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Lost in Life


Ich kann mein Lachen nicht mehr unterdrücken und fange mir einen bösen Blick von Sam ein.
„Wäre es möglich, dass ihr Beiden jetzt mal ernst bleibt? Meine Güte, es geht um den Auftrag von Eircom…“ er fährt sich durch die Haare und ich sehe zu meinem Dad.
„Ehrlich Sam, es tut mir leid.“ Versucht es mein Dad und bricht doch nur wieder in Gelächter aus.
Ich weiß einfach nicht, was heute Morgen mit uns los ist, aber mein Dad und ich brauchen uns nur anzusehen und schon fangen wir an zu lachen.
„Mal ehrlich, ihr benehmt euch wie kleine Kinder.“ Sam steht auf und geht um den großen Konferenztisch herum. „Könntet ihr euch wenigstens ein paar Minuten konzentrieren? Wir müssen wenigstens Mal kurz den Tagesablauf besprechen.“ Er nimmt sich eine Mappe zur Hand und sieht erst mich und dann meinen Dad an.
„Wir geben uns Mühe.“ Erwidere ich und kneife meine Lippen zusammen.
„Also gut, Jamie…“ er sieht zu wieder zu meinem Dad „Du hast um 10 Uhr einen Termin bei Mr. Cavanagh wegen der neuen Werbekampagne für Rush. Anschließend müsstest du die Probedrucke für Allistor bei der Druckerei abholen und sie mitbringen, wir müssen uns heute Mittag kurz zusammen setzen und noch einmal die Präsentation für morgen durch gehen.“ Er nickt meinem Dad zu und dieser tippt auf seinem I-Pad herum. „Charlie, du musst bitte die Neueingänge durch gehen. Jamie, du kannst ihr ja noch ein bisschen helfen. Wir müssen schauen, was in den nächsten Wochen auf uns zu kommt. Dann musst du bitte bei Allistor vorbei und die letzten Einzelheiten für morgen besprechen. Wir sehen uns dann alle zum Mittag wieder hier.“ Er sieht von seiner Mappe auf und schiebt mir einen Stapel mit Akten rüber.
Ich sehe zu meinem Dad und wir fangen wieder an zu lachen.
„Euch ist heute echt nicht mehr zu helfen.“ Winkt Sam ab und verlässt den Konferenzraum. Ich weiß, er ist nicht böse, aber wenn es nach ihm geht, dann muss immer alles haarklein geplant sein. Mein Dad und ich sind da ein wenig anders, wir nehmen es wie es kommt…
„Was ist denn nur mit dir los?“ mein Dad sieht zu mir.
„Was ist denn mit dir los?“ erwidere ich lachend.
„Du benimmst dich wie 12 und nicht wie 22.“ Rügt er mich.
„Ha, ha…“ ich halte mir den Bauch, weil ich schon fast Bauchschmerzen vom lachen habe „… Du bist 54 und benimmst dich wie 12, selbst dein kleiner Bruder hat die Flucht ergriffen.“
„Meinst du, er ist böse?“ er sieht auf die geschlossene Tür.
„Ach was, du kennst Sammy doch…“ winke ich ab. „Heute Mittag ist wieder alles in bester Ordnung, er mag es nur nicht, wenn wir seine Autorität untergraben.“
„Haben wir das?“ grinst mein Dad.
„Ein bisschen…“ ich zwinkere ihm zu und schiebe ihm einen Teil der Akten hin.
Eine Weile arbeiten wir tatsächlich still vor uns hin. Sein Handy klingelt und I´ve got to move it dröhnt durch den Raum. Ich lache und er geht grinsend raus.
Ich packe die Akten zusammen, ich werde später die Aufträge in den Computer eingeben.
„Du wirst es nicht glauben…“ mein Dad kommt wieder hinein gestürmt und wirbelt mich durch die Luft, meine langen braunen Haare fliegen um meinen Kopf.
„Was?“ frage ich hibbelig.
„Das war gerade Eircom, wir bekommen den Auftrag!“ jubelt er und ich nehme ihn in den Arm.
„Das ist der Wahnsinn, mit dem Auftrag haben wir die nächsten Jahre ausgesorgt. Weißt du, um wie viel es da geht?“ ich sehe ihn mit großen Augen an.
„Ja mein Schatz, ich habe die Verträge aufgesetzt.“ Er zwinkert mir zu.
„Kannst du den Probedruck abholen und dann zu Allistor fahren? Ich muss morgen Nachmittag in Ballina sein und ich muss mich mit Sam noch wegen den letzten Details unterhalten.“ Er sieht mich bittend an.
„Aber klar.“ Ich gebe ihm einen Kuss auf die Wange und seine grasgrünen Augen strahlen mich an.
„Danke Schätzchen…“ er läuft aus dem Konferenzraum „Ich liebe Dich!“ er dreht sich kurz um und schickt mir einen Luftkuss.
„Ich dich auch!“ rufe ich ihm hinterher und gehe in mein Büro.
Eine halbe Stunde später mache ich mich auf den Weg zur Druckerei und als ich um 12:30 Uhr wieder im Büro bin, da ist mein Dad schon los.
Ich klopfe an Sams Bürotür und trete ein.
„Hey Sam, ich habe alles mit Allistor besprochen, die Präsentation ist fertig und auf meinem USB Stick.“ Ich setze mich auf seine Tischkante.
„Das klingt toll Kleines. Ich soll dir von Jamie sagen, das er nur eben nach Hause packen ist, er fährt morgen früh gleich los und hat noch bis heute Abend spät Termine. Du sollst dir bitte irgendwas warm machen oder mit zu mir und Jen kommen.“ Er zwinkert mir zu.
„Hmm, ein Essen zu Hause allein oder bei meinem Lieblingsonkel und meiner Lieblingstante?“ ich tue als müsste ich nachdenken.
„Mach dir keine Mühe, ich habe Jen schon angerufen.“ Lacht er, ich beuge mich über den Tisch und gebe ihm einen Kuss auf die Wange.
„Super.“ Freue ich mich „Ich gebe jetzt die neuen Aufträge in den Computer ein.“ Erkläre ich ihm und gehe in mein Büro.
Ich arbeite jetzt seinem Jahr in unserer Firma, nachdem ich mit 18 mit der Schule fertig war habe ich die Business School hier in Dublin besucht und anschließend noch an der IT Fachschule Grafik und Designkurse besucht. Klar, ich bin noch jung, aber ich stehe mitten im Geschäftsleben. Es war immer schon klar, das ich so schnell wie möglich bei Avery Inc. einsteigen werde. Ich meine, wer lässt sich schon die Chance entgehen bei einer der Besten Marketingagenturen Dublins zu arbeiten?
Ich jedenfalls nicht… Was auch ein wenig damit zu tun hat, dass ich Anteile an der Firma besitze.
In meinem ersten Jahr als Marketingassistentin habe ich beachtliche Erfolge erzielt und mein Dad und mein Onkel sind wirklich stolz auf mich. Ich bin die Einzige, die die Firma irgendwann übernehmen kann. Mein Onkel und meine Tante haben leider keine Kinder und tja, da bin dann wohl nur ich und die beiden Avery Männer sind wahnsinnig stolz darauf, dass ich mich so gut eingearbeitet habe.
Ich bin eben durch und durch die Tochter meines Vaters, das kann er gar nicht abstreiten. Schon alleine wenn man uns sieht ist es glasklar, das er mein Vater ist. Die gleichen grasgrünen Augen, die gleichen vollen Lippen und beide haben wir hellbraune fast schon dunkelblonde Haare. Seine sind zwar mittlerweile mit einigen Grauen durch setzt, aber das macht ihn seiner Meinung nach nur noch interessanter.
„Kommst du Charlie?“ Sam lehnt sich gegen den Türrahmen und ich sehe auf.
„Schon so spät?“ ich reibe mir die Schläfen.
„Ja Kleines, komm Jen wartet.“ Er nickt mir zu und ich sehe ihm hinterher.
Er ist das Gegenteil von meinem Dad. Blond, nicht so groß wie er und graublaue Augen. Nur von der Statur her sind sie sich ähnlich, breite Schultern und ziemlich imposant.
Ich fahre meinen Laptop runter und packe die Akten in den Schrank ehe ich in den Flur trete.
Tatsächlich sind wir die Letzten, alle anderen sind schon weg.
„Na komm schon.“ Sam bietet mir seinen Arm an und als ich mir meine dicke Winterjacke angezogen habe, harke ich mich bei ihm ein.
„Ich fahre dir hinterher.“ Ich lächle ihn an, als wir in der Tiefgarage aussteigen und gehe zu meinem Wagen.
„Du kannst auch bei mir mitfahren. Komm schon Charlie, dann kannst du ein Glas Wein mit uns trinken und ich nehme dich morgen früh wieder mit her.“ Er zwinkert mir zu.
Ich schließe meinen Wagen mit der Fernbedienung wieder ab und ich gehe zu ihm.
„Überredet.“ Grinse ich und steige auf der Beifahrerseite ein.
Wir alle drei fahren einen BMW X7 mit dem Firmenlogo auf den Türen und auf der Heckscheibe. Unser Logo ist silbergrau und die Autos sind dunkelblau, das passt gut… finde ich, ich habe es schließlich entworfen.
„Was hat Jen denn Schönes gekocht?“ ich sehe zu Sam, nachdem ich sein Radio umgestellt habe.
„Sie wollte Hühnchen und Brokkoli machen, dein Lieblingsessen, aber psst ich soll es dir nicht sagen.“ Gibt er zurück und schaltet den Radiosender wieder zurück.
„Komm schon Sam, bei der Musik schlafe ich ein.“ Gebe ich mürrisch zurück.
„Und? Ich bin keine 20 mehr, so wie du. Bei deiner Musik fliegen mir die Ohren weg.“ Lacht er und steuert das Auto sicher durch den Stadtverkehr in Richtung Swords, dort haben Jen und Sam ihr Haus und mein Dad und ich wohnen nicht weit weg in Malahide, direkt am Wasser. Ich liebe es dort zu wohnen…
„Ich bin keine 20.“ Gebe ich zurück und kann mir ein Grinsen nicht verkneifen.
„Ach nein, unsere Kleine ist ja schon 22.“ Er zieht eine Augenbraue hoch.
Ich bin erst vor zwei Wochen 22 geworden und ich bin stolz darauf endlich 22 zu sein.
Nach einer halben Stunde fahren wir die Auffahrt hoch und Sam parkt das Auto in der Garage. Wir steigen beide aus und stöhnen auf, der Tag hatte es in sich…
Unsere Blicke treffen sich und wir lachen beide. Wir betreten das Haus durch die Tür die von der Garage in den Flur führt.
„Da seid ihr ja endlich!“ Jen kommt um die Ecke gefegt und gibt ihrem Mann einen Kuss ehe sie mich in ihre Arme zieht.
„Na meine Kleine, ich habe dir Hühnchen und Brokkoli gemacht.“ Sie strahlt mich an.
„Ich weiß, Sam hat es mir verraten.“ Ich sehe grinsend zu ihm.
„Na danke.“ Gibt er mit einem schiefen lächeln zurück.
„Das ist deine Strafe dafür, dass ich mir deine blöde Musik anhören musste.“ Ich strecke ihm die Zunge raus und hänge meine Jacke auf.
Ich fühle mich bei Sam und Jen wie zu Hause, denn ich habe hier seit frühster Kindheit viel Zeit verbracht.
„Verräter.“ Jen straft Sam mit einem bösen Blick und wir gehen in die Küche.
Es duftet herrlich und wir setzen uns alle an den großen Esstisch.
Das Essen ist wie immer ausgezeichnet und ich reibe mir den Bauch, als wir fertig sind.
„Mal ehrlich Charlie…“ Jen sieht mich belustigt an „Wo lässt du das alles?“
„Hier drin.“ Ich deute auf meinen Bauch und sie lacht.
„Du siehst aus, als würde dir deine Familie nicht genug zu Essen geben.“ Lacht Sam und ich erwidere es.
„Wenn du auch so toll wie ich aussehen willst, dann musst du deinen Hintern auch mal in ein Fitnessstudio bewegen.“ Ich ziehe eine Augenbraue hoch. Den einzigen Sport den Sam betreibt, ist anderen beim Sport zuzusehen. Bevorzugter Weise Tennis und Golf…. Gähn!
„Ich rufe mal eben Dad an und sage ihm, dass ich bei euch schlafe. Nicht das er sich noch Sorgen macht.“ Ich stehe auf dun hole mein Handy aus der Tasche.
„Dad.“ Sage ich in den kleinen Lautsprecher.
„Wähle Dad an.“ ertönt die Stimme meiner Handys und Jen schüttelt lachend den Kopf.
„Kein Wunder, das ihr jungen Leute keinen Finger mehr krumm macht.“ Sie beginnt den Tisch abzuräumen und ich lache auf.
„Na Schätzchen.“ Ertönt die Stimme meines Dads in diesem Moment.
„Hey Daddy, ich schlafe heute bei Sam und Jen. Wo bist du denn gerade?“ ich trete an die große Terrassentür und sehe in den Garten.
Es ist Mitte November und es ist schon stockdunkel, obwohl es gerade einmal kurz nach 18 Uhr ist.
„Alles klar Schätzchen, dann weiß ich Bescheid. Ich bin noch mit Kev im Club, wir gönnen uns gleich noch eine Runde Squash.“ Erwidert er fröhlich.
„Dann viel Spaß! Wir sehen uns morgen Abend, wenn du zurück bist.“ Erwidere ich.
„Danke Schätzchen. Ja, bestell Sam, er soll mir die Vorverträge noch auf meinen Laptop schicken…“ erklärt er mir „Macht euch einen schönen Abend. Ich liebe Dich Schätzchen.“
„Ich dich auch Daddy. Ich sag es Sam.“ Gebe ich zurück und lege auf.
„Was sagst du Sam?“ er kommt mit einer Flasche Wein aus der Küche und sieht mich fragend an.
„Du sollst Dad die Vorverträge morgen früh auf seinen Laptop schicken.“ Gebe ich zurück und nehme ihm die Gläser ab um sie auf den Couchtisch zu stellen.
Wir setzen uns alle gemütlich hin und als ich Jens Gesichtsausdruck sehe muss ich grinsen.
„Na, nun frag mich schon. Wir haben uns ja auch 5 Tage nicht gesehen.“ Lächle ich und Sam schenkt uns Wein ein.
„Was macht die Liebe?“ fragt sie mich breit grienend.
„Du wirst es nicht glaube…“ setze ich an und nehme einen Schluck Wein „…aber seit Freitag ist nichts passiert. Eigentlich wollte ich ja mit Freunden am Wochenende weg, aber Dad und ich haben noch den Allistor Auftrag zu Ende gemacht.“ Erkläre ich ihr.
„Ach Kleines, du bist nur einmal jung.“ Tadelt sie mich.
„Ich finde meinen Sam schon noch.“ Ich zwinkere Sam zu und er lacht.
„Lass ihr Zeit Jen, unsere Kleine macht das schon.“ Nimmt er mich in Schutz.
„Was läuft denn im Fernsehen?“ Sam schaltet den großen Plasmafernseher an und wir lassen uns von irgendeiner völlig sinnfreien Fernsehsendung berieseln. Es ist Montag, was verlangen wir eigentlich?
Um 23 Uhr gehen wir alle ins Bett und ich gehe die Treppe hoch ins Gästezimmer. Eigentlich ist Gästezimmer falsch, denn ich bin der einzige Gast, der es benutzt. Es ist eher mein zweites Zimmer, hier sind Anziehsachen und alles mögliche andere von mir.
„Gute Nacht Kleines!“ Jen nimmt mich in den Arm bevor ich ins Zimmer schlüpfe.
„Bis morgen früh. Schlaft schön.“ Wünsche ich den beiden und ziehe die Tür hinter mir zu.
In diesem Zimmer habe ich nur ein Einzelbett und das ist ein Hochbett, aber ich liebe es hier zu sein. Ich fühle mich dann immer wieder wie ein Teenager, zu der zeit habe ich viel zeit hier verbracht.
Ich ziehe mich um und kuschele mich in meine Decke. Ich schlafe schnell ein und werde erst vom Klopfen von Jen geweckt.
„Aufstehen Schlafmütze!“ ruft sie und ich grummele.
„Komme.“ Sage ich schließlich und klettere die Leiter runter.
Ich ziehe mir meine Sweatjacke über mein Top und laufe in Schlafanzughose in die Küche. Jen schiebt mir eine Tasse Kaffee und eine Schale Müsli über den Tisch.
Ich brauche morgens einfach ein bisschen Ruhe um zu mir selbst zu finden.
„Guten Morgen Kleines.“ Sam haucht mir einen Kuss auf die Haare.
Ich ziehe mein rechtes Bein an und trinke erste einmal einen großen Schluck Kaffee.
„Morgen.“ Gebe ich zurück und er grinst.
Er gehört zu den Menschen, die schon am frühen Morgen gut drauf sind, was sich meiner Meinung nach ganz und gar nicht gehört.
„Komm schon Kleines, lächele für mich.“ Zieht er mich auf.
Ich löffle mein Müsli aus und stehe langsam auf.
„Ich gehe schnell duschen.“ Nuschele ich und schlurfe die Treppe wieder hoch. Ich ziehe mir eine dunkel Jeans, eine hellblaue Bluse und einen schwarzen Blazer aus dem Schrank und gehe bewaffnet mit neuer Unterwäsche ins Bad. Ich schnappe mir meine Zahnbürste und trete unter die Dusche. Ich bin gut darin mehrere Sachen gleichzeitig zu machen…
10 Minuten später steige ich aus der Dusche und trockne mich ab. Ich rubbele meine Haare halbwegs trocken und föhne sie. Sie fallen mir in leichten Wellen über die Schultern und rahmen mein Gesicht ein. Ich schminke mich leicht und gehe dann ins Zimmer um mich umzuziehen. Ich ziehe mir schlussendlich meine schwarzen Lieblingsstiefel an und gehe wieder runter.
„Guten Morgen.“ Sage ich nun deutlich fröhlicher und Jen gibt mir einen Kuss auf die Wange.
„Können wir?“ Sam sieht von seiner Zeitung auf und ich nicke.
„Aber sicher, ich warte nur auf dich.“ Gebe ich zurück.
Er schüttelt lachend seinen Kopf und ich ziehe mir meinen Mantel über.
Ich nehme Jen in den Arm und sie verabschiedet sich von ihrem Mann. Auf dem Weg zum Büro setze ich mich durch und wir hören meine Musik.
Als wir endlich im 7. Stock unseres Bürogebäudes ankommen, sind schon fast alle da.
Ich spreche kurz mit meiner Sekretärin Amy und dann planen Sam und ich den Tagesablauf.
„Also, mach du deine Arbeit von gestern fertig, um 13 Uhr fahren wir zu Allistor.“ Sam nickt mir zu und ich gehe in mein Büro.
„Möchtest du einen Kaffee?“ Amy sieht mich fragend an.
„Einen?“ grinse ich und sie geht lachend in unsere Kaffeeküche um mir kurz darauf einen großen Becher Kaffee hin zu stellen.
„Ich danke dir.“ Sage ich seufzend und sie geht grinsend an ihren Schriebtisch.
Als gegen 10 Uhr mein Handy klingelt, gehe ich ohne aufs Display zu sehen ran.
„Charlotte Avery.“ Melde ich mich gut gelaunt.
„Guten Tag Miss Avery, hier ist das Ballina Central. Kennen sie einen Mr. James Daniel Avery?“ ertönt eine mir unbekannte Stimme am anderen Ende.
Sofort dreht sich mein Magen um und ich bekomme kaum noch Luft.
„Ja, er ist mein Dad.“ Gebe ich mit zittriger Stimme zu.
„Könnten sie bitte her kommen? Ihr Vater hatte einen schweren Autounfall.“ Sagt sie ganz ruhig und ich habe das Gefühl mich gleich übergeben zu müssen.
„Ich komme so schnell wie möglich.“ Beeile ich mich zu sagen.
„Melden sie sich bitte an der Information.“ Fügt sie hinzu und ich lege einfach auf ohne mich zu verabschieden.
Ich springe von meinem Stuhl auf und laufe in Sams Büro.
„Ich muss sofort weg.“ Meine Stimme zittert immer noch und er sieht besorgt auf.
„Was ist los Kleines?“ er steht auf und nimmt mich in den Arm „Du bist weiß wie die Wand.“
„Dad hatte einen Unfall, das Krankenhaus in Ballina hat mich angerufen. Ich muss sofort zu ihm.“ Erkläre ich ihm den Tränen nahe.
„Klar doch. Soll ich mitkommen?“ Sam drückt mich an seine Brust.
„Nein, kannst du dich hier um alles kümmern?“ ich sehe fragend auf.
„Aber sicher Kleines. Bitte fahr vorsichtig.“ Ermahnt er mich.
„Ich melde mich.“ Ich gebe ihm einen Kuss auf die Wange.
„Alles wird gut Kleines.“ Sagt er leise und ich versuche zu nicken.
Ich hole meine Jacke und 15 Minuten später bin ich auf der M4 in Richtung Ballina. Eigentlich muss ich immer nur dieser Straße folgen und der Weg ist einfach, aber ich habe solche Schwierigkeiten mich aufs Fahren zu konzentrieren, das ich zwei Mal die falsche Ausfahrt nehme. 2 ½ Stunden nach dem Anruf stürme ich in die Klinik.
„James Daniel Avery.“ Sage ich atemlos zu der Schwester.
„Warten sie, ich hole jemanden…“ mit diesen Worten beginnen die schlimmsten drei Tage in meinem Leben.
Ich höre das monotone Piepsen der Geräte und lehne mein erhitztes Gesicht an die kühle Fensterscheibe. Ich höre wie jemand das Zimmer betritt und seufze leise. Ein paar Minuten lang ist Stille.
„Kann ich noch was für dich tun?“ fragt eine unsichere Stimme.
