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Just one day

Ich biege in die Auffahrt zu meinem Elternhaus in Fallon, 20 Minuten von Waterford entfernt, ein und fahre langsam den Weg zum Haus hoch. Die Kiesel knirschen unter meinen Reifen und ich atme tief durch.

Ich hatte nicht einmal Zeit mich umzuziehen.

Ich sehe an mir runter, ich trage noch meine Uniform, aber warum muss Ava auch ausgerechnet heute ihre Verlobung feiern?

Nur weil Freitag ist, kann man ja nicht direkt davon ausgehen, dass alle früher frei haben. Typisch Ava, immer von sich auf andere schließen…

Ich sehe auf die Uhr neben meiner Tankanzeige.

Na super, ich bin schon 30 Minuten zu spät.

Wie soll es auch anders sein, ich bin immer zu spät…

Wäre ja auch komisch, wenn ich plötzlich pünktlich kommen würde.

Ich parke etwas seitlich in der Einfahrt, die schon gut zu geparkt ist und springe aus dem Auto. Ich laufe zum Kofferraum und nehme mein hellgrünes Sommerkleid heraus, welches ich mir extra vor zwei Wochen gekauft habe und sehe mich hektisch um. Ich ziehe meinen hellblauen Kasack aus und ziehe schnell das Kleid über meinen weißen BH, erneut sehe ich mich um, kicke meine Turnschuhe weg und schlüpfe aus der Hose um sie zum Kasack in den Kofferraum zu werfen. Nur noch schnell meine Socken ausziehen und in meine weißen Pumps schlüpfen.

Ist ja nicht das erste Mal, das ich mich im Rekordtempo umziehen muss und bei meinem Glück auch nicht das letzte Mal.

Puh geschafft, ich werfe die Schuhe ebenfalls in den Kofferraum und schließe die Kofferraumklappe meines Audi Q8.

Ich werfe einen Blick in den Seitenspiegel, öffne meine langen, glatten Haare und fahre mir mit den Fingern hindurch. Dann atme ich ganz tief ein.

’Auf in den Kampf…’

„Zu spät?“ ertönt eine Stimme hinter mir und ich fahre herum. Ein junger Mann sieht mich belustigt an.

„Ja, Ava scheint vergessen zu haben, das es auch Menschen gibt, die am Freitag lang arbeiten müssen.“ Gebe ich zurück.

„Keine Angst, ich habe deinen Striptease nicht genauer beobachtet. Musik wäre aber beim nächsten Mal nicht schlecht.“ Er zwinkert mir zu. „Ich bin Niklas Reynolds. Nik.“ Er hält mir seine Hand hin.

„Na vielen Dank…“ ich verdrehe die Augen „Ich bin Kate O’Sullivan.“ Ich nehme seine angebotene Hand und er grinst.

„Du bist also Avas kleine Schwester.“ Sein Grinsen wird immer breiter.

Scheint als wäre mir mein Ruf voraus geeilt.

Mal wieder…

„Ja und du gehörst zu wem?“ ich nehme mein Geschenk von der Rückbank und schließe meinen Wagen ab.

„Ich bin Dannys Cousin.“ Erklärt er mir auf dem Weg in den Garten. Am Gartentor hängt ein Banner auf dem Ava & Daniel steht und ich grinse, bekommen meine Eltern eigentlich Rabatt auf diese Teile?

„Kate!“ kaum denke ich an sie, kommt meine Mum auf mich zu gelaufen und drückt mich an sich.

Wie kann sie in den hohen Schuhen so schnell laufen?

Mit ihrer Umarmung wird die Luft aus meinen Lungen gepresst und ich stöhne leise.

„Mum…“ wehre ich mich „Du tust gerade so, als hätten wir uns Jahre nicht gesehen.“ Ich schüttele lächelnd meinen Kopf und mache mich von ihr los um wieder Luft zu bekommen.

„Fast meine Kleine, fast.“ Sie streicht mir eine Strähne hinters Ohr.

„Mum, mal ehrlich…“ ich lächele nachsichtig „Ich war letzten Sonntag mit euch in der Kirche und dann war ich zum Essen hier. Erinnerst du dich?“ ziehe ich sie auf.

„Und sie sind?“ sie sieht zu Niklas.

„Niklas Reynolds, Ma’am.“ Er nimmt ihre Hand und gibt ihr einen formvollendeten Handkuss.

„Oh und sie sind Katies Begleitung?“ sie strahlt ihn an und zwinkert mir vielsagend zu.

„Nein Mum.“ Ich sehe Niklas entschuldigend an „Das ist Dannys Cousin.“ Erkläre ich ihr.

„Oh, Entschuldigung.“ Meine Mum wird leicht rot „Sie sind also der Cousin aus Finnland? Danny wusste nicht, ob sie es schaffen.“

„Ja, es war nicht sicher, aber jetzt bin ich ja hier.“ Niklas lächelt sie freundlich an.

„Dann kennen sie ja unsere Mädchen noch gar nicht.“ Sie harkt sich bei ihm unter und ich folge den Beiden gezwungener Maßen. „Also Kate, unsere Jüngste kennen sie ja nun schon…“ meine Mum strahlt ihn an. „Sie können mich ruhig duzen Mrs. O’Sullivan.“ Unterbricht sie Niklas höflich.

„Aber gerne Niklas. Ich bin Elaine.“ Sie wirft mir einen kurzen Blick zu.

Oh nein, ich kenne diesen Blick…

Meine Mum hat wirklich und wahrhaftig vor, mich mal wieder zu verkuppeln.

Mit diesem Niklas, den ich gerade einmal 5 Minuten kenne…

Oh nein Mum…

„Mum, ich mach das schon. Wo ist denn Dad?“ ich ziehe Niklas bestimmt von ihr weg und er sieht mich grinsend an.

„Dein Dad müsste hier irgendwo rum laufen.“ Sie macht eine verdeutlichende Geste.

’Toll Mum, es laufen an die 50 Menschen durch unseren Garten.’ Ich nicke ihr jedoch lächelnd zu und bugsiere Niklas von ihr weg.

Zum Glück findet sie schnell ein neues Opfer und ich atme erleichtert auf.

„Was sollte das denn?“ Niklas zieht fragend eine Augenbraue hoch.

„Glauben sie mir, sie werden mir noch dankbar sein.“ Gebe ich zurück.

„Ich bin Nik.“ Er lächelt und ich sehe ihm das erste Mal in die Augen, sie sind azurblau und strahlen wahnsinnig intensiv, noch nie haben mich die Augen eines Mannes so fasziniert.

Wow, solche Augen habe ich noch nie gesehen…

„Kate.“ Erwidere ich fahrig.

„Ich weiß…“ er lacht leise „Deine Mum wollte mir aber gerade eure Familie erklären.“ Er sieht mich an und legt seinen Kopf leicht schief. Ich betrachte ihn einen Moment, etwas längere blonde, hoch gegelte Haare, leuchtend blaue Augen, leicht gebräunt und einen lässigen Drei-Tage-Bart… Sofort schießt mir nordischer Gott in den Sinn.

Nordischer Gott?

Ich muss über mich selbst leise lachen.

Ja, so wie ihn stelle ich mir einen typisch nordischen Gott vor, er sieht durchtrainiert aus und selbst unter dem weißen Hemd zeichnen sich seine Muskeln ab.

Ja, von ihm würde ich mich retten lassen…

Oh, ich schweife ab und sehe immer noch in das fragende Gesicht Niklas’.

„Schnelldurchlauf?“ ich ziehe meine beiden Augenbrauen hoch.

„Bitte.“ Er dreht sich zu den anderen um, er ist groß, bestimmt 1,85 m und ich komme mir neben ihm echt klein vor, bei mir hat es eben nur für 1,70 m gereicht. Ich stelle mich neben ihn und lehne mich zu ihm rüber.

„Also gut, da hinten…“ ich deute auf eine schwangere blonde Frau. Sie trägt ihre Haare heute auf und sie fallen ihr glatt bis knapp über die Schulter „Das ist meine große Schwester Ella, sie ist mit John…“ ich deute auf ihren Mann, John ist durchschnittlich groß, er hat dunkelblonde, kurze Haare und einen Drei-Tage-Bart, weil er damit gefährlich aussehen will. „…verheiratet und sie erwarten, nach zwei kleinen Mädchen, ihr drittes Kind. Dann haben wir Rachel…“ ich deute auf meine zweite große Schwester, sie ist ebenfalls blond, sie trägt heute mal ihre Haare hoch gesteckt und strahlt ihren Mann an, der neben ihr steht und ihr ein Glas Champagner reicht. „Sie ist mit Sam verheiratet und sie haben zwei kleine Töchter.“ Ich sehe mich weiter suchend um „Meine Mum kennst du…“ sage ich leise, mehr zu mir wie zu ihm, und dann entdecke ich endlich die andere Hälfte meiner Familie „Tja und der Mann der meiner Mum gerade das Sektglas reicht ist mein Dad, das ist Brandon O’Sullivan, bester Staatsanwalt in ganz Waterford…“ ich grinse ihn an „... Die kleine Blonde neben ihm ist Ava, die solltest du eigentlich kennen…“ ich zwinkere ihm zu „Sie wird, so wie es aussieht, deinen Cousin heiraten und der kleine Wildfang vor ihr ist Danielle, ihre Tochter.“ ich grinse, meine großen Schwestern auseinander zu halten kann für einen Außenstehenden ganz schön schwer sein, sie sehen sich alle unheimlich ähnlich.

„Wow vier Mädchen?“ Niklas sieht mich erstaunt an.

„Ja, vier plus die vier Kleinen, die weiblichen Gene der O’Sullivans sind sehr dominant.“ Nicke ich lächelnd.

„Und eurer Dad dreht nicht durch?“ lacht er.

„Bisher nicht.“ Gebe ich zurück und da winkt mein Dad mich auch schon zu sich. „Entschuldigst du mich? Ich glaube, ich habe Danny gerade am Buffet gesehen, du willst ihm doch sicher Hallo sagen.“ Ich deute in Richtung des Buffets.

„Aber sicher.“ Er entdeckt ihn und geht zu ihm, während ich zu meinem Dad laufe.

„Hey meine Kleine! Ich dachte mir schon, das du es nicht pünktlich schaffst.“ Er fängt mich auf und drückt mir einen Kuss auf die Stirn.

„Ich habe mir wirklich große Mühe gegeben, aber leider läuft es meistens nicht so wie man denkt.“ Ich zucke mit den Schultern.

„Warum musstest du auch Medizin studieren? Jura wäre besser für dich gewesen“ er grinst mich an.

„Weil ich mich für Medizin entschieden habe Dad. Ich stehe dazu und ich bleibe dabei.“ Ich knuffe ihn leicht „Ende der Diskussion.“ Füge ich hinzu.

Dieses Gespräch haben mein Dad und ich in den letzten Jahren an die 1000 Mal geführt.

Ich weiß, er ist stolz auf mich, aber er hätte es lieber gesehen, wenn ich in seine Fußstapfen getreten wäre. Aber mal ehrlich mit Ava in seinen Fußstapfen müsste er doch zufrieden sein, außerdem ist die O’Sullivan Kanzlei schon ein reiner Familienbetrieb, da brauchen die mich ganz bestimmt nicht...

Es ist schwer genug in Waterford mit dem Namen O’Sullivan rum zu laufen, da muss ich ja nicht auch noch die gleiche berufliche Laufbahn einschlagen.

Ich bin zufrieden mit meiner Wahl, auch wenn ich im Moment an so manchem Tag an dieser zweifele…

„Okay meine Kleine.“ Er drückt mich an sich. „Wie war es denn heute?“

„Frag nicht.“ Ich winke ab und er lacht.

„Wir haben alle klein angefangen.“ Er zwinkert mir zu.

„Kate! Kate!“ Sophie, die große Tochter von Ella und John kommt auf mich zu gelaufen und ich fange sie auf.

„Hey meine Große!“ ich gebe ihr einen dicken Kuss.

Sie ist 6 und von meinen Nichten die Älteste und sie sieht aus wie ihre Mum, im Kleinformat natürlich…

Eigentlich sehen sich komischer Weise alle meine Nichten sehr ähnlich… Rotblonde Haare und hellblaue oder hellgrüne Augen, wir ihre Mummys.

Was bei mir passiert ist, weiß ich nicht…

Ich bin die Einzige der O’Sullivan Frauen die hellbraune Haare und dunkelgrüne Augen hat, so wie mein Dad.

Alle anderen sehen aus wie Mum und es ist fast unheimlich. Als ich klein war, da dachte ich wirklich eine Zeit lang, ich wäre adoptiert.

„Ich habe dich vermisst…“ Sophie nimmt mein Gesicht in ihre Händchen „Wo warst du denn nur?“ sie sieht mich mit ihren großen wasserblauen Augen an.

„Ich musste noch arbeiten.“ Erkläre ich ihr lächelnd.

„Mum hat schon gesagt, das du wieder zu spät kommst…“ sie grinst schelmisch und ich setze sie ab „Sie sagt, du kommst immer zu spät.“

„Tja Sophie…“ ich atme tief durch und lächle sie an „Da hatte deine Mummy wohl mal wieder Recht.“ Gebe ich zu.

Es stimmt leider, ich habe die schlechte Angewohnheit immer zu spät zu kommen.

Nicht absichtlich, aber es passiert einfach immer wieder und viel zu oft.

„Mummy ist schlau.“ Sagt Sophie ehrfürchtig und ich lache.

„Oh ja Sophie, das ist sie.“ Lache ich. „Wo ist denn deine Mummy hin?“ ich sehe mich suchend um,

„Sie ist mit Ava und Rachel drin.“ Sie deutet aufs Haus.

Ah, meine Schwestern haben sich also zum Tratschen zurück gezogen, das könnte interessant sein.

„Danke Süße!“ ich gebe ihr einen Kuss.

„Spielst du nachher noch mit mir?“ sie sieht mich bittend an.

„Aber klar Süße.“ Verspreche ich ihr und gehe über die große Weise, über die Terrasse auf der das Buffet aufgebaut ist hinein ins Haus.

„Katie!“ Ava entdeckt mich als Erste und atmet erleichtert aus.

„Was denn?“ ich grinse sie an und nehme sie in den Arm.

„Wo warst du denn?“ sie versucht mich strafend anzusehen und lächelt dann doch.

„Es tut mir leid, ich konnte nicht früher aus der Klinik weg.“ Ich sehe sie entschuldigend an.

„Hauptsache du bist jetzt da.“ Sie strahlt mich an.

„Wie immer zu spät unser Küken.“ Ella drückt mich nun auch an sich, soweit es eben mit ihrem Bauch möglich ist.

„Ja, Sophie hat mir schon gesagt, das du wusstest, das ich zu spät komme.“ Ich zwinkere ihr zu.

„Unser kleine Sophie ist eben ein schlaues Mädchen.“ Nun nimmt mich auch Rachel in den Arm.

„Du siehst zauberhaft aus.“ Ich lächle Ava an und sie dreht sich um die eigne Achse. Sie trägt ein schulterfreies weißes Kleid und sie strahlt übers ganze Gesicht, sie wirkt so unheimlich glücklich.

„Du siehst wie immer aus wie aus dem Bett gefallen.“ Zieht mich Rachel auf und ich schenke ihr ein schiefes Grinsen.

„Na danke auch.“ Gebe ich zurück.

Sie zupft an meinen Haaren herum und ich schüttele sie ab.

„Lass das, ich bin keine 12 mehr.“ Wehre ich mich.

„Komm schon Ella, sind wir von Katie was anderes gewohnt?“ kichert Ava.

„Immer auf die Kleine.“ Beschwere ich mich.

„Ach was, du liebst es doch von uns bemuttert zu werden.“ Lacht Ella.

„Manchmal ist es ganz nützlich die Kleine zu sein.“ Grinse ich „Und Schwesterherz, wann steigt die Hochzeit?“ ich sehe zu Ava.

„Wir haben nächstes Jahr Mai ins Auge gefasst.“ Sie hält mir ihren Ring hin.

Ich gebe zu, ich habe ihn schon zig Mal bewundert, aber ich tue es gerne noch einmal. Es ist ein weißgoldener Ring mit einem hellgrünen Stein, der in der Sonne funkelt.

Danny hat Geschmack, das muss ich ihm lassen…

Aber das hat er ja auch schon bei der Auswahl meiner Schwester vor fünf Jahren bewiesen.

„Ava, ich weiß langsam, das er wirklich wunderschön ist.“ Ich nehme ihre Hand „Wo habt ihr eigentlich meine Nichten hin verkauft?“ ich sehe mich suchend um, sonst ist mindestens eine der Kleinen immer um uns herum.

„Bei ihrem Daddy.“ Sagen Ava und Ella wie aus einem Mund.

Ich lache und sehe zu Rachel.

„Bei Mum.“ Erklärt sie mir und ich lache.

„Gott, halte das Kind fern von ihr, sonst will sie es auch noch verkuppeln…“ warne ich sie und sie lacht auf.

„Wen hatte Mum denn heute im Angebot?“ Ella setzt sich auf die Couch und wir setzen uns nun alle. Ava und ich finden unseren Platz auf den beiden Sesseln gegenüber der Couch.

„Dannys Cousin Niklas. Wir sind zusammen gekommen und Mum meinte natürlich gleich, das wir ein Paar sind.“ Ich schüttele den Kopf „Sie bietet mich wie das letzte Stück Käse in der Theke an.“

„Niklas ist hier?“ Ava sieht mich erstaunt an und ich sehe nach draußen.

„Ja…“ ich deute auf ihn „Da neben deinem Zukünftigen.“ Erkläre ich ihr.

„Also Mum hatte schon Mal einen schlimmeren Geschmack, um dich los zu werden.“ Rachel sieht mich grinsend an. „Der sieht ja aus wie ein nordischer Gott.“ Fügt sie verzückt hinzu.

Merkt man, dass wir Schwestern sind?

„Danke Rachel…“ ich verdrehe die Augen. „Wann begreift sie es endlich?“

„Wann begreift sie was?“ unsere Mum kommt mit Rachels Tochter Alice an der Hand ins Wohnzimmer.

„Haben dir die Ohren geklingelt?“ lacht Ella.

„Nein, aber wenn alle meine Töchter so versammelt zusammen sitzen, dann geht es um Männer oder um mich…“ sie gibt Alice zu Rachel und diese nimmt sie auf den Schoß. „Und da ich zufällig gehört habe, wie du dich fragst…“ sie sieht mich lächelnd an „Wann sie es endlich begreift… Da geht es dann wohl um mich. Also Kleines, was soll ich begreifen?“ sie setzt sich auf die Armlehne des Sessel in dem ich sitze.

„Das ich mir meinen Freund alleine aussuche und dich nicht dazu brauche.“ Erkläre ich ihr  „Ich bin nicht das letzte Stück Käse in der Theke.“ Grinse ich.

„Ich weiß Schätzchen, aber deine Schwestern hatten alle in deinem Alter schon den Richtigen gefunden und sie haben alle schon Kinder gehabt.“ Sie nimmt meine Hand „Ich mache mir doch nur Sorgen um dich. Ich meine, du bist entweder im Krankenhaus, bei den Pferden oder hängst über deinen Büchern. Wie bitte möchtest du da jemanden kennen lernen?“

„Mum…“ stöhne ich auf „Ich gehe auch aus, ich mache auch noch andere Sachen.“

„Was denn?“ Ava legt ihren Kopf schief.

Ich schenke ihr einen Du – bist - tot Blick und sehe wieder zu Mum.

„Ava feiert heute ihre Verlobung und bitte Mum, es ist ihr Tag. Ich finde schon noch meinen Prince Charming. Ich meine drei von vier bist du los.“ Ich deute in die Runde.

„Aber…“ setzt sie an.

„Nein Mum…“ ich stehe auf „Und nein Ella, nein Rachel und nein Ava. Ich will davon nichts hören.“ Ich sehe ernst in die Runde.

„Aber in Dub bist du am Wochenende wenigstens noch ausgegangen.“ Ella sieht mich prüfend an und ich schnaube.

„Ja, in Dub bin ich mit dir ausgegangen, weil du da wohnst und jetzt gehe ich eben mit Rachel aus.“ Gebe ich zurück.

„Ähm…“ Rachel deutet auf ihren Bauch.

„Meine Güte, dann gehe ich eben mit anderen Freunden aus.“ Ich schnaube erneut. „Können wir dieses Thema für heute bitte lassen?“

„Okay.“ Kommt es im Chor.

Dann stehen wir alle auf und meine Grandma, die Mum meines Dads, kommt herein.

„Nana!“ ich laufe zu ihr und drücke sie an mich.

„Meine süße Kleine.“ Sie strahlt mich mit ihren braunen Augen an.

„Es ist so schön dich zu sehen…“ ich werfe meiner Mum einen vernichtenden Blick zu und sie geht lachend mit Alice auf die Terrasse.

„Was hat deine Mum denn wieder angestellt?“ Nana sieht mich milde lächelnd an.

„Das Übliche.“ Gebe ich zurück und Nana setzt sich in den Sessel während ich mich auf die Lehne setze.

„Sie kann es einfach nicht lassen.“ Ich sehe zu ihr.

„Sie macht sich doch nur Sorgen um dich.“ Gibt sie milde zurück.

„Nana…“ ich seufze schwer „Ich bekomme das auch alleine hin.“

„Das zweifelt keiner an.“ sie drückt meine Hand.

„Doch…“ ich nicke lebhaft mit dem Kopf „Sie alle tun es… Mum, Ella, Rachel und Ava von ihren Männern und Dad ganz zu schweigen. Irgendwann hängen sie mir ein Preisschild um und setzen mich im Einkaufzentrum aus.“ Ich muss lächeln und Nana tätschelt meine Hand.

„Ach was Kleines…“ sie grinst verschmitzt „Dein Prinz kommt irgendwann und haut dich aus den Socken.“

„Lieber nicht.“ Erwidere ich kopfschüttelnd.

„Oh Kleines, du bist noch so jung…“ sie atmet tief durch „Lass dich von deinen Schwestern und von deiner Mum nicht ärgern. Du bist schon immer deinen eigenen Weg gegangen und du wirst es auch weiterhin tun. Du hast schon als kleines 4jähriges Mädchen fest dran geglaubt, das du dich in deinem Leben nur ein einziges Mal richtig verlieben wirst und dann für immer und ewig mit ihm glücklich sein wirst.“ Sie küsst meine Hand und ich drücke ihr einen Kuss auf die Stirn.

„Vielleicht sollte ich den Plan noch mal überdenken.“ Ich sehe sie an und sie lacht leise.

„Nein, nein meine Kleine. Er wird kommen und du wirst wissen, dass er es ist. Dann hast du dein Happy End zu deinem Märchen.“ Erklärt sie sicher und ich drücke ihre Hand.

„Danke Nana.“ Sage ich liebevoll „Ich werde mal schauen wo meine kleinen Lieblingsnichten sind.“ Ich zwinkere ihr zu.

„Mach das Kleines…“ sie winkt mir hinterher während ich wieder in die Augustsonne Irlands trete.

Sofort hat Alice mich wieder an der Hand gepackt und ich sehe sie grinsend an „Na komm Alice, wollen wir ein bisschen spielen?“

„Wo hast du denn Danielle, Sophie und Fiona gelassen?“ frage ich die kleine Maus nach ihren Cousinen.

„Bei Grandpa.“ Jubelt sie und zieht mich über die Terrasse und den Rasen.

Ich bleibe einen Moment stehen, während sie zu meinem Dad hopst und lasse meinen Blick über die Landschaft schweifen.

Man hat von hier aus einen so wunderschönen Ausblick über die Koppeln und Felder und in der Ferne kann ich den Pferdestall sehen. Dort verbringe ich viel, meiner knappen Freizeit, mit meinem Pferd Prince…

Welch Ironie, ich reite auf Prince über die Felder und mein Prinz lässt sich nicht blicken.

Ich sehe mich weiter um, meine Schwestern stehen zusammen mit ihren Männer und ein paar Freunden an einem der Stehtische und sie alle wirken so glücklich…

Manchmal hasse ich meine Schwestern dafür, dass sie so unheimlich perfekt sind.

Brrr… mich schüttelt es.

Ich meine, echt Mal…

Wie kann es sein?

Alle drei sind glücklich verheiratet, okay zumindestens fast, wohnen mit ihren perfekten Ehemännern in perfekten Häusern und haben perfekte Kinder.

Hallo?!?

Ich lache leise bei dem Gedanken.

Ich liebe meine Schwestern wirklich sehr und ich liebe auch alle ihre Männer. Sie sind wie große Brüder, sie beschützen mich und verteidigen meine Ehre.

Und natürlich liebe ich meine kleinen Nichten abgöttisch, aber es ist manchmal schwer in ihrem Schatten zu leben, ohne unter zu gehen.

Irgendwie erwartet jeder, dass ich möglichst heute noch heirate und ein, zwei oder drei kleine Mädchen in den O’Sullivan Genpool schmeiße.

Ich bin noch nicht so weit…

Ich meine ich bin 27.

Ich mache gerade mein Assistenzjahr, nachdem ich 7 Jahre lang studiert habe.

Ich will mich erst einmal beruflich dahin bewegen, wo ich hin will…

Mein Prince Charming, sollte es ihn geben… kann warten.

„Kate!“ Sophie und Danielle kommen zu mir und wir gehen zu meinem Dad, der Alice und Fiona durch die Luft fliegen lässt.

„Na, soll ich sie dir mal abnehmen?“ ich zwinkere ihm zu und er nickt dankbar.

„Hey meine Süßen!“ ich drücke Alice und Fiona an mich. „Ihr seht ja alle so hübsch aus.“ Bewundere ich sie in ihren Prinzessinnenkleidchen.

Scheint, als hätten sich meine Schwestern abgesprochen, aber die Mädchen sehen zuckersüß in den rosanen Kleidchen aus.

„Ich bin eine Prinzessin!“ Alice dreht sich übermütig im Kreis.

„Oh ja, das bist du.“ Ich mache eine Verbeugung vor der 3jährigen.

„Du solltest dich nicht so weit vorbeugen…“ ertönt die Stimme vom Daniel, Avas Verlobten hinter mir und ich drehe mich grinsend um.

„Und du solltest es unterlassen mir in den Ausschnitt zu schauen, Daniel Jameston.“ Lächele ich und nehme ihn in den Arm „Alles Gute noch mal.“ Wünsche ich ihm.

