tut mir leid, aber sie können hier nicht rein.“ Die Schwester von eben sieht die Beiden empört an.

„Ana, ich bitte dich…“ Aiden führt Nate zu mir und legt seine Hand auf meine.

„Bitte Schwester, die Beiden müssen dringend was klären, es geht um alles.“ Aiden sieht zu ihr „Geben sie ihnen nur ein paar Minuten.“ Fleht er sie an.

„Sie haben 5 Minuten, dann kommt Dr. Michaels für die Untersuchung.“ Sie sieht zu mir und ich nicke.

Die Tür schließt sich hinter ihnen und ich merke wie sehr meine Hand in Nates zittert.

„Warum hast du es mir nicht gesagt?“ flüstert er. „Oh Baby, ich liebe Dich so sehr.“ Er küsst meine Hand.

„Nate, das mit uns war von Anfang an ein Fehler…“ ich will ihm meine Hand entziehen.

„Nein Ana, wie kann etwas was sich so wunderbar anfühlt auch nur im Ansatz ein Fehler sein? Ana, du und ich wir werden Eltern, es gibt nicht Schöneres und Wertvolleres auf der Welt.“ Seine andere Hand legt sich auf meinen Bauch. „Ich liebe Dich Ana, ich liebe dich so sehr.“

Ich sehe ihn an und wieder einmal zerreißt es mir das Herz, als er weinend seinen Kopf in meinen Schoß legt.

„Bitte Ana, ich brauche dich.“ Schluchzt er.

„Nate…“ flüstere ich verzweifelt „Ich habe eine Entscheidung getroffen, ich muss in ein paar Tagen vor Gericht und mein Anwalt sieht keine Chance, dass ich da ansatzweise glimpflich raus komme. Was bitte soll ich einem Kind bieten? Eine Mutter, die ihr eigenes Leben nicht in den Griff bekommt, die ihre beste Freundin vor den Kopf stößt, deren Eltern mit ihr abgeschlossen haben und die dem Mann, den sie liebt, die Zukunft verbaut?“

„Baby, das alles ist egal…“ er kommt hoch „Ich liebe Dich, du bist mein Leben…. Ihr seid mein Leben… Bedingungslos.“ Er legt eine Hand unter mein Kinn und die andere auf sein Herz.

„Ich will nicht ohne dich leben Ana.“ Die Verzweiflung ist in jedem einzelnen Wort zu hören und ich schlucke schwer. „Wir finden einen Weg. Es gibt immer einen Weg, das hast du mir bei gebracht Ana.“ Er beugt sich zu mir und ich komme ihm entgegen um ihn zu küssen.

„Ich liebe Dich.“ Hauche ich.

„Ich liebe Dich auch.“ Er küsst mich erneut.

„Ich habe dich so vermisst.“ Gestehe ich ihm tränenerstickt.

„Ich dich auch, die letzten Tage und Wochen waren die Hölle auf Erden.“ Er zieht mich in seine Arme. „Bitte Ana, egal was immer passieren mag, rede mit mir.“

„Nate, ich weiß nicht wo mir der Kopf steht, ich weiß nicht, wer ich bin und ich habe nicht die geringste Ahnung, wie es weiter gehen soll.“ Meine Stimme klingt abgehakt, da ich nicht aufhören kann zu weinen.

„Baby…“ er hält mich fest an sich gepresst „… Wir finden eine Lösung und erst einmal bringe ich dich von hier weg. Wir werden jetzt nach Hause gehen.“

„Ich habe kein Zuhause.“ Weine ich.

„Doch Ana, dein Zuhause ist bei mir.“ Er zieht mich von der Liege hoch. „Dein Zuhause wird immer bei mir sein.“

„Ich muss mir noch eine Hose anziehen.“ Sage ich leise und nehme meine Hose von der Stuhllehne und schlüpfe hinein, dann binde ich mir meine Turnschuhe zu und nehme seine Hand fest in meine. Die Wärme die mich durchströmt geht direkt in mein Herz und das erste Mal seit langem entspannt es sich.

„Grace und Dex sind übrigens bei mir, ich soll dir ausrichten, dass du dir schon mehr einfallen lassen musst um sie los zu werden.“ Er küsst meine Stirn.

„Sie sind nicht böse wegen mir und dir?“ frage ich erstaunt.

„Nein Ana, sie lieben dich. Wenn du glücklich bist, dann sind sie es auch. Klar, Dex ist nicht begeistert, aber wir werden eine Lösung finden und Grace hat es geahnt, sie meinte du hast vor einiger Zeit mal erwähnt, das du dich verliebt hast, allerdings hatte sie keine Ahnung, das ich es war und ich dich überzeugen konnte, das Risiko einzugehen.“ Er tastet nach dem Türgriff und will die Tür öffnen.

„Miss Coleman.“ Mein Arzt kommt herein und sieht mich und Nate verwundert an.

„Dr. Michaels ich habe mich gegen eine Abtreibung entschieden.“ Sage ich und merke wie stark meine Stimme plötzlich wieder klingt.

„Das freut mich wirklich zu hören.“ Er reicht mir seine Hand „Bitte holen sie sich ungehend einen Termin bei ihrem behandelnden Gynäkologen.“ Gibt er mir noch mit auf den Weg und öffnet uns dann die Tür.

„Vielen Dank.“ Ich nicke ihm kurz zu und Aiden, der an der Anmeldung gewartet hat, nimmt mich fest in den Arm.

„Tut mir leid, dass ich mich eingemischt habe, aber ich konnte euch nicht mehr leiden sehen.“ Er sieht mich entschuldigend an.

„Danke Aiden.“ Ich drücke ihm einen Kuss auf die Wange.

„Geht es dir denn gut? Wir sind doch nicht zu spät gekommen, oder?“ er betrachtet mich eingehend und ich schüttele meinen Kopf.

„Nein Aiden.“ Ich lege meine und Nates Hand auf meinen Bauch.

„Ich werde Daddy.“ Nate küsst meine Stirn.

„Ich bin so erleichtert.“ Aiden drückt mich an sich.

„Glückwunsch.“ Er nimmt auch Nate in den Arm.

„Ich weiß, was ich dir zu verdanken haben.“ Erwidert dieser erstickt.

„Ihr seid meine besten Freunde, ich war es euch schuldig.“ Aiden sieht zu mir.

„Du bist mir nichts schuldig Aiden, eher bin ich dir was schuldig…“ ich drücke ihn erneut an mich.

„ANA!“ Jenna kommt herein gestürmt und drückt mich unter Tränen an sich.

„Es tut mir so leid.“ Schluchzt sie haltlos und auch mir stiegen wieder die Tränen in die Augen.

„Hey, hey…“ ich streiche ihr über den Rücken und sehe zu Aiden.

Dieser zuckt nur hilflos mit den Schultern und Nate tritt einen Schritt zurück.

„Was tut dir leid Jenna? Ich muss mich doch bei dir entschuldigen. Ich war nicht ehrlich zu dir.“ Ich nehme ihr Gesicht in meine Hände.

„Oh nein Ana…“ sie schüttelt trotzig ihren Kopf „Ich war doof, ich war so doof. Du und Nate, ihr seid ein wunderbares Paar und ich habe absolut falsch reagiert. Als Aiden mich heute Morgen anrief und mir sagte, was du vor hast…“ sie schluchzt erneut „Noch nie in meinem Leben habe ich mich so schlecht gefühlt. Du hättest mich als Freundin gebraucht und ich war nicht da. Mein Gott, du bekommst ein Baby. Oder…?“ sie traut sich nicht die Frage zu Ende zu stellen.

Ich streiche ihr über die Wange „Jenna, du bist meine beste Freundin und ja, Nate und ich bekommen ein Baby.“

„Oh Ana.“ Sie drückt mich erneut an sich.

Josh kommt nun ebenfalls durch die Tür gestürmt, hält sich schwer atmend die Seiten und bleibt vor uns stehen.

„Gott Ana, ich war noch nie in meinem Leben so froh dich zu sehen!“ gibt er zu und drückt mich nun auch an sich.

„Hi Josh.“ Ich lächle schwach. „Meinst du, du kannst Jenna nach Hause bringen? Ich habe noch ein paar Sachen zu klären.“ Ich sehe ihn bittend an und er nickt.

„Klar doch.“ Er nimmt Jenna fürsorglich in den Arm.

„Alles ist gut.“ verspreche ich ihr.

Was uns Beide betrifft ist alles gut, aber was den Rest angeht… Das wird sich erst zeigen müssen.

„Ich liebe Dich Ana.“ Jenna dreht sich zu uns um und ich schicke ihr einen Luftkuss.

Nate greift nach meiner Hand.

„Lass uns zu Grace und Dex.“ Er nickt mir zu.

„Kommst du mit?“ bittend sehe ich zu Aiden.

„Klar komme ich mit.“ Nate sieht verwirrt in meine Richtung.

„Ich habe Aiden gebeten mitzukommen…“ erkläre ich ihm „Wir müssen besprechen, wie es weiter gehen soll und ich möchte, das er mit dabei ist.“

„Aber sicher.“ Nate beugt sich zu mir und küsst mich innig.

Wir verlassen das Krankenhaus und ich merke, wie unsicher ich auf meinen Beinen bin, die letzten Tage stecken mir mehr in den Knochen, als ich jemals zugeben würde.

Besorgt stützt mich Nate auf dem Weg zum Auto und wir Beide steigen hinten ein.

„Morgen lassen wir euch erst einmal durchchecken, ich will sicher sein, das dir nichts fehlt.“ Er haucht mir einen Kuss auf die Schläfe.

„Mir geht es gut…“ ich sehe ihn an und streiche ihm über die Wange „Jetzt geht es mir gut.“

Er schließt seine Augen.

„Bitte verlasse mich nie wieder…“ wispert er „Ich kann ohne dich nicht leben, ich brauche dich.“

„Oh Nate.“ Ich beuge mich zu ihm, nehme sein Gesicht in meine Hände und küsse ihn. „Ich verspreche es dir.“

Aiden dreht sich zu uns um und betrachtet mich ganz genau.

„Du siehst sehr müde aus Ana, wir machen das heute nicht mehr lange. Ich möchte, dass du dich ausruhst und etwas zu Ruhe kommst. Du bist blass und gefällst mir überhaupt nicht.“ Er sieht mich ernst an und ich weiß, gerade jetzt spreche ich nicht mit Aiden meinem besten Freund, sondern mit Aiden dem Arzt.

„Wir haben so viel zu besprechen…“ gebe ich zu bedenken.

„Eure Probleme laufen euch nicht davon Ana, du musst auf dich achten. Auf dich und das Baby.“ Ermahnt er mich eindringlich.

„Aiden hat Recht Baby, ich merke, wie du immer noch zitterst und das du eiskalte Hände hast. Unsere Probleme werden auch morgen noch da sein und ich wünsche mir seit zwei Wochen nichts sehnlicher, als endlich wieder neben dir einzuschlafen.“ Er küsst meine Fingerknöchel.

„Okay.“ Hauche ich und wir parken von Nates Haus.

Aiden stützt mich auf dem Weg zu Nates Wohnung und Grace schlägt entsetzt die Hand vor den Mund, als Aiden die Tür aufschließt und Nate mit mir herein kommt.

„Ana.“ Haucht sie und ich sehe sie mit Tränen in den Augen an.

„Es tut mir so leid Grace.“ Einzelne Tränen laufen über mein Gesicht.

„Oh nein Ana.“ Sie nimmt mich in den Arm und drückt mich an sich. „Ich liebe dich so sehr.“ Nun weint auch sie.

Dex schluckt schwer und legt dann seine Arme um uns Beide.

„Mir tut es leid Ana, ich hätte dich nicht so anfahren dürfen.“ Entschuldigt er sich und ich sehe ihn mit großen Augen an.

„Ich war nicht ehrlich zu dir, aber ich wollte dich nicht in Schwierigkeiten bringen.“ Gestehe ich ihm.

„Das weiß ich zu schätzen…“ er küsst meine Stirn „Aber das war der falsche Weg.“ Fügt er hinzu und ich nicke.

„Und dein… euer…“ Grace sieht mich an, ich nehme ihre Hand und lege sie auf meinen Bauch.

„Dem Baby geht es gut.“ sage ich leise und sie atmet erleichtert durch.

„Wir sollten uns setzen…“ Dex deutet auf die Couch und ich sehe, dass auf dem Couchtisch schon zig Unterlagen liegen und Dex sein Laptop neben dem von Nate steht.

„Ich habe uns Tee gemacht.“ Grace geht in die Küche und reicht mir eine Tasse Tee, während mich Nate auf die Couch bugsiert. Er setzt sich neben mich und legt seinen Arm beschützend um mich, während sich Grace und Dex auf die andere Couch und Aiden auf den Sessel setzt.

Nachdem alle erst einmal einen Schluck Tee getrunken habe sehe ich in die Runde.

„Welchem Problem widmen wir uns zu erst?“ ich seufze leise. „Ich meine genug habe ich ja zur Auswahl.“ Füge ich verbittert hinzu.

„Ana…“ Grace sieht mich liebevoll an.

„Nein Grace…“ ich winke ab und merke, wie sich mein ganzer Körper verspannt „Ich habe es mal wieder geschafft.“ Ich schlucke schwer.

„Jetzt hörst du mir mal zu Anastasia Coleman…“ sie kommt zu mir und hockt sich vor mich hin.

Wow, Anastasia Colemann, ich glaube, ich kann an einer Hand abzählen, wann sie meinen vollen Namen benutzt hat.

„… Du hast nicht immer die richtigen Entscheidungen getroffen, aber du hast alle Entscheidungen aus Liebe und aus dem Versuch heraus, die zu schützen, die du liebst, getroffen. Wir werden heute nicht für alle Probleme Lösungen finden, aber wir werden versuchen eine Richtung zu finden. Denn eins ist sicher, du und Nate ihr werdet Eltern und ihr gehört zusammen.“ Sie drückt meine Hand und ich sehe sie dankbar an.

Sie nickt mir zu und ich erwidere es leicht, dann setzt sie sich wieder.

„Also gut, als erstes das Trinity…“ sie nimmt sich das Regelwerk der Uni zur Hand und ich sehe zu Dex.

„Glaub’ mir Ana, sie hat das Ding studiert.“ Gibt er zu.

„Also erstens Mal muss ich sagen, das die Regeln hier wohl anscheinend aus dem Mittelalter stammen…“ sie stöhnt „Aber… auch im Mittelalter gab es Schlupflöcher.“ Sie grinst leicht und Aiden lacht leise. „Hier steht: Lehrkörpern des Trinity Colleges ist eine persönliche Beziehung mit Studierenden an der Universität nur dann gestattet, wenn sich ihre persönliche Beziehung wie folgt äußert:

Familienzugehörigkeit bis zum vierten Grad

Im Rahmen einer Eheschließung

und im Rahmen einer Adoption. Für diese Fälle gilt das Recht einer Anhörung durch den vorsitzenden Dekan.“ Sie sieht zu mir und ich sehe zu Nate.

„Adoption kommt wohl nicht in Frage…“ er grinst schief „Baby?“ er lächelt leicht „Die Lösung liegt auf der Hand und ja, ich gebe zu ich habe schon daran gedacht. Ich weiß nur nicht, ob dir diese Idee gefällt.“ Er fährt sie durch die Haare und jetzt lächle ich.

Ich weiß genau, worauf er hinaus will.

Ich streiche ihm eine störrische Strähne aus der Stirn und hauche ihm einen Kuss auf die Lippen „Ja Nate.“

„Du weißt, worauf du dich einlässt?“ fragt er und ich nicke. „Du nickst hoffentlich.“ Er kaut leicht auf seiner Unterlippe.

„Ja Nate, das weiß ich…“ ich nehme ihn in den Arm.

„Steh nur ich auf dem Schlauch?“ fragt Aiden plötzlich und ich lächle ihn an.

„Ich werde Nate heiraten.“ Erkläre ich ihm und er sieht uns mit großen Augen an. „So schnell wie nur möglich.“ Füge ich hinzu und Nate strahlt mich an.

„So schnell wie möglich wird nicht reichen, selbst wenn das hilft dich an der Uni zu halten, in drei Tagen musst du nach L.A. und wenn ihr bis dahin nicht verheiratet seid, dann heißt beinahe jedes Urteil Bye, bye Dublin.“ Dex wälzt einen weiteren Stapel Papiere.

„Ich habe einen Freund beim Standesamt, er schuldet mir noch was.“ Aiden springt auf. „Wartet einen Moment.“

Er geht raus und Grace lächelt mich kopfschüttelnd an.

„Also eins muss ich dir lassen Ana…“ sie legt ihre Papiere weg „Mit dieser Entscheidung bin ich absolut einverstanden.“

„Danke Grace, es bedeutet mir viel.“ Gebe ich zu.

„Zu deinem Prozess…“ unterbricht und Dex „Und ja Ana, auch ich finde diese Entscheidung richtig.“ Er deutet auf Nate „Er ist ein guter Mann.“ Erklärt er mir ganz ersnt, dann sieht er wieder auf die Unterlagen „Dieser Mr. Graham ist Schrott, ich glaube, der hat gar nicht vor dich wirklich da raus zu holen.“ Gibt er zu.

„Mein Dad macht auch nicht den Eindruck als wäre es ihm wichtig.“ Werfe ich ein.

„Aber mir ist es wichtig…“ er sieht mich liebevoll an „… Da ich beide Staatsexamen und mein Volontariat abgeschlossen und bestanden habe, haben Grace und ich beschlossen, das ich dich vertreten werde.“ Erklärt er mir. „Und Nate ebenfalls, zu alledem hast du auch noch das Recht dich selbst zu verteidigen und der Plan, den Nate du ich ausgearbeitet haben, beinhaltet genau das.“

Ich sehe erst zu ihm und dann zu Nate.

„Ich gebe dich niemals auf.“ Grinst Nate „Ich und Dex haben heute Vormittag eine Woche Urlaub ab sofort eingereicht.“ Erklärt er mir.

„Ihr sollt euch nicht für mich in Schwierigkeiten bringen.“ Ich schüttele mit dem Kopf.

„Ich enttäusche dich nur ungern, aber wir bringen uns nicht in Schwierigkeiten.“ Dex grinst schief „Auch wenn wir Lehrer sind, steht uns Urlaub zu… Gut, Dekan Holloway war jetzt nicht ganz so begeistert, aber er hat dem zu gestimmt. Du wirst mit mir, Grace und Nate nach L.A. fliegen, wir…“

„Morgen um 11 Uhr.“ Aiden kommt wieder herein und strahlt uns an.

„Wie bitte?“ ich traue meinen Ohren nicht.

„Na ja, ihr habt gesagt schnell und schneller ging es nun wirklich nicht.“ Er zuckt mit den Schultern „Ihr braucht eure Geburtsurkunden oder zu mindestens beglaubigte Kopien, insgesamt 4 Trauzeugen und 30 Minuten Zeit.“

Ich sehe zu Dex und Grace und Grace klatscht in die Hände.

„Das ist großartig.“ Sie steht auf und umarmt Aiden.

„Grace, hast du morgen um 11 Uhr was vor?“ frage ich, zwar immer noch geschockt, aber wieder im Besitz meiner Denkfähigkeit.

„Du meinst…“ setzt sie an.

„Ja Grace, ich hätte gerne dich und Dex als Trauzeugen.“ Ich lächle leicht und sie sieht zu Dex.

„Aber sicher Kleines, es wäre uns eine Ehre.“ Dex steht auf und ich nehme beide in den Arm. „Und wie gut, dass du mich zum Onkel hast, in den Unterlagen deines Anwaltes war deine Geburtsurkunde mit Stempel.“ Er zwinkert mir zu.

„Aiden? Ich brauche dich und Jenna morgen.“ Sagt Nate und Aiden lacht auf.

„Warum habe ich mir das fast gedacht?“ fragt er und nimmt ihn nun auch in den Arm.

„Gott, ich heirate morgen…“ ich merke, wie mir mal wieder die Farbe aus dem Gesicht weicht.

„Ana?“ Aiden kommt zu mir und setzte mich auf der Couch ab. „Haben wir jetzt alles besprochen? Ich meine soweit es geht? Ana muss sich ausruhen.“ Er sieht in die Runde.

„Ja klar.“ Sagt Grace sofort. „Ich bin morgen um 9 Uhr hier, wir müssen dir noch was schickes zum anziehen besorgen. Okay sagen wir um 7 Uhr.“ Sie zwinkert mir zu, schickt mir einen Luftkuss und schnappt sich Dex, der gerade seinen Laptop verstaunt hat. Dieser haucht mir einen Kuss auf die Stirn und dann ziehen die Beiden hinter sich die Tür ins Schloss.

„Ich gehe kurz an mein Auto und hole mein Blutdruckmessgerät.“ Aiden nickt mir zu.

Dann plötzlich sind Nate und ich alleine und er zieht mich in seine Arme.

„Ich liebe dich über alles.“ Haucht er dicht neben meinem Ohr.

„Ich dich auch und ich kann es kaum erwarten Mrs. O’Brian zu sein.“ Ich lächle leicht.

„In weniger wie 24 Stunden wirst du es sein.“ Verspricht er mir.

Aiden kommt zurück und ich lege mich auf die Couch.

„Nate? Ich habe Jenna angerufen, sie fährt dich gleich zu deinen Eltern, da du mit Sicherheit deine Geburtsurkunde nicht hier hast. Verkauf ihr deine Hochzeit ja häppchenweise und am Besten auf einem gerade Stück Straße.“ Erklärt er ihm ohne mit der Wimper zu zucken.

„Wie besorgt du doch immer um mich bist.“ Nate verdreht die Augen.

„Ja, aber im Moment mache ich mir eher Sorgen um deine zukünftige Frau…“ er sieht auf sein Blutdruckmessgerät „Ana, dein Blutdruck ist im Keller. Ich helfe dir jetzt ins Bett und bleibe bei dir, bis Nate wieder da ist.“ Er sieht mich besorgt an.

„Aiden…“ setzt Nate an.

„Ganz ruhig Nate, die letzten Wochen waren einfach ein bisschen zu viel für Ana. Sie muss sich ausruhen und keine Angst, ich passe auf, das sie das auch tut.“ Versichert er ihm.

„Ich kann doch auch hier bleiben und du fährst zu meinen Eltern…“ Nate setzt sich auf die Armlehne der Couch und streicht mir über den Kopf.

„Klar doch… ich sage Alice und Cal, dass ihr einziger Sohn heiratet. Ey, das ist nicht dein Ernst? Das machst du schön selber und sage ihnen doch auch gleich, das sie Großeltern werden.“ Feixt er.

„Meinst du nicht, das sie sich freuen?“ frage ich ängstlich und beide lachen.

„Meine Eltern werden vor Freude ausflippen und genau das macht Aiden Angst.“ Nate küsst meine Stirn, als es an der Wohnungstür klingelt.

„Ana…“ setzt Jenna an.

„Keine Zeit Jenna.“ Nate packt sie am Arm und bugsiert sie nach draußen.

Jennas Protest höre ich noch, bis sie im Treppenhaus verschwinden.

„Sind wir verrückt?“ frage ich Aiden, als er mir nach einer kurzen Dusche ins Bett hilft und sich ans Kopfende setzt, damit ich meinen Kopf in seinen Schoß legen kann.

„Nein Ana, ihr seid für einander bestimmt.“ Versichert er mir und ich merke, wie gefühlte Sekunden später einschlafe.

„Hey Kleine, aufwachen.“ Werde ich von Graces sanfter Stimme geweckt und blinzele gegen das Sonnenlicht, na ja dem Teil davon der schon da ist.

„Wie spät?“ nuschele ich.

„Um kurz nach 7.“ Sie setzt sich auf die Bettkante und streicht mir über den Rücken.

Ich drehe mich zu ihr um und sie nimmt lächelnd meine Hand in ihre.