Ich drehe mich herum und sehe in das Gesicht einer jungen Krankenschwester. Sie ist vielleicht in meinem Alter, vielleicht sogar noch ein oder zwei Jahre jünger. Ihre blauen Augen sehen mich abgehetzt und unsicher an.
„Nein.“ Sage ich leise.
Eigentlich mehr zu mir selbst als zu ihr.
Dann verlässt sie fluchtartig das Zimmer und ich setze mich auf den Stuhl neben dem Krankenbett, vorsichtig streiche ich meinem Dad über die Wange. Er sieht aus als würde er nur schlafen, aber ich weiß, dass es nicht so ist. Die Schnittwunden in seinem Gesicht und die unzähligen Geräte an die er angeschlossen ist, lassen mich nicht weiter in diese Illusion eintauchen.
„Verräter.“ Flüstere ich und Tränen bahnen sich ihren Weg. Ich versuche schon so lange stark zu sein, aber ich kann nicht mehr…
So weit weg erscheint mir unser letztes gemeinsames Zusammensein, dabei ist es gerade mal 4 Tage her.
Hätte ich da schon gewusst, dass ich ihn das Letzte Mal in meinen Armen halten würde, dann hätte ich ihn nicht gehen lassen…
Ich hätte ihn angefleht nicht zu fahren.
Ich hätte Himmel und Hölle in Bewegung gesetzt, damit er nicht fährt.
Nun sitze ich hier an seinem Bett und streichle unablässig seine Hand, das ist das Einzige, was mir geblieben ist…
Die Panik die ich seit Dienstagmorgen habe, lässt sich nicht mehr abschütteln, sie bestimmt mich ganz und gar. Sie hat sich in meine Eingeweide gefressen und ich zittere am ganzen Körper. Ich kann gar nicht damit aufhören.
Ich habe Mühe, das was die letzten drei Tage um mich herum geschehen ist zu verarbeiten.
Nachdem ich mich an der Information gemeldet hatte ging alles sehr schnell… Sie brachten mich zu ihm und erklärten mir, dass er sehr schwere Kopfverletzungen erlitten hatte und das Warten begann…
In den letzten Tagen haben bestimmt 20 Ärzte unzählige Tests mit ihm gemacht. Wie viele Ärzte hat dieses Krankenhaus?
Bei jedem Test saß ich geduldig daneben und harrte der Dinge die kommen würden.
Nun ist es Donnerstagabend und nichts hat sich getan, ich sitze hier, halte seine Hand und weine.
Jetzt endlich weine ich, ansonsten würde ich an meiner Trauer, meiner Wut und meiner Verzweiflung ersticken.
Ich konnte Sam nur mit Mühe und Not überreden nicht her zu kommen, aber einer muss sich um die Firma kümmern.
Solange bis Dad wieder gesund ist… ich schließe bei dem Gedanken daran gequält meine Augen. ich weiß längst, auf was das alles hinaus läuft.
Ein klopfen reißt mich aus meinen Gedanken und ein älterer Arzt tritt ins Zimmer.
„Hallo Charlotte.“ Begrüßt er mich und ich nicke nur, bestimmt hat er sich irgendwann in den letzten Tagen vorgestellt, aber sein Name will mir nicht einfallen.
Es waren einfach zu viele.
„Ich muss mit dir reden…“ er nimmt sich einen Stuhl und setzt sich zu mir „… Wir haben in den letzten Tagen alles versucht um deinem Dad zu helfen, aber seit dem Unfall sind keine Hirnströme mehr messbar. Wir müssen darüber reden seine Geräte auszustellen.“ Er will meine Hand nehmen, aber ich ziehe sie ruckartig weg.
„Nein.“ Entweicht es mir.
„Hör zu Charlotte, ich weiß, dass es eine schwere Situation für dich ist, aber wir können nichts mehr für ihn tun.“ Er berührt mich leicht am Oberarm.
Mein Kopf arbeitet auf Hochtouren, ich will es einfach nicht verstehen.
„Nein.“ Wiederhole ich.
„Charlotte.“ Er sieht mich mitleidig an. „Ich weiß wirklich, wie schwer das alles für dich sein muss.“ Seine grauen Augen blicken direkt in meine Seele. „Dein Dad war Organspender, wir haben alle Papiere und wir müssen eine Entscheidung treffen. An seinem Zustand wird sich nicht mehr ändern. Glaub mir, wir haben alles versucht.“
Seine Stimme klingt ruhig und eindringlich, tatsächlich schafft er es, dass ich über seine Worte nachdenke. Schlussendlich gewinnt mein gesunder Menschenverstand Oberhand.
„Wann?“ frage ich leise.
„Nimm dir die Zeit die du brauchst, ich warte draußen.“ Sagt er und verlässt fast geräuschlos das Zimmer.
Also jetzt…
Ich setze mich zu meinem Dad aufs Bett und kuschle mich an ihn.
„Daddy warum?“ schluchze ich und umklammere seine Hand mit meiner.
Zu meiner Trauer kommt ganz plötzlich noch ein ganz anderes Gefühl, ich stehe auf, gehe zum Fenster und starre in die Dunkelheit. Ich drehe mich ruckartig um…
„Warum? Warum Daddy?“ sage ich nun etwas lauter und beginne erneut zu weinen „Du bist ein Verräter! Du hast gesagt, du lässt mich niemals allein…“ ich sehe wieder aus dem Fenster „… Und jetzt?“ ich drehe mich um und laufe zu seinem Bett, ich lege mich wieder zu ihm. „Ich liebe Dich so sehr!“ schluchze ich an seiner Brust „Ich muss dich jetzt gehen lassen.“ Sage ich leise „Du wirst immer ein Teil von mir sein. Ich liebe Dich so sehr! Bestell Mummy und Logan einen Gruß von mir. Ich liebe sie und vermisse sie!“ damit stehe ich auf und gehe langsam zur Tür. Ich stütze mich mit einer Hand am Türrahmen ab und mit der anderen reibe ich mir über die Augen.
Das Leben ist ungerecht, viel zu oft habe ich das schon miterleben müssen.
Ich habe ihn verloren und kann nichts dagegen tun.
Ich wische meine letzten Tränen beiseite und trete in den grell beleuchteten Flur.
„Geht es?“ der Arzt sieht mich besorgt an.
Ich nicke nur und wir beide betreten wieder das Zimmer, dann geht er zu den Geräten und drückt verschiedene Knöpfe, plötzlich ist es still im Zimmer, kein Piepsen und monotones Summen der Geräte mehr. Es ist so unwirklich, in den letzten Tagen habe ich diese Geräusche fast nicht mehr wahr genommen und jetzt wo sie verstummt sind, fehlen sie mir plötzlich.
„Er wird in 10 Minuten abgeholt. Das Transplantationsteam wartet auf ihn.“ Er sieht mich an und ich nicke schwach. „Die Beatmung bleibt angestellt.“ Erklärt er mir mit einem Blick auf die Beatmungsmaschine. „Ich warte draußen auf dich.“
„Mach die Augen auf Daddy. Sie mich an.“ bete ich und flehe ich… aber nichts passiert.
Ich starre meinen Dad an.
Das soll es jetzt
Eine Weile stehe ich einfach nur da und Tränen laufen über meine Wangen, dann gehe ich zu ihm und nehme seine Hand.
„Ich liebe Dich Daddy und ich danke dir!“ ich küsse ihn auf die Stirn und lege mich an seine Seite. Ich halte seine Hand und bitte in ihn leise mich nicht alleine zu lassen.
10 Minuten später kommt eine Schwester und ich stehe auf und sehe hinterher, wie sie ihn hinaus schieben.
Der Arzt kommt wieder und ich sehe ihn verzweifelt an, aber kein Ton kommt über meine Lippen.
„Charlotte, kannst du bitte kurz mitkommen?“ er sieht mich bittend an und ich nicke langsam.
Ich folge ihm wie in Trance in sein Büro und er bietet mir einen Platz gegenüber seinem eigenen an. Mein Blick fällt auf das Namensschild – Oliver McAdams M.D. –
Nun weiß ich wenigstens wie er heißt, auch wenn mich das gerade gar nicht interessiert.
Er reicht mir einen Zettel über den Tisch, Totenschein steht oben auf der Seite und ich schließe gequält die Augen, ich straffe meine Schultern und sehe wieder auf das Blatt Papier. Die Zeilen verschwimmen immer wieder vor meinen Augen.
Name: James Daniel Avery
Geburtsdatum und Ort: 12.03.1958 Dublin

Todesursache: Gehirnversagen nach einem schweren traumatischen Unfall mit Multiorganversagen, Organe zur Spende frei gegeben
Todeszeitpunkt: 15.11.2006 (Abschaltung der peripheren lebenserhaltenden Maßnahmen 19:42 Uhr in Absprache mit der Tochter Charlotte Elisabeth Avery, Überstellung an das Transplantationsteam)

Ganz unten steht sachlich Richtig und Bestätigt.

„Bei bestätigt bitte.“ Sagt Dr. McAdams und reicht mir einen Kugelschreiber.
Ich unterschreibe mit zitternder Hand und er tut es mir gleich, dann sehe ich zu ihm hoch.
„Können sie mir sagen wo hier in der Nähe ein Hotel ist?“ ich reibe mir müde die Augen. Ich brauche dringend Schlaf…
„Warte kurz, ich telefoniere mal eben.“ Er sieht mich an und greift zum Telefon, nach ein paar Minuten sieht er wieder zu mir.
„Ich habe mit meiner Frau gesprochen, wir haben ein kleines Bed und Breakfirst. Du kommst mit mir mit, du hast seit 72 Stunden nicht geschlafen und ich möchte nicht, das du noch Auto fährst.“ Sagt er bestimmt und ich kann nur nicken.
Mir ist einfach alles egal…
Ich will nur schlafen und vergessen…
Ich will langsam aufstehen, aber meine Beine versagen ihren Dienst.
„Warte hier, ich ziehe mich um und hole dich dann ab.“ Sagt er ruhig zu mir und bugsiert mich wieder auf den Stuhl.
Ich sitze wie betäubt und warte auf ihn.
Es macht keinen Unterschied, ob ich nun 10 Minuten warte oder 10 Stunden. Ich habe schon längst kein Zeitgefühl mehr, das ist mir irgendwann in den letzten Tagen gänzlich abhanden gekommen.
Er kommt umgezogen zu mir und führt mich behutsam zu seinem Auto. Er setzt mich auf den Beifahrersitz und schnallt mich an. Ich bin kaum in der Lage mich zu bewegen und starre einfach aus dem Fenster.
Eine Weile fahren wir schweigend über die dunklen Straßen. Plötzlich sehe ich zu ihm und stelle eine Frage die mir seit Stunden durch den Kopf geht.
„Hat er was gespürt?“ frage ich leise.
Er bremst ab und fährt rechts ran, dann sieht er mich an und nimmt meine Hand. „Nein, ich kann dir versprechen, dass er nichts mehr gespürt hat. Alles was ihn ausmachte war schon lange weg.“
Nun fange ich an zu weinen und er nimmt mich in den Arm, nach ein paar Minuten sehe ich ihn an.
„Es tut mir so leid Dr. McAdams.“ Schluchze ich.
„Es muss dir nichts leid tun, ich habe mich schon gefragt wie lange du noch so stark sein kannst…“ er streicht mir über den Kopf „… und ich bin Oliver.“ Fügt er hinzu. „So wir sind gleich da, bitte erschreck nicht, wir haben zurzeit ein paar mehr Leute bei uns im Haus. Mein Brüder und ihre Familie sind zum Winterurlaub hier.“ Er sieht mich prüfend an.
„Kein Problem. Ich will mich nur ausschlafen, dann fahre ich nach Dublin zurück.“ Ich sehe wieder aus dem Fenster in die Schwärze der Nacht.
„Wir schauen mal.“ Sagt er leise und wenig später biegen wir in eine Einfahrt in der schon mehrere Autos stehen. Oliver steigt aus und hilft mir aus dem Auto. Die Autofahrt hat meinen Beinen wohl den Rest gegeben, ich sacke auf meine Knie und schluchze auf.
„Komm her.“ Sagt Oliver behutsam und nimmt mich auf den Arm.
Durch das Fenster neben der Tür kann ich mehrere Leute erkennen und eine ältere Frau stürmt auf uns zu, kaum das Oliver die Tür aufgestoßen hat.
„Oli.“ Begrüßt sie ihn und sieht ihn, mit einem Blick auf mich, fragend an.
„Nicht jetzt June, ich bring Charlotte erst einmal in ein Zimmer. Welches ist frei?“ er sieht zu ihr und ich vergrabe mein Gesicht an seiner Schulter.
„Nimm Nummer 4.“ Antwortet sie ihm und Oliver trägt mich vorbei an den neugierigen Blicken, einen langen Flur entlang in ein Zimmer am Ende des Flures.
„So nun schlaf erst einmal ein bisschen.“ Er legt mich vorsichtig auf ein Bett und kaum das ich liege, fallen mir auch schon die Augen erschöpft zu.
Ich werde durch die Sonne geweckt die durch ein Fenster scheint, ich öffne meine Augen und brauche einen Moment um zu wissen wo ich bin.
Diese Sekunden sind so friedlich…
Dann bricht es über mich hinein und ich fange an zu weinen. Ich rolle mich zusammen und versuche meine Gefühle in den Griff zu bekommen. Nachdem ich mich beruhigt habe, greife ich nach meinem Handy und wähle Sams Büro Nummer.
„Ja, Samuel Avery.“ Meldet er sich.
„Hey Sam…“ meine Stimme bricht und ich schluchze.
„Hey Kleine! Es tut mir so leid…“ auch er schluckt schwer „Wie geht es dir?“ erkundigt er sich besorgt.
„Ich weiß nicht.“ Gebe ich zu und wische meine Tränen beiseite.
„Hör zu Kleines, Jen und ich haben besprochen, dass du noch ein wenig bei Oliver bleibst. Er hat uns gestern angerufen und uns alles erzählt. Bitte Kleines, ruh dich ein wenig aus und dann sehen wir weiter. Wir kümmern uns hier um alles.“ Erklärt er mir ganz ruhig.
„Aber ich muss…“ setze ich an.
„Du musst gar nichts… Kleines, das Geschäft mit Eircom ist unter Dach und Fach und Jen und ich kümmern uns um die Beerdigung. Dein Dad wollte eingeäschert werden und dann sehen wir wann die Trauerfeier statt finden soll. Bitte Charlie, ruh dich ein wenig aus.“ Seine Stimme klingt milde aber er hat unverkennbar seinen keine-Widerrede-Ton benutzt.
„Okay.“ erwidere ich schließlich. „Kannst du mir ein paar Sachen schicken?“
„Klar doch, gebe mir die Adresse, ich schicke heute noch was los.“ Er klingt erleichtert, dass ich augenscheinlich beschlossen habe noch etwas zu bleiben.
Nachdem ich aufgelegt habe gehe ich ins Bad, auf einem Stuhl neben der Badtür liegt ein Stapel frischer Kleidung und ich nehme ihn mit ins Bad. Erst da fällt mir auf, dass ich immer noch meine Bluse und meine Jeans trage.
Ich dusche ausgiebig und heiß…
Das warme Wasser umschließt mich wie ein Kokon und ich schließe gequält meine Augen.
Wie soll es nur weiter gehen?
Was soll ich ohne ihn machen?
Auf keine dieser Fragen weiß ich im Moment eine Antwort… ich weiß nur, dass es weh tat.
Nach einer gefühlten Ewigkeit steige ich aus der Dusche und wische den Dunst vom Spiegel.
Meine grünen Augen sehen müde und rot aus, ich habe tiefe Augenringe und ich sehe im Allgemeinen müde und unnatürlich blass aus.
Ich nehme mir die frischen Sachen. Eine dunkle Jeans, ein weißes Top und einen dicken Strickpulli. Ich stelle erstaunt fest, dass die Sachen wir angegossen passen.
Ich föhne meine Haare und binde sie locker im Nacken zusammen. Ich fühle mich schon wesentlich besser als noch vor ein paar Stunden, aber der dumpfe Schmerz lässt sich nicht einfach mit einer Dusche weg waschen.
Leise öffne ich die Tür und ein großer Hund, ein Bernersenner glaub ich, kommt auf mich zu und beschnüffelt mich neugierig.
„Hey du.“ Ich kraule ihn an seinen Ohren und zum Dank schleckt er mir meine Hand ab.
„Guten Morgen Charlotte.“ Ertönt eine Stimme und ich sehe hoch in Olivers Gesicht.
„Guten Morgen.“ erwidere ich schüchtern.
„Na, wie sieht es aus, hast du Hunger?“ er betrachtet mich fragend.
„Ein wenig.“ Gebe ich zu.
„Dann komm.“ Er nimmt meine Hand und zieht mich ins Wohnzimmer. Ziemlich in der Mitte des Raumes steht ein großer ovaler Esstisch und seine Frau und zwei weitere Ehepaare sitzen darum versammelt.
„Guten Morgen.“ Seine Frau steht auf und kommt zu mir. „Wie geht es dir?“ fragt sie fürsorglich.
„Danke, schon besser.“ Ich versuche zu lächeln.
„Du musst hungrig sein…“ sie lächelt mich an und ich nicke leicht „… Ich hole dir schnell was.“ Damit verschwindet sie in der Küche und ich setze mich zaghaft.
„Also Charlotte… “ setzt Oliver an.
„Charlie.“ verbessere ich ihn leise.
„Also gut Charlie…“ ein zaghaftes lächeln breitet sich auf seinem Gesicht aus „Darf ich dir meinen Bruder Peter und seine Frau Betty und meinen Bruder Bob und seine Frau Claire vorstellen?“ er sieht in die Runde „Sie sind alle für ein paar Tage hier und machen Ferien.“ Er deutet nach draußen und ich stelle mit Erstaunen fest, das es geschneit hat. Draußen sind mehrer Kinder und mehr oder weniger Erwachsene damit beschäftigt sich eine Schneeballschlacht zu liefern.
„Es hat ja geschneit.“ Stelle ich leise fest.
„Ja, gestern den ganzen Tag und heute Nacht. Du hast gestern den ganzen Tag verschlafen.“ Oliver sieht mich milde lächelnd an.
„Danke, dass du Sam angerufen hast.“ Sage ich und er nickt.
„Kein Problem. Hast du schon mit ihm gesprochen?“ fragt er mich behutsam.
„Ja vorhin, ich wollte eigentlich fragen ob ich noch ein paar Tage bleiben kann, aber…“ ich schüttele leicht mit dem Kopf.
„Klar kannst du bleiben.“ June kommt wieder ins Wohnzimmer und sieht mich lächelnd an „Und nun iss erst einmal was.“ Sie stellt ein voll beladenes Tablett vor meine Nase.
Alles was das Herz begehrt findet sich darauf wieder, kein typisch irisches Frühstück, aber alle Sachen die man wirklich gerne isst… Pfannkuchen, Eier, Speck und Brötchen.
„Vielen Dank. Sam schickt mir mit einem Kurier ein paar Sachen.“ Ich nehme mir einen Pfannkuchen und merke plötzlich, wie hungrig ich eigentlich bin. Ich habe seit Tagen fast nichts gegessen und die Pfannkuchen schmecken wirklich gut. Zufrieden sieht mich June an und ich esse wirklich fast alles auf. Ich sehe aus dem Augenwinkel wie Peter auf den letzten Pfannkuchen starrt. Ich grinse leicht und schiebe ihn den Pfannkuchen rüber.
„Das Mädchen hat Herz!“ jubelt er und nimmt ihn sich.
„Was machst du eigentlich?“ Peter sieht mich neugierig an und ich schlucke meinen letzten Bissen runter.
„Ich bin Marketingassistentin, mein Dad… „ ich stocke „… ich und mein Onkel haben eine große Marketing Agentur, Avery inc.“ Erkläre ich ihm und schlucke.
Dad ist nicht mehr da…
„Wow, noch so jung und schon mitten im Geschäft.“ Peter sieht mich anerkennend an.
„Na, ja…“ winke ich ab.
„Nein, nein… nun sei mal nicht so bescheiden. Wir wären froh, wenn unsere Söhne mal wissen würden was sie wollen…“ er grinst „Unser jüngster Colin hat gerade angefangen BWL zu studieren und weiß nicht, was er dann damit anfangen soll… „ er deutet nach draußen auf einen jungen Mann „… unser mittlerer Barry studiert seit 3 Jahren Psychologie und nur Gott weiß. was er dann vor hat und Ryan unser Ältester…“ er deutet auf einen weiteren jungen Mann „Er hat es wenigstens geschafft was zu Ende zu bringen. Er ist Architekt bei McLoughlin.“ Peter wird glatt 10 cm größer und ich lächle.
McLoughlin ist die Adresse in Irland, wenn man einen guten Architekten sucht. Und mit gut meine ich richtig gut… Das sind die Stars unter den Architekten.
„Das klingt doch sehr vernünftig.“ Ich lächele leicht und erschrecke ein wenig über mich selbst.
Mir kommt es falsch vor zu lächeln…
Oliver erahnt mein Dilemma und nimmt sanft meine Hand in seine. „Es ist Okay.“ Beruhigt er mich.
Der Hund kommt wieder zu mir und beschnuppert mich erneut. Ich kraule ihn und er legt seinen Kopf in meinen Schoß.
„Na Jojo, hast du eine neue Freundin gefunden?“ Oliver streichelt ihm über den Kopf und Jojo schnauft schwer.
„So, nun erkläre ich dir mal den Rest der Rasselbande.“ bietet sich June an und deutet nach draußen. „Der große Blonde dahinten und die beiden vor ihm gehören zu Claire und Bob, das sind John, Lucy und Amy und da ganz hinten beim Zaun das ist mein und Olivers Sohn Finn.“ Erklärt sie mir strahlend und ich nicke obwohl ich mir niemals alle Namen auf einmal merken kann.
Dann schauen wir alle eine Weile nach draußen und lassen die wunderschöne Landschaft auf uns wirken.