„Wer redet von deinem Ausschnitt…“ er zwinkert mir zu „Dein Kleid ist ziemlich kurz.“ er streicht es auf meinem Rücken glatt „Nur zu deiner Information.“

Ich merke wie ich leicht rot werde und er fängt an zu lachen.

„Dr. Katie!“ John, Ellas Mann, wirbelt mich herum und ehe ich mich versehe finde ich mich zwischen meinen Schwagern wieder.

„Wollt ihr mich erdrücken?“ ich mache mich lachend von Eric, Rachels Mann, los.

„Niemals.“ Gibt er entrüstet zurück.

„Und wie geht es dir Kleine?“ Danny sieht mich fragend, mit einer Spur Besorgnis an.

„Es ist hart.“ Gebe ich zu.

„Tja, wenn du das Richtige studiert hättest, dann würdest du jetzt bei Brandon in der Kanzlei sitzen.“ Er zwinkert mir zu.

„Glaub mir Danny, ich habe das Richtige studiert…“ ich lächle „… Nur scheint das keiner verstehen zu wollen.“

Auch Danny ist Anwalt und zusammen mit Ava arbeiten sie bei unserem Dad.  Daher kommt es auch, dass die Kanzlei ein reiner Familienbetrieb ist. Drei Anwälte mit drei verschiedenen Fachgebieten, das muss einfach reichen.

Braucht man bei 3 Anwälten in der Familie echt noch eine weitere Anwältin?

Ich denke nein.

„Ist ja gut.“ Gibt er zurück und hält mich fest umschlungen.

„Gott Danny…“ ich winde mich aus seiner Umarmung heraus „Wenn du Liebe brauchst, dann geh zu deiner Verlobten.“ Lache ich.

„Katie! Katie! Katie!“ Sophie hüpft vor meiner Nase herum.

„Sophie! Sophie! Sophie!“ antworte ich lachend.

„Du hast versprochen mit mir zu spielen.“ Sie zieht eine Schnute.

„Okay, aber die anderen spielen mit.“ Ich sehe sie an und sie nickt begeistert.

„Ihr entschuldigt mich, eure Kinder wollen bespaßt werden…“ ich mache vor den Männern einen Knicks, den sie alle mit einem Lachen quittieren, und folge dann Sophie.

5 Minuten später jagen wir zwischen den Gästen herum und spielen fangen, ihr Juchzen übertönt sogar fast die Musik und ich liebe es sie lachen zu hören.

Das Lachen einen Kindes ist so wunderbar unverfälscht und frei.

Manchmal wäre ich auch gerne wieder ein kleines Mädchen…

Ich bräuchte mir um nichts Sorgen zu machen, ich würde am Fenster sitzen und warten, das der schwarze Mercedes meines Dads die Auffahrt hoch kommt, dann würde ich wie jeden Tag zur Tür zu laufen um ihn als Erste zu begrüßen. Ich würde stundenlang ausreiten und müsste mich nicht die Verantwortung für Menschenleben tragen…

Nur für mein Eigenes.

Ich vergesse Mal wieder die Zeit und wirbele Sophie herum, als ich sie gefangen habe.

„So ihr Süßen!“ meine Mum versammelt ihre Enkelinnen um sich. „Nana möchte euch jetzt eine Geschichte vorlesen. Was haltet ihr von einem schönen großen Glas Limonade und ein paar Keksen?“ sie sieht in die Runde und alle laufen sofort los.

„Katie, ich sag es ja nur ungern…“ sie zupft mir meine Haare zu Recht.

Was haben die nur alle mit meinen Haaren?

Ich meine sie fallen glatt über meine Schultern bis zur Mitte meines Rückens.

Was ist daran auszusetzen?

„Kleines, du bist keine 12 mehr.“ Tadelt mich meine Mum.

„Ich will, dass auch die Kleinen Spaß haben.“ Erwidere ich trotzig.

„Ich weiß…“ nun zupft sie an meinem Kleid herum.

„Mum, wenn ich keine 12 mehr bin, dann hör endlich auf an meinem Kleid herum zu zupfen und mir meine Haare aus dem Gesicht zu streichen.“ Zische ich. „Du würdest so hübsch aussehen…“ setzt sie an.

„Mum…“ ich grinse sie an „Ich bin hübsch.“ Ich recke mein Kinn die Höhe und sie lacht los.

„Ja, das bist du.“ Sie gibt mir einen Kuss auf die Wange und lässt dann endlich von mir ab.

„Deine Familie nimmt dich ganz schön in Beschlag.“ Niklas taucht neben mir auf, reicht mir ein Glas Champagner und ich grinse schief.

„Ja, sie sind quasi überall.“ Gebe ich zurück.

„Wie behältst du da nur den Überblick?“ er schüttelt ungläubig seinen Kopf.

„Sie sind meine Schwestern.“ Ich zucke mit den Schultern.

„Heimvorteil.“ Lächelt er.

„Ja, so könnte man es nennen.“ Grinse ich. „Es ist gar nicht so schwer.“ Ich schubse ihn leicht an.

Er hat mittlerweile, wie fast alle Männer, sein Jackett ausgezogen und die Ärmel seines weißen Hemdes hoch gekrempelt. Er trägt keine Krawatte und seine Hände stecken lässig in den Taschen seiner schwarzen Anzughose.

So leicht möchte ich es bei der Kleiderauswahl auch mal haben…

Oh, ein festlicher Anlass!

Für was entscheide ich mich wohl?

Das weiße Hemd und der schwarze Anzug oder doch lieber den schwarzen Anzug und das weiße Hemd?

Aber er sieht gut darin aus, wie fast alle Männer…

Bedingt durch den Beruf meines Dads mag ich Männer in Anzügen und als mein Blick auf die Gruppe meiner Schwager fällt, da muss ich leise lachen.

Ja, ja sie tragen alle eine schwarze Anzughose und weiße Hemden, John und Danny zusätzlich noch eine schwarze Krawatte. Mann könnte fast meinen, sie haben ihre Anzüge alle im gleichen Geschäft gekauft und ich würde nicht einmal dagegen wetten…

„Was ist so lustig?“ Niklas sieht mich gespannt an und schirmt sein Gesicht gegen die Sonne ab, die ich mittlerweile im Rücken habe.

„Ich stelle nur mal wieder fest, wie einfach ihr Männer es euch bei der Auswahl eurer Garderobe macht.“ Ich deute auf die kleine Gruppe, zu der sich gerade mein Dad, überraschender Weise im Schwarzen Anzug und weißen Hemd, gesellt.

„Wenn wir ebenso lange brauchen würden wie ihr Frauen, dann würden wir wohl immer zu spät kommen.“ Kontert er.

„Oh, Erfahrungswerte?“ grinse ich.

„Nicht wirklich.“ Er zuckt mit den Schultern.

„Katie?“ Ava hängt sich an meinen Arm und schenkt mir einen ihrer Du – kannst – mich – nichts – abschlagen - Blicke.

„Was willst du?“ seufze ich.

„Spielst du jetzt für mich und Danny? Bitte…“ quengelt sie.

„Entschuldigst du mich…“ ich sehe zu Niklas „Meine Schwester hat einen Wunsch und was wäre ich für eine furchtbare kleine Schwester, wenn ich diesen Wunsch abschlagen würde?“

„Eine wirklich Furchtbare.“ Erwidert er lachend.

Ava zieht mich zum großen Flügel, der auf der Terrasse steht und die Band verstummt.

Ava tritt ans Mikrofon und klopft an ihr Sektglas, augenblicklich blicken alle in ihre Richtung.

„Ich bedanke mich bei euch allen, dass ihr Danny und mir eine so wunderbare Party schenkt. Wir sind glücklich solche Freunde und eine so wundervolle Familie zu haben und nun habe ich Katie überredet…“ sie sieht zu mir und ich verdrehe die Augen, ich hasse es, wenn sie mich Katie nennt, Kate ist doch nun wirklich kurz genug, den Namen muss man nicht noch verniedlichen. Eigentlich gilt das auch für alle, außer für meine eigene Familie... „… für mich und Danny A thousend Years zu spielen. Es ist schon eine Tradition, das Kate den ersten Tanz des Abends mit dem Piano begleitet und ich danke ihr dafür.“ Sie sieht dankbar zu mir und ich lächle.

Dann beginne ich zu spielen, meine Hände fliegen über die Tasten und ich bin in meinem Element. Ich spiele seit meinem 5. Lebensjahr und ich würde mal behaupten, ich kann es ziemlich gut. Ich bin die Einzige die Klavier spielen kann und unsere Eltern mussten mich nicht einmal überreden, ich habe mich einfach hin gesetzt und begann zu spielen, sie förderten mein Talent nur. Ich bin ihnen dankbar, ich liebe das Klavier spielen, es hat so etwas Beruhigendes und es ist schön die strahlenden Gesichter zu sehen.

Ich habe bei allen meinen Schwestern auf ihren Verlobungen und auf ihren Hochzeiten gespielt, jedes Mal Butterfly Kisses als Vater – Tochter - Tanz und ein Lied ihrer Wahl als Hochzeitstanz.

Ja, ich bin ganz schön gefragt…

Meistens spiele ich nur für mich, um mich zu entspannen und meinen Kopf frei zu bekommen, weil ich viel zu selten dazu komme, mit Prince auszureiten.

Ich sehe auf meine Hände, die wie mühelos und wie selbstverständlich über die Tasten gleiten und dann sehe ich auf und sehe, wie glücklich sich Danny und Ava anstrahlen.

Ich lächle und konzentriere mich wieder, das Lied ist gar nicht so einfach, aber Ava hatte mich schon vor Wochen gebeten es einzuüben und ich habe es an dem Klavier in meinem Appartement getan.

Sehr zum Leidwesen meiner Nachbarn… ich übte es immer und immer wieder.

Als das Lied zu Ende ist flammt Applaus auf und ich sehe zu meiner Nana, die im Türrahmen der Terrasse steht.

„Komm Dad!“ rufe ich zu meinem Dad rüber und fange an die ersten Akkorde von Great Balls of Fire zu spielen und er beginnt mit zu singen, die anderen Männer setzen alle mit ein, es ist herrlich anzusehen. Nana strahlt übers ganze Gesicht, sie liebt es, wenn mein Dad singt und ich mache ihr gerne diese Freude.

Am Ende stehe ich auf und verbeuge mich mit meinem Dad.

„Ach so, für deinen Dad spielst du…“ meine Mum nimmt mich in den Arm „Und ich?“ sie setzt ihren Bitte - Bitte -Blick auf und ich lache. Meine Familie weiß ziemlich genau, wie sie mich um den Finger wickeln kann.

„Was willst du?“ ich setze mich wieder und mein Dad gibt mir einen Kuss auf die Haare.

„Kommt Mädels!“ ruft sie meine Schwestern zu uns und ich schüttele lachend meinen Kopf. Ich spiele Girls just wanna have fun und wir singen alle mehr oder weniger schief dazu. Es ist herrlich und nach dem Lied nehmen mich alle in den Arm.

Genau in solchen Momenten liebe ich meine, ach so perfekte, Familie und weiß, das ich niemals irgendwo anders hingehören könnte.

Ich gehe wieder zu den anderen Gästen und werde von Bekannten und Verwandten ins Kreuzverhör genommen.

Ich hasse es, aber ich lächle und gebe bereitwillig Auskunft.

Bei solchen Anlässen kommen sie aus allen Teilen Irlands und ich muss mehr wie einmal erklären, warum ich denn nicht verheiratet oder verlobt bin. Außerdem grenzt es immer noch an einen Skandal, dass ich es gewagt habe Medizin zu studieren und nicht Jura…

Meine Tante Gertrud fragt mich sogar, ob etwas mit mir nicht stimmt. Ich erwidere nur gezwungener Maßen lächelnd, dass mit mir alles in bester Ordnung ist und ich einfach aus dem Schatten meines Dads heraus treten möchte und meinen eigenen Weg finden will. Sie ist nicht sehr angetan von der Antwort, aber ich verabschiede mich schnell, ehe sie noch, wie alle anderen auf meinen Familienstand eingeht.

Irgendwann wird es mir dann aber doch zu bunt, ich hole mir etwas vom Buffet und setze mich in die Küche auf einen der Barhocker. Ich atme tief durch, es ist merkwürdig in dieser Küche mal niemanden herum wuseln zu sehen, sie sieht fast unbenutzt aus und es wirkt irgendwie befremdlich. Ansonsten steht fast immer meine Mum am Herd und kocht oder backt was und wenn nicht sie, dann Nana oder eine meiner Schwestern. Ich bin kochtechnisch nicht wirklich das Meistertalent, aber ich helfe gern. Ich streiche über das Mosaikmuster der Fliesen auf der Theke und seufze leise.

„Endlich Ruhe?“ ertönt eine fragende Stimme hinter mir und Augenblicke später sehe ich in Niklas’ grinsendes Gesicht.

„Verfolgst du mich?“ lache ich leise.

„Nein, aber ich brauche mal ein bisschen Ruhe. Man, hier ist ja ganz schön was los.“ er deutet auf den Stuhl neben mir und ich nicke.

„Wem sagst du das…“ lächele ich „Und das ist erst die Verlobung. Die Hochzeiten der O’Sullivans sind berühmt berüchtigt.“ Ich zwinkere ihm zu.

„Ihr habt ja schon Erfahrung.“ Stimmt er mir zu.

„Oh ja…“ ich esse ein Stück von dem Kuchen den ich mir vom Buffet gerettet habe und sehe ihn dann wieder an „Drei Verlobungsfeiern, vier Taufen und zwei Hochzeiten in 6 Jahren.“ Erkläre ich ihm.

„Ich habe immer noch keinen Durchblick.“ Gesteht er mir und ich lächle.

„Es ist schwer, aber machbar.“ Ich zwinkere ihm erneut zu und stehe auf. Ich nehme ein großes gerahmtes Foto von meinem Dad seinem Geburtstag vor vier Monaten in die Hand und setze mich wieder zu ihm.

„Bereit?“ lächle ich und lege es vor uns auf die Theke.

„Nachhilfe?“ grinst er.

„Ja, ich kann dich ja nicht ahnungslos herum laufen lassen…“ ich betrachte lächelnd das Foto.

Es ist im Garten aufgenommen worden und tatsächlich sehen fast alle in die Kamera, ich muss nicht erwähnen, dass es der bestimmt 100ste Versuch war. Ich streiche kurz über das kühle Glas und lächle.

„Also, der Reihenfolge nach… Zuerst haben wir meinen Dad, Brandon, Spitzenstaatsanwalt und ein ziemlich wichtiger Mann in Waterford und meine Mum Elaine, eine wirklich begnadete Innenarchitektin und eine wirklich tolle Mum. Dann Nana, sie ist Dads Mum und die gute Seele, die hier alles zusammen hält.“ Ich grinse ihn an „Das ist Ella, sie ist 30 und die Älteste von uns. Sie ist Architektin und mit John, ebenfalls Architekt, verheiratet. Sie haben zwei Töchter, Sophie ist 6 und Fiona ist 4, Nummer 3 ist unterwegs, es soll im Oktober kommen…“ ich sehe zu ihm und er nickt „Dann kommt Rachel, sie ist 29 und Marketingassistentin, sie ist mit Eric, einem Automechaniker verheiratet und sie haben eine Tochter, Alice, sie ist 3 und Baby Nummer 2 ist unterwegs, das soll aber erst im Februar nächsten Jahres kommen…“ wieder sehe ich zu ihm und bemerke, das er mich statt dem Foto ansieht. „Hey, hier spielt die Musik…“ ich tippe auf das Foto und er sieht lachend wieder hin „Tja, Ava, Danny und Danielle kennst du. Danielle ist nur einen Tag jünger wie Alice. Tja, dann komme ich, Kate…“ ich lache leise „27 und meines Zeichens Nesthäkchen.“ Schließe ich meinen Vortrag. „Und besser?“ frage ich grinsend.

„Ja, ich gebe zu, ich fange an es mir zu merken.“ Er sieht mich dankbar an. „Was machst du so? Ich meine wenn du nicht gerade einen Striptease in der Auffahrt deiner Eltern hinlegst und fremden Männern deine Familie erklärst?“ er stützt seinen Kopf auf seinem Arm ab und sieht mich fragend an. Ich versinke einen Moment in seinen blauen Augen und sammele mich dann, schließlich lächle ich und er erwidert es.

„Ich bin erst vor zwei Monaten wieder nach Waterford gezogen, die letzten 7 Jahre habe ich in Dublin gewohnt und Medizin studiert.“ Erkläre ich ihm.

„Aufgegeben?“ er sieht mich mit großen Augen an und legt seinen Kopf schief.

„Quatsch…“ ich winke ab „Ich bin fertig und mache seit 6 Wochen mein praktisches Jahr. Aufgeben? Wie kommst du denn da drauf?“

„Du bist doch erst 27.“ Er sieht mich erstaunt an. „Ich habe es in den vorgeschriebenen 11 Semestern geschafft.“ Ich sehe ihn stolz an.

„Wow, ganz ehrlich Kate, du überraschst mich immer wieder. Also Ärztin, Pianistin und Stripteasetänzerin. Nicht schlecht.“ Lacht er.

„Nicht zu vergessen leidenschaftliche Reiterin.“ Füge ich hinzu und er lacht.

„Und so bescheiden.“ Er schüttelt lachend seinen Kopf.

„Und du?“ ich fahre mir durch die Haare und sehe ihn an.

„Einzelkind, Anwalt, 29 und ich wohne in Helsinki.“ Er sieht mich an.

„Das nenne ich mal kurz und knapp.“ Lache ich. „Du weißt so viel von mir und schmeißt mir hier ein paar Brocken hin?“ ich sehe ihn gespielt beleidigt an.

„Okay, ich segle wahnsinnig gerne mit meinem Boot raus. Ich habe einen Pilotenschein für Kleinflugzeuge…“ er denkt nach „Ich bin in Galway, in der gleichen Straße wie Danny, aufgewachsen und damals bin ich ebenfalls sehr gerne ausgeritten. Besser?“

„Na ja, fast… So ein richtig stimmiges Bild ergibt das von dir nicht.“ Gebe ich zu.

„Dann musst du dir mehr Zeit nehmen.“ Lächelt er.

„Ich habe viel, aber leider immer viel zu wenig Zeit.“ Erkläre ich ihm und sehe ihm wieder in die Augen, sie sehen mich neugierig an und ich grinse.

Schade eigentlich…

Er gefällt mir, er gefällt mir sogar ausgesprochen gut.

Aber Helsinki?

Das liegt nicht gerade um die Ecke.

„Für die wichtigen Dinge im Leben, sollte man sich Zeit nehmen.“ Er zwinkert mir zu.

„Oh wow, ein Macho.“ Lache ich und er stimmt mit ein.

„Wie bist du nach Helsinki gekommen?“ ich lege meinen Kopf schief, das würde mich jetzt ja schon interessieren.

„Mein Mum ist Finnin und ich bin zweisprachig aufgewachsen, es bot sich während meines Studiums an und ich habe meine Chance ergriffen.“ Erklärt er mir.

„Ich kann mir nicht vorstellen, so weit von meiner Familie entfernt zu wohnen…“ gebe ich nachdenklich zu.

„Sie würden ihre kleine Katie auch bestimmt sehr vermissen.“ Er grinst verschmitzt.

„Kate bitte…“ lache ich „Katie nennt mich schon meine ganze Familie, das reicht.“

„Klingt doch süß.“ Er legt seinen Kopf schief und ich schüttele grinsend meinen Kopf.

„Wer hat denn gesagt, dass ich süß sein will?“ frage ich ihn herausfordernd.

Er hebt seine Hand und streicht mich behutsam eine Strähne aus dem Gesicht. „Süße kleine Katie.“ Haucht er und ich bekomme am ganzen Körper eine Gänsehaut.

„Hier bist du…“ Ava kommt in die Küche, Niklas lässt seine Hand sinken und ich sehe sie ertappt an.

„Ja, wie du siehst. Noch eine Fragerunde halte ich nicht durch.“ Sammle ich mich und lächle verlegen.

„Wir sind alle am Tanzen und jemand vermisst dich.“ Sie zwinkert mir zu und ich stöhne leise.

„Was?“ Niklas steht auf und sieht lächelnd von mir zu Ava.

„Ich muss immer mit Onkel Pat tanzen.“ Ich zucke mit den Schultern.

„Du musst? ...“ er lächelt verschmitzt „Darf ich dich um den ersten Tanz bitten?“ er verbeugt sich vor mir.

„Gerne.“ Ich nicke ihm zu und er nimmt meine Hand. Seine Hand ist warm und weich und umschließt meine mit sanftem Druck.

Ava zwinkert mir zu und geht uns voraus.

Das wird ein Gespräch nach sich ziehen… ich kenne meine große Schwester viel zu gut, als das sie das hier unkommentiert lässt.

Als wir nach draußen kommen ist die Tanzfläche gut gefüllt und Niklas dreht mich im Kreis, um mich dann in seine Arme zu schließen. Seine eine Hand liegt auf meinem Rücken und ich spüre die Wärme durch mein Kleid hindurch und mit der anderen Hand hält er meine vorsichtig fest. Er schenkt mir ein lächeln und ich nicke leicht.

Gerade jetzt in diesem Moment bin ich meiner Mum dankbar, das sie mich und meine Schwestern zu den Tanzkursen für Gesellschaftstänze geschleppt hat, als wir alle 13 waren. Zum damaligen Zeitpunkt fand ich das schrecklich, aber in den letzten Jahren hat es sich schon mehrmals bezahlt gemacht…

Die Band spielt das nächste Lied und wir tanzen über den Rasen, ich lasse mich führen und fühle mich sicher in seinen Armen. Unsere Blicke treffen sich immer wieder und ich kann nicht aufhören zu lächeln. Mein Herz rast in meiner Brust und ich muss wirklich konzentrieren ihm nicht auf die Füße zu treten.

Mein Blick trifft den meiner Mum und sie lächelt vielsagend.

„Oh nein.“ Seufze ich leise.

„Was ist denn los? Bin ich dir auf den Fuß getreten?“ Niklas sieht mich verlegen an.

„Nein, nein…“ ich lächle „Du tanzt sehr gut, aber meine Mum hat uns gerade ins Visier genommen.“

„Ist das so schlimm?“ er grinst mich an.

„Nein, eigentlich nicht, dann unterlässt sie vielleicht endlich ihre Kuppelversuche.“ Ich zwinkere ihm zu „Ich muss ihr ja nicht sagen, dass zwischen uns nichts läuft.“

„Sicher?“ fragt er mit belegter Stimme und mein Herz setzt seinen Moment aus und ich sehe ihn fragend an. Seine Augen bekommen einen plötzlich einen traurigen Ausdruck, den ich nicht einordnen kann und er räuspert sich leicht „Du bist hinterhältig.“ Er sieht mich gespielt schockiert an und fängt sich wieder.

„Mag sein, aber so habe ich ein wenig Ruhe vor ihr.“ Lächle ich süffisant und versuche mich ebenfalls zu fangen.

„Oh la la.“ Er zieht mich enger zu sich „Dann wollen wir deiner Mum mal Stoff zum nachdenken geben.“

„Du bist so gut zu mir.“ Gebe ich grinsend zurück.

„Ich bin mir sicher, es wird sich eines Tages eine Gelegenheit zur Revanche ergeben.“ Er lässt mich eine Drehung vollführen und ich lande wieder in seinen Armen.

„Ich stehe in deiner Schuld.“ Ich sehe ihm in die Augen und sie blinzen mich schelmisch an.

’Oh ha Kate, sei vorsichtig… Am Ende verbrennst du dir noch die Finger.’ ermahne ich mich selber.

Als das nächste Lied beginnt macht er keine Anstalten mich los zu lassen und als ich sehe, wie sich Onkel Pat suchend umschaut, da bin ich ihm nicht böse, sondern genieße einen weiteren Tanz.

Tatsächlich tanzen wir fast den ganzen Abend zusammen und ich amüsiere mich so gut wie schon lange nicht mehr.

„Zeigst du mir eure Pferde?“ er reicht mir ein weiteres Glas Champagner und ich nicke leicht.

„Aber sicher.“ Ich nehme seine Hand, stelle das Glas, nachdem ich es geleert habe, wieder auf einer der Stehtische und ziehe ihn über die Koppel.

Er lässt meine Hand nicht wieder los und als wir 10 Minuten später bei den Stallungen ankommen, da droht mein Herz aus der Brust zu springen…

Noch niemals hat mich ein Mann so aus der Fassung gebracht.

„Da sind wir.“ Wir betreten den Stall und Prince schnaubt als er mich sieht.

„Hey mein Schöner.“ Ich streiche dem schwarzen Hengst über die Nüstern und sie blähen sich leicht auf. „Das ist Prince.“ Stelle ich Niklas meinen Schönen vor und er streichelt ihn vorsichtig.

„Er ist wirklich wunderschön.“ Sagt er ein wenig traurig.

„Was ist denn?“ ich sehe ihn fragend an.

„Seitdem ich vor 8 Jahren nach Finnland gegangen bin, schaffe ich es nicht mehr zu reiten…“ er holt eine Karotte aus einer Kiste neben Prince seiner Box und gibt sie ihm „Ich glaube, es fehlt mir.“ Gibt er zu.

„Wenn man etwas liebt, dann muss man sich die Zeit dafür nehmen…“ ich sehe zu Prince „Ich reite viel zu selten aus, aber ich kann mir nicht vorstellen, ganz darauf zu verzichten.“

„Weißt du eigentlich, wie wunderschön und klug du bist.“ Niklas sieht mich lächelnd an und ich tue als müsse ich nachdenken.

„Ja.“ Sage ich schließlich und er lacht leise.

Die Luft zwischen uns knistert beinahe und ich wünsche mir nichts sehnlicher, als das er mich jetzt in den Arm nimmt und küsst.

Dann macht er einen Schritt auf mich zu, hebt seine Hand und streicht mir über die Wange. Ich schließe meine Augen und hoffe auf den Kuss…

Aber er küsst mich nicht, er lässt seine Hand sinken und schließt nur gequält seine Augen.

„Wir sollten zurück.“ Sagt er leise und hält mir seine Hand hin.

„Okay.“ Flüstere ich und wir gehen schweigend wieder zurück.

Ich bin verwirrt, dieser Mann sendet so unterschiedliche Signale, das ich ihnen gar nicht richtig folgen kann.

„Kate, ich muss dir etwas sagen…“ setzt er an, nachdem wir angekommen sind und ich uns neuen Champagner geholt habe.