„Wo ist Nate?“ frage ich verwundert.

„Der hat bei seinen Eltern geschlafen und ist jetzt mit den Jungs los, keine Angst, sein Tag wird auch nicht weniger anstrengend.“ Sie zwinkert mir zu.

„Ich heirate heute.“ Grinse ich und sie nickt zustimmend.

Dann erfasst mich eine Welle der Übelkeit, ich springe aus dem Bett und schaffe es gerade noch rechtzeitig über die Toilettenschüssel.

„Oh Kleines, geht es dir besser?“ Grace reicht mir einen Waschlappen, nachdem ich mich erleichtert habe und mich erschöpft zurück lehne.

„Hmm.“ Ich rappele mich auf und sehe in den Spiegel. „Gott, so kann er mich nicht heiraten…“

„Kleines, dein zukünftiger Mann liebt dich…“ sagt sie sicher „Wenn er von dir spricht, dann erhellt sich sein ganzes Gesicht und er strahlt… außerdem ist er blind, er würde dich auch in einem Müllsack heiraten.“ Winkt sie leise lachend ab.

„Nicht hilfreich Grace.“ Rüge ich sie.

„Okay, nächster Versuch…“ sie tippt sich an die Lippen „… Du gehst jetzt duschen, in 30 Minuten erwartet uns Jenna bei einem Friseur in der Innenstadt. Irgendein Bekannter von Ronan. Habt ihr eigentlich für alles Freunde?“ sie sieht mich erstaunt an und ich zucke mit den Schultern „Egal…“ winkt sie ab „Nachdem unsere Haare gemacht wurden gehen wir zu Chloe’s, ausnahmsweise mal eine Freundin von mir, wir besorgen dir ein Kleid und dann würde ich sagen heiratest du. Fragen?...Nein? Also duschen.“ Sie deutet auf die Duschkabine und geht raus „Du hast 15 Minuten!“ ruft sie mir durch die geschlossene Tür zu.

Ich ziehe mich aus und trete unter den angenehm heißen Duschstrahl. Grace ist verrückt…

Ich merke, wie viel sie mir bedeutet und das es wirklich ein Weltuntergang wäre, wenn ich sie und Dex nicht an meiner Seite hätte.

Sie haben mich gerettet.

Eigentlich haben alle in Dublin mich irgendwie und jeder auf seine Weise gerettet.

Kurz denke ich darüber nach, was Grace wohl ihrem Chef erzählt hat, das sie eine Woche Urlaub bekommt. Denn ich weiß, die Werbeagentur für die Grace arbeitet hat im Moment wirklich viele Aufträge.

„Beeil dich!“ Grace hämmert an die Tür, notgedrungen verlasse ich meinen wärmenden Kokon und ziehe mir schnell neue Unterwäsche und ein T-Shirt an.

Als ich ins Wohnzimmer komme hält mir Grace eine Jeans hin und ich ziehe auch die schnell über.

„Binde dir ein Handtuch um die nassen Haare, ich habe keine Lust Ärger von deinem Mann zu bekommen, wenn du dich erkältest.“ Sie schickt mich zurück ins Bad und ich wickele mir einen Turban mit dem nächstbesten Handtuch.

Schnell Turnschuhe, einen Pulli und die Jacke und schon sitze ich in Grace’ Auto.

Diese kann nicht aufhören zu strahlen und als wir an einem kleinen Friseursalon ankommen, da zieht mich erst einmal eine kreischend, hüpfende und völlig aufgedrehte Jenna aus dem Auto.

„Ich glaub es nicht!“ jubelt sie „Du und Nate, ihr heiratet heute!“ sie drückt mich an sich.

„Ja Jenna, die Beiden heiraten…“ sie sieht auf ihre Uhr „In genau 3 Stunden und 5 Minuten, also husch…“ scheucht Grace Jenna und mich in den Salon.

Wir bekommen jeweils eine Mitarbeiterin zu geteilt und ehe ich wirklich weiß, was um mich herum passiert, werde meine Haare aufgedreht, hochgesteckt und was weiß ich mit ihnen angestellt. Irgendwann macht sie sich auch an meinem Gesicht zu schaffen und atmet erleichtert mit einem Blick auf die Uhr durch.

„Eine Stunde 15 Minuten. Rekord.“ Grinst sie und dreht meinen Stuhl zum Spiegel.

„Wow…“ ich betrachte staunend mein Spiegelbild.

Meine Haare sind wirklich traumhaft hoch gesteckt, mit einer weißen Blume verziert und sanfte Locken rahmen mein Gesicht ein und Wahnsinn, was Make up ausmachen kann. Meine blauen Augen sind wunderbar betont, das Rouge lässt mich frisch aussehen und der Lipgloss rundet alles ab.

„Was meint ihr?“ ich drehe mich zu Grace und Jenna um.

„Du siehst zauberhaft aus Kleines und jetzt komm.“ Grace lächelt und zieht mich vom Stuhl hoch.

Auch ihre und Jennas Haare wurden hochgesteckt und sie haben ein frisches, dezentes Make up bekommen.

Man, diese Frauen sind wahre Künstlerinnen…

Eine halbe Stunde später stehen wir in einer ziemlich edlen Boutique und ich sehe mich suchend um.

„Willst du ein weißes Kleid?“ Jenna sieht sich ebenfalls um.

„Nein…“ ich lächle „Ich möchte ein blaues, blau wie das Meer.“

Grace, die mit einer Verkäuferin zu uns kommt sieht zu dieser und sie packt mich am Handgelenk.

„Blau also.“ Sagt sie und ich nicke.

Schwupps und schon stehe ich in der Umkleidekabine.
„Größe?“ fragt mich Grace.

„36.“ Antworte ich perplex.

„Wunderbar…“ Grace klatscht in die Hände „Zieh dich aus.“ Weist sie dann mich an und läuft los.

Jenna reicht mir zuerst ein dunkelblaues Unterwäsche Set herein, ein BH ohne Träge und einen Slip.

Damit will ich mich nun wirklich nicht lange aufhalten und es sitzt perfekt, als ich es anziehe und die Preisschilder entferne.

Dann kommt ein Kleid nach dem anderen und als ich gefühlte 100 Kleider in der Kabine habe, da habe ich endlich das richtige gefunden.

Es ist in einem wunderschönen Blauton… kein hellblau, kein dunkelblau, irgendwas dazwischen und es erinnert mich an das Meer. Es ist schulterfrei, über der Brust gerafft und dann leicht ausgestellt. An der Brust und am Saum sind kleine blaue Steine eingearbeitet und ich finde es einfach nur wunderschön…

Langsam trete ich aus der Kabine.

„Oh Kleines…“ Grace schlägt die Hände vor den Mund „Du siehst zauberhaft aus.“

„Das Kleid ist wunderschön.“ Gibt auch Jenna zu und ich erstrahle.

„Jetzt passt die Blume aber nicht mehr.“ Gibt die Verkäuferin zu bedenken und Jenna und Grace sehen sich nickend an.

„Also gut, letzte Runde…“ Grace sieht zu Jenna und der Verkäuferin „Haarschmuck, eine Kette, Ohrringe, einen Bolero und Schuhe.“ Weist sie sie an und alle strömen in verschiedenen Richtungen davon.

Ich drehe mich zum Spiegel um und kann nicht aufhören zu lächeln.

Ich werde gleich Nate heiraten.

Sie kommen alle fast gleichzeitig zurück, ich bekomme eine neue passend blaue Blume, eine silberne Kette mit einem blauen Stein, passende Ohrringe und das passende Armband. Die Verkäuferin hat es auch noch tatsächlich geschafft ein Bolero, eine Nuance dunkler wie das Kleid und die passenden Schuhe in meiner Größe zu finden.

Ich atme tief durch und lächle, ja, das ist es.

Jenna und Grace stecken in dunkelblauen Etuikleidern und sehen wirklich beide super schick darin aus.

Eine halbe Stunde später sind wir auch schon auf dem Weg zum Standesamt und Grace reicht mir einen Orangensaft und ein Sandwich.

„Du stiegst nicht eher aus, ehe du das gegessen und getrunken hast. Du musst nicht nur an dich denken.“ Sie schenkt mir einen langen Blick und Jenna nickt zustimmend.

Gut, das sie sich mal wieder einig sind.

Obwohl mich weder nach etwas zu essen ist und ich von dem Wasser, welches sie mir schon den ganzen Tag einflößen, schon beinahe schlecht ist, mache ich gute Miene und esse und trinke brav.

Im Standesamt angekommen wartet Dex schon in der Eingangshalle auf uns.

„Wow Ana, du siehst zauberhaft aus.“ Er lässt mich eine Pirouette drehen und zieht mich dann in seine Arme.

„Danke Dex.“ Ich strahle ihn an.

„Sie warten auf uns.“ Dex deutet auf seine Uhr und wir steigen die Steintreppen hoch in den ersten Stock.

Dann sehe ich ihn und mein Herz schlägt sofort schneller in meiner Brust.

Langsam gehe ich auf ihn zu und instinktiv dreht er sich zu mir um. Er sieht so wahnsinnig gut aus, er trägt einen schwarzen Anzug mit einer schwarzen Weste und eine blaue Krawatte, fast die gleiche Farbe wie mein Kleid. Seine Haare sind etwas gestylt, aber der verwegene Look ist eindeutig geblieben. Ein lächeln liegt auf seinen Lippen und ich kann es nicht erwarten ihn zu küssen…

Doch bevor ich ihn erreiche, kommen Alice und Cal zu mir und nehmen mich in den Arm.

„Oh Ana.“ Alice wischt sich verstohlen eine Träne weg.

„Es tut mir so leid, dass das hier alles so kurzfristig ist.“ Entschuldige ich mich sofort und sie lächelt.

„Nein Ana, das ist genau richtig so.“ sie streicht mir über die Wange „Ich kann es nicht glauben…“ sie sieht zu Nate „Mein kleiner Junge heiratet wird ein Daddy.“ Sie drückt mich erneut an sich.

„Mum…“ stöhnt Nate auf und schiebt sie sachte beiseite.

„Hi Baby.“ Begrüßt er mich lächelnd und ich nehme ihn fest in den Arm.

„Tut mir leid, dass ich heute Nacht nicht nach Hause gekommen bin, aber meine Mum hat darauf bestanden, das ich meine Braut nicht sehen darf.“ Erklärt er mir grinsend „Macht nicht viel Sinn, oder?“ fügt er hinzu.

„Ana!“ nun kommt Aiden zu mir und zieht mich in seine Arme „Gott, du bist wirklich wunderschön. Nate sie hat ein traumhaftes…“

„Blaues Kleid an.“ beendet er seinen Satz und ich lache leise.

„Woher weißt du das?“ frage ich kopfschüttelnd.

„Weil ich dich kenne.“ Gibt er zu und ich küsse ihn erneut.

Dann begrüßen mich noch Charlie, Josh und Ronan und unsere Hochzeitsgesellschaft ist somit komplett.

„Es ist vielleicht nicht das, was du dir erträumt hast…“ Nate legt seine Stirn an meine.

„Es ist perfekt. Können wir dann jetzt heiraten?“ ich küsse ihn innig.

„Immer.“ Strahlt er und ein junger Mann kommt in den Flur.

„Nathaniel O’Brian und Anastasia Coleman?“ fragt er.

Ich nehme Nates Hand und wir gehen auf ihn zu.

„Blitztrauung?“ lächelt er nun und ich nicke eifrig.

„Kommt rein.“ Bittet er uns. „Ich bin Peter Grey, ich werde euch dann jetzt trauen. Peter.“ Er zwinkert uns zu.

Das Büro ist etwas schmucklos, aber immerhin stehen Blumen auf seinem Schreibtisch.

Auch Grace entdeckt die Blumen.

„Oh Gott Ana, du hast keinen Brautstrauß.“ Seufzt sie.

„Es ist egal Grace…“ beruhige ich sie „Ich heirate Nate, alles andere ist nebensächlich.“

„Nehmt Platz.“ Peter deutet auf zwei Stühle vor seinem Schreibtisch und deutet den anderen an, auf den in drei Reihen angeordneten Stühlen, Platz zu nehmen.

Bevor er anfängt, reichen ihm Dex und Alice noch die Geburtsurkunden und er lächelt leicht.

„Als mich gestern Nachmittag ein sehr guter Freund von mir anrief und mir sagte, das er den schnellstmöglichen Trautermin braucht, da war mein erster Gedanke, dass er Mist gebaut hat und da so schnell wie möglich raus muss…“ beginnt er und ich umklammere Nates Hand. Leises Lachen erfüllt den Raum und auch ich muss lächeln. „… Dann begann er mir die Geschichte von Nate und Ana zu erzählen und ich muss sagen, ich war ergriffen von dem, was die Beiden in den letzten Monaten durch gemacht haben. Es ist eine Sache eine Beziehung vor seinen Freunden zu verheimlichen, aber eine Beziehung, um den anderen zu schützen, völlig im Geheimen zu führen, ist dann doch etwas anderes. Ich bewundere Nate für seinen Mut zu seinen Gefühlen zu stehen, egal welche Konsequenzen es auch haben mag und ich bewundere Ana, die bereit war, ihr eigenes Leben, im übertragenden Sinne, aufs Spiel zu setzen um ihn zu schützen. Das diese Liebe heute durch ein Stück Papier öffentlich gemacht wird ist angesichts der Tatsache, das die Beiden im Mai nächsten Jahres Eltern werden, nebensächlich. Dieses Kind wird ihre Liebe krönen, es wird sie für immer zusammen schweißen und ihnen zeigen, dass es richtig ist für seine Liebe zu kämpfen. Egal gegen wen und egal unter welchen Umständen. Dieses Kind wird zeigen, das alles einen Sinn hat.“ Er nickt mir zu und mir läuft eine Träne über die Wange. Gerührt sehe ich zu Nate und auch ihm läuft eine einzelne Träne die Wange hinunter. Ich beuge mich zu ihm und streiche sie sanft fort. Er hält meine Hand in der Bewegung fest und küsst sie sanft.

„Ich würde sagen, es ist allen hier Anwesenden bewusst, wie sehr sich Ana und Nate lieben und ich komme nun zum offiziellen Teil. Steht ihr bitte auf.“ Er sieht zu uns und ich und Nate stehen auf und halten uns an den Händen.

„Bevor ich anfangen und ja ich weiß, das macht man eigentlich in der Kirche…“ er grinst „Möchtet ihr euch noch etwas sagen?“ fragt er an mich und Nate gewandt.

„Ja.“ Sagt Nate und ich lächle. „Ana…“ er atmet tief durch „… Die letzten beiden Wochen musste ich das Gefühl kennen lernen, wie ein Leben ohne dich wäre und schon als du nur wenige Minuten aus der Tür warst, da habe ich gespürt, das ich ohne dich nicht leben kann und will. Ana, du bist mein Leben. Du machst mich komplett und nur du kannst mich glücklich machen. Unser Baby bekommt eine wundervolle Mum und einen echt tollen Daddy…“ er grinst leicht und die anderen lachen leise „Eines wird diesem Kind niemals fehlen und das ist Liebe. Es ist das, was es am Meisten braucht und heute hier mit dir zu stehen beweist mir, dass es richtig ist, an die einzige, wahre Liebe zu glauben. Ich liebe Dich Ana und ich danke dir, das du mich zu deinem Mann nimmst.“ Er küsst meine Hände und die Tränen laufen mir übers Gesicht.

„Oh Nate…“ schluchze ich „Du hast mir gezeigt, das ich es Wert bin geliebt zu werden, mit und trotz meiner Fehler und ich bin nicht stolz auf die Entscheidungen die ich in den letzten Wochen getroffen habe, aber ich würde mich wieder so entscheiden um dich zu schützen.“ Gebe ich zu und er drückt leicht meine Hände „Nate, ich liebe Dich bedingungslos.“

„Das war berührend.“ Gibt Peter zu.

„Kannst du uns dann jetzt verheiraten?“ ich sehe ihn an und er lächelt.

„Sehr gerne…“ er nimmt sein Buch in die Hand „Nathaniel Andrew O’Brian, möchtest du die hier anwesende Anastasia Hariett Coleman zu deiner rechtmäßig angetrauten Ehefrau nehmen, möchten du dein Leben mit ihr teilen, mit ihr die guten und die schlechten Zeiten überstehen und sie immer lieben. So antworte bitte mit ja, ich will.“ Er sieht zu Nate und dieser lächelt.

„Ja, ich will.“ Sagt er schließlich und ich beginne zu strahlen.

Peter reicht mir seinen Ring und ich frage mich erstaunt, wo Nate die auf die schnelle aufgetrieben hat, aber als ich Aidens Blick sehe, da weiß ich, wer uns die Ringe gekauft hat. Er passt perfekt und trotz dessen das meine Hände zittern bekomme ich ihn über Nates Finger gestreift.

„Und du Anastasia Hariett Coleman, willst du den hier anwesenden Nathaniel Andrew O’Brian zu deinem rechtmäßig angetrautet Ehemann nehmen, möchtest du…“

„Ja, ich will.“ Unterbreche ich ihn, atme aus und Nate lacht leise.

„Darf ich die Frage noch zu Ende stellen?“ Peter sieht mich an und ich sehe ihn an.

„Egal was du mich jetzt fragst, ich sage zu allem ja.“ Gebe ich zu.

„Gut, wir kürzen das ab. Hat irgendjemand etwas dagegen, wenn diese Frau und dieser Mann im Bund der Ehe vereint werden?“ Peter lässt seinen Blick schweifen und Nate steckt mir meinen Ring an. Er ist wunderschön aus weißgold mit einem kleinen blauen Stein und ich betrachte ihn einen Moment.

„Wehe einer sagt was.“ Zischt Aiden, ich sehe mit Tränen in den Augen zu ihm und lächle.

„Gut, dann erkläre ich euch hiermit zu Mann und Frau.“ Peter sieht zu mir „Gehört eigentlich auch in die Kirche…“ er zuckt mit den Schultern „Du darfst deine Braut jetzt küssen.“ Sagt er zu Nate und dieser zieht mich in seine Arme.

„Mrs. O’Brian.“ Strahlt er und küsst mich liebevoll.

Als wir uns voneinander lösen, applaudieren alle und ich kann nicht aufhören zu strahlen.

So muss sich vollkommenes Glück anfühlen…

Genau so…

„Dann bitte ich noch um die Unterschriften.“ Peter deutet auf ein Buch und ich beobachte Nate, wie er schwungvoll seine Unterschrift auf die gestrichelte Linie setzt, dann reicht er mir den Stift und auch ich unterschreibe. „Dann bitte ich jetzt die Trauzeuge zu mir.“ Erklärt Peter.

Erst Dex, dann Grace, dann Jenna und schließlich Aiden besiegeln unsere Eheschließung und Peter reicht mir unser Familienstammbuch.

„Herzlichen Glückwunsch Mr. und Mrs. O’Brian.“ Gratuliert er uns.

„Danke Peter. Machst du auch Taufen?“ frage ich ihn lächelnd.

„Nur in Ausnahmefällen.“ Er zwinkert mir zu „Aber eine Namensgebung mache ich schon.“ Fügt er hinzu.

„Ich danke dir Peter.“ Aiden nimmt ihn in den Arm.

„Kein Problem.“ Winkt dieser ab.

„Komm doch nächste Woche mit Martha zu mir und Charlie zum essen.“ Lädt er ihn an und dieser nimmt dankend an.

Dann kommen alle zu uns und gratulieren uns. Ich kann es nicht fassen, ich bin wirklich mit Nate verheiratet.

Ich betrachte immer wieder meinen Ring und Aiden ist der Letzte der mich in den Arm nimmt.

„Ich danke dir so sehr.“ Flüstere ich.

„Ich liebe dich Ana.“ Erwidert er ebenso leise.

„Und ich dich Aiden.“ Ich drücke ihn fest an mich.

„So und jetzt gehen wir essen.“ Aiden wischt sich verstohlen eine Träne weg und klatscht in die Hände. „Das Poppys wartet!“

„Muss ich mir eigentlich Sorgen machen wegen dir und Aiden?“ Nate zieht mich in seine Arme und ich lache leise.

„Nein. Niemals.“ Verspreche ich ihm und lege meinen Kopf an seine Schulter.

„Können wir?“ Aiden dreht sich zu uns um und ich atme tief durch.

„Aiden?“ Nate ruft ihn zurück.

„Was ist los Nate?“ er kommt vor uns zum stehen.

„Kannst du mich und Ana entschuldigen? Ana ist echt fertig und ich möchte nicht, dass sie sich überanstrengt. Wir fliegen übermorgen nach L.A. und ich möchte, das sie etwas zu Ruhe kommt.“ Er haucht mir einen Kuss auf die Haare und ich sehe ihn erstaunt an. „Wir können das gerne nachholen, wenn Ana und ich wieder da sind.“ Schiebt er noch hinterher.

„Okay…“ sagt Aiden schließlich „Und bevor ich es vergesse, du hast morgen einen Termin bei Dr. Bright in der Gynäkologie. Ich möchte, das du dich durchchecken lässt und Sofie ist die Beste.“ Er reicht mir eine Karte. „Morgen um 14 Uhr.“ Er drückt mir einen Kuss auf die Stirn „Und jetzt verzieht euch.“ Er reicht mir seinen Autoschlüssel „Den hole ich mir morgen ab und bringe dir dann dein Auto. Das ist nämlich heile und steht vor dem Wohnheim.“ Er zwinkert mir zu „Ich kümmere mich um die anderen.“ Verspricht er mir. „Eure eigne Hochzeitsfeier ohne euch, das bringt auch nur ihr fertig.“ Lacht er und geht dann raus zu den anderen.

„Danke Aiden.“ Sage ich wirklich aufrichtig, denn so ungern ich es zugebe, ich bin müde und fertig.

„Komm.“ Nate legt seinen Arm um mich und ich grinse.

„Als wenn du eine Ahnung hättest, wo wir lang müssen.“ Necke ich ihn.

„Dafür habe ich doch meine Frau, oder nicht?“ erwidert er trocken.

„Könntest du Recht haben, also gebe ich in unserer Ehe die Richtung an.“ ich lehne mich an ihn und er nickt.

„Ist ja nun nicht so, als hätte ich eine Wahl.“ Lacht er leise.

„Du hast mich gewählt.“ Ich führe ihn die Stufen runter.

„Ja und glaub mir, diese Entscheidung würde ich jederzeit wieder treffen.“ Wir sind unten angekommen er und küsst mich kurz.

Eine halbe Stunde später betreten wir die Wohnung und ich schließe die Tür hinter uns ab, dann stellen wir Beide unsere Handys aus und ich lasse mich geschafft auf die Couch fallen.

„Champagner?“ fragt Nate aus der Küche. Ich stehe auf, trete hinter ihn und umarme ihn.

„In meinem Zustand ganz sicher nicht.“ Flüstere ich ihm ins Ohr.

„Was ist mit deiner Müdigkeit geschehen?“ fragt er mich leise, als ich seine Weste aufknöpfe, sein Hemd aus der Hose ziehe und dieses ebenfalls beginne aufzuknöpfen.

„Hallo? Hochzeitsnacht?“ lache ich leise und er dreht sich zu mir um.

„Du solltest dich wirklich ausruhen.“ Sein Atem wird schneller, als ich seine Hose öffne.

„Später.“ Flüstere ich.

Er nimmt mich in den Arm und zieht den Reißverschluss meines Kleider langsam runter.

Ich stiege aus meinem Kleid, nehme ihn an die Hand und wir gehen ins Schlafzimmer.

Er ist zärtlich und einfühlsam und ich liege schwer atmend in seinen Armen, als er seine Hand auf meinen Bauch legt und lächelt.

„Hast du eine Vorstellung davon, wie sehr ich dich liebe?“ fragt er leise.