„Ich werde ein Stück spazieren gehen.“ Sage ich schließlich und sehe zu Oliver.
„Klar, ich gebe dir eine Jacke und dann nimmst du Jojo mit. Er findet den Weg immer nach Hause, er weiß, wo sein Essen steht.“ Er grinst und ich folgte ihm in den Flur.
Meine Jacke liegt noch in meinem Auto, ich bin froh, dass Oliver noch eine für mich hat.
Darüber habe ich gar nicht nach gedacht…
Er gibt mir eine dicke Winterjacke und June reicht mir einen Schal, eine Mütze und Handschuhe.
„Die kannst du behalten.“ Sei drückt mir die Sachen in die Hand. Es ist selbst gestrickt, aus rosaner, weißer und grauer Wolle mit einem Norweger Muster.
„Aber…“ setze ich an.
„Nichts aber, ich möchte nicht das du frierst.“ Sie sieht mich an, ein kleiner Schatten huscht über ihr Gesicht und setzt mir die Mütze auf „So, nun bist du gut eingepackt.“ Lächelt sie.
Ich trete mit Jojo vor die Tür, es ist kälter wie erwartet und ich reibe meine Hände in den Handschuhen aneinander. Ich winke den anderen kurz zu und stapfe dann um das Haus herum, einen kleinen Weg hoch in einen Wald.
Jojo bringt mir Äste und alles andere was er für flugtauglich hält und freut sich, wenn ich die Sachen so weit werfe wie ich kann.
Nach einer halben Stunde setze ich mich auf eine Bank und sehe in die Ferne. Ich kann das Haus von Oliver und June von hier aus sehen, Rauch steigt aus dem Schornstein auf und es ist umgeben von Wiesen und Feldern.
„Darf ich mich setzen?“ ein junger Mann den ich auf Olivers Hof schon gesehen habe stand neben der Bank und sieht mich fragend an.
„Klar.“ Antworte ich und er fegt mit einer schnellen Handbewegung den restlichen Schnee von der Bank.
„Und du bist Charlotte, richtig?“ er grinst mich an.
„Ja, ich bin Charlie und du bist? Sorry, aber das waren vorhin einfach zu viele Namen.“ Ich sehe ihn entschuldigend an.
„Ich bin Finnley, Junes und Olivers Sohn.“ Erklärt er mir grinsend. „Finn.“
„Ah, jetzt wo du es sagst.“ Ich lächele verlegen. „Ich weiß gar nicht, warum dein Dad sich so um mich sorgt. Ich meine er kennt mich doch gar nicht.“ Ich sehe ihn fragend an.
Nicht das ich ihm nicht dankbar bin, aber das geht weiter über seine Arztpflichten hinaus, oder nicht?
„Ich kann es mir denken, aber erzähl mir erst einmal ein wenig von dir.“ Bittet er mich.
„Es ist alles so ungerecht…“ ich schüttele den Kopf und sehe zu den Wolken. „Warum passiert das alles mir?“
„Was ist denn passiert?“ er sieht mich mitfühlend an.
„Die letzten beiden Jahre waren einfach nur die Hölle…“ ich schlucke schwer „… erst starb meine Mum plötzlich an einem Hirninfarkt, dann bekam mein Bruder Leukämie und starb ein Jahr nach ihr, dann starb meine Grandma und schließlich vor zwei Tagen mein Dad. Ich weiß nicht was ich machen soll.“ Ich sehe ihn verzweifelt an und eine Träne läuft über meine Wange.
Ich weiß nicht, warum es plötzlich aus mir heraus bricht, aber ich habe das unbestimmte Gefühl, das Finn mich versteht. Ich muss mit jemandem reden, ich ersticke sonst…
„Erzähl mir von ihnen, erzähl mir deine schönste Erinnerung.“ Er nickt mir aufmunternd zu.
„Hmm… „ ich denke nach „… ich erinnere mich, wie ich, als ich vier war meiner Grandma unbedingt einen Geburtstagskuchen backen wollte und dabei fast das ganze Haus abgefackelt hätte. Sie hat den verbrannten Kuchen mit Schokolade ummantelt und hat ihn trotzdem gegessen…“ ich lache leise „… Er muss so scheußlich geschmeckt haben. Und Logan, mein großer Bruder, mein Ein und Alles…“ ich atme tief ein „… als ich 15 war, da hat er mir auf einem Parkplatz in der Nähe unseres Hauses das Fahren beigebracht und ich habe prompt eine Beule rein gefahren. Später haben wir meinem Dad weis gemacht, das er es selber war…“ wieder muss ich lachen „… Und meine Mum, sie war immer so fröhlich und für jeden Spaß zu haben. Außer wenn sie in die Küche wollte, da haben wir uns alle in ihren Weg gestellt. Sie wollte einmal Weihnachten für uns kochen, was damit endete das wir mit drei netten Feuerwehrleuten zusammen Pizza vom Italiener gegessen haben.“ Ich grinse ihn an und Finn lacht auf. „Tja und mein Dad war der Fels in meiner Brandung, ich habe ihn nur ein einziges Mal weinen gesehen und das war als meine Mum gestorben ist. Er stand nur im Pyjama vor meiner Tür und hat so geweint wie ich es nie vorher gesehen hatte. Ich bin nach ihrem Tod wieder zu ihm gezogen…“ ich atme tief ein „Aber er war immer darum bemüht, dass es mir und Logan gut ging. Er hat alles für uns getan, einmal beim Fußball spielen ist uns ein Ball aufs Dach geflogen, so ein ganz billiger, aber wir wollten ihn unbedingt zurück. Also hat mein Dad sich eine Leiter genommen und ihn runter geholt, gerade als er fast unten war kippte die Leiter und er brach sich den Arm. Das war mein Dad. Er stand Logan bei all seinen Untersuchungen bei und jede schlechte Nachricht hatte bei ihm auch was Gutes. Er war immer der Optimist der Familie, ohne ihn wäre wir alle unter gegangen.“ Ich sehe zum Himmel.
„Und genau das tust du jetzt immer, wenn es dir schlecht geht, du denkst an die Schönen Momente und an nichts anderes.“ Sagte Finn und lächelt mich an.
„Danke Finn.“ erwidere ich ehrlich gerührt.
„Mein Dad hat dich mit genommen, weil du ihn an jemanden erinnerst…“ nun schluckt schwer „… Vor drei Jahren ist meine kleine Schwester bei einem Autounfall gestorben, sie war 18 und es war meine Schuld.“ Er sieht traurig zu Boden.
„Wieso deine Schuld?“ frage ich verwirrt.
„Kathie war ein Wirbelwind, immer auf jeder Party, immer am lachen, sie war so ungestüm….“ Er schüttelt leicht seinen Kopf „An diesem Abend bat sie mich sie abzuholen, aber ich hatte keine Zeit, also fuhr sie mit einem ihrer Freunde mit der schon was getrunken hatte. Es kam wie es kommen musste, er raste in den Gegenverkehr. Sie war sofort tot.“ Er wische sich über die Augen.
„Aber es war nicht deine Schuld.“ Ich nehme seine Hand.
„Aber immer wieder frage ich mich, ob auch was passiert wäre wenn ich sie abgeholt hätte.“ Sein Blick ist voller Trauer und Selbstzweifel. Ich kann nur ahnen, wie wunderbar seine grauen Augen leuchten, wenn der Schatten der Selbstzweifel weg ist.
„Das wirst du nie erfahren…“ ich sehe ihn an und zucke leicht mit meinen Schultern „… Ein weiser junger Mann hat mir vor nicht allzu langer Zeit gesagt, man soll sich an die schönen Momente erinnern.“ Ich knuffe ihn leicht. „Als mich dein Dad aus dem Krankenhaus mitnahm war alles in meiner Seele schwarz und so langsam tauchen zu meiner Überraschung Grautöne auf. Wenn ich eins in den letzten beiden Jahren gelernt habe, dann das Leben weiter geht, ob wir es nun wollen oder nicht.“
„Du hast Recht, aber bitte sage Mum und Dad nichts davon. Sie werden es sagen, wenn sie soweit sind.“ Bittet er mich und fährt sich durch seine blonden Haare.
„Kein Problem…“ ich nicke ihm zu „… Wir sollten langsam wieder zurück, ich muss mir ja noch tausend Namen merken.“ Ich grinse ihn leicht an.
„Gut, dann erkläre ich noch mal ein wenig, also Colin,…“ wir stehen auf und gehen langsam, gefolgt von Jojo, zurück „… Barry und Ryan gehören zu Oli und Betty. Ryan ist ein echter Überflieger, er arbeitet mein McLoughlin.“ Er sieht mich gespannt auf meine Reaktion an.
„Darüber wurde ich schon informiert…“ grinse ich „Und ist er so etwas Besonderes?“ ich ziehe fragend meine Augenbrauen hoch.
„Nein, er ist echt cool…“ lächelt er und erklärt er mir alle weiteren Onkel, Tanten, Cousins und Cousinen und ich steige langsam aber sicher durch.
Wir kommen wieder beim Haus an und mich trifft prompt ein Schneeball in den Nacken, ich drehe mich um und sehe zu Barry und Ryan.
„Hey, ich wollte Finn treffen.“ Barry hebt abwehrend die Arme.
„Dann zielst du aber ganz schön schlecht.“ erwidere ich und forme nun auch einen Schneeball und werfe ihn auf Barry, allerdings trifft er Ryan und er läuft auf mich zu.
Keine 5 Minuten später ist eine Schneeballschlacht im Gange die ihresgleichen sucht und jeder versucht jeden einzuseifen. Ryan und ich haben Amy, die Kleinste im Bunde im Visier und schnappen sie uns. Sie kreischt auf und nachdem wir mit ihr fertig sind, läuft sie lachend davon.
Ich liege noch auf dem Boden und Ryan bietet mir seine Hand an, um mir hoch zu helfen. Ich rutsche weg plötzlich liegt er auf mir und grinst mich an.
„Na hoppla.“ Er sieht mir in die Augen und ich schlucke schwer, er hat wirklich wunderschöne Augen.
Sie sind saphirblau und durchbohren mich förmlich, in meinem Magen breitete sich ein warmes Gefühl aus.
Nein, nicht gut…
Gar nicht gut…
Schnell mache ich mich frei und wir stehen beide abrupt auf.
„Essen!“ ruft June von der Tür aus und wir stürmen aus allen Himmelrichtungen zur Haustür. „Also so kommt ihr mir nicht an den Esstisch…“ sie lacht und schüttelte den Kopf „… Finn und Barry ab nach oben duschen. Ryan, Colin und John Zimmer 3, Lucy und Amy Zimmer 2 und Charlie geht in ihr Zimmer. Hopp, Hopp!“ sie klatscht in die Hände.
Lächelnd gehe ich in mein Zimmer, es war so schön, mal eine Weile nicht an all das Schlimme denken zu müssen. Ich stelle fest, dass meine Sachen zum Glück schon da sind. Ich nehme mir eine frische Jeans, ein Top und einen Pullover aus der Tasche und lege sie über den Stuhl neben dem Bett. Ich krame mir frische Unterwäsche heraus und gehe ins Bad.
Ich trete unter die Dusche und genieße das heiße Wasser auf meiner durchgefrorenen Haut. Nur mit einem Badetuch bekleidet gehe ich wieder ins Zimmer und suche mir Socken aus der Tasche.
Es klopft und plötzlich steht Ryan nur mit einem Handtuch bekleidet in meinem Zimmer.
Ich ziehe unwillkürlich scharf Luft ein. Er sieht gut aus, ich meine wirklich gut. Er ist trainiert, aber nicht zu sehr. Seine dunkelbraunen Haare hängen ihm nass in die Stirn. Mir wird bewusst, dass ich ihn mustere und ich sehe schnell weg.
„Kann ich deinen Fön ausleihen?“ er sieht mich grinsend an.
„Klar.“ erwidere ich perplex.
Er geht ganz nah an mir vorbei, ich schließe meine Augen und atme seinen frisch geduschten Duft ein. Als ich meine Augen wieder öffne ist sein Gesicht nur noch wenige Zentimeter von meinem entfernt. Langsam legt er seine Hand unter mein Kinn und beugt sich zu mir. Unsere Lippen berühren sich und ein Gefühl, wie ich es bisher nicht kenne breitet sich in meinem Körper aus.
Ich lege meine eine Hand in seinen Nacken und ziehe ihn dichter zu mir, seine Zunge fordert Einlass in meinen Mund und ich lasse ihn gewähren. Als sich unsere Zungen berühren ist wie ein Stromschlag der durch meinen Körper fährt und ein heißes Gefühl breitet sich in meinem Unterleib aus. Unsere Küsse werden fordernder und er streicht über meinen Rücken, mein Handtuch fällt geräuschlos zu Boden.
Sanft umfassen seine Hände meine Brüste und ich stöhne leise auf. Er nimmt mich fest in seinen Arm und meine vom duschen immer noch erhitzte Haut trifft auf seine etwas kühlere Haut. Meine Brustwarzen richten sich sofort auf, ich fahre mit meinen Händen seinen Rücken entlang und auch sein Handtuch fällt zu Boden.
Er schiebt mich sanft in Richtung Bett und setzt sich auf die Bettkante. Er küsst meinen Bauch und ich schließe meine Augen.
„Du bist so wunderschön.“ Flüstert er.
Ich lege meinen Zeigefinger auf seine Lippen, ich setze mich auf seinen Schoß und küsse ihn zärtlich. Er dringt in mich ein und ich seufze leise.
Es ist ein so wunderschönes Gefühl, ich will ihn einfach nur spüren, ich will spüren, dass ich lebe und dass es so viel zwischen Himmel und Erde gibt wofür es sich lohnt zu leben.
Ich öffne meine Augen und sehe ihn an. Ich fahre mit meinen Händen durch seine immer noch nassen Haare und seine Hände gleiten über meinen Rücken während ich mich langsam bewege. Ich küsse ihn sanft und er hebt mich leicht hoch um mich mit dem Rücken aufs Bett zu legen. Nun bestimmt er das Tempo und ich recke ihm mein Becken entgegen.
Noch niemals habe ich so bei jemandem gefühlt. Er hat mich, er hatte mich von dem Augenblick an, an dem er mir das erste Mal in die Augen sah.
Ich habe meinen Sam gefunden…
Ich genieße seine Berührungen, seine Liebkosungen und das er mich so gefühlvoll und gleichzeitig kraftvoll nimmt.
Wir erreichen Beide fast gleichzeitig unseren Höhepunkt und er zieht mich in seine Arme.
„Das war…“ er küsst mich innig „… Wow!“
„Hör zu Ryan…“ Panik steigt in mir auf, ich entwinde mich seiner Umarmung und stehe hastig auf „… Ich weiß nicht was das eben war, aber ich kann nicht…“ sage ich mit zitternder Stimme und beginne mich eilig anzuziehen.
„Du kannst was nicht?“ fragt er irritiert, steht ebenfalls auf und wickelt sich sein Handtuch wieder um die Hüfte.
Ich kann nur schwer dem Drang widerstehen, ihm mit meiner Hand über seinen flachen Bauch zu streichen.
„Ich kann dich nicht lieben.“ Flüstere ich und schüttele meinen Kopf. Ich drehe mich schnell weg, streiche meinen Pullover glatt, ich binde mir meine Haare zusammen und gehe schnell hinaus.
Ich darf ihn nicht lieben…
Denn alle Menschen die ich liebe sterben und ich will nicht, dass er stirbt.
Auf der einen Seite will ich mich in jeder Sekunde mit jeder Faser meines Körpers an ihn kuscheln und seine Nähe genießen, auf der anderen Seite habe ich einfach nur panische Angst.
Wer ist er und wer bin ich?
Wir kennen uns kaum und Liebe auf den ersten Blick gibt es sowieso nur im Film…
Ist das, was wir haben so Besonders?
Reicht das?
Ich gehe ins Wohnzimmer und nach und nach trudeln alle ein und wir essen zu Mittag. Die Stimmung am Tisch ist ausgelassen und keiner merkt etwas von dem, was noch vor ein paar Minuten in meinem Zimmer passiert ist.
Den ganzen Tag sprechen Ryan und ich kein Wort miteinander.
Wir gehen nach dem Essen alle zusammen spazieren und ich unterhalte mich viel mit Oliver und Peter. Erst am Abend als ich draußen alleine auf einem Heustapel sitze kommt Ryan zu mir und nutzt die Gelegenheit mich endlich alleine zu erwischen,
„Charlie?“ er setzt sich neben mich.
„Ryan bitte.“ Setze ich an und schüttele resigniert meinen Kopf.
„Ich möchte dir nur sagen, dass ich weiß, in welcher Situation du gerade bist. Stoss mich bitte nicht weg. Lass mich dich lieben.“ Er zwingt mich ihn anzusehen und zieht mich dann in seine Arme.
„Oh Ryan.“ Seufze ich leise.
In meinem Kopf spielen alle Gefühle verrückt, ich glaube mein Kopf muss explodieren, denn soviel habe ich noch nie auf einmal gefühlt.
Er hält mich eine Weile einfach nur fest und wir schweigen, wir sind uns körperlich nah, aber in Gedanken meilenweit von einander entfernt…
„Ich werde jetzt zu Bett gehen.“ Sage ich schließlich, um der Situation endlich zu entkommen. Er lässt mich los, auch wenn ich merke, dass er mich lieber weiter in seinen Armen halten würde.
„Gute Nacht Charlie!“ er steht auf, sieht mich traurig an und haucht mir einen Kuss auf die Stirn. Ich drehe mich um und gehe schnell ins Haus.
In meinem Zimmer angekommen ziehe ich mich aus und lege mich ins Bett, obwohl ich völlig geschafft bin finde ich lange keinen Schlaf und wälze mich hin und her.
Ich will nichts mehr wie in seinen Armen liegen und mich von ihm trösten lassen…
Aber mein Verstand sagt mir, das es nicht gut gehen kann, also schlafe ich irgendwann erschöpft und unruhig ein.
Am nächsten Morgen bin ich schon früh wach, ich gehe duschen und schleiche mich ins Wohnzimmer. Ich denke zwar nicht, dass schon jemand außer Jojo wach ist, aber ich will mich vergewissern. Ich gehe in die Küche und Finn grinst mich an.
„Na auch schon wach?“ er reicht mir einen Becher Kaffee.
„Ja. Ich habe nicht erwartet, das außer mir noch jemand auf ist.“ Ich nippe an meinem Kaffee.
„Ich habe nicht so gut geschlafen…“ er zuckt mit den Schultern „Willst du gleich mit mir und Jojo eine Runde drehen?“ fragt er und legt seinen Kopf schief.
„Klar, warum nicht.“ Ich grinse leicht.
Er sieht Oliver wirklich ähnlich, die gleichen grauen Augen und die blonden Haare, aber der Gesichtsausdruck der er jetzt gerade hat, der erinnert mich doch mehr an June.
Er ist eine wirklich gelungen Kombination der Beiden.
„Aber erst essen wir was…“ er holt Teller und Messer aus dem Schrank „Ansonsten bringt mich Mum um.“ Lacht er und geht an den Kühlschrank um Butter, Marmelade und Käse zu holen „Das Frühstück ist die wichtigste Mahlzeit des Tages.“ Ahmt er seine Mutter nach und ich lache leise.
Noch während wir Essen kommen June und Betty und beginnen das Frühstück für die anderen vorzubereiten. Wir unterhalten uns über die unmöglichsten Sachen und Finn und ich verlassen mit einem breiten Grinsen das Haus.
„Ich weiß manchmal einfach nicht, was ich mit ihr machen soll.“ Er verdreht die Augen.
„Warum denn? Sie ist doch nur lieb.“ Erwidere ich grienend.
„Sie hat dir gerade die letzten 20 Minuten erzählt, wie schwer ich es hatte endlich aufs Töpfchen zu gehen.“ Als er das ausspricht muss er selbst lachen und wir schlagen wieder den Weg in Richtung Wald ein.
Wir haben ihn fast durchquert als es plötzlich wie verrückt anfängt zu schneien. Keine 10 Minuten später sehen wir kaum noch die Hand vor Augen.
„Komm, da hinten ist eine kleine Scheune.“ Finn zieht mich mit sich.
Wir erreichen völlig durchgefroren und durchgenässt die Scheune. Jojo springt sofort ins Heu und rollt sich zusammen.
Vielleicht sollte ich das auch probieren, mir ist bitterkalt.
„Los ausziehen.“ Weist mich Finn an und deutet auf meine nassen Sachen.
„Was?“ erwidere ich zähneklappernd und sehe ihn mit großen Augen an.
„Zieh dich aus.“ Befiehlt er mir erneut und beginnt sich selbst auszuziehen. „Wir müssen uns irgendwie aufwärmen und wenn du deine nassen Sachen anlässt, dann wird das nie was.“ Erklärt er mir und ich sehe, dass er vor Kälte schon blaue Lippen hat.
Ich begreife endlich worauf er hinaus will und ziehe mich bis auf meine Unterwäsche aus, zähneklappernd stehe ich nun mitten in der Scheune.
Er kommt unsicher zu mir und zieht mich in seine Arme, ich fühle seinen warmen Atem auf meiner durchfrorenen Wange.
Er beginnt meinen Rücken zu rubbeln und ich tue es ihm gleich.
„Schau mal, da ist eine Decke.“ Er zieht eine Decke hinter einem der Heuballen heraus. Sie sieht relativ neu aus und er wickelt mich darin ein.
„Und du?“ ich sehe zitternd zu ihm, ich kann nur ahnen wie sehr er frieren muss.
„Geht schon.“ Erwidert er leicht lächelnd und reibt sich die Oberarme.
„Komm schon her.“ Ich öffne die Decke, er zögert einen Moment und kommt dann zu mir. Ich umschließe uns beide mit der Decke und er sieht mich lange einfach nur an.
„Komm, wir sollten uns hinlegen, dann wärmt uns das Stroh von unten.“ Er zieht mich runter ins Stroh.