„Mr. Reynolds…“ ein imposant aussehender Mann taucht hinter Niklas auf.

„Klaus, ich habe sie angewiesen mich heute nicht zu stören.“ Niklas sieht ihn böse an.

„Es tut mir leid Mr. Reynolds, aber Miss Lindholm hat angerufen. Sie sagt, es ist dringend und ihre Anwesenheit ist unumgänglich.“ Erklärt er ihm eindringlich.

„Warum?“ er sieht ihn immer noch böse an.

Es ist mehr wie offensichtlich, dass ihm das ganz und gar nicht gefällt.

„Sie wollte mir keine weiteren Auskünfte geben.“ Er reicht ihm ein Handy.

„Entschuldigst du mich kurz?“ er sieht mich bittend an und ich nicke.

„Aber sicher.“ Ich bin zugegebener Maßen immer mehr verwirrt von ihm.

Was macht er noch mal beruflich?

Anwalt, oder?

Ein paar Minuten später kommt er zurück.

„Es tut mir leid Kate, aber ich muss sofort los.“ Er sieht mich entschuldigend an.

„Du bist doch Anwalt, oder?“ ich sehe ihn fragend an.

„Klaus, sagen sie der Flugcrew, sie sollen den Jet startklar machen und warten sie bitte im Wagen auf mich.“ Er sieht zu ihm und Klaus nickt ihm zu, ehe er geht.

„Begleitest du mich zu meinem Wagen?“ er sieht mich bittend an.

„Hmm.“ Ich nicke unsicher und folge ihm langsam.

„Niklas? Was ist hier los?“ ich bleibe vor dem Haus stehen und sehe ihn an.

Er fährt sich durch die Haare und nimmt meine Hand.

„Hör zu Kate…“ setzt er an und atmet tief durch „Miss Lindholm ist meine Verlobte Matilda. Ich arbeite für ihren Dad, ihm gehören mehrere große Firmen und ich habe mir eine sehr exklusive Kanzlei aufgebaut. Ich muss los.“

„Du hast deine eigene Kanzlei? Und die ist so gut, dass du einen eigenen Jet hast? ...“ ich sehe ihn verständnislos an „Und du bist verlobt?“

Ich weiß nicht, was mich mehr schockiert…

Doch ich weiß es, aber ich würde es nie zugeben.

„Ja, die Kanzlei gehört mir und ich bin ziemlich gut in dem was ich tue. Und ja, Matilda ist meine Verlobte.“ Er sieht mich abwartend an.

„Aber…“ setze ich an.

Aber was?

Ganz ehrlich, dazu fällt mir rein gar nichts ein…

„Es tut mir leid Kate…“ er sieht mich kurz an. Ich kann sehen wie er mit sich kämpft und ich merke auch, wie mir Tränen der Enttäuschung in den Augen stehen.

„Bitte Katie…“ sagt er mit samtiger Stimme.

„Nenn mich nicht Katie…“ wehre ich mich halbherzig und will zurück gehen.

Doch er hält mich sanft am Arm fest, legt seine Hand auf meine Wange und beugt sich vor. Ganz zart berühren seine Lippen die meinen und ich seufze leise.

Es ist besser als ich es mir vorgestellt habe, seine Lippen scheinen perfekt auf meine zu passen und in meinem Bauch breitet sich ein warmes, kribbelndes Gefühl aus.

Er drückt mich mit der anderen Hand an sich und ich umschlinge mit meinen Armen seinen Nacken.

Ganz zaghaft verlangt seine Zunge Einlass und ich lasse sie gewähren. Ganz vorsichtig und sanft spielen unsere Zungen mit einander und ich wünsche mir, dieser Augenblick und dieser Kuss würden nie enden.

Aber sie enden…

Er lässt mich los und ich sehe ihn atemlos und mit Tränen in den Augen an.

Mein Herz schlägt so heftig in meiner Brust, wie ich es noch nie erlebt habe.

„Ich wollte es dir nicht so sagen.“ Er legt seine Hände auf meine Wangen und seine Daumen streicheln sie leicht „Glaub mir, es tut mir leid. Matilda und du, das ist als würde man Feuer und Wasser mit einander vergleichen.“ Damit macht er sich von mir los und läuft zu einem großen, schwarzen Geländewagen der unten an der Straße steht.

„Alles Okay Katie?“ plötzlich steht Danny hinter mir.

„Nein.“ Gebe ich zurück. „Niklas hat eine Kanzlei, die so gut  läuft, dass er einen Chauffeur und einen Jet hat und vor allen Dingen ist er verlobt?“ ich sehe ihn abwartend an.

„Ja, wusstest du das nicht?“ fragt er erstaunt.

„Nein, bis vor ein paar Minuten wusste ich weder etwas von dem Einen, noch etwas von dem Anderen.“ Gebe ich zurück.

„Ich dachte, er hätte es dir gesagt.“ Gibt er zu.

„Nein, er hat mich im Dunklen tappen lassen und mich glauben gemacht, er wäre ein ganz normaler Kerl.“ Erwidere ich plötzlich gereizt.

’Warum stört mich das so?’

Ganz einfach, ich habe wirklich angefangen mich in ihn zu verlieben und jetzt das…

„Er ist ein ganz normaler Kerl…“ verteidigt Danny ihn und ich werfe ihm einen vielsagenden Blick zu „Okay Katie…“ er hebt die Hände „… mal abgesehen davon, dass er echt viel Geld hat und ja, er hat auch eine Verlobte, von der ich nichts, aber auch rein gar nichts halte… Wenn du das alles weg lässt, dann ist er immer noch der ganz normale Kerl aus Ballina.“

„Ein bisschen viel drum herum, um es einfach weg zu lassen, findest du nicht?“ ich sehe ihn an.

„Katie bitte.“ Setzt Danny an.

„Nein Daniel…“ fahre ich dazwischen, wenn ich ihn schon Daniel nenne, dann müsste ihm die Tragweite des Ganzen eigentlich bewusst sein. „Wieso mache ich mir darüber Gedanken? Ganz ehrlich…“ ich gehe wieder in Richtung Garten „… So toll ist er nicht.“ Fahre ich fort „Und es wäre besser für dich, wenn das hier unter uns bleibt. Meine Schwestern und meine Mum müssen sich nicht noch auf meine Kosten amüsieren. Ich fass es nicht…“ Ich sehe ihn an.

„Klar.“ Erwidert er leise und ich gehe wieder zu dem anderen.

Kaum das ich wieder im Garten bin, kommt auch schon meine Mum zu mir.

„Wo ist denn Niklas hin verschwunden?“ sie sieht sich fragend um.

„Er muss zurück nach Helsinki zu seiner Verlobten.“ erwidere ich knapp „Oh Onkel Pat, wir hatten heute ja noch gar nicht die Gelegenheit mit einander zu tanzen.“ Ich schnappe mir meinen verwirrt aussehenden Onkel und entkomme so meiner Mum.

Vorerst…

Gegen 1 Uhr verabschiede ich mich schnell und winke nur kurz in die Runde. Ich will jetzt keine Rechenschaft ablegen, vor allen Dingen nicht, wenn in meinem Kopf so ein heilloses Durcheinander herrscht...

Da ich nur 4 Gläser Champagner getrunken habe und seit 23 Uhr gar nichts mehr, entschließe ich mich selber zu fahren.

Ich will mein Auto hier nicht stehen lassen, denn dann müsste ich morgen wieder kommen, ich sehe meine Schwestern und meine Eltern am Sonntag in der Kirche, erst dann werden Ella und John wieder nach Dublin fahren und Rachel und Eric nach Wexford.

Ich werde sie also alle noch einmal sehen und bis dahin möchte ich unliebsamen Fragen aus dem Weg gehen.

Kaum sitze ich in meinem Wagen und mache mich auf den Weg nach Hause, da muss ich an Niklas denken.

Warum verletzt es mich so, dass er nicht ehrlich war?

Mal ehrlich, würde ich jemandem, den ich erst ein paar Stunden kenne, auf die Nase binden, dass ich wirklich richtig gut verdiene?

Wahrscheinlich nicht…

Aber dass ich in einer Beziehung bin, das würde ich erwähnen!

Ganz sicher!

Und das ich verlobt bin?

100%ig!

So etwas macht man nicht…

Ich bin so enttäuscht und dieser verdammte Kuss geht mir nicht aus dem Kopf.

Am meisten die Tatsache, dass ich ihn wirklich genossen habe und seine Lippen immer noch auf meinen spüren kann…

Was denkt er sich eigentlich?

Mir wird bewusst, dass ich nicht dabei war mich in ihn zu verlieben, sondern dass das schon längst geschehen ist…

Das macht es nicht einfacher, nein im Gegenteil, ich ärgere mich noch mehr über mich selbst.

Als ich vor meinem Appartementhaus parke, knalle ich Türen meines Wagens heftig zu und stapfe wütend ins Haus, um mit dem Fahrstuhl in den 4. Stock fahren.

’Verdammt Kate O’Sullivan… schlag ihn dir aus dem Kopf!’  schreit die, sonst so leise Stimme, meiner Vernunft.

Ich schließe die Tür zu meinem Loft auf und betrete den großzügigen Raum, der nur hier und da durch eine Wand unterbrochen wird.

Alles in allem ist es sehr offen gehalten. Riesige Fensterfronten und eine beeindruckende Raumhöhe machen es zu meinem perfekten Appartement.

An der linken Wand erstreckt sich die Küchenzeile und davor ein Tresen, als ich mir das Loft ausgesucht habe da habe ich die mit weißen Klavierlack versehenden Fronten und somit die ganze Küche übernommen. Sie ist mit allem Schnick Schnack ausgestattet, aber wie schon erwähnt, ich bin keine Meisterköchin und habe dementsprechend meine Küche noch nicht in ihrem ganzen Ausmaß genutzt. Zu meiner Rechten befindet sich der Wohnbereich, eine riesige schwarze Ledercouch steht quasi mitten im Raum, davor ein großer Fernseher und ganz in der Ecke mein Arbeitsplatz, ein einfacher Schreibtisch und mehrere Bücherregale. Hinten neben der Küche ist das Bad, ein einfacher abgetrennter Raum mit einer Badewanne, einer separaten Dusche und alles was man eben so braucht, auch hier ist alles in schwarz-weiß gehalten, der Vormieter stand anscheinend auf diese zeitlose Farbkombination. Dahinter kommt das Schlafzimmer mit einem wirklich beeindruckenden Blick über Waterford, zum Glück sind die Scheiben von außen verspiegelt, sonst würde ich mich bei jedem meiner Schritte beobachtet fühlen. Die Tür zum Bad und zum Schlafzimmer sind neben der Eingangstür die einzigen Türen und ich mag es so am Liebsten. In der Ecke vor dem Schlafzimmer steht mein weißer Flügel, ich habe ihn zu meinem 16. Geburtstag bekommen, ein Steinmayer und bisher musste er jeden meiner Umzüge mitmachen und hat sie auch ohne jegliche Schäden überstanden.

Ich ziehe mein Kleid aus, schlüpfe in ein altes T-Shirt und krieche unter meine Bettdecke. Manchmal komme ich mir in meinem riesigen Bett etwas verloren vor und besonders heute, wo ich nicht aufhören kann an Niklas und seine himmelblauen Augen zu denken.

’Du wirst ihn wahrscheinlich nie wieder sehen… Okay, vielleicht zu Avas und Dannys Hochzeit… aber dann nie wieder!’ rede ich mir gut zu und schlafe irgendwann erschöpft an.

Ich bin wirklich froh, dass ich keinen Wochenenddienst habe, ich könnte mich eh nicht konzentrieren und das ist Gift bei meiner Arbeit.

Ich muss immer voll da sein, es geht gar nicht anders.

Den Samstag verbringe ich damit, mir medizinische Fachzeitschriften durch zu lesen und mir Notizen zu machen, ich habe gerade erst angefangen und muss mich noch vor meinen Kollegen und Kolleginnen beweisen. Ich kann mir keine Fehler erlauben...

Das lenkt mich wenigstens von Niklas ab…

Gut so.

Ich kann in meinem Leben im Moment keinen Mann gebrauchen.

Und schon gar keinen, der an jedem Finger 10 Frauen haben kann und dazu auch noch verlobt ist.

Ich habe meine Erfahrungen mit untreuen Machos zu Genüge gemacht und bin nicht auf eine Wiederholung scharf, außerdem halte ich absolut nichts davon mich in eine Beziehung zu drängen, dafür bin ich überhaupt nicht der Typ…

Gegen Abend lege ich meine Bücher beiseite und starre auf die Skyline Waterfords und betrachte die wunderbare Natur um Waterford herum, ich kann bei gutem Wetter fast 20 Kilometer weit übers Land schauen und kann all die wunderschönen Grünfacetten in mich aufnehmen.

Und wieder kommen meine Gedanken bei ihm an…

Warum er?

Warum musste ich mein Herz an ihn verlieren?

Ich kann nur versuchen ihn zu vergessen.

Mehr kann ich nicht tun und das wird mit Sicherheit schwerer wie man meinen sollte.

Ich bin wirklich niemand, der sein Herz mal eben so verschenkt.

Ich hatte in meinem bisherigen Leben ganze zwei ernsthafte Beziehungen und die Letzte liegt schon 3 Jahre zurück. Ich erinnere mich nicht gerne daran, denn damals habe ich auf die harte Tour lernen müssen, das Männer auch Schweine sein können…

Zum Abendessen bestelle ich mir etwas bei meinem Lieblingschinesen und liege um kurz nach 10 Uhr satt und zufrieden auf meiner Couch. Ich angle den Glückkeks aus der Tüte und zerbrösele ihn.

>> Etwas Unerwartetes tritt in ihr Leben und wird es bereichern. <<

Gott, kann man die Schreiberlinge dieser Kekse verklagen?

Ich lasse frustriert den Zettel fallen und rolle mich auf meiner Couch zusammen um mir die aktuelle Folge einer Spielshow anzusehen.

Richtig was mitbekommen tue ich aber nicht, meine Gedanken kreisen um ihn und ich hasse mich wirklich dafür…

Mitten in der Nacht wache ich auf und eine Dauerwerbesendung für irgendein revolutionäres Küchengerät läuft. Ich strecke mich und schalte den Fernseher aus, dann gehe ich in mein Schlafzimmer und stelle meinen Wecker. Ich schlafe zum Glück gleich wieder ein und als mein Wecker klingelt strecke ich mich gähnend.

Warum fangen Gottesdienste auf einen Sonntag immer so früh an?

Ein Blick aus dem Fenster sagt mir, das ich mir wohl heute etwas langes anziehen muss, denn dunkle Wolken hängen über der Stadt.

Ich seufze tief, soll der Sommer jetzt endgültig vorbei sein?

Wir haben doch erst Ende August, aber das Wetter in Irland ist eben sehr launisch…

Wir waren alle mehr wie dankbar, das am Freitag so schönes Wetter war.

Ich gehe ins Bad und dusche schnell,  dann ich binde meine Haare oben am Hinterkopf zusammen und trage ein wenig Make up auf. Ohne sehe aus, als hätte ich gar nicht geschlafen und ich will niemandem Rechenschaft ablegen, warum ich nicht schlafen kann. Mit Make up geht es annähernd und selbst wenn nicht… Einmal soll sich meine Familie bitte zurück halten.

Und außerdem… Ich kann ja schlafen, nur ist es nicht sehr erholsam, wenn er mich selbst in meinen Träumen nicht in Ruhe lässt.

Ich ziehe mir eine Jeans und einen dünnen weißen Pullover an, im Flur schlüpfe ich in meine weißen Ballerinas und meine weiße Sweatjacke, dann ziehe ich auch schon die Tür hinter mir ins Schloss. Ich fahre viel zu schnell die 10 Minuten zur Brasscock Church und parke auf der gegenüberliegenden Straßenseite.

Als ich die Straße überquere kommt sofort Sophie zu mir gelaufen und ich wirbele sie herum.

„Katie!“ jubelt sie.

„Hey meine Süße!“ ich drücke sie an mich und nehme sie dann an die Hand, um zu den anderen zu gehen.

Alle nehmen mich in den Arm, aber großartig Zeit zum reden bleibt erst einmal nicht, denn es wird Zeit rein zu gehen und wir betreten die Kirche, die wie immer an einem Sonntag gut besucht ist.

„Du warst am Freitag so schnell weg.“ Mein Dad sieht mich skeptisch an.

„Ich war müde und wollte euch nicht stören.“ Ich lächle ihn an und hoffe, das er nicht bemerkt, wie falsch dieses lächeln ist.

„Okay Kleines.“ Er haucht mir einen Kuss auf die Stirn. „Ich weiß zwar, dass du lügst, aber du wirst schon deine Gründe haben.“ Flüstert er und sieht mich nachsichtig an.

Ich schenke ihm einen dankbaren Blick, nehme seine Hand und drücke sie kurz.

Wie kann ich auch nur eine Sekunde glauben, dass ich ihm etwas vormachen kann?

Dann lauschen wir der Predigt von Pater Michael und ich lehne mich zurück.

Ich bekomme nicht mit, worüber er da spricht… meine Gedanken kreisen mal wieder um Niklas und um die Tatsache, das er verlobt ist.

Warum hat er mich so im Dunklen tappen lassen?

Hat er es absichtlich getan?

Um mich bloß zu stellen?

Dann ist der Gottesdienst beendet und kaum das wir aufgestanden sind zieht mich meine Mum hinter sich her.

„Katie, ich möchte dir Joshua Finnegan, den Sohn einer guten Freundin vorstellen…“ sie schiebt mich zu einem jungen dunkelhaarigen Mann.

„Hallo.“ Ich strecke ihm perplex meine Hand hin.

„Es freut mich sehr, deine Mutter hat mir schon viel von dir erzählt.“ Er grinst mich an.

Er sieht nett aus. Durchschnittlich groß, dunkelbraune kurze Haare und grasgrüne Augen. Nicht sehr muskulös, aber auch nicht untrainiert. Er wirkt wirklich sympathisch…

„Ich würde gern das Selbe sagen, aber meine Mum hat dich bisher nicht erwähnt.“ Gebe ich zurück.

„Freut mich jedenfalls sehr, dich kennen zu lernen.“ Er strahlt mich an.

„Danke.“ Ich merke wie ich leicht rot werde und meiner Mum einen bösen Blick zuwerfe.

Joshua beugt sich zu mir „Sei ihr nicht böse, wenn du denkst deine Mum ist hinterlistig, dann kennst du meine noch nicht.“ Er zwinkert mir zu und ich lache leise.

„Ich lasse euch dann mal einen Moment allein. Du kommst dann später zu uns, nicht wahr Schätzchen?“ meine Mum sieht mich mit ihrem gekonntesten Augenaufschlag an.

„Aber sicher Mum.“ Zische ich und sie stolziert lächelnd davon.

„Wollen wir vor die Tür gehen?“ Joshua deutet nach draußen und ich nicke leicht.

Als wir auf die andere Straßenseite zu meinem Wagen gehen lacht er plötzlich los.

„Was?“ ich sehe ihn überrascht an.

„Dein Gesicht war echt Gold wert.“ Grinst er breit.

„Entschuldigung…“ ich lächle schief „…Aber ich glaube kaum, das deine Mum dich wie einen Sonderposten anbietet.“

„Oh, du kennst meine Mum nicht…“ er deutet auf eine Bank und wir setzen uns „Ich muss eines gleich klar stellen, auch wenn meine Mum mir dafür den Kopf abreißt und mich enterbt.“ Er atmet tief durch. „Versteh mich nicht falsch, du bist wirklich hübsch…“ er sieht mich an.

„Aber du hast eine Freundin und deine Mum weiß nichts davon?“ frage ich lächelnd.

„Nein, nein…“ er winkt ab „Sagen wir mal so, ich bin in einer streng katholischen Familie aufgewachsen, wir gehen jeden Sonntag in die Kirche und…“ er fährt sich durch seien kurzen Haare „Ich weiß nicht, warum ich dir das jetzt sage und ich habe nicht dir geringste Ahnung, ob du es für dich behalten kannst…“ er legt den Kopf schief „Aber ich bin nicht auf der Suche nach einer Freundin.“ Das –in in Freundin betont er extra und ich lache leise.

„Gott, meine Mum versucht mich allen Ernstes in einer Kirche…“ ich deute auf diese „… mit einem Mann zu verkuppeln, der nicht auf Frauen steht.“ Ich schüttele den Kopf und er lacht erleichtert.

„Du findest es nicht schlimm?“ fragt er nach. „Quatsch…“ ich winke ab „Wir leben im 21. Jahrhundert, es gibt jawohl Schlimmeres.“

„Ich wäre froh, wenn alle so reagieren würden.“ Gesteht er leise und wird plötzlich ernst.

„Wissen es deine Eltern nicht?“ frage ich vorsichtig nach.

„Nein, sonst hätte meine Mum ja wohl nicht versucht ihren Sonderposten bei deiner Mum anzubieten, oder?“ er zieht eine Augenbraue hoch.

„Pass auf….“ Mein Kopf arbeitet auf Hochtouren „Was hältst du von einem Deal?“ ich sehe ihn herausfordernd an.

„Schieß los.“ Lacht er.

„Wir gehen ab und zu aus. Ich finde dich sympathisch und Freunde kann man nie genug habe. Wir erzählen unseren Müttern, dass wir uns nett finden und wenn du meinst, es ist der richtige Zeitpunkt, dann erklärst du deinen Eltern was los ist. Typische Win - Win Situation. Du bist deine Mum los und ich meine, zu mindestens für eine Zeit.“ Ich grinse ihn an und er strahlt.

„Echt?“ fragt er erstaunt nach.

„Sicher doch.“ Ich nicke eifrig.

Meine Mum mal eine Zeit lang nicht im Nacken zu haben, kann ich im Moment ganz gut gebrauchen.

„Klingt gut…“ gibt er zu.

Ich halte ihm meine Hand hin.

„Deal.“ Grinsen wir beide und schlagen ein.

„Hast du am Freitagabend schon was vor?“ grinse ich „Ich habe Frühdienst und Kino wäre doch nett, oder?“

„Aber sicher.“ Er atmet tief durch und ich lehne mich zurück. „Was machst du eigentlich beruflich?“

„Ich bin Assistenzärztin am Waterford Regional. Und du?“ ich sehe ihn von der Seite an und merke wie entspannt er plötzlich ist.

„Ich bin Maler. Ganz bodenständig und versuche mich gerade Selbstständig zu machen.“ Er zwinkert mir zu.

„Echt?“ ich sehe ihn anerkennend an „Wow, Maler Joshua Finnegan, dann weiß ich ja, an wen ich mich wenden kann.“

„Josh…“ er zwinkert mir zu „Man, eine Ärztin und dann versucht deine Mum dich so zu verscherbeln?“ er lacht leise.

„Du hast nicht die geringste Ahnung.“ Winke ich ab.

„Oh doch…“ er nickt eifrig „… Meine Mum versucht es, seitdem mein großer Bruder verheiratet ist.“

„Hast du nur einen großen Bruder?“ ich sehe ihn fragend an.

„Ja, er heißt Sean. Und du?“ er legt seinen Kopf schief und ich lache los.

„Du beschwerst dich wegen einem Bruder? Ich habe drei große Schwestern, zwei verheiratet und eine seit gestern offiziell verlobt und alle haben sie Kinder.“ Ich sehe ihn an und er lacht nun auch.

„Du hast gewonnen.“ Gibt er zu.

„Vielen Dank.“ Ich nicke ihm zu.

„Also Josh, wir sehen uns Freitag. Ich werde mich jetzt auf den Weg in die Höhle des Löwen machen.“ Ich stehe auf und er tut es mir gleich.

„Bis dann und ich danke dir wirklich.“ Er nimmt mich in den Arm.

„Wir haben ja beide was davon.“ Ich zwinkere ihm zu und er drückt mir einen Kuss auf die Wange.

„Stimmt.“ Gibt er zu und winkt mir hinterher, als ich in meinen Wagen steige und mich auf den Weg zu meinen Eltern mache.

Als erstes nehmen mich die Kleinen in Beschlag und erst beim Mittag beginnt die Mum Inquisition…

„Und wie findest du Joshua?“ fragt sie zuckersüß und reicht mir die Kartoffeln.

„Er ist wirklich sehr nett, wir haben uns am Freitag verabredet. Wir werden ins Kino gehen.“ Erkläre ich ihr und sie nickt zufrieden.

„Ich wusste doch, das er was für dich ist, Rosie hat mir in den höchsten Tönen von ihrem jüngeren Sohn vorgeschwärmt.“ Freut sie sich und ich konzentriere mich auf mein Essen.

’Du hast keine Ahnung Mum.’ Ich schenke ihr ein kurzes lächeln.

Nach dem Essen verabschieden sich John und Ella und ich werde lange von Ella gedrückt.

„Stürz dich bloß nicht in irgendetwas, nur weil Mum es so will.“ Sagt sie leise.

„Wie gut kennst du mich?“ ich ziehe eine Augenbraue hoch.

„Gut genug meine Kleine.“ Sie gibt mir einen Kuss.

„Wir sehen uns bald.“ Ich lächle sie an und nun nimmt mich John in den Arm.

„Pass auf dich auf Kleines.“ Sagt er eindringlich.

Erst wollen sie mich alle los werden und an den nächstbesten Mann verkaufen und jetzt machen sie Sorgen?

Die soll einer verstehen…

Ich habe mich gerade in meine Reitsache geworfen, als sich Rachel und Eric verabschieden und auch die Beiden mahnen mich vorsichtig zu sein.

Echt jetzt?

Ich grinse du verspreche auf mich aufzupassen…

In den Stallungen setze ich mich auf den erstbesten Heuballen und atme tief durch.

Auf der einen Seite fühle ich mich nicht wohl dabei meine Familie hinters Licht zu führen, aber auf der anderen Seite belüge ich sie nicht einmal wirklich. Denn ich finde Joshua nett und ich denke, wir haben wirklich gute Chancen Freunde zu werden.

Ich nicke zufrieden und sattele dann Prince. Es ist atemberaubend mit ihm über die Felder zu fliegen und ich genieße es in vollen Zügen. Als ich wieder zurück ins Haus komme, stelle ich erstaunt fest, das Ava, Danny, Danielle und Nana noch da sind.

„Ich dachte, ihr wolltet auch los?“ ich lasse mich neben meine Nana auf die Couch plumpsen.

