„Bitte Jake, tue mir das jetzt nicht an.“ ich sehe ihn bittend an.
„Nat, du hast mir nichts zu sagen.“ Faucht er böse und ich werfe dem Security neben ihm einen flehentlichen Blick zu.
„Leere deine Taschen.“ Sagt dieser zu Jake und er befördert ein Play Station Spiel ans Licht.
Ich stöhne leise auf. „Oh, Jake.“
„Begleiten sie mich bitte ins Büro.“ Der Security nimmt Jake das Spiel ab und ich folge den Beiden notgedrungen.
Wir gehen durch die weitläufigen Regale und landen in einem ziemlich schäbigen Büro.
„Setz dich.“ Herrscht der Mann Jake an und obwohl ich sauer auf Jake bin… Ich lasse es nicht zu, das jemand so mit ihm redet.
„Ein anderer Ton wäre angebracht.“ Sage ich und stelle mich hinter Jake.
„Er hat geklaut.“ Der Mann fixiert mich kalt.
„Ja, das hat er und ich verurteile das. Aber das gibt ihnen noch lange nicht das Recht, so mit ihm zu reden.“ Meine Stimme klingt kontrolliert und beherrscht, obwohl ich im Moment weder das eine noch das andere bin.
„Sind sie seine Mutter?“ er zieht skeptisch eine Augenbraue hoch.
„Nein, aber ich bin seine Erziehungsberechtigte.“ Erwidere ich kühl.
„Ich brauche seine Personalien.“ Er holt einen Zettel aus der obersten Schublade.
„Muss das wirklich sein?“ ich setze einen bittenden Blick auf und er lacht höhnisch.
„Was bieten sie mir denn als Gegenleistung an?“ er leckt sich über seine wulstigen Lippen und ich erschaudere.
„Ich möchte lediglich nicht, dass mein Neffe einen Eintrag in seine Akte bekommt.“ Meine Stimme klingt längst nicht mehr so sicher wie vor ein paar Sekunden noch.
Der Typ macht mir Angst, er ist schmierig, ungepflegt und er riecht unangenehm.
„Sofern sie mir nicht eine kleine, sagen wir Mal Nettigkeit erweisen, sehe ich keine andere Möglichkeit.“ Seine Augen mustern mich lüsternd.
„Stopp, ich heiße Jacob Daniel MacKenzie.“ Geht Jake dazwischen und sieht zu mir auf, dann sieht er wieder zu dem Mann „Ich bin am 12. April 1999 in Saint Cloud geboren.“ Fährt er fort.
„Adresse.“ Brummt der Security.
„South Park Place 39 – 3b, Saint Cloud. “ Jake fixiert ihn und ich kann mir lebhaft vorstellen wie böse er dabei aussieht.
„Kann sich irgendeiner hier ausweisen?“ er sieht spöttisch auf. Ich krame in meiner Tasche und hole meinen Führerschein raus.
Er nimmt ihn in seine schmierigen Griffel und unsere Hände berühren sich kurz. Ich kämpfe gegen meinen Brechreiz an und lege meine Hand zurück auf Jakes Schulter.
„So, so Miss Natalie Slater, am 23.08.1986 in Savannah geboren…” er schreibt sich meine Daten auf “… Sind sie da nicht ein wenig weit weg von zu Hause?”
„Ich wohne hier in Saint Cloud.“ Ich atme tief durch. „Wie sie sehen ist der Führerschein in Minnesota ausgestellt worden und nicht in Georgia.“
Er reicht mir meinen Führerschein und streicht sanft über meine Hand. „Wir könnten noch eine andere Lösung finden.“ Er zwinkert mir zu.
„Fassen sie sie nicht an.“ Jake springt auf.
„Wir gehen Jake.“ Sage ich eindringlich und packe ihn am Arm.
„Sie bekommen Post von uns.“ Der Mann lacht hämisch.
„Sie von uns auch, das nennt man sexuelle Belästigung.“ Ich werfe ihm einen vernichtenden Blick zu „Glauben sie mir, ihr Arbeitgeben wird das nicht so schön finden.“ Ich schiebe Jake aus der Tür.
Ich sehe wie mich der Mann erstaunt ansieht. Ich denke nicht, dass wir in nächster Zeit Post bekommen werden…
Kaum draußen macht sich Jake von mir los.
„Du lässt dich von so einem Schmierlappen antatschen?“ fährt er mich an.
„Ich hätte gar nicht zu diesem Schmierlappen gemusst, wenn du nicht geklaut hättest.“ Blaffe ich zurück „Das hat ein Nachspiel…“ ich fahre mir durch die Haare „… Zwei Wochen Stubenarrest und eine Woche Fernseh- und Computerverbot.“
„Was?“ er sieht mich geschockt an und ich schiebe ihn in Richtung des Autos.
„Das ist nicht verhandelbar Jake.“ Erwidere ich zornig.
„Du hast mir nichts zu sagen…“ er setzt sich auf den Rücksitz und ich steige ebenfalls ein „Du bist nicht meine Mutter.“ Sagt er abweisend.
„Nein Jake, das bin nicht…“ ich drehe mich zu ihm um und merke wie mir die Tränen in die Augen steigen „… Aber ich gebe mir hier wirklich Mühe.“ Ich sehe wieder nach vorne und starte den Motor. „Schnall dich an.“ sage ich ruhig und fahre vom Parkplatz des Supermarktes. Ich fahre so schnell ich kann durch die Innenstadt und halte vor einem Haus.
„Du bleibst im Wagen währen ich Neal hole.“ Sage ich streng zu Jake.
Ich steige aus und nehme die Stufen mit zwei großen Schritten, ich sehe auf meine Uhr.
´Verdammt, ich bin schon wieder zu spät. ` fluche ich und drücke die aus Buntglas gefertigte Tür auf.
„Mummy.“ Neal entdeckt mich sofort und kommt auf mich zu gelaufen.
„Hey mein Schatz.“ Ich fange ihn auf und drücke ihn an mich.
Ich stehe mit ihm auf dem Arm auf und seine Erzieherin kommt zu mir.
„Holst du deine Jacke und ziehst deine Schuhe an.“ ich sehe zu Neal und er nickt, ehe er davon stürmt.
„Miss Slater…“ sie sieht mich tadelnd an „Sie sind schon wieder zu spät, ganze 20 Minuten. Wenn sich das nicht bald ändert, dann sehe ich mich gezwungen ihn hoch zu stufen.“
„Bitte Miss Daily, ich verspreche ihnen, es kommt nicht wieder vor.“ Ich fahre mir durch die Haare.
Wenn Neal jetzt auf einen Vollzeitplatz plus Sonderleistungen hoch gestuft werden würde, dann könnte ich mir den Kindergarten nicht mehr leisten. Aber ich brauche eine Betreuung für ihn, wenn ich im Krankenhaus arbeite. Verdammt Jake!
„Miss Slater, sie haben Neal schon sehr oft zu spät abgeholt…“ sie betrachtet mich eingehend „… Sorgen sie bitte dafür, das ihre Arbeitszeiten sich nicht mit unseren Öffnungszeiten überschneiden.“ Sagt sie milde und ich atme erleichtert aus. „Neal war heute nicht so gut drauf…“ sie sieht zu Neal und ich folge ihrem Blick, mit der Ernsthaftigkeit eines 4jährigen versucht er sich die Schuhe zu zubinden. „… Geht er noch zu Dr. Ronson?“ fragt sie leise.
„Ja, einmal die Woche.“ Ich beobachte jede Bewegung von ihm.
„Es ist jetzt fast 2 Jahre her…“ sie berührt mich sanft am Arm „… Er muss mal hier raus, er braucht ein wenig Ablenkung.“
„Ich versuche was ich kann…“ ich bin wieder den Tränen nahe.