Wir liegen eng aneinander gekuschelt im Stroh, ich liege mit meinem Kopf auf seiner Brust und höre sein herz kräftig und schnell schlagen. Ich sehe zu ihm auf und er streicht mir sanft eine Strähne meines nassen Haares aus der Stirn.
Er legt eine Hand an meine Wange und sein Atem beschleunigt sich. Er beugt sich zu mir und küsst mich vorsichtig.
In meinem Kopf beginnt das Gefühlschaos Karussell zu fahren und ich schließe meine Augen. Ich fühle mich nicht sehr wohl dabei, aber seine Lippen auf meinen zu spüren gibt mir etwas Tröstliches.
Ich weiß, dass es falsch ist und trotzdem ziehe ich ihn näher zu mir.
Immer wieder berühren sich unsere Lippen. Am Anfang scheu und ängstlich, schließlich aber fordernd und stürmisch.
Er befreit mich von meinem BH und liebkost meine Brüste, die sich ihm entgegen recken. Ich ziehe ihm seine Shorts aus und sehe ihn atemlos an. Er befreit mich von meinem Slip und legt sich auf mich. Vorsichtig dringt er in mich ein und ich halte mich an ihm fest.
Alles in mir schreit, dass das hier ein Fehler ist.
Aber ich brauche dieses Gefühl geliebt zu werden…
Mehr wie alles andere auf der Welt.
Dass nicht er derjenige ist, den ich will, spielt im Moment keine Rolle.
„Charlie, was tun wir hier?“ er sieht mich beunruhigt an und ich küsse ihn.
Ich will nicht nachdenken, nicht jetzt….
Ich will fühlen, ich will spüren und ich will leben…
„Oh Charlie.“ Stöhnt er leise, als er seinen Höhepunkt erreicht und auch zerspringe, ein paar Sekunden nach ihm, in meine Einzelteile.
Völlig erschöpft dösen wir Arm in Arm ein.
Mein schlechtes Gewissen hat sich ebenfalls zu dazu entschlossen eine kleine Pause zu machen und ich kuschele mich in Finns Arme.
„Ich habe sie!“ ruft eine Stimme und wir schrecken hoch.
Ich sehe zur Tür und entdecke Oliver der uns breit angrinst. Einen Augenblick später entdecke ich hinter ihm Ryan und ziehe die Decke bis unters Kinn.
Er sieht mich nur kurz an und ich sehe in seinen Augen dem Schmerz und die Wut. Er schüttelt kaum merklich seinen Kopf und stapft dann wieder nach draußen.
Finn und ich ziehen uns schweigend an und werden dann draußen von den anderen in Empfang genommen.
Oliver will gerade etwas sagen, aber Finn bringt ihn mit einer Handbewegung zum Schweigen.
„Uns hat der Schneesturm erwischt und wir mussten uns aufwärmen.“ Erklärt er ihm und läuft los.
Ryan sucht meinen Blick, aber ich weiche ihm aus. Ich kann ihm nicht in die Augen sehen und das ist für ihn wohl Bestätigung genug.
Jeder in seinen Gedanken versunken laufen wir schweigend zum Haus zurück.
Kaum das wir angekommen sind, packe ich meine Tasche.
Ich muss hier weg…
Sofort…
Auch wenn das, was mich zu Hause erwartet noch um einiges Schlimmer ist wie das hier. Im Moment erscheint es mir, wie das kleinere Übel.
Denn meinen Dad kann ich nicht mehr enttäuschen und er wäre mit Sicherheit enttäuscht von mir.
So bin ich nicht erzogen worden, man spielt nicht mit den Gefühlen anderer Menschen und schon gar nicht der Menschen in die man sich verliebt hat.
Diese Erkenntnis trifft mich wie ein Hammerschlag und ich setze mich schluchzend aufs Bett.
Ich bin wirklich das erste Mal in meinem Leben richtig verliebt und ich habe es verbockt. Ich bin ein psychischer Krüppel… niemand wird es je mit mir aushalten können.
Ich kann Ryan nie wieder in die Augen sehen…
Ich habe mit seinem Cousin geschlafen.
Wie konnte ich nur?
Wie konnte das nur passieren?
Was ist in den letzten Tagen nur alles passiert?
Mein Magen knotet sich zusammen und ich habe das Gefühl mich gleich übergeben zu müssen. Das Atmen fällt mir schwer und ich versuche gleichmäßig zu atmen.
Ich habe alles kaputt gemacht.
Ich habe die Menschen, die mich aufgenommen haben, als es mir schlecht ging, einfach vor den Kopf gestoßen…
Er wird mir das nie verzeihen…
Ich kann es mir ja nicht einmal selbst verzeihen.
„Bist du sicher dass du los willst?“ fragt Oliver mich schon zum x-ten Mal.
„Ja.“ Erwidere ich leise und versuche seinem Blick auszuweichen. Wir stehen in der Haustür und ich habe mich soweit von allen verabschiedet. Finn steht hinter mir und ich drehe mich zu ihm um.
Ich nehme ihn in den Arm und Tränen steigen in mir auf „Es war ein Fehler, ein riesengroßer Fehler.“ Flüstere ich.
„Ich weiß.“ Er nickt bedauernd und gibt mir einen sanften Kuss auf die Stirn.
Dann entdecke ich Ryan draußen. „Oliver, bringst du meine Tasche ins Auto?“ ich sehe ihn fragend an und sehe zu Ryan. Er nickt kurz und ich gehe zu Ryan.
„Es tut mir leid.“ Sage ich trauriger Stimme.
Er kann mich nicht einmal ansehen.
„Bitte Ryan!“ flehe ich ihn an „Jetzt Stoss du mich bitte nicht weg!“
Ganz kurz sieht er mich an und ich kenne die Verletztheit und die Unverständnis in seinem Blick.
Ich habe ihn verloren…
„Ich brauche dich…“ flüstere ich „Ich liebe dich doch!“
Er zeigt keine Reaktion und ich weiß nicht, ob er mich gehört hat. Ich wickele meine Strickjacke enger um mich und steige zu Oliver ins Auto.
Traurig sehe ich zu Ryan, als wir vom Hof fahren.
Die Fahrt ist schweigend und ich starre aus dem Fenster in die verschneite Landschaft Irlands, der Schnee liegt wie eine weiße Decke über allem und lässt alles so ruhig und friedlich erscheinen.
In meinem Inneren werden Kämpfe ausgefochten und Gefühle bekämpfen sich gegenseitig.
Wir erreichen den Parkplatz vom Krankenhaus, Oliver bringt meine Tasche in mein Auto und nimmt mich in den Arm.
„Du hast ganz schönes Chaos gestiftet.“ Er grinst mich leicht an.
„Das wollte ich nicht.“ Erwidere ich traurig „Es tut mir so leid!“
Er drückt mich an seine Brust „Melde dich ja?!“ er sieht mich prüfend an. „Wir möchten wissen wie es dir geht.“
„Ja.“ Verspreche ich leise und steige in mein Auto.
Die Fahrt geht schneller vorbei als mir lieb ist und ehe ich mich versehe stehe ich im Haus und sehe mich verzweifelt um.
Was soll ich mit diesem Haus?
Was soll ich mit einem Haus, wo mich alles an meinen Dad erinnert?
Sam kommt herein und nimmt mich in den Arm. Sofort breche ich in Tränen aus.
Alles stürzt über mir ein und ich klammere mich an ihn.
„Hey Kleines, alles wird gut.“ Haucht er mir ins Ohr und wir setzen uns auf die Couch.
„Willst du mit zu mir und Jen kommen?“ fragt er leise und ich nicke.
„Woher weißt du, das ich hier bin?“ ich sehe ihn tränenüberströmt an.
„Oliver hat mich kurz angerufen und mir gesagt, dass du auf dem Rückweg bist.“ Erklärt er mir.
„Ich kann hier nicht bleiben.“ Weine ich verzweifelt.
„Ich weiß Kleines.“ Er hilft mir aufzustehen. „Setz dich ins Auto, ich packe dir ein paar Sachen zusammen.“ Er drückt mir einen Kuss auf die Stirn und ich gehe raus zu seinem Auto.
Ein paar Minuten später folgt er mir mit einer großen Tasche und ich lehne meine erhitzte Stirn an die Scheibe.
„Wie geht es dir Kleines?“ fragt Sam besorgt.
„Ich will nicht reden.“ Erwidere ich leise.
Er drückt auf Radio und mein Musiksender ertönt, ich beuge ich leicht vor und stelle wieder seinen ein.
Fünf Minuten später kommen wir bei Jen und seinem Haus an und Jen nimmt mich in den Arm als ich aussteige.
„Es tut mir so leid.“ Sie sieht mich bedauernd an.
„Bitte nicht Jen.“ Sage ich flehentlich. Ich habe diesen Satz in den letzten Jahren einfach zu oft gehört, er gibt mir keinen Trost, er macht mir immer nur noch mehr bewusst, in welcher Situation ich mich befinde.
Ich bin 22, Vollwaise und ich habe keinen großen Bruder mehr. Ich habe nur noch Sam und Jen…
Natürlich bin ich dankbar, dass ich die Beiden habe, aber im Moment brauche ich einfach Ruhe.
Ich gehe sofort nach oben in mein Zimmer und krabbele in mein Bett.
Es muss schon spät am Abend sein, als Sam herein kommt und das Nachtlicht anschaltet.
Mit leeren Augen sehe ich ihn an.
„hey Kleines…“ er steht vor dem Bett und streicht mir leicht über den Kopf.
„Hey.“ Gebe ich schwach zurück.
„In zwei Tagen findet die Beisetzung statt. Ich dachte mir, du willst es wissen.“ Er haucht mir einen Kuss auf die Haare.
Er dreht sich um und ist schon fast an der Tür.
„Danke Sam.“ Sage ich leise „Danke für alles.“
„Dafür nicht Kleines. Ich liebe Dich.“ Er dreht sich kurz um und zieht dann die Tür hinter sich wieder in Schloss.
Den ganzen nächsten Tag liege ich wach in meinem Bett und starre an die Decke.
Ich vermisse Ryan und ich vermisse das bunte Treiben in Olivers Haus… Das alles hat mich so gut von meinem Schmerz abgelenkt, jetzt ist er stärker wie jemals zuvor.
Ich versuche nicht zu weinen, aber meine Tränen lassen sich einfach nicht aufhalten. Es ist, als würde ich erst jetzt die Tragweite des Todes meines Dads wirklich verstehen.
Er ist weg…
Er kommt nie wieder…
Genau wie Logan, meine Mum und meine Granny.
Sie alle kommen nicht wieder.
Sie alle haben mich allein gelassen.
Allein in einer Welt aus Tränen, Schmerz und Ratlosigkeit.
Ich weiß nicht einmal wie spät es ist. Irgendwann klopft es leise und Jen kommt rein.
„Du musst dich anziehen Kleines, in einer Stunde müssen wir los.“ Sagt sie behutsam und legt mir ein schwarzes Kleid über die Stuhllehne.
Ich rappele mich auf und gehe erst einmal duschen. Mein Spiegelbild sieht mich blass und eingefallen an, es ist als wäre ich in der letzten Woche um Jahre gealtert. Ich sehe nicht mehr wie die fröhliche 22jährige Frau aus.
Nein… die ist weg.
Ich binde mir meine Haare zusammen und stecke sie hoch, dann schlüpfe ich in das schwarze Kleid, eine Strumpfhose, eine schwarze Strickjacke und schwarze Pumps.
Langsam komme ich die Treppe runter und Sam nimmt mich in den Arm. Er trägt einen einfachen schwarzen Anzug mit einem schwarzen Rollkragenpullover drunter.
Wie oft mussten wir schon schwarz tragen und jemanden beerdigen den wir liebten?
„Möchtest du was essen meine Kleine?“ fragt er mich besorgt und ich schüttele meinen Kopf.
„Okay, aber wenn wir wieder kommen, dann musst du was essen.“ Sagt er eindringlich und reicht mir meinen Mantel.
Ich schlüpfe hinein und wir gehen zum Auto, als wir sitzen lege ich Jen meine Hand auf die Schulter.
„Es tut mir leid Jen, ich wollte dich nicht verletzen oder dich vor den Kopf stoßen.“ Sage ich leise.
Sie dreht sich um und sieht mich mit Tränen in den Augen an.
„Es ist Okay meine Kleine. Du musst dich nicht entschuldigen. Ich kann es nur nicht ertragen, das das alles dir passieren muss.“ Gibt sie zu.
„Ich wünsche mir so sehr, es wäre nicht so.“ ich lehne mich zurück und wir halten 20 Minuten später vor der kleinen Kirche in der wir auch schon von meiner Mum, von Logan und von meiner Grandma Abschied genommen haben.
Der Pastor kommt sofort zu uns als wir die Kirche betreten.
„Charlotte, mein aufrichtiges Beileid.“ Sagt er ergriffen und reicht mir die Hand.
„Vielen Dank Pater.“ Gebe ich zurück und wir Drei suchen uns unsere Plätze in der ersten Reihe.
Sam hat beschlossen die Trauerfeier nur im engsten Kreis anzuhalten und ich bin froh darüber, viele unserer Geschäftskunden wissen noch nicht einmal, dass mein Dad tot ist und erst einmal wollen wir es dabei belassen. Trotz allem ist die Kirche gut gefüllt und im Anschluss an den Gottesdienst muss ich unzählige Beileidsbekundungen über mich ergehen lassen.
Kevin, der beste Freund meines Dads, erkennt irgendwann meine Lage und schleust mich aus der Kirche.
„Ich weiß wirklich nicht, was ich sagen soll…“ beginnt er.
„Nichts Kev. Du kannst nichts sagen oder tun, was es Besser für mich macht.“ Erkläre ich ihm ehrlich.
„Ich begreife es nicht.“ Er wischt sich über die Augen.
Mein Dad und er kannten sich schon ihr ganzes Leben, aber während er eine kleine perfekte Familie hat, bin von meiner Familie nur noch ich übrig.
Man sagt immer, das passiert nur den anderen…
Aber was, wenn man plötzlich selber “die anderen“ ist?
Was, wenn deine Familie an Krankheit und Tragödien zu Grunde geht und nur noch du übrig bleibst?
„Sollte ich irgendwann, irgendetwas für dich tun können…“ Kev nimmt meine Hand „… Bitte sag es mir. Ich bin es ihm schuldig.“
„Danke Kev.“ Ich drücke leicht seine Hand.
Endlich kommen auch Sam und Jen aus der Kirche.
„Möchtest du nach Hause?“ Jen legt ihren Arm um meine Schultern und ich nicke leicht.
Wir haben auch auf eine Einladung zum Leichenschmaus verzichtet, ich ertrage so etwas einfach nicht mehr…
Beim ersten Mal empfindet man es noch als tröstlich, alle um sich herum zu haben. Beim zweiten Mal ist es das nicht mehr so sehr und ab dem dritten Mal entscheidet man sich einfach dagegen…
Wir fahren zu Jens und Sams Haus und essen eine Kleinigkeit.
„Ich will wieder nach Hause.“ Sage ich leise und Sam sieht mich überrascht an.
„Aber…“ setzt er an.
„Ich kann euch nicht ewig auf der Pelle hocken, ich muss mein eigenes Leben leben.“ Unterbreche ich ihn.
„Du kannst so lange bei uns bleiben wie du möchtest.“ Sagt Jen sanft.
„Nein, es ist in Ordnung. Ich muss es nur irgendwie zu meinem Haus machen…“ ich schließe meine Augen „… In diesem Haus werde ich immer an Dad, Mum und Logan erinnert. Ich muss zurück.“ Versuche ich zu erklären.
„Okay Kleines.“ Sagt Sam nach ein paar Minuten.
„Am Montag komme ich auch wieder in die Firma. Ich muss schauen, was alles liegen geblieben ist.“ Ich sehe Sam an und er nickt leicht.
Ich kann mich nicht länger verkriechen und verstecken, ich habe ein Leben und eine Verantwortung der ich mich stellen muss.
Am späten Abend fährt mich Sam nach Hause, als ich die Tür aufschließe, da sehe ich Dad fast auf der Couch sitzen. Mum sitzt neben ihm und löst Kreuzworträtsel und Logan steht in der Küche und macht Abendbrot…
Ich würde alles dafür geben, wenn es die Wirklichkeit wäre. Aber die Couch ist leer und in der Küche ist nicht einmal das Licht an.
Sam legt seinen Arm um meine Schultern und zieht mich zu sich.
„Bist du sicher, das du das willst?“ fragt er leise.
„Ja.“ Hauche ich.
„Bitte ruf an, wenn es nicht geht. Ich bin in 5 Minuten hier und hole dich ab.“ Verspricht er mir und ich nicke leicht.
Ich stelle meine Taschen in den Flur und Sam schließt die Eingangstür hinter sich.
Ich atme tief durch und beginne aufzuräumen. Ich muss mich einfach ablenken.
Dads letztes Buch fällt mir in die Hand und ich schluchze leise. Mein Dad liebte Steven King und er las gerade wieder einmal Der dunkle Turm. Er war beim vierten Band und ich streiche über den Einband. Ich stelle es zu den anderen zurück ins Regal und räume ein paar von Dads Sachen weg. Weit nach Mitternacht habe ich fast alle seine Sachen in Kartons auf dem Dachboden verstaut. Ich schließe die Dachluke und klettere die Leiter runter. Oben im Flur hängt mein Lieblingsbild von uns allen, es wurde vor vier Jahren auf dem Sommerfest der Firma aufgenommen. Es wirkt so herrlich ungestellt… Mum sitzt auf einer Bank und ihre dunkelbraunen Locken wirbeln um ihren Kopf herum, Logan und ich liegen vor ihr im Gras und sehen für das Foto auf. Vorher haben wir uns stundenlang die Wolken angesehen und uns überlegt, welche Tiere es sind.
Dad steht hinter meine Mum und hat seine Hand auf ihrer Schulter.
Die perfekte Familie…
Ja, zu diesem Zeitpunkt war sie noch perfekt…
Ich lege mich in mein Bett und schlafe, aufgrund dessen, das ich mich an diesem Abend noch ausgepowert habe, relativ schnell ein. Mit Tränen im Gesicht wache ich irgendwann am Sonntag auf und quäle mich unter die Dusche.
Ich nehme mein Handy zur Hand und rufe Kev an, ich habe lange nachgedacht was ich machen will und ich brauche seine Hilfe.
„Hey Charlie.“ Begrüßt er mich freundlich.
„Hey Kev…“ ich atme tief durch, es fällt mir schwer andere um Hilfe zu bitten. „… Du hast mir deine Hilfe angeboten.“ Beginne ich.
„Aber sicher. Was kann ich für dich tun?“ fragt er gleich nach. Er kennt mich und weiß, dass mir das hier alles andere wie leicht fällt.
„Kannst du dich um einen Hausumbau kümmern?“ frage ich leise.
„Dein Haus?“ ahnt er.
„Ja, es muss was geändert werden. So kann ich hier nicht wohnen…“ meine Stimme bricht.
„Aber sicher Charlie. Bist du zu Hause? Ich komme gleich mal rum und wir besprechen das.“ Bietet er mir an.
„Ja, ich bin zu Hause.“ Ich wische trotzig meine Tränen weg.
„Ich bin gleich da.“ Verspricht er und legt auf.
Tatsächlich steht er eine halbe Stunde später vor der Tür und ich bitte ihn rein.
„Ich bin froh, dass du mich angerufen hast.“ Er drückt mir einen Kuss auf die Wange.
Wir gehen ins Wohnzimmer und setzen uns auf die Couch.
„Was hast du dir vorgestellt?“ er sieht mich fragend an und nimmt meine Hand.
„Ich weiß nicht, ich möchte es heller haben. Auch die Fußböden…“ ich sehe mich um „Aber der Charme soll erhalten bleiben. Ich möchte nicht alle Möbel austauschen…“ ich sehe zu dem alten Schreibtisch in der Ecke „Ich denke, du weißt was mir wichtig ist.“ Ich sehe ihn an und er nickt. „Es muss mehr wie ich werden.“ Sage ich schulterzuckend.
Jeder andere Innenarchitekt wäre bei so einer Beschreibung im Kreis gelaufen, aber Kev kennt mich schon mein ganzes Leben lang, er weiß, wie ich es meine.
„Aber sicher Charlie. Soll ich morgen gleich anfangen? Ich habe zurzeit keine großen Aufträge.“ Erklärt er mir.
„Das wäre wunderbar.“ Ich greife in die Glasschale neben der Couch und gebe ihm einen Schlüssel, fragend sieht er mich an.
„Ich bin ab Morgen wieder in der Firma.“ Erkläre ich ihm.
„Mute dir nicht zu viel zu Kleines.“ Er sieht mich besorgt an.
„Bitte nicht Kev, bitte du nicht auch noch…“ ich sehe ihn verzweifelt an „Ich kann es nicht ertragen, wenn ihr mich alle so anseht.“
„Okay.“ Er winkt ab „Ich will nur, dass du weißt, dass unsere Tür immer offen steht.“
„Danke Kev. Das weiß ich.“ Ich drücke seine Hand.
„Ich muss schon wieder, ich muss Ronan von seinem Fußballspiel abholen.“ Er sieht mich entschuldigend an.
„Kein Problem…“ ich stehe mit ihm auf „Ich hoffe für ihn, sie haben drinnen gespielt.“ Ich lächle leicht.
„Ja, ein Hallenturnier in der Innenstadt.“ Erklärt er mir augenzwinkernd. „Wenn ich Fragen habe, dann melde ich mich.“ Er gibt mir einen Kuss auf die Wange und geht durch den Vorgarten zu seinem Auto.
Ich winke ihm kurz zu und gehe dann in die Küche um mir einen Salat zum Mittag zu machen. Eher lustlos stochere ich eine Stunde später darin herum und stelle die Schale schließlich in den Kühlschrank.
Ich lege mich, eingewickelt in eine Wolldecke auf die Couch und lasse mich vom Fernsehprogramm berieseln.