„Wir haben uns verquatscht.“ Gibt Dany zu. „Wir arbeiten gerade an einem großen Fall.“

„Na dann, ich gehe schnell duschen und dann seid ihr mich los.“ Ich grinse in die Runde, stehe auf und genehmige mir eine heiße Dusche. Ich bin gerade fertig mit anziehen, als meine Nana herein kommt.

„Was ist los meine Kleine?“ sie setzt sich auf mein altes Bett und klopft neben sich.

„Was soll sein Nana?“ ich setze mich zu ihr und sie sieht mich durchdringend an. „Du kannst mir nichts vormachen meine Kleine…“ sie nimmt sanft meine Hand „… Dich beschäftigt etwas. Ich bin es, komm schon Kleines, was ist los?“

„Es ist kompliziert…“ gebe ich zu. Es stimmt, meine Nana kennt mich besser wie jeder andere und ich kann mich noch so gut verstellen, sie durchschaut mich.

„Erzähl es mir, vielleicht hilft es dir.“ Sie streicht mir eine Strähne, meines noch feuchten Haares hinter das Ohr.

„Ich weiß selber nicht, was ich denken soll…“ ich seufze tief.

„Es geht um diesen Jungen, diesen Cousin von Daniel.“ Sie betrachtet mich eingehend und ich nicke zaghaft.

„Nana, er heißt Niklas, er ist verlobt und er hat es mir nicht gesagt.“ Ich schließe gequält meine Augen.

„Du mochtest ihn, oder? Ich habe gesehen, wie du ihn angeschaut hast.“ Sie streicht über meine Wange.

„Ja Nana, ich mochte ihn wirklich, ich denke, ich habe mich ein wenig in ihn verliebt…“ gestehe ich.

„Und was ist mit dem Finnegan Jungen?“ sie hält meine eine Hand fest umschlungen und drückt sie leicht.

„Er ist nett, ich denke, wir werden wirklich Freunde und wenn es uns hilft uns unsere Mütter vom Hals zu halten, dann gehen wir aus…“ ich werfe ihr einen unsicheren Blick zu.

„Hey Kleines, ich bin auf deiner Seite…“ sie lächelt und ich kann nicht anders, als wie es zu erwidern „… Aber bitte…“ sie seufzt leise „… Wenn dieser Niklas derjenige ist, in du dich verliebt hast…“

„Nana, er ist verlobt und wohnt in Helsinki. Du kennst mich gut genug um zu wissen, das ich mich weder in eine Beziehung dränge, noch an so etwas wie Fernbeziehungen glaube.“ Erkläre ich ihr.

„Ich weiß meine Kleine.“ Sie nickt verständnisvoll „Aber weiß dein Herz das auch?“

„Ach Nana.“ Ich lege meinen Kopf an ihre Schulter und sie streicht mir übers Haar.

„Wir sollten wieder runter.“ Sagt sie liebevoll nach ein paar Minuten.

„Ja.“ Ich stehe auf und helfe ihr von dem Bett aufzustehen.

Ich ziehe mir meine Ballerinas an und folge ihr die Treppe runter.

„Was habt ihr denn da oben  gemacht?“ Danny hilft Ava gerade in ihre Jacke und sieht mich und Nana kopfschüttelnd an.

„Ach du kennst uns doch.“ Winkt Nana ab und er lacht leise.

„Wollt ihr jetzt los?“ ich nehme Danielle, die auf mich zu gelaufen kommt, auf den Arm.

„Ja, ich muss ja morgen wieder in den Kindergarten.“ Sie zieht eine Schnute.

„Mach dir nichts draus Süße, ich muss auch arbeiten.“ Ich drücke ihr einen Kuss auf die Wange und setzte sie wieder ab.

„Machs gut Katie!“ Ava drückt mich an sich.

„Du auch. Sehen wir uns Mittwoch zum Lunch?“ ich sehe sie fragend an.

„Ich muss meinen Chef fragen, ob ich meine Mittagspause etwas überziehen darf.“ Sie zwinkert mir zu.

„Dad? Ava kommt am Mittwoch etwas später von ihrer Mittagpause.“ Rufe ich meinem Dad zu.

„Alles klar.“ Er reckt seinen Daumen in die Höhe.

„Super, dann um 12:30 Uhr im Fido’s.“ ich drücke Ava einen letzten Kuss auf die Wange.

„Bis dann.“ Sie winkt unseren Eltern zu und nun nimmt mich Danny in den Arm.

„Pass auf dich auf Katie…“ er sieht mich an und ich schenke ihm ein schiefes grinsen „… Das mit Nik tut mir leid.“ Fügt er hinzu.

„Erwähne ihn bitte nicht mehr.“ Bitte ich ihn eindringlich, denn schon bei der bloßen Erwähnung seines Namens bekomme ich ein kribbeln im Bauch das sofort von einem mulmigen Gefühl abgelöst wird…

Ich verabschiede mich ein paar Minuten nach Ava und Danny und bringe meine Nana zu sich nach Hause, völlig geschafft falle ich kurz nach 22 Uhr ins Bett und der Wecker reißt mich aus meinen Träumen.

Ich habe das Gefühl gerade kurz meine Augen zu gemacht zu haben und ich fühle mich wie gerädert.

Als ich in der Klinik ankomme und meine Arbeitssachen anziehe, da stelle ich die private Kate auf Stand - by und konzentriere mich auf meinen Job, auf meine Patienten und darauf keinen Fehler zu machen.

Meine Kollegen zufrieden mit mir und ich komme langsam aber wirklich gut voran. Vorletzte Woche habe ich meine Doktorarbeit abgeschickt und am Dienstagabend bekomme ich bescheinigt, dass ich meine Approbation auf Probe bekomme. Wenn ich das Assistenzjahr überstehe, dann gilt sie als voll bestätigt, aber ich darf mich jetzt schon Dr. Kate O’Sullivan nennen…

Am Mittwoch treffe ich mich wie verabredet mit Ava im Fido’s, kaum das ich das kleine italienische Restaurant betrete springt sie auf.

Ich gehe lächelnd zum Tisch und sie nimmt mich in den Arm.

„Ich habe das mit deiner Doktorarbeit gehört…“ sie strahlt mich an „Ich bin unheimlich stolz auf dich.“ Ein dicker Kuss landet auf meiner Wange.

„Ich danke dir Ava.“ Ich erwidere ihr strahlen und wir setzen uns.

Eine Weile erzählt sie mir, was in der Kanzlei so los ist, aber ich merke, das sie etwas ganz anderes auf der Seele hat.

„Hör’ auf um den heißen Brei herum zu reden…“ ich stecke mir eine Gabel mit köstlichen Fettucino in den Mund und sehe sie prüfend an.

„Es geht um dich und Nik…“ beginnt sie.

„und hiermit ist das auch schon beendet.“ Unterbreche ich sie.

„Katie bitte.“ Versucht sie es erneut.

„Nein Ava, ich habe Daniel gebeten sich daraus zu halten und dich bitte ich auch darum. Ich will seinen Namen nicht mehr hören.“ Mein Tonfall klingt eisig und sie zuckt leicht zusammen. „Ava…“ sage ich in einem etwas versöhnlicheren Tonfall „… Ihr macht euch Sorgen. Schön und gut, aber ich will das nicht. Ich konzentriere mich auf Josh und mich. Ich will Niklas vergessen.“ Erkläre ich ihr.

Wollen ist ja schön und gut, aber ich kann ihn einfach nicht vergessen. Ich kann den Mann, der mich dazu gebracht hat mich in ein paar Stunden Hals über Kopf in ihn zu verlieben, einfach nicht vergessen…

„Okay.“ Erwidert sie nach ein paar Sekunden „Habt ihr denn Lust irgendwann Mal am Wochenende vorbei zu kommen? Ich meine, Danny und ich wollen deinen Josh auch kennen lernen.“ Sie zwinkert mir zu und da ist sie wieder, meine große Beschützerschwester.

„Gerne, ich spreche mit Josh.“ Verspreche ich ihr.

„Geh es langsam mit ihm an. Stürz dich nicht in irgendetwas, was du später bereuen könntest.“ Sie nimmt meine Hand und drückt sie leicht.

„Tue ich nicht Ava, versprochen.“ Versichere ich ihr.

Ich fühle mich nicht wohl Ava anzuschwindeln, aber Josh und ich haben einen Deal und im Moment kann der nur funktionieren, wenn ich alle davon überzeugen kann, dass wir auf dem besten Wege sind ein Paar zu werden.

Am Freitag klingelt es und ich gehe zur Tür. Josh und ich wollen ja ins Kino und er bestand darauf mich abzuholen.

„Hallo!“ ich nehme ihn in den Arm und bitte ihn herein.

„Schön dich zu sehen.“ Er küsst meine Wange. „Wow, da nenn ich mal eine Wohnung.“ Er sieht sich staunend um.

„Willst du was trinken? Ich meine, der Film fängt erst in knapp 2 Stunden an.“ ich sehe ihn fragend an.

„Gerne.“ Er nimmt auf der Couch Platz und ich hole uns Beiden ein Bier aus dem Kühlschrank.

Ich reiche ihm eins und setze mich zu ihm.

„Hör’ zu Kate, wenn du das hier nicht durchziehen willst, das ist das in Ordnung.“ Beginnt er, doch ich winke ab.

„Hätte ich es nicht gewollt, dann hätte ich es nicht angeboten.“ Erkläre ich ihm und halte meine Flasche hoch.

„Danke.“ Er stößt erleichtert an.

„Wir müssen uns nur einig sein, wie lange wir das hier durchziehen wollen. Irgendwann wirst du es sagen müssen.“ Gebe ich zu bedenken.

„Ja, ich weiß…“ er seufzt tief „Ich habe einfach Angst davor, wie meine Familie reagiert.“

„Ich kann es verstehen, aber ehrlich Josh…“ ich nehme seine Hand „Sie lieben dich. Glaubst du der Umstand, das du auf Männer stehst, ändert das?“

„Und genau das weiß ich nicht.“ Er fährt sich durch die Haare.

„Okay, genug ernste Themen für heute.“ Lenke ich ein.

Wir erzählen und ein wenig von uns und Josh wird mir immer sympathischer.

Kaum zu glauben, das Josh und ich jetzt schon seit über 3 Monaten das perfekte Paar spielen und es uns alle abnehmen. Selbst Ava, Ella und Rachel, die sonst gut darin sind mich zu durchschauen, kommen nicht dahinter…

So langsam beginne ich mich schlecht zu fühlen deswegen, aber ich schiebe es beiseite. Josh ist zu meinem besten Freund geworden und ich will, dass er für sich den richtigen Zeitpunkt findet alles aufzuklären, erst dann mache ich reinen Tisch. Anders herum wäre es einfach unfair.

Ich genieße die Zeit die wir zusammen verbringen, er hört mir geduldig zu, wenn ich meine Probleme und verworrenen Gedanken einfach Mal los werden will. Natürlich ist er im Bilde, was mich und mein gebrochenes Herz wegen Niklas angeht. Er trocknet Tränen und redet mir gut zu, dass irgendwann alles wieder gut wird.

Seinen Glauben möchte ich haben, denn Niklas geistert immer noch in meinem Kopf herum und mein Herz wird bei dem bloßen Gedanken an ihn schwer…

„Kate Telefon!“ Schwester Joan reicht mir das Telefon, es ist Montagnachmittag und es ist verhältnisweise ruhig auf Station.

„Dr. Kate O’Sullivan.“ Melde ich mich verwirrt.

„Hey Baby!“ meldet sich die fröhliche Stimme von Josh.

„Hey Großer! Warum rufst du mich nicht übers Handy an?“ lache ich.

„Würde ich gerne, aber das hast du gestern Abend bei mir liegen gelassen. John hat vor einer halben Stunde angerufen, die Kleine ist da.“ Erklärt er mir und ich jubele leise.

„Endlich, Ella war ja schon eine Woche drüber.“ Freue ich mich.

„Ja, die kleine Olivia O’Sullivan empfängt ab morgen Nachmittag Gäste und er hat mich gefragt, ob wir Beide vorbei kommen.“ Erklärt er mir weiter.

„Klingt super oder hast du Aufträge?“ ich lehne mich mit dem Rücken gegen den Tresen, so habe ich den Überblick und kann das Gespräch beenden, wenn es notwendig sein sollte.

„Nein, ich habe nichts. Ich hole dich dann um 11 Uhr ab.“ Holt mich Josh aus meinen Gedanken.

„Alles klar, bis dann.“ Damit lege ich auf und sehe Joan dankbar an.

„Na, gute Neuigkeiten?“ rät sie und ich strahle.

„Ich bin heute zum fünften Mal Tante geworden.“ Erkläre ich mit stolz geschwellter Brust.

„Wow, herzlichen Glückwunsch. Junge oder Mädchen?“ Joan lächelt mich anerkennend an.

„Mädchen, auch das Fünfte.“ Ich zwinkere ihr zu.

Dann kommt mein Kollege George und winkt mich zu sich.

„Bereit für eine OP am offenen Herzen?“ er sieht mich fragend an.

„Immer.“ Erwidere ich aufgeregt und wir gehen in Richtung OP.

Deshalb habe ich mich für die Chirurgie entschieden, man weiß einfach nicht, was einen erwartet. Mal sind ganze Tage nur mit geplanten OPs ausgefüllt und dann gibt es Tage, an den all das Planen völlig umsonst ist.

Das Waterford Regional ist das größte in einem Umkreis von fast 100 Kilometern und dementsprechend Anlaufstelle für alles.

Ich komme erst spät nach Hause, mal wieder habe ich meinen Dienst um 2 Stunden überzogen, aber augenscheinlich gehört das zum Schicksal einer Assistenzärztin.

Ich warte schon vor dem Haus, als Josh am nächsten Tag kommt und wir fahren zu John und Ella. Ella wurde heute Morgen schon entlassen und so fahren wir zu ihrem Haus im Randgebiet von Dublin. Gegen 15 Uhr parken wir davor und ich nehme die Blumen und den Teddybären vom Rücksitz, welche wir noch auf dem Weg gekauft haben.

Ich brauche nicht zu klingeln, denn John öffnet mir schon die Tür ehe ich die Tür erreicht habe.

„Tante Katie!“ Sophie und Fiona stürmen an ihrem Dad vorbei und ich fange beide auf.

„Na, wie ist es eine kleine Schwester zu haben?“ ich strahle beide an.

„Langweilig.“ Sophie erwidert meinen Enthusiasmus nicht im Entferntesten.

„Ja wirklich Katie, sie schläft nur.“ Stimmt ihr Fiona zu.

„Dürfen wir sie uns denn jetzt anschauen?“ ich lege meinen Kopf schief.

„Ja klar… Komm Josh!“ Sophie nimmt Josh an die Hand und zieht ihn ins Haus, er schafft es gerade noch John kurz Hallo zu sagen. Die Kleinen lieben Josh und haben ihn schon nach dem ersten gemeinsamen Treffen um den Finger gewickelt.

„Hey Katie!“ John drückt mich an sich.

„Ich gratuliere euch und jetzt will ich Olivia sehen.“ Ich drücke ihm einen Kuss auf die Wange und gebe ihm die Blumen.

„Oh, Blumen für mich?“ er lacht leise.

„Die sind für deine Frau…“ ich hänge meine Jacke auf „Blödmann.“ Schimpfe ich leise und er lacht auf.

Dann gehe ich die Treppe hoch und ins Schlafzimmer. Ella liegt im Bett und hat Olivia auf dem Arm, während Sophie und Fiona Josh stolz die Kleine präsentieren.

„Hey große Schwester.“ Sage ich leise und Ella strahlt mich an.

„Hey kleine Schwester…“ sie winkt mich zu sich „Hier ist deine Nichte Olivia.“ Sie legt sie mir in den Arm.

„Wahnsinn, ist die klein.“ Ich betrachte das kleine schlafende Bündel Mensch auf meinen Arm und Josh schaut mir über die Schulter.

„Steht dir.“ Haucht er mir ins Ohr und küsst mich auf die Wange.

„Spinner.“ Erwidere ich leise.

Erst gegen Abend brechen wir wieder auf und ich verspreche bald wieder zu kommen. Olivia ist ein Traumbaby, absolut pflegeleicht und sie hat den Schlaf ihres Dads, sie lässt sich durch absolut nichts aus der Ruhe bringen…

An meinen nächsten freien Wochenenden fahren Josh und ich immer abwechselnd mal zu seiner und mal zu meiner Familie.

Unsere Mütter lassen uns in Ruhe und wir genießen unsere so gewonnenen neuen Freiheiten…

Ehe ich mich versehe, steht auch schon Weihnachten vor der Tür und meine Schwestern haben tatsächlich alle beschlossen mit ihren Familien zu feiern und erst zu Silvester bei unseren Eltern einzufallen.

Aber für mich heißt das, Heilig Abend Dienst und dann zu meinen Eltern, am ersten Feiertag zu Ella und John nach Dublin, am zweiten Feiertag zu Rachel und Eric nach Wexford und einen dritten Feiertag erfinden, an dem ich dann bei Ava und Danny bin.

Ach ja und zwischendurch noch mit Josh bei seiner Familie einfallen und einen guten Eindruck hinterlassen…

Die Tage werden stressig, aber das Lachen der Kleinen und die glücklichen und entspannten Gesichter meiner Schwestern sind alle Strapazen wert.

Die Tage zwischen Weihnachten und Silvester habe ich Dienst und ich bekomme das erste Mal die Leitung über meine Schicht. Ich bin aufgeregt, aber ich bekomme alles hin und mein Oberarzt ist mehr wie zufrieden mit mir.

Am 31. Dezember habe ich bis 13 Uhr Dienst und fahre dann zu Josh, er begleitet mich zur Silvesterparty bei meinen Eltern und ich habe mein Kleid vor zwei Tagen bei ihm vorbei gebracht. Ansonsten hätte ich es vergessen und hätte in meinen Dienstsachen hin gemusst, denn die letzten beiden Tage hatte ich jeweils 15 Stunden Dienst, da fast alle meine Kollegen ihren Winterurlaub genießen…

Kaum das ich auf die Klingel gedrückt habe, öffnet er mir schon strahlend die Tür.

„Hey Baby!“ er drückt mich an sich.

„Hey Großer.“ Lache ich und lasse mich von ihm in seine Wohnung ziehen.

„Wie war es heute?“ er sieht mich fragend an.

„Stressig.“ Gebe ich zurück „Silvesterknaller gehören verboten.“ Ich nehme mir ein Wasser aus seinem Kühlschrank und lasse mich auf die Couch fallen.

„So schlimm?“ er setzt sich zu mir und beginnt meinen Nacken zu massieren. „Schlimmer.“ Ich schließe meine Augen und lehne mich gegen ihn.

Eins muss ich meiner Mum trotz allem lassen, was Männer angeht hat sie einen wirklich guten Geschmack.

Josh ist mein bester Freund, meine Alibibeziehung und der liebste Mensch der Welt.

Ich denke immer noch zu meinem Leidwesen an Niklas… wenn ich mich konzentriere, dann spüre ich sogar noch seine Lippen auf meinen und das obwohl der ganze Spuk schon über 4 Monate her ist.

Aber egal wie sehr ich mich bemühe, ich bekomme ihn nicht aus meinem Kopf. Als eine Weihnachtkarte von ihm und seiner Verlobten vor zwei Wochen bei Danny und Ava eingetrudelt ist, da kam alles wieder hoch.

Gott… so perfekt.

Vor einem Kamin mit Weihnachtssocken dran und davor das perfekt gestylte Paar.

Nun habe ich auch endlich ein Bild von Matilda… Blonde Engelslocken, ausgeprägte weibliche Vorzüge, ein Gesicht wie eine Puppe und eine Figur zum niederknien.

Ich verstehe, warum er sie genommen hat…

Der Abend endete damit, dass ich schluchzend und das Leben verfluchend in Joshs Armen auf der Couch lag…

„Du denkst schon wieder über ihn nach.“ Josh knufft mich leicht.

„Quatsch.“ Gebe ich zurück.

„Oh doch, du denkst schon wieder an deinen Niklas… du bekommst dann immer so glasige Augen.“ er grinst mich an.

„Er ist nicht mein Niklas und ich habe glasige Augen, weil ich eine 15 Stunden Schicht hinter mir habe.“ Wehre ich mich.

„Komm schon Kate, der Typ ist es echt nicht wert.“ Er drückt mir einen Kuss auf die Haare. „Du hast was Besseres verdient.“

„Danke Josh.“ Gebe ich gerührt zurück.

Wir faulenzen den ganzen Nachmittag auf der Couch und erst gegen 17 Uhr scheucht er mich ins Bad.

„Komm schon Kate.“ Er zieht mich hinter sich her. „Geh duschen und mach dich hübsch, wir werden in 2 Stunden erwartet.“ Er drückt mir einen Kuss auf die Stirn.

Ich nicke stumm und mache mich dann fertig, knapp 1 1/2

 Stunden später stehe ich in meinem langen dunkelblauen Kleid wieder im Wohnzimmer.

„Wow Baby, du siehst wunderschön aus.“ Josh strahlt mich an.

„Danke, du bist auch schick.“ Ich zupfe an dem Revers seines schwarzen Jacketts…

Womit wir mal wieder beim Thema wären, wie leicht es Männer doch haben.

„Wollen wir?“ er reicht mir meinen Mantel. „Meine Mum hat mir eben geschrieben, dass sie und mein Dad auch schon da sind.“

„Auf in die Höhle des Löwen.“ Grinse ich und wir machen uns auf den Weg.

Bei meinen Eltern angekommen werden wir sofort von den Kindern bestürmt und Josh lässt sich überreden eine Runde verstecken mit ihnen zu spielen, während ich mich mit Rosie und William, Joshs Eltern kurz unterhalte.

„Darf ich Katie kurz entführen?“ Ava sieht zu Joshs Eltern und diese nicken grinsend „Ihr Sohn ist wirklich ein Kindermagnet.“ Sie zwinkert ihnen zu und deutet auf Josh, der mit den Kleinen auf dem Boden sitzt und ein riesiges Puzzle vor sich hat.

„Ja, mal schauen ob die Kleinen uns mitspielen lassen.“ Rosie lächelt glücklich und Ava führt mich in die Küche, in der zu meiner Verwunderung alle meine Schwestern vereint sind.

„Was ist denn hier los?“ ich sehe sie skeptisch an.

„Katie, wir haben Angst, dass du dich da in was verrennst.“ Setzt Rachel an.

„Was meint ihr genau?“ ich setze mich auf einen der Barhocker und nehme Ella die kleine Olivia ab.

„Hey meine Süße.“ Ich gebe ihr einen Kuss und wiege sie sanft in meinen Armen.

„Na, ja wir machen uns um dich und Josh Gedanken.“ Ava atmet tief durch. „Es ist nicht so, dass wir ihn nicht nett finden. Nein, ganz im Gegenteil es ist nur so…“ druckst sie herum. „Was?“ frage ich so unschuldig wie möglich und muss mir mein Lachen verkneifen. Sie sind also endlich dahinter gestiegen, dass Josh schwul ist…

Wow, nach nur 4 Monaten…

„Worum geht es genau?“ ich sehe zu ihr und sie zwirbelt sich nervös an ihren Haaren.

Typisch, das macht sie immer, wenn sie nicht weiter weiß.

„Josh ist…“ sie sieht hilfesuchend zu Ella und Rachel „Also wir glauben, das er…“

„Ja Mädels, Josh ist schwul…“ lache ich und sie sehen mich erstaunt an. „Du wusstest es?“ Ava schnappt nach Luft.

„Aber sicher…“ mir stehen vor lachen schon Tränen in den Augen „Ich wusste es vom ersten Tag an. Wir haben einen Deal. Ich begleite ihn zu allen Festen die seine Familie angehen und er mich zu allem was meine angeht. So sind wir beide unsere Mütter los. Seine Mum weiß es nicht und ich bitte euch, behaltet es für euch…“ ich sehe alle an und sie nicken.

„Oh man Katie…“ Ava kommt zu mir „Wir haben uns echt Sorgen um dich gemacht.“ Gesteht sie mir.

„Wann begreift ihr es endlich…“ ich grinse breit „Ich bin alt genug.“

„Wir sehen dich kaum noch…“ Rachel nimmt mich in den Arm.

„Ich weiß, aber ich arbeite fast rund um die Uhr. Ich habe nicht einmal Zeit auszureiten und das fehlt mir echt. Dad wollte letzte Woche schon eine Vermisstenanzeige aufgeben.“ Ich grinse schief.

Olivia wird unruhig und ich gebe sie zu Ella zurück.

„Ich glaube deine Süße hat Hunger.“ Ich sehe sie grinsend an.

„Ich denke auch.“ Sie nimmt sie in den Arm und setzt sich an den Tisch um Olivia zu stillen.

„Warum sagst du uns nichts?“ Ava sieht mich an und schüttelt leicht ihren Kopf.

„Weil ich einfach meine Ruhe brauche und Josh eben auch. Er weiß, das er es seinen Eltern irgendwann sagen muss und so verschafft er sich einfach noch ein wenig Zeit.“ Ich sehe sie bittend an.

„Ava bitte…“ ich nehme ihre Hände „und auch ihr anderen. Sagt nichts, nicht einmal euren Männern…“ ich sehe alle nach einander an „Wenn die Zeit reif ist, dann sagen wir es allen. Okay?“

„Ich weiß nicht, ob ich so gut finde.“ Ava sieht mich zweifelnd an.

„Spätestens zu eurer Hochzeit sagen wir es.“ Verspreche ich und hebe meine Hand zum Schwur.

„Da wir gerade davon reden…“ Ava atmet tief durch „… Danny und ich wollten es euch allen zusammen sagen, aber da wir hier gerade die Geheimnisse auspacken.“ Sie lächelt zaghaft „Unsere Hochzeit verschieben wir auf November.“ „Aber warum das denn?“ Rachel sieht sie verwirrt an.

„Ich will einfach nicht schwanger heiraten.“ Gibt Ava zu und ich falle ihr um den Hals.

„Wow meinen Glückwunsch!“ jubele ich und auch Rachel und Ella gratulieren ihr.

„Du hast also noch fast ein Jahr.“ Ava sieht mich skeptisch an.

„Bitte Ava…“ ich seufze leise und sehe hilfesuchend zu Rachel und Ella.

„Kommt schon Mädels, bisher hat Katie alles hin bekommen. Wir sollten ihr vertrauen.“ Rachel setzt sich neben mich und grinst mich an „Sie ist schon groß.“ Sie zwinkert mir zu.