Meine Hand wandert auf sein Tattoo „Ich glaube, ich habe eine ungefähre Vorstellung…“ gebe ich zu „Und ich hoffe, du liebst uns.“

„Ich liebe dich und ich werde unser Kind lieben. Ihr seid mein Lebensinhalt.“ Versichert er mir.

„Ich liebe dich auch. Dich und unser Baby.“ Ich kuschele mich an ihn.

„Dir ist schon klar, dass wir die Wohnung hier verkaufe und wir umziehen, oder?“ unsere Hände verschlingen sich ineinander.

„Wieso sollte mir das klar sein?“ ich küsse seine Brust.

„Meine Frau und mein Kind bekommen ein kleines Haus, vielleicht in Strandnähe, mit einem Garten, einem Hund und einem weißen Lattenzaun.“ Erklärt er mich lächelnd.

„Was, wenn ich lieber einen roten Lattenzaun hätte?“ kichere ich.

„Du kannst ihn von mir aus in Regenbogenfarben streichen.“ Er presst mich an sich.

„Das klingt schön.“ Gebe ich zu.

„Schlaf jetzt Baby…“ bittet er mich.

„Ich liebe dich Nate.“ Flüstere ich und kuschele mich an ihn.

„Ich liebe Dich auch.“ Ist das Letzte was ich höre, bevor ich an meinem Hochzeitstag um 19 Uhr einschlafe.

Ich öffne langsam meine Augen und sehe verwirrt auf die Uhr zu meiner Rechten.

9:22 blinkt mich in roten Zahlen an und ich strecke mich, meine Hand greift neben mich aber ins Leere und ich setze mich langsam auf. Ich wickele meine Bettdecke wie eine Toga um mich und tapse müde ins Wohnzimmer.

„Guten Morgen.“ Nuschele ich und Nate und Dex sehen beide auf „Was macht ihr denn?“ will ich wissen, gehe zu Nate und küsse ihn und struvele Dex durch die Haare.

„Deine Verteidigungsstrategie.“ Gibt Dex zu.

„Okay, dafür brauche ich eine Kaffee…“ ich gähne herzhaft.

„Ist nicht drin Baby, Tee ist im oberen Fach neben den Gewürzen.“ Weist mich Nate an und ich seufze.

„Danke.“ Gebe ich grummelig zurück und stelle den Wasserkocher an.

„Wie war eigentlich unsere Hochzeitsfeier?“ ich setze mich auf den Sessel und sehe zu Dex.

„Feucht Fröhlich.“ Grinst er „Grace und Alice sind beste Freundinnen, Jenna und Josh haben auf der Toilette weiß ich was getrieben, Aiden und Charlie sind um 18 Uhr verschwunden und nicht mehr aufgetaucht…“ er denkt kurz nach „Und ach ja, die Rechnung geht an euch.“

„Wir holen das noch mit unserer Anwesenheit nach.“ Verspricht Nate lachend und ich nicke begeistert.

Dann schaue ich den Beiden etwas beim arbeiten zu und trinke meinen Tee.

„Okay, ich gehe duschen und mich anziehen.“ Mache ich kurz auf mich aufmerksam und bekomme nur ein grummeln als Antwort.

Kaum das ich stehe wird mir schwindelig und ich muss mich am Sessel fest halten. Ich merke wie sich meine Atmung beschleunigt und versuche mich selbst zu beruhigen.

„Ana?“ Dex springt auf und bugsiert mich zurück auf den Sessel.

„Was ist los?“ fragt Nate sofort alarmiert durch Dex.

„Ana?“ Dex nimmt mein Gesicht in meine Hände „Geht es dir gut?“ höre ich ihn wie durch Watte, denn das Blut rauscht in meinen Ohren.

„Hmm.“ Nicke ich nur.

„Dex?“ fragt Nate erneut und kommt zu uns.

„Ana ist weiß wie eine Wand.“ Erklärt er ihm.

„Geht schon wieder.“ Winke ich ab und merke, dass mir zu allem Überfluss jetzt auch noch schlecht wird.

Ich springe auf, laufe oder eher taumele ins Bad und sinke vor der Toilettenschüssel auf die Knie.

Ist die Übelkeit nicht eher typisch für die ersten drei Monate?

Ehrlich, darauf kann ich gerne verzichten…

Nachdem ich mich übergeben habe, lege ich meinen Kopf erschöpft auf den Rand der Schüssel.

„Baby?“ eine warme Hand legt sich auf meinen Rücken.

„Geht schon wieder.“ Gebe ich nicht sehr überzeugend zurück.

„Nein, ich will dass wir jetzt ins Krankenhaus fahren. Vielleicht hat Aidens Kollegin schon früher Zeit.“ Er streicht mir über den Kopf.

„Nein…“ versuche ich mich zu wehren.

„Doch Ana, ich dulde da keine Widerrede.“ Er steht auf und hilft mir auf die Beine „Bitte tue es für mich.“ Bittet er mich leise.

„Okay, aber ich muss erst einmal duschen.“ Ich werfe einen Blick in den Spiegel und verziehe das Gesicht.

„Okay.“ Er haucht mir einen Kuss auf meine Schläfe. „Ich warte hier.“ Er klappt den Toilettendeckel runter und setzt sich.

„Echt jetzt?“ frage ich grinsend.

„Ja, Dex ist zu Grace und schaut wie elendig es ihr geht und laut seiner Aussage muss es ihr echt schlecht gehen, gemessen an den Mengen Alkohol die sie gestern zu sich genommen hat und ich warte hier.“ Er lehnt sich zurück, befühlt seine Uhr und sieht zu mir „Du hast 20 Minuten.“

„Nate, ich kann alleine duschen.“ Ich schüttele den Kopf.

„Sagte ich nicht, keine Widerrede?“ er zieht eine Augenbraue hoch.

Ich seufze tief, wickele mich aus der Bettdecke aus und drücke sie ihm in die Hand.

„Das fängt ja gut an…“ murmle ich vor mich hin und steige in die Dusche.

Nate lacht leise und ich genieße die warme Dusche, als ich raus komme, hält er mir ein Handtuch hin und ich wickele mich darin ein. Tatsächlich läuft er mir hinterher, als ich ins Schlafzimmer gehe und mich anziehen will.

„Nate…“ seufze ich leicht genervt.

„Hey, ich mache mir Sorgen um euch.“ Er setzt sich aufs Bett.

Ich öffne seinen Kleiderschrank und nehme eines von seinen T-Shirts, da ich nicht wirklich viele Sachen hier habe.

„Wir müssen meine Sachen holen, ich nehme mir dein weißes Converse Shirt.“ Ich drehe mich zu ihm um.

„Sicher Baby.“ Er reibt sich die Schläfen und mir tut es leid, dass ich eben noch so genervt reagiert habe.

Ich ziehe mir Unterwäsche an, meine Jeans von vorgestern und sein Shirt und gehe zu ihm.

„Es tut mir leid.“ Ich setze mich rittlings auf seinen Schoß, streiche über seine Wange und küsse ihn.

„Hey Baby, wir sind alle etwas angespannt, aber du darfst jetzt nicht mehr nur an dich denken. Du musst an unser Baby, und so ungern ich dir das sage, auch an mich denken. Ich bin dein Mann.“ Er lächelt leicht.

„Ja und ich kann dir gar nicht sagen, wie glücklich mich das macht. Es ist für mich ungewohnt, dass du dich so sorgst. Ich komme im Moment mit meinem Körper selber nicht klar…“ ich lege meinen Kopf auf seine Schulter. „… Ich liebe dich, das weißt du, oder?“ wispere ich.

„Ja, das weiß ich und du weißt, das ich alles tun werde um dich und unser Baby zu beschützen, oder?“ er drückt mich an sich.

„Ja.“ Sage ich leise.

Eine Weile sitzen wir einfach so da und ich genieße einfach nur seine Nähe.

„Komm, ich möchte sicher sein, das es euch gut geht.“ Sagt er leise und ich erhebe mich, wenn auch unter leisem Protest.

Ich ziehe mich zu Ende an und dann betreten wir 20 Minuten später das Central.

Als mich ein ziemlich verknitterter Aiden entdeckt, da kann ich nicht anders wie zu lachen.

„Was ist los?“ fragt Nate verwirrt.

„Aiden ist hier und gelinde gesagt, sieht er Scheiße aus.“ Erkläre ich ihm „Augenringe und irgendwie scheint mir, ihm fehlen mehr als nur ein paar Stunden Schlaf.“

Aiden kommt zu uns und nimmt uns in den Arm.

„Was macht ihr denn schon hier?“ fragt er verwirrt.

„Ana ist vorhin beinahe umgekippt und hat sich die Seele aus dem Leib gekotzt. Ich mache mir Sorgen um sie.“ Erklärt ihm Nate.

„Man kann das auch schöner ausdrücken.“ Ich verdrehe die Augen.

„Du hast dich also übergeben?“ Aiden sieht mich prüfend an und ich nicke.

„Ja, gestern auch schon, aber da dachte ich, das kommt von der Aufregung.“ Gestehe ich.

„Komm, wir gehen hoch zu Sofie, vielleicht hat sie schon Zeit.“ Er reicht mir seine Hand und ich greife nach Nate seiner.

Wir fahren hoch in den 3. Stock und eine blonde Frau winkt Aiden zu, als wir aus dem Fahrstuhl steigen.

„Was verschlägt dich denn hierher?“ fragt sie belustigt, als sie uns erreicht.

„Das ist Ana, die Freundin, von der ich dir erzählt habe.“ Er deutet auf mich „Ihr geht es nicht gut und ich wollte fragen, ob du vielleicht jetzt schon Zeit hast.“

„Ihr habt Glück.“ Sie zwinkert mir zu „Hallo ich bin Sofie.“ sie reicht mir erst einmal ihre Hand.

„Ich bin Ana und das ist mein Mann…“ ich grinse und Aiden lacht leise „Nate.“ Beende ich meinen Satz und reiche Nates Hand an Sofie weiter.

„Was ist denn so lustig?“ fragt sie irritiert und sieht zu Nate „Die Beiden grinsen, als ob dahinter was steckt.“ Erklärt sie Nate und dieser lächelt nun ebenfalls.

„Mag daran liegen, dass Ana und ich erst gestern geheiratet haben und sie mich gerade das erste Mal als ihren Mann vorgestellt hat.“ Erklärt er ihr.

„Oh wow, dann herzlichen Glückwunsch.“ Sie strahlt „Kommt mit.“ Sie deutet uns an ihr zu folgen und ich finde mich nach einem Gang über den Flur in einem Behandlungszimmer wieder.

„Okay, ich gehe wieder runter…“ Aiden nickt mir zu „Kommt bitte nachher vorbei, ich will wissen wie es meinem Patenkind geht.“ Lacht er.

„Er ist sich ziemlich sicher.“ Sage ich grinsend zu Nate und Aiden feixt.

„Kann er sich auch sein.“ Erwidert dieser lächelnd und Aiden verlässt strahlend den Raum.

„Was für Beschwerden hast du denn?“ fragt Sofie und setzt sich an den Computer.

Ich reiche ihr erst einmal meinen Mutterschaftspass, den mir Aiden vor knapp 2 Wochen ausgestellt hat und seufze.

„Sie…“ setzt Nate an.

„Hey, du bist vielleicht blind, aber ich nicht stumm.“ Unterbreche ich ihn und Sofie lacht auf.

„Ich kenne mich auch mit überbesorgten Männern aus.“ Winkt sie ab und ich streiche Nate über den Kopf, da ich auf der Liege und er auf einem Stuhl sitzt, was mich im Endeffekt mal etwas größer wie ihn macht.

„Mir ist wirklich übel, ich muss mich übergeben und mein Kreislauf spielt nicht wirklich mit.“ Sage ich leise und sehe auf meine Füße, die von der Liege baumeln.

Sofort sind die Bilder aus der Klinik wieder in meinem Kopf und ich beginne zu zittern.

„Hey…“ Sofie steht auf und kommt zu mir „Da ist doch mehr, oder?“ fragt sie mitfühlend.

„Vorgestern saß ich in der Privatklinik am Madison Square auf so einer Liege und wollte…“ ich schluchze trocken.

Nate springt auf und drückt mich an sich. „Baby.“ Haucht er leise und ich beginne zu weinen.

Bisher habe ich gut verdrängt, dass ich unser Baby wirklich abtreiben wollte, aber jetzt holt es mich plötzlich ein.

Ohne Vorwarnung.

Aus heiterem Himmel.

„Hör’ mal Ana…“ mischt sich Sofie ein „… Du hast es nicht getan, das ist das was zählt und egal, warum du auf dieser Liege saßt und es vorhattest… Es zählt nicht mehr.“ Beruhigt sie mich „Und jetzt legst du dich am Besten hin und ich untersuche dich.“

Ich wische mir die Tränen weg und lege mich auf den Rücken, während Nate meine Hand hält und sie immer wieder küsst.

Sofie rollt mit ihrem Stuhl an meine freie Seite und dimmt das Licht, ehe sie mir kaltes Gel auf dem Bauch verteilt und den Ultraschallkopf ansetzt.

Dann sehe ich unser kleines Gummibärchen auf dem Bildschirm, das kleine Herz schlägt und es bewegt sich.

Sofie lächelt mich an und führt kurz einige Messungen durch.

„Es sieht wunderbar aus, du bist jetzt in der 12. Woche + 2 Tage, es sieht wirklich alles gut aus. Hey, Aiden hat sogar den Geburtstermin korrekt berechnet. Es bleibt beim 17. Mai.“ Sie drückt kurz meine Hand und ich sehe zu Nate.

„Es sieht aus wie ein kleiner Gummibär.“ Erkläre ich ihm lächelnd.

„Ja, damit kann man es wohl am ehesten vergleichen.“ Stimmt mir Sofie zu „Euer Gummibärchen ist 5,6 cm lang und sieht sehr gut entwickelt aus.“ Erklärt sie ihm und er erstrahlt übers ganze Gesicht.

Dann drückt sie ein paar Knöpfe und wir hören den Herzschlag, es ist atemberaubend und ergreifend. Nate kommt leicht hoch und küsst mich.

„Ich liebe dich so sehr.“ Flüstert er.

Mir laufen schon wieder die Tränen übers Gesicht und ich kann nur nicken.

Dann macht Sofie noch ein paar weitergehende Untersuchungen.

„Hast du viel Stress?“ fragt sie in die angenehme Stille, in der ich nur auf den Monitor starren kann, hinein.

„Es geht.“ Weiche ich aus.

Nate räuspert sich „Die letzten beiden Wochen waren, an dem Stresslevel gemessen, dem ich ausgesetzt war, die Hölle. Sie hat erfahren, das sie schwanger ist, sie hat sich von mir getrennt, wir sind wieder zusammen gekommen, haben weniger wie 24 Stunden später geheiratet und morgen fliegen wir in die USA, weil Ana eine Verhandlung vor Gericht hat, die ihre und meine Zukunft bestimmt. Ich denke, das ist Stress.“ Erklärt er ihr und ich schlucke.

„Ich will dir jetzt keine langen Vorträge halten…“ Sofie hebt die Hand „Aber Ana, versuch dich zu schonen, ausreichend Schlaf, eine ausgewogene Ernährung und ab und zu Zeit zum durchatmen sind gerade jetzt wichtig.“ Sagt sie eindringlich. „Bisher hat es die Entwicklung in keinster Weise eingeschränkt, und damit es so bleibt, versuche dich zu schonen. Deine Übelkeit kann ich dir glaube ich einfach erklären.“ Sie steht auf, schaltet das Licht wieder an und reicht mir ein Tuch um mir das Gel abzuwischen „Ich habe ziemlich viele Patientinnen die beschreiben, das die morgendliche Übelkeit sie erst eiskalt erwischt, wenn sie wissen das sie schwanger sind, aber keine Angst, meistens ist es nur vorübergehend. Ich schreibe dir Eisen- und Vitamintabletten auf, das hilft nicht wirklich, aber versorgt dich zusätzlich etwas. Was deinen Kreislauf angeht…“ sie atmet tief durch „Das ist stressbedingt und dagegen kann ich leider gar nichts tun.“ Sie macht sich Notizen, druckt Bilder aus und überträgt alles in meinen Pass. „Wann seid ihr wieder da?“

„Wenn alles gut läuft, dann in einer Woche.“ Erklärt ihr Nate.

„Gut, dann möchte ich dich wieder sehen, wenn ihr dann noch nicht wieder hier seid, dann suchst du bitte einen anderen Arzt auf.“ Sie nickt mir zu und ich ziehe mich wieder richtig an „Und Ana, du brauchst niemanden gegenüber ein schlechtes Gewissen haben, weil du eine Entscheidung getroffen hast, die sich jetzt als falsch heraus stellt. Du hast es getan, weil du keine Lösung wusstest und viel wichtiger, du hast sie nicht durch gezogen, egal warum auch immer. Eurem Baby geht es gut, das ist alles was zählen sollte.“

„Ich danke dir.“ Sage ich aufrichtig und Nate steht auf um ich in den Arm zu nehmen.

„Danke Sofie.“ Bedankt auch er sich und reicht ihr die Hand.

„Gern geschehen, ich hoffe euch bald wieder zu sehen.“ Sie lächelt uns freundlich an und wir treten hinaus in den Flur.

„Komm her Baby!“ Nate zieht mich fest in seine Arme.

„Ich habe ein so furchtbar schlechtes Gewissen.“ Gestehe ich ihm leise.

„Es geht unserem Baby gut, das ist alles was zählt.“ Er küsst mich sanft. „Es hat dir längst verziehen und wenn du dich brav an alle Anweisungen hältst, dann kann es dir gar nicht böse sein.“

„Ich liebe dich.“ Hauche ich und wische mir meine letzten Tränen weg. „Ich gebe mir Mühe.“ Verspreche ich ihm.

„Ich werde dich beobachten.“ Verspricht er mir.

„Ich weiß…“ ich lege meine Stirn an seine „… Du wirst mich nicht aus den Augen lassen, oder?“

„Nein Ana O’Brian, niemals und glaub ja nicht, nur weil ich blind bin, bekomme ich nichts mit. Du bist meine Frau, ich weiß, was du denkst, noch bevor du es denkst.“ Er lächelt leicht.

Ich beuge mich vor und küsse ihn erneut.

„Wir gehen jetzt noch schnell zu Aiden, dann fahren wir in die Apotheke, kaufen etwas ein, machen uns was Leckeres zu essen und dann legst du die Füße hoch. Dex kommt um 15 Uhr wieder, wir fahren dann in deine Studentenbude, holen deine Tasche, die Jenna gepackt hat, wir packen meine und dann ins Bett.“ Plant er mal eben den heutigen Tag und ich nicke.

„Du nickst.“ Sagt er sicher.

„Ja, ich nicke.“ Gebe ich zu.

„Siehst du, ich habe was meine Frau betrifft einen sechsten Sinn.“ Wir gehen zum Fahrstuhl „Wenn man es genau nimmt, dann einen fünften, aber wer will schon kleinlich sein.“

Ich lächle, küsse ihn wieder und drücke auf des Erdgeschoss als wir die Kabine betreten.

Aiden ist gerade beschäftigt, also setzen wir uns in den Wartebereich und tun das, wofür er vorgesehen ist, nämlich warten.

Eine halbe Stunde später kommt Aiden zu uns und sieht uns gespannt an.

„Deinem Patenkind geht es sehr gut.“ erkläre ich ihm lächelnd.

„Und dir?“ hakt er nach.

„Zu viel Stress…“ antwortet Nate für mich „Sie soll auf sich aufpassen und keine Sorge, darum kümmere ich mich.“ Er steht auf und geht mit schlafwandlerischer Sicherheit auf ihn zu. „Wir wollten uns auch gleich verabschieden, aber keine Sorge, ich melde mich bei dir und halte dich auf den neusten Stand.“ Er nimmt ihn in den Arm.

„Darum will ich auch bitten.“ Aiden drückt ihn kurz an sich.

„Ana…“ er kommt nun zu mir und nimmt auch mich in den Arm „Er wird nicht zulassen, das sie euch trennen.“ Versichert er mir.

„Ich hoffe es so sehr.“ Ich drücke ihm einen Kuss auf die Wange.

Nach einem Abstecher bei der Apotheke und im Supermarkt, versuche ich mich am Herd und Okay, wir können es essen, aber ich glaube, ich sollte ein paar Kochstunden bei Grace nehmen…

Anschließend befördert mich Nate mehr oder weniger liebevoll ins Bett und ich schlafe tatsächlich schnell ein.

Wieder sitzen Dex und Nate im Wohnzimmer und brüten über ihren Laptops als ich aufstehe. Die einzige Veränderung zum heutigen Morgen sind meine und Nates Reisetaschen, die im Flur stehen.

„Wollt ihr einen Kaffee?“ frage ich und reibe mir den Schlaf aus den Augen.

„Gerne.“ Dex sieht mich dankbar an.

Ich mache den beiden eine Tasse und stelle sie auf den Tisch.

„Links neben deiner Hand.“ Sage ich leise zu Nate und küsse seinen Schopf.

„Danke Baby.“ Er atmet kurz durch.

„Was habt ihr?“ frage ich und setze mich mit meinem Tee auf den Sessel.

„Wir legen unser Hauptaugenmerk darauf, dass du durch Johns Tod ein psychologisches Trauma erlitten hast und weil du keine Hilfe bekommen hast, bist du in die Spirale aus Partys, Alkohol und falschen Freunden gerutscht...“ Dex sieht mich an und ich nicke.

Als Anwältin würde ich genau so vorgehen, die menschliche Seite des Klienten, deren Beweggründe, deren Reue und anschließend deren Rehabilitation.

„Es werden Fragen kommen. Mit Sicherheit…“ Nate fährt sich durch die Haare „Aber ich weiß, dass du das kannst.“ Er sieht zu mir.

„Ja, ich bekomme das hin.“ Versichere ich ihm.

„Dann legen wir das Augenmerk auf deine Reue und deinen Lebensstilwandel. Wir haben ein paar Leumundaussagen und ich denke, so können wir die Richterin milde stimmen.“ Dex sieht mich an und ich starre in meinen Tee.

„Was wenn nicht?“ ich traue mich kaum die Frage zu stellen.

„Wenn es zu einer Verurteilung kommt, dann mit allergrößter Wahrscheinlichkeit zu einer auf Bewährung. Im Normalfall würde das heißen, das du L.A. bzw. Californien nicht verlassen darfst…“ Nate sieht zu mir „Aber wir haben einen Präzedenzfall gefunden. Du bist hier in Irland verheiratet und erwartest ein Kind, das sind alles Grundlagen einer Familienzusammenführung. Sie werden dich ausreisen lassen müssen, mit Sicherheit unter Auflagen, aber du kannst wieder mit mir, Dex und Grace zurück.“

„Okay.“ Ich puste in meinen Tee und nehme einen Schluck.

„Bitte Baby, ich lasse nicht zu, dass du da bleiben musst.“ Versichert er mir.

„Und ich und Grace auch nicht.“ Fügt Dex hinzu.

Ich lächle leicht „Ich weiß…“

Dex sieht auf die Uhr und streckt sich „Ich muss zu Grace, sie wartet mit dem Abendessen und wir sehen uns ja morgen früh um 5 Uhr am Flughafen.“ Er schlägt Nate freundschaftlich auf die Schulter und haucht mir einen Kuss auf die Haare.

„Danke Dex.“ Sage ich leise.

„Dafür nicht Kleines.“ Er winkt mir zu und geht hinaus, während Nate seinen Laptop weg räumt und neben sich auf die Couch klopft.

„Komm her.“ Bittet er mich.

Ich stehe auf und setze mich neben ihn, sofort zieht er mich in seine Arme, legt seine Hand auf meinen Bauch und streichelt ihn sanft.

„Wir bleiben zusammen, egal was geschieht.“ Haucht er mir ins Ohr.

Wir bestellen uns noch eine Kleinigkeit zum Abendessen und gehen schon früh ins Bett, da unser Wecker schon um 3.30 Uhr klingeln wird.