So also sieht mein Leben jetzt aus.
Einsam und allein in einem riesigen Haus, ohne Familie und ohne richtige Freunde.
Ich schlafe auf der Couch ein und werde am nächsten Tag von meinem Handy geweckt, welches ich glücklicher Weise gestellt habe. Ich gehe nach oben und schlüpfe nach einer ausgiebigen Dusche in eine dunkelblaue Jeans. Sie ist mir etwas zu groß und ich binde mir einen schwarzen Gürtel um, dazu ziehe ich mir einen enganliegenden, dunkelgrauen, dünnen Pullover mit V-Ausschnitt an. Ich ziehe mir meinen schwarzen Blazer drüber und schlüpfe in meine Stiefel.
Die Kaffeemaschine ist zwischenzeitlich durch gelaufen und ich fülle fast die ganze Kanne in meinen Thermobecher.
Ich nehme meinen Mantel vom Harken und gehe durch den Flur in die Garage. Ich stiege ein und öffne das Tor mit meiner Fernbedienung. Ich brauche 45 Minuten durch den Morgenverkehr Dublins bis ins Büro und Sam erwartet mich bereits.
„Wollen wir?“ er sieht mich an und deutet auf den Konferenzraum, in dem alle unsere Mitarbeiter versammelt sind.
„Ja.“ Sage ich und atme tief durch.
„Guten Morgen.“ Ich stelle meinen Becher auf dem Tisch ab und alle sehen mich mitleidig an. „Ich bitte euch, tut das nicht…“ setze ich an „Ich möchte von keinem von euch mitleidig angeschaut werden. Ja, mein Dad ist gestorben, aber ich muss weiter leben. Ich kann mich nicht verstecken oder verkriechen. Er hat mir seinen Anteil der Firma vererbt und ich übernehme mit sofortiger Wirkung seinen Posten. Amy…“ ich sehe meine Sekretärin an „Ich würde mich freuen, wenn du als meine Assistentin arbeiten könntest. Ich brauche jetzt ein wenig mehr Unterstützung. Und Julia…“ nun sehe ich die Sekretärin meines Dads an. Sie hat gerötete Augen vom weinen und ich atme tief durch „Würdest du bitte weiterhin für uns arbeiten, ich brauche eine Sekretärin, da sich Amy jetzt mit einer Menger neuer Arbeit beschäftigen muss.“
Beide nicken eifrig und ich versuche zu lächeln.
„Euch anderen möchte ich sagen, das alles beim Alten bliebt. Ihr braucht euch keine Sorgen um eure Jobs machen. Alles läuft weiter wie gehabt. Versucht ein wenig Verständnis mit mir zu haben, wenn ich nicht alles sofort verstehe. Vieles ist einfach neu für mich.“ Bitte ich die anderen.
Alle murmeln zustimmend.
„Und da alles beim Alten bleibt, machen wir uns jetzt an die Arbeit. Charlie bleibt in ihrem Büro. James’ Büro wird zu einem Besprechungsraum umgebaut und Julias Schreibtisch muss in das Vorzimmer von Charlie beräumt werden.“ Sam sieht in die Runde „Wir erwarten heute um 13 Uhr Mr. Cavanagh und um 15 Uhr müssen Charlie und ich zu Allistor. Ihr werdet jetzt öfter ohne Chef oder Chefin hier sein. Wir verlassen uns auf euch.“ Appelliert er an alle und sie nicken.
„Danke.“ Sage ich schließlich und gehe in mein Büro.
Die neue Aufteilung funktioniert erstaunlich gut und ich arbeite mich wirklich schnell ein. Aber wenn man etwas muss, klappt es komischer Weise immer irgendwie.
In zwei Tagen ist Weihnachten, mein Dad ist tatsächlich schon 6 Wochen tot…
Ich bin Chefin einer Firma, ich habe zusammen mit Sam 25 Angestellte und ich finde mich langsam mit meiner Rolle ab.
Ich habe Oliver nicht wie versprochen angerufen.
Ich habe ein furchtbar schlechtes Gewissen deswegen, aber ich habe genug Chaos gestiftet…
„Charlie?“ Bryan, einer unser Grafiker kommt in mein Büro.
„Was gibt’s Bry?“ ich sehe ihn fragend an und er setzt sich.
„Viele Kunden fragen immer noch nach James, du solltest auf unsere Internetseite einen Nachruf machen.“ Er sieht mich prüfend an.
„An was hast du gedacht?“ frage ich und atme tief durch.
„Ich würde sagen wir drehen was und stellen es online.“ Er zuckt mit den Schultern.
„Gut, gib mir eine Stunde und dann machen wir es gleich fertig. Ich verbinde es mit den Weihnachts- und Neujahrswünschen.“ Ich nicke ihm zu und er geht wieder raus.
Ich rufe Sam an und er kommt in mein Büro, ich erkläre ihm die Situation.
„Möchtest du auch noch was dazu sagen?“ ich sehe ihn fragend an und er streicht mir eine Strähne aus dem Gesicht.
„Nein Kleines, du machst das schon.“ Er gibt mir einen Kuss auf die Haare, so wie es mein Dad früher immer getan hat und lässt mich alleine.
Ich starre eine Weile auf den leeren Monitor meines Laptops und dann fliegen meine Finger wie von alleine über die Tastatur. Eine Stunde später kommt Bryan wieder und richtet alles her. Ich binde meine Haare im Nacken locker zusammen und er sieht mich prüfend an.
„Ehrlich Charlie, du musst mehr essen. Du bist viel zu dünn.“ Er schüttelt traurig seinen Kopf.
„Versprochen Bry.“ Erwidere ich zaghaft lächelnd und setze mich auf meinen Schreibtischstuhl. Bry ist Mitte 40 und spielt sich seit dem Tod meines Dads, so wie fast alle in der Firma als mein Ersatzvater auf. Ich kann ihnen nicht böse sein, ich weiß, sie meinen es nur gut.
Endlich ist alles wie es sein soll und ich nehme meinen ausgedruckten Text in die Hand.
Ich nicke Bry kurz zu und er reckt seinen Daumen in die Höhe.
„Guten Tag liebe Kunden von Avery Inc., mein Name ist Charlotte Avery und ich muss ihnen leider den Tod meines Vater und des Mitbegründers von Avery Ind. Mr. James Avery bekannt geben. Mein Vater verstarb vor 6 Wochen Monaten bei einem tragischen Autounfall in der Grafschaft Ballina. Ich möchte mich bei allen Ärzten des Central Ballina Hospitals für die fürsorgliche Betreuung bedanken. Mein Besonderer Dank gilt Dr. Oliver McAdams und seiner Familie, die mich in den ersten schweren Tagen unterstützten und mich gelehrt haben, dass das Leben weiter gehen muss. Rückwirkend zum 01. Dezember diesen Jahres übernehme ich, Charlotte Avery, die Geschäftleitung und die finanzielle Leitung von Avery Inc. Mein Onkel und Partner Mr. Samuel Avery und ich werden die Firma im Sinne meines Vaters weiter führen und hoffen sie als Kunden weiterhin betreuen zu können. Vielen Dank an alle Kunden, die uns trotz des schweren Schicksalsschlages die Treue halten. Ich bedanke mich für das Vertrauen und die Loyalität die mir entgegen gebracht wurde und wird.
Ich wünsche ihnen ein besinnliches Weihnachtsfest mit all den Menschen die sie lieben und ein erfolgreiches, neues Jahr. Vielen Dank.“ Ich sehe in die Kamera und die rote Lampe erlischt.
„Das war großartig Charlie.“ Lobt mich Bry „Ich stelle es gleich online.“ Er baut die Kamera wieder ab und ich atme tief durch.
Dann mache ich für heute Schluss und räume mein Büro auf, schließlich haben wir jetzt 14 Tage frei.
„Wann bist du morgen bei uns?“ Sam steckt seinen Kopf in die Tür.
„So gegen 17 Uhr.“ Gebe ich lächelnd zurück.
Ich werde die Feiertage bei ihm und Jen verbringen.
Wo auch sonst?
Ich traue mir noch nicht zu, das alleine zu überstehen.
Am 27. bin ich bei Kev und seiner Familie eingeladen, ich bin gespannt wie das alles so wird…
Tatsächlich überstehe ich die Feiertage ziemlich gut und nur am 1. Feiertag überkommt es mich und ich liege zwei Stunden weinend in Jens Armen. Die Tage zwischen Weihnachten und Neujahr verbringe ich in meinem Haus.
Ja, jetzt ist es endlich mein Haus. Kev hat großartige Arbeit geleistet, es ist wunderbar geworden und hat doch nichts von seinem ursprünglichen Charme verloren.
Nachdem ich lange hin und her überlegt habe was ich an Silvester mache, entscheide ich mich es ganz allein bei mir zu verbringen. Es gibt wirklich keinen grund, das überstandene Jahr zu feiern und das Neue…
Keine Ahnung, was das an Überraschungen für mich bereit hält. Um kurz nach Mitternacht liege ich jedenfalls im Bett und hoffe auf ein gutes neues Jahr.
Die ersten Wochen des neuen Jahres werden die hektischsten und stressigsten die je erlebt habe. Noch immer muss ich mich in meiner neuen Rolle zu Recht finden, aber unsere Mitarbeiter unterstützen mich so gut sie können und sie sind wunderbar darin. Unsere Kunden sind weiterhin begeistert von unserer Arbeit und auch Eircom steht zu seinem Wort und wir bekommen den bisher größten Auftrag in der Firmengeschichte.
„Charlie? Willst du dieses Wochenende mit mir und Jen mal wieder raus nach Rosslare fahren? Jen will unbedingt mal wieder reiten.“ Sam setzt sich auf meine Schreibtischkante.
„Sorry Sam, aber mir geht es immer noch nicht besser. Ich habe das Gefühl, mich den ganzen Tag übergeben zu müssen.“ Ich sehe ihn entschuldigend an.
„Hast du dir endlich einen Termin bei Paul geholt?“ er zieht eine Augenbraue hoch.
Ich habe diese verdammte Magen und Darmgrippe jetzt seit fast 3 Wochen und so langsam nervt es mich nichts bei mir behalten zu können.
„Ja, ich habe am 12. einen Termin.“ Ich sehe auf meinen Terminkalender.
„Das ist ja erst am Mittwoch.“ Sam legt seinen Kopf schief.
„Montag kommen die Deacans und ich muss die Präsentation fertig bekommen, Dientag sind die Leute von Eircom hier…“ ich zucke mit den Schultern „Mittwoch war das Früheste was ging.“ Füge ich fast trotzig hinzu.
„Ruh dich wenigstens am Wochenende aus.“ Er nickt mir zu.
„Mach ich…“ ich sehe wieder auf meinen Bildschirm.
„Versprochen?“ Sam bleibt in der Tür stehen und sieht mich an.
„Versprochen.“ Ich hebe meine Hand zum Schwur.
Er zwinkert mir zu und geht dann raus.
Entgegen meiner eigentlichen Art verbringe wich wirklich das ganze Wochenende auf der Couch und lese die neusten Bilanzen der Firma. Auch das gehört jetzt zu meinen Aufgaben und ich gebe zu, es ist nicht mein Fachgebiet. Ich werde mich am Montag mit Sam hinsetzen und es durchsprechen müssen.
Der Montag und der Dienstag rasen so schnell an mir vorbei, das ich meine ich habe nur einmal geblinzelt.
Ich sitze schon seit 20 Minuten bei Paul, Dr. Paul Hansen, im Wartezimmer und blättere durch die Klatschzeitungen.
Plötzlich strahlt mich Ryans Gesicht an… Er im Kreise seine Kollegen und ein langer Artikel über die Bauprojekte die sie im letzten Jahr alle abgeschlossen haben. Mein Magen zieht sich zusammen und ich schaffe es gerade noch auf die Toilette um mich zu übergeben.
Ryan…
Ich versuche nicht an ihn zu denken.
Ich versuche ihn aus meinen Gedanken zu halten.
Tagsüber gelingt mir das ganz gut, aber nachts oder wenn ich alleine bin, dann kommt alles hoch.
Es ist ja nun nicht so, dass ich vorher noch nie eine Beziehung gehabt habe, aber das mit ihm ist was anderes…
Er ist anders.
Er ist Ryan.
Ryan mit den blauesten Augen die ich jemals in meinem Leben gesehen habe.
Ryan mit sanftesten Lippen die ich je geküsst habe.
Ryan, dem ich mehr weh getan habe jemals einem Menschen zuvor… den enttäuscht habe.
Ich rappele mich auf und Paul holt mich zu sich ins Sprechzimmer.
Nach einer kleinen Frage-Antwort-Runde sieht er mich prüfend an.
„Wann hattest du das letzte Mal deine Tage?“ er sieht auf seinen Computerbildschirm.
„Keine Ahnung, ich habe sie in letzter Zeit sehr unregelmäßig.“ Ich zucke mit den Schultern.
„Gibst du Elena eine Urinprobe und setzt dich dann noch mal kurz ins Wartezimmer?“ er sieht mich an und ich nicke.
„Charlotte?“ Paul kommt ins Wartezimmer und deutet mir an mitzukommen.
Ich nehme meine Tasche und folge ihm.
„Setz dich bitte.“ Er deutet auf den Stuhl und lehnt sich an die Kante seiner Behandlungsliege.
„Was ist los Paul?“ ich setze mich und sehe ihn beunruhigt an.
„Charlotte du bist schwanger.“ Lässt er die Bombe platzen und ich schließe meine Augen.
Das kann nicht sein…
„Komm, leg dich bitte hin.“ Er zieht mich vom Stuhl und bugsiert mich auf die Liege.
Dann schiebt er meinen Pullover hoch und verteilt ein kühles Gel, das alles nehme ich nicht wahr, mein Kopf hat gerade damit zu tun, die gesagten Worte zu verarbeiten.
„Herzlichen Glückwunsch Charlotte, du bist so wie ich das sehe in der 12. Woche…“ er fährt mit dem Ultraschallkopf weiter über meinen Bauch „Oh, und noch mal Glückwunsch.“ Er berührt mich am Arm und ich sehe zu ihm „Du bekommst Zwillinge Charlotte, der Zeugungszeitpunkt muss in der Woche vom 12. bis 19. November letzten Jahres liegen und der errechnete Geburttermin ist der 17. August.“ Er lächelt mich an und ich breche in Tränen aus.
Das ist eine Katastrophe!
„Es trifft dich jetzt wohl ein wenig unvorbereitet, oder?!“ er setzt sich zu mir auf die Liege.
„Unvorbereitet trifft es nicht ganz.“ Ich sehe zu ihm „Es ist eine Katastrophe.“ Er hilft mir mich aufzusetzen und ich starre auf den Fußboden.
„Komm schon Charlotte, ich kenne dich jetzt dein ganzes Leben, du hast schon so viel durch gemacht. Jetzt hast du allen Grund zur Freude. Du wirst bald eine Mummy sein.“ Er nimmt mich in den Arm. „Du musst mehr auf dich achten. Du musst mehr essen und du musst alle zwei Wochen zu mir kommen. Es ist eine Mehrlingsschwangerschaft und ich mache mir ein wenig Sorgen, du bist sehr schmal gebaut.“ Er sieht mich an und ich nicke wie in Trance.
In einem Punkt hat er Recht, egal was dem hier vorangegangen ist, ich werde in absehbarer Zukunft eine Mummy sein.
„Danke Paul.“ Ich reiche ihm meine Hand.
„Wir sehen uns in 14 Tagen, lass dir bitte von Elena deinen Mutterpass aushändigen.“ Er drückt mich nochmals kurz an sich „Charlotte, das ist wirklich ein Grund zur Freude.“ Sagt er eindringlich und ich nicke stumm.
Ich bekomme meinen Mutterpass und die ersten Ultraschallbilder, Meine Gedanken arbeiten auf dem Weg ins Büro auf Hochtouren.
Was mache ich jetzt nur?
Und vor allen Dingen… Wer ist der Daddy?
Finn oder Ryan?
Oh mein Gott, das ist wirklich eine Katastrophe…
Sam sieht mich besorgt an, als ich die Etage betrete und zu meinem Büro gehe, beunruhigt folgt er mir.
„Und was ist los Charlie?“ er setzt sich mir gegenüber auf den Stuhl und lässt mich nicht aus den Augen.
Ich sage kein Wort und lege ihm meinen Mutterschaftspass auf den Tisch.
„Wow.“ Entfährt es ihm.
„Und jetzt?“ Tränen steigen in meine Augen und ich schluchze auf.
„Jetzt trittst du mal auf die Bremse und schonst dich!“ er kommt um den Schreibtisch herum und nimmt mich in den Arm. „Wir bekommen das hin. Ganz sicher Kleines!“ verspricht er mir und drückt mir einen Kuss auf die Stirn „Herzlichen Glückwunsch.“
„Oh Sam, wie soll ich das nur schaffen?“ ich sehe ihn verzweifelt an.
„Jen und ich sind da und helfen dir wo wir nur können.“ Er grinst mich an.
„Ich werde eine Mummy.“ Ich lächele ihn unter Tränen an.
„Ja, das wirst du.“ Nun lächelt er auch du gibt mir einen weiteren Kuss. „Was ist mit den Daddy?“ er legt seinen Kopf schief.
Ich habe ihm von Ballina erzählt, aber bestimmte Einzelheiten habe ich weg gelassen.
Ich seufze tief und beschließe alle Karten auf den Tisch zu legen.
Jetzt oder nie!
„Als ich damals in Ballina war…“ ich schlucke und er sieht mich gespannt an „… da hatte ich was mit Finn, Olivers Sohn und…“ ich seufze erneut „… und etwas mit Ryan, Olivers Neffen.“ Ich sehe auf meine ineinander verschlungenen Hände.
„Das klingt nicht gut.“ Gibt Sam zu und zieht mich wieder in seine Arme. „Was du machst und wann du es machst, bleibt deine Entscheidung, aber danke, dass du mir so vertraust.“ Er gibt mir einen Kuss auf die Wange. „Und jetzt werde ich nach Hause fahren und Jen die tollen Nachrichten übermitteln.“ Er strahlt mich an.
Ich lächele ebenfalls und streiche über meinen Bauch, ich beginne mich auf die Beiden zu freuen und bin entsetzt, das ich es nicht von Anfang an getan habe.
Die Zwei sind ein Geschenk…
Die ersten Wochen sind ungewohnt, ich muss auf meinen geliebten Kaffee verzichten und ich habe das Gefühl Jen und Sam sind ständig um mich herum. Des Öfteren muss ich sie daran erinnern, dass ich schwanger und nicht krank bin.
Wir stellen noch einen weiteren Assistenten ein und er übernimmt viele meiner Aufgaben. Ich werde zur kommissarischen Geschäftleitung ernannt und bin damit viele meiner Pflichten auf einen Schlag los.
Paul ist zufrieden mit mir, aber er behält mich genau im Auge. Die beiden Kleinen brauchen wirklich viel Platz und ich fühle mich im 7. Monat schon so, als würde ich gleich platzen. Mitte Juli, 6 Wochen vor dem errechneten Geburtstermin gehe ich in den Mutterschutz. Ich möchte die letzten Wochen in Ruhe genießen und mich auf die beiden vorbereiten.
Allerdings habe ich diesen Plan ohne Jen und Sam gemacht…
„Wann willst du endlich los wegen einem Kinderwagen und den Babyzimmern?“ Jen sieht mich beim Abendbrot fragend an.
„Mum und Dad haben das bei mir und Logan immer erst gemacht, als wir auf der Welt waren. Es vorher zu machen soll Unglück bringen.“ Ich streiche über meinen Bauch.
Ich habe im ersten Stock schon zwei Zimmer für die Beiden gestrichen, aber ich möchte, dass sie die erste Zeit zusammen in einem schlafen. Ich habe beide Zimmer hellgelb gestrichen und Kev hat es sich nicht ausreden lassen und die Möbel zumindestens schon bestellt. Auch wenn er meine Meinung, ebenso wenig wie Sam und Jen teilt, so akzeptiert er sie und will sich um alles kümmern, wenn die Zwei auf der Welt sind.
„Hast du Oliver angerufen?“ Sam räumt die Teller unseres Abendessens ab und ich sehe ihn überrascht an.
„Nein…“ gebe ich zu „Ich meine, was soll ich sagen?“ ich sehe ihn ratlos an.
„Umso länger du wartest, umso schwerer wird es.“ Er nimmt meine Hand. „Klar, du hast damals einen Fehler gemacht, aber du musst auch zu deinen Fehlern stehen, schon allein wegen den beiden Kleinen.“
„Wahrscheinlich hast du Recht.“ erwidere ich niedergeschlagen.
Ich habe es tatsächlich geschafft Ryan und Finn in den letzten Monaten aus meinen Gedanken zu streichen.
Ich hatte ja auch genug um die Ohren…
„Nein Charlie, er hat Recht. Kläre das endlich, es frisst dich noch auf und wirst bald all deine Kraft brauchen.“ Jen sieht mich an und streicht mir über die Wange.
Ich atme tief durch, sie hat Recht…
Verdammt, sie hat Recht!
„Warum es weiter hinausschieben? Ich fahre nachher los. Mehr wie mich wieder nach Hause schicken, kann Oliver auch nicht machen, oder?“ ich zucke mit den Schultern und sehe Jen und Sam an.
„Das nenn ich mal spontan.“ Grinst Sam.
„Nein ehrlich, die Zwei…“ ich streiche wieder über meinen Bauch und lächle „Über kurz oder lang brauchen sie einen Daddy und ich Gewissheit. Ich fahre nachher los.“ Sage ich sicher.
„Mach das Schätzchen.“ Jen gibt mir einen Kuss auf die Stirn „Ich bin stolz auf dich!“
Ich gehe in mein Schlafzimmer und stehe ziemlich unentschlossen vor meinem Kleiderschrank. Eine allzu große Auswahl habe ich nicht mehr und ich ziehe mir eine dunkelblaue Umstandsjeans und ein weißes, langes Top an. Ich ziehe mir eine dünne, rosane Strickjacke drüber und schlüpfe in meine weißen Sneakers. Dann packe ich Sachen für ein paar Tage ein und gehe wieder nach unten.