„Okay.“ Sagt Ava schließlich und Ella nickt zustimmend.

„Ich danke euch.“ Gebe ich erleichtert zu.

Nachdem wir noch den neusten Frauenklatsch ausgetauscht haben, gehen wir wieder zurück und Rosie und meine Mum loben mich und Josh gerade in den höchsten Tönen.

Josh kommt zu mir und haucht mir einen Kuss auf die Lippen.

„Komm lass uns tanzen, ich kann es nicht mehr hören.“ Er zwinkert mir zu und wir entern die Tanzfläche. Tatsächlich wird dieser Abend richtig schön und ich kann mich nicht daran erinnern, wann ich mich das letzte Mal so gut amüsiert habe.

Ich bin mehr wie müde, als Josh und ich gegen 4 Uhr endlich aufbrechen. Danny kommt zu mir und drückt mich an seine Brust.

„Weißt du, er mag dich.“ Lallt er mir ins Ohr und ich sehe ihn verständnislos an.

„Ich weiß, dass Josh mich mag.“ Erwidere ich und lege meinen Kopf schief.

„Doch nicht Josh…“ er kichert „Nein Nik, er mag dich wirklich.“

„Schön für ihn, soll er sich doch an seine Barbie halten.“ Gebe ich leicht gereizt zurück.

„Was willst du mit Josh? Ganz ehrlich Nik…“ setzt er an.

„Komm schon Danny, Ava bringt dich jetzt in dein Bett.“ Rede ich ihm gut zu, Danny mutiert zu einem Kleinkind, wenn er zu tief ins Glas geschaut hat.

„Aber Kate, Nik…“ beginnt er erneut.

„Daniel!“ sage ich drohend „Halt den Mund!“ ich sehe ihn böse an und nehme meine Jacke.

„Es ist besser für deine Gesundheit, wenn du den Namen nicht mehr erwähnst.“ Ich drehe mich nochmals kurz zu ihm um und gehe dann zu Josh, der in der Tür auf mich wartet.

„Alles gut?“ fragt er besorgt.

„Ja, ich will nach Hause.“ Gebe ich zurück und wir treten in die kalte Nacht.

„Komm schon Baby.“ Neckt mich Josh und ich muss grinsen.

„Er hat wieder mit ihm angefangen.“ Stöhne ich.

„Baby, lass Danny reden.“ Er bugsiert mich auf den Beifahrersitz.

„Das ist einfacher gesagt wie getan…“ ich sehe ihn als er neben mir seinen Platz hinterm Lenkrad findet „Ich träume immer noch von ihm.“ Gestehe ich leise „Wie kann ein Mann mir an nur einem Abend so dermaßen den Kopf verdrehen? Kannst du mir das sagen?“ ich fahre mir durch die Haare „Man sollte meinen ich bin eine erwachsene Frau.“

„Komm schon Baby, sei nicht so hart zu dir selbst.“ Josh zwingt mich ihn anzusehen „Die Liebe ist leider meistens unfair und gemein.“ Er zuckt mit den Schultern.

„Willst du mich damit aufmuntern?“ ich ziehe eine Augenbraue hoch.

„Klappt nicht, oder?“ er zieht eine Flunsch.

„Lass uns einfach nach Hause.“ Bitte ich ihn und er lässt den Motor an.

„Gerne.“ Er schenkt mir ein strahlendes lächeln und wir schlängeln uns durch die fast ausgestorbenen Straßen Waterfords.

„Kommst du mit zu mir?“ ich sehe ihn fragend an, als wir vor meinem Haus halten.

„Klar.“ Er schnallt sich ab und wir stiegen aus.

Oben angekommen fallen wir beide wie erschlagen ins Bett und ich kuschele mich an ihn. Wir sind die besten Freunde und gerade jetzt, wo Danny es mal wieder geschafft hat mir Niklas ins Gedächtnis zu rufen, brauche ich seine Nähe und seinen Trost.

In den ersten Wochen des neuen Jahres bekomme ich eine Festanstellung im Waterford Regional angeboten und nehme sie gerne an, so weiß ich, das ich gleich nach meinem Assistenzjahr einfach dort weiter arbeiten kann…

Mein Leben bekommt immer mehr geregelte Züge und ich muss sagen, es gefällt mir.

Mitte Februar bringt Rachel die kleine Molly zur Welt und natürlich fahren Josh und ich sie gleich bei der nächstbesten Gelegenheit besuchen.

Tja, damit habe ich dann sieben kleine Nichten und eine ist genauso bildschön wie die andere.

Auch Ava sieht man langsam aber sicher ihre Schwangerschaft an, obwohl sie ja noch bis September hat.

Ganz plötzlich steht Ostern vor der Tür, keine Ahnung wie das passiert ist, ich habe doch nur ein einziges Mal geblinzelt.

Ich werde zum Essen bei Mum und Dad erwartet und verdammt, ich bin schon wieder zu spät dran. Ich habe mich nicht umgezogen, sondern bin mit meinen grünen OP Sachen einfach gleich los gefahren, eine knappe Stunde Verspätung reicht vollkommen.

Josh ist bei einem “Freund“ in London und kann mir dieses Mal nicht aus der Patsche helfen.

Ich parke vor dem Haus, stürme durch die Tür und meine Mum stemmt die Hände in die Hüften.

„Ich weiß, ich bin zu spät…“ ich stürme an meiner Mum vorbei und ziehe mir meinen Kasack über den Kopf. „Mein Kleid.“ Sage ich an meine Mum gewandt und sie reicht mir ein luftiges Kleid.

Ich ziehe es mir über und schlüpfe aus meiner Hose.

„Ist das eine Angewohnheit von dir?“ ertönt eine fragende Stimme und ich zucke zusammen.

Ich drehe mich ruckartig um und sehe in Niklas’ sein grinsendes Gesicht, doch ich bemerke auch, dass in seinen Augen das Wort Unsicherheit steht.

„Was zum Teufel machst du hier?“ entfährt es mir, ehe ich darüber nachdenke.

„Begrüßt man so Besuch?“ rügt mich meinen Mum.

„Lass mich in Ruhe Mum.“ Fahre ich sie an und stürme aus dem Zimmer.

„Nun warte doch Kate.“ Niklas läuft mir hinterher und hält mich am Arm fest.

„Was machst du hier?“ ich funkele ihn an.

„Komm schon Kate, ich bin mit Danny und Ava vorbei gekommen und deine Mum hat mich eingeladen.“ Versucht er zu erklären.

„Es interessiert mich nicht.“ Ich merke, dass meine Stimme zittert.

„Bitte Kate.“ Bittet er mich eindringlich.

„Sprich mich nicht an, fass mich nicht an und sehe mich nicht an.“ ich stapfe wieder ins Haus.

„Das wird schwer Katie.“ Ich kann hören wie er lächelt „Denn ich wurde schon wieder mit einem Striptease empfangen.“

Ich drehe mich zu ihm um.

„Hör damit auf Niklas.“ Sage ich leise und schließe gequält meine Augen.

„Katie…“ setzt er an.

„Nein Niklas, ich habe genug wegen dir gelitten.“ Ich winke erschöpft ab und gehe wieder ins Haus.

„Katie…“ Danny kommt zu mir und ich sehe ihn kopfschüttelnd an. „Es tut mir leid.“

„Nein Daniel, tut es dir nicht und genau das ist das Schlimme daran.“ Ich gehe an ihm vorbei und begrüße erst einmal den Rest der Familie.

„Geht es?“ fragt Ava vorsichtig.

„Ich werde das, wie auch alles andere, überleben.“ Ich setze mich an den festlich gedeckten Tisch und Danielle hopst zu meiner Erleichterung auf den Stuhl neben mir.

Ich überstehe das Essen mehr oder weniger gut und bin froh, als ich mich mit Danielle zu den Pferden zurück ziehen kann.

„Wollen wir reiten?“ ich sehe sie an und sie nickt begeistert. „Dann komm.“ Ich gehe mit ihr zu der Box, in der ihr kleines Pony, Snowflake, steht und wir satteln es. Dann helfe ich ihr aufzusetzen und hole mir Prince. Ich verzichte auf einen Sattel und schwinge mich mit meinem Kleid auf seinen Rücken. Ich lege mich hin und streiche über seine Mähne.

Ganz tief atme ich ein und aus und merke wie mich Danielle lächelnd beobachtet.

„Wer zuerst am Fluss ist!“ ruft sie mir zu und galoppiert davon.

Lachend setze ich mich auf und folge ihr mit Prince, Danielle saß schon im Sattel, da konnte sie noch gar nicht richtig laufen, ich weiß also, das sie das was sie tut richtig gut kann. Schließlich habe ich ihr das Reiten bei gebracht.

Am Fluss angekommen strahlt Danielle wie ein Honigkuchenpferd weil sie gewonnen hat und wir gönnen den Pferden eine kleine Pause.

Nach knapp zwei Stunden kommen wir zurück und Nana wartet auf uns. Nana wartet oft auf mich, wenn ich von meinen Ausritten zurück komme. Sie weiß, das ich am besten nachdenken kann, wenn ich über die Felder und Weisen fliege und das es dann am meisten Sinn macht mich zu fragen, was in mir vor geht.

Aber erst einmal stellt sie keine Fragen und hilft Danielle dabei Snowflake abzusatteln und zur Weide zu bringen.

„Ich laufe zu Mummy und erzähle ihr, dass ich gewonnen habe!“ Danielle strahlt mich an und läuft über die Koppel in Richtung Haus.

„Na Kleines…“ Nana legt ihren Arm um meine Hüfte als ich auch Prince auf die Koppel bringe.

„Oh Nana.“ Seufze ich.

„Es ist schwer für dich ihn anzusehen.“ Sie nimmt meine Hand in ihre.

„Ja Nana, es tut weh.“ Gebe ich zu.

„Kleines, die Liebe tut manchmal weh, aber glaub mir, wenn ich sehe, wie er dich ansieht…“ sie schüttelt traurig den Kopf.

„Das tut nichts zur Sache…“ unterbreche ich sie „Er ist immer noch verlobt und wohnt immer noch in Helsinki.“

„Ja, aber es scheint, als möchte er die Sache mit dir klären.“ Sie deutet hinter mich und ich drehe mich um.

Niklas kommt langsam über die Koppel geschlendert, die Hände tief in seiner Anzughose vergraben und den Blick unsicher auf den Boden gerichtet.

„Hör’ immer auf dein Herz Kleines!“ meine Nana drückt mir einen Kuss auf die Wange und macht sich auf den Weg zurück zum Haus, während Niklas bei mir ankommt.

Eine Weile steht er unschlüssig vor mir und ich lehne mich über das Gatter um die Pferde zu beobachten.

„Kate? Kann ich dich was fragen?“ Niklas steht unvermittelt vor mir.

„Was?“ erwidere ich schärfer als ich es beabsichtigt habe.

„Ich habe eine Bitte…“ er fährt sich durch die Haare „Ich weiß, wahrscheinlich knallst du mir gleich eine… Aber ich muss morgen zu meinen Eltern und ich will dich fragen, ob du mich begleiten kannst. Sie lassen mir sonst das ganze Wochenende keine Ruhe.“

„Wieso nimmst du nicht deine Barbie Freundin mit?“ ich lege meinen Kopf schief.

„Meine Eltern mögen sie nicht…“ er sieht mich bittend an „…Nicht mögen ist dabei noch die Untertreibung des Jahrhunderts.“

„Warum sollte ich?“ gebe ich schnippisch zurück.

„Du schuldest mir noch was.“ Seine Augen blitzen schelmisch auf.

„Das ist Erpressung.“ Gebe ich zurück.

„Komm schon, du hast gesagt, ich stehe in deiner Schuld. Ich bitte dich nur um einen Tag mit meiner Familie.“ Er sieht mich flehend an.

Ich kann nur erahnen, wie viel Überwindung es ihn gekostet haben muss mich zu fragen und dementsprechend bekomme ich eine ungefähre Vorstellung davon, wie wichtig es ihm sein muss.

Ich ringe mit mir, wäge ab und die Gedanken fahren Karussell in meinem Kopf.

Gibt es hierbei ein Richtig und ein Falsch?

’Hör’ auf dein Herz…’ höre ich die Stimme Nanas und ich schließ einen Moment die Augen.

„Du holst mich um 9 Uhr ab und setzt mich spätestens um 21 Uhr wieder vor meiner Haustür ab. Das sind 12 Stunden und damit ist meine Schuld beglichen.“ Ich halte ihm meine Hand hin.

„Deal.“ Er atmet erleichtert aus und ergreift meine Hand, sofort breitet sich das kribbeln wieder in meinem Bauch aus und ich hasse ihn dafür, ich lasse ihn schnell los und drehe mich wieder zu den Pferden um.

Ich kann ihn kaum in meiner Nähe ertragen, es schnürt mir das Herz zu…

Ich höre wie sich seine Schritte entfernen und atme tief durch, Prince kommt zu mir und ich sehe ihm in seine dunkelbraunen wunderschönen Augen.

„Du fehlst mir so mein Großer.“ Ich streichele ihm sanft über die Nüstern.

Ich lehne meinen Kopf an seinen und verharre so eine ganze Weile, schließlich befördere ich mein Handy aus tiefen meiner Handtasche ans Tageslicht und wähle Josh an.

„Hey Baby.“ Begrüßt er mich lachend.

„Niklas ist hier und ich fahre morgen mit ihm zu seiner Familie.“ halte ich mich nicht lange mit Höflichkeitsfloskeln auf und komme gleich zum Punkt.

„Du kennst meine Meinung von ihm, aber ich kenne dich gut genug um zu wissen, das du sie nicht teilst.“ Ermahnt er mich milde.

„Was soll ich machen?“ ich lehne mich mit dem Rücken gegen den Koppelzaun.

„Lass es auf dich zukommen.“ Rät er mir und ich schnaufe.

„Du bist ein lausiger bester Freund.“ Rüge ich ihn.

„Nein, bin ich nicht und das weißt du. Ruf mich an, wenn du das hinter dir hast. Ich werde mit einer Flasche Wodka auf deinen Anruf warten. Ich muss los Baby, Kev wartet.“ Er schickt mir einen Kuss durchs Telefon „Ich liebe Dich.“

„Ich dich auch.“ Ich drücke seufzend auf auflegen.

Ich gehe zurück zu den anderen und nehme mehr oder weniger an den Gesprächen teil, meine Gedanken kreisen um den morgigen Tag und darum, was mich wohl erwartet.

„Wann kommst du denn morgen?“ meine Mum sieht mich gespannt an und ich spüre wie Niklas mich beobachtet.

„Ich komme morgen nicht, ich komme Ostermontag zum Mittag.“ Verspreche ich.

„Sag nicht, dass du schon wieder arbeiten musst.“ Sie sieht mich missbilligend an. „Weißt du Niklas, Katie ist jetzt Stationsärztin.“ Erklärt sie ihm und es schwingt tatsächlich ein wenig Stolz in ihrer Stimme „Dr. med. Kate O’Sullivan.“ Sie grinst mich an „Auch wenn wir dich dadurch selten zu Gesicht bekommen, aber die Hauptsache ist ja, das du Josh nicht vernachlässigst.“ Sie zwinkert mir zu.

„Keine Angst Mum, das tue ich nicht.“ Ich lächle sie an und sehe dann zu Niklas, der sich mit Danny unterhält und mir einen langen Blick zu wirft. „Ich habe morgen einfach andere Pläne.“

„Aber Katie…“ setzt mein Dad an.

„Daddy, ich komme Montag.“ Sage ich mit etwas mehr Nachdruck und er nickt leicht „Montag sind auch Ella und Rachel da, da habt ihr eure vier Mädels dann alle mal wieder um euch.“

„Gut meine Kleine.“ Meine Mum schenkt mir ein lächeln und ich erwidere es erleichtert.

„Ich muss jetzt los.“ Ich winke eine halbe Stunde später in die Runde.

„Aber Montag ist klar, oder? Danielle will endlich mal wieder Zeit mit ihrer Lieblingstante verbringen.“ Ava zwinkert mir zu.

„Aber sicher.“ Verspreche ich und nehme sie in den Arm.

Lächelnd streiche ich ihr über ihren Bauch.

„Und immer auf das Baby aufpassen.“ Grinse ich und sie verdreht die Augen.

„Sonst muss ich dich doch immer ermahnen aufzupassen.“ Sie begleitet mich zur Tür.

„Ich kann ganz gut auf mich selber aufpassen.“ Ich drücke ihr einen Kuss auf die Wange.

„Das weiß ich Katie.“ Sie winkt mir hinterher und ich stiege in mein Auto.

’Worauf hast du dich da nur eingelassen?’ am liebsten würde ich meinen Kopf aufs Lenkrad knallen, aber dafür einen Rückzieher zu machen, ist es wohl schon etwas zu spät.

Ich tigere fast den ganzen Abend in meiner Wohnung auf und ab, ich versuche mich mit Klavier spielen abzulenken, aber nicht einmal das funktioniert…

Ich schlafe sehr unruhig in dieser Nacht und bin schon um 7 Uhr morgens hellwach. Unruhig wälze ich mich hin und her und beschließe dann aufzustehen, alles andere macht ja doch keinen Sinn.

Nach fast einer Stunde vor meinem Kleiderschrank entscheide ich mich für ein kurzes, pastellgelbes Sommerkleid und einen weißen Bolero, denn ein Blick nach draußen verrät mir, das es heute schön zu werden scheint. Ich ziehe mir weiße Pumps dazu an und packe alle wichtigen Sachen in meine weiße Handtasche.

Meine Haare stecke ich ganz locker hoch, schminke mich dezent und bin schlussendlich zufrieden mit mir.

Punkt 9 Uhr klingelt es unten…

Pünktlich ist er ja, das muss ich ihm lassen.

„Ich komme.“ Meine Stimme zittert, als ich auf den Knopf der Gegensprechanlage drücke. Ich atme noch mal tief durch, angle mir vorsichtshalber meinen dünnen hellgrauen Mantel von der Garderobe und schließe die Tür hinter mir.

Als ich unten aus der Tür trete hält er mir eine rosane Rose vor die Nase.

„Als kleines Dankeschön.“ Er wirkt verlegen und zu meiner Überraschung nervös.

„Danke.“ Ich nehme sie ihm ab und er führt mich zu seinem Wagen.

Ein Leihwagen…

Ein Porsche…

„Noch protziger ging es wohl nicht.“ Ich ziehe eine Augenbraue hoch.

„Was wäre denn nach deinem Geschmack gewesen?“ er hält mir die Beifahrertür auf und ich steige ein.

„Ein “normales“ Auto, VW, BMW, Audi…“ beginne ich aufzuzählen, als er sich auf den Fahrersitz setzt.

„Entschuldigung.“ Er sieht mich an und ich stelle fest, das er nicht so wie sonst immer, ein Grinsen im Gesicht hat.

Er wirkt ungemein angespannt und sichtlich nervös…

„Warum mögen deine Eltern Matilda nicht?“ frage ich nach einer Weile.

„Sie halten sie für oberflächlich, zickig und arrogant.“ Er sieht stur gerade aus.

„Wie lange bist du schon mit ihr zusammen?“ mein Herz krampft sich zwar bei der Frage zusammen, aber ich möchte es eben gerne wissen.

„Seit vier Jahren.“ Sagt er leise.

„Liebst du sie?“ ich stelle diese Frage ehe ich darüber nachdenke und er sieht mich kurz an.

„Ich denke schon…“ antwortet er ausweichend.

„Was heißt denn hier denken? Entweder du liebst sie oder du liebst sie nicht.“ Ich sehe ihn von der Seite an.

Das hier ist ein anderer Niklas wie sonst, nicht der gutgelaunte Strahlemann… das hier ist der nachdenkliche und erwachsene Niklas.

Irgendwie komisch und dennoch überraschender Weise irgendwie vertraut…

„Liebst du deinen Josh?“ er sieht mich kurz an und sein Blick dringt in mein Innerstes.

„Ja.“ Sage ich und nun sehe ich aus dem Fenster.

Es stimmt ja auch. Ich liebe Josh, nur eben nicht auf die Art und Weise wie eine Frau einen Mann liebt, sondern auf die Weise wie eine Schwester ihren Bruder liebt, aber das geht ihn nichts an.

„Was ist denn schon Liebe?“ fragt er mehr sich selbst als mich.

„Was Liebe ist?“ ich lächle „Wenn schon ein Lächeln reicht um dein Herz schneller schlagen zu lassen. Wenn du in die Augen siehst und alles andere wird unwichtig. Wenn es dir den Atem raubt auch nur eine Sekunde von dem anderen getrennt zu sein.“ Sinniere ich. „Du kennst dich aus?“ er hält an einer roten Ampel und sieht mich prüfend an.

„Ein wenig…“ gestehe ich „Aber ich habe drei einzigartige große Schwestern und habe alle ihre Höhen und Tiefen miterleben dürfen. Das ist nur die Essenz dessen, was ich daraus gelernt habe.“

„Wenn das so ist, dann weiß ich es wirklich nicht.“ Er fährt an und tritt ziemlich heftig aufs Gas.

„Was weißt du nicht? ...“ ich halte mich an meinem Gurt fest „Ob du uns umbringen willst?“

„Nein, ob ich Matilda liebe.“ Sagt er leise.

Dann schweigen wir wieder, ich denke, er ist es einfach nicht gewohnt, dass ihm jemand so Nahe kommt…

„Ohne sie würde es die Kanzlei nicht geben.“ Sagt er plötzlich leise.

„Wie bitte?“ ich sehe ihn verständnislos an.

„Ohne Matilda wäre ich nicht da, wo ich jetzt bin.“ Erklärt er mir.

„Und? Dann wärst du woanders.“ Ich zucke mit den Schultern.

„Aber…“ setzt er an. „Wenn ich den Weg gegangen wäre, den meine Familie für mich vorbestimmt hat, dann würde ich bei meinem Dad, Ava und Danny in der Kanzlei sitzen. Klar, das wäre wohl in so mancher Hinsicht praktisch…“ ich sehe ihm tief in die Augen „Aber das wäre nicht ich. Verstehst du? Ich wäre nicht glücklich und ich wüsste nicht, ob ich es auch allein geschafft hätte. Der Zusammenhalt der Familie ist wichtig, aber ich muss auch ohne meine Familie klar kommen.“

Er konzentriert sich wieder auf die Straße.

„Wir sind gleich da…“ er sieht mich kurz an.

„Kurzeinweisung?“ ich grinse schief und sehe ihn am heutigen Tage das erste Mal zaghaft lächeln.

„Okay, dieses Mal ist es ja mein Heimvorteil…“ er sieht mich kurz an „Meine Mum heißt Minea, aber ihre Freunde nennen sie Mina. Sie hat eine eigene Catering Firma, Johansson – Reynolds. Sie wollte ihren finnischen Namen unbedingt behalten, als sie meinen Dad geheiratet hat. Mein Dad heißt Paul, er ist Kinderarzt im Ballina St. Patricks Hospital.“ Erklärt er mir.

„Als was bin ich hier? Als eine Freundin oder als deine Freundin?“ ich möchte das lieber jetzt wie später klären.

„Was dir lieber ist.“ Gibt er zurück und parkt vor einem gepflegten Einfamilienhaus.

Er steigt aus und hilft mir aus dem Wagen.

„Nik!“ seine Mum kommt aus dem Haus und nimmt ihn in den Arm. „Und wer ist dieses reizende Geschöpf?“ sie nimmt auch mich in den Arm.

„Mum, das ist Kate.“ Stellt er mich vor.

„Guten Tag Kate, ich bin Mina.“ Sie strahlt mich an. „Ach das wird Granny so freuen, das du Kate mitbringst. Sie dachte schon, sie lernt niemals ein anständiges Mädchen an deiner Seite kennen, ehe sie stirbt.“ Mina nimmt ihren Sohn ein weiteres Mal in den Arm und harkt mich unter.

Das Haus ist hell und freundlich eingerichtet und ich merke wie die Anspannung von mir abfällt.

„Hallo.“ Ein älterer Mann begrüßt mich höflich aber etwas distanziert.

„Das ist mein Dad Dr. Paul Reynolds.“ Stellt mich Niklas lächelnd vor.

„Freut mich sehr Dr. Reynolds.“ Ich ergreife die angebotene Hand „Dr. Kate O’Sullivan.“ Stelle ich mich nun grinsend vor und er sieht mich überrascht an.

„Welches Fachgebiet, wenn ich fragen darf?“ er begleitet mich ins Wohnzimmer.

„Allgemeinchirurgie.“ Ich lächle ihn schüchtern an.

„Wo arbeiten sie denn? Machen sie gerade ihr praktisches Jahr?“ er taut schnell auf und ich sehe lächelnd zu Niklas.

„Darf ich dir erst einmal meine Granny Jo vorstellen?“ Niklas legt seinen Arm um meine Schultern und ich finde mich einer älteren Dame gegenüber wieder. Sie sitzt im Rollstuhl und sieht mich sehr skeptisch an.

„Granny, das ist Kate. Kate, das ist Granny Jo.“ Stellt er uns vor.

„Es freut mich wirklich sehr.“ Ich lächele sie an und sie betrachtet mich ganz genau, aber sie schweigt und ich gebe zu, wenn sie mich verunsichern will, so ist sie auf dem besten Wege.

„Also Kate, wir waren ja mit unserem Gespräch noch gar nicht fertig.“ Paul bietet mir einen Stuhl an und wir setzen uns.

„Eistee Liebes?“ seine Mum steht auf und Niklas setzt sich neben mich.

Sie sind so wahnsinnig lieb und so bemüht um mich, dass ich mir gar nicht vorstellen kann, dass sie Matilda wirklich nicht mögen.

„Ja, vielen Dank.“ Sage ich an sie gewandt und dann sehe ich wieder zu Paul.

„Was hatten sie mich noch mal gefragt Dr. Reynolds?“ frage ich lächelnd.

„Paul. Nenn mich doch bitte Paul.“ Er winkt ab und Niklas greift nach meiner Hand um sie kurz zu drücken. Ich sehe ihn an und merke wie entspannt er plötzlich ist.

„Also gut Paul. Was hattest du mich gefragt?“ ich wende mich wieder seinem Dad zu.

Dieser hat eine gewisse Ähnlichkeit mit Niklas, seine Haare sind zwar wesentlich dunkler, aber er hat die gleichen strahlend blauen Augen und sein Drei Tage Bart verleiht ihm eine etwas bedrohliche Ausstrahlung, während er bei Niklas nur lässig wirkt.