„Das sehe ich Natalie.“ Ihre Stimme ist sanft „… Sie machen das großartig.“ Sagt sie anerkennend und ich sehe auf. „Fahren sie mit ihm mal in den Zoo, besuchen sie Verwandte oder unternehmen sie etwas anderes. Auch mal ohne Jacob, er braucht sie ab und zu Mal ganz für sich alleine.“
„Danke.“ Flüstere ich und Neal kommt wieder zu uns.
„Können wir nach Hause Mummy?“ er sieht zu mir hoch.
„Klar mein Schatz. Komm…“ ich halte ihm meine Hand hin „… Jake wartet im Auto auf uns.“
„Bye Miss Daily!“ er winkt ihr fröhlich zu.
„Bye Neal!“ sie winkt lächelnd zurück „Bis morgen.“ Fügt sie hinzu.
„Danke Miss Daily.“ Ich sehe sie dankbar an.
„Dafür nicht Miss Slater.“ Sie winkt auch mir zu und ich trete mit Neal an der Hand hinaus in die neblige, schwüle Luft Saint Clouds.
Jake sitzt tatsächlich noch im Auto und Neal springt zu seinem großen Bruder auf den Rücksitz.
„Jake.“ Quiekt Neal vergnügt und Jake drückt ihn an sich.
„Wie war dein Tag Großer?“ Fragt Jake und Neal beginnt aufzuzählen was sie heute alles gemacht haben.
„Schnallst du Neal bitte an.“ bitte ich Jake und setze mich wieder hinters Steuer.
Er sagt nichts, aber ich beobachte im Rückspiegel wie er ihm den Gurt anlegt.
20 Minuten später halten wir vor dem Appartementkomplex in dem wir wohnen. Ich helfe Neal beim aussteigen und wir fahren mit dem Fahrstuhl hoch in unser Appartement.
Vor unserer Tür steht ein Mann in einem schwarzen Anzug und ich werfe Jake einen fragenden Blick zu.
„Mach Mal halblang Nat, ich gebe zu, ich bin kein Musterknabe, aber mit dem FBI Typen habe ich nichts zu tun.“ Er hebt abwehrend die Hände.
„Miss Slater?“ fragt der Mann mich mit einem Akzent den ich nicht einordnen kann.
„Ja, wie kann ich ihnen helfen?“ ich sehe ihn fragend an.
„Darf ich um einen Moment ihrer Zeit bitten?“ er nickt mir leicht zu.
Gott, wer drückt sich denn heute noch so aus?
„Jake, bringst du Neal rein und hilfst ihm beim ausziehen? Ich bin gleich bei euch.“ Ich schließe die Wohnungstür auf und Jake nickt mir zu.
Leise ziehe ich die Tür wieder ins Schloss, ich befürchte das dieser Mann nicht hier ist um mir Nachhilfestunden in gewählter Ausdrucksweise zu geben und ich möchte nicht das die Jungs etwas davon mit bekommen.
„Was wollen sie?“ ich sehe wieder zu dem Mann.
„Ich möchte mich erst einmal vorstellen, mein Name ist Percy Evans, ich bin der erste Sekretär von Georgina Marie MacKenzie. Die Lady of Newborough würde sie und Master Jacob sowie Master Neal gerne empfangen.“ Er sieht mich an und ich schnappe nach Luft.
„Diese vertrocknete alte Schachtel kann bleiben wo der Pfeffer wächst…“ ich funkele ihn an „… Sie hat meine Schwester und ihren Sohn verstoßen und ich will nichts mit ihr zu tun haben.“
„Miss Slater, ich kann ihre Aufregung verstehen…“ setzt er an.
„Nein Mr. Evans, das können sie nicht.“ Schnaube ich.
„Miss Slater, bitte denken sie darüber nach, der Lady geht es gesundheitlich nicht gut. Lord Connor und Lord Ashton sind auch schon auf dem Weg zu ihr.“ Er sieht mich eindringlich an.
„Sie hatte 14 Jahre lang Zeit sich mit ihrem Sohn auszusöhnen.“ Ich knalle ihm die Tür vor der Nase zu. Ich lehne mich von innen an die Tür und schließe kurz meine Augen.
„Na Schatz, wie sieht es aus, hast du Lust ein wenig zu malen?“ ich sehe zu Neal und atme erneut tief durch.
Ich hänge meine Jacke an die Garderobe und sammele die Jacken von Jake und Neal auf, die auf dem Boden liegen. Beide sitzen im Wohnzimmer auf dem Fußboden und spielen mit Neals Autos.
„Ja.“ Er klatscht in die Hände.
„Jake, machst du bitte deine Schularbeiten.“ Ich sehe zu ihm und er sieht mich fragend an „Bitte.“ Füge ich hinzu und er steht auf.
„Na komm Schatz.“ Ich hole aus einer Schublade unsere Malsachen und er geht an seinen Rucksack und holt seinen Teddy heraus.
Dieser Teddy muss überall dabei sein, es geht nicht ohne ihn. Er ist dunkelbraun, sein eines Auge musste ich vor ein paar Wochen gegen einen Knopf austauschen und er trägt einen Anhänger aus Holz um den Hals. Mozart steht da drauf, seine Mum hat ihm den gekauft als er gerade geboren war. Sie und Liam waren einen Tag vor Neals Geburt in der Oper Lucio Silla von ihm und noch in der Nacht haben ihre Wehen endlich eingesetzt. Fast 10 Tage nach dem errechneten Termin und sie hat immer im Scherz gesagt, Mozart hat Neal endlich dazu gebracht auf die Welt zu kommen.
Neal nennt ihn Mozzie, weil er Mozart lange nicht sagen konnte.
„Mozzie macht mit.“ Neal setzt ihn auf den Tisch und ich grinse.
„Natürlich macht Mozzie mit.“ Ich lege dem Bären einen Stift hin und Neal strahlt mich an.
Wir malen ein wenig und ich beobachte ihn, er wirkt auf mich wie ein normaler 4jähriger, aber was verstehe ich schon davon?
Ich spiele den Part eines Elternteils ja erst seit 2 Jahren und vorher waren Kinder ein weit entferntes Thema für mich.
„So, malst du noch ein wenig alleine weiter? Ich fange an uns Abendbrot zu machen.“ Ich sehe ihn an und er nickt ehe er sich weiter seinem Bild widmet.
Ich gehe in unsere kleine Küche, von der aus ich ihn im Blick habe, aus Jake Zimmer höre ich dumpfe Bassklänge und stöhne leise. Jake ist 15 und Mitten in der Pubertät… Gott, da bin ich doch, vor gar nicht allzu langer Zeit, erst selber raus…
Ich breite einen Salat und Lasagne zu, sehr weit ist es mit meinen Kochkünsten nicht bestellt, aber auch in diesem Bereich versuche ich mein Möglichstes.
Als die Lasagne im Ofen ist gehe ich wieder zu Neal und er hält stolz sein Bild hoch.
„Wow, das ist wunderschön.“ Sage ich anerkennend und pinne es mit einer Reißzwecke zu seinen anderen Werken an die Korkpinnwand neben dem Esstisch.
„Fernsehen?“ Neal nimmt Mozzie während ich aufräume und sieht mich bittend an.
„Du hilfst mir alles weg z packen, dann darfst du bis das Essen fertig ist fern sehen, Okay?“ ich halte ihm meine Hand hin.
Lächelnd ergreift er sie. „Okay.“
Wir packen alles wieder in die Bastelschublade in der Kommode im Wohnzimmer und stelle ihm einen Trickfilm an.
Zufrieden setzt er sich auf die Couch und drückt Mozzie an sich. Ich gehe um die Couch herum und drücke ihm einen Kuss auf die Haare. Ich will gerade zu Jake um zu schauen wie weit er mit seinen Schularbeiten ist, als es klingelt. Ich stöhne leise auf und gehe zur Tür.
Verblüfft starre ich den Mann an.