„Startklar?“ Sam sieht mich fragend an.
„So startklar wie man sein kann.“ Gebe ich zurück und nehme mir meinen dünnen Mantel vom Harken. Es ist zwar Sommer, aber das irische Wetter hält nicht viel von Jahreszeiten.
Die letzten beiden Wochen war es endlich mal warm, aber davor würde ich es nicht Sommer nennen… das glich schon fast einem Herbst.
„Mach ich doch immer.“ Gebe ich zurück und gebe ihr einen Kuss auf die Wange.
„Es wird schon werden.“ Sam nickt mir zu und umarmt mich ebenfalls fest.
„Wenn du das sagst.“ Ich grinse schief und gehe nach draußen zu meinem neuen Auto, ein BMW Kombi ohne Firmenaufschrift. Das ist mein Privatwagen, den X5 habe ich auch noch, aber so langsam wird das rein und raus klettern schwierig.
Dann liegt der schwerste Weg, den ich seit langen zu gehen habe vor mir und ich atme tief durch, als ich am Abend endlich die Auffahrt zu Oliver und June hoch fahre.
Im Hof stehen einige Autos und ich erkenne welche davon. Mein Mut mich zu stellen verlässt mich augenblicklich…
Ich kann das nicht…
Ich sehe in mein Spiegelbild im Rückspiegel. Meine Augen glänzen, denn schon die ganze Fahrt über stehen mir die Tränen in den Augen.
Wie sollte ich das nur allen erklären?
Plötzlich klopft es an meiner Scheibe und ich zucke erschrocken zusammen.
Oliver steht an meinem Wagen, ich öffne die Tür und steige langsam aus.
„Hallo Charlie…“ er stockt „… Wie ist das denn passiert?“ er deutet auf meinen Bauch.
„Und ich dachte du bist der Arzt.“ Ich versuche zu lächeln, aber die Tränen bahnen sich ihren Weg über meine Wangen.
„Komm erst einmal rein, wir gehen erst einmal kurz in mein Büro und dann reden wir, ja?!“ er sieht mich besorgt an.
„Hmm.“ Ich nicke leicht und wir gehen zum Hintereingang.
Wir betreten sein Büro, in dem ich bisher nicht wahr und er setzt sich in einen großen dunkelbraunen Samtsessel während er mich auf eine schwarze Ledercouch bugsiert.
„Und?!“ fragt er sanft.
„Es tut mir so leid dass ich mich nicht gemeldet habe… „ beginne ich und schluchze auf „… Erst wollte ich, dann erfuhr ich, dass ich schwanger bin, dann war ich zu feige…“ ich atme tief aus „… Als ich damals bei euch war, da habe ich mich verliebt, aber nicht in Finn, das mit Finn war ein Fehler, ein riesengroßer Fehler.“ Ich verberge mein Gesicht in meinen Händen.
„Ryan, richtig?!“ erahnt er mein Dilemma.
Ich kann nur nicken und streiche über meinen Bauch.
„Und jetzt weißt du nicht, von wem das Baby ist, richtig?!“ er nimmt meine eiskalte Hand in seine und sieht mich fragend an.
„Babys.“ Flüstere ich.
„Zwillinge?“ er grinst leicht.
Wieder nicke ich nur. „Es tut mir so leid.“ Meine Stimme ist tränenerstickt.
„Weißt du Charlie, als ich dich mit hierher gebracht habe, warst du ein Segen…“ er schluckt schwer „… June und ich haben unsere Tochter Kathie vor vier Jahren bei einem Autounfall verloren…“ er wischt sich über die Augen „… Als ich dich im Krankenhaus getroffen habe, als wir deinen Dad nicht helfen konnten, da dachte ich, dass ich dich mitnehme und du in unserer Familie Halt finden kannst und wir uns ein wenig an dir festhalten können. June war so glücklich und ich war es auch.“ Er sieht mich an und meine Tränen laufen unablässig über meine Wangen.
„Es tut mir so leid.“ Wiederhole ich.
„Mir tut es auch leid, wir haben dich wohl mit allem ein wenig überfordert.“ Er setzt sich zu mir auf die Couch und streicht mir eine Strähne aus dem Gesicht.
„Ich habe euch so vermisst.“ Gebe ich zu.
„Wir haben dich auch vermisst.“ Er nimmt mich in den Arm. „Ich habe immer mal wieder auf eurer Internetseite vorbei geschaut. Du machst das großartig und dein Nachruf war sehr bewegend für uns. Wir haben uns gefreut, das wir dir wenigstens ein bisschen helfen konnten.“ Er drückt mich an sich.
„Aber ich mache euch nur Umstände. Wenn ich auftauche, dann herrscht Chaos.“ Meine Stimme klingt resigniert.
„Glaub mir, Kathie hätte uns auch nicht verschont.“ Er lächelt leicht und drückt mir einen Kuss auf die Stirn.
In diesem Kuss liegt so vieles und ich schließe meine Augen.
Er ist nicht böse auf mich und ich kann gar nicht beschreiben wie erleichtert ich bin.
„So ich hole jetzt Finn und Ryan, wir müssen für die Beiden hier…“ er streicht andächtig über meinen Bauch „… eine Lösung finden.“
Ich nicke unsicher und zupfe an meinem Top herum. Er steht auf, drückt mir einen weiteren Kuss auf die Stirn und geht hinaus.
Ein paar Minuten später kommt er mit Finn und Ryan zurück und beide starren mich an.
„Was zum Teufel…“ setzt Ryan an.
„Ryan! Finnley! Setzt euch Beide!“ sagt Oliver streng und die beiden setzen sich auf zwei Stühle neben dem Sessel. Oliver setzt sich zu mir und nimmt meine Hand.
„Hört zu, die Situation ist wie folgt… Wie ihr seht, ist Charlie schwanger und ihr Beide…“ er deutet auf jeden einzeln „… kommt als Vater in Frage. Schlussendlich werden wir die Frage erst klären können, wenn die Babys da sind, bis dahin bleibt Charlie hier. Ryan ich würde es gut finden wenn du auch bleiben würdest. Es stehen zu viele Dinge im Raum und es muss einiges geklärt werden…“ er sieht beide durchdringend an „… Macht euch keine Vorwürfe und Charlie schon gar nicht. Keiner wollte eine solche Situation, jetzt ist sie da und wir müssen versuchen, das Beste draus zu machen. Vergesst bitte nicht in welcher Situation Charlie damals war und welcher sie heute ist. Es gehört verdammt viel Mut dazu sich seinen Fehlern zu stellen und sie hat den ersten Schritt gemacht.“ Er drückt meine Hand und ich sehe zu Boden.
„Ich lasse euch jetzt einen Moment allein.“ Oliver steht auf dun nickt den beiden kurz zu, dann zieht er die Tür hinter sich ins Schloss.
„Babys?“ fragt Finn nach einer Weile.
„Zwillinge.“ Sage ich leise und wage es nicht aufzublicken.
„Also so wie ich die Sache sehe, war das damals mit uns Beiden ein riesiger Fehler. Ich mag dich sehr gerne, aber eher wie eine kleine Schwester…“ er steht auf, hockt sich vor mich und zwingt mich ihn anzusehen „… Sollten die Babys von mir sein, dann werde ich mich kümmern und dazu stehen.“ Er küsst meine Hände.
„Danke.“ Erwidere ich gerührt und er klopft Ryan auf die Schulter ehe er dem Raum verlässt.
Ryan sitzt einfach da und sagt nichts...
Gar nichts…
Mein Herz droht aus meiner Brust zu springen und ich schließe gequält meine Augen.
Nach unendlich quälenden Minuten steht er auf.
„Diese Situation ist… „ er sucht nach Worten „… unglaublich.“ Sagt er schließlich. „Ich werde hier bleiben, ich werde dich unterstützen, aber mehr kann ich dir nicht versprechen.“ Er verlässt den Raum ohne mich auch nur ein einziges Mal anzusehen und ich bleibe alleine zurück.
Ich stütze meinen Kopf in meine Hände und beginne wieder zu weinen.
Ich habe mir fast gedacht, das Ryan mir nicht verzeihen kann. Aber diese Kälte mit der er mir begegnet, mit der habe ich nicht gerechnet. Obwohl ich weiß, das er alles Recht der Welt hat, mich so zu behandeln…
Es tut weh.
Es tut mehr weh, wie ich im Moment ertragen kann.
Oliver kommt wieder rein und wiegt mich in seinen Armen. Nach einer Weile habe ich mich beruhigt und sehe ihn entschuldigend an.
„Hör auf Charlie, bitte…“ er streicht mir eine Träne weg „Morgen gibst du mir bitte die Nummer und den Namen deines behandelnden Arztes. Ich werde ihn anrufen und mit ihm besprechen, was ansteht.“ Er sieht mich besorgt an und ich nicke schwach.
„Komm schon Charlie, wir bekommen das hin.“ Er hilft mir aufzustehen und wir gehen zu den anderen ins Wohnzimmer.
„Charlie?“ June sieht mich schockiert an.
„Kurzfassung…“ Oliver sieht in die Runde und alle nicken sprachlos „Also die Sache…“ er deutet auf meinen Bauch und grinst leicht „Na ja die Zwei da drinnen, die gehen mich und June und auch Peter und Betty an. Wir werden bis nach der Geburt der Beiden warten müssen, um zu erfahren wer von uns die Großeltern sind. Ryan und Finn wissen Bescheid und sind deshalb auch gerade nicht hier.“ Er sieht zu June und Betty und beide nicken verständnisvoll. „Vorwürfe…“ setzt er an.
„Wer macht dem Mädchen denn Vorwürfe?“ Betty steht auf und nimmt mich in den Arm. „Es ist schön dich zu sehen Kleines.“ Sagt sie liebevoll und ich habe einen dicken Kloß im Hals.
„Niemand hat das Recht dazu.“ Sagt June und nimmt mich ebenfalls in den Arm.
„Jetzt essen wir erst einmal.“ Sie lächelt mich an und wir setzen uns an den Tisch.
„Wie läuft es denn in der Firma?“ Peter sieht mich gespannt an.
„Sehr gut, ich bin zurzeit nur noch kommissarische Geschäftsführerin, aber wenn die Beiden da sind, dann möchte ich wieder voll einsteigen.“ Erkläre ich ihm.
„Stell dir das nicht so einfach vor.“ June zwinkert mir zu.
„ich weiß, dass es nicht einfach wird…“ gestehe ich „Aber ich habe schon ganz andere Sachen geschafft.“
„Ja, das hast du.“ Oliver lächelt mich an.
Wir unterhalten uns noch über alles Mögliche, irgendwann sehe ich Oliver an und er nickt leicht. „Möchtest du dich hinlegen?“ fragt er nachsichtig und ich nicke schwach.
Dieser Tag hatte mehr Höhen und Tiefen wie die beste Achterbahn der Welt und ich brauche ein wenig Ruhe.
„Komm.“ Sagt Oliver sanft.
Betty nimmt mich nochmals in den Arm „Er würde es nie zugeben, aber Ryan empfindet sehr viel für dich. Gib ihm Zeit seinen Sturkopf zu vergessen.“ Sagt sie einfühlsam und ich sehe sie traurig an.
„Ich weiß nicht, ob er das jemals kann. Ich habe ihm weh getan und ihn enttäuscht.“ Sage ich bedauernd.
„Komm schon Charlie…“ sie lächelt mich unsicher an „Du musst dir auch irgendwann selber verzeihen. Wir alle machen Fehler.“
Ich nicke ihr zu. June kommt nun zu mir und bringt mich in mein Zimmer, wieder Zimmer 4, wie bei meinem letzten Besuch.
Sie sieht mich lange an und ich schaue zu Boden.
„Es tut mir leid June.“ Flüstere ich und sie nimmt mich in den Arm.
„Es ist so schön, dass du wieder hier bist.“ Sie gibt mir einen Kuss auf die Wange.
„Ich mach euch wirklich nur Umstände.“ Erwidere ich traurig.
„Ach was…“ sie schüttelt leicht ihren Kopf „… Du und die Beiden…“ sie streicht über meinen Bauch „… ihr habt hier zwar alles auf den Kopf gestellt, aber wir bekommen das hin.“ Sie umarmt mich ganz fest.
„Danke June.“ Sage ich leise und sie sieht mich mit Tränen in den Augen an.
„Ich danke dir, dass du zurück gekommen bist und dich all dem hier stellst.“ Sie gibt mir einen weiteren Kuss auf die Wange und wünscht mir eine gute Nacht.
Ich ziehe mich um und lege mich ins Bett, die ganze Nacht schlafe ich unruhig, zu viele Gedanken schwirren in meinem Kopf.
Mein Herz hat so stark in meiner Brust geklopft als ich ihn gesehen habe und er hat mich nicht einmal wirklich angesehen.
Verzeihen einem die Menschen die man liebt nicht seine Fehler?
Irgendwann schlafe ich dann doch endlich ein und am nächsten Morgen klopft es vorsichtig an meiner Tür, ich komme etwas hoch und Ryan kommt mit einem Tablett herein.
„Guten Morgen.“ Sagt er leise und setzt sich auf meine Bettkante, er stellt das Tablett auf den Nachtisch und fährt sich durch die Haare. Er fühlt sich unwohl, das merke ich sofort und ich merke auch, dass er nicht aus freien Stücken hier ist.
Plötzlich zucke ich zusammen und er sieht mich besorgt an. Es sieht mich das erste Mal wirklich an…
Ich nehme vorsichtig seine Hand und lege sie auf den Bauch, die beiden machen gerade ordentlich Party und ich lächle leicht. Sein Gesicht ist erstaunt und ungläubig.
„Normaler Weise sind sie morgens nicht so aktiv.“ erkläre ich ihm unsicher.
„Wow.“ Er sieht mich mit großen Augen an. „Ich weiß nicht, was du jetzt von mir erwartest.“ Er zieht seine Hand wieder weg.
„Ich erwarte gar nichts.“ Erwidere ich traurig und stehe auf.
„Gut.“ Sagt er erleichtert, er steht auch auf und geht wieder raus. Traurig sehe ich aus dem Fenster.
Was habe ich erwartet?
Ganz ehrlich, was konnte ich erwarten?
Ich esse gerade mein Frühstück als es erneut klopft und Finn seinen Kopf herein steckt.
„Guten Morgen Sonnenschein.“ Er setzt sich zu mir und grinst mich breit an.
„Was schaust du so?“ ich sehe ihn verwundert an.
„Du siehst aus, als würdest du gleich platzen.“ Er schubst mich sanft.
„Vielen Dank für die Blumen…“ ich lächele schief „… Ich fühle mich auch so.“
„Los komm! Zieh dich an, wir gehen ein wenig shoppen.“ Er hibbelt auf meinem Bett herum und ich muss lachen.
„Shoppen?“ echoe ich.
„Ja klar. Mum und Dad sagen, ich solle dich ein wenig ablenken und das tue ich jetzt, also...“ er hält mir seine Hand hin.
„Gib mir zwei Minuten.“ Ich sehe ihn grinsend an und schlüpfe in meine Jeans und eine Tunika.
„Okay.“ Sage ich schließlich und binde mir einen Knoten im Nacken.
„Dann los.“ Er nimmt mein Tablett und wir gehen zu June in die Küche.
„Hast du gut geschlafen?“ fragt sie mich besorgt und streicht mir eine Strähne, die sich aus meinem Zopf gelöst hat hinters Ohr.
„Ja danke, ich habe gut geschlafen.“ ich gebe ihr einen Kuss auf die Wange.
„Das ist schön, schlaf solange du noch kannst, wenn die Beiden erst einmal da sind, dann ist es damit vorbei.“ Sie streicht über meinen Bauch und ich lächele.
„Und jetzt gehen wir shoppen.“ Finn strahlt sie stolz an und sieht dann zu Ryan, der vor dem Fernseher sitzt. „Kommst du mit Ryan?“
„Nein, kein Bedarf.“ Erwidert dieser und Finn zuckt mit den Schultern.
„Dann nur wir Beide.“ Er nimmt meine Hand und wir gehen hinaus in die strahlende Sonne.
Wir fahren in die Stadt und Finn stürmt mit mir in das erste Babygeschäft was er findet.
Er ist völlig in seinem Element und ich habe wirklich viel zu lachen. Er kauft irgendwie alles was ihm unter die Finger kommt und wir verlassen den Laden vier Stunden später voll bepackt.
„Ich kann nicht glauben, dass du noch gar nichts hast.“ Er sieht mich mit großen Augen an als wir das Auto beladen.
„Na, ja gar nichts ist nicht richtig. Die Kinderzimmer sind da und müssen nur noch aufgebaut werden. Kev, der beste Freund meines Dads, kümmert sich darum, wenn die Beiden da sind und alle anderen Sachen wollte ich eben erst später kaufen. Vor allen Dingen den Kinderwagen.“ Erkläre ich ihm.
„Ich weiß, Mum hat mir gesagt, den vorher zu kaufen bringt Unglück.“ Er zwinkert mir zu und wir steigen wieder ins Auto.
„Wolltest du eigentlich den ganzen Laden leer kaufen? Ich wusste gar nicht, das man als Journalist so viel verdient.“ Ich grinse ihn an.
„Das ist sponsored bei Grandma und Grandpa.“ Er grinst schelmisch. Ich sehe ihn mit großen Augen an.
„Was?“ frage ich erstaunt.
„Nun mach dir keine Gedanken. Sie haben gesagt ich soll kaufen und ich habe nur auf sie gehört.“ Er strahlt mich wie ein kleiner Junge an.
„Ich bezahle die Hälfte.“ Sage ich sicher und hebe meine Hand, als er etwas sagen will.
„Jawohl Ma’am.“ Er startet lachend den Motor und wir fahren zurück.
Voll beladen und lachend stürmen wir das Wohnzimmer.
„Schaut mal.“ Finn lässt eine der Tüten auf den fallen und kippt sie aus.
eine Tüte auf den Tisch plumpsen und kippte sie aus.
June und Ryan kommen zu uns und June ist ganz verzückt von den kleinen Stramplern und Mützchen.
„Hast du auch daran gedacht was in der kleinsten Größe zu kaufen?“ sie sieht Finn an.
„Aber sicher…“ er macht sich glatt 10 cm größer „Alles von Größe 48 bis 62.“ Strahlt er.
„Kaufrausch?“ Ryan sieht zu mir.
„Schau mich nicht an, das hat allein Finn gekauft.“ Erkläre ich ihm grinsend.
Ryan zuckt nur kurz mit den Schultern und setzt sich dann wieder vor den Fernseher.
„Ich soll dich ganz lieb von Peter und Betty grüßen, sie mussten los…“ June sieht mich an „Aber sie kommen vorbei, wenn sie Zeit haben und du sollst dich melden, wenn was ist.“
„Danke.“ Gebe ich zurück.
June holt und einen Karton und wir lösen die Preisschilder von den Sachen.
„Ich wasche alles einmal durch und dann packen wir es erst einmal in den Karton zurück.“ Sie grinst mich an.
„Ich rufe mal eben Sam und Jen an.“ ich sehe zu ihr und sie nickt.
Ich erkläre den Beiden die Situation und sie versprechen mich besuchen zu kommen.
Tja, jetzt bin ich für mindestens 6 Wochen hier und statt Jen wuselt nun June um mich herum.
Komischer Weise stört es mich bei June aber nicht so sehr, sie hat dabei eine sehr angenehme Art.
In den nächsten beiden Wochen verbringe ich viel Zeit mit June und Finn, Ryan entzieht sich mir immer wieder und langsam aber sicher habe ich keine Lust mehr ihm hinterher zu laufen. June bringt mir nützliche Tipps in der Küche bei und Finn und ich haben viel Spaß mit ihr.
Oliver hat von Paul meine Unterlagen bekommen und ich muss einmal die Woche zum Ultraschall.
Während Finn alle Informationen in sich aufnimmt, sitzt Ryan nur daneben und sagt kein Wort. Ich beginne mir zu wünschen, dass die Babys von Finn sind, denn Ryan kümmert es nicht im Geringsten wie es mir oder den Babys geht.
Ich resigniere und ja… ich gebe auf!
June sieht mir an, dass es mir nicht gut geht und nimmt mich an einem Sonntagmorgen zur Seite. „Komm schon, geh ein Stück mit ihm und redet.“ Sie sieht mich bittend an und deutet auf Ryan.
„Er will doch sowieso nicht.“ Erwidere ich schulterzuckend.
„Frag ihn wenigstens.“ June gibt mir einen kleinen Schubs.
„Ryan, kommst du ein wenig mit raus? Ich wollte mit Jojo spazieren.“ Ich sehe zu ihm und er schaut von seinen Unterlagen auf.
„Hmm.“ Nuschelt er nur und erhebt sich tatsächlich.
Jojo ist sofort an meiner Seite und ich ziehe mir meine Strickjacke über.
Auch Ryan nimmt sich seine Sweatjacke und wir gehen hinaus.
Wir laufen fast eine Stunde schweigend nebeneinander her und ich sehe Junes und Olivers Haus nur noch klein in der Ferne.
„Kannst du mich irgendwann einmal wieder gern haben? Oder mich wenigstens wie eine Menschen behandeln der dir nicht völlig egal ist?“ ich bleibe stehen und sehe ihn traurig an.
„Ich weiß es nicht…“ er fährt sich durch die Haare „… Herrgott! Ich weiß es nicht… Du hast mit Finn geschlafen!“ sagt er etwas lauter wie wohl beabsichtigt und ich mache vor Schreck einen Schritt nach hinten.
Ich komme ins straucheln und falle hin. Ein reißender Schmerz durchfährt mich und ich krümme mich.
Gott, ich hatte noch niemals solche Schmerzen…
„Oh mein Gott Charlie!“ Ryan kommt zu mir gestürzt.