Am Flughafen warten Dex und Grace auf uns und helfen uns, unser Gepäck einzuchecken.

„Wie geht es dir Kleines?“ Grace sieht mich besorgt an und ich weiß, der Buschfunk über Nate und Aiden, hin zu Dex und allen anderen hat mal wieder einwandfrei funktioniert.

„Ganz gut.“ ich atme tief durch und sehe auf die Abflugtafel, auf der schon unser Flug steht.

„Ich habe Angst.“ Gebe ich leise zu.

„Wir sind alle bei dir.“ Versichert sie mir und wir begeben uns zum Check in.

Eine Stunde später erheben wir uns in die Lüfte und ich lehne meinen Kopf an Nates Schulter.

„Schlaf ein wenig.“ Versucht er mich zu beruhigen und tatsächlich schlafe ich an seiner Schulter ein.

Mein Rücken schmerzt, als ich wieder hoch komme und sehe, das Grace und Nate in ein Gespräch vertieft sind, während Dex anscheinend auch etwas Schlaf nachholt.

„Hey Baby.“ Nate dreht sich zu mir um und küsst mich.

„Hey… Wo sind wir?“ ich sehe auf den Monitor.

„Noch 2 Stunden.“ Erklärt mir Grace und ich nehme einen Schluck von meinem Wasser.

„Hast du Heather und William Bescheid gesagt, dass du heute kommst?“ Grace sieht mich fragend an.

„Nein, ich denke mal, das hast entweder du oder Dex getan, richtig?“ ich ziehe eine Augenbraue hoch.

„Ja, ich habe es Heather gesagt.“ Gibt sie zu.

„Erwarte nicht, dass sie uns abholt und erwarte schon gar nicht, dass mein Dad sich blicken lässt. Den werden wir, wenn überhaupt, morgen im Büro sehen.“ Ich weiß, meine Stimme klingt verbittert, aber mehr wie Verbitterung haben sie meiner Meinung nach nicht verdient.

„Ich habe Heather übrigens nur gesagt, das wir mitkommen, nichts weiter.“ Fügt sie schnell hinzu und deutet auf Nate.

„Es ist egal Grace, es macht keinen Unterschied…“ ich winke ab „… Wir sind ja zu Glück alle im Hotel.“ Ich nehme Nates Hand in meine.

„Wir sind bei dir.“ Grace nickt mir zu.

Ich weiß nicht, wie oft sie das schon zu mir gesagt hat, aber jedes einzelne Mal wenn ich es höre, dann wird mir bewusst, was ich an ihr, Dex und vor allen Dingen Nate habe…

Als wir endlich in L.A. landen, schlägt uns eine Hitzewelle entgegen und wir sind froh, als wir unser klimatisiertes Hotel erreichen und uns erst einmal alle umziehen. Es ist jetzt später Nachmittag und wir sind alle hungrig, wir beschließen was essen zu gehen und uns dann auszuruhen, denn so einen Langsteckenflug steckt man nicht einfach so weg.

Wir sind in Manhattan Beach und die Gegend kenne ich noch von früher, so finden wir schnell ein Restaurant, wo ich mit Sicherheit weiß, dass das Essen wirklich gut ist. Wir bekommen einen Platz auf der Terrasse zu gewiesen und bestellen alle erst einmal Wasser, die Hitze ist fast unerträglich und ich frage mich, wann mein Körper verlernt hat damit umzugehen…

„Anastasia?“ ertönt eine ziemlich nervtötende Stimme und ich schließe gequält meine Augen.

Warum ist L.A. zwar groß, aber nicht groß genug um meinen sogenannten Freunden aus dem Weg zu gehen?

„Kimberly.“ Sage ich tonlos, als sie bei uns ankommt und mich von meinem Stuhl hoch zieht.

„Oh mein Gott, wie geht es dir?“ sie lässt ihren Blick an mir hinunter schweifen. Ich trage ein einfaches mintgrünes Stoffkleid, FlipFlops, meine Haare sind offen und meine Sonnenbrille hält sie mir aus der Stirn. Wenn ich sie dagegen anschaue: Highheels, eine enge Jeans, ein mit Steinchen besetztes Top, eine Handtasche die mehr kostet, als meine Studentenunterkunft in einem Jahr, und perfekt manikürte Nägel.

War ich wirklich mal so?

„Mir geht es gut.“ sage ich schließlich.

„Ich habe dich ja schon so lange nicht gesehen…“ sie kichert affektiert.

„Tja, das mag wohl daran liegen, dass ich schon über ein Jahr in Irland lebe.“ Gebe ich trocken zurück.

„Und jetzt machst du Touristenführungen? ...“ sie sieht Dex, Grace und Nate an, ihr Blick bleibt an Nate seinem zusammen geklappten Stock hängen. „Und ach Gottchen, du hast sogar dein Herz für Menschen mit Handicap entdeckt.“ Sie schenkt mir einen mitleidigen Blick und ich spüre wie Nate meine Hand, die sich schon zur Faust geballt hat, fest umschließt.

„Ich möchte eins klar stellen… Kimberly… Das ist mein Mann und glaub mir, wenn einer ein Handicap hat, dann ist das definitiv nicht er.“ Ich atme tief durch „Ansonsten würde ich es sehr begrüßen, wenn du jetzt gehen würdest, du zerstörst uns die Aussicht.“ Ich setze mich wieder und Grace versucht ein lachen zu unterdrücken.

„Was ist denn mit dir passiert? Bist du zu einer Bitch mutiert?“ fragt Kim überrascht.

„Ich bin aufgewacht.“ Erkläre ich ihr und sie sieht mich einen Moment lang an, ehe sie auf dem Absatz kehrt macht und davon stöckelt.

„Gott, bitte sag mir, dass ich nie so war.“ Bittend sehe ich zu Grace und sie lacht nun richtig.

„Du warst nicht so, vertrau mir…“ sie sieht der blonden Mähne von Kimberly hinterher „… Das sie das Wort Handicap kennt, überrascht mich jetzt aber schon.“ Gibt Grace zu und ich muss auch grinsen.

„Wahrscheinlich im Wörterbuch nachgeschlagen.“ Ich zucke mit den Schultern und nicke dann dem Kellner dankbar zu, der uns unser Essen bringt.

„Wollen wir noch an den Strand?“ fragt Nate, als wir das Hotel zwei Stunden später wieder erreichen.

„Gerne.“ Flüstere ich ihm ins Ohr und wir verabschieden uns von Grace und Dex.

„Du bist so still.“ Sage ich nach einer Weile und ich sehe, das er nachdenkt, nur das ich nicht weiß, über was genau und das macht mich nervös.

„Ich kann mir nicht erklären, wie du dich mit Menschen wie diese Kimberly abgeben konntest.“ Gibt er zu.

Ich setze mich in den warmen Sand und ziehe ihn zu mir runter. „Sie sind oberflächlich, sie haben mich nie nach meinen Gefühlen gefragt…“ ich sehe hinaus aufs Meer „Sie kamen mir nicht zu nahe.“ Versuche ich mich zu erklären.

„Bereust du es, dass du nach Irland gekommen bist?“ fragt er leise und ich sehe ihn erstaunt an.

„Nein, nicht eine Sekunde.“ Sage ich sofort und nehme seine Hand „Irland ist der Platz, wo ich hin gehöre. Da sind meine Freunde, meine Familie und da bist du. Wie könnte ich eine Sekunde bereuen, dich kennen gelernt zu haben?“ ich zwinge ihn seinen Kopf in meine Richtung zu drehen „Wie kannst du so etwas auch nur denken?“

„Ich weiß nicht, ich dachte…“ er seufzt leise „Du vermisst das alles hier. Die Sonne, die Partys…“

„Nathaniel O’Brian…“ unterbreche ich ihn „L.A. ist mit der oberflächlichste Platz auf der ganzen Welt. Was ich jetzt mein Zuhause nenne, das ist echt und ich würde es für nicht in der Welt eintauschen wollen. Du bist echt und genau deswegen liebe ich dich so sehr.“ Ich beuge mich zu ihm und küsse ihn sanft.

„Ich möchte einfach nicht, dass du irgendwann denkst, du hast was verpasst.“ Er legt seinen Arm um mich.

„Nein Nate, mein Leben mit dir ist alles was ich jemals wollte, alles was ich jemals wollen werde und alles, was ich mir jemals erträumt habe.“ Hauche ich ihm ins Ohr und endlich lächelt er wieder.

„Grasgrün.“ Flüstere ich in sein Ohr und knabbere an seinem Ohrläppchen.

„Meeresblau.“ Erwidert er ebenso leise.

Ich umarme ihn ganz fest und schließe meine Augen.

„Wir sollten ins Hotel, wir sollen morgen um 10 Uhr in der Kanzlei deines Vaters sein.“ Sagt er ein paar Minuten später und ich lasse ihn seufzend los.

Im Hotel angekommen gehen wir duschen und krabbeln unter die dünne Bettdecke, seine Hand streichelt zärtlich meinen Rücken, solange bis ich eingeschlafen bin.

Endlich am nächsten Morgen liegt er dann mal wieder neben mir und ich betrachte sein schlafendes Gesicht.

Seine fein geschwungenen Lippen, die eigentlich für einen Mann schon ein wenig zu voll sind, seine Nase, die gerade und nicht zu groß einfach perfekt zu ihm passt, seine wunderschönen dichten schwarzen Wimpern, hinter denen sich haselnussbraune Augen verbergen,

Ich kann es nicht glauben, das er wirklich mein Mann ist, doc ich sehe auf unsere ineinander verwebten Hände und sehe unsere Eheringe.

Ja, er ist wirklich mein Mann…

„Betrachtest du mich?“ murmelt er und ich schließe schnell meine Augen.

„Nein.“ Kichere ich leise und er schüttelt leicht mit dem Kopf.

„Du kannst nicht lügen Mrs. O’Brian.“ Erwidert er belustigt.

„Du kannst mich eben durchschauen.“ Gebe ich zurück und küsse ihn „Ja, ich gebe es zu, ich habe dich angeschaut und musste mir wieder einmal in Gedächtnis rufen, das ich wirklich deine Frau bin, das du mir ganz allein gehörst.“

„Ein Ring der mich knechtet…“ lacht er und zieht mich fest in seine Arme.

„Ach so einer bist du…“ ich versuche mich seiner Umarmung zu entwinden.

„Ja, genau so einer.“ Gibt er zu.

Ich sehe auf die Uhr und seufze „Wir müssen aufstehen, wir werden in einer Stunde in der Kanzlei meiner Eltern erwartet.“

Grummelnd lässt er mich los und ich ziehe mir was an, ich nehme das erstbeste Kleid von meinem Stapel, ein zitronengelbes und ziehe es über, dazu schlüpfe ich in weiße Highheels und binde meine Haare zu einem Zopf.

Ich will ihm ja nicht von vorne herein schon Angriffsfläche bieten.

„Du bist angespannt.“ Flüstert mir Nate ins Ohr.

„Ja, immerhin ist er mein Vater, egal was er von mir und ich von ihm halte.“ Gebe ich zu.

Nate hat sich auch angezogen, er trägt eine schwarze Anzughose, schwarze Slipper und ein dunkelblaues Poloshirt.

Mir ist zwar nicht nach Frühstück, aber nachdem wir im Foyer auf Grace und Dex treffen, essen wir wenigstens eine Kleinigkeit.

20 Minuten später fahren wir mit nervtötender Fahrstuhlmusik in den 10. Stock des Lancasterbuildings.

Gott, wie lange war ich schon nicht mehr hier?

Das letzte Mal zusammen mit John…

An der Anmeldung sieht uns eine junge Dame freundlich an.

„Guten Morgen, mein Name ist Anastasia Coleman, ich habe einen Termin bei meinem Vater und Mr. Graham.“ Erkläre ich ihr.

„Ich korrigiere sie, sie haben nur einen Termin bei Mr. Graham, Mr. und Mrs. Coleman sind in einer Besprechung.“ Teilt sie mir mit und ich schenke ihr ein falsches lächeln.

„Natürlich, wie konnte ich nur annehmen, dass er Zeit für seine einzige Tochter hat.“

Verwirrt sieht sie mich an, dann steht sie auf und deutet uns an ihr zu folgen.

„Dein Vater kommt nicht?“ fragt Nate erstaunt.

„Augenscheinlich hat er wichtigere Termine.“ Schnaube ich.

Wir werden in einen der Klientenräume gebracht und wir werden gebeten Platz zu nehmen.

Es dauert nicht lange und ein kleiner, untersetzter Mann taucht auf.

„Graham.“ Stellt er sich vor, wischt sich den Schweiß von der Stirn und setzt sich zu uns. „Die Strategie ist immer noch so wie besprochen.“ Fährt er ohne Begrüßung fort.

„Moment…“ wirft Nate ein.

„Unterbrechen sie mich nicht.“ Fährt er ihn an und atme tief durch.

„Also wie gesagt, die Strategie steht…“ er lockert sich seine schlecht sitzende Krawatte.

„Nein.“ Sage ich und er sieht mich abwertend an.

„Mr. Coleman…“ setzt er an und ich winke ab.

„Dem ist es egal, also nein.“ Sage ich nun ebenfalls abwertend. „Wir werden nicht nach ihrer so wahnsinnig überdachten Strategie vorgehen.“

„Mir ist es nicht egal, Anastasia Coleman.“ Tatsächlich betritt mein Vater höchstpersönlich den Raum und ich funkele ihn an.

„Doch, dir ist es egal und eigentlich sind wir nur hier, um dir zu sagen, das wir deinen Spitzenanwalt Mr. Graham…“ ich deute auf eben jenen „… nicht brauchen. Er sollte nebenbei mal lernen seinen Mandaten zuzuhören und etwas Freundlichkeit hat auch in uerem geschätzten Anwaltsbüro Platz, oder?“ ich schenke ihm einen abschätzigen Blick.

„Wie redest du denn mit mir?“ mein Vater scheint tatsächlich erstaunt. „Du solltest mir dankbar sein Anastasia Coleman.“

„Anastasia O’Brian…“ verbessere ich ihn und ja, jetzt ist er wirklich erstaunt „… ich bin verheiratet und heiße nicht mehr Coleman.“ Ich halte meine Hand mit dem Ehering hoch.

„Bitte wann? Aus welchem Grund? Und wen?“ er fängt sich wieder und gibt seiner Stimme diesen monotonen ausdrucklosen Klang, den ich so verabscheue.

„Vorgestern. Aus Liebe. Mich. Um ihnen alle Fragen zu beantworten.“ Sagt Nate und der Blick meines Vaters wird verunsichert.

„Das ist ein Scherz, oder?“ er sieht zu Dex.

„Nein William, Nathaniel und Anastasia haben vorgestern geheiratet, die beiden lieben sich und ich und Grace stehen zu 100% hinter ihrer Entscheidung. Egal, wie es bei Gericht ausgeht, Ana kommt mit uns zurück nach Irland. Sie und Nate gehören zusammen und Nate wird sie in ihrem Zustand nirgendwo alleine lassen, schon gar nicht in L.A.“ Dex verschränkt die Arme vor der Brust.

„In ihrem Zustand? Soll das heißen…“ beginnt er.

„Ja, ich bin schwanger und ja, jetzt kannst du mir Vorträge halten, wie unreif und dumm ich doch bin, aber weißt du was? ...“ ich zucke gelassen mit den Schultern „Es interessiert mich nicht mehr. Ich werde im Januar mein erstes Staatsexamen ablegen, ich werde mein Referendariat machen und anschließend auch mein zweites Staatsexamen ablegen, mit dem Mann den ich liebe an meiner Seite und meinem Kind an der Hand. Er gibt Wichtiges und Größeres als Erfolg im Beruf und das nennt sich Leben. Nate und mein Kind sind mein Leben, ohne dich und ohne Mum. Dex und Grace haben mir gezeigt und mir bewiesen, das ich es Wert bin ohne wenn und aber geliebt zu werden und das Einzige, für was ich Mum wirklich dankbar bin, ist die Tatsache, das sie mich zu ihnen geschickt hat.“ Ich stehe auf, ziehe Nate sanft von seinem Stuhl hoch und Dex, so wie auch Grace folgen meinem Beispiel. „Ich will deinen Mr. Graham morgen nicht bei Gericht sehen. Dex und Nate vertreten mich und ja, auch wenn du es mir nicht zutraust, ich werde mich auch selbst vertreten.“ Damit verlasse ich hoch erhobenen Hauptes den Raum.

Einmal in meinem Leben will ich ihm keine Möglichkeit für einen Rückschlag geben…

Im Fahrstuhl drückt mich Nate fest an sich.

„Baby…“ sagt er sanft „Das klang schwer nach der Anwältin, die aus dir mal werden wird.“ Er grinst und ich atme tief durch.

„Respekt Ana.“ Lobt mich auch Dex. „Ich meine, ich hatte mir was Ähnliches zu Recht gelegt, aber wow, du hast das einfach aus dem Ärmel geschüttelt.“

Ich atme tief durch und grinse. Ganz ehrlich, das hat gut getan.

Es wird Zeit, dass mein Vater lernt, dass ich ein eigenständiger Mensch bin…

„Es war irgendwie…“ ich denke kurz nach „…befreiend.“ Sage ich schließlich und Grace drückt mich an sich.

„Das hast du wirklich gut gemacht.“ Lobt sie mich.

„Was machen wir jetzt mit den angebrochenen Tag?“ Dex sieht mich fragend an.

Ich denke kurz nach „Was haltet ihr von ein wenig Sightseeing?“ ich sehe Grace und Dex an und Nate räuspert sich neben mir.

„Schon gut du Baby…“ lache ich „Ich erzähle dir alles ganz genau und ich verspreche, es wird dir auch gefallen.“

„Also gut.“ stimmt Grace zu und wir verlassen das Lancasterbuilding um uns ein Taxi zu rufen.

Wir fahren nach Santa Monica, weil ich ihnen den Pier mit dem Rummel darauf zeigen will.

Tatsächlich sind Dex und Grace sofort angetan und als ich Nate ins Riesenrad ziehe und er den warmen Wind im Gesicht spürt, da findet auch er die Idee gut.

Anschließend fahren wir zum Rodeo Drive und Grace und ich kaufen uns jeweils eine neue Handtasche, was Dex und Nate nicht wirklich spannend finden.

Am späten Nachmittag machen wir uns auf den Weg zurück ins Hotel und gönnen uns ein Abendessen im hoteleigenen Restaurant. Das Essen ist wirklich gut und wir gehen früh zu Bett.

Noch kann ich es von mir weg schieben, dass es morgen um alles geht und ich auf die Gutmütigkeit von Richterin Willcox angewiesen bin. Ich muss mich ablenken…

Kaum das Nate die Tür hinter sich zuzieht, trete ich von hinten an ihn heran und fahre mit meiner Hand unter sein T-Shirt. Er lacht leise und hebt seine Arme hoch, damit ich ihm sein T-Shirt ausziehen kann.

Sanft hauche ihm kleine Küsse auf seinen Rücken und er stöhnt wohlig auf, sein Atem beschleunigt sich, als meine Hand ins seine Hose wandert und er legt seinen Kopf in den Nacken.

Ich drehe ihn langsam zu mir um und küsse ihn begierig.

In diesem Kuss liegt alles, meine Unsicherheit, meine Anspannung aber vor allen Dingen meine Liebe zu ihm.

Bedingungslose, tiefe, echte Liebe…

Er packt mich an den Hüften und hebt mich an, sodass ich meine Beine um ihn schlingen kann und trägt mich, mir meinen geflüsterten Anweisungen zum Bett und setzt mich vorsichtig ab. Vorsichtig öffnet er den Reißverschluss meines Kleides und schiebt das Oberteil runter, sodass ich nur im BH vor ihm sitze.

Ich stehe auf und befreie mich ganz von dem Kleid, doch ehe ich mich wieder setzen kann, hält mich Nate fest.

Er küsst mich zärtlich und lächelt.

„Was?“ frage ich leise.

„Ich kann das jetzt immer und überall tun, kein Verstecken mehr… nie wieder!“ erklärt er mir und ich nicke sachte.

„Das ist so wunderbar.“ Stimme ich ihm zu.

Behutsam schiebt er den Träger meines BHs zur Seite und entblößt meine Brust, als er sanft mit seinem Zeigefinger über meine Brustwarze streicht richtet sich diese sofort auf und er grinst.

„Sie sind etwas empfindlicher.“ Gebe ich zu.

„Das merke ich.“ Haucht er mir ins Ohr und schiebt mich auf dem Bett nach oben, sodass ich unter ihm liege. Ich genieße es sein Körpergewicht auf mir zu spüren und schließe meine Augen, als seine Hände auf weitere Erkundungstour gehen.

Nach ein paar Minuten will ich nicht länger warten und ziehe bestimmt hoch zu mir.

„Bitte Nate.“ Flehe ich ihn an.

Er tut mir den Gefallen und ich spüre wie er quälend langsam in mich eindringt.

Mit ihm vereint zu sein ist immer wider etwas besonders und ich hoffe, ich werde dieses unbeschreibliche Gefühl niemals verlieren…

Ich komme schon, nachdem er nur ein, zwei Mal zugestoßen hat und atme schwer.

Er lässt mich kurz verschnaufen, gibt dann einen schnellen, harten Rhythmus vor und wir erreichen noch einen gemeinsamen Höhepunkt.

Geschafft schlafe ich in seinen Armen ein und als mein Wecker am nächsten Morgen klingelt, da bin ich mal diejenige die zuerst aufsteht und ins Bad geht. Erst einmal übergebe ich mich mal wieder, aber heute weiß ich, das es meiner Aufregung liegt… nur an meiner Aufregung.

Als ich frisch geduscht aus dem Bad komme nimmt mich Nate in den Arm.

„Niemand wir uns trennen.“ Verspricht er mir.

Ich nicke nur und beginne mich mechanisch anzuziehen. Ich habe mir extra für heute ein graues Etuikleid, schwarze Pumps und eine dünne schwarze Jacke mitgenommen. Ich will unbedingt einen guten Eindruck hinterlassen…

Ich stecke mir die Haare locker hoch und lege meine Ohrringe und die Kette an, die ich von Grace und Dex zum Geburtstag bekommen habe.

Mir ist nicht nach reden und auch Nate denkt nach, das erste Mal ist es zwischen uns kein angenehmes Schweigen, es ist ein Schweigen in dem tausend Fragen versteckt sind…

Ich nehme die Papiere mit zum Frühstück und studiere sie, während wir alle schweigend essen.

Erst im Taxi auf dem Weg nach Lakewood zum Gericht bricht Grace das Schweigen.

„Wie fühlst du dich?“ sie nimmt meine Hand in ihre.

„Ich wäre froh, wenn ich es schon hinter mir hätte.“ Gebe ich zu.

„Alles wird gut.“ verspricht sie mir und drückt kurz meine Hand.

Im Gericht müssen wir auf dem Flur warten und ich tigere auf und ab. Nate versucht gar nicht erst mich in den Arm zu nehmen, denn er weiß, im Moment brauche ich Zeit für mich…

„Der Staat Californien gegen Anastasia Coleman.“ Wird mein Fall aufgerufen und wir betreten den Gerichtssaal.

Ich atme tief durch, setze mich an den einen Tisch zusammen mit Nate und Dex.

„Die ehrenwerte Richterin Katharine Willcox.“ Wird die Richterin angekündigt und wir stehen alle auf.

Ich werfe kurz einen Blick auf den Anwalt am Nebentisch, dem das hier eher alles zu Langweilig erscheint.

„Nehmen sie Platz.“ Weist uns die Richterin, eine Frau in den 50ern mit grauen Haaren und einer strengen Brille, an.

„Verhandlungssache der Staat Californien gegen Anastasia Coleman. Bitte verlesen die Anklage.“ Sagt sie an den Herrn am Nebentisch gewandt.