„Haben ich ihnen nicht deutlich genug meine Meinung gesagt Mr. Evans?“ zische ich.
„Doch Miss Slater, das haben sie in der Tat. Aber da ich nichts unversucht lassen soll, gebe ich ihnen die Flugtickets und hoffe inständig, das sie ihre Meinung revidieren.“ Er reicht mir einen Umschlag „Entschuldigen sie bitte meine erneute Störung.“ Er nickt mir zu und geht wieder den Gang entlang zum Fahrstuhl.
Ich schüttele den Kopf und lege den Umschlag auf die Kommode.
Dann klingelt der Wecker, die Lasagne ist fertig.
„Jake! Neal! Essen!“ rufe ich und Neal springt sofort auf.
Magst du den Tisch decken?“ ich reiche ihm drei Tischsets und Jake kommt aus seinem Zimmer.
Seine Miene ist immer noch wütend und ich drücke ihm schweigend die Teller und Besteck in die Hand.
Ich nehme einen großen Krug und fülle Eiswasser hinein, die drückende Luft macht es schwül warm im Appartement und den Luxus einer Klimaanlage haben wir nicht. Mit drei Bechern stelle ich es auf den Tisch und hole den Salat, damit die Lasagne eine Weile abkühlen kann.
Wir nehmen uns alle an die Hände.
„Magst du das Tischgebet sprechen Neal?“ ich sehe zu ihm und er nickt eifrig.
„Lieber Gott, beschütze meine Mum und meinen Dad bei dir im Himmel und beschütze meinen Mummy und Jake hier bei mir. Danke für das Essen. Amen.“ Er sieht mich stolz an und ich lächle.
„Das war sehr gut.“ Lobe ich ihn und fülle uns allen ein wenig Salat auf.
„Hast du deine Schularbeiten fertig?“ ich sehe zu Jake.
„Ja, aber ich muss ein Referat für Biologie am Computer vorbereiten.“ Er sieht mich an und ich denke einen Moment nach.
„Setz sich mit deinem Laptop nachher hier an den Esstisch, dann kannst du es fertig machen.“ Ich beobachte ihn genau und schließlich nickt er.
Neal erzählt mir auch noch einmal von seinem tollen Tag und hilft mir beim abräumen und abwaschen.
Ich sehe auf die Uhr, es ist Zeit Neal bettfertig zu machen.
„hey mein Schatz, holst du deinen Schlafanzug und gehst ins Bad? Ich komme gleich.“ Rufe ich ihm zu und er steht auf und hüpft in sein Zimmer.
Ich gehe die Post von heute durch und atme tief aus. Verschickt man heute noch mehr wie Rechungen?
„Alles in Ordnung?“ Jake kommt mit seinem Laptop und setzt sich an den Küchentisch.
„Ja…“ winke ich ab. „Brauchst du Hilfe?“
„Kennst du dich mit dem menschlichen Körper aus?“ er zieht fragend eine Augenbraue hoch.
„Jake ich habe 12 Semester Medizin studiert, es wäre traurig wenn ich mich nicht auskennen würde.“ Gebe ich zurück und das erste Mal an diesem Tag stiehlt sich ein lächeln in sein Gesicht.
„Ich bringe Neal ins Bett und dann schauen wir mal.“ Verspreche ich ihm und er nickt.
„Darf ich so lange kurz chatten?“ er sieht mich bittend an.
„10 Minuten.“ Gebe ich mal wieder nach und er strahlt nun.
Das ist mein Jake, so kenne und liebe ich ihn. Der andere Jake ist irgendwie eine verzerrte Mischung aus diesem freundlichen Jungen und Frankenstein.
Also wirklich, ich war nie so….
Als ich ins Bad komme hat Neal schon seinen Schlafanzug an und ich helfe ihm beim Zähneputzen und beim waschen.
„Und nun ab mit dir.“ Lache ich und er hüpft von dannen.
Ich bringe das Bad wieder in seinen Ursprungszustand und gehe dann in Neals Zimmer am Ende des langen Flures.
„Na, alles gut?“ ich setze mich auf seine Bettkante und streiche ihm seinen dunkelblonden Haare aus der Stirn.
„Ja.“ Erwidert er zufrieden und ich lächle.
Ich lege mich zu ihm und hauche ihm einen Kuss auf die Stirn.
„Tiger?“ grinst er und ich hole sein Gute-Nacht-Buch.
Er drückt Mozzie fest an sich und ich lese ihm eine Geschichte vor.
„So mein Schatz, jetzt schlaf schön…“ ich gebe ihm einen Kuss und er grinst „Ich liebe Dich.“ Sage ich leise und mache das große Licht aus.
„Ich dich auch Mummy.“ Erwidert er leise und macht sein Schlaflicht an.
Ich gehe wieder in Wohnzimmer und als Jake mich kommen sieht klickt er schnell auf seiner Maus.
„Jake…“ sage ich mahnend.
„Sorry.“ Gibt er nicht sehr überzeugend zurück.
„Na komm…“ ich setze mich neben ihn und wir gehen seinen Stoff durch und haben am Ende eine ganz ansprechende Präsentation zusammen gestellt.
„Wer war das eigentlich vorhin?“ er klappt seinen Laptop zu und sieht mich fragend an.
„Ein Abgesandter deiner Großmutter.“ Gebe ich zurück und er sieht mich mit großen Augen an.
„Echt jetzt?“ fragt er überrascht.
„Ja Jake, echt jetzt.“ Ich grinse.
„Was wollte er?“ fragt er weiter und ich reiche ihm den Umschlag.
Er öffnet ihn und zieht die Flugtickets heraus.
„Wow, erster Klasse Tickets nach Irland.“ Er bestaunt sie und sieht dann wieder zu mir. „Was willst du machen?“
„Jake…“ ich seufze „Das ist keine Entscheidung die ich treffen kann, deine Mum und dein Dad hätten diese Entscheidung treffen müssen.“ Ich setze mich wieder auf den Stuhl und Jake setzt sich zu mir.
„Aber du bist jetzt für sie bei uns.“ Er nimmt meine Hand „Es tut mir leid, was ich heute Nachmittag gesagt habe.“ Erklärt er mir reumütig.
„Schon Okay.“ Ich streiche über seine Wange. „Miss Daily meinte heute noch zu mir, das es für Neal gut wäre mal aus dem Trott raus zu kommen.“
„Aber?“ er sieht mich an und lehnt sich an mich.
Ich wuschele ihm durch die Haare.
„Aber…“ ich lache leise „Will ich euch wirklich der Hexe aussetzen? Will ich wirklich, das ihr mit all dem Konfrontiert werdet?“ ich zucke mit den Schultern.
„Der Flug geht erst in drei Wochen, wir können uns ja noch überlegen was wir machen.“ Er sieht mich an und ich nicke.
„Ich weiß ja nicht einmal, ob ich frei bekomme.“ Ich stehe wieder auf und räume unsere letzten Sachen weg.
„Du musst auch mal raus Nat.“ Jake sieht mich an „Seitdem wir bei dir sind arbeitest du jeden Tag bis 15 Uhr im Krankenhaus, dann sind Neal und ich da. Du hattest in den zwei Jahren nicht einen Tag Urlaub.“ Er sieht mich an.
„Willst du dahin?“ frage ich schließlich.
„Ja, nicht um die Hexe kennen zu lernen, sondern um zu sehen wo Dad aufgewachsen ist. Ich möchte seine Brüder kennen lernen und ich möchte gerne Irland kennen lernen…“ er zuckt entschuldigend mit den Schultern „Ich bin ein halber Ire und war noch nie da.“
„Wenn es dir wichtig ist, dann schaue ich was ich morgen im Personalbüro erreichen kann.“ Verspreche ich ihm. „Unter einer Bedingung.“ Ich sehe ihn an und er sieht auf. „Bitte versprich mir, dass du nie wieder etwas klaust.“ Bitte ich ihn eindringlich.