„Ryan irgendetwas stimmt hier nicht…“ ich greife unter mich, der Boden beginnt sich blutrot zu verfärben und ich fange an zu weinen.
„Charlie nein!“ Ryan hebt mich auf seine Arme und läuft mit mir zum Haus zurück.
Ich merke wie mein Kreislauf immer weiter absackt, ich habe wirklich Mühe mich wach zu halten.
„Charlie bleib wach, bitte!“ fleht er mich an.
„Es tut mir so leid.“ Flüstere ich.
„Nein, nein… Mir tut es leid, hörst du, mir tut es leid!“ flüstert er in mein Ohr „Ich liebe Dich doch!“
Eine einzelne Träne läuft über meine Wange und ich fühle mich so unendlich müde, ich nehme alles nur noch wie durch einen Schleier wahr.
Plötzlich sehe ich Olivers besorgtes Gesicht.
„Charlie bleib wach!“ schreit er mich an. „Bleib wach!“ er rüttelt an meiner Schulter. „Wo ist der gottverdammte Krankenwagen?“ ruft er den anderen zu. Er legt mich auf eine Decke und meinen Kopf in seinen Schoss.
Ryan sitzt aufgelöst neben mir.
„Bitte nicht einschlafen. Bitte nicht einschlafen…“ sagt er immer und immer wieder.
Aber ich will nur noch schlafen, ich will in die tröstliche Stille eintauchen und nichts mehr sehen, nichts mehr fühlen und ich will keine Schmerzen mehr haben.
„Es tut so weh.“ Sage ich leise und sehe zu Oliver auf.
„Ich weiß meine Kleine, gleich kommt der Krankenwagen und dann geht es dir gleich besser.“ Er streicht mir über die Haare.
„Es tut mir so leid.“ Flüstert Ryan und küsst meine Hand, ich hebe meinen Arm und streichele sanft seine Wange.
„Ich liebe Dich und es tut mir alles so leid!“ sage ich leise.
Dann bricht Hektik um mich herum aus, der Krankenwagen fährt mit Blaulicht und Sirene auf den Hof und Finn stürmt auf die Sanitäter zu.
„Schnell.“ Er zieht sie hinter sich her zu mir.
Oliver weist die Sanitäter kurz und präzise an.
„Finn und Ryan…“ er sieht zu den Beiden. „Ich fahre mit Charlie, ihr kommt nach.“ Mit diesen Worten steigt er zu mir und versucht mich weiter wach zu halten.
„Komm schon Kleines, nicht aufgeben!“ er streich mir über den Kopf.
„Ich kann nicht mehr.“ erwidere ich matt, ich habe ein Medikament bekommen, aber die Schmerzen sind kaum auszuhalten „Ich will nicht mehr.“ Die Tränen beginnen wieder zu laufen.
Ich habe Angst...
So große Angst…
Ich habe Schmerzen…
„So etwas will ich nicht hören…“ er zwingt mich zu ihm hoch zu sehen „… So etwas darfst du nicht denken!“
Dann erreichen wir das Krankenhaus und ich schaffe es nicht mehr mich wach zu halten.
Da ist sie, die tröstlich Stille und die alles umfassende Schwärze.
Langsam öffne ich meine Augen und schlucke schwer, mein Hals brennt und mein Kopf dröhnt.
Sofort geht meine Hand zu meinem Bauch, aber er ist weg.
Wo sind sie?
„Hey.“ Oliver steht neben meinem Bett. „Ganz ruhig.“
„Wo?“ krächze ich und er gibt mir einen Schluck Wasser.
„Den Beiden geht es gut, sie sind auf der Kinderstation. Sie sind zauberhaft.“ Er setzt sich zu mir. „Um dich machen wir uns noch ein wenig Sorgen, du hast sehr viel Blut verloren und dein Kreislauf spielt noch nicht richtig mit.“ Er streichelt meine Hand.
„Was?“ ich sehe ihn unter Tränen lächelnd an.
„Ein wunderschönes Mädchen und ein zauberhafter Junge.“ Er strahlt „Wir werden morgen Blutproben ins Labor schicken. Charlie, du musst noch ein paar Tage hier bleiben. Du hast nur mit Mühe und Not den Kaiserschnitt überstanden und wir müssen dich beobachten. Wir haben zwischendurch gedacht, du schaffst es nicht..:“ er sieht mich an und atmet tief durch „Aber du bist eine Kämpferin. Genauso wie deine beiden Kleinen. Obwohl sie drei Wochen zu früh sind geht es ihnen erstaunlich gut. Sie brauchen keine Hilfe beim atmen und sie sind mit 2800 g und mit 3100 g auch nicht so leicht wie befürchtet.“ Nun lächelt er wieder. „Es war sehr schlau von Finn die kleinste Größe an Stramplern zu kaufen, denn sie sind nur 47 cm groß.“ Er zwinkert mir zu.
„June hat es ihm gesagt.“ Grinse ich.
„Ich weiß.“ Lächelt er.
„Es tut mir alles so leid.“ Sage ich erschöpft.
„Höre bitte endlich auf dich ständig zu entschuldigen.“ Er nimmt meine Hand. „Die Hauptsache ist, dass es dir bald wieder besser geht und das es den beiden Kleinen gut geht.“ Er gibt mir einen Kuss auf die Stirn.
„Sind Ryan und Finn da?“ frage ich leise.
„Ja, die beiden sitzen draußen. Ryan geht es sehr schlecht, er will unbedingt als Erster zu dir, darf ich ihn rein schicken?“ er sieht mich fragend an und ich nicke leicht.
Er geht leise hinaus und Ryan betritt ein paar Sekunden später das Zimmer. Er sieht völlig fertig aus und setzt sich an mein Bett. Er sieht mich an und beginnt zu weinen.
Ich meine so richtig zu weinen und ich streiche ihm über den Kopf.
„Es tut mir so leid! Charlie, ich liebe dich so sehr und ich habe dich so sehr verletzt!“ er stützt seinen Kopf auf seine Hände, ich streich ihm eine Strähne aus der Stirn.
„Wir haben beide Fehler gemacht.“ Sage ich leise.
„Aber ich habe dich und die beiden Kleinen in Gefahr gebracht.“ Er schüttelt seinen Kopf, steht auf und dreht sich von mir weg.
Ich greife nach seiner Hand „Bitte Stoss du mich jetzt nicht weg.“ Flüstere ich.
Er setzt sich wieder, dann schweigt er einen Moment. „Warum kannst du mich nicht lieben?“ fragt er leise. „Du hast gesagt du kannst mir nicht lieben. Warum nicht?“
„Weil alle Menschen die ich liebe…“ ich schlucke schwer „… sie sterben einfach und lassen mich allein.“
„Was denkst du denn nur?“ er streicht mir ganz vorsichtig über meine Haare „Ich werde dich nicht allein lassen.“ Er küsst hauchzart meine Stirn.
„Aber…“ setze ich an.
„Nichts aber, ich habe mich in den letzten Tagen und Wochen benommen wie ein Arschloch. Ich kam mit der Situation einfach nicht klar…“ er sieht zu mir.
Ich will etwas erwidern, aber er legt mir sanft seinen Zeigefinger auf die Lippen
„… Psst, das hier hätte ich dir gleich sagen sollen als ich dich bei Oliver im Büro sitzen sehen habe…“ er lächelt leicht „… Ich liebe Dich Charlie! Ich liebe dich so sehr, das es mir das Herz gebrochen hat, als ich dich mit Finn zusammen gesehen habe. Aber Oliver hatte so Recht, wir haben dich alle überfordert. Du warst in einer solch schlimmen Situation und ich habe nur an mich gedacht. Dann die Sache mit der Schwangerschaft…“ er seufzt leise „… Ich hätte genauso reagieren müssen wie Finn es getan hat. Ich hätte dich spüren lassen müssen, das ich für dich da bin, egal was passiert. Charlie, egal von wem die beiden Kleinen sind, ich liebe dich und ich werde bei dir bleiben…“ er sieht mir tief in die Augen „… Wenn du mich noch willst.“ Fügt er traurig hinzu und sieht zu Boden.
Ich lege meine Hand unter sein Kinn und zwinge ihn mich anzusehen. „Hast du jemals daran gezweifelt?“ ich lächele leicht.
„Nein.“ Er beugt sich vor und küsst mich zärtlich.
Es klopft zaghaft und Finn und June kommen herein.
„Hey Kleines…“ June verdrängt Ryan von meiner Bettkante und nimmt meine Hand. „… Wie geht es dir?“
„Ganz gut.“ Ich lächle leicht „Ich möchte meine beiden Kleinen gerne sehen.“ Ich seufze.
„Oliver spricht mit den Kinderärzten und versucht sie kurz her zu bringen.“ Sie drückt meine Hand und strahlt mich an „Sie sind wundervoll.“
„Danke.“ Grinse ich.
Ich möchte mich gerne selber davon überzeugen, das meine beiden Kleinen so perfekt sind wie von allen bisher beschrieben.
„Ich habe Sam und Jen angerufen, ich soll dir ganz liebe Grüße bestellen, sie kommen sobald sie können. Oli und Betty sind schon auf dem Weg hierher.“ Erzählt sie mir und sieht zu Ryan.
Er nickt ihr dankbar zu und nimmt meine Hand in seine.
„Ich hoffe, dass die Ungewissheit bald ein Ende hat.“ Finn fährt sich durch die Haare.
„Ja, Oliver sagt, in einer Woche bekommen wir die Ergebnisse.“ June steht auf und nimmt ihn in den Arm.
„Hör zu Finn, ich weiß, ich habe mich in der letzten Zeit wie ein Idiot verhalten…“ Ryan steht auf und geht zu Finn. „Ich wollte mich bei dir bedanken, dafür, dass du so toll reagiert hast als Charlie aufgetaucht ist. Du bist ein toller großer Bruder für sie und egal was bei diesem Test raus kommt, ich liebe sie und werde alles versuchen um sie glücklich zu machen.“ Ryan steht nun vor ihm und Finn nimmt ihn erleichtert in den Arm.
„Danke Ryan.“ erwidert er gerührt. Ich sehe zu June und sie wischt sich verstohlen eine Träne weg.
„Hey, hier sind zwei kleine Mäuse die ihrer Mummy Hallo sagen wollen!“ Oliver betritt mit einem kleinen Bettchen vor sich herschiebend das Zimmer.
Sofort beginne ich zu strahlen und Oliver legt mir die Beiden in den Arm.
Noch niemals habe ich etwas Perfekteres gesehen und die Tränen bahnen sich ihren Weg.
Ryan setzt sich zu mir und haucht mir einen Kuss auf die Stirn.
„zufrieden Mummy?“ grinst er und streicht dem kleinen Mädchen übers Köpfchen.
„Ja. Mehr als das.“ Schluchze ich und sehe ihn unter Tränen an.
Finn stellt sich zu uns und betrachtet die beiden lächelnd.
„Die Beiden sind der Hammer.“ Grinst er verschmitz und Ryan und ich können nur nicken.
„Hast du dir schon über Namen Gedanken gemacht?“ Oliver sieht mich fragend an.
„Ja.“ Ich betrachte die Beiden. „Ich möchte gern, dass die Kleine den Namen Kathie Marie June bekommt. Sie soll die Namen von wunderbaren Frauen aus meinem Leben bekommen. Kathie, nach eurer Kathie, die ich leider niemals kennen lernen durfte. Marie nach meiner Mum und June…“ ich sehe zu ihr und läuft eine Träne übers Gesicht.
„Danke Charlie, das ist ein wunderschöner Name.“ Schluchzt sie.
Ich sehe zu Kathie und sie grinst herzhaft.
„Ich glaube die kleine Miss findet das nicht ganz so spannend.“ Lächele ich. „Komm her.“ Ich sehe zu June und gebe ihr Kathie auf den Arm.
„Sie ist so wunderschön.“ Sagt June andächtig und Ryan haucht mir einen Kuss auf die Lippen.
Sie setzt sich mit Kathie auf dem Arm neben mein Bett und Finn sieht mich dankbar an.
„Und nun zu dir…“ ich sehe zu meinem kleinen, wenige Stunden alten Sohn „… Was hältst du von James Oliver Ryan Finnley.“ Ich küsse sanft seine Stirn und er räkelt sich.
„Wow.“ Finn grinst mich an „Er wird viel Platz in allen Dokumenten brauchen.“
„Finn.“ Ermahnt June ihn milde und lächelt.
„Danke.“ Oliver nimmt meine Hand.
Dann kommt eine Schwester rein und sieht mich entschuldigend an.
„Tut mir leid, aber ich muss die Kleinen wieder auf Station bringen und ich muss sie auch bitten zu gehen. Charlotte muss sich ausruhen.“ Sie sieht in die Runde und ich verabschiede mich nur ungern von Kathie und James.
Alle nehmen mich in den Arm und versprechen am nächsten Tag wieder vorbei zu kommen.
„Ich komme heute Abend noch mal vorbei.“ Ryan gibt mir einen Kuss und dann bin ich allein.
Ich lehne mich zurück und schließe lächelnd meine Augen.
Ich bin eine Mummy…
So langsam beginne ich es zu verstehen.
Die Zwei sind wirklich auf der Welt und sie sind so perfekt.
Ryan und ich werden das hin bekommen, auch wenn das Schwert der Ungewissheit noch über uns schwebt.
Irgendwie schaffen wir das…
Ich schlafe erschöpft von dem Tag und den Ereignissen schnell ein. Ein tiefer, traumloser Schlaf und als ich wach werde liegt Ryan neben mir und hält mich fest in seinen Armen.
Es ist dunkel draußen, also muss es wohl schon Nacht sein. Die Schwestern haben Ryan eine Decke gegeben und ich betrachte sein schlafendes Gesicht. Er ist entspannt und sieht im Schein des Mondes wunderschön aus. Ich streiche vorsichtig über seine Wange und er sieht mich lächelnd an.
„Hey Prinzessin.“ Nuschelt er und zieht mich fester ins eine Arme.
„Hey.“ erwidere ich leise.
„Ich war vorhin noch bei Kathie und Jamie, es geht ihnen gut. Meine Eltern finden sie zuckersüß.“ Er küsst mich sanft.
„Was machst du denn hier?“ frage ich leise.
„Ich wollte bei dir sein, ich wollte endlich mit dir in meinen Armen einschlafen.“ Er küsst mich erneut und ich blicke zu ihm auf, er hat die Augen wieder geschlossen. Ich kuschele mich ganz nah an ihn und schlafe ebenfalls weiter.
Am nächsten Morgen stürmt Pete ins Zimmer und sieht uns Beide an als würden wir von einem anderen Stern kommen.
„Dad!“ Ryan rappelt sich entrüstet auf.
„Ryan.“ Sagt Peter überflüssiger Weise.
„Schon mal was von anklopfen gehört?“ Ryan streckt sich und setzt sich auf.
„Ich wollte zu Charlie…“ Peter sieht mich an „… Und na ja, ich habe dich gesucht.“ Er deutet auf Ryan.
„Nun hast du ja Beides. Was ist denn los?“ Ryan sieht ihn grinsend an, Peter scheint total durch den Wind.
„Wir haben uns Sorgen um dich gemacht, du bist gestern einfach nicht wieder aufgetaucht.“ Er sieht seinen Sohn böse an.
„Tut mir leid.“ Erwidert dieser zerknirscht.
„Nun ist ja alles gut. Du bist ja hier, wie vermutet… Ich soll von den Schwestern fragen ob Charlie stillen will.“ Er sieht mich unsicher an.
„Ja, wenn es möglich ist.“ antworte ich ihm und muss grinsen, ich habe das Gefühl, das er sich gerade nicht besonders wohl in seiner Haut fühlt.
„Sehr gut, denn James brüllt gerade die ganze Station zusammen.“ Er zieht eine Augenbraue hoch und stürmt wieder aus dem Zimmer.
Ryan steht auf und richtet seine Sachen, dann setzt er sich auf meine Bettkante und nimmt mich in den Arm.
„Guten Morgen Prinzessin.“ Er küsst mich innig.
„Guten Morgen.“ Lächle ich.
Eine Schwester kommt mit einem völlig unglücklich weinenden James das Zimmer und sieht uns entschuldigend an.
Sie legt ihn mir in den Arm und zeigt mir, wie ich ihn anlegen muss.
Plötzlich ist es still und Jamie trinkt friedlich.
„Puh, das hätten wir geschafft…“ die Schwester sieht mich erleichtert an „… Uns gingen langsam die Ideen aus, er will die Falsche absolut nicht.“
„Er hatte eben Hunger.“ Ryan grinst sie an.
„Also, wenn er jedes Mal wenn er Hunger hat, solch einen Zirkus macht, dann wünsche euch viel Spaß.“ Sie zwinkert uns zu und schiebt ein kleines Bettchen an mein Bett heran. „Klingel bitte wenn er fertig ist, Kathie hat bestimmt auch Hunger.“
„Wenn Jamie noch was übrig lässt.“ Erwidere ich lächelnd und sehe zu ihm. Er trinkt, als ob es um sein Leben gehen würde.
„Bestimmt.“ Sie kontrolliert seine Lage und geht dann hinaus.
„Du machst das alles so souverän.“ Ryan sieht mich erstaunt an.
„Ich glaube, das nennt man Mutterinstinkt.“ Ich streiche Jamie übers Köpfchen.
„Das wird eine ganz schön stressige erste Zeit.“ Er sieht zu Jamie und dann zu mir.
„Ich denke auch.“ Gebe ich zu. „Wie soll es eigentlich weiter gehen?“ meine Stimme bekommt einen ängstlichen Unterton.
„Ich möchte, dass wir zusammen ziehen. Ich habe mit Sam gesprochen, er hält es für eine gute Idee. Die Kinderzimmer sind in einer Woche fertig und in der Firma läuft alles. Ich habe auch mit McLoughlin gesprochen, ich kann im Dubliner Büro anfangen.“ Er sieht mich lange an.
„Du hast das schon mit Sam besprochen?“ frage ich perplex.
„Ja gestern Abend noch.“ erwidert er, als wäre es das selbstverständlichste der Welt.
„Aber…“ setze ich an.
„Nichts aber…“ er lächelt leicht „Kevin macht gerade alles fertig. Mein Dad kümmert sich um den Verkauf meines Hauses und das ein paar Möbel zu dir gebracht werden. Ich habe mit meinen besten Freunden Nick und Ronan gesprochen. Sie unterstützen mich und ich glaube ich kann ein bisschen davon profitieren das Ronan und seine Frau vor zwei Jahren ebenfalls Zwillinge bekommen haben. Er hat mir einige sehr nützliche Tipps gegeben und mir einige Sache empfohlen, die ich sofort bestellt habe.“ Er strahlt mich zufrieden mit sich an.
„Was denn für Sachen?“ frage ich verwirrt.
Anscheinend ist Ryan ein Mann der schnellen Entscheidungen…
„Na ja, der beste Kinderwagen, die besten Bettchen usw. Erst hat er ja nicht schlecht gestaunt, als ich ihm alles erklärt habe und dann hat er mich mit allen möglichen Tipps und Tricks zugeschüttet. Ich habe ihn gebeten mir alles schriftlich zu geben. So viel Zeug kann sich ja keiner merken.“ Er schüttelt lachend den Kopf.
„Bist du irre?“ frage ich grinsend.
„Vielleicht ein bisschen, aber ich habe jetzt eine Familie und will alles richtig machen. Du hattest ja ein wenig mehr Zeit dich vorzubereiten, ich muss das jetzt alles im Eiltempo machen.“ Er zwinkert mir zu.
„Aber was ist…?“ ich sehe ihn unsicher an und nehme Jamie hoch, er ist endlich satt und zufrieden, nach seinem Bäuerchen lege ich ihn ins Bettchen und klingele.
Ryan erwidert nichts auf meine Frage und ich sehe ihn prüfend an, gerade als er was sagen will kommt die Schwester und bringt mir Kathie.
„So, die kleine Kathie hat ganz artig gewartet, bis ihr Bruder fertig war. Geben sie Bescheid wenn sie fertig ist, dann kann ich Mr. Und Mrs. McAdams, die Eltern von Ryan, rein schicken.“ Sie nickt mir zu und ich lege Kathie an, sofort trinkt auch sie mit Feuereifer und ich lächele leicht.
„Also?“ ich sehe zu Ryan.
„Es macht keinen Unterschied.“ Sagt er und streichelt Jamie, der friedlich im Bettchen schläft. „Es ist schön, wenn wir endlich Gewissheit haben, aber es ändert nichts.“ Erklärt er mir und ich sehe ihn unter Tränen an.
„Nicht weinen Prinzessin.“ Bittet er mich. „Wir bekommen das hin.“ Verspricht er mir.
Ich lächle leicht, Kathie ist nun auch satt und nach ihrem Bäuerchen lege ich sie zu ihrem Bruder ins Bett.
Ryan lege sich zu mir und küsst mich sanft.
„Du bist total Irre.“ Ich sehe ihn prüfend an.
„Nein, nein… So was kannst du ja nun nicht sagen.“ Er lacht leise. „So, nun klingele endlich damit meine Eltern rein kommen können.“ Er küsst mich erneut, steht auf und ich drücke auf den Klingelknopf.
Betty und Peter kommen ein paar Minuten später herein und Betty nimmt mich lange in den Arm.
„Herzlichen Glückwunsch.“ Sie drückt mir einen riesigen Blumenstrauß in die Hand.
„Vielen Dank.“ Ich gebe die Blumen an Ryan weiter, er steht auf und holt eine Vase.
„Wie geht es dir?“ Betty nimmt sich einen Stuhl und sieht mich besorgt an.
„Gut, Ryan und ich haben über alles gesprochen. Na, ja vorerst…“ ich sehe sie an und atme tief durch „… Wir haben auch darüber geredet, das egal was bei dem Vaterschaftstest raus kommt. Er bleibt bei mir und den Beiden.“ Ich sehe zu den beiden Kleinen die friedlich schlafen.