„So hier meine Liebe.“ Mina stellt mir einen Eistee hin, ich nicke ihr dankbar zu und nehme einen Schluck.

Sie hat einen blonden Pagenschnitt und wirkt sehr jugendlich, ich frage mich kurz wie alt sie wohl ist.

„Also Kate. Wo arbeitest du?“ Paul sieht mich wieder an.

„Im Waterford Regional, ich bin noch Mitten in meinem Assistenzjahr, aber ich habe schon eine Anstellung als Stationsärztin der Allgemeinchirurgie bekommen.“ Erkläre ich ihm.

„Wow Niklas, Kate ist eine wirklich außergewöhnliche, junge Dame.“ Lobt Paul seinen Sohn und ich nehme Niklas' Hand in meine.

Er hat gesagt die Entscheidung liegt bei mir und ich habe sie gerade getroffen…

Schlau?

Ich weiß noch nicht.

„Wo kommen sie her? Haben sie Geschwister? Was machen sie, wenn sie nicht arbeiten?“ Granny Jo funkelt mich an und ich schlucke.

Ich bin es nicht gewohnt, dass jemand so direkt mit mir redet.

„Entschuldigen sie Granny bitte…“ Paul sieht mich entschuldigend an „Sie hat Alzheimer und ist manchmal nicht sie selbst.“

„Ach was…“ ich winke ab und sehe zu Granny Jo.

„Die denken alle ich bin senil, aber ich erinnere mich sehr wohl an diese furchtbare Person, die mir mein Enkelsohn vor über einem Jahr vor die Nase gesetzt hat.“ Schimpft sie und ich grinse.

„Granny, das ist schon drei Jahre her.“ Mina sieht sie mich entschuldigend an.

„Und? Das ändert nichts daran, dass sie furchtbar war. Viel zu dürr und zu hochtrabend. Die hat doch gedacht, sie ist was Besseres.“ Schimpft Granny Jo weiter und ich lächele nachsichtig.

„Also Granny Jo…“ ich lenke ihre Aufmerksamkeit auf mich „Ich bin in Waterford geboren und aufgewachsen. Ich habe dann zwar in Dublin studiert, aber ich bin wieder in meine Heimatstadt zurück gekehrt. Ich habe drei Schwestern, sie sind alle verheiratet oder zumindestens fast. Meine Schwester Ava heiratet Daniel, Niklas’ Cousin.“ Ich grinse sie an und sie lacht.

„Oh ja Danny, ein guter Junge.“ Pflichtet sie mir bei.

„Meine Schwestern haben alle schon Kinder. Ich habe 6 Nichten.“ Grinse ich.

„Oh ein Haus voller Frauen.“ Granny klatscht in die Hände.

„Und wenn ich mal nicht arbeite…“ ich sehe zu Paul und er lacht „Dann reite ich aus und ich spiele Piano.“ Ich sehe Granny gespannt an.

„Kannst du die Mondscheinsonate spielen?“ ihre Augen leuchten auf.

„Aber sicher.“ Ich nicke und sie sieht zu Paul und Mina.

„Haben sie vielleicht Lust sie für uns zu spielen?“ Mina sieht mich bittend an und deutet auf den großen schwarzen Flügel unter dem Fenster.

„Granny hat früher selbst gespielt, sie liebte es zu spielen.“ Erklärt sie mir.

Ich lasse Niklas’ Hand los und er steht mit mir auf.

„Ich danke dir.“ Sagt er gerührt, er legt eine Hand an meine Wange und küsst mich zärtlich.

In meinem Bauch explodiert ein Feuerwerk, so lange habe ich mich danach gesehnt, seine Lippen wieder auf meinen zu spüren und es fühlt sich besser, viel besser an, als ich es in Erinnerung gehabt habe.

Mit zittrigen Knien setze ich mich auf den Hocker von dem Flügel.

Ich atme tief durch, versuche meinem Herz wieder ein normales Tempo aufzuzwingen und beginne zu spielen. Das war eines der ersten Stücke die ich gelernt habe und obwohl ich es so lange nicht gespielt habe, ist es, als hätte ich es erst gestern gespielt.

Es ist ein längeres Stück und als ich fertig bin und aufsehe, da hat Granny Tränen in den Augen.

„Das war wundervoll Kindchen.“ Sagt sie gerührt und ich sehe zu Boden.

Niklas tritt hinter mich und hält mir seine Hand hin, damit ich wieder aufstehen kann. Kaum das ich vor ihm stehe, zieht er mich in einer Umarmung, er legt eine Hand in meinen Nacken und seine Lippen legen sich sanft auf meine. Ich schließe meine Augen und schlinge meine Arme um ihn. Seine Zunge verlangt zögerlich Einlass und ich lasse ihn gewähren. Ein warmes Gefühl breitet sich in meinem Magen aus und meine Muskeln im Unterleib ziehen sich zusammen.

So lange habe ich mich danach gesehnt…

Atemlos sehen wir uns an und er streicht lächelnd eine Strähne hinter mein Ohr.

„Ich danke dir.“ Haucht er.

Ich versinke in seinen Augen und er ergreift meine Hand, aus dem Augenwinkel sehe ich, wie uns Granny Jo lächelnd beobachtet.

„Willst du Kate nicht einmal unsere Pferde zeigen? Ich bereite das Essen vor.“ Mina sieht uns an und Niklas nickt leicht.

„Ja Mum. Danke.“ Er legt einen Arm um meine Schultern und führt mich auf die Terrasse.

Mein Herz schlägt bis zum Hals, als wir schweigend über das angrenzende Feld gehen und den Stall betreten.

„Das sind unsere Pferde…“ er macht eine verdeutlichende Geste „Storm, Geronimo und Artax.“ Erklärt er mir und bleibt vor der Box von Artax stehen. „Das ist meiner.“ Sagt er leise und streichelt den braunen Hengst, der sich an seine Hand schmiegt.

Ich stehe hinter ihm und beobachte ihn, unvermittelt dreht er sich langsam um und sieht mir tief in die Augen…

„Ich danke dir so sehr.“ Sagt er leise und legt seine Hände auf meine Hüften.

„Dafür nicht.“ Hauche ich und wieder einmal zittert meine Stimme.

„Oh doch.“ Er zieht mich mit einer schnellen Bewegung in seine Arme und küsst mich verlangend.

Eigentlich sollte sich jetzt so langsam mal mein Kopf einschalten, aber ich bleibe im Stand by Modus, ich genieße seine Küsse und seine Hände auf meinem nackten Rücken.

Unsere Küsse werden verlangender und unser Atem beschleunigt sich immer mehr.

Alles in meinem Körper schreit danach ihn endlich spüren zu wollen…

Er schiebt mir mein Kleid ein wenig hoch und ich öffne sein Hemd.

Ich will nicht aufhören ihn zu küssen, ich will einfach nicht aufhören…

Er schiebt mir meinen Slip runter und ich nestele an seiner Jeans. Er hebt mich leicht hoch und drückt mich gegen die Wand. Ungestüm und unbeherrscht dringt er in mich ein und ich halte mich an ihm fest.

Gott, also so etwas habe ich noch nie erlebt.

Er nimmt mir die Luft zu atmen, er lässt mich unter jeden seiner Stöße erschaudern und er gibt mir das, wonach ich mich unbewusst mein ganzes Leben gesehnt habe.

Wir sehen uns atemlos an und ich ziehe ihn zu mir um ihn zu küssen.

„Oh Katie.“ Stöhnt er leise und ich zittere als er in mir kommt, eine Welle der Erlösung trägt mich mit sich und ich kralle meine Fingernägel in seinen Rücken.

Wir verharren eine Weile so, dann setzt er mich vorsichtig ab und sieht mich an.

Er will etwas sagen, aber ich lege meinen Zeigefinger auf seine Lippen.

„Bitte nicht Niklas.“ Flehe ich ihn an „Das Heute gehört uns.“

Er küsst mich erneut und ich lege meinen Kopf an seine Brust, eine einzelne Träne läuft über meine Wange und ich halte mich an ihm fest.

Er wird mir niemals ganz gehören.

Das weiß ich und es zerreißt mich.

Aber wir haben den heutigen Tag.

Einen Tag…

Wir richten unsere Kleidung und er kann nicht aufhören mich zu küssen.

„Du bist so wunderschön.“ Sagt er andächtig und knotet mein Kleid im Nacken wieder zusammen. Dann haucht er mir kleine Küsse auf meine nackten Schultern und ich erschaudere. „Wir sollten zurück.“ Erwidere ich erstickt.

Er lässt lächelnd von mir ab und hält mir seine Hand hin, die ich ergreife dun wir langsam aus dem Stall hinaus in die Aprilsonne Irlands treten.

Wir gehen langsam zum Haus zurück, das Essen steht schon auf dem Tisch und seine Mum überschüttet mich mit Fragen.

„Sag mal Nik, was ist aus Matilda geworden?“ sein Dad sieht ihn an und ich merke, wie mir sämtliche Farbe aus dem Gesicht weicht.

„Sie arbeitet noch in der Kanzlei und wir haben beschlossen Freunde zu bleiben.“ Sagt er und sieht zu mir.

„Eine weise Entscheidung.“ Lobt ihn sein Dad. „Sie war nichts für dich.“

„Ja Dad, das habt ihr mir ja oft genug gesagt.“ Niklas starrt auf seinen Teller.

„Wir wollen immer nur das Beste für dich und deine kleine Kate…“ er schenkt mir einen liebevollen Blick „… Sie scheint wirklich das Beste für dich zu sein.“

„Danke Paul.“ Ich ergreife Niklas’ Hand.

Es rührt mich fast zu Tränen, das seine Eltern eine so hohe Meinung von mir haben, aber im Grunde genommen belügen Niklas und ich sie.

Ich würde alles dafür geben, wenn das hier die Wirklichkeit wäre, aber das ist es einfach nicht.

Nach dem Dinner setzen wir uns ins Wohnzimmer und Granny Jo erzählt mir Geschichten aus ihrer Jugend.

Es fasziniert mich und ich lausche andächtig, Niklas seine Hand liegt auf meine Knie und mit der anderen hält er meine Hand fest umschlungen. Seinen Daumen streicht immer wieder zärtlich über meinen Handrücken.

Fast vergesse ich, dass er und ich nicht real sind.

Wir sind nur eine Farce… nichts weiter.

Das ist mittlerweile die dritte Familie die ich hinters Licht führe, erst meine, dann Joshs und jetzt auch noch Niklas’.

Was bin ich denn bitte für ein Mensch?

Früher waren mir Ehrlichkeit und Anstand so wichtig?

Und jetzt?

Ich dränge mich in eine Beziehung und lüge ohne mit der Wimper zu zucken…

„Wie habt ihr euch eigentlich kennen gelernt? Ich meine Finnland liegt ja nicht um die Ecke.“ Ich sehe lächelnd zu Mina und sie schenkt Paul einen verliebten Blick.

„Ich war mit meinen Eltern im Urlaub hier, damals war ich gerade 16 und da sah ich ihn das erste Mal… Diesen raubeinigen Iren auf seinem Pferd. Es war sofort um mich geschehen…“ sie streicht Paul liebvoll über die Wange. „Natürlich bin ich erst einmal wieder mit meinen Eltern zurück nach Helsinki, aber nachdem ich meine Schule und meine Ausbildung abgeschlossen hatte, da kam ich hier her und suchte ihn.“

„Tja, sie fand mich…“ Paul küsst ihre Hand „Ich war damals vergeben und wollte meiner Freundin einen Heiratsantrag machen und ganz plötzlich tauchte diese wunderschöne Frau auf und ich wusste was zu tun ist.“

„Wie romantisch.“ Seufze ich leise.

„Ja, ich habe meine Freundin verlassen und habe mit Mina bei Null angefangen. Aber es hat uns ja nicht geschadet. Ganz im Gegenteil.“ Er küsst sie liebevoll und Niklas sieht auf unsere ineinander verschlungenen Hände.

„Wir sollten langsam los, wir haben noch über 2 Stunden Fahrt vor uns.“ Niklas steht auf und seine Eltern und seine Granny sehen uns traurig an.

„Du kommst uns doch wieder besuchen, oder?“ Granny Jo sieht mich an und ich nicke lächelnd.

„Ganz bestimmt Granny.“ Ich beuge mich zu ihr, drücke ihr einen Kuss auf die Wange und nehme sie in den Arm.

„Lass das Mädchen niemals los Nik.“ Sie sieht zu ihrem Enkel „Sie ist was Besonderes und sie liebt dich sehr.“ Sie streicht ihm über die Wange.

„Danke Granny.“ Gibt er gerührt zurück.

Auch Paul und Mina nehmen mich in den Arm und wollen, dass ich unbedingt bald wieder komme.

„Du kannst uns auch besuchen kommen, wenn Nik in Helsinki ist. Unsere Tür ist immer offen für dich.“ Mina drückt mich bestimmt schon zum fünften Mal an sich.

„Danke Mina.“ Ich lächele sie an und Niklas hilft mir in den Wagen zu stiegen.

Als er einsteigt herrscht eine Weile Schweigen und ich sehe aus dem Fenster.

„Danke Katie. Du warst wunderbar.“ Sagt er leise und ich sehe ihn mit Tränen in den Augen an.

„Was willst du deiner Familie erzählen, wenn ich nicht wieder komme?“ frage ich leise.

„Keine Ahnung.“ Gibt er zu und fährt plötzlich rechts ran.

„Komm her.“ Sagt er leise und öffnet meinen Gurt.

Ich sehe ihn an und er zieht mich auf seinen Schoß und hält mich fest.

Ich beginne zu weinen und ich kann nicht einmal sagen warum…

Doch natürlich kann ich das.

Ich will, dass das hier die Wirklichkeit ist!

Und nicht nur ein Spiel!

„Hey mein Engel.“ Er zwingt mich ihn anzusehen. „Dieser Tag gehört uns, nicht wahr?“ er sieht mich an und ich nicke leicht.

Er beugt sich zu mir und küsst mich innig. „Er ist noch nicht vorbei.“

Ich klettere von ihm runter und wir fahren die 2 Stunden nach Waterford. Er steigt vor meinem Appartement aus und hilft mir aus dem Auto.

„Darf ich…“ setzt er an.

Ich nehme ihn an die Hand und ziehe ihn mit mir, im Fahrstuhl nehme ich ihn in den Arm und küsse ihn.

Wir haben nur einen Tag…

Nur noch ein paar Stunden…

Kaum in meiner Wohnung angekommen knöpfe ich sein Hemd auf und er sieht mich verlangend an.

„Katie…“ setzt er an.

„Nicht jetzt.“ Bitte ich ihn und versiegele seine Lippen mit einem sanften Kuss.

Ich ziehe mir mein Kleid über den Kopf und er öffnet mit leicht zittrigen Händen meinen BH.

Ich streife ihm sein Hemd ab und küsse seine Brust, dabei dirigiere ich ihn in mein Schlafzimmer.

Ich öffne seinen Gürtel und er zieht mir meinen Slip aus, ich stehe völlig nackt vor ihm und seine Hände wandern über meinen Bauch und meine Brüste. Er setzt sich auf die Bettkante und küsst meinen Bauch, ich fahre ihm durch die Haare und stöhne leise auf.

Es fühlt sich alles so selbstverständlich an, wir brauchen keine Worte um zu wissen, was der andere braucht oder will… es geschieht einfach.

Er zieht mich auf seinen Schoß und ich spüre ihn in mir, lustvoll werfe ich meinen Kopf in den Nacken und beiße mir auf die Unterlippe.

„Du bist wunderschön.“ Haucht er und küsst meinen Hals. Ich bewege mich langsam auf ihn und er stöhnt leise.

Mit einer geschickten Bewegung liege ich plötzlich unter ihm und er dringt kraftvoll in mich ein.

Ich kralle mich an meinem Laken fest und schließe meine Augen.

„Sie mich an. Bitte mein Engel. Sieh mich an.“ flüstert er und ich sehe ihm in die Augen.

Seine Bewegungen werden schneller und fordernder und ich passe mich seinem Rhythmus an. Gemeinsam werden wir auf einer Welle der Lust davon getragen und als ich in einem Orgasmus explodiere, schließe ich meine Augen und sehe Sterne.

„Ich. Liebe. Dich.“ Sage ich leise und sehe ihn an.

Er betrachtet mich und streicht mir eine Strähne aus dem Gesicht.

„Oh mein Engel…“ flüstert er erstickt und ich kuschele mich an seine Brust.

Wir schlafen immer und immer wieder mit einander.

Mal wild und ungehalten.

Mal zärtlich und einfühlsam…

Ich will nicht, dass diese Nacht endet.

Sie soll niemals enden.

Als ich wach werde bahnt sich ein neuer Tag mit schwachem Licht den Weg. Ich sehe neben mich, er liegt da so friedlich und entspannt. Vorsichtig streiche ich ihm eine Strähne aus der Stirn und küsse ihn sanft.

Er öffnet verschlafen seine Augen und lächelt ganz leicht.

„Guten Morgen mein Engel.“ Haucht er leise.

„Guten Morgen.“ Ich lege meinen Kopf auf seine Brust, ich will nur einen Moment den steten Schlägen seines Herzens lauschen…

Er zieht mich hoch und küsst mich verlangend. Ich lasse mich treiben und von ihm verwöhnen.

Eine halbe Stunde später beobachte ich, wie er sich anzieht und meine Kehle schnürt sich zu.

Er beugt sich zu mir und haucht mir einen Kuss auf die Stirn.

„Bye.“ Flüstert er und ich streiche über seine Wange.

„Bye.“ Erwidere ich.

Weitere Worte sind unnütz, sie ändern nichts.

Er steht auf und verlässt meine Wohnung, ich rolle mich zusammen und weine leise vor mich hin.

Prince Charming…

Ja, er ist vielleicht mein Prince Charming, aber leider ist uns die Realität im Weg.

Im wirklichen Leben bin ich hier und er fliegt zurück zu ihr.

Mein Herz droht in Millionen Einzelteile zu zerspringen und ich kann vor lauter Herzschmerz kaum atmen.

Ich kann nicht aufhören zu weinen und rappele mich nur mühsam auf, um gegen Mittag zu meinen Eltern zu fahren.

Als ich vor dem Haus aus meinem Auto stiege, da lasse ich meine Sonnenbrille lieber auf, denn ich sehe milde gesagt wirklich Scheiße aus. Meine Augen sind rot und angeschwollen und ich bin unnatürlich blass.

Ava erkennt meine Lage, kommt gleich zu mir und bugsiert mich die Treppe hoch in eines unserer ehemaligen Kinderzimmer, noch ehe meine Mum mich überhaupt zu Gesicht bekommen hat.

„Was ist los?“ sie nimmt mir meine Sonnenbrille ab.

Ava war schon immer diejenige mit der ich am Besten über meine Gefühle reden konnte, aber jetzt?

Es geht um Niklas und Niklas ist der Cousin von Danny…

Ich kann es ihr nicht erzählen.

„Komm schon Kleine, du siehst schrecklich aus.“ Sie streicht mir über den Rücken und ich schluchze auf.

„Ich kann es dir nicht sagen.“ Ich springe auf und laufe ins Wohnzimmer.

Zum Glück sind meine kleinen Nichten so lieb über meinen Anblick hinweg zu sehen und eine halbe Stunde später sitze ich mit ihnen auf dem Fußboden und wir spielen Memory.

Beim Essen schweige ich fast die ganze Zeit und ich spüre den besorgten Blick meiner Mum und meiner Nana auf mir.

„Katie…“ setzt Ella an, doch ich winke ab.

„Ich reite aus.“ sage ich knapp und flüchte regelrecht.

Ich bin im Moment einfach nicht in der Lage mich irgendjemanden zu stellen…

Ich reite über zwei Stunden mit Prince über die Felder, aber der Schmerz will einfach nicht auf ein erträgliches Maß schrumpfen. Es schnürt mir immer noch die Kehle zu und ich kann einfach nichts machen…

Es verwundert mich nicht im Geringsten, das Nana am Koppelzaun steht, als ich zurück komme und sie mir in den Stall folgt, als ich meine Sachen wegbringen will.

„Hey meine Kleine.“ Sie nimmt mich in den Arm „Willst du mir nicht erzählen, warum du aussiehst, als wäre deine Welt untergegangen?“ sie nimmt mich in den Arm nachdem ich meinen Helm und meine Stiefel weg gestellt habe.

„Meine Welt ist unter gegangen.“ Schluchze ich an ihrer Schulter.

„Was ist denn nur los? Hast du dich mit Josh gestritten? Oder liegt es an diesem Niklas?“ sie sieht mich mit großen Augen an.

„Ach Nana, Josh und ich sind doch nur Freunde…“ erinnere ich sie und sie lächelt leicht.

„Wo wir gerade bei Josh sind. Kann es sein, das der Junge lieber Jungs mag?“ sie legt ihren Kopf schief und ich muss zaghaft unter Tränen lächeln.

„Ja Nana.“ Ich nicke leicht.

„Und dieser Niklas hat dir dein Herz gebrochen?“ sie sieht mich prüfend an und wir setzen uns auf die gestapelten Heuballen.

„Ach Nana…“ ich wische mir die Tränen weg „Ich bin selber Schuld. Ich habe es zu gelassen.“

„Oh Kleines, manchmal geht das Schicksal seltsame Wege. Aber glaube mir, alles fügt sich.“ Sie gibt mir einen Kuss auf die Hände.

„Ich würde dir so gerne glauben.“ Schluchze ich.

„Glauben ist alles mein Kind und ohne Glauben ist alles nichts.“ Sie nickt mir zu.

„Oh Nana. Es tut so weh.“ Ich werfe mich in ihre Arme.

„Kopf hoch Kleines…“ sie zwingt mich sie anzusehen „Was hast du gemacht, als deine Mum und dein Dad wollten, das du Geigenunterricht wie deine Schwestern nehmen sollst?“

„Ich habe einfach die Geige kaputt gemacht und weiter Klavier gespielt.“ Ich lächle leicht.

„Was hast du gemacht als dein Dad unbedingt wollte, dass du Jura studierst?“ sie zieht eine Augenbraue hoch.

„Ich habe Medizin studiert.“ Sage ich fast trotzig.

„Siehst du meine Kleine, du bist immer deinen eigenen Weg gegangen.“ Sie küsst meine Wange.

„Danke Nana.“ Ich sehe sie an.

Sie ist die weiseste und klügste Person auf der ganzen Welt, ich weiß nicht, was ich ohne meine Nana machen würde.

„Nun wisch deine Tränen weg und komm wieder mit rein, deine Mum spekuliert schon ganz wild, das du dich von deinem Josh getrennt hast.“ Sie zwinkert mir zu.

„Oh nein.“ Ich fahre mir über die Augen und harke mich bei meiner Nana unter.

„Und keine Angst Kleines, ich sage nichts. Du bist ein großes Mädchen, aber bitte verstrick dich nicht weiter in Halbwahrheiten.“ Flüstert sie mir bittend ins Ohr und ich drücke ihr einen Kuss auf die Wange.

Im Haus erwartet mich eine Überraschung…

Zum ersten sitzt Josh mit Ava und Ella auf der Couch und zum anderen unterhalten sich Rachel und Danny mit Niklas.

„Geht es wieder? Du stehst ja heute völlig neben dir.“ Meine Mum sieht mich an und ich nicke schwach.

Mein Blick trifft den von Niklas und mein Herz zieht sich zusammen, ich sehe schnell zu Boden.

„Geht es dir nicht gut?“ Josh steht auf und nimmt mich in den Arm.

„Ich muss hier weg.“ Flüstere ich ihm ins Ohr.

„Okay.“ Er streicht mir eine Strähne aus dem Gesicht.

„Elaine? Brandon? Entschuldigt ihr uns? Ich möchte Kate gerne nach Hause bringen.“ Er sieht zu  meinen Eltern.

„Aber sicher.“ Meine Mum sieht mich weiterhin besorgt an.

„Kopf hoch Kleines…“ mein Dad drückt mich an sich „Nichts ist so schlimm, das du deswegen Tränen vergießen musst.“

„Ich weiß Daddy.“ Ich sehe ihn an und Josh reicht mir meine Jacke.

Kam es mir gestern noch warm vor, so ist es heute wieder unangenehm kühl.

„Komm Baby.“ Josh haucht mir einen Kuss auf die Stirn und legt seinen Arm um mich „Ich bringe dich nach Hause.“

Wir gehen zu meinem Auto und ich setze mich auf den Beifahrersitz.

„Nicht gut gelaufen?“ er sieht mich prüfend an und setzt sich auf den Fahrersitz.

„Nein.“ Schluchze ich und er nimmt mich in den Arm.

„Was ist denn passiert?“ er zwingt mich ihn anzusehen.

„Der Tag gestern und die Nacht waren wunderschön…“ Ich lächle leicht „Aber es war eben nur ein Tag und heute fliegt er zurück zu ihr.“

„Ich habe dir doch schon immer gesagt, dass du nicht der Typ für One Night Stands bist.“ Er schüttelt leicht den Kopf.

„Es ist Niklas.“ Sage ich leise.

„Ich weiß und genau deswegen leidest du jetzt wie ein Hund.“ Er startet den Motor und wir schlagen den Weg zu seiner Wohnung ein.

„Wann musst du morgen anfangen?“ Josh sieht mich prüfend an, als ich aus der Badewanne komme, die er mir erst einmal verordnet hat.

„Um 7 Uhr.“ Gebe ich zurück.

„Du schläfst hier, wir gucken uns jetzt einen ganz furchtbar traurigen Liebesfilm an und dann gehen wir ins Bett. Morgen sieht es schon besser aus. Versprochen Baby.“ Er küsst mich und ich lege meinen Kopf an seine Brust.

Als ich am nächsten Morgen an Josh gekuschelt aufwache, da brauche ich tatsächlich einen Moment, um mir alles, was in den letzten Tagen passiert ist wieder ins Gedächtnis zu rufen.

Aber dann stürzt es auf mich ein und ich vergrabe mein Gesicht an Joshs Brust.

„Hey Baby…“ er streicht sanft über meinen Rücken „Alles wird gut, ich verspreche es dir.“

Ich schluchze auf und Josh hält mich einfach nur fest an sich gepresst.

Ich komme tatsächlich das erste Mal in meinem Leben zu spät zur Arbeit, aber angesichts dessen, was für einen Anblick ich liefere, stellt keiner Fragen.