„Ich verspreche es, es war echt daneben.“ Er steht auf und nimmt mich in den Arm. „Danke Nat.“ flüstert er.
„Kein Problem mein Großer.“ Ich drücke ihn fest an mich. „Geh schlafen, wir müssen morgen alle früh hoch.“ Ich drücke ihm einen Kuss auf die Stirn und er geht in sein Zimmer.
Ich telefoniere noch kurz mit Jay, meinem besten Freund, eigentlich der einzige der mir nach all dem was in den letzten zwei Jahren passiert ist noch geblieben ist. Jay ist Arzt in dem Krankenhaus in dem ich als Schwester arbeite, er ist mit Kayli verheiratet. Ich mag Kayli, auch wenn wir nie wirklich warm mit einander werden. Jay und ich haben uns an der Universität kennen gelernt, an unserem ersten Tag und seitdem sind wir unzertrennlich. Er ist mein Fels in der Brandung und hört sich auch heute meine Beschreibungen des heutigen Tages in allen Ausführungen an.
„Jake ist in der Pubertät Nat, da kannst du nicht viel machen.“ Erklärt er mir milde.
„Nichts?“ ich seufze.
„Du kannst nur hoffen, dass es schnell vorbei geht.“ Lacht er.
„Ach wie gut, das ich dich habe.“ Gebe ich entnervt zurück.
„Geh jetzt schlafen. Wir sehen uns morgen.“ Er schickt mir einen Kuss durchs Telefon und lege auf.
Ich weiß nicht, wo ich ohne Jay wäre. Er hat mir geholfen alles zu regeln, er hat mir vor allen Dingen mit dem Papierkram geholfen.
Ich mache mich auch bettfertig und schlafe, wie eigentlich jeden Abend, schnell ein.
Um 6 Uhr klingelt mein Wecker und ich kneife gequält meine Augen zusammen. Mühsam erhebe ich mich aus meinem Bett und schlurfe ins Bad. Nach einer kurzen Dusche fühle ich mich halbwegs fit, ich stelle die Kaffeemaschine an und wecke Neal.
Während Neal seine 10 Minuten zum wach werden hat schlüpfe ich in meine rosane Schwesterntracht, bestehend aus einer Hose und einem Kasack und binde meine langen Haare im Nacken zusammen. Dann gehe ich zu Neal, ich helfe ihm beim waschen und anziehen und mache uns dann ein kleines Frühstück.
Ich stelle für Jake O-Saft und Müsli auf den Tisch und ziehe Neal seine Schuhe und seine Windjacke an.
„hast du alles?“ frage ich ihn und er stopft mit einem Nicken Mozzie in den Rucksack.
Ich gehe zu Jakes Zimmertür und klopfe an.
„Jake aufstehen!“ rufe ich und es ertönt ein Brummen. „Ich rufe dich in 15 Minuten an, dann bist du aufgestanden. Frühstück steht auf dem Tisch.“ Ich schnappe mir im Flur meine Jacke und ziehe die Tür hinter mir und Neal ins Schloss ehe wir mit dem Fahrstuhl runter fahren und zum Auto gehen.
Ich schnalle ihn an und liefere ihn bei Miss Daily ab.
„Viel Spaß mein Schatz.“ Ich gehe in die Hocke und bekomme ein feuchtes Küsschen von ihm.
Auf dem Weg zurück zum Auto wähle ich unsere Festnetznummer und Jake geht nach dem 3. klingeln ran.
„Ich bin wach.“ Gähnt er in den Hörer.
„Gut zu wissen…“ lache ich „Ich wünsche dir einen schönen Tag in der Schule.“
„Danke Nat, lass dich nicht ärgern.“ Gibt er zurück und ich lege auf.
Ich schlängele mich durch den dichten Berufsverkehr und komme am Saint Clouds Park West Hospital gerade noch rechtzeitig an. Ich bringe meine Tasche in meinen Spind und stehe dann auch schon in der Neurologie um mit die Übergabe der Nachtschicht anzuhören. Mittlerweile trinke ich meine vierte Tasse Kaffee, aber das brauche ich, sonst wäre ich gar nicht ansprechbar.
„Natalie, übernimmst du bitte heute die Notaufnahme? Wir kommen auch ohne dich klar, aber die da unten haben nur eine Schwester.“ Oberschwester Jackie sieht mich an und ich nicke.
„Klar doch.“ Ich fahre mit dem Fahrstuhl ins Erdgeschoss und werde erleichtert eingewiesen.
„Die 5 und die 8.“ Schwester Anna deutet auf die Tafel.
Ich nehme mir die Akten und begebe mich zu meinen Patienten.
„Hey Nat!“ Jay grinst mich breit an. „Was machst du denn hier?“
„Jay.“ Ich umarme ihn stürmisch „Willst du mich nicht hier haben?“ frage ich gespielt beleidigt.
„Ich bin begeistert, das du heute bei uns bist.“ Er zwinkert mir zu.
„Ich will heute mal fragen ob ich ein wenig Urlaub nehmen kann…“ ich sehe ihn fragend an.
„Klar doch, ich wüsste nicht, was bei dir dagegen sprechen sollte.“ Er zwinkert mir zu „Wo willst du denn mit den beiden Jungs hin?“ er geht neben mir her.
„Irland.“ Sage ich mit wenig Freude in der Stimme.
„Wow.“ Er bleibt stehen. „Warum hast du mir gestern nichts erzählt?“
„ich habe es schlichtweg vergessen.“ Gebe ich zu „Wir hatten gestern Besuch vom ersten Sekretär der Lady of Newborough und er hat uns Flugtickets da gelassen.“
„Oh wow Nat und du willst da hin?“ er legt seinen Arm um meine Schulter.
„Jake möchte gerne.“ Erkläre ich ihm und er nickt nur und legt seinen Kopf schief. Seine hellblauen Augen sehe mich prüfend an.
„Sieh mich nicht so an.“ bitte ich ihn und da er gerade da ist, drücke ich ihm meine Akte in die Hand „15 Jahre, weiblich, Schmerzen im Unterbauch.“ Erkläre ich ihm. „Schwanger oder Lebensmittelvergiftung.“ Ich lege meinen Kopf schief.
„Lebensmittelvergiftung.“ Sagt er sicher mit einem Blick in die Akte.
„Nur weil sie auf einer Privatschule ist?“ ich lache „25 Dollar auf schwanger.“ Ich halte ihm meine Hand hin.
„Ich kann einer zweifachen Mutter nicht das Geld abknöpfen.“ Grinst er.
„Nein, aber da ich gewinne, machst du eine zweifache Mutter ein wenig reicher und wenn wir schon dabei sind, dann kommst du mal wieder vorbei. Neal und Jake fragen schon, ob du abgetaucht bist...“ Ich betrete vor ihm das Behandlungszimmer.
30 Minuten später kommen wir beide wieder raus und ich halte meine Hand auf.
„25 Dollar.“ Grinse ich schelmisch.
„Meine Güte, wann fangen denn die Mädchen heutzutage mit Sex an?“ er kramt in seinen Hosentasche und gibt mir das Geld.
„Wie immer schön mit ihnen Geschäfte zu machen.“ Ich mache einen kleinen Knicks. „Wann kommst du mal wieder vorbei?“ ich sehe ihn prüfend an.
„Wie wäre es mit nächstem Wochenende? Kay ist in New York und ich bin alleine. Dann kochen wir mit den Jungs und ich schaue mir mal Jakes Computer an, er hat mir vorgestern gemailt, das er Probleme mit dem Ding hat.“ Er zwinkert mir zu.
„Oh du mein Held.“ Grinse ich.
Er lacht nur und ich bin auf dem Weg zu meinem nächsten Patienten.