„Und wie soll es mit euch weiter gehen?“ Betty reißt ihren Blick von den Zweien los und sieht zu mir.
Ryan kommt gerade wieder herein, stellt die Blumen auf den Tisch und grinst seine Mum an.
„Ich ziehe zu ihr und den Kleinen nach Dub.“ Er setzt sich zu mir und zieht mich in seine Arme.
„Das freut mich.“ Betty erstrahlt übers ganze Gesicht.
„Aber bis das Ergebnis da ist, bleiben wir bei Oliver und June. Dann schauen wir weiter, ich denke wir werden ganz froh sein, wenn June uns ein wenig zur Hand geht.“ Er sieht zu seinem Dad.
„Das denke ich auch.“ Lächelt er.
„Ich wünsche mir so sehr, das die Beiden von dir sind.“ Betty Sieht zu Ryan.
„Das spielt keine Rolle, es ist nur ein Stück Papier. Charlie, Kathie, Jamie und ich sind jetzt eine Familie.“ Er sieht mich an und ich ziehe ihn zu mir.
„Danke.“ Ich hauche ihm einen Kuss auf die Lippen.
„Ich danke dir Prinzessin.“ Er strahlt mich an „Man, ich habe meine eigene kleine Familie.“
„Nur mal so, ich bin ja ungern der Spielverderber…“ Peter sieht uns betreten an „… Was macht ihr wenn die Beiden von Finn sind?“
„Es ändert nichts... Ich habe mit Finn gesprochen, wenn es seine Beiden sind, wird er zu uns in die Nähe ziehen. Er kann dann soviel Zeit mit ihnen verbringen wie er möchte. Ich werde die Beiden adoptieren aber wir werden ihn mit einbeziehen in alle wichtigen Entscheidungen.“ Ryan sieht zu ihm.
„Man kaum zu glauben… Wann ist aus dir so ein verantwortungsbewusster Mann geworden?“ er lächelt ihn an.
„Seitdem ich für meine Frau und meine beiden Kinder sorgen muss.“ Ryan strahlt ihn an.
„Steht dir gut mein Sohn!“ Peter nimmt ihn in den Arm.
„So Kinder, wir müssen uns auf den Rückweg machen, sagt uns bitte Bescheid, wenn ihr was wisst.“ Betty steht auf und nimmt mich in den Arm. „Ansonsten sehen wir uns am Wochenende.“
„Bye und vielen Dank.“ Ich lächle sie an und sie nickt leicht.
„Ich bin froh, dass ihr endlich wisst was ihr aneinander habt.“ Sie knufft ihren Sohn.
„Danke Mum.“ Er verdreht die Augen „Ich hoffe, dass du ab und zu vorbei kommst und uns ein wenig helfen kannst.“ Er deutet auf die beiden Kleinen die friedlich schliefen.
„Aber sicher mein Schatz!“ sie gibt ihm einen Kuss.
„Bye Charlie!“ Peter nimmt mich in den Arm.
„Bye Peter! Danke!“ ich sehe zu den Blumen.
„Du weißt so gut wie ich, das ich damit nichts zu tun hatte…“ er lacht „… aber gern geschehen.“
Lachend verlassen die Beiden das Zimmer und Ryan und ich bleiben eine Weile allein. Wir betrachten Jamie und Kathie beim schlafen und ich kann es nicht glauben, das sie beiden vor weniger wie 24 Stunden noch in meinem Bauch waren.
Als die beiden Kleinen drei Tage alt sind, können wir alle nach Hause… In unserem Fall erst einmal zu June und Oliver.
Die Beiden haben alles vorbereitet und es fehlt uns wirklich an nichts. June nimmt uns die Beiden gerne Mal für eine oder zwei Stunden ab und Ryan und ich haben viel Zeit zu reden. Wir sitzen oft mit Finn zusammen und überdenken unsere Situation und versuchen eine für alle passende Lösung zu finden.
Meistens, wenn June die Kleinen versorgt, dann schlafen Ryan und ich einfach nur…
Die beiden brauchen unsere Aufmerksamkeit 24 Stunden am Tag und es tut gut, mal eine oder zwei Stunden am Stück zu schlafen…
„Der Brief ist da!“ Finn stürmt ins Wohnzimmer und wedelt mit besagtem Brief.
Ich stehe mit zitternden Knien auf und gebe Kathie zu Ryan auf den Arm. Jamie liegt im Stubenwagen und schläft zufrieden.
Ich nehme den Brief mit zitternden Händen und öffne ihn vorsichtig.
Ich atme tief durch und entfalte ihn…

Probe 1 weiblich Kathie Marie June Avery
Probe 2 männlich James Oliver Ryan Finnley Avery
Mutter: Charlotte Alicia Avery
Möglicher Vater: Probe A: Finnley Luke McAdams
Probe B: Ryan Michael Patrick McAdams

Eine Vaterschaft der Probe A zu den Proben 1 und 2 beträgt 0,0000000004 % die Vaterschaft gilt als ausgeschlossen.

Eine Vaterschaft der Probe B zu den Proben 1 und 2 beträgt 99,9999999998 % die Vaterschaft gilt als praktisch erwiesen.

Tränen laufen mir übers Gesicht und ich bin nicht fähig etwas zu sagen. Oliver zieht mich in seine Arme und nimmt mir den Brief aus der Hand, kurz überfliegt er ihm.
„Herzlichen Glückwunsch Ryan, damit sind es ganz offiziell deine Beiden!“ er grinst ihn an und Ryans Gesicht beginnt zu strahlen. Er gibt Kathie andächtig einen Kuss auf die Stirn.
„Mein kleine Kathie! ...“ flüstert er „… Meine Tochter.“ Er wiegt sie sanft und legt sie dann zu ihrem Bruder.
Dann kommt er zu mir und Oliver tritt einen Schritt zurück, er nimmt mich hoch und wirbelt mich im Kreis.
Nun laufen auch ihm Tränen der Erleichterung über die Wangen.
June die gerade ins Wohnzimmer kommt, realisierte die Situation schnell und nimmt Ryan, nachdem dieser mich abgesetzt hat in den Arm.
„Ich freue mich so für euch…“ sie gibt auch mir einen Kuss „… aber bitte versprecht mir etwas.“ Sie sieht uns beide ernst an.
„Was denn?“ ich wische mir meine Tränen weg.
„Kommt uns bitte ganz oft mit den Beiden besuchen.“ Sie sieht zu den beiden Kleinen.
„Mindestens alle zwei Wochen.“ Verspricht ihr Ryan.
„Dann ist gut und wehe wenn nicht.“ Oliver nimmt seine Frau in den Arm.
„Wir möchten ja, das die beiden ihren Patenonkel sooft wie möglich sehen.“ Ich sehe zu Finn, der die ganze Zeit auf dem Sofa gesessen hat.
„Echt?“ er sieht mich fragend an.
„Aber sicher!“ Ryan grinst ihn breit an.
„Danke, ich habe mich schon so an die Zwei gewöhnt.“ Er ging zum Stubenwagen und sieht hinein.
„Du wirst ein toller Onkel sein und außerdem möchte ich, das Kathie und Jamie viel Zeit mit ihrer Grandma und ihrem Grandpa verbringen. Es ist doch viel wichtiger was man fühlt, als das was auf dem Papier steht, oder?“ ich sehe zu June und Oliver.
„Danke Charlie.“ June nimmt mich in den Arm und beginnt zu weinen.
„Die kleine Kathie braucht doch eine Grandma die ihr das Kochen beibringt.“ Ich zwinkere ihr zu.
„Und ein Grandpa wie dich ist nie verkehrt…“ Ryan grinst Oliver an „Dad wird seine Sache gut machen, aber wo soll Jamie hin, wenn er ihm was verbietet?“ er zwinkert und Oliver lacht auf.
„Danke Ryan.“ Er nimmt ihn in den Arm.
„Wann wollt ihr denn nach Dub aufbrechen?“ June sieht uns an und ich sehe zu Ryan.
„In zwei Tagen, dann sind die Handwerker fertig.“ Erklärt er ihr und June nickt.
„Ich werde euch vermissen.“ Sagt sie traurig.
„Ich werde euch auch vermissen. Ich danke euch so sehr!“ ich gebe ihr einen Kuss.
Die nächsten beiden Tage vergehen wie im Flug. Wir packen alles zusammen und allein dafür brauchen wir schon einen Kleintransporter. Bei den Kinderzimmern hat sich Kev wirklich selbst übertroffen und an unserem ersten Tag in unserem Zuhause geht es zu wie in einem Taubenschlag…
Natürlich kommen auch Peter und Betty und die beiden schnappen sich mit Sam und Jen den Kinderwagen. Sam meint, sie müssen jetzt alle ein bisschen in der Nachbarschaft angeben.
„Wann sollst du eigentlich im Dubliner Büro anfangen?“ wir lassen uns auf die riesige Couch im Wohnzimmer fallen.
„Keine Ahnung, ich habe noch nicht mit Will, meinem Bereichsleiter aus Sligo telefoniert.“ Gibt er zu.
„Aber ich denke du hast alles geklärt?“ ich sehe ihn fragend an.
„Ja, mit Mr. McLoughlin persönlich. Vor dem Gespräch mit Will habe ich mich bisher gedrückt…“ er grinst schief.
„Meinst du wirklich Will ist böse? Alles was ich bisher von ihm gehört habe deutet auf einen sehr netten Mann hin…“ ich nehme Ryans Hand in meine.
„Er hat mir mal angedroht, sollte ich das Sligoer Büro verlassen, dann bin ich einen Kopf kürzer. Er hat aus mir den Architekten gemacht, der ich heute bin. Ohne ihn wäre ich nicht so gut…“ er lächelt unsicher.
„Komm schon…“ ich küsse ihn „Was soll er schon machen?“
„Du hast Recht, ich glaube, ich sollte mein Diensthandy mal wieder anstellen.“ Er grinst mich an.
„Was? Du hast es immer noch aus?“ ich sehe ihn strafend an.
„Ja…“ sagt er lang gezogen und drückt auf einen Knopf, sofort fängt das Handy an wie verrückt zu piepen.
„Wow, nur 71 Anrufe in Abwesenheit, 42 neue Sprachnachrichten und 62 SMS.“ Er lacht leise.
„Wie kannst du das Lustig finden, es kann dich deine Karriere kosten.“ Ich sehe ihn ungläubig an.
„Prinzessin…“ er küsst mich grinsend „… Du, Kathie und Jamie. ihr seid das Wichtigste in meinem Leben.“
„Aber…“ setze ich an.
„Nichts aber…“ er sieht auf sein Handy „… dann werde ich erst einmal Will anrufen und meinen Anschiss abholen.“
Er stellt auf Lautsprecher, wählt und keine Sekunde später ertönt eine tiefe Männerstimme.
„Walsh.“
„Ich bin es Ryan.“ Sagte Ryan ganz ruhig.
„Herrgott McAdams…“ er schnauft „… Kannst du mir mal sagen, wo du in den letzten Tagen warst? Ich habe mir die Finger wund gewählt.“ Er klingt echt wütend.
„Tut mir leid Will, aber ich musste mich um meine Freundin und um meine Kinder kümmern.“ Ryan sieht zu mir und lächelt.
„Dann stimmt es?“ fragt Will nun geschockt.
„Ja, ich habe mit Mr. McLoughlin gesprochen. Ich fange hier in Dublin im Büro an.“ erklärt er ihm.
„Wir geben eine Stellungnahme ab….“ Will atmet tief durch. „Sag was McAdams.“ Drängelt er ihn und Ryan sieht mich an.
„Okay…“ er denkt einen Moment nach „Ich, Ryan McAdams werde auf persönlichen Wunsch meine Tätigkeit bei McLoughlin in deren Dubliner Büro fort setzen. Ich werde meine Kunden natürlich weiterhin wie gewohnt betreuen und bin ab dem 01. Januar nächsten Jahres wieder voll und ganz für sie da.“ Er wiegt mit seinem Kopf und wartet auf Wills Reaktion.
„01. Januar?“ fragt dieser erstaunt „Wir haben August McAdams.“
„Ich weiß, aber ich habe mir Mr. McLoughlin besprochen, das ich erst einmal Elternzeit nehme, ich muss mich um meine Verlobte und unsere beiden Kinder kümmern.“ Grinst er.
„Gut ich gebe es sofort raus.“ Will ist nicht mehr wütend sondern eher erstaunt. „Wie hast du das nur hin bekommen?“ lacht Will, er ist anscheinend nicht so böse wie es Ryan erwartet hat.
„Wie wohl!“ lacht Ryan auf.
„Man, man, man McAdams! Du machst echt Sachen…“ er kichert „… aber meine herzlichsten Glückwünsche.“
„Vielen Dank Will! Schön das du nicht böse bist.“ Ryan atmet erleichtert aus.
„Hey Junge, ich muss zugeben, erst war ich ganz schön sauer aber nun ist es, wie es ist und ich freue mich für dich. Du machst deinen Weg auch in Dublin und zur Not komme ich eben vorbei und klopfe dir auf die Finger…“ Will lacht wieder auf „Liebe Grüße an deine Zukünftige Frau und mach mir keine Schande. Wir sehen uns.“ Sagt er nun.
„Danke.“ lache ich.
„Ach, du bist da…“ seine Stimme klingt erstaunt „… Dann auch dir alles Gute und treib ihm mal seine Flausen aus!“
„Mach ich und vielen Dank Will.“ erwidere ich.
„Kein Ding! Genießt die Zeit!“ sagt er und legt auf.
„War doch gar nicht schlimm.“ Ich sehe zu Ryan.
„Aber hätte ich ihn gleich angerufen, hätte er mir wahrscheinlich den Kopf abgerissen.“ Er gibt mir einen Kuss.
“Waren alle Nachrichten von Will?“ ich sehe ihn fragend an.
„Nein, nein Nick und Ronan haben es auch öfter über diese Nummer versucht, mein anderes Handy war zwischendurch Mal ein paar Tage leer und ich habe es nicht gemerkt.“ Er zuckt mit den Schultern.
„Du bist unmöglich Ryan McAdams, übrigens haben wir wohl noch was zu klären…“ ich ziehe eine Augenbraue hoch.
„Ach ja was denn?“ er sieht mich grinsend an.
„… Ich bin also deine Verlobte? Komisch, ich kann mich an keinen Heiratsantrag erinnern und ich sehe, so sehr ich mich auch bemühe…“ ich drehe meine Hand im Licht „… keinen Ring.“
„Das hole ich nach…“ er küsst mich Stürmisch und grinst „… ganz bestimmt! Versprochen!“
Plötzlich reißt uns ein Sturmklingeln aus unserer trauten Zweisamkeit.
„Was zum Teufel.“ Ryan springt auf und läuft zur Tür.
Ich setze mich auf, ich habe immer noch Schmerzen und ziehe tief Luft ein, als ich eine Falsche Bewegung mache.
„Prinzessin, bleib still sitzen oder muss ich dich fest binden?“ Ryan steht mit zwei weiteren Männern in der Wohnzimmertür.
„Hi!“ kommt es von den Beiden wie aus einem Mund.
„Hallo.“ erwidere ich leicht verunsichert.
„Das sind Nick und Ronan…“ Ryan deutet auf die Beiden „… Das ist Charlie.“ Er deutet auf mich.
Die beiden setzen sich mir gegenüber und Ryan sich zu mir.
„Du bist also Charlie.“ Nick grinst mich an.
„Und du bist also Nick.“ erwidere ich und Ryan lacht auf.
„Also Jungs, was können wir für euch tun? Ich meine, ihr seid doch sicherlich nicht den Weg aus Sligo hierher gekommen um sie anzugucken, oder?“ er sieht die beiden gespannt an.
„Also erstens Mal versuchen wir seit Tagen dich zu erreichen, man wir sind fast gestorben vor Sorgen…“ Ronan sieht ihn strafend an „… Erst rufst du an und holst dir Babytipps und dann nichts… ich meine gar nichts… Dann habe ich gestern Abend mit deinen Eltern gesprochen und erfahren, das du wirklich und tatsächlich ohne ein Wirt zu sagen nach Dublin gezogen bist. Spinnst du?“ er zeigt ihm zur Verdeutlichung einen Vogel.
„Jungs, es tut mir echt leid, wir hatten noch einiges zu klären…“ er küsst mich „… Uns und den beiden Kleinen geht es gut.“
Nick grinst uns an „Wow Zwillinge. Sag mal ich will ja nicht indiskret sein, aber plötzlich taucht Charlie auf und du bist Vater? Ich glaube eine kleine Erklärung wäre schon angebracht.“
Wir erzählen ihnen alles und die beiden staunen nicht schlecht.
„Man, ihr habt ja echt schon was durch gemacht… „ Ronan schüttelt den Kopf „… Ich bin froh, dass es so ausgegangen ist. Dann kann ich jetzt ja auch Gill beruhigen, die lässt mir gar keine Ruhe.“ Er grinst breit.
„Wo sind eure Zwerge eigentlich?“ Ronan sah sich um.
„Erstens mal nach euerem Sturmklingeln würden sie wohl kaum noch schlafen, wenn sie hier wären…“ er sieht zu Nick und dieser zuckte hilflos mit den Schultern „… Meine Eltern und Charlies Tante und Onkel sind mit den beiden spazieren…“ er sieht zur Uhr „… Aber da Jamie mit Sicherheit in der nächsten halben Stunde Hunger bekommt, werden sie gleich wieder hier sein.“
„Jamie kommt nach Ryan, wehe er hat Hunger.“ Grinse ich.
Nick und Ronan lachen auf und Ryan knufft mich liebevoll.
„Hey Jungs, was haltet ihr davon wenn ihr mit euren Familien am Wochenende vorbei kommt? Dann könnt ihr euch die Beiden anschauen und eure Frauen geben Ruhe.“ Ryan sieht zu Nick und Ronan.
„Gerne. Wann und Wo?“ Ronan nickt begeistert.
„Samstagmittag? Wir werden aber was bestellen, Charlie muss sich schonen und das mit den Vorbereitungen wäre ein wenig viel für sie. Außerdem nutzen wir unsere knappe Freizeit lieber zum schlafen.“ Er zwinkert ihm zu.
„Kein Problem, dann lassen wir euch mal wieder allein. War schön dich kennen zu lernen Charlie.“ Er reicht mir die Hand. „Ich würde dich ja umarmen…“
„Das verschieben wir lieber…“ ich sehe ihn entschuldigend an „… Hat mich auch gefreut.“ Ich winke den Beiden hinterher.
Kaum das die Beiden weg sind kommen unser Ausflügler zurück und Betty drückt mir einen unglücklichen Jamie in den Arm.
Ich grinse sie nur an und setze mich auf die Couch um ihn zu stillen.
„Der Junge hat echt so etwas von keine Geduld.“ Sam grinst mich an und ich lache leise.
„Woher er das wohl hat?“ ich ziehe eine Augenbraue hoch und wir sehen alle zu Ryan.
Wir lachen alle und dann sind wir allein…
In unserem Haus…
Mit unseren Kindern…
Zu Weihnachten macht mir Ryan tatsächlich endlich den lange versprochenen Heiratsantrag und ich nehme natürlich überglücklich an.
Wir heiraten am 12. März, am Geburtstag meines Dads und ich bin endlich angekommen.
Angekommen in meiner Familie, mit meinem Mann und meinen wunderbaren Kindern.

Epilog


„Jamie! Kathie!“ June steht in der Tür und die beiden springen aus dem Auto und laufen zu ihr.
„Grandma June!“ sie lassen sich von ihr drücken und ich sehe ihnen lächelnd zu.
Die beiden sind jetzt 5 und zwei absolute Wildfänge, ich helfe unserem Sohn Logan aus dem Auto, er ist jetzt knapp 3 und ein so liebes Kind… Dann nehme ich Jenny, unsere Kleinste auf den Arm und folge Ryan ins Haus.
„Ist das schön euch zu sehen!“ Oliver nahm mir Jenny ab und drückt sie an sich, sie ist jetzt 11 Monate und quiekt vergnügt als Oliver sie kitzelt.
Finn und seine Frau Ally kommen aus der Küche und ich umarme erst einmal Ally fest. Ihr Sohn Jeremy läuft sofort zu Logan und die Beiden spielen mit ihren Autos.
„Finn!“ jubele ich nun und nehme auch ihn in den Arm.
„Sis!“ er drückt mich fest an sich, dann sieht er mich lange an und grinst.
„Halt den Mund.“ Sage ich leise.
„Was ist denn hier los?“ June schaut skeptisch zwischen uns hin und her.
„Ich glaube Charlie und Ryan wollen uns was sagen.“ Finn grinst uns wissend an und Ryan beginnt zu lächeln.
„Was denn?“ Oliver stellt sich zu uns.
„Also Charlie und ich werden im November nächstes Jahr wieder Eltern.“ Ryan gibt mir einen Kuss.
„Wir freuen uns so!“ Oliver und June nehmen uns jubelnd in den Arm.
„Ja und mal wieder im Doppelpack.“ Ich ziehe meine Augenbrauen hoch und Finn herzt mich lächelnd.
„Wollt ihr eigentlich noch das Dutzend voll bekommen?“ er sieht fragend zu Ryan.
„Also warum nicht?“ Ryan nimmt mich in den Arm und küsst mich.
„Darüber reden wir noch mal.“ Ich strahle ihn an und Arm in Arm gehen wir hinter June und Oliver ins Esszimmer, wo Betty und Peter schon warten.
Sie wissen schon seit ein paar Tagen von unserem neuerliche Zuwachs und begrüßen uns herzlich.
Tja, das Leben geht manchmal seltsame Wege… ich sehe mich am Tisch um und beobachte wir sich alle lachen unterhalten.
Das war mein Weg…
Voller Steine und Stolperfallen, aber ich habe es überstanden und ganz ehrlich, ich würde nicht tauschen wollen…


Impressum

Texte: Stephanie Muhs
Bildmaterialien: me
Tag der Veröffentlichung: 26.02.2013

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