„Trunkenheit am Steuer, Gefährdung der Öffentlichkeit. Der Staat Californien hat sich aufgrund Miss Colemans reichlicher Vorstrafen entschieden Anklage zu erheben.“ Leiert er hinunter und ich frage mich, ob er weiß, das es um meine Zukunft geht.

„Miss Coleman, wen haben sich sie als Rechtbeistand gewählt?“ fragt sie nun an mich gewandt.

„Richterin Willcox, ich werde mich selbst vertreten. Da ich noch keines der Beiden Staatsexamen abgelegt habe, werden mich Nathaniel O’Brian und Dexter Hamilton als Rechtsbeistand unterstützen. Beide sind nach irischem Recht zugelassene Anwälte und nach meinem Wissen, dürfen sie mich in dieser Sache auch hier in den Staaten vertreten.“ Erkläre ich ihr und sie nickt „Des weiteren möchte ich anführen, dass ich nicht mehr Coleman heiße. Ich bin verheiratet und trage den Name O’Brian.“

Sie nickt kurz in meine Richtung.

„Möchten sie etwas zu ihrer Verteidigung sagen?“ fragt sie weiter und lässt mich nicht aus den Augen.

„Ja euer Ehren…“ ich nicke und nehme meine Notizen „Mir ist sehr wohl bewusst, das mein Verhalten, welches ich am 31.12 des letzten Jahres an den Tag gelegt habe, Konsequenzen nach sich ziehen muss, denn ich habe gegen das Gesetzt verstoßen. Ich möchte jedoch darlegen, das ich mich geändert habe und meinen Fehler bereue.“

„Einen Fehler den sie von 2010 bis 2013 sage und schreibe 16 Mal begangen haben.“ Mischt sehr der gegnerische Anwalt ein.

„Ja.“ Sage ich nur und sehe zu ihm „Durch einen schweren Verlust am 07. Juli 2010 verlor ich den Halt in meinem Leben und tauchte in Abwärtspirale ein, aus der es eine sehr lange Zeit kein Entkommen gab. Zwar bekam ich psychologische Hilfe, aber der gewünschte Effekt blieb aus, da ich in meinem Elternhaus keinen Halt und kein Vertrauen finden konnte, welches sich im Nachhinein betrachtet, als ein weiterer Faktor meiner Selbstzerstörung erwiesen hat. Ich will nichts schön reden, denn ich weiß, ich habe, um es nett auszudrücken, Mist gebaut, aber ich weiß auch, dass ich mich aus eigener Kraft geändert habe. Ich bin aufgewacht und bin wieder auf dem richtigen Weg.“ Fahre ich fort.

Mein Herz schmerzt in meiner Brust und ich atme tief durch.

„Wie wollen sie dem Gericht bitte beweisen, das sie nicht gleich morgen mit dem nächstbesten Auto betrunken in ein anderes Auto rasen und die Allgemeinheit gefährden?“ kommt es vom Nebentisch.

Das ist Dex sein Stichwort und er erhebt sich, während ich mich setze.

„Mrs. O’Brian lebt seit Oktober letzten Jahres in Dublin und studiert am Trinity College Jura, im mittlerweile 12. und letzten Semester. Sie ist nicht ein einziges Mal auffällig geworden und es gibt keinen Grund sie nicht als rehabilitiert zu betrachten. Ich habe hier Leumundszeugnisse von verschiedenen Lehrern und ein polizeiliches Führungszeugnis. Wenn ich ihnen das vorlegen dürfte?“ er sieht zur Richterin und sie winkt ihn zu sich an den Tisch.

Er nimmt den Stapel und bringt sie ihr, kurz studiert sie die Papiere, dann sieht sie wieder zu mir.

„Warum sollte ich glauben, das sie sich nicht nur bis jetzt zusammen gerissen haben und in ein oder zwei Monaten das gleiche passiert?“ sie sieht mich über den Rand ihrer Lesebrille hinweg an.

Ich stehe auf und räuspere mich „Euer Ehren, ich stehe kurz vor meinem ersten Staatsexamen, ich bin frisch verheiratet und erwarte im Mai nächsten Jahres mein erstes Kind. Ich habe die Stabilität, das Vertrauen und die Liebe gefunden, die ich brauchte um über meinen traumatischen Verlust hinweg zu kommen.“

„Haben sie sich die Hilfe gesucht, die sie brauchen?“ will sie weiter wissen.

„Ja euer Ehren, ich habe Hilfe bekommen ohne danach zu fragen und weiß, das ich mein jetziges Leben für nichts auf Spiel setzen würde.“ Ich atme tief durch „Niemals.“ Füge ich hinzu.

„Wie lautet ihr Antrag?“ sie sieht wieder zum Nebentisch.

„Trotz des so schön vorgetragenen Märchens plädiere ich auf 3 Monate Abschreckungshaft und 2 Jahre auf Bewährung.“ Er sieht mich überheblich lächelnd an.

„Und sie?“ sie sieht wieder zu mir.

„Ich bin mir bewusst, dass sich eine Bewährungsstrafe nicht umgehen lassen wird.“ Sage ich nur und setze mich.

„Ich ziehe mich kurz zurück. 20 Minuten Pause.“ Sie klopft mit ihrem kleinen Hämmerchen auf die Holztafel und geht hinaus.

Nate nimmt mich in den Arm und küsst mich „Das hast du sehr gut gemacht.“ Lobt er mich.

„Wie gut, wird sich in 20 Minuten zeigen.“ Fügt Dex hinzu.

„Ich muss mal eben raus, ich bin gleich wieder da.“ Entschuldige ich mich und springe auf. Ich gehe auf die Toilette und lasse mir kaltes Wasser über die Unterarme laufen.

Ich sehe mein Spiegelbild an und Tränen stiegen mir in die Augen.

„Bitte, bitte…“ flehe ich leise.

Aus einer der Kabinen hinter mir erklingt das Spülgeräusch und ich zucke zusammen, denn eigentlich dachte ich, ich bin hier alleine.

Ich wische mir schnell über die Augen und aus der Kabine tritt zu meiner Überraschung Richterin Willcox.

„Sie sind sehr gut vorbereitet.“ Sagt sie an mich gewandt und ich sehe sie, mit wieder aufsteigenden Tränen in meinem Augen an.

„Danke euer Ehren.“ Erwidere ich leise.

„So gerne ich es würde, ich kann sie nicht frei und ohne Strafe aus diesem Gerichtssaal gehen lassen.“ Gibt sie bedauernd zu. „Aber ich bin mir sicher, ihre Anwälte und auch sie, haben eine Lösung.“ Sie nickt mir zu, trocknet sich die Hände ab.

„Danke.“ Ich nehme mir ein Papierhandtuch.

„Nein, ich danke ihnen Mrs. O’Brian, es ist schön zu sehen, das manche Menschen es aus eigener Kraft schaffen.“ Gibt sie zu.

„Ich hatte Hilfe.“ Ich nicke leicht.

„Aber die meiste Arbeit hatten immer noch sie.“ Sie verlässt den Waschraum und ich folge ihr nach ein paar Minuten.

Gerade rechtzeitig komme ich wieder an meinen Platz.

„Die ehrenwerte Richterin Katharine Willcox.“ Wird sie wieder angesagt, kommt herein und nimmt Platz, was wir ihr gleich tun.

„Erheben sie sich.“ Sagt sie und wir alle stehen wieder auf „Ich habe darüber nachgedacht und wie Mrs. O’Brian schon selber erkannt hat, lässt sich in diesem Fall eine Bewährungsstrafe nicht verhindern, allerdings sehe ich das geforderte Strafmaß als zu hoch angesetzt an und verurteile Mrs. Anastasia O’Brian zu einer Bewährungsstrafe von 10 Monaten. Ich belehre sie hiermit, das sie den Staat Californien nicht verlassen dürfen und sich einmal im Monat mit ihrem Bewährungshelfer in Verbindung setzen müssen.“ Sie klopft wieder auf die Holztafel.

„Euer Ehren.“ Nate steht auf und sie sieht ihn überrascht an.

„Ja bitte Mr. O’Brian?“

„Ich lege hier einen Präzedenzfall vom August 2002 vor, in dem die Bewährungsstrafe aufgrund einer Familienzusammenführung in ein anderes Land verlegt wurde und beantrage den gleichen Paragraphen bei Mrs. O’Brian anzuwenden. Natürlich wird sie den Kontakt zu einem Bewährungshelfer halten und die Konsequenzen einer Missachtung bleiben bestehen. Wir möchten den Antrag auf Aussetzen der Bewährungsstrafe in Irland stellen und möchten, im Sinne des Verfahrens, um eine schnelle Lösung bitten.“ Er atmet tief durch.

Richterin Willcox lächelt tatsächlich leicht.

„Mr. O’Brian…“ sie holt tief Luft „Ich muss zugeben, sie haben ihren Job sehr gut gemacht, aber wie wollen sie ein Familienzusammenführung unterlegen?“

„Mrs. O’Brians Mann, ich…“ fügt er hinzu „Ist Lehrer am Trinity College und ein Umzug hierher ist nicht zumutbar. Durch den eingetragenen Grad seiner Behinderung mit 100 % auch nicht anzuraten und er ist auf die Hilfe seiner Frau angewiesen.“ Er räuspert sich „Wie ihnen in der Einführung des Prozesses gesagt wurde, ist meine Frau schwanger und damit liegen wohl alle Gründe offensichtlich auf der Hand.“ Er atmet kurz durch „Entschuldigen sie euer Ehren, aber mein Fachgebiet ist europäisches Recht.“ Entschuldigt er sich.

„Ich gebe dem Antrag statt, Mrs. O’Brian sie dürfen die Staaten verlassen, sei es nur darum ihrem behinderten Mann zur Seite zu stehen.“ Sie nickt mir zu und ich falle Nate um den Hals.

„Danke.“ Sage ich wirklich aufrichtig und am Nebentisch wird zusammen gepackt.

Der Mann steht auf und reicht mir seine Hand „Als ich den Namen Coleman las, da habe ich viel erwartet, aber mit Sicherheit nicht das. Ich gratuliere ihnen Mrs. O’Brian.“ Sagt er erstaunlicher Weise ehrlich.

„Ich danke ihnen.“ Ich erwidere seinen Handdruck.

„Ich weise sie darauf hin, dass sämtliche Auflagen auch in Irland gelten.“ Sagt die Richterin noch und ich nicke eifrig.

„Vielen Dank.“ Damit stehen wir alle auf und verlassen den Gerichtssaal.

„Ehrlich Nate, du brauchst die Hilfe deiner Frau?“ lacht Grace.

„Ich kann ohne sie nicht leben, wäre wohl nicht so gut angekommen, oder?“ er hebt mich an und wirbelt mich herum „Obwohl das der Wahrheit entspricht.“ Er küsst mich innig.

„Ich bin so froh Kleines.“ Grace nimmt mich in den Arm, nachdem mich Nate wieder abgestellt hat und ich festen Boden unter den Füßen habe.

„Und ich erst. Wann wollen wir zurück nach Hause?“ ich sehe sie strahlend an.

„Wann du willst.“ Erwidert sie.

„Morgen.“ Sage ich sicher.

„Gut, wir buchen nachher vom Hotel einen Flug für uns.“ Dex klatscht in die Hände.

Glücklich lade ich alle zum Essen ein und am frühen Nachmittag kommen wir zurück ins Hotel. Zu unser aller Überraschung sitzen mein Vater und meine Mum in der Lobby und stehen auf, als wir rein kommen.

„Heather? William?“ fragt Grace zu erst erstaunt.

„Wieso bist du erstaunt uns zu sehen?“ will meine Mum wissen.

„Lass mich überlegen?“ Grace sieht sie musternd an „Mag wohl daran liegen, das ihr eurer Tochter weder zum Geburtstag gratuliert habt, noch sie wenigstens vom Flughafen abgeholt habt, noch ihr beigestanden habt, als sie heute Vormittag einen Gerichtstermin hatte… überhaupt hat sich keiner von euch im letzten Jahr wirklich bei ihr gemeldet und sie mal gefragt wie es ihr geht. All das zusammen gezählt kann dazu führen, das keiner von uns mit auch nur einem von euch gerechnet hat.“ Endet sie und ich sehe Dex seinen stolzen Blick den er ihr schenkt.

„Wir hatten Termine.“ Wirft meine Mum ein.

„Kein Termin auf der Welt ist so wichtig, das man nicht einmal Zeit für einen Anruf hat und wenn es um die eigene Tochter geht, dann verschiebt man alles andere. Sie ist wichtiger wie alles.“ Sagt Grace sicher und ich greife nach ihrer Hand.

„Aber es ist richtig, das wir nebenbei erfahren, das Anastasia geheiratet hat und ein Kind erwartet?“ meine Mum stemmt ihre Hände in die Hüfte und ich stelle mich vor Grace.

„Alle Menschen die mir wichtig sind, haben meinen Hochzeitstag mit mir zusammen verbracht und haben die Nachricht von meinem und Nates Baby aus erster Hand erfahren.“ Erkläre ich ihr.

„Sind wir dir egal?“ ich höre den verletzten Stolz.

„Ihr seid mir so wichtig wie ich euch bin und entschuldigt mich jetzt, ich habe Termine.“ Ich will an ihr vorbei gehen.

„Sag mir bitte nicht, dass wir dich auch noch verloren haben.“ Bittet sie mich leise und hält mich am Arm fest.

„Ihr habt mich nicht verloren, weil ich mich niemals wirklich geliebt habt oder nur ansatzweise versucht habt, es mir zu zeigen. Ich musste ans andere Ende der Welt um zu lernen, was Liebe und Vertrauen bedeutet, denn John ist nicht mehr da um mir das zu zeigen.“ Ich schüttele leicht mit dem Kopf „Du hast in deinem Leben deine Prioritäten falsch gesetzt Mum und die Konsequenzen kann dir jetzt niemand abnehmen.“

„Ana, ich liebe dich.“ Sagt sie und lässt meinen Arm los.

„Das merke ich nicht.“ Antworte ich.

„Ana bitte.“ Meldet sich mein Dad zu Wort und zum ersten Mal in meinem Leben redet er mit weicher Stimme mit mir. Das letzte Mal habe ich ihn so reden gehört, als John noch lebte.

„Nein Dad, ein Leben in Johns Schatten habe ich einfach nicht verdient.“ Ich greife nach Nates Hand und wir gehen um unseren Zimmerschlüssel abzuholen.

Ich höre, wie Grace und Dex kurz mit meinen Eltern sprechen und diese dann die Lobby verlassen. Ich atme tief durch und drehe mich um.

„Was habt ihr ihnen gesagt?“ frage ich und Grace nimmt mein Gesicht in ihre Hände.

„Ich habe Heather klar gemacht, das sie dir beweisen muss, das du ihr wichtig bist und das sie dich liebt, sonst verliert sie dich…“ erklärt sie mir „Zu William habe ich etwas ähnliches gesagt, nur muss ich zugeben, war meine Wortwahl da nicht so ausgewählt.“ Sie zuckt leicht mit den Schultern und haucht mir einen Kuss auf die Stirn. „Ich bin wahnsinnig stolz auf dich.“

„Und ich darauf dich zur Tante zu haben.“ Lächle ich „Ich liebe Dich Grace.“

„Oh Kleines, ich liebe dich auch!“ sie drückt mich an sich.

Kaum auf dem Zimmer angekommen greife ich nach Nates Handy.

„Was hast du jetzt vor?“ fragt er verwirrt.

„Aiden anrufen.“ Sage ich und drücke auf den blauen Knopf mittig unter dem Display.

„Aiden Handy.“ Sage ich laut.

„Stimmcode nicht akzeptiert.“ Ertönt eine weibliche Computerstimme und Nate lacht.

„Es soll doch nicht jeder mit meinem Handy telefonieren können.“ Erklärt er mir.

„Ich bin nicht jeder, ich bin deine Frau.“ Ich drücke ihm sein Handy in die Hand.

„Das habe ich meinem Handy wohl noch nicht gesagt.“ Gibt er zu. „Aiden Handy.“ Sagt er nun.

„Verbindungsaufbau.“ Ertönt die weibliche Stimme.

„Hey, wie ist es gelaufen?“ meldet sich Aiden ein paar Augenblicke später. „Nebenbei gesagt ist es hier schon nach Mitternacht.“ Fügt er fast strafend hinzu.

„Kannst du mich morgen vom Flughafen abholen?“ fragt Nate und versucht traurig zu klingen.

Ich reiße meine Augen auf, doch er legt seinen Zeigefinger auf den Mund und lächelt.

„Klar…“ Aiden klingt verwirrt „Oh Nate, was ist passiert?“

„Es lief nicht so wie gedacht.“ Erklärt er ihm.

„Es tut mir so leid.“ Ich höre wie Aiden nach den richtigen Worten ringt.

„Schluss jetzt…“ sage ich, das kann ich Aiden nicht eine Sekunde länger antun.

„Ana?“ fragt Aiden erstaunt.

„Ja Aiden, es geht mir gut und ja, die Verhandlung ist nicht wie erwartet gelaufen… sondern sogar besser.“ Ich schlage nach Nate „Und dein bester Freund wollte dich verarschen. Ich komme morgen mit, 10 Monate auf Bewährung, aber ich darf ausreisen.“

„Ja….“ Schreit Aiden nun fast und ich lache auf. „Alter, das wirst du mir büßen.“ Droht er Nate an.

„Was bitte soll denn eine angemessene Strafe sein?“ lacht Nate.

„Wenn ihr einen Jungen bekommt, dann heißt er gefälligst Aiden. Das bist du mir spätestens jetzt schuldig.“ Sagt Aiden und ich und Nate lachen auf.

„Warum sollte ich mein Kind Aiden nennen?“ Nate schüttelt den Kopf „Vielleicht als Zweit oder Drittnamen.“ Fügt er hinzu.

„Okay, ich nehme was ich kriegen kann.“ Lacht nun auch Aiden.

„Ich freue mich dich morgen zu sehen.“ Sage ich, nachdem ich mich beruhigt habe. „Geh jetzt schlafen, wir landen morgen um 14 Uhr.“ Füge ich hinzu.

„Ich bin da und übrigens hattest du für dein Auto kein Parkticket gelöst und ich habe es am Flughafen abgeholt. Ehrlich Ana, ich kann dich nicht aus allen Schwierigkeiten befreien.“ Er lacht erneut auf.

„Und ich dachte, du hast dich langsam dran gewöhnt.“ Gebe ich betont lässig zurück.

„Warum sollte es mir mit dir anders gehen wie mit Jenna?“ er stöhnt theatralisch.

„Eben.“ Stimme ich ihm zu.

„Ich bin unheimlich froh, das du… gut ihr… morgen wieder kommt. Gute Nacht! Ich liebe euch Leute!“ ich kann förmlich sehen, wie er grinst.

„Gute Nacht Aiden und wir lieben dich auch!“ Wünsche ich ihm noch und lege auf.

„Nate, das war echt gemein.“ Rüge ich meinen Mann, der immer noch grinst.

„Er ist mein bester Freund, der kann so was ab.“ Winkt er ab.

„Toll, jetzt müssen wir unser Kind Aiden nennen.“ Ich versuche böse zu klingen.

„Es gibt Schlimmeres.“ Nate zuckt mit den Schultern.

„Ja, wenn es ein Mädchen wird und wir die arme Kleine Aiden nennen müssen.“ Lächle ich.

„Komm her.“ Bittet er mich und ich setze mich auf seinen Schoß. „Habe ich dir heute schon gesagt, wie sehr ich dich liebe und wie unglaublich stolz ich auf dich bin?“ fragt er und zieht eine Augenbraue hoch.

„Hmm.“ Ich tue als müsse ich nachdenken.

„Ich liebe Dich Anastasia O’Brian.“ Er lächelt und ich beuge mich zu ihm um ihn zu küssen.

Zum Glück haben wir gar nicht richtig ausgepackt und das einpacken wird dementsprechend ein Kinderspiel als wir am nächsten Morgen aufstehen und mit unseren Taschen in die Lobby kommen.

Wir sitzen gerade bei Frühstück, als meine Mum herein kommt und ich automatisch meine Luft anhalte.

„Was ist los?“ fragt Nate sofort.

„Meine Mum.“ Sage ich tonlos.

„Darf ich mich zu euch setzen?“ sie bleibt vor dem Tisch stehen.

Eine Weile ist es still und Nate drückt kurz meine Hand.

„Nimm Platz.“ Sage ich schließlich und ich sehe die Erleichterung in ihrem Gesicht. Nach so langer Zeit erkenne ich endlich einmal so etwas wie Gefühle und ich bin erstaunt und verwirrt zu gleich.

„Ihr reist heute schon ab?“ sie deutet auf unsere Taschen.

„Ja, ich möchte im laufenden Semester nichts verpassen.“ Erkläre ich ihr uns sie nickt verständnisvoll.

„Ana, es tut mir leid.“ Platzt es plötzlich aus ihr heraus.

„Mum…“ setze ich an.

Moment, sie nennt mich Ana?

„Nein Ana, lass mich ausreden. Ich weiß nicht, wann ich wieder dazu Gelegenheit habe.“ Sie sieht mich bittend an und ich nicke leicht „Gestern haben dein Dad und ich, ich glaube das erste Mal seit Jahren, über unsere Gefühle gesprochen und wir stimmen dir zu, das wir nicht genug getan haben um dir zu zeigen, das wie dich lieben. Wir verstehen auch langsam, das der Verlust, den du durch Johns Tod erlitten hast größer ist, als wir es jemals vermuten konnten, denn seien wir ehrlich, wir haben unsere Leben an euren vorbei gelebt…“ ich sehe ihre Unterlippe beben und starre sie an. Noch niemals in meinem Leben war meine Mum so ehrlich zu mir.

„Baby? Ich hole unsere restlichen Sachen.“ Nate steht auf, haucht mir einen Kuss auf die Stirn.

„Danke Nate.“ Flüstere ich.

Auch Dex und Grace stehen auf. „Wir warten in der Lobby auf dich.“ Dex nickt mir zu.

„Ana, wir können es nicht wieder gut machen.“ Meine Mum zuckt mit den Schultern „Aber ich möchte, dass du mit Wissen zurück fliegst, das wir dich lieben. Egal, was passiert ist und egal was noch passieren wird. Wir können dich nicht darum bitten uns zu verzeihen, aber wir möchten dich bitten, uns an deinem Leben teilhaben zu lassen.“ Eine einzelne Träne läuft über ihr Gesicht.

Können sich Menschen wirklich ändern?

Habe ich nicht im letzten Jahr eindeutig bewiesen, das es möglich ist?

Und sollte ich nicht meinen Eltern wenigstens eine Chance einräumen?

Ich meine, wenn sie sie vertun, dann kann ich nichts machen, aber zu verlieren habe ich im Grunde genommen nichts mehr…

„Mum…“ ich schlucke schwer. „Es bedarf nicht nur meine Seite, auch du und Dad müsst etwas dafür tun.“ Gebe ich zu bedenken.

„Das wissen wir Ana.“ Sie nickt und wischt sich die Tränen weg.

„Ihr müsst meine Entscheidungen akzeptieren, genau wie ich eure akzeptiere.“ Ich sehe sie an und sie nickt.

„Nathaniel scheint sehr nett zu sein.“ Sie lächelt scheu.

„Er ist großartig. Er ist das Beste, was mir meinem Leben passiert ist.“ Erkläre ich ihr und sie nimmt meine Hand.

„Das ist wirklich wundervoll, ich würde mich freuen, wenn wir euch besuchen könnten und wir die Möglichkeit haben, ihn kennen zu lernen.“ Sie sieht mich lange an.