In der Mittagspause, nachdem ich mir einen Donut gegönnt habe, gehe ich hoch ins Personalbüro, zaghaft klopfe ich an und stecke meinen Kopf in das kleine Büro.
„Ach Natalie, komm rein.“ Begrüßt mich Missy, unsere Personalleiterin.
„Störe ich?“ frage ich vorsichtig.
„Nein, nein…“ sie deutet auf dem Stuhl gegenüber dem ihrigen „Nimm Platz. Was kann ich für dich tun?“
„Ich wollte fragen ob ich ab dem 28. Juni für drei Woche Urlaub nehmen kann.“ Ich rutsche auf meinem Stuhl hin und her und sie lächelt milde.
„Aber sicher.“ Sie sieht in ihre Unterlagen „Es ist zwar kurzfristig, aber durch deine Kinder hast du ja Anspruch auf Urlaub in den Ferien.“ Sie trägt etwas in den Computer ein. „Wie macht sich Jacob denn so in der Schule?“ fragend sieht sie mich an.
„In Mathe und Geschichte leider nicht so gut, aber in den anderen Fächern bin ich zufrieden mit ihm.“ Erkläre ich ihr.
Ihr Sohn Peter geht mit Jake in eine Klasse und die beiden verstehen sich ganz gut.
„Und sonst so?“ sie legt ihren Kopf schief.
„Schwierig, er ist Teufel und Engel in einer Person, nur weiß ich nie mit wem ich es gerade zu tun habe.“ Ich seufze und sie lacht.
„Oh ja, Pete ist auch schlimm zur Zeit…“ sie winkt ab „Hoffen wir mal, das es schnell vorbei geht.“ Macht sie eher sich selbst als mir Mut „Und wie läuft es mit Neal?“
„Sehr gut, er ist wirklich ein lieber kleiner Kerl.“ Ich lächle.
„Du machst das großartig Natalie.“ Lobt sie mich „Ich weiß nicht, wie ich reagiert hätte, hätte man mir mit 26 zwei Kinder vor die Nase gesetzt.“ Gibt sie zu „Ich meine, du hast alles hin geschmissen was dir wichtig war…“ traurig sieht sie mich an „Du wärst eine hervorragende Ärztin geworden.“
„Ja vielleicht, aber Ally und Liam haben es so gewollt, sie haben mir ihre Kinder anvertraut und die Beiden sind jetzt mein Leben. Ganz ehrlich…“ ich sehe sie lächelnd an „… Es ist zwar manchmal hart, aber ich liebe die Zwei über alles.“ Gebe ich zu.
„Du bist toll…“ sie grinst „Aber das weißt du.“ Lacht sie nun und ich erwidere scheu ihr lächeln.
Ich meine, was habe ich schon großartiges geleistet?
Meine Schwester und Liam sind bei einem Autounfall ums Leben gekommen und ich war die einzige Verwandte hier in den Staaten, es kam für mich niemals in Frage Nein zu sagen.
Die beiden gehören doch zu mir, oder?
Wo sollten sie denn sonst hin?
Klar, ich habe mein Studium geschmissen… aber ganz ehrlich, es gibt Schlimmeres.
Vielleicht kann ich es irgendwann mit Abendschule weiter machen. Tatsächlich fehlt mir ja nur noch ein Semester. Aber solange Neal noch so klein ist, geht es eben nicht und ich habe jetzt schon genug damit zu tun, mein Studentendarlehn abzuzahlen.
Nein, nein es ist schon ganz gut so wie es ist.
Auch wenn ich mir jeden Tag wünsche Ally und Liam wären nicht tot… aber sie sind es und ich muss mich jetzt um ihre beiden Jungs kümmern.
Ich werde niemals den schlimmsten Tag in meinem Leben vergessen...
…… Es war kurz vor 23 Uhr am 12.10.2010, ich war gerade von einer kleinen Studentenparty nach Hause gekommen als es klingelte.
Gut gelaunt habe ich die Tür geöffnet und sah mich plötzlich zwei Polizisten gegenüber.
„Sind sie Natalie Slater?“ fragte der eine mit belegter Stimme und ich konnte nur nicken. Ich war nicht in der Lage ein Wort zu sagen, denn so wie die beiden vor mir standen, da war mir klar, dass etwas Schlimmes passiert sein musste.
„Ihre Schwester Allison MacKenzie und ihr Mann Liam MacKenzie sind am frühen Abend auf der Interstate 23 kurz vor Rockville tödlich verunglückt.“ Die Stimme klingt weit entfernt und ich sacke in die Arme des Polizisten.
„Nein, nein, nein.“ Die Stimme die das sagt klingt nicht nach mir.
„Es tut mir leid.“ Kommt es unbeholfen von dem Polizisten und ich sehe ihn unter Tränen an.
„Was ist mit Jake und Neal?“ ich traue mich kaum die Frage zu stellen, denn ich wusste die beiden waren mit bei den Freunden von Ally und Liam.
„Den beiden geht es gut. Jacob hat sich den Arm gebrochen und ein paar Prellungen und Neal ist unverletzt.“ Sagte er und ich atmete erleichtert aus.
„Was mache ich denn jetzt?“ ich saß auf meinen Knien und der andere Polizist beugte sich zu mir runter.
„Kommen sie mit ins Krankenhaus, die Beiden brauchen sie jetzt.“ Seine Stimme klang bittend, ich stand mit weichen Knien auf und wurde von den beiden ins General Hospital gebracht.
Dann sah ich die Beiden, Jake mit Schrammen und Schnitten im Gesicht, sein linker Arm eingegipst und mit dem schlafenden Neal auf dem Schoß.
Er sah so hilflos und verloren aus.
Dieses Bild hat sich in mein Gedächtnis gebrannt und ab diesem Tag war ich stark für die Beiden, ich habe nie vor ihnen geweint und habe alles versucht, dass es ihnen an nichts fehlt.
Ich habe mein Studium abgebrochen, ich habe mir eine neue Wohnung und einen Job gesucht und seitdem versuche ich uns drei irgendwie über Wasser zu halten…….
„Alles in Ordnung?“ holt mich Missy ins hier und jetzt zurück.
„Ja…“ ich winke ab „Alles gut.“ Ich stehe auf.
„Macht euch ein paar schöne Tage.“ Sie lächelt freundlich und ich erwidere es.
Ich weiß wirklich nicht, wie der Trip nach Irland werden wird, aber ich kann es nur auf mich zukommen lassen.
Ich komme mal wieder auf den letzten Drücker beim Kindergarten an und Neal hüpft vor Freude als er mich sieht.
Miss Daily schenkt mich einen strafenden Blick.
„Ich weiß nicht, wie oft ich mich noch entschuldigen muss.“ Ich sehe sie zerknirscht an. „Ab dem 28.6. würde ich gerne Neal für drei Wochen Urlaub nehmen. Ich habe mir ihren Rat zu Herzen genommen und wir werden alle drei verreisen.“ Erkläre ich ihr und ihr Gesicht erstrahlt.
„Das ist toll. Neal wird begeistert sein.“ Sie nickt mir zu und ich grinse.
Neal kommt angelaufen und ich nehme ihn auf den Arm.
„Na mein Schatz.“ Ich drücke ihm einen Kuss auf den Mund.
„Na Mummy.“ Er grinst schelmisch und ich lasse ihn runter.
„Hast du alles?“ frage ich und er nickt lebhaft.
„Bis Morgen Miss Daily!“ er winkt ihr zu und wir gehen zum Auto. Kaum das ich sitze rufe ich Jake auf seinem Handy an.
„Na Großer! Wo bist du?“ frage ich neugierig.
„Musst du mir ständig hinterher telefonieren?“ blafft er ins Telefon und ich verdrehe die Augen.
„Du hast Stubenarrest, falls ich dich erinnern darf.“ Sage ich ruhig.