Ich vergrabe mich in meiner Arbeit, ich fange sogar an meiner Familie aus dem Weg zu gehen, denn ich habe kaum noch Kraft sie weiterhin anzulügen.

Mir geht es schlecht obwohl ich mit Josh doch in ihren Augen glücklich bin, wie sollen sie das verstehen?

„Dr. O’Sullivan, denken sie bitte an ihren Check up?“ Mein Chefarzt, Dr. Kavanagh, sieht mich durchdringend an.

„Ja, ich hole mir schnellstmöglich einen Termin.“ Verspreche ich ihm und setze meine OP Haube auf, mein Patient liegt schon im OP und ich will ihn nicht länger warten lassen.

„Ich bitte sehr darum.“ Fügt er nachdrücklich hinzu und ich nicke ihm zu, ehe ich beginne mich für den OP steril zu machen.

Ich atme tief durch und betrete den OP, schon seit einigen Wochen brauche ich keinen Oberarzt mehr an meiner Seite und trage die alleinige Verantwortung.

„Wir sind bereit.“ Die Anästhesistin nickt mir zu und ich bekomme meine Handschuhe gereicht.

„Carol?“ ich sehe eine der OP-Schwestern an, die mich fast immer bei meinen OPs unterstützt.

„Was gibt es Kate?“ sie sieht kurz auf.

„Kannst du mir einen Termin zum Check up machen? Kavanagh sitzt mir im Nacken.“ Ich sehe sie bittend an.

„Aber sicher, ich kümmere mich nach der OP darum.“ Verspricht sie mir und legt Musik ein. Ich höre gerne klassische Musik bei meinen OPs, so kann ich mich besser konzentrieren. Leise Klavierklänge hallen in dem sterilen Raum von den Wänden und ich beginne die OP.

Sie verläuft planmäßig und zwei Stunden später betrete ich wieder die Normalstation um nach meinen Patienten zu sehen. Ich habe meine Visite abgeschlossen, als mir Carol entgegen kommt.

„Nächsten Dienstag, 15 Uhr.“ Sie reicht mir einen Zettel. „Soll ich das Datum dazu schreiben?“ sie zieht eine Augenbraue hoch und ich grinse schief.

„Also gut…“ sie nimmt mir den Zettel wieder ab „Noch mal Kate, du hast am Dienstag den 12. Juni einen Termin bei Dr. Douglas Levine im 3. Stock. 15 Uhr, direkt nach deinem Dienst.“ Sie sieht mich an und grinst breit.

„Ich danke dir Carol.“ Ich nehme den Zettel wieder an mich und verstaue ihn in der Tasche meines Arztkittels.

Wie sollte es anders sein, verpasse ich fast trotzdem den Termin, aber dank Carol die mich erinnert, stürme ich am 12. Juni ins Sprechzimmer von Dr. Levine.

„Es tut mir leid.“ Sage ich atemlos und er lächelt.

„Kein Problem, ich nehme mal an, du bist Dr. Kate O’Sullivan.“ Er deutet auf einen Stuhl an seinem Schreibtisch und ich setze mich nickend. „Ich bin Douglas.“ Erklärt er mich lächelnd.

„Gut, ich will das hier nicht in die Länge ziehen. Hattest du in letzter Zeit Beschwerden?“ er ruft meine Akte auf seinem Laptop auf und sieht mich fragend an.

„Nein.“ Sage ich sicher.

„Das klingt doch schon Mal gut.“ Erwidert er zufrieden „Ich werde dir jetzt Blut abnehmen und dich gründlich durchchecken.“

Ich ziehe meinen Kittel aus und er nimmt mir Blut ab.

„Machst du das immer selbst?“ frage ich verwirrt.

„Nein, sonst machen das die Schwestern, aber meine Sprechstunde endet normalerweise um 15 Uhr, deshalb bin ich auf mich gestellt.“ Er zwinkert mir zu und stellt meine Röhrchen in ein Metallgestell. „Das geht morgen ins Labor.“ Erklärt er mir und ich drücke den Tupfer in meine Ellenbeuge.

Dann prüft er sämtliche Reflexe, meine Sehkraft, mein Hörvermögen und schließlich tastet er meinen Bauch ab.

„Ich möchte gerne eine Ultraschalluntersuchung machen.“ Erklärt er mir und ich nicke.

„Sicher, ist irgendetwas nicht in Ordnung?“ frage ich und mache meinen Bauch frei.

„Nein, nein. Ich will mich einfach nur absichern.“ Er zieht das Gerät neben sich, dimmt das Licht und verteilt das kalte Gel auf meinem Bauch.

Ich sehe mit auf den Monitor und dann weicht mir plötzlich sämtliche Farbe aus dem Gesicht.

„Hattest du nicht gesagt, du hattest deine Periode regelmäßig?“ fragt mich Dr. Levine zögerlich.

„Ja, hatte ich auch.“ Ich merke, wie mir das atmen schwer fällt.

Er wischt mir das Gel vom Bauch und hilft mir mich aufzusetzen.

„Tief durchatmen Kate.“ Beschwört er mich und ich versuche Luft in meine Lungen zu bekommen.

Das hier ist eine ausgewachsene Panikattacke und ich habe das Gefühl ersticken zu müssen.

„Komm schon Kate, tief ein und ausatmen…“ Douglas legt seine Hand auf meinen Rücken und ich versuche seinen Anweisungen folge zu leisten.

Nach ein paar Minuten gelingt es mir endlich und ich sehe ihn erschöpft an.

„Ich gehe mal einfach davon aus, dass das so nicht geplant war.“ Er sieht zu mir und ich schüttele meinen Kopf. „Du bist in der 8. Woche, du hast noch alle Optionen.“ Erklärt er mir.

Ich bin zu keiner Antwort fähig, in meinem Kopf läuft ein Film dem ich nicht folgen kann, aber es gibt keine Pause Taste.

„Ich möchte dich in 3 Wochen sehen, bis dahin hast du Zeit zu überlegen, was du tun willst.“ Er reicht mir ein kleines Kärtchen von sich und ich stehe wie betäubt auf.

„Sorge bitte dafür, dass dich jemand abholt, ich möchte nicht, das du so Auto fährst.“ Er reicht mir seine Hand „Hast du jemanden, der dich abholen kann?“

„Hmm.“ Ich ergreife kurz seine Hand und trete dann hinaus in den Flur.

Wie in Trance ziehe gehe ich durch die Flure und fahre mit dem Fahrstuhl nach unten.

Ich bin verwirrt, als ich mich auf dem Parkplatz wieder finde und ich greife nach meinem Handy.

Ich drücke auf die Kurzwahltaste und atme tief durch, etwas was mir mittlerweile wieder ganz gut gelingt.

„Hey Baby.“ Meldet sich Josh fröhlich.

„Kannst du mich abholen?“ frage ich mit zitternder Stimme.

„Klar doch… Ist alles Okay? Du klingst so komisch.“ Fragt er besorgt.

„Hol mich so schnell es geht am Krankenhaus ab.“ Sage ich fahrig und lege auf.

Josh braucht keine 10 Minuten, ehe er auf den Parkplatz fährt. Kaum das er angehalten hat, steige ich zu ihm ins Auto.

„Was ist los? Du machst mir Angst.“ Er sieht mich an und ich sehe ihn mit großen Augen an.

„Gott Kate sag was.“ Er legt seine Hand unter mein Kinn „Bitte.“ Sagt er eindringlich.

„Ich bin schwanger.“ Hauche ich.

„Oh mein Gott.“ Sagt er leise und ich breche in Tränen aus. „Nein, nein Baby…“ er zwingt mich ihn anzusehen „Das ist wunderbar.“ Strahlt er.

Ich kann das alles gar nicht fassen und als mich Josh eine halbe Stunde später auf meine Couch bugsiert, da stehe ich immer noch völlig neben mir.

„Gott Süße…“ Josh zwingt mich wieder ihn anzusehen „In dir wächst ein neues Leben heran. Es gibt nichts Schöneres.“ Er strahlt immer noch.

„Das Baby ist von Niklas. Wie bitte soll ich das meiner Familie erklären?“ schluchze ich auf.

Ich habe mich schon so weit in meine “Halbwahrheiten“ verstrickt, dass ich nicht weiß, wie ich da raus kommen soll.

„Wir finden eine Lösung. Wir sagen erst einmal, das Baby ist von mir.“ Er küsst meine Stirn  „Und bitte Kate, freue dich wenigstens ein bisschen.“

„Worüber denn? Gott, ich bekomme ein Baby ohne Vater, ich kann meine berufliche Laufbahn vorerst vergessen und ich verstricke mich bei meiner Familie immer weiter in Lügen.“ Ich sehe ihn verzweifelt an „Vielleicht sollte ich das Baby nicht bekommen, ich bin erst in der 8. Woche… Ich habe noch Optionen.“

„Was? Das kann nicht dein Ernst sein.“ Josh sieht mich geschockt an.

„Ich weiß nicht, was ich denken soll.“ Ich werfe mich in seine Arme.

Er lässt mich einfach nur weinen, hält mich und wiegt mich in seinen Armen.

Ich kann das alles nicht in Worte fassen und ich fühle mich schrecklich.

„Triff keine übereilte Entscheidung, schlaf ein oder zwei Nächte drüber und dann siehst du weiter.“ Bittet er mich und ich nicke, als er sich gegen Mitternacht verabschiedet.

Vor drei Tagen habe ich den Oberarztposten angeboten bekommen und nun?

Ich schlafe unruhig und wälze mich in meinem Bett hin und her. Ich träume schlecht und komme am nächsten Tag wie gerädert auf Arbeit an.

„Dr. O’Sullivan? Kommen sie in mein Büro!“ Dr. Kavanagh ruft mich zu sich, kaum dass ich auf Station bin.

Ich betrete hinter ihm sein Büro.

„Setzen sie sich.“ Bittet er mich in einem freundlichen Ton. „Ich hatte heute Morgen ein kurzes Gespräch mit Dr. Levine.“ Beginnt er und ich schließe gequält meine Augen. „Kate…“ sagt er einfühlsam und ich sehe auf, noch nie hat er mich bei meinem Vornamen genannt „ich kann mir vorstellen, dass das für sie ein Schock ist, aber ich möchte sie bitten ihre Entscheidung nicht von ihrer beruflichen Zielen beeinflussen zu lassen. Wir haben ihnen einen Oberarztposten angeboten und dieses Angebot bleibt auch noch bis nach ihrer Elternzeit bestehen. Sie sind eine ausgezeichnete Ärztin und wir wollen sie nicht verlieren. Denken sie nur daran, was sie wirklich wollen.“ Er nimmt meine Hand und drückt sie kurz. „Ich stelle sie drei Tage vom Dienst frei. Treffen sie ein Entscheidung.“ Bittet er mich und ich nicke leicht.

Ich fahre also schon 30 Minuten nachdem mein Dienst angefangen hat wieder nach Hause und rolle mich auf meiner Couch zusammen.

Ich weiß nicht, was ich machen soll…

Soll ich das Baby bekommen?

Soll ich meiner Familie wirklich auftischen es ist von Josh?

Meine Schwestern werden mich durchschauen, sie wissen dass das nicht sein kann!

Ich verkrieche mit tatsächlich zwei ganze Tage in meiner Wohnung, dann habe ich Entscheidung getroffen und mache mich auf den Weg um diese in die Tat umzusetzen.

Ich habe mir einen Termin bei Douglas geholt und er nimmt mich in Empfang.

„Ich habe nicht damit gerechnet, dich so schnell wieder zu sehen.“ Gibt er zu und fährt sich durch seine mit grauen Strähnen durchzogenen Haare.

„Ich will das Baby nicht bekommen.“ Sage ich mit zittriger Stimme und er bittet mich in sein Sprechzimmer.

„Kate…“ setzt er an.

„Nein, was soll ich dem Kind bieten? Eine Mutter die um für es zu sorgen ständig auf Arbeit ist? Ein Leben ohne den vater? Ich habe nichts, was ich diesem Kind bieten kann.“ Ich sehe ihn unter Tränen an.

„Oh doch Kate.“ Er steht auf und kommt um seinen Schreibtisch herum. „Ich habe schon viele Frauen in einer ähnlichen Situation begleitet. Ich will hier nichts schön reden, einige von ihnen haben abgetrieben…“ er lehnt sich gegen die Tischkante „Und von diesen einigen, komme ein paar mit der Tatsache klar, aber der größte Teil leider nicht. Kate, wenn du auch nur den Hauch eines Zweifels hast, dann bitte ich dich, es nicht zu tun. Der andere Teil hat sich entschlossen, das Baby zu bekommen und so unwahrscheinlich es auch jetzt erscheint, es findet sich immer ein Weg. Dein Kind braucht deine Liebe, alles andere findet sich.“ Er legt seine Hand unter mein Kinn und zwingt mich ihn anzusehen. „Wenn du das hier wirklich willst, dann gehen wir jetzt nach nebenan.“

„Nein.“ Schluchze ich und er nimmt mich in den Arm.

„Du schaffst das Kate. Wenn was ist, du weißt, wo du mich findest.“ Er nickt mir zu und ich fahre wieder nach Hause.

Wie konnte ich so etwas nur denken?

Habe ich da nicht einfach nur den schnellsten und einfachsten Weg für mich gesucht?

Als ich nach 4 Tagen wieder zur Arbeit komme, hat sich meine Schwangerschaft herum gesprochen wie ein Lauffeuer und Kavanagh bittet mich erneut in sein Büro.

„Ich möchte ihnen erst einmal gratulieren. Es freut mich, dass sie sich für ihr Baby entschieden haben.“ Er lächelt mich an und ich erwidere es.

„Sie dürfen jetzt nicht mehr alle Schichten machen und ich habe den Dienstplan dementsprechend umgestellt. Wann ist denn der Termin?“ er sieht mich gespannt an.

Gestern war ich noch einmal bei Douglas und er hat mich genau durch gecheckt und meine Werte kontrolliert. Es sieht alles sehr gut aus und ich beginne mich wirklich auf mein Baby zu freuen, alle anderen Sorgen schiebe ich erst einmal beiseite.

„Am 5. Januar.“ Gebe ich zurück und lege meine Hand auf meinen noch flachen Bauch.

„Wie ich sehe haben sie nächste Woche eine Woche Urlaub einereicht.“ Er sieht von seinen Papieren auf und ich nicke „Erholen sie sich etwas und wenn sie wieder kommen, dann startet ihr neuer Alltag.“ Er reicht mir seine Hand. „Nochmals meine herzlichsten Glückwünsche.“

„Danke Dr. Kavanagh.“ Ich ergreife seine Hand und schüttele sie erleichtert.

Nach meinem Dienst rufe ich Josh an, er hat mir in den letzten Tagen unzählige Nachrichten auf meine Mailbox gesprochen, aber ich brauchte einfach Zeit für mich ganz allein.

Er ist natürlich erleichtert dun verspricht mir, mich am Samstag zu meinen Eltern zu begleiten. Ich werde 28 und meine Schwestern haben mir eine kleine Party organisiert.

„Bereit?“ Josh sieht mich ein wenig skeptisch von der Seite an, aber ich nicke und steige aus dem Auto.

Heute ist also der Tag… Ein paar Wahrheiten kommen auf den Tisch, während andere weiter unter den Teppich gekehrt werden.

Als wir im Garten ankommen wollen die Mädchen mich sofort in Beschlag nehmen, aber ich hebe meine Hände.

„Ich spiele gleich mit euch, aber vorher muss ich mit eueren Mummys und Daddys und mit Grandma, Grandpa und Nana reden. Spielt ihr so lange alleine?“ ich sehe zu Sophie und sie nickt eifrig. Sie macht weiter Seifenblasen und ihre Schwester und ihre Cousinen jagen sie über die große Wiese.

Meine Mum hat einen großen Tisch auf der Terrasse aufgebaut und Josh nimmt meine Hand als wir an den Tisch treten.

„Bevor hier jetzt irgendetwas passiert, müssen euch Josh und ich was sagen.“ Ich atme tief durch. „Wir bekommen ein Baby.“ Sagt Josh, da ich es einfach nicht kann und meine Mum kreischt auf.

Meine Schwestern sehen mich von ungläubig bis überrascht an und Ava packt mich am Handgelenk, kaum das mich meine Mum und mein Dad aus ihren Fängen entlassen haben.

Sie zieht mich ins Wohnzimmer.

„Was ist hier los?“ sie funkelt mich an und Josh kommt hinter mir rein. Rachel und Ella folgen uns und sehen zwischen mir und Josh hin und her.

„Läuft hier so eine komische Leihmuttersache?“ Ava sieht Josh böse an.

„Gott? Was?“ er schüttelt den Kopf.

Er weiß schon eine ganze Weile, dass meine Schwestern eingeweiht sind, aber bisher haben sie es vermieden ihn darauf anzusprechen… Bisher eben.

„Aber das Baby ist von dir?“ Ella bohrt ihren Finger in seine Brust.

„Nein Ella, nein.“ Sage ich und gehe dazwischen.

„Aber von wem ist es denn?“ Ava legt ihren Kopf schief.

„Das ist egal…“ ich winke ab und merke wie mir Tränen in die Augen treten. Ich bin in den letzten Tagen wirklich sehr nah am Wasser gebaut und als ich hoch sehe, da glitzern auch Tränen in Avas Augen, obwohl sie gar nicht weiß, worum es geht. Aber sie hat auch mit den Hormonschüben einer Schwangerschaft zu kämpfen, immerhin ist sie jetzt schon im 6. Monat.

„Es wird nie ein uns geben…“ ich schlucke erneut schwer „Die Realität meint es leider nur in seltenen Fällen so gut wie bei euch und euren Männern. Josh steht mir bei und wir werden das gemeinsam durchziehen. Ich bin dankbar, das ich ihn habe.“ Ich sehe Ella an und sie nimmt ihre Hand runter.

„Du hast dich wirklich verliebt, oder?“ sie sieht mich erstaunt an.

„Ja…“ ich nicke leicht und merke wie mir einzelne Tränen über meine Wangen laufen und eine salzige Spur hinterlassen.

„Wer?“ setzt Rachel an.

„Ich werde euch nicht sagen, wer er ist.“ Sage ich leise „Niemals.“ Füge ich hinzu.

„Aber Kate.“ Ava nimmt mich in den Arm.

„Nein Ava…“ ich sehe sie traurig an.

„Früher hast du mit mir über alles geredet.“ Nun beginnt auch sie zu weinen.

„Ich weiß, aber ich kann nicht.“ Ich mache mich von ihr los.

„Können wir nach Hause? Ich fühle mich nicht gut.“ Ich sehe zu Josh und er nickt verwirrt.

„Es tut mir leid.“ Ich sehe zu Ava.

Es tut mir wirklich leid, es tut mir auch Rachel und Ella gegenüber leid, aber das muss ich jetzt ohne meine Familie schaffen…

In den nächsten Monaten baue ich meine Wohnung um und gehe meiner Familie noch mehr aus dem Weg.

Ich will sie nicht anlügen, aber die Wahrheit kann ich auch nicht sagen.

Ich spiele mit dem Gedanken Niklas anzurufen, aber ich verwerfe ihn.

Ich will ihm nicht sein Leben, welches er sich in Helsinki aufgebaut hat zerstören.

Vielleicht bin ich zu gut in diesem Punkt, denn er hat ja einen nicht unerheblichen Anteil an dem, was mir bevorsteht. Aber dennoch, ich kann es nicht…

Die kleine Pauline wird am 12. September geboren und es ist das erste Mal, das ich meine Nichte nicht gleich am Tag ihrer Geburt oder spätestens einen Tag danach sehe. Tatsächlich sehe ich sie erst zu ihrer Taufe am 22. September.

Ich halte Joshs Hand fest umklammert, als wir die Treppen zu meinem Elternhaus hinauf steigen, ich bin mittlerweile im 5. Monat und mein Bauch wächst von Tag zu Tag.

Ich drücke auf die Klingel und meine Mum fällt mir um den Hals.

„Es ist so schön dich zu sehen.“ Sie nimmt mein Gesicht in ihre Hände „Du fehlst uns.“

„Ich freue mich hier zu sein.“ Gebe ich nicht sehr überzeugend zurück.

Auch Joshs Eltern sind da und ich flüchte, nachdem sie mich an sich gedrückt haben auf die Toilette.

„Mach die Tür auf Baby.“ Josh klopft vorsichtig an und ich öffne ihm die Tür.

„Was ist los?“ er setzt sich zu mir auf den Badewannenrand.

„Ich kann nicht mehr, mir wächst das alles über den Kopf.“ Gestehe ich ihm. Schon in den letzten Wochen und Monaten habe ich gemerkt, dass wir diese Scharade nicht mehr aufrecht erhalten können.

Wir sind Freunde und wenn wir das hier noch weiter spielen, dann setzen wir schlussendlich auch das aufs Spiel. Das kann ich einfach nicht riskieren…

„Okay Baby…“ er küsst meine Stirn „Dann ist heute wohl der Tag, an dem ich die Karten auf den Tisch lege.“

„Wirklich?“ ich sehe ihn überrascht an.

„Ja, egal wann ich es sage, ich werde nie den perfekten Zeitpunkt finden.“ Er zuckt mit den Schultern.

„Ich bin da.“ Verspreche ich ihm.

„Ich weiß Baby.“ Er haucht mir einen Kuss auf die Lippen „Das bedeutet mir wirklich sehr viel.“

„Ich liebe Dich Josh.“ Ich stehe auf und nehme seine Hände in meine.

„Ich dich auch.“ Er küsst meine Hand und wir gehen gemeinsam raus.

„Geht es dir gut meine Kleine?“ mein Dad sieht mich besorgt an.

„Ja Daddy, alles gut.“ Versichere ich ihm.

„Katie…“ setzt Ava an.

„Bevor jetzt irgendjemand noch was sagt, müssen wir bzw. muss ich was sagen…“ unterbricht sie Josh und sie sieht ihn erstaunt an. „Mum, Dad…“ er sieht verunsichert zu seinen Eltern, ich drücke seine Hand und nicke ihm leicht zu „Kate und ich sind kein Paar, genau genommen waren wir nie ein Paar. Es ist nicht so, das ich sie nicht mag…“ er sieht zu mir „Sie ist wunderbar, sie ist meine beste Freundin und meine Vertraute…“ er lächelt schüchtern „Aber ich stehe nicht auf Frauen, ich stehe auf Männer.“ Er atmet tief aus, als er endlich die Wahrheit gesagt hat.

„Du bist schwul?“ seine Mum sieht ihn mit einem undefinierbaren Gesichtsausdruck an und Josh nickt langsam.

„Du bist für mich gestorben…“ sie dreht sich um und ich starre ihr geschockt hinterher.

Sein Dad mustert ihn immer noch und ich halte Joshs Hand fest umschlungen.

„Ich hatte schon immer das Gefühl, das du anderes bist.“ Spuckt er ihm fast entgegen und ich schnappe nach Luft.

„Mr. Finnegan, bitte verlassen sie mein Haus.“ Schaltet sich mein Dad dazwischen.

„Dad?“ fragt Josh leise, doch dieser schüttelt nur den Kopf.

Ich bin zu schockiert um irgendetwas zu sagen, ich sehe zu Josh und sehe wie ihm Tränen übers Gesicht laufen.

„Was hast du dir denn dabei gedacht?“ jetzt funkelt mich auch noch meine Mum an.

„Ich wollte einfach Mal meine Ruhe.“ Gestehe ich.

Ich sehe Josh an, das er kurz davor steht endgültig zusammen zu brechen und lege meinen Arm beschützend um ihn.

„Kate O’Sullivan…“ setzt meine Mum an, doch ich winke ab.

„Nein Mum.“ Sage ich nur und sehe zu Josh.

„Komm Josh. Wir gehen.“ Bestimme ich und bugsiere ihn aus der Haustür hin zum Auto und auf den Beifahrersitz.

Er sagt nichts und das macht mir Angst. Ich beschließe ihn mit zu mir zu nehmen und versorge ihn erst einmal mit einem Tee.

„Josh bitte…“ flehe ich ihn an.

„Ich habe meine Familie verloren.“ seine Augen sehen mich verloren und verzweifelt an.

„Sie beruhigen sich wieder. Ganz bestimmt.“ Ich nehme ihn in den Arm.

Man kann doch sein eigenes Kind nicht verstoßen, nur weil es ist wie es eben ist. Es ist ja nicht so, das Josh es sich ausgesucht hat.

Ich versuche ihn zu trösten, aber ich kann einfach nichts sagen, was es ihm auch nur im Entferntesten leichter macht.

Zu allem Überfluss ist meine Familie jetzt auch böse auf mich, aber das Risiko war mir durchaus bewusst.

Ich nehme erst einmal keine Gespräche an und versuche für Josh da zu sein…

Nach drei Tagen hat er sich soweit beruhigt, dass er wieder zur Arbeit geht. Ich halte mein Versprechen, ich werde immer an seiner Seite sein, egal was passiert. Am Freitag kommt sein Freund Kevin aus London und ich übergebe ihn gerne in dessen Hände.

Ehe ich genau weiß, was um mich herum geschieht, zieht Kevin zu Josh und die Beiden versuchen der Lage Herr zu werden.

Kevin ist wirklich nett und ich verstehe Josh, warum er sich in ihn verliebt hat. Er tut Josh gut und hilft ihm mit dem Schmerz umzugehen. Seine Eltern blocken immer noch jegliche Annäherungsversuche ab und auch mir wollen sie einfach nicht zuhören.

Ava, Ella und Rachel versuchen mich nicht mehr anzurufen und ehrlich gesagt bin ich froh, denn ich weiß einfach nicht, was ich ihnen sagen soll.

Ich habe wirklich keine Ahnung…

Mein Leben ist im Moment ein einziges Chaos…

Warum habe ich zugelassen, dass es soweit kommt?

Ganz einfach… ich hatte Angst und ich habe sie immer noch.

„Willst du, dass ich mit auf den Polterabend und die Hochzeit von Ava und Danny komme?“ Josh sieht mich prüfend an.

Wir haben den 20. November, nur noch 4 Tage und die große Hochzeit steigt. Aber erst einmal steht der Polterabend am Freitag auf dem Programm

„Du bist ja eingeladen.“ Ich fahre mir durch die Haare.

„Ja, aber willst du mich wirklich dabei haben?“ er nimmt meine Hand.