„Sicher Mum, sobald wir ein Haus gefunden haben, könnt ihr uns besuchen, in der Wohnung würde es etwas zu eng werden.“ Ich lächle entschuldigend „Dann möchte ich auch, das ihr unsere Freunde kennen lernt. Vor allen Dingen Aiden, er erinnert mich so sehr an John. Er ist unser bester Freund und ich weiß, du würdest ihn mögen.“ Ich drücke kurz ihre Hand.

„Ganz bestimmt.“ Versichert sie mir. „Dein Dad und ich haben noch etwas für dich und wir hoffen, dass du es annimmst.“ Sie reicht mir einen Umschlag. „Bitte denke jetzt nicht, dass wir dich kaufen wollen, wir wollen dir und deiner Familie nur ermöglichen eure Träume zu verwirklichen und da ihr euch in naher Zukunft ein Haus kaufen wollt, da passt es bestimmt.“

Ich nehme den Briefumschlag und öffne ihn vorsichtig, im Inneren liegt ein Scheck und ich sehe zu meiner Mum.

„Das kann ich nicht annehmen.“ Ich schließe den Umschlag wieder.

„Ich, nein wir bitten dich. Du musst so viele Sachen für unser Enkelkind kaufen und wir wollen nicht, dass es ihm oder ihr an etwas fehlt. Wir wissen, das du es besser machen wirst wie wir und wir wollen dich dabei unterstützen.“ Sie drückt den Umschlag fest in meine Hand. „Es ist nur Geld.“

„Mum, das sind 750.000 US Dollar.“ Ich sehe sie zweifelnd an.

„Bitte Ana, dafür können wir dann bei dir wohnen, wenn wir in Irland sind.“ Ich merke, wie sie schneller zu atmen beginnt und begreife, dass es ihre Art ist es irgendwie gut zu machen.

„Mum, ich will kein Geld.“ Ich will ihr den Umschlag zurück geben.

„Das wissen wir.“ Sie nickt mir zu „Wir haben nicht vor dich zu kaufen, sondern wir wollen dir einen schönen Start in dein Leben als verheiratete Frau und baldige Mum ermöglichen. Nicht mehr und nicht weniger, wir wissen, das wir eine Menge Arbeit vor uns haben, um nur annährend das wieder gut zu machen, was wir versäumt haben.“

„Danke Mum.“ Ich stecke den Umschlag in meine Tasche. „Ich muss jetzt leider los.“ Ich sehe auf meine Uhr.

„Natürlich.“ Sie steht ebenfalls auf und wir gehen in die Lobby, wo Grace, Dex und Nate in einer der Lounge Ecken auf mich warten.

„Es tut mir leid Gracie…“ meine Mum sieht zu Grace und diese kommt zu ihr und nimmt sie in den Arm „Ich danke dir, das du dich so sehr um Ana kümmerst und sie so sehr liebst.“

„Heather, das ist selbstverständlich.“ Grace drückt sie erneut fest an sich.

„Mum, ich möchte dir Nate… meinen Mann, vorstellen.“ Ich ziehe Nate von der Couch hoch und er reicht seine Hand in ihre Richtung.

„Es freut mich sehr Nate, ich hoffe, wir werden bald die Möglichkeit haben uns besser kennen zu lernen.“ Sie erwidert seinen Händedruck.

„Das würde mich sehr freuen Mrs. Coleman.“ Nickt Nate.

„Heather bitte, du gehörst zur Familie.“ Sie lächelt leicht.

„Vielen Dank Heather, ich weiß es wirklich zu schätzen.“ Bedankt sich dieser und Dex tippt auf seine Uhr.

„Wir müssen los.“ Entschuldigt er sich.

„Aber sicher, danke Ana.“ Meine Mum steht unschlüssig vor mir und ich nehme sie in den Arm.

„Ich danke dir Mum.“

„Darf ich dich anrufen?“ fragt sie leise.

„Jederzeit.“ Ich nicke ihr zu.

Dann beladen wir das Taxi und ich nehme meine Mum erneut in den Arm, ehe wir einsteigen und zum Flughafen fahren.

„Wie fühlst du dich?“ will Nate wissen, als wir gerade unsere Plätze im Flieger gefunden haben und ich denke kurz nach.

„Sehr gut.“ gebe ich zu. „Ich freue mich auf zu Hause.“

„Ich mich auch, am Montag müssen wir uns einen Termin beim Dekan holen. Dienstag willst du wieder zu Uni und wir müssen das vorher klären.“ Er seufzt leise.

„Jetzt kann uns nichts mehr aufhalten.“ Ich beuge mich zu ihm und küsse ihn sanft. „Und erst einmal habe ich vor, das Wochenende mit meinem Mann zu genießen und vielleicht nehmen wir das Projekt Hauskauf in Angriff.“

„Schnallen sie sich bitte an.“ eine Stewardess erscheint neben mir und ich zeige auf meinen geschlossenen Gurt und hebe Nates Hand hoch, das sie seinen ebenfalls sehen kann.

„Vielen Dank.“ Sie lächelt uns freundlich an und geht dann weiter.

Dieses Mal sitzen Dex und Grace weiter weg, aber wir haben ja auch erst in letzter Minute eingecheckt, da durften wir nichts anderes erwarten.

Es folgen die üblichen Sicherheitshinweise und wir erheben uns in den strahlend blauen Himmel…

Kaum in der Luft nimmt Nate seine Hände in meine, er denkt nach und ich grinse.

Womit habe ich ihn denn jetzt schon wieder aus dem Konzept gebracht?

Denn augenscheinlich habe ich das.

Tiefe Denkfalte auf der Stirn, schwitzige Hände und ein etwas ratloser Gesichtsausdruck.

„Was ist los?“ grinse ich.

„Das mit dem Hauskauf müssen wir, denke ich, noch eine Weile verschieben. Ich meine, ich verdiene wirklich nicht schlecht, aber die Wohnung muss verkauft sein. Nur so haben wir die finanziellen Mittel…“ er kaut sich nervös auf der Unterlippe herum.

Ich beuge mich zu ihm „Das sehe ich etwas anders.“ Flüstere ich „Meine Eltern haben uns ein, nennen wir es mal Hochzeitsgeschenk, gemacht.“

„Ach ja?“ er zieht eine Augenbraue hoch und ich drehe seine Handfläche nach oben.

Ich zeichne eine 7, dann eine 5 und 4 Nullen.

„Hast du da irgendwo ein Komma vergessen?“ fragt er verwirrt.

„Nein. Meine Eltern haben uns 750.000 Us Dollar geschenkt, in Euro sind das…“ ich krame in meiner Hosentasche nach meinem Handy und tippe darauf herum „Fast 600.000 Euro und wenn ich bedenke, das Grace und Dex Haus 120.000 Euro gekostet hat, dann sollten wir dafür wohl ein schönes Haus bekommen, oder?“

„Das können wir nicht annehmen…“ er schüttelt den Kopf.

„Das habe ich versucht…“ erkläre ich ihm.

Er legt seinen Kopf schief.

„Wirklich Nate, ich habe es versucht. Hältst du mich für so berechnend?“ frage ich schon fast empört.

„Natürlich nicht.“ Er greift wieder nach meiner Hand.

„Sie wollen uns ermöglichen ein Nest für unsere Familie zu bauen. Sie sind sich wohl einfach bewusst, dass ich noch etwas davon entfernt bin eine fertige Anwältin zu sein und dementsprechend Geld zu verdienen.“ Ich lächle leicht. „Ich denke einfach, sie geben sich Mühe und ja, ich will ein Nest für unser Baby und für uns. Du hast Recht, in der Stadt ist es zwar schön, aber ich möchte, das unser Kind einen Garten zum spielen hat, ich möchte, das du ein Büro bekommst, wo du dich auf deinen Unterricht vorbereiten kannst und ich möchte die Haustür aufschließen und sagen: Das ist mein Zuhause.“ Gestehe ich ihm und dieses eine Mal ist es mir egal ob ich egoistisch klinge.

„Das klingt wirklich schön.“ Gibt er zu und küsst meine Hand. „Wir werden uns mit Dex und Grace und mit meinen Eltern beraten.“ Er haucht mir einen Kuss auf die Stirn.

„Klingt vernünftig.“ Gestehe ich.

„Ich weiß, ich bin so gut.“ erwidert er selbstgefällig.

„Spinner.“ Ich lege meinen Kopf auf seine Brust.

Der Flug kommt mir wie eine Ewigkeit vor und ich kann kaum länger wie eine halbe Stunde still sitzen. Dann endlich, endlich landen wir und Nate seufzt erleichtert.

„Was ist los?“ frage ich ihn und hole unser Handgepäck aus dem Fach über unseren Sitzen.

„Ehrlich Baby, ich liebe dich, aber du hast mich die letzten fast 13 Stunden wahnsinnig gemacht.“ Gibt er zu.

„Ich kann nicht still sitzen, die Jeans zwickt mich.“ Gestehe ich und er lacht leise.

„Wir müssen dir neue Sachen kaufen, ansonsten setze ich mich nicht einmal mehr für eine halbe Stunde neben dich.“ Er steht auf und ich greife nach seiner Hand.

„Und das von meinem Mann.“ Stöhne ich.

Am Gepäckband treffen wir wieder auf Dex und Grace und Grace grinst, als sie meinen Gesichtsausdruck sieht.

„Was hat er gemacht.“ Sie deutet auf Nate.

„Ich habe nichts gemacht, aber Ana hat die vollen 13 Stunden auf ihrem Sitz rum gezappelt, wie sie mir eben erklärt hat, weil ihre Jeans zwickt.“ Erklärt sich Nate.

„Wir müssen shoppen.“ Grace legt ihren Arm um mich und eine Hand auf meinen Bauch. „Bald wirst du es nicht mehr geheim halten können.“

„Das habe ich nicht vor.“ Informiere ich sie.

Unser Gepäck trudelt endlich ein und Dex belädt die Trollis, die wir dann Richtung Ausgang schieben.

„Habt ihr etwas dagegen, wenn Nate und ich und seine Eltern am Sonntag zu euch kommen?“ frage ich Dex und er sieht mich erstaunt an.

„Nein, das klingt nett und wirklich was Überraschendes kann von euch ja nicht kommen.“ Er zwinkert mir zu.

„Nate! Ana!“ jubelt Aiden, als wir hinaus treten. Ich lasse Nates Hand los und laufe zu Aiden um mich von ihm herum wirbeln zu lassen.

„Hey.“ Sagt er und streicht mir eine Strähne aus dem Gesicht. In dieser Geste liegt alles, seine Erleichterung, seine Freude und seine brüderliche Liebe…

Er hat mir wirklich gefehlt.

„Hey.“ Erwidere ich ebenfalls und drücke ihn erneut an mich.

„Hallo? Bester Freund?“ Nate erscheint neben uns und Aiden umarmt auch ihn.

„Ich bin so froh euch zu sehen.“ Aiden atmet erleichtert durch, begrüßt dann auch Dex und Grace und nimmt dann nochmals mich in den Arm.

„So, wir müssen nach Hause, ich bin total erledigt.“ Dex gähnt herzhaft.

„Wir sehen uns Sonntag zum Essen? 18 Uhr?“ Grace nimmt mich in den Arm.

„Ja, wir sagen Cal und Alice Bescheid.“ Verspreche ich ihr, nehme dann Dex in den Arm und sehe, wie die Beiden das Flughafengebäude verlassen.

„Bereit?“ fragt Aiden und Nate und ich stöhnen auf.

„War Spaß…“ winkt Aiden ab „Ich bringe euch nur nach Hause, auf den Rest könnt ihr euch morgen Abend einstellen.“ Er zwinkert mir zu. „Wir können doch nicht an einem Donnerstagabend einen drauf machen.“

„Wie gut für uns.“ Nate atmet erleichtert durch.

„Außerdem warten Charlie und Niall mit dem Essen auf mich.“ Fügt er hinzu und ich sehe auf meine Uhr.

„Wie spät ist es?“ will ich schließlich von ihm wissen.

„Kurz nach halb sechs.“ Antwortet Aiden und ich stelle meine Uhr neu ein, gut, dass mir nur 7 Stunden fehlen werden…

„Dann kommt.“ Aiden übernimmt den Gepäcktrolle und Nate greift nach meiner Hand.

Als er uns eine halbe Stunde später die Taschen in den Flur stellt, lasse ich mich geschafft auf die Couch fallen.

„Ihr seht Beide aus, als könntet ihr eine Mütze Schlaf vertragen…“ Aiden sieht uns mitleidig an, denn auch Nate lässt sich auf die Couch fallen und gähnt „… Ich lasse euch das Auto unten stehen.“ Er wirft mir meinen Autoschlüssel zu „Morgen um 20 Uhr im Poppys.“ Fügt er hinzu und ich nicke nur.

„Danke Aiden!“ rufe ich ihm hinterher und die Tür fällt ins Schloss.

Er hat es augenscheinlich eilig zu Charlie und Niall zu kommen.

„Ich muss ins Bett.“ Stöhnt Nate und ich stehe auf um ihn von der Couch hoch zu ziehen.

„Nicht auf der Couch, das ist unbequem.“ Ermahne ich ihn.

Ich öffne die Tür zum Schlafzimmer und bleibe in der Tür stehen.

„Gott…“ stöhne ich.

„Was ist los Baby? Ich erinnere dich nur ungern, aber du bist im Vorteil.“ Nate legt seine Arme um mich und seinen Kopf auf meine Schulter.

„Wir haben doofe Freunde.“ Erwidere ich seufzend „Ich gebe dir mal einen Überblick… Der ganze Boden steht mit Plastikbechern voll, alle zur Hälfte mit Konfetti, Federn und anderem Zeug gefüllt, komme ich gegen einen, löst das eine Kettenreaktion aus und wenn ich das richtig sehe, dann löse ich einen Ventilator aus, wenn ich gegen eine der unzähligen Schnüre komme, die quer durchs Zimmer gespannt sind. Zu allem Überfluss haben sie Satinbettwäsche aufgezogen… Oh, ich hasse Satin, da rutscht man immer hin und her und friert.“ Schimpfe ich und Nate lacht an meinem Ohr.

„Was sollen wir jetzt tun?“ fragt er leise.

„Ich will in unser Bett egal wie.“ Ich trete ins Schlafzimmer, versuche zum Bett zu laufen und den Ventilator abzuhalten ohne Unheil anzurichten, aber das ist aussichtslos und uns fliegt Konfetti um die Ohren.

„Ich werde noch nach Wochen überall Konfetti haben.“ Beschwere ich mich, als ich endlich im Bett liege und mich an Nate kuschele. Zum Glück ist November und es ist früh dunkel, ich werde einschlafen und erst aufwachen wann ich will… egal, ob überall an mir Konfetti klebt und ich in Satinbettwäsche liege.

„Ich bin gerne behilflich.“ Flüstert mir Nate noch ins Ohr, aber da bin ich auch schon eingeschlafen.

Ich werde wach, weil ich friere und als ich mich umdrehe erkenne ich auch schnell wieso. Nate hat sich in die beiden Decken eingewickelt und ich habe nur einen kleinen Zipfel für mich. Murrend stehe ich auf und falle beinahe hin, weil ich über die Plastikbecher falle, die nebenbei auch noch einen Heidenlärm machen.

„Wo willst du hin?“ nuschelt Nate.

„Duschen, ich friere und muss mich dringend aufwärmen.“ Ich beuge mich kurz zu ihm und küsse ihn auf die Stirn „Du wolltest wohl beide Decken ganz für dich alleine.“ Füge ich schmunzelnd hinzu, als er auf meiner Bettseite nach meiner Bettdecke tastet.

Das warme Wasser tut meinen Muskeln mehr als gut und ich schließe genießerisch meine Augen und lehne meinen Kopf leicht nach hinten. Plötzlich treffen kalte Hände auf meine warme Haut und ich zucke zusammen.

Nates Hände liegen auf meinen Hüften und schieben sich langsam hoch und nach vorne um meine Brüste zu umfassen.

„Du wolltest doch wohl nicht etwa alleine duschen, oder?“ haucht er mir ins Ohr.

„Warum hast du so lange gebraucht?“ necke ich ihn.

„Die Bettdecken und die unzähligen Plastikbecher haben mich wohl aufgehalten.“ Gibt er zu und küsst meinen Hals. Seine Hände massieren sanft meine Brüste und ich stöhne leise auf, als seine Hand hinunter in meinen Schritt wandert beschleunigt sich mein Atem und als er anfängt sanft mit seinem Zeigefinger meinen empfindlichsten Punkt zu stimulieren, da stöhne ich lauter und lehne mich gegen ihn. Ich lasse mich eine Weile von ihm verwöhnen und genieße jede seiner Berührungen, ehe ich mich umdrehe und ihn sanft küsse.

Dann küsse ich langsam seinen Hals hinab, seine Brust, seinen Bauch und schließlich umschließen meine Lippen seine volle Männlichkeit, zufrieden beobachte ich, dass er nun derjenige ist, der nach Luft schnappt und sauge vorsichtig.

Nach ein paar Sekunden zieht er mich unwirsch hoch, hebt mich an und bohrt sich in mich.

Ich gebe zu, ich bin überrascht und halte mich an ihm fest, was angesichts dessen, das wir beide nass und rutschig ist, an sich schon eine Herausforderung ist. Wir brauchen beide nur ein paar gezielte Stöße und ich sehe die Sterne vor meinem inneren Auge tanzen und presse mich an ihn.

Vorsichtig setzt er mich ab, dreht mich wieder mit dem Rücken zu ihm und beginnt mich einzuseifen. Meine Haut reagiert schon fast überempfindlich auf seine Berührungen und ich lehne meinen Kopf an die kühlenden Fliesen.

Dann verhaaren seine Hände auf meinem Bauch und ich lächle, sanft streicht er darüber und obwohl ich ihn nicht sehe, weiß ich, dass auch er lächelt.

„Ich liebe dich.“ Flüstert er mir ins Ohr.

„Ich dich auch.“ Antworte ich genauso leise, obwohl wir eigentlich keinen Grund zum flüstern haben.

Eine halbe Stunde später versuche ich dem Chaos im Schlafzimmer Herr zu werden und verfluchen jeden einzelnen unserer Freunde.

Wer bitte denkt sich so etwas aus?

Jenna!

Wer macht bei so etwas mit?

Alle!

3 schwarze Säcke und 2 Stunden später ist es vollbracht, obwohl ich mit Fug und Recht behaupten kann, das ich wie prophezeit, bestimmt noch mehr Konfetti in allen möglichen Ritzen finden werde…

Nate sitzt derweil am Computer und bereitet seinen Lehrplan vor und ich sehe immer wieder zu ihm herüber, wie er konzentriert mit seinen Kopfhörern lauscht und wie seine Finger fast wie von selbst über die Tastatur fliegen.

„Ich bemerke sehr wohl, dass du mich beobachtest.“ Ruft er mich lächelnd rüber.

„Stimmt ja gar nicht, ich räume auf.“ Wehre ich mich gespielt schockiert.

„Tust du wohl.“ Er schüttelt lächelnd seinen Kopf.

Nachdem das Konfetti endlich da ist, wo es hin gehört, nämlich im Müll setze ich mich zu ihm und schaue ihm über die Schulter.

Ich döse ein wenig vor mich hin und werde erst wieder richtig wach, als Nate mich hauchzart küsst.

„Wir müssen uns umziehen, in 30 Minuten ist Aiden hier.“ Sagt er liebevoll und ich komme von ihm hoch.

„Okay…“ ich strecke mich und gehe ins Schlafzimmer um mich umzuziehen.

„Verdammt.“ Fluche ich lautstark.

„Was ist los Baby?“ Nate steht sofort angelockt durch meinen Ausbruch in der Schlafzimmertür.

„Ich passe in keine verdammte Hose mehr.“ Ich lasse mich aufs Bett fallen.

„Ich glaube eine Schwangerschaft sieht in absehbarer Zukunft auch keine Änderung dessen vor.“ Bemerkt er gelassen und setzt sich zu mir.

„Ich werde dick…“ quengele ich und er lacht leise.

„Ja und in dir wächst ein kleiner Mensch heran.“ Er küsst mich „Zieh einen Rock an.“ fügt er noch hinzu und geht zu seinem Teil des Kleiderschrankes. „Wo ist eigentlich mein blaues T-Shirt?“

„In der Wäsche.“ Ich stehe auf und reiche ihm ein weißes Poloshirt.

„Ein Poloshirt?“ er sieht mich zweifelnd an „Wir haben November.“

„Und? Ich soll einen Rock anziehen und du eben ein Poloshirt.“ Ich mache mich auf die Suche nach einem Rock in dem ich mir hoffentlich nicht den Hintern abfriere.

„Das heißt, wenn du frierst muss ich auch frieren?“ fragt er belustigt.

„Ja, genau das heißt es.“ Ich finde endlich den von mir gesuchten weißen Rock mit Gummiband und schlüpfe hinein, dazu eine hellrosane Tunika, eine weiße Strickjacke und meine weißen Pumps. Zum Glück ziehe ich mir meinen Wintermantel drüber und wir wollen ja nicht stundenlang spazieren gehen.

Nate zieht sich eine dunkelblaue Jeans und Sneakers an und dann das Poloshirt über.

Grinsend gehe ich zu ihm und richte seinen Kragen.

„Ich mache mir noch schnell die Haare.“ Damit drehe ich mich um und gehe ins Bad.

Haare machen ist ja zum Glück ein dehnbarer Begriff und ich beschließe sie offen zu lassen, nachdem ich sie durch gekämmt habe, keine Sekunde zu früh trage ich wenigstens etwas Make up auf und da klingelt auch schon Aiden.

„Wie angepisst ist deine Frau auf einer Skala von 1 bis 10?“ fragt er Nate gerade.

„12.“ Sage ich und Aiden sieht mich belustigt an.

„Jenna meinte, das ist die Rache, dass ihr uns eure Hochzeit habt alleine feiern lassen.“

„Ich hatte überall Konfetti… wirklich überall und der Name Aiden ist aus unserer Repertoireliste gestrichen.“ Ich verschränke die Arme vor meiner Brust.

„Ich werde mich nicht dafür entschuldigen.“ Sagt er sofort.

„Gut, können wir los?“ ich nehme meinen Mantel und reiche Nate seine Winterjacke.

„Ana?“ Aiden kommt auf mich zu und zieht mich in seine Arme. „Das ist ein Brauch, Okay?“ er sieht mich an und seufzt.

„Ich weiß du Blödmann….“ Ich schlage lächelnd nach ihm und er drückt mich fester an sich. „Warte bis der nächste heiratet.“ Verspreche ich ihm und er lacht leise.

„So, wir müssen…“ er lässt mich los und ich greife nach Nate seiner Hand.

Die Fahrt wird entspannt und unterhaltsam, wir kommen gut gelaunt am Poppys an und ich lächle, als ich die Girlande über der Tür sehe.

„Sie haben eine Girlande gekauft und gebastelt.“ Flüstere ich Nate zu „Herzlichen Glückwunsch zur Hochzeit Ana & Nate! Darunter ein handgeschriebener Zettel: + Baby und + gut gelaufener Verhandlung.“ Ich muss lachen „Ich denke, diese Girlande gab es nicht.“ Stelle ich fest.

„Los geht’s!“ Aiden gibt uns beiden einen freundschaftlichen Schubser und wir betreten das Poppys, wo sofort alle auf uns zugestürmt kommen und uns an sich drücken.

Als allerletzte nimmt mich Jenna in den Arm „Du weißt schon, das das Rache bedeutet, oder? Irgendwann heiratest auch du.“ Lache ich.

„Kann ich mit Leben…“ gibt sie zu und drückt mir einen feuchten Schmatzer auf die Wange.

„Alles Gute euch Beiden.“ Nun kommt auch Poppy und nimmt erst einmal Nate und dann mich in den Arm. „Als Jenna mir erzählt hat, was ihr in der letzten Woche gemacht hat, da dachte ich sie nimmt Drogen.“ Lacht sie dunkel auf.