„Das trifft sich ja super…“ er stöhnt auf „Ich bin zu Hause Nat.“ damit legt er auf und ich sehe durch den Rückspiegel zu Neal.
„Jake ist heute wieder der Teufel.“ Grinse ich und Neal macht große Augen.
Als wir, nach einem Zwischenstopp beim Supermarkt, zu Hause ankommen höre ich laute Musik aus Jake seinem Zimmer, aber ich beschließe es ihm durchgehen zu lassen. Ich habe keine Lust auf eine Endlosdiskussion mit ihm.
Neal hilft mir beim kochen und holt dann Jake zum Essen, ich wage mich nicht in die Höhle des Löwen…
Neal unterhält uns beim Essen und ich sehe zu Jake. Er starrt auf seinen Teller und redet nicht ein Wort.
„Wir werden fliegen.“ Sage ich vorsichtig und er sieht auf.
„Nach Irland?“ er zieht eine Augenbraue hoch.
„Ja.“ Erwidere ich verunsichert.
„Ich habe keinen Bock auf das Scheiß Land und die alte Trockenpflaume.“ Blafft er mich an und steht auf.
„Jake, wir sind noch nicht mit dem Essen fertig.“ Rufe ich ihm hinterher, aber ich höre nur noch wie die Tür zu geknallt wird. Ich atme tief durch und sehe zu Neal.
„Na mein Schatz, möchtest du ein kleines Eis zum Nachtisch?“ ich sehe ihn grinsend an und stelle die Teller in die Spüle.
„Sicher!“ er klatscht in die Hände und ich hole uns zwei Wassereis aus dem Tiefkühlfach.
„Setz dich auf die Couch, ich bin gleich da.“ Ich packe das Eis aus und der setzt sich artig auf die Couch.
Ich wasche schnell ab und räume auf, dann setze ich mich zu Neal und wir schauen uns seinen Lieblingsfilm an. Er liebt den Film Spirit, der wilde Hengst und könnte ihn sich in einer Dauerschleife anschauen.
Nach einem Durchlauf mache ich ihn bettfertig und lese ihm vor, ehe ich in seine Decke einwickele und ihm einen Kuss auf die Stirn gebe.
„Gute Nacht mein Schatz. Ich liebe Dich!“ ich mache das große Licht aus.
„Nacht Mummy, ich liebe Dich auch!“ erwidert er müde und das kleine Nachtlicht geht an.
Ich gehe zurück ins Wohnzimmer und sammele Wäsche ein. Ich stelle eine Maschine an und räume den Trockner aus.
Dann setze ich mich selbst vor den Fernseher und gönne mir eine halbe Stunde Fernsehzeit ohne nachdenken zu müssen.
Ich überlege ob ich noch kurz zu Jake rein gehe, aber ich entscheide mich dagegen. An einem solchen Tag will ich nichts mit ihm zu tun haben.
Die ganze Woche läuft nach diesem Schema ab und ich bin froh als Jake sein Hausarrest vorbei ist und er bessere Laune bekommt, aber ich habe noch nicht getraut ihn wieder auf Irland anzusprechen.
Am Wochenende kommt Jay wie versprochen vorbei und wir haben eine wirklich lustige Zeit alle zusammen. Dann hat mich die Neurologie am Montag wieder und ich sehe Jay nur in den Mittagspausen. Er sorgt dafür das ich was esse und redet mir gut zu in Sachen Irland die richtige Entscheidung getroffen zu haben.
Als wir am nächsten Samstagabend gerade vom einkaufen kommen, steht ein junger Mann in einem dunkelblauen Anzug bei uns vor der Tür.
„Miss Slater?“ fragt er freundlich und ich erkenne den gleichen Akzent den auch schon Mr. Evans hatte.
„Jake, bringst du Neal rein und packt ihr aus?“ ich sehe zu Jake und er nimmt Neal an die Hand und nimmt mir meine Tüte ab.
„Klar Nat.“ erwidert er fröhlich. Heute haben wir einen Engel Tag erwischt.
„Was kann ich für sie tun?“ ich verschränke die Arme vor meiner Brust und mustere ihn. Er ist groß, bestimmt 1,85 m oder noch ein Stück größer, er hat dunkelbraune etwas längere Haare und strahlend blaue Augen. Er ist trainiert und das weiße Hemd liegt eng an seinem Oberkörper an. Die obersten Knöpfe sind auf und er fährt sich verlegen durch die Haare.
„Ich bin Ashton MacKenzie.“ Sagt er unsicher und ich sehe ihn mit großen Augen an.
„Ashton MacKenzie, Lord of Newborough?” frage ich leicht verunsichert.
„Ja, in der Tat.“ Gibt er zu und sieht mich an „Ich weiß, dass Percy schon hier war. Aber ich wollte mich erkundigen, ob sie es sich zwischenzeitlich anders überlegt haben.“
„Ja… Nein.“ Stottere ich und die Tür geht auf. Neal sieht mich mit Tränen in den Augen an und Jake zuckt entschuldigend mit den Schultern.
„Was ist denn los mein Schatz?“ ich gehe in die Hocke und er kuschelt sich an mich.
„Ich will ein Eis.“ Jammert er.
„Schatz, wir essen bald Abendbrot und Eis gibt es zum Nachtisch.“ Erkläre ich ihm und er schluchzt auf. „Nach dem Essen darfst du dir auch ein Eis aussuchen.“ Verspreche ich ihm.
„Okay.“ Antwortet er lang gezogen.
„Jake…“ ich sehe ihn an „Das ist dein Onkel Ashton.“ Stelle ich ihm unseren Besuch vor.
„Oh wow, der alten…“ setzte er an und ich werfe ihm einen bösen Blick zu. „Unserer Großmutter scheint wirklich was daran zu liegen.“
„Ja, da hast du Recht…“ Ashton nickt leicht „Sie möchte euch gerne kennen lernen.“
„Warum jetzt?“ Jake verschränkt die Arme vor der Brust und ich grinse leicht.
Das hat er sich wohl von mir ab geguckt…
„Sie ist alt und versucht nur etwas wieder gut zu machen.“ Erklärt Ashton ihm ganz ruhig ohne auf seine abweisende Haltung einzugehen.
„Reichlich spät…“ Jake schnaubt verächtlich und ich lege meine Hand auf seinen Arm. „Nein Nat, es stimmt doch.“
„Jake bitte, Ashton ist nur hier um sich zu erkundigen ob wir kommen, die Entscheidung liegt bei dir.“ Ich sehe ihn an.
„Bei mir?“ fragt er ungläubig.
„Ja Jake, wenn du dahin möchtest, dann fliegen wir. Wenn nicht, dann nicht.“ Ich zucke mit den Schultern.
„Okay.“ Sein Blick geht zu Ashton und dann zurück zu mir.
„Dann richte der alten Schachtel…“ setzt er an und ich trete ihm gegen sein Schienbein.
„Jake.“ Ermahne ich ihn.
„Okay, Okay.“ Er hebt seine Hände „Richten sie Mrs. MacKenzie aus, das wir kommen werden.“ Sagt er sicher.
„Vielen Dank Jacob.“ Ashton begutachtet ihn eingehend.
„Ich freue mich darauf euch am nächsten Wochenende zu sehen.“ Er nickt mir kurz zu.
„Möchten sie mit uns zu Abend essen?“ frage ich ehe ich nachgedacht habe.
Was zur Hölle denke ich mir dabei?
Ich versuche das Chaos in meinem Kopf zu ignorieren und lächele ihn freundlich an.
„Wenn es ihnen nichts ausmacht, sehr gerne.“ Antwortet er und Jake hält die Tür auf.
„Dann fangen Neal und ich mal an…“ ich sehe zu Neal und er grinst mich an „Vielleicht möchten sie sich ein wenig mit Jake unterhalten.“ Ich deute auf die Couch und er nickt.
Die beiden setzen sich und ich schaue an mir runter.