„Natürlich.“ Ich nicke zaghaft und sehe zu Kevin „Dich auch Kev. Ihr gehört zusammen und ich brauche euch als meine Freunde.“

„Gerne Kleines.“ Kevin nickt mir aufmunternd zu.

„Ich danke euch.“ Gebe ich gerührt zurück und kuschele mich in die Ecke meiner Couch. Wir sehen uns gerade irgendeinen alten Film an, ich mag es die Beiden um mich zu haben, denn dann fühle ich mich nicht so allein…

Meine Familie fehlt mir mehr wie ich es sagen kann, aber ich weiß auch, das meine Mum immer noch böse auf mich ist und das Ava, Ella und Rachel einfach nicht wissen wie sie mit mir umgehen sollen. Nur wie es bei meinem Dad ist, das weiß ich nicht…

Ich wünsche mir meine heile Welt von vor einem Jahr zurück.

Jetzt bin ich Ärztin, ich habe mein praktisches Jahr bestanden und kann es mit niemanden teilen. Es zerreißt mich fast…

Mein baby wächst und gedeiht, ich habe ja auch nur noch 7 Wochen bis zur Geburt und auch diesen Weg muss ich alleine gehen.

Ich kann nicht einmal jemandem die Schuld geben, denn die trage ich ganz alleine.

Am Freitag habe ich frei und ich fahre nach dem Mittag zu Josh und Kevin. Da der Polterabend bei Dannys Eltern in Ballina statt findet haben wir eine 2stündige Fahrt vor uns und ich muss mich auch noch umziehen.

Ich habe mir vor einer Woche ein kurzes dunkelblaues Kleid gekauft, welches meinen Bauch zwar nicht versteckt, aber ihn auch nicht übermäßig betont. Ich kann an der Tatsache, dass ich aussehe wie ein Heißluftballon eh nichts ändern.

Um kurz nach 16 Uhr komme ich in den Flur und sehe Josh skeptisch an.

„Nun schau nicht so…“ er drückt mir einen Kuss auf die Stirn „Du siehst wirklich hübsch aus.“

„Ich weiß nicht…“ ich streiche das Kleid über meinem Bauch glatt.

„Ich stimme Josh zu, du siehst hinreißend aus.“ Kevin kommt zu mir und gibt mir einen Handkuss.

Ich muss lächeln und Josh zwinkert mir zufrieden zu.

Ich schlüpfe in nicht allzu hohe Pumps und ziehe mir meinen schwarzen, kurzen Mantel über.

Es ist das erste Mal seit langem, das ich mich mal wieder zum ausgehen zu Recht gemacht habe und ich fühle mich ein wenig fremd in meiner eigenen Haut.

Die ganze Fahrt über versuchen mich Kevin und Josh abzulenken, aber so recht gelingen will es ihnen nicht.

Mein Herz schlägt bis zum Hals, als ich das Haus von Dannys Eltern betrete.

Danny entdeckt mich, sein Gesicht erhellt sich und er kommt zu uns.

„Es ist so schön dich zu sehen…“ er nimmt mich in den Arm „Ava hatte solche Angst, dass du nicht kommst.“ Er sieht mich traurig an.

Dann sehe ich ihn und atme tief ein.

Er hat sie in seinem Arm und mein Herz beginnt zu rasen. Es sind fast schon körperliche Schmerzen und ich versuche tief einzuatmen.

Josh und Kevin erkennen die Situation und bugsieren mich in einen kleinen Nebenraum.

Danny folgt uns und sieht mich besorgt an, als Josh mich auf einen Stuhl setzt.

„Tief durchatmen Kate…“ beschwört er mich und ich folge seinem Rat.

„Was bitte ist los? Geht es immer noch um Niklas?“ Danny sieht mich verwirrt, verstört und kraftlos an. Ich weiche seinem Blick aus und Danny sieht zu Josh, dieser nickt mir leicht zu und ich sehe zu Danny.

Tränen sammeln sich in meinen Augen.

Ich kann dieses Theater nicht mehr, es frisst mich auf und ich vermisse meine Familie so sehr.

„Es ging immer um ihn.“ Sage ich leise.

„Wie bitte?“ Danny geht vor mir in die Knie.

„Die ganze Zeit ging es immer um ihn.“ Ich merke wie sich die ersten Tränen ihren Weg bahnen.

„Das Baby ist von…“ Danny legt seinen Kopf schief.

„Niklas.“ Sage ich leise.

„Aber wann? Ich verstehe nicht.“ Er nimmt meine Hände in seine.

„Ostern.“ Flüstere ich.

„Und deswegen konntest du nicht mit Ava reden? Weil Niklas mein Cousin ist und du sie nicht in eine Situation bringen wolltest, in der sie mich anlügen muss?“ er sieht mich an und ich nicke leicht.

„Ich konnte es niemandem sagen.“ Ich starre auf meine Hände.

„Gott Katie.“ Er zieht mich vom Stuhl hoch und nimmt mich erleichtert in den Arm. „Ich habe gedacht es liegt an mir, wir haben alles zig Mal durch diskutiert und immer wieder die Frage warum. Sie vermisst dich so.“ er zwingt mich ihn anzusehen. „Ich hole sie, ich möchte morgen eine glückliche Braut.“ Er küsst meine Stirn, dann geht er zu Josh und Kevin und sie sehen sich eine Weile nur an „Danke, dass du sich um sie gekümmert hast.“ Sagt Danny schließlich und sie reichen sich die Hände.

Es dauert nicht lange und Ava kommt herein gestürmt.

„Oh Katie!“ schluchzt sie und fällt mir um den Hals „Du hast mir so sehr gefehlt.“

„Du mir auch.“ Weine ich. „Es tut mir so leid.“

„Nein Katie…“ sie zwingt mich sie anzusehen „Hör’ auf damit. Ich bitte dich, es dir doch niemand böse.“

„Mum?“ frage ich leise.

„Ich habe mein kleines Mädchen vermisst.“ Kommt es von der Tür und meine Mum breitet ihre Arme aus.

Ich laufe zu ihr und sie drückt mich an sich.

„Es tut mir so leid, dass ich dich angelogen habe.“ Wimmere ich.

„Nein, nein Katie…“ sie streicht mir meine Tränen weg „Mir tut es leid. Du wirst immer deinen Weg gehen.“ Sie küsst mich auf die Wange „Ich vertraue dir und was immer mit dem Daddy deines Babys ist.“ Sie streicht mir über den Bauch „Wir sind alle da.“ Verspricht sie mir und Ava nickt zustimmend.

Rachel, Eric, Ella und John kommen nun auch hinzu und versichern mir, das ich mich auf meine Familie verlassen kann, als Nana und mein Dad dann auch noch dazu kommen, da brechen endgültig alle Dämme und ich falle ihnen erleichtert um den Hals.

Josh und Kevin stehen etwas abseits und beobachten die ganze Szenerie.

Mein Dad lässt mich irgendwann los und geht zu Josh.

„Du bist zu einem Teil unserer Familie geworden Josh und das wird sich auch nicht ändern. Wir können deine Familie nicht ersetzen, aber du bist bei uns immer willkommen.“ Er nimmt ihn in den Arm und ich sehe Tränen in Joshs Augen glitzern.

„Dann möchte ich meiner Familie gerne Kevin vorstellen.“ Sagt Josh gerührt und deutet auf Kevin.

Nachdem alle auch ihn begrüßt haben wische ich meine Tränen weg.

„Wir sollten uns auf unserem Polterabend mal blicken lassen.“ Danny reicht Ava ein Taschentuch und sie schnäuzt sich geräuschvoll.

„Ja und Pauline muss endlich ihre Tante kennen lernen.“ Ava hält mir ihre Hand hin und ich ergreife sie.

Als wir wieder in den Salon treten, da sehe ich wie Niklas und Matilda sich küssen und am Liebsten würde ich davon gelaufen.

„Nein Kate.“ Flüstert mir Ava ins Ohr und ich sehe sie an.

Ich nicke leicht und beschließe ihm den Rest des Abends aus dem Weg zu gehen, das klappt auch mit der Hilfe meiner Schwestern ganz gut und ich atme durch, als wir draußen das Porzellan zerschlagen.

„Wie geht es dir?“ ertönt eine tiefe Stimme hinter mir und ich drehe mich langsam um.

Niklas sieht mich an und ich schlucke schwer.

„Gut und dir?“ meine Stimme zittert leicht.

„Danke, uns geht es gut.“ Er nickt mir zu.

„Oh Kate, es ist so schön dich zu sehen.“ Mina taucht hinter ihrem Sohn auf und nimmt mich in den Arm.

„Mina.“ Erwidere ich erfreut.

„Hallo Kate.“ Auch Paul kommt zu mir und zieht mich in eine Umarmung.

Dann sehen mich beide genauer an und sehen verständnislos zu ihrem Sohn.

„Niklas?“ Mina legt ihren Kopf schief und in diesem Moment taucht Matilda hinter Niklas auf und legt Besitz ergreifend ihre Hand auf Niklas’ Unterarm.

„Hat euch Kate schon ihren Freund Josh vorgestellt?“ Niklas fixiert mich.

„Ja, Danny hat uns bekannt gemacht. Ein wirklich netter junger Mann und sein Freund ist so charmant.“ Erklärt ihm seine Mum und sieht immer noch von mir zu ihm.

„Sein Freund?“ Niklas sieht verwirrt zu seiner Mum.

„Ja, du wusstest doch sicherlich, das er homosexuell ist, oder?“ sie sieht zu Matilda, die mich feindselig anstarrt.

„Ich freue mich wirklich sehr, dass ihr hier seid, aber ich muss wieder zu meiner Familie.“ Entschuldige ich mich schnell.

„KATIE!“ dieser Schrei geht mir durch Mark und Bein und ich sehe mich um.

Rachel beugt sich über unseren Dad und ich laufe zu ihnen. „Was ist passiert?“ ich setzte mich auf die Knie und versuche mein Fachwissen abzuspulen.

„Wir haben uns unterhalten, dann griff er sich an die Brust und kippte einfach um.“ Schluchzt Rachel.

Ich versuche einen Puls zu fühlen…

Nichts…

Nein Daddy!

Ich beginne ihn wieder zu beleben und Josh und Kevin eilen an meine Seite und ich weise sie an, was sie zu tun haben.

„Einen Krankenwagen schnell.“ Rufe ich und Ella läuft los.

Ich verliere jegliches Zeitgefühl und irgendwann taucht ein Sanitäter neben mir auf.

„Männlich, 59 Jahre, vermutlich Herzschlag, keine Vorerkrankungen. Reanimation seit 10 Minuten.“ Ich sehe ihn an und er verkabelt meinen Dad.

Er gibt ihm auf meine Anweisung hin verschiedene Medikamente und plötzlich setzt sein Herzschlag wieder ein.

Ich atme erleichtert durch und sehe den Sanitäter an.

„Er ist wieder da.“ Er nickt mir zu und sie heben ihn auf eine Trage.

Ich laufe bis zum Krankenwagen neben der Trage her, dann gebe ich meiner Mum einen Kuss und sie steigt zu ihm hinten ein.

Ich schließe die Türen und Ava, Ella und Rachel nehmen mich in ihre Arme.

Das Blaulicht verschwindet hinter der nächsten Straßenecke und ich atme erleichtert durch.

Plötzlich durchzieht mich ein Schmerz.

„Ah…“ ich stöhne auf und halte mich an Ava fest.

„Was ist los Katie?“ fragt sie besorgt.

Ich atme tief durch. „Ist wieder vorbei, wahrscheinlich nur ein Krampf.“ Beruhige ich sie und versuche eher mich damit selber zu beruhigen.

„Was zur Hölle denkst du dir eigentlich dabei?“ Niklas stürmt auf mich zu und schubst Ava zur Seite.

„Was willst du?“ ich sehe ihn mit aufgerissenen Augen an.

„Was ich will?“ er kommt vor mir zum Stehen „Ich will wissen, ob es stimmt.“ Er funkelt mich an.

„Was denn?“ fauche ich. „Ist dieses Kind von mir? Hast du mich die ganze Zeit belogen? Mich? Deine Familie? ...“ er hält mich am Arm fest „Weiß du, wenn es stimmt, dann sorge ich dafür, dass ich das alleinige Sorgerecht bekomme. Du bist Verantwortungslos.“ Er atmet schwer.

Im nächsten Moment trifft ihn ein Kinnhaken und er lässt mich los.

„So sprichst du nicht mit ihr. Sie hat wegen dir genug durch gemacht.“ Danny holt zu einem weiteren Schlag aus.

Danny prügelt sich für mich mit Niklas?

Aber dann sehe ich wie Josh dazwischen geht und der erste Schlag von Niklas trifft ihn.

Gott Josh!

„STOPP!“ schreie ich und halte mich an der Hauswand fest, ich sehe nach unten und Blut läuft an den Innenseiten meiner Beine hinunter.

Mir wird schwindelig und ich spüre den Aufprall kaum…

Irgendjemand spricht mit mir, aber die Worte verschwimmen zu einem undurchdringlichen Brei.

Ich merke wie ich eine Spritze bekomme und dann ist es plötzlich dunkel…

„Komm schon Katie, bitte wach auf.“ Höre ich als erstes Avas Stimme und versuche meine Augen zu öffnen. Mein Hals brennt und ich habe furchtbare Kopfschmerzen. Ich lege meine Hand auf meinen Bauch… er ist flach und ich reiße meine Augen auf.

„Hey ganz ruhig.“ Ava sitzt an meinem Bett und drückt mich ins Kissen zurück. „Es geht ihm den Umständen entsprechend gut.“ Sagt sie und eine Träne läuft ihr übers Gesicht.

„Ihm?“ ich merke wie meine Unterlippe zu zittern beginnt.

„Ja, ein wunderschöner, perfekter kleiner Junge.“ Ava lächelt und gibt mir ein Polaroidfoto.

O’Sullivan steht unten auf dem Bild, ich sehe diese kleine Portion Mensch an unzählige Maschinen angeschlossen und mein Herz droht zu zerbrechen.

„Es geht ihm gut.“ Verspricht mir Ava.

„Danke.“ Flüstere ich.

„Ich bin da.“ Sie nimmt mich in den Arm. „Die anderen wechseln sich immer bei dir und Dad ab.“ Erklärt sie mir „Hattest du dir schon über einen Namen Gedanken gemacht?“

„Matthew.“ Flüstere ich und sie lächelt.

„Ein wirklich schöner Name.“ Sie zwinkert mir zu.

„Danke.“ Ich deute auf das Wasserglas und sie reicht es mir.

Jetzt registriere ich Josh, der an einem kleinen Tisch unter dem Fenster sitz und lächelnd zu mir kommt, als er sieht, das ich wach bin.

„Ich will jetzt zu ihr.“ Ertönt eine mir ziemlich bekannte Stimme, Ava springt auf und geht raus.

„Verschwinde, du hast hier nichts zu suchen.“ Fährt sie ihn an, ehe die Tür ins Schloss fällt und Josh zu meinem Bett kommt.

„Hey, Dornröschen ist aufgewacht.“ Er sieht mich an, er hat ein ziemliches Feilchen und ich streiche ihm über die Wange.

„Halb so schlimm.“ Winkt er ab.

„Lass ihn rein.“ Sage ich leise zu ihm.

„Sicher?“ er sieht mich unsicher an.

„Ja.“ Ich nicke und er geht nach draußen, als er mit Niklas wieder ins Zimmer kommt, bugsiert er ihn auf einen Stuhl am Fußende meines Bettes.

„Lässt du uns allein?“ ich sehe zu Josh.

„Hmm.“ Er nickt unwirsch „Ich bin direkt vor der Tür.“

„Danke Josh.“ Gebe ich zurück und dann ist es still im Zimmer.

„Du wolltest reden, dann rede.“ Sage ich nach einer Weile und das eine Gerät neben mir piept schrill.

Eine Schwester kommt herein und stellt es neu ein.

„Wenn die Schmerzen nicht auszuhalten sind, dann klingele nach mir.“ Sie sieht mich an und ich nicke.

Als sie heraus geht fängt Niklas an durch Zimmer zu tigern.

„Herrgott Niklas, entweder du sagst jetzt was oder du gehst.“ Sage ich ungeduldig.

„Warum hast du mich wegen Josh angelogen?“ fragt er leise und setzt sich wieder auf den Stuhl.

„Niklas, ich habe dich nicht angelogen. Ich liebe Josh, ich liebe ihn wie einen Bruder. Ich wollte mich nicht in deine Beziehung drängen. Ich wusste, dass du mir niemals ganz gehören kannst. Du liebst sie.“ Ich weiche seinem Blick aus und sehe aus dem Fenster. Draußen ist ein neuer Tag, die Sonne steht hoch am Himmel und nur einzelne kleine Wolken durchziehen den Himmel.

„Ich liebe Dich.“ Sagt er und ich sehe erstaunt zu ihm.

Er sieht müde und fertig aus.

„Wie bitte?“ frage ich verwirrt.

„Ich liebe Dich Kate O’Sullivan. Ich liebe Dich seitdem ich dich das erste Mal gesehen habe. Ich liebe dich jeden Tag ein wenig mehr und ich liebe unseren Sohn so sehr, das es mich fast zerreißt. Ich habe alles hin geschmissen… Helsinki, Matilda… das bin nicht ich. Das war ich nie und werde ich nie sein.“ Er sieht mich atemlos an.

„Aber…“ sage ich leise.

„Nein Kate, es wird niemals wieder ein aber geben. Ich bin hier und wenn du mich noch willst, dann bleibe ich. Mein Dad kümmert sich um unseren Sohn, ich will das er in den besten Händen ist.“ Er sieht mich mit seinen großen blauen Augen an.

„Matthew, er heißt Matthew.“ Ich sehe ihn an und ihm laufen nun die Tränen übers Gesicht.

„Ich liebe Dich.“ Schluchzt er.

„Ich liebe dich auch. Ich liebe dich schon immer.“ Gebe ich zu und er nimmt mich in den Arm.

„Ich will nie wieder einen Tag ohne dich sein.“ Er nimmt mein Gesicht in seine Hände „Nie wieder Lügen.“ Bittet er mich.

„Nein, nie wieder.“ Verspreche ich ihm und endlich legen sich seine weichen, warmen Lippen auf meine.

„Dich zu verlieren, wäre das Schlimmste was mir passieren könnte.“ Gesteht er mir und streicht mir eine Strähne hinters Ohr. „Du bist so wunderschön.“ Er lächelt unter Tränen.

Ava kommt mit Danny herein und Danny atmet tief durch, als er Niklas an meinem Bett sitzen sieht.

„Erklärung bitte.“ Danny stemmt die Hände in die Hüften.

„Ich denke du wirst dich damit abfinden müssen, dass ich jetzt wieder hier wohne.“ Niklas sieht ihn an.

„Wie jetzt? Was ist mit deiner Kanzlei in Helsinki? Mit Matilda?“ er sieht ihn erstaunt an.

„Ich habe jetzt eine Familie und ganz ehrlich, das war nicht ich.“ Niklas sieht ihn an.

„Tue ihr weh und…“ setzt Ava an.

„Dein Mann hat mir deutlich gezeigt, was dann mit mir passiert und ganz ehrlich, ich habe nicht vor ihr weh zu tun.“ Versichert ihr Niklas.

„Was macht ihr hier? Solltet ihr nicht heute heiraten?“ ich sehe zu Ava und sie lächelt.

„Glaubst du allen Ernstes, dass ich ohne meinen Dad und meine kleine Schwester heirate?“ sie setzt sich auf meine Bettkante. „Wenn es euch wieder gut geht, dann heiraten wir, es ist ja nicht so, dass wir unter Zugzwang stehen.“ Sie zwinkert mir zu.

„Es tut mir so leid.“ Ich nehme ihre Hand in meine.

„Oh Katie, dich jetzt zusammen mit Niklas zu sehen…“ sie wirft ihm einen kurzen Blick zu. „… Das war alles Wert. Ich meine, warum sollte meine kleine Schwester auch einmal den gerade Weg gehen?“ sie beugt sich vor und haucht mir einen Kuss auf die Stirn. „Noch mal herzlichen Glückwunsch zu eurem kleinen Matt.“

„Ich danke dir so sehr.“ Ich lächele sie glücklich an.

„So wir lassen euch jetzt einen Moment für euch.“ Danny hält Ava seine Hand hin und sie ergreift sie strahlend.

„Danke.“ Niklas setzt sich auf den frei gewordenen Platz auf der Bettkante und nimmt meine Hand um sie zu küssen.

„Fühlst du dich soweit gut, das du zu unserem Sohn kannst?“ Niklas haucht mir einen Kuss auf die Stirn.

„Bitte.“ Erwidere ich lächelnd.

Er holt einen Rollstuhl und fährt mich über die unendlich langen Krankenhausflure bishin zur Frühchenstation.

Paul überprüft gerade die Geräte, als er uns kommen sieht.

„Kate, es tut gut dich zu sehen.“ Er nimmt mich in den Arm.

„Danke Paul.“ Ich erwidere seine Umarmung „Wie geht es Matthew?“

„Matthew also…“ er zwinkert mir zu „Es geht ihm ganz gut, er ist ein kleiner Kämpfer. Er wird noch ein paar Wochen hier bleiben müssen, aber es sieht gut aus. Wirklich gut.“ Er schiebt mich an einen der Inkubatoren heran.

„Hallo mein Engel…“ ich stecke meine Hand durch eines der Löcher und berühre Matthews kleine Hand. Er ist so wahnsinnig klein und an alle möglichen Geräte angeschlossen, aber ich weiß, er ist in den besten Händen.

„Ich bin deine Mummy.“ Sage ich leise und streichele seine kleine Hand.

Niklas legt mir seine Hand auf die Schulter und ich sehe ihn mit Tränen in den Augen an.

„Er ist wunderschön.“ Flüstert er mir ins Ohr und ich kann nur nicken.

„Es ist schön, euch zusammen zu sehen.“ Paul kommt zu uns „Ihr habt eine Menge Verwirrung ausgelöst.“

„Es tut mir leid…“ setzt Niklas an.

„Nein Nik, es muss dir nicht leid tun. Du musstest deinen Weg finden und da er dich zu Kate geführt hat, wird schon alles seine Richtigkeit haben. Ihr beide habt einen wunderbaren kleinen Sohn. Konzentriere dich nur darauf.“ Er nimmt ihn in den Arm.

„Danke Dad.“ Erwidert Niklas gerührt.

 

2 Monate später

 

„Bereit?“ Ava sieht mich an und ich nicke glücklich.

„Also gut, dann werden wir jetzt heiraten.“ Sie reicht mir ihre Hand und ich ergreife sie.

„Ja und Matt wird getauft.“ Füge ich hinzu.

„Pater Michael hat dieses Mal also alle Hände voll zu tun.“ Kichert Ava.

„Soll ja keiner sagen, mit den O’Sullivans wird’s langweilig.“ Lache ich.

„Du bist bald die einzige die nicht mehr O’Sullivan heißt.“ Gibt Ava zu bedenken.

Bisher haben alle Männer den Namen O’Sullivan angenommen, auch Danny wird das tun. Aber ich habe mich, wie schon sooft in meinem Leben, dazu entschieden das eben nicht zu tun.

Wenn ich heute diese Kirche verlasse, dann bin ich Kate Reynolds und Matthew ist Matthew Reynolds – O’Sullivan. Ich kann es meinem Dad ja nicht zumuten, das sein einziger Enkel nicht seinen Nachnamen trägt.

„Also gut Katie, machen wir unsere Männer glücklich.“ Ava atmet tief durch und wir betreten den kleinen Vorraum zur eigentlichen Kirche.

„Bis gleich.“ Sie zwinkert mir zu und wird von unserem Dad in Empfang genommen.

Erst heiraten Ava und Danny, dann ich und Niklas und anschließend wird Matthew getauft.

Nana kommt zu mir, als Ava den Gang entlang schreitet.

"Ich freue mich so für dich meine Kleine!" sie nimmt mich fest in ihren Arm.

"Ich danke dir Nana, du hattest Recht..." ich sehe sie lächelnd an "Ich habe mich nur ein einziges Mal in meinem Leben richtig verliebt und ich werde diesen Mann gleich heiraten."

"Ich habe nie daran gezweifelt." sie drückt mir einen Kuss auf die Wange und betritt dann auch das Kirchenschiff. "Ich liebe Dich Katie." sie dreht sich um und zwinkert mir zu.

"Ich dich auch Nana." ich atme tief durch und versuche meine Tränen zu unterdrücken.

Gleich werde ich den Mann heiraten, für den ich bestimmt bin.

Niklas ist mein Schicksal...

Meine enizige wahre Liebe...

Mein Leben...

Zwei Stunden später ist es wirklich vollbracht und ich drücke Matt seinen Paten, Josh und Kev, aufs Auge.

Matt hat sich prächtig entwickelt, er hat alles aufgeholt und ist ein zufriedenes kleines Kerlchen und er wird mit Liebe überschüttet…

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Epilog

Epilog

 

„Matt? Josh holt dich in 20 Minuten ab und du weißt, er wartet nicht.“ Ich klopfe an seine Zimmertür und Matt reißt sie auf.

„Ja Mum, das weiß ich.“ Er drückt mir einen Kuss auf die Stirn und verschwindet im Badezimmer

Er ist letzte Woche 18 geworden und Josh, Kev und er wollen heute Dublin unsicher machen.

„Mum? Ich will auch mit.“ Marisol, unsere Jüngste, sieht mich mit ihren himmelblauen Augen bittet an.

„Nur noch 6 Jahre, dann darfst du mit.“ Ich stupse ihr auf die Nase.

„Mum, das ist echt noch ein bisschen lang. Findest du nicht?“ sie zieht eine Augenbraue hoch.

„Nein Spatz, es ist eher noch zu früh.“ Nik tritt hinter mich und grinst sie an.

„Bei Matt, Lucas und Bryan hast du auch noch so einen Aufstand gemacht.“ Beschwert sie sich und Nik lacht leise.

„Du bist meine einzige Tochter und ich werde dich beschützen.“ Er nimmt sie in den Arm und sie kuschelt sich an ihn.

Sie würde es nie zugeben, aber sie genießt es das einzige Mädchen zu sein und von ihrem Dad immer ein klein wenig mehr umsorgt zu werden.

 

Impressum

Tag der Veröffentlichung: 22.10.2013

Alle Rechte vorbehalten

Widmung:
Meinem Mann, meinem Sohn, meinem Leben...

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