„Echt jetzt… Sie wollte mich in einen Becher pullern lassen.“ Fügt Jenna todernst hinzu.

Dann setzen wir uns und Nate und ich müssen natürlich erst einmal berichten, auch die Aussprache mit meiner Mum erwähne ich und Charlie greift nach meiner Hand.

„Das hast du großartig gemacht.“

„Danke Charlie.“ Gebe ich gerührt zurück.

„Kennt einer von euch zufällig einen guten Makler?“ ich sehe etwas später am Abend, nach einem köstlichen Abendessen, in die Runde.

„Zufällig ja.“ Lacht Josh „Brad Brayden, er hat mir mein Haus verkauft. Wollt ihr umziehen?“

„Mit einem Baby in der Stadt, das wollen weder Ana noch ich und da wir von ihren Eltern ein sehr großzügiges Hochzeitsgeschenk bekommen haben, werden wir uns nach einem Haus umsehen.“ Erklärt ihm Nate und ich strahle ihn an.

„Gut, dann brauche ich kein schlechtes Gewissen zu haben.“ Atmet Jenna erleichtert durch.

„Warum?“ frage ich erstaunt.

„Ich ziehe zu Josh, Okay, das ist falsch…“ berichtigt sie sich „Ich wohne schon bei Josh und werde mein Zimmer zum nächsten 1. kündigen.“

„Hast du echt geglaubt, ich komme ins Studentenwohnheim zurück?“ lache ich.

„Keine Ahnung, ihr wart ja noch nicht beim Dekan.“ Meint sie fast beleidigt.

„Am Montag beim Dekan geht es nur darum, bei wem ich jetzt europäisches Recht lernen soll. Er kann uns nicht verbieten, als verheiratetes Paar zusammen zu wohnen.“ Kläre ich sie auf.

„Ich glaube unsere Mitbewohner werden froh sein, endlich etwas mehr Ruhe im Haus.“ Ich erhebe mein Glas, Saft natürlich.

„Ach was, wir waren für die Entertainment pur. Sie werden uns vermissen.“ Jenna prostet mir nun auch zu und ich lächle. „Übrigens ungefähr 90 % deiner Kommilitoninnen sind so was von neidisch auf dich, weil du dir Nate gekrallt hast, sie werden dich mit ihren Blicken töten.“

„Kann ich mit umgehen.“ Ich zucke mit den Schultern.

„Wie soll es bei dir dann eigentlich weiter gehen?“ Ronan legt seinen Kopf schief.

„Also erst einmal suchen wir dir eine Frau, als einziger Single in unserer Runde überlebst du sonst nicht lange…“ ich grinse ihn an und die anderen johlen auf „Dann mache ich mein erstes Staatsexamen und dann Pause.“ Ich lege meine Hand auf meinen Bauch.

„Wenn der kleine Aiden dann da ist?“ Aiden grient mich breit an.

„Aiden ist aus dem Spiel…“ winke ich ab „Nach meinem Babyjahr suche ich mir eine Refendariatsstelle, dann mache ich mein zweites Staatsexamen und dann sehen wir weiter.“

„Wow, das nenne ich mal einen Plan.“ Ronan pfeift anerkennend.

„Irgendwo dazwischen kaufen wir uns ein Haus, bauen einen Lattenzahn, kaufen uns einen Hund und holen unsere kirchliche Trauung nach.“ Fügt Nate hinzu.

„Kirchliche Trauung?“ echoe ich.

„Ja sicher, das musste ich meiner Mum hoch und heilig versprechen.“ Er nickt heftig.

„Okay…“ gebe ich lang gezogen zurück. „Einen Hund?“

„Ja, ich dachte an einen Blindenführhund.“ Er legt seinen Arm um mich. „Vielleicht so was wie Buddy.“

„Gut, akzeptiert.“ Ich küsse ihn lächelnd.

„Wenn ich euch so ansehe, dann kann ich es immer noch nicht glauben.“ Josh schüttelt lächelnd seinen Kopf.

„Was?“ fragen Nate und ich wie aus einem Mund.

„Das wir es nicht bemerkt haben, ich meine, ihr könnt kaum die Finger voneinander lassen, ihr Beide strahlt und seid so wahnsinnig verliebt. Wie konnten wir das nicht merken?“ jetzt ist er es der den Kopf zur Seite neigt.

„Glaub mir Josh, das hat mich an manchen Tagen alles an Beherrschung gekostet.“ Gib Nate zu und die anderen lachen auf.

Dann tastet er nach seiner Uhr „Es ist schon kurz nach 3 Uhr, Ana muss ins Bett.“

„Ana muss ins Bett?“ feixt Charlie.

„Ja, meine bezaubernde Frau ist schwanger und ihre behandelnde Ärztin hat uns aufgetragen, dass sie sich viel ausruhen soll.“ Er streckt seine Zuge in ihre Richtung raus.

„Du weißt schon, das zwischen “ausruhen“ und ausruhen Welten liegen, oder?“ fragt sie ohne mit der Wimper zu zucken.

„Aiden, deine Freundin wird frech.“ Kommentiert Nate trocken.

„Passt schon.“ Aiden winkt ab.

Ich rutsche von der Sitzbank runter und greife wie immer automatisch nach Nates Hand.

„Soll ich euch rum fahren?“ Aiden steht auf und ich schenke ihm einen langen Blick.

„Aiden, ich fahre selber.“ Lächle ich.

„Wann sehen wir uns?“ er nimmt erst mich und dann Nate in den Arm.

„Ich melde mich.“ Verspreche ich ihm.

Der Weg nach Hause zieht sich in die Länge, weil ich einfach nur müde bin und ich falle wie erschlagen ins Bett, zum Glück habe ich bei meiner Aufräumaktion gestern Vormittag auch gleich die Bettwäsche gewechselt.

Als wir Dex, Grace, Alice und Cal am nächsten Abend eröffnen, das wir uns mit dem finanziellen Geschenk meiner Eltern, schnellstmöglich auf die Suche nach einem Haus machen, sind alle hellauf begeistert und es hagelt gute Ratschläge…

Am nächsten Tag ist mein vorläufig letzter Vorlesungsfreier Tag und wir treffen uns mit Dex um 10 Uhr an der Uni.

Dex dreht sich zu uns um, als wir das Büro des Dekan erreichen.

„Seid ihr bereit?“ fragt er leise und ich nicke.

Er klopft an und das zweite Mal in meiner Studienzeit finde ich mich im Büro des Dekans wieder. Manche Studenten schaffen das kein einziges Mal…

„Mr. O’Brian, Miss Coleman und Dexter…” der Dekan deutet uns an Platz zu nehmen. „Was kann ich für sie alle tun?“

„Wir müssen etwas mit ihnen besprechen…“ beginnt Nate „Als sie uns das letzte Mal in ihr Büro gebeten haben, da haben sie mir und Miss Coleman eine Beziehung unterstellt.“

„Ja richtig.“ Er nickt mir zu „Ich hoffe für sie Beide, dass sich das nicht geändert hat. Sie wissen was für Konsequenzen das haben kann.“ Belehrt er mich.

„Ja Sir.“ Stimme ich ihnen zu „Aber auch in den Statuten des Trinity Colleges gibt es Ausnahmen.“

„Ja, aber da müssten sie schon verheiratet sein und wer heiratet in der heutigen Zeit noch, ohne es sich vorher reiflich überlegt zu haben?“ er lächelt leicht.

Nate hält seine Hand mit dem Ehering hoch und ich tue es ihm gleich.

„Mrs. O’Brian.“ Füge ich dieser Geste hinzu.

„Das nenne ich mal eine wirkliche Überraschung.“ Er reicht mir seine Hand „Ich nehme an, es sind Glückwünsche angebracht.“

„Vielen Dank Sir.“ Ich erwidere seinen Handdruck „Um Vorzubeugen, das noch mehr Gerüchte die Runde machen…“ ich atme tief durch.

„Meine Frau und ich erwarten im Mai nächsten Jahres unser erstes Kind.“ Beendet Nate den Satz für mich.

„Also dann nochmals Herzlichen Glückwunsch.“ Dieses Mal reicht er Nate die Hand.

„Die Frage ist nur, da das Trinity zurzeit nur einen Lehrer im europäischen Recht hat, wie sich Anastasia und Nathaniel verhalten sollen.“ Dex sieht den Dekan an und er denkt einen Moment nach.

„Natürlich dürfen sie ihre Frau nicht mehr benoten.“ Er sieht zu Nate und dieser nickt „Aber sie dürfen sie durchaus weiter unterrichten, die Hausarbeiten schicken wir dann Galway und sie werden vom dortigen Lehrer benotet um eine Bevorzugung auszuschließen. Sind sie damit einverstanden?“ er sieht wieder zu mir.

„Aber sicher Sir.“ Ich atme erleichtert durch.

„Wunderbar, dann hoffe ich morgen Mr. O’Brian und Mr. Hamilton wieder in ihren Vorlesungen zu sehen und ihnen Mrs. O’Brian wünsche ich viel Erfolg für das Staatsexamen in knapp 6 Wochen.“ Er steht auf und ich folge seinem Beispiel.

„Danke.“ Ich nicke ihm dankbar zu und wir verlassen wieder das Büro.

Auf dem Weg zum Ausgang kommen uns mehrere meiner Mitstudentinnen er entgegen und ich halte Nates Hand fest umschlungen.

Jenna hatte so etwas von Recht… wenn Blicke töten könnten.

„Sie wollen mich töten.“ Flüstere ich Nate zu und er zieht eine Augenbraue hoch.

„Wer genau?“ fragt er leise.

„Gibt es da denn so viele Möglichkeiten?“ antworte ich mit einer Gegenfrage und er lacht leise.

„Ich glaube, ich werde es wesentlich ruhiger in meinen Vorlesungen haben.“ Er haucht mir einen Kuss auf meine Schläfe.

Dex hat uns noch am gleichen Tag einen Besichtigungstermin für ein kleines Fischerhaus in seiner und Graces Nähe besorgt und wir machen uns nach dem Termin beim Dekan gleich auf den Weg.

Eigentlich hätten wir damit rechnen müssen, das Dex und Grace mich bzw. uns in ihrer Nähe haben wollen, aber das sie so schnell was aufgetrieben haben, hat uns doch etwas überrascht. Klar, wollten auch Cal und Alice uns gerne am liebsten als Nachbarn haben, aber der Fahrweg wäre einfach zu lang, das sehen selbst sie ein.

Als wir in die kleine Straße einbiegen, verliebe ich mich sofort in das mit Reetdach gedeckte Haus, es liegt traumhaft am Strand und der Ausblick ist einfach nur atemberaubend.

„Wow Nate, das ist wunderschön.“ Ich beuge mich zu ihm.

„Beschreib es mir Baby.“ Bittet er mich als wir halten und Dex zum Makler geht, während ich Nates Hand nehme und wir erst einmal das Haus umrunden.

„Es ist aus weißem Sandstein, die Fenster sehen neu aus, die Rahmen und Verstrebungen heben sich in einem dunklen Holzton vom Haus ab. Das Dach ist mit Reet gedeckt und so wie es aussieht auch erneuert und der Garten ist traumhaft, ich denke Alice wird sich hier austoben wollen.“ Ich drücke seine Hand „Um das ganze Grundstück ist ein Zaun, ein weißer Lattenzaun.“ Lächle ich „Hier ist auch eine kleine Gartenhütte mit einem gemauerten Grill und einer kleinen Bar, die Vorbesitzer müssen viel Arbeit in alles gesteckt haben. Hinter dem Garten beginnen die Dünen und es sind nur ungefähr 100 Meter bis ans Wasser.“ Ich drehe mich mit ihm um „Aus dem Wohnbereich heraus ist eine große Schiebeglastür in den Garten und eine mit Holz ausgelegte Terrasse.“ Ich nehme ihn in den Arm. „Wollen wir rein gehen?“ frage ich ihn und er nickt lächelnd.

Wir betreten das Wohnzimmer durch die große Glasschiebetür und ich bleibe stehen.

„Das ist der Wahnsinn…“ fast verschlägt es mir die Sprache „Hier ist ein alter Kamin, es ist mit kleinen Steinen und Muscheln verziert.“ Ich nehme seine Hand und lege sie auf die Wand über den Kamin, vorsichtig streichen seine Hände über den Putz, die Steine und die Muscheln.

„Sind alle Wände so?“ fragt er und ich sehe mich um.

„Nein, die anderen sind alle weiß verputzt, aber die Balken kann man überall sehen. Diese sind dunkelbraun lackiert, es ist ein Mix aus alt und neu.“ Ich lege seine Hand auf einen Balken und wieder gleitet sie langsam darüber.

Ich sehe mich weiter um „Die Küche ist nagelneu, im Bauernhausstil. Cremeweiße Fronten und genügend Platz, so das wir und nicht ins Gehege kommen.“ Ich ziehe ihn quasi hinter mir her und er lacht auf „Dann ist hier noch ein Esszimmer, mit großen Fenstern und Blick zum Strand, ein Bad mit Dusche und ein kleines Zimmer… Könnte dein Arbeitszimmer sein.“ Denke ich laut nach und führe ihn zur Treppe „Die Treppe ist eine Holztreppe, aufwendig aufgearbeitet und dunkelbraun, so wie die Balken gestrichen.“ Erkläre ich ihm, als ich den ersten Fuß auf die Treppe setze und wir diese hinauf steigen. Nachdem ich mir oben einen kleinen Überblick verschafft habe, drehe ich mich zu ihm um. „Ein wirklich großes Schlafzimmer mit einem angeschlossenen Bad, mit Badewanne. Drei gleichgroße Zimmer und ein weiteres Bad mit Dusche und Wanne, was von allen Zimmern betretbar ist und ein Balkon vom Schlafzimmer.“ Zähle ich ihm alle Räume oben auf und merke, wie aufgeregt meine Stimme klingt „Nicht zu vergessen haben wir eine Doppelgarage.“ Füge ich hinzu und jetzt lacht er.

„Nicht das wir die brauchen, aber für unsere Boards wäre es schon nützlich.“ Füge ich hinzu.

„Gefällt dir das Haus? Sei ehrlich Baby.“ Er legt seine Hand an meine Wange und ich nicke.

„Ich habe mich auf den ersten Blick darin verliebt.“ Gestehe ich und er zieht mich in seine Arme.

„Dann willkommen zu Hause Mrs. O’Brian.“ Er küsst mich innig.

„Sollte man sich nicht immer mehrere Häuser anschauen?“ frage ich, nachdem seine Lippen die meinen verlassen haben.

„Unsere Beziehung besteht im Allgemeinen nicht daraus, sich über Entscheidungen lange Gedanken zu machen, also warum jetzt damit anfangen?“ fragt er grinsend.

„Du hast Recht und so können wir Weihnachten schon in unseren eigenen 4 Wänden feiern.“ Ich springe ihm um den Hals und er drückt mich lachend an sich.

„Dein Optimismus in allen Ehren, aber wir haben morgen den 1. Dezember.“ Gibt er zu bedenken.

„Wir haben die weltbesten Freunde und eine unglaubliche Familie. Wir schaffen das.“ Sage ich sicher und er nickt zustimmend.

Wir gehen runter zu Dex und dem Makler.

„Wie gefällt ihnen das Haus?“ will dieser sofort wissen.

„Es kommt auf den Preis an.“ ich mustere ihn.

„225.000 Euro.“ Sagt er und ich schnaube leise.

„Ich bin mir sicher, das man da noch was machen könnte.“ Fügt er gleich hinzu.

„Dann machen sie uns jetzt ein Angebot, welches wir nicht ablehnen können.“ Mischt sich Nate ein.

Er denkt einen Moment nach „195.000 Euro.“ Sagt er schließlich und ich drücke leicht Nates Hand, sodass wir ihm beide unsere rechten Hände entgegen strecken.

„Wie darf ich das jetzt verstehen?“ er sieht uns fragend an.

„Zu diesem Preis kaufen wir das Haus nebst Grundstück, wenn sie die Papiere mithaben, dann ist der Betrag in zwei Tagen auf dem von ihnen angegebenen Konto.“ Erkläre ich ihm und er schlägt ein.

„Mr. und Mrs. O’Brian, es freut mich sehr, das ich ihren Geschmack getroffen habe.“ Er strahlt uns an. „Ich hole die Papiere.“

Dex sieht uns an und schüttelt mit dem Kopf.

„Was denn?“ frage ich belustigt „Dex sieht uns gerade kopfschüttelnd mit einem Blick an den ich nicht deuten kann.“ Erkläre ich Nate.

„Habt ihr schon Mal darüber nachgedacht, das man über einige Entscheidungen auch mal eine Nacht schlafen kann?“ fragt Dex und sieht sich um.

„Ja, schon mal gehört, aber ich denke, das wird völlig überbewertet.“ Winke ich ab.

„Dann willkommen in Blackrock, Nachbarn.“ Er nimmt uns in den Arm „Grace wird so was von ausflippen.“ Freut er sich.

„Oh ja, so kann sie ihre Mütterlichen Fangarme noch mehr um mich schlingen.“ Ich zwinkere ihm zu.

„Als ob dir das nicht gefällt.“ Grinst er.

„Ich liebe es.“ Flüstere ich.

Der Makler kommt zurück und Nate und ich unterschreiben den Kaufvertrag, als ich meine Unterschrift darunter gesetzt habe, sehe ich lächelnd den Makler an.

„Wir hätten es auch für 225.000 Euro gekauft.“ Erkläre ich ihm.

„Den Vorbesitzern war wichtig, das die Leute die hier her ziehen, es zu schätzen wissen und ich habe gehört, wie wunderbar sie ihrem Mann alles beschrieben haben. Sie wissen es zu schätzen und ich denke die Vorbesitzer wären vielleicht sogar noch etwas weiter runter gegangen.“ Jetzt lächelt er und ich reiche ihm die Papiere.

„Sie bekommen ihre Besitzurkunde ausgehändigt, sobald die Kaufsumme überwiesen ist und dann sind sie auch im Grundbuch eingetragen.“ Erklärt er uns noch und reicht uns zwei volle Sätze Schlüssel. „Ich weiß, normaler Weise macht man das erst später, aber ich habe gehört, das sie vorhaben Weihnachten hier fertig zu sein und ich denke, sie werden jeden einzelnen Tag brauchen.“ Erklärt er mir und ich nehme die Schlüssel dankend an mich.

„Vielen Dank!“ ich falle Nate um den Hals „Wir haben gerade ein Haus gekauft.“ Jubele ich.

„Ja.“ Er atmet tief durch „Meine Güte, ich bin verheiratet, ich werde Vater und ich habe gerade ein Haus gekauft… Und das in nur einer Woche.“

„Bereust du es?“ frage ich ängstlich.

„Oh nein Baby.“ Er nimmt mich in den Arm. „Nicht eine Sekunde.“ Versichert er mir.

Auf dem Weg zurück zur Wohnung kaufe ich noch schnell Umzugskartons, jetzt, wo wir ein Haus gefunden haben, kann es mir gar nicht schnell genug gehen…

Leider habe ich bei meiner Planung den Stress unterschätzt, der in der Uni auf mich wartet und in den nächsten drei Wochen komme ich nicht wirklich zum packen. Gut, mein Zimmer im Studentenwohnheim ist ausgeräumt und diese 7 Kartons stehen im Flur und ja, ich habe etliche Möbel via Internet bestellt, aber sonst? Nein, wir liegen weit hinter unserem Plan…

Außerdem hat mir Sofie vor zwei Wochen erneut empfohlen kürzer zu treten. Weiß sie, was sie da von mir verlangt?

Tja, Weihnachten rückt unaufhaltsam näher, wir haben noch genau 4 Tage.

Nach meiner letzten Vorlesung vor den Weihnachtsferien fahre ich durch den dichten Stadtverkehr nach Hause, denn in der Stadt ist jetzt die Hölle los und ich denke nicht, dass sich das bis Weihnachten wirklich geben wird. Nate hatte heute früher Schluss und benotet bestimmt die ersten Arbeiten, damit das aus seinem Kopf raus ist.

Ich parke vor dem Haus, ziehe meinen Mantel enger um mich und eile zur Tür. Verdammt ist das kalt…

Im Treppenhaus ist es etwas angenehmer und ich lege meine Hand auf meinen Bauch, der nun schon deutlich zu sehen ist, ich bin jetzt in der 18. Woche und geheim halten lässt sich das definitiv nicht mehr, aber das brauchen wir ja auch nicht.

Nate und ich werden in der zweiten Januarwoche erfahren, was es wird und ich kann es kaum abwarten.

Ich schließe die Tür auf, doch anstatt Nate auf der Couch am Laptop zu sehen, sind Nate, Jenna, Charlie, Aiden und Ronan damit beschäftigt alles in Kartons zu packen.

„Was macht ihr denn hier?“ ich bleibe in der Tür stehen.

„Wir helfen euch, euren Zeitplan einzuhalten.“ Jenna nimmt mich in den Arm „Wie geht es euch.“ Sie legt ihre Hand auf meinen Bauch und ich lächle.

„Sehr aktiv.“ Erkläre ich ihr und korrigiere die Position ihrer Hand.

„Wow.“ Sie sieht mich mit großen Augen an.

„Wahnsinn oder?“ Nate kommt zu uns und strahlt mich an „Als ich das das erste Mal gespürt habe, da habe ich echt gedacht, das muss doch weh tun.“ Gibt er zu.

„Warte, das wird noch besser.“ Versichert Jenna ihm.

„Ana!“ Aiden kommt auf uns zu gelaufen, nimmt mich in den Arm und hebt mich hoch.

„Hey Aiden.“ Ich drücke ihm einen Kuss auf die Wange. „Ihr seid echt verrückt.“ Ich schüttele lächelnd meinen Kopf, in unserer Wohnung sieht es schwer nach Bombeneinschlag aus.

„Dafür liebst du uns…“ lächelt er „Übrigens habe ich gerade eine SMS von Alice bekommen. Sie, Grace, Cal und Dex haben jetzt alle Möbel im Haus soweit aufgebaut und sie warten jetzt auf uns. Josh ist gleich mit dem LKW da.“

„Ihr steckt alle unter einer Decke?“ ich sehe in die Runde.

„Sicher doch.“ Ronan grinst mich an.

„Ganz ehrlich, ihr seid alle völlig durch geknallt.“ Ich schüttele meinen Kopf.

„Kann sein.“ Gibt Jenna trocken zurück und von draußen hören wir ein hupen.

„Josh ist da.“ Quiekt Jenna und nimmt sich anstandshalber einen Karton mit, ehe sie hinaus stürmt.

Ich stelle meine Tasche ab und nehme mir auch einen Karton.

„Hey, das lässt du schön bleiben.“ Aiden nimmt mir den Karton wieder ab.

„Aiden…“ quengele ich.

„Nichts Aiden.“ Winkt er ab „Ich habe mit Sofie gesprochen…“ er sieht mich durchdringend an „Du nimmst deine Schwangerschaft viel zu sehr auf die leichte Schulter.“ Rügt er mich liebevoll.

„Ich bin schwanger und nicht krank.“ Ich verschränke die Arme vor der Brust.

„Oh wie süß, sie ist bockig.“ Ärgert er mich und ich muss grinsen, obwohl ich es wirklich nicht will. „Gut, du darfst ein paar sehr leichte Sachen mit runter nehmen und mit der ersten Ladung fährst du mit zum Haus.“ Gibt er seufzend nach und ich nehme mich einen leichten Karton. Tupperware ist ja nun wirklich nicht schwer…

Dennoch merke ich, das ich nach drei Mal laufen ganz schön aus der Puste bin und ich setze mich auf die Treppe um durchzuatmen.

„Baby?“ Nate setzt sich zu mir und ich lehne meinen Kopf an seine Schulter.

„Aiden hat Recht und ich hasse es, wenn er Recht hat.“ Sage ich leise.

„Was meinst du?“ er haucht mir einen Kuss auf meine Schläfe.