Na Klasse, ich trage immer noch meine Arbeitssachen.
„Okay Neal, magst du den Salat klein zupfen? Ich ziehe mich eben schnell um.“ Ich reiche ihm den gewaschenen Salat und er reckt seinen Daumen in die Höhe.
„Okay Mummy.“ Er steigt auf seinen kleinen Hocker und ist sofort mit Feuereifer bei der Sache.
Ich gehe ins Schlafzimmer und lehne mich von innen an die Tür, dieser Ashton macht mich nervös…
Ich hasse es wirklich nervös zu sein. Ich ziehe meinen Kasak und meine Hose aus und betrachte mich einen Moment im großen Spiegel meines Kleiderschrankes. Ich kneife in meine kleine Speckrolle an meinem Bauch. Ich wiege 66 kg bei 1,66m. eigentlich Idealgewicht, aber dieser kleine Bauch stört mich schon immer. Ich ziehe mir schnell eine weite, schwarze Jogginghose und ein enges dunkelblaues Top an. Das bin wieder ich, so fühle ich mich wohl.
Ich gehe zurück in die Küche und stelle erleichtert fest, dass sich Jake und Ashton anscheinend gut unterhalten.
Ich geselle mich wieder zu Neal und wir machen den Salat fertig und schieben eine selbst gemachte Pizza in den Ofen.
„Nat?“ ruft mich Jake und ich komme aus der Küche um ihn fragend anzusehen.
„Was gibt’s Großer?“ ich lege meinen Kopf schief und er grinst.
„Ashton hat in Irland ein kleines Flugzeug. Darf ich mit ihm fliegen, wenn wir da sind?“ er sieht mich bittend an.
„Kommt drauf an wie dein Zeugnis ausfällt.“ Ich ziehe eine Augenbraue hoch.
„Komm schon Nat… Bitte!“ fleht er mich an.
„Du spülst die ganze nächste Woche und bringst den Müll raus.“ Ich gehe zur Couch und halte ihm meine Hand hin. „Außerdem…“ ich sehe ihn an und er grinst „… Einen ganzen Nachmittag hast du Neal und parkst ihn nicht vor dem Fernseher! Jay und ich wollen am Mittwochnachmittag ins Kino.“
Er ergreift meine Hand.
„Du bist eine Erpresserin.“ Meint er gespielt beleidigt.
„Nein, nein…“ ich winke ab „Ich verhandele, ich erpresse nicht.“ Gebe ich zurück.
„Mummy, die Pizza ist fertig…“ Neal kommt zu uns „Glaube ich.“ Fügt er hinzu.
„Dann komm, wir schauen mal nach.“ Ich nehme ihn an die Hand und wir gehen in die Küche „Hast du Hunger?“ frage ich ihn lächelnd als ich die Pizza auf der Arbeitsplatte abstelle.
„Wie ein Bär.“ Lacht er.
„Dann aufdecken.“ Ich reiche ihm vier Tischsets „Jake, aufdecken.“ Rufe ich ins Wohnzimmer und Augenblicke später nimmt mir Jake die Teller und das Besteck ab.
Ashton hat sich schon an den Tisch gesetzt und ich fülle jedem ein wenig Salat auf.
„Ich mag keine Tomaten.“ Quengelt Neal und ich sehe ihn mahnend an.
„Du isst drei Stücke Tomaten…“ sage ich streng und fische die anderen von seinem Teller „… Oder es gibt keine Pizza.“ Füge ich hinzu und er zieht eine Flunsch.
„Erpresserin.“ Murmelt er und Jake lacht auf.
„Das ist eine Verhandlung Neal.“ Erklärt er ihm lächelnd.
„Zwei?“ fragt Neal leise und ich nehme ihm lächelnd noch eine Tomate ab.
„Scheint, als würde Neal die Kunst des Verhandelns verstehen.“ Ashton sieht ihn anerkennend an.
„Wer bist du denn?“ Neal sieht ihn an und ich grinse.
„Ich bin Ashton, dein Dad war mein Bruder.“ Erklärt er ihm.
„Mein Dad ist im Himmel, zusammen mit meiner Mum…“ erklärt Neal ihm und er nickt ehrfürchtig.
„Ich weiß Neal.“ Sagt er leise und ich höre die Traurigkeit in seiner Stimme.
„Aber…“ Neal sieht ihn an und macht sich ein Stück größer „Wenn du Daddys Bruder bist, dann bist du doch Daddys Jake, oder?“ er legt den Kopf schief.
Ashton lacht leise. „Ich war eher dein Daddys Neal.“
„Ach so, dann bist du das Baby.“ Neal winkt ab und ich lache los.
„Ja, Ashton ist der kleine Bruder von deinem Dad.“ Erkläre ich ihm und er nickt. „Willst du jetzt Pizza?“ ich nehme ihm den Salat, den er fast aufgegessen hat ab und er nickt begeistert.
Ich nehme die Teller und gehe in die Küche um uns allen Pizza zu holen.
„Kochen sie jeden Abend zusammen mit den Kindern?“ erkundigt sich Ashton.
„Ich versuche es.“ Gebe ich zu und Jake feixt.
„Manchmal essen wir auch Tiefkühlpizza oder ein Schnellgericht.“ Erklärt er ihm.
„Manchmal fehlt einfach die Zeit.“ Gebe ich beschämt zu.
„Ach was, das ist doch nicht schlimm. Wissen sie…“ er grinst mich an „Ab und zu eine Tiefkühlpizza, wer kann da schon Nein sagen.“
„Hören sie auf mich zu siezen, ich bin Natalie. Nat.“ ich nicke ihm zu und beiße von meiner Pizza ab.
„Ashton.“ Er zwinkert mir zu. „Ash manchmal….“ Er denkt einen Moment nach „Nein, das stimmt nicht, ich bin immer schon nur Ashton.“ Grinst er.
„So Jake, dein Einsatz.“ Ich reibe mir den Bauch und Jake steht murrend auf.
„Oh man.“ Er verdreht die Augen.
„Lass das Jake.“ Ermahne ich ihn milde.
„Kritisier mich nicht.“ Erwidert er und ich sehe zu ihm, er lächelt, also ist es nicht so schlimm.
„Mummy? Darf ich Spirit gucken?“ Neal zieht eine Schnute und ich lächele nachsichtig.
„Klar doch.“ Ich stehe auf und schiebe die DVD in den Player. „Aber nur einmal und dann geht es ab ins Bett.“
„Okay.“ Er setzt sich auf die Couch und zieht Mozzie in seine Arme.
„Setz dich ruhig zu ihm. Ich helfe Jake mal eben.“ Ich sehe zu Ashton und er setzt sich zu Neal.
Als ich aus der Küche komme sieht Neal ganz fasziniert zu Ashton und ich setze mich auf den Sessel.
„Mummy…“ Neal sieht mich mit seinen großen braunen Augen an.
„Was denn mein Schatz?“ lächle ich.
„Onkel Ashton hat richtige, echte Pferde.“ Staunt er und Ashton lacht leise.
„Darf ich mir die angucken?“ bettelt Neal und ich nicke.
„Aber sicher darfst du.“
„Super, ich werde zu Hausarbeit verdonnert und der Kleine bekommt es gratis.“ Lacht Jake und setzt sich auf meine Lehne.
Ich lege meinen Arm um ihn und sehe zu Neal. „Dafür hilfst du Jake beim Abwasch, ja?“
„Okay.“ Strahlt dieser und Jake kuschelt sich an mich.
Das hat er schon so lange nicht mehr gemacht und ich genieße es einen Augenblick.
„Dann husch ins Bad, ich komme in 5 Minuten und kontrolliere ob du Zähne geputzt hast.“ Ich sehe zu Neal und er springt auf.
„Klaro Mummy.“ Ruft er und hüft mit Mozzie an der Hand ins Bad.
„Ich werde mich jetzt verabschieden. Vielen Dank für das nette Essen.“ Ashton steht auf und ich begleite ihn zu Tür.
„Danke.“ Sage ich leise und er sieht auf. „Die Jungs mögen dich.“ Füge ich lächelnd hinzu.
„Ich mag die beiden auch, sie sind toll.“ Erklärt er grinsend und nimmt sich sein Jackett. „Wir sehen uns in einer Woche, ich freue mich.“ Er winkt Jake zu und ich schließe die Tür hinter ihm.
„Ashton ist cool.“ Freut sich Jake.
„Ja, er ist wirklich nett. Vielleicht wird der Irland Trip für euch richtig schön.“ Denke ich laut nach.
„Darf ich zu Jo?“ Jake sieht mich bittend an.
„Eltern?“ frage ich und ziehe eine Augenbraue hoch.
„Nein.“ Gibt er zu.
„Ein Bier Jake und nicht mehr. Ich vertraue dir.“ Ich sehe ihn an und er grinst.
„Du bist die Beste!“ er gibt mir einen Kuss auf die Wange.
Ich meine, er ist 15. Er würde so oder so trinken und ich möchte nicht das er es heimlich mit härteren Sachen tut. Ich vertraue ihm und hoffe inständig, dass er mein Vertrauen nicht enttäuscht.
„Sei vorsichtig.“ Rufe ich ihm hinterher, als er seine Lederjacke überzieht.
„Immer Nat.“ er winkt mir zu und ist dann auch schon verschwunden.
Ich bringe Neal ins Bett und räume dann auf. Total erledigt lasse ich mich auf die Couch fallen.
„Ashton hat gar keine Ähnlichkeit mit Liam…“ denke ich laut nach und nehme das Bild von Liam und Ally und die Hand „Er ist fast das Gegenteil von ihm.“
Liam war zwar auch groß, aber er hatte dunkelblonde, kurze Haare und braune Augen. Er sah zweifellos gut aus und ich weiß, warum sich Ally auf den ersten Blick in ihn verliebt hat. Dazu kam, dass er unglaublich charmant und witzig war und tja, dann ist es um meine große Schwester geschehen gewesen. Hochzeit, Kinder und ein glückliche Familie….
Bis zu jenem Tag vor fast 2 Jahren.
Das Leben ist ungerecht…
Ich gehe früh zu Bett und am nächsten Tag schaue ich zu allererst nach Jake. Er liegt friedlich in seinem Bett und ich lasse ihn schlafen, während ich Neal fertig mache und das Frühstück vorbereite. Am Wochenende darf Jake so lange schlafen wie er will und Neal und ich frühstücken auch mal alleine.
Nach dem Frühstück gehe ich mit Neal in den kleinen Park um die Ecke und er tobt sich an den Klettergerüsten und der Rutsche aus. Ich habe mir ein Buch mitgenommen und versinke in meiner Geschichte.
Ansonsten ist das Wochenende relativ ereignislos und ich genieße es so viel Zeit mit Jake und Neal zu verbringen.
Die folgende Woche wird stressig, ich besorge neue Pässe für uns drei und beginne schon am Donnerstag mit dem Packen, ich hasse es so etwas auf den letzten Drücker zu machen. Mittwochnachmittag löst Jake sein Versprechen ein und ich und Jay genießen einen wirklich guten Film im Kino, ehe er mich noch zu einer kleinen Shoppingtour überredet. Erst am Abend setzt er mich vor dem Appartement ab und winkt mir zu.
„Ich hole euch Samstag um 12 Uhr ab.“ Ruft er mir zu und ich recke meinen Daumen in die Höhe. Der Glückliche hat den Rest der Woche frei, es wird im Krankenhaus langweilig ohne ihn sein…
Unser Flug geht Samstag um 14 Uhr und wir sind am Sonntag 16 Uhr Ortzeit da.
Ich schlafe die Nacht von Freitag auf Samstag kaum, weil ich Angst habe zu verschlafen. Ich habe wirklich zu tun die Jungs im Zaum zu halten und mache drei Kreuze als Jay kommt und wir zum Flughafen fahren. Wir checken unser Gepäck ein und ich und die Jungs verabschieden uns von Jay.
„Viel Spaß auf der grünen Insel.“ Wünscht er mir und ich nehme ihn in den Arm.
„Danke Jay.“ Ich gebe ihm einen Kuss auf die Wange und laufe dann den Jungs hinterher.
Die beiden sind total aufgeregt und Jake kann kaum eine Sekunde still sitzen, von Neal ganz zu schweigen. Jetzt sitzen beide und blättern zusammen in einem Comicheft, da wir durch unsere erste Klasse Ticket einen ausgezeichnet bestückten Wartebereich haben.
Die beiden sehen sich so unglaublich ähnlich, beide dunkelblonde leicht lockige Haare und rehbraune Augen. Sie sind eine wirklich gekonnte Mischung aus Liam und Ally. Sie wären so stolz auf sie…
„Wann können wir in das Flugzeug?“ Neal sieht mich gespannt an und ich grinse.
„Gleich mein Schatz.“ Verspreche ich ihm und struvele durch seine Haare.
<< Die Passagiere der ersten Klasse des Fluges Delta Airline 408 nach New York werden gebeten sich zum Gate 5 zu begeben. >> ertönt es aus den Lautsprechern und ich sehe zu Neal.
„Jetzt geht es los.“ Lächle ich und nehme ihn an die Hand.
Wir werden sehr zuvorkommend behandelt und die erste Etappe verläuft Reibungslos, ich bin dankbar, dass mir die Flugbegleiter helfen die Anschlussmaschine nach Dublin zu erreichen und dann liegt der Transatlantik Flug vor uns.
Nael macht alles erstaunlich gut mit, das kann aber auch an der Tatsache liegen, dass ich seine Spirit DVD eingepackt habe und er sie sich ansehen darf sooft er will.
Irgendwann schlafen wir alle und ich stelle nachdem ich wieder aufgewacht bin unsere Uhren um. Oh man 6 Stunden im Vorlauf, ich hoffe Neal macht das alles gut mit.
Wir landen in der Mittagssonne in Dublin und besteigen unsere letzte Maschine, eine kleine Chartermaschine die uns nach Cork bringen soll. Von da aus sollen wir mit einem Wagen abgeholt werden und die letzten 25 km bis Newborough Castle chauffiert werden.
Mein Herz schlägt wie verrückt als wir bei strahlendem Sonnenschein in eine Limousine steigen. Neal ist völlig erschöpft und schläft auf meinem Schoß. Auch ich und Jake sind ziemlich fertig und können uns nur noch mühsam wach halten. Die sechs Stunden rächen sich, hier ist es kurz vor 17 Uhr, während unsere inneren Uhren schon auf 23 Uhr sind.
Dann sehe ich es…
Wow, mir bleibt der Mund leicht offen stehen und ich stupse Jake an.
„Schau mal.“ Sage ich leise und er sieht staunend aus dem Fenster.
Das Schloss ist ein Traum, riesig groß, aus weißem Sandstein. Drei Stockwerke und zwei kleine Türme an den beiden vorderen Seiten. Wir fahren durch einen großen schmiedeeisernen Torbogen und eine Alleeartige Straße führt uns eine kleine Anhöhe hoch zum Schloss. Die Straße ist mit riesigen Eichen gesäumt und es sieht wirklich wunderschön aus. Die Kiesel knirschen unter den Rädern als wir auf den kleinen Vorplatz kommen.
Sanft wecke ich Neal und er sieht mich verschlafen an.
„Wir sind da mein Schatz.“ Flüstere ich und er sieht aus dem Fenster.
„Oh.“ Sagt er erstaunt und da wird uns auch schon die Tür geöffnet.
„Guten Tag Miss Slater.“ Begrüßt mich Mr. Evans