„Das alles strengt mich ganz schön an.“ gebe ich zu.

„Übertreib es nicht…“ bittet er mich eindringlich „… Setz dich vorne in den LKW, Josh ist gleich startklar. Das Möbel abbauen ist nicht so einfach wie sich das alle vorgestellt haben.“ Er lacht leise.

„Und wie ich dich kenne, bist du bestimmt eine tolle Hilfe.“ Ich kuschele mich wieder an ihn.

„Ich bin die Stimme der Vernunft.“ Er zieht mich fest in seine Arme.

Aiden kommt zu uns und sieht mich lange prüfend an.

„Ja, ist ja gut…“ ich stehe auf „Du hast Recht, Okay?“

„Was ist denn jetzt?“ er zwingt mich ihn anzusehen.

„Es schafft mich alles, ich bin K.O.“ flüstere ich und er streicht mir eine Strähne aus dem Gesicht.

„Ana, ich tue das nicht um dich zu ärgern, aber der kleine Aiden wird dir noch so manches Mal alles abverlangen.“ Er küsst meine Stirn.

„Aiden ist gestrichen.“ Brumme ich und er lacht leise. „Ich setze mich in den LKW.“ Ich drehe mich zu Nate um und küsse ihn. „Quäle ihn ruhig ein bisschen.“ Flüstere ich ihm ins Ohr.

„Das ist gemein.“ Er sieht mich gespielt schockiert an.

„Schieb es doch auf meine Hormone.“ Ich zucke mit den Schultern und erklimme den LKW.

Nur ein paar Minuten später setzt sich Josh zu mir und wir fahren raus nach Blackrock, es stehen vier Autos in der Einfahrt und ich lächle.

Josh hilft mir auszusteigen und ich betrete das Haus, wow… das sieht schon alles so wohnlich aus. Erstaunlich was Möbel ausmachen.

„Da bist du ja.“ Alice entdeckt mich und nimmt mich in den Arm.“

„Ja, ich dachte ich wäre eine etwas größere Hilfe, aber ich kann nicht.“ Ich lege meine Hand auf meinen Bauch.

„Komm mit.“ Sie grinst mich an und ich erkenne Nates grinsen, wenn er etwas ausgeheckt hat.

„Was habt ihr gemacht?“ frage ich vorsichtig, doch sie geht nicht auf mich ein und zieht mich die Treppe hoch.

Ich will gerade was zum Schlafzimmer sagen, als sie mich in das Zimmer daneben dirigiert. Ich sehe hinein und schlage meine Hand vor den Mund.

„Oh mein Gott…“ mir steigen Tränen in die Augen.

„Unser Weihnachtsgeschenk für euch.“ Erklärt mir Cal.

„Das ist so wunderschön.“ Ich falle ihm um den Hals und betrachte die Babymöbel. Ein Kinderbett aus dunklem Holz mit gedrechselten Eckpfosten, dazu ein passender, reichlich großer Kleiderschrank, eine Wickelkommode und etliche Regale. Dazu ein hellgrüner Anstrich an den Wänden und ein zart blauer an der Decke mit kleinen weißen Wolken und einigen kleinen Schmetterlingen. Der weiße Himmel am Kinderbett macht es perfekt. Sanft gleitet meine Hand über das Holz des Bettes.

„Cal es ist…“ ich sehe zu ihm und nun laufen mir die Tränen übers Gesicht. „Perfekt.“ Schluchze ich und er nimmt mich erneut in den Arm, während sich Alice schnäuzt.

„Hey Ana, wir lieben euch und in jeden Stück habe ich etwas von Nates erstem Kinderzimmer eingebaut.“ Erklärt er mir. „Mein Schmuckstück hast du aber noch gar nicht gesehen.“ Er legt seinen Arm um mich und wir gehen ins Schlafzimmer. Neben dem Platz für unser Bett steht eine wunderschöne Holzwiege und ich sehe ihn mit großen Augen an.

„Das können wir nicht annehmen.“ Wispere ich.

„Hmm…“ er tut als müsse er nachdenken, führt mich dann zur Wiege und deutet auf diese.

Im inneren der Wiege am Kopfende steht A & N in großen verschnörkelten Buchstaben, darunter: Was Liebe alles möglich macht…

„Fühl mal.“ Er nimmt meine Hand und führt sie über den Rand der Wiege. Es steht etwas in Braille drauf und ich sehe auf meine Hände die zittern.

„Was steht da?“ frage ich leise.

„Das wird dir Nate schon erzählen und annehmen müsst ihr es, denn auf allen Möbeln steht etwas in Braille.“ Er zwinkert mir zu „Umtausch ausgeschlossen.“

„Ich danke euch so sehr!“ ich gehe zu Alice und umarme auch sie.

„Dafür ist Familie da.“ Sie streicht über meine Wange.

„Höre ich da Familie?“ Grace kommt zu uns und lächelt mich an „Wie geht es euch?“

„Ich bin sprachlos.“ Gestehe ich und Alice lässt mich los, damit mich Grace umarmen kann.

„So Küche ist fertig, wie ihr euch merkt, wo was steht überlasse ich euch.“ Sie küsst mich auf die Wange „Wir haben einen Labelprinter in Braille ausgeliehen und alles so weit wie möglich beschriftet.“

„Ihr seid unglaublich.“ Ich sehe alle unendlich dankbar an, lege meine Hand auf meinen Bauch und atme tief durch. Es zieht und ist ein untrügliches Zeichen, das der oder die Kleine jetzt eindeutig genug Aufregung für heute hatte.
„Was ist los Kleines?“ Grace hält meine Hand fest.

„Dieser Tag hat es in sich.“ Gebe ich zu. „Ich habe ein ziehen im Bauch.“

„Komm, wir gehen ins Wohnzimmer und du legst dich hin.“ Bestimmt sie und ich lasse mich ins Wohnzimmer, welches auch schon fertig ist, führen und auf unserer neuen Couch platzieren.

„Ich kann das alles im Leben nicht gutmachen.“ Wispere ich und sehe mich um.

„Oh Kleines, das brauchst du nicht.“ Versichert sie mir „Wir werden Heilig Abend alle hier einfallen, das wird reichen.“ Sie zwinkert mir zu und ich lehne mich zurück.

„Wenn es nicht besser wird, dann sagst du was.“ Befiehlt sie mir und ich nicke.

Dann merke ich wie eine Decke über mich ausgebreitet wird und trotz dessen, das alle im Haus herum wuseln, schlafe ich erstaunlich schnell ein.

„Nate, es geht ihr gut…“ höre ich Grace diskutieren „… Sie hatte Bauchschmerzen und hat sich hin gelegt. Der Tag heute war viel zu anstrengend, lass sie sich ausruhen. Ich bitte dich Nate.“ Erklärt sie ihm weiter. „Es geht ihr wirklich gut, wir passen auf sie auf.“ Verspricht sie ihm.

„Okay.“ Sagt er leise und ich lehne mich wieder zurück.

Als ich das nächste Mal werde, ist das Wohnzimmer schwach beleuchtet und Nate sitzt im Sessel und lauscht seiner Musik. Ich trecke meine Hand nach ihm aus und berühre ihn leicht am Knie. Sofort nimmt er die Kopfhörer raus und kommt zu mir.

„Hey.“ Er beugt sich über mich und küsst mich. Mir fällt auf, das es still im Haus ist und ich lege meine Stirn in Falten.

„Sind die anderen los?“ frage ich leise und setze mich etwas auf.

„Aiden, Dex, meine Mum und Grace sind noch da und machen den Rest, sie haben mich vor einer Stunde zu dir geschickt, weil ich wohl nicht sonderlich hilfreich war.“ Gibt er zu und ich sehe trotz der schwachen Beleuchtung, die Sorgenfalte auf seiner Stirn.

„Es geht mir gut.“ versichere ich ihm und er wischt sich über die Augen.

„Ich habe Angst.“ Gesteht er mir plötzlich und ich nehme ihn beschützend in den Arm.

„Wovor?“ frage ich ihn leise und zwinge ihn seinen Kopf zu heben.

„Vor allem.“ Haucht er und ich streiche ihm über die Wangen.

„Nate…“ setze ich an und in meinem Hals bildet sich ein Kloß, so habe ich ihn noch nie gesehen.

Er hat wirklich Angst und ich weiß nicht, wovor.

„Erzähl es mir.“ Bitte ich ihn und küsse ihn.

„Wir bekommen ein Baby und ich weiß das erste Mal in meinem Leben nicht, ob ich dieser Verantwortung gewachsen bin…“ gesteht er mir.

„Auch ich habe Angst.“ Versuche ich ihn zu beruhigen.

„Nein Ana, es ist anders…“ er will aufstehen, doch ich halte ihn fest.

„Was genau ist denn anders?“ ich halte ihn an beiden Händen fest.

„Du kannst sehen.“ Er schließt gequält seine Augen.

„Oh Nate…“ ich ziehe ihn in meine Arme und setze mich auf seinen Schoß. „Du bist der mutigste, liebevollste und wertvollste Mensch auf der ganzen Welt. Dich hat deine Blindheit niemals von etwas abgehalten und du wirst auch jetzt nicht anfangen, dich von etwas abhalten zu lassen.“ Ich schmiege mich an ihn.

„Was ist, wenn ich das Baby wickeln will und es fällt vom Wickeltisch? Was, wenn ich auf es aufpassen soll und es hinfällt? Was, wenn ich etwas falsch mache?“ ich spüre seine Tränen auf meiner Schulter und mein Herz zieht sich zusammen. „Ich habe so unheimliche Angst.“ Schluchzt er und ich merke, das er das nicht erst seit gestern mit sich herum trägt.

Wie konnte ich das nicht sehen?

„Nate…“ wieder zwinge ich ihn den Kopf anzuheben „Auch bei mir kann das Baby von der Wickelkommode fallen und um das zu umgehen, wickeln wir es eben auf dem Fußboden oder auf dem Bett.“ Ich küsse ihn und merke, dass sich meine Tränen mit seinen mischen „Und Kinder fallen hin, wir können das Haus nicht mit Watte auspolstern, obwohl mir der Gedanken gefallen würde…“ gebe ich zu „Wenn es hinfällt, dann gehen wir hin und trösten, das machen Eltern nun einmal. Und du hast Angst etwas falsch zu machen? Nate, du bist in einer so unendlich liebevollen Familie aufgewachsen, das du ein guter Vater wirst, daran zweifele ich nicht eine einzige Sekunde.“ Versichere ich ihm „Ich habe Angst, Gott noch niemals in meinem Leben hatte ich mehr Angst. Was weiß ich von Familie? Meine Eltern haben sich nicht gerade mit Ruhm bekleckert, aber ich weiß, ich werde mein Allerbestes geben. Das zählt. Ich werde Grace und Alice auf den Geist gehen und ihre Nerven gehörig strapazieren, damit sie mir alles zeigen und ich es dann hoffentlich richtig mache. Wir haben Freunde, die so sehr um uns bemüht sind, das nur alles gut werden kann. Wir haben Familien die für uns durch Feuer gehen, wir haben alles was in Leben auch nur ansatzweise wichtig ist. Dieses Kind wird mehr Liebe erfahren, wie jeder andere Mensch auf diesem Planeten und genau deswegen schnürt mir diese Angst nicht die Kehle zu. Das Wichtigste aber ist… Nate, wir haben uns. Ich liebe dich so sehr.“ Ich küsse ihn erneut und er zieht mich zu sich.

Ich höre ein leises Schluchzen von der Tür her und Alice, Dex, Aiden und Grace stehen im Türrahmen.

„Wir wollten nicht lauschen.“ Entschuldigt sich Grace sofort und wischt sich ihre Tränen weg.

„Kommt rein.“ Ich krabbele von Nates Schoss und wische die letzten seiner Tränen weg.

„Nate…“ Alice geht zu ihm und nimmt ihn in den Arm „Wir sind da, jeden Schritt dieses Weges gehen wir zusammen mit euch.“ Versichert sie uns. „Und weißt du, was an Kindern so unglaublich wunderbar ist?“ sie streicht ihm seinen Pony aus dem Gesicht.

„Das du sie nie wieder los wirst?“ er grinst schief.

„Nein… Okay das auch…“ sie nimmt seine Hand „Das wunderbare ist, das man ruhig Fehler machen darf. Sie verzeihen einem fast alles, denn sie lieben dich bedingungslos.“ Sie legt ihre Hand auf sein Herz und ich lächle. „Und von dem Tattoo musste mir wirklich Aiden erzählen?“ fügt sie hinzu und Nate lächelt zaghaft. „Ihr schafft alles, daran habe ich nicht den geringsten Zweifel. Und zu eurem Problem mit der Wickelkommode, dein Dad hat sie Mega – Runterfall - Sicher gebaut, sie hat rundherum extra hohe Kanten, denn wenn ich ehrlich sein soll, bist du als Baby deinem Dad von der Wickelkommode gefallen.“ Gibt sie zu und Nate sieht überrascht auf „Glaub mir, er hatte den Schock seines Lebens und wir sind sofort mit dir ins Krankenhaus gefahren.“ Erzählt sie weiter „Und lieben tust du ihn trotzdem, oder?“

„Aber sicher.“ Er nickt und greift nach meiner Hand.

„Nate…“ Aiden legt seine Hand auf seine Schulter „Wie Ana schon gesagt hat, wir sind da… alle, jederzeit und ohne Fragen. Ich dachte, das weißt du.“

„Ich weiß es, es macht mir nur einfach Angst.“ Gibt er zu.

„Jetzt sag ich dir mal was…“ Dex steht von dem Sessel auf und geht zum Kamin „Eigentlich wollten wir bis Weihnachten warten…“ er sieht zu Grace und sie nickt. „Nate, du hast nicht die geringste Ahnung, wie sehr ich nachvollziehen kann, wie du dich jetzt fühlst…“ er fährt sich durch die Haare „Ich werde im Juli nächsten Jahres Vater und glaub mir, noch nie in meinem Leben hat mir etwas größere Angst eingejagt.“ Er dreht sich zu uns um „Aber weißt du was?“ er geht auf ihn zu und Nate steht auf „Wir haben wunderbare Frauen, die bugsieren uns da schon durch.“ Sagt er sicher und Nate nimmt ihn in den Arm.

Mein Gehirn begreift langsam das eben gesagte und ich sehe Grace an, ich springe auf und nehme sie in den Arm „Gott Grace.“ Tränen stehen mir in den Augen und sie nickt ebenfalls unter Tränen.

„Ich bin in der 9. Woche.“ Sie schüttelt den Kopf „Wir hatten aufgegeben.“

„Oh Grace, ich freue mich wahnsinnig für euch.“ Ich drücke sie an mich.

„Wir werden beide lernen müssen, obwohl ich mich ja an dir schon etwas ausprobiert habe.“ Sie lächelt unsicher.

„Grace, du bist die geborene Mum.“ Versichere ich ihr.

„Danke Kleines.“ Sie wischt meine Tränen weg und ich ihre ebenfalls.

Dann gehe ich zu Dex und nehme ihn fest in den Arm „Du bist wundervoll Ana.“ Flüstert er mir ins Ohr.

„Du auch Dex, ich liebe Dich.“ Ich sehe ihn lächelnd an. „Du wirst ein richtiger Daddy.“

„Bin ich doch schon.“ Er küsst meine Stirn „Aber du bekommst eben eine Schwester oder noch einen Bruder, zu John und Aiden dazu.“ Er zwinkert Aiden zu und dieser grinst von einem Ohr bis zum anderen.

„Nichts dagegen.“ Erwidere ich gönnerhaft.

„Wir lassen euch dann jetzt Mal alleine, die erste Nacht im eigenen Haus sollte was besonderes sein.“ Alice nimmt mich in den Arm „Ich bin so unglaublich froh, dass er dich hat. Ich liebe Dich.“ Sie sieht mich dankbar an.

„Ich dich auch Alice.“ Gebe ich gerührt zurück und sie nimmt Nate noch mal in den Arm.

„Wenn du dir wieder Mal wegen etwas den Kopf zerbrichst, dann kommst du zu mir oder deinem Dad.“ Sagt sie eindringlich.

„Ja Mum.“ Verspricht er ihr.

„Wir sind alle eine große Familie und kein Problem kann so groß sein, das wir keine Lösung dafür finden.“ Aiden umarmt Nate und dieser lächelt.

„Ich weiß es zu schätzen.“ Sagt er schließlich.

„Und nicht zu vergessen, Charlie hat allerhand Erfahrungen, die sie sicherlich gerne mit euch teilen wird.“ Er lässt Nate los und nimmt mich in den Arm.

„Ich wusste vom ersten Tag an, das du die Richtige für ihn bist…“ er legt seine Stirn an meine „Und heute hast du mir das einmal mehr bewiesen.“ Er küsst meine Stirn.

„Danke Aiden.“ Ich sehe mich um.

Ich glaube noch niemals in meinem ganzen Leben war ich von mehr Liebe umgeben…

 

EPILOG

„AJ, pass auf mein Schatz, ja?“ rufe ich unserem 2jährigen Sohn hinterher, der mit unserem Hund Apple durch den Garten tobt und sich von ihm auf dem Rasen das Gesicht abschlecken lässt.

Warum nennt man einen Hund Apple?

Ganz einfach, das war AJs erstes Wort… und alle versuche ihn zu überzeugen, das ein Hund eindeutig kein Apfel ist gingen nach hinten los und es blieb eben dabei.

„Ja Mummy.“ Quietscht er vergnügt und ich trage eine weitere Schüssel Salat nach draußen um sie auf dem Gartentisch abzustellen.

„Jemand da?“ ertönt Nates Stimme.

„Garten.“ Rufe ich durchs Haus und er und Aiden kommen durchs Wohnzimmer zu mir. Ich beobachte AJ und er sieht auf.

„Daddy!“ sofort ist Apple für diesen Augenblick abgemeldet und er stürmt auf seinen Daddy zu, der ihn auffängt und an sich drückt.

„Hey mein Kleiner.“ Er lässt sich von ihm einen Kuss geben.

„Daddy spielen?“ fragt AJ und zieht eine Schnute.

„Ich nicht, aber vielleicht kannst du ja Onkel Aiden überzeugen.“ Er deutet hinter sich und lässt den nun strampelnden AJ runter.

„Onkel Aiden!“ nun springt er diesem auf den Arm.

„Na kleiner Mann.“ Er drückt ihn an sich und ich lächle.

„Wann kommen die anderen?“ Nate zieht mich in seine Arme und küsst mich.

„Dex, Grace und Hope müssten gleich hier sein.“ Ich sehe auf meine Uhr. „Jenna hat vor einer halben Stunde angerufen und mir gesagt, das sie und Josh später kommen…“ ich denke nach „Meine Eltern sind noch bei deinen Eltern und werden bestimmt auch gleich kommen und der Rest trudelt, wie ich sie kenne, dann auch nach und nach ein.“

Nate drückt mich an sich und lacht leise.

„Platzt du eigentlich gleich?“

„Glaub mir…“ ich atme tief durch „Ich sehne mir das Ende dieser Schwangerschaft wirklich herbei, aber ich werde mir dazu nicht den Geburtstag meines Mannes aussuchen.“

„Schön zu hören.“ Er küsst mich erneut.

„Wo sind Charlie, Niall und der kleine Nate?“ ich sehe zu Aiden und er nimmt mich erst einmal in den Arm.

„Auf dem Weg.“ Versichert er mich.

„Du siehst müde aus.“ Ich streiche über seine Wange.

„Gott, du glaubst nicht, wie müde ich bin. Nate schläft nicht mehr wie zwei Stunden am Stücke.“ Er gähnt herzhaft um seine Aussage zu unterstreichen.

„Tja, bald geht das bei uns auch wieder von vorne los.“ Ich grinse schief.

„Wie lange hat es gedauert bis Aiden durch geschlafen hat.“ Er sieht zu AJ der seine volle Aufmerksamkeit wieder Apple widmet.

„Er mag es nicht, wenn wir ihn Aiden nennen, ich verstehe nicht, warum du das darfst.“ Ich schüttele lächelnd meinen Kopf.

„Weil ich sein Lieblingsonkel bin. Nicht wahr Aiden?“ ruft er über den Rasen und AJ nickt begeistert.

Ja, doch wirklich, Nate und ich haben unseren Sohn Aiden genannt, zum einen ist der Name wirklich schön und zum anderen ergibt er in der Kombination mit Jonathan eben AJ. Aiden Jonathan O’Brian. Natürlich haben wir es auch seinem Patenonkel zuliebe getan, aber das geben wir nie öffentlich zu, sonst bekommt er Höhenflüge.

Im Gegenzug haben Charlie und Aiden ihren, jetzt 8 Wochen alten Sohn Nathaniel Julien genannt. Übrigens haben wir zusammen mit ihnen im Mai vor einem Jahr kirchlich geheiratet.

Da bin ich einfach nicht drum herum gekommen und jedes Mal, wenn ich unsere wunderschönen Hochzeitsfotos sehe, dann danke ich allen, die uns irgendwie dazu überredet haben, es war wundervoll diesen Tag mit Aiden und Charlie zu teilen und Niall ist stolz wie Oscar, das er jetzt Collins heißt.

Es ist immer noch komisch, wenn wir von Nate erzählen und ich erst einmal nachdenken muss, welcher Nate jetzt wohl gemeint ist.

Jenna und Josh sind nach wie vor glücklich und jetzt, wo Jenna fast mit ihrem Assistenzjahr fertig ist, planen sie langsam aber sicher ihre Zukunft. Heirat und Kinder definitiv eingeschlossen.

Ronan ist auch nicht mehr unser Single, er hat schon über ein Jahr ein wirklich süße Freundin, Susanna… die beste Freundin von Charlie.

Kein Wunder also, das man fast glauben möchte hier in Dublin kennt jeder jeden.

Später am Abend gehe ich hoch in AJs Kinderzimmer und betrachte ihn und Hope, wie sie aneinander kuscheln und friedlich schlafen. Die beiden sind entzückend zusammen, sie lieben sich heiß und innig und teilen, wenn sie zusammen sind, ihre Aufmerksamkeit nur mit Apple, die auch jetzt am Fußende liegt und leise schnarcht. Ich hauche beiden einen Kuss auf die Haare und gehe wieder runter. Von draußen höre ich gedämpftes Stimmengewirr und leise Musik.

Noch vor 4 Jahren wäre das hier alles für mich unvorstellbar gewesen…

Aber ich habe es geschafft, ich habe mein 2. Staatsexamen bestanden und werde, wenn meine und Nates Tochter auf der Welt ist und ich mich mit meiner Rolle als Zweifachmami angefreundet habe, mir einen Job in einer Kanzlei suchen, denn noch habe ich keine Lust meine eigene aufzumachen.

Meine Eltern sitzen tatsächlich vereint mit unseren Freunden und dem Rest unserer Familie an einem Tisch, sie lachen und amüsieren sich. Sie geben sich viel Mühe und auch wenn es manchmal nicht rund läuft, so haben wir gelernt zuzuhören und uns zu verstehen.

Und Nate… Was soll ich dazu schon sagen?

Ich bin jeden Morgen erneut dankbar, dass ich neben ihm aufwachen darf und das er mich gerettet hat, auf alle nur erdenklichen Arten und Weisen. Ich bin ihm unendlich dankbar für unsere beiden Kinder und für unser Leben.

 

Ich werde ihn immer lieben…bedingungslos!

Impressum

Tag der Veröffentlichung: 06.10.2014

Alle Rechte vorbehalten

Widmung:
Nur eine kurze Widmung: Das dieses Buch länger wie erwartet gedauert hat lässt sich eigentlich einfach erklären: Um es mit einem Filmtitel auszudrücken: Das Schicksal ist ein mieser Verräter. Aber nur wenn man von ganz unten wieder irgendwann den Gipfer erreicht, dann kann man die Aussicht genießen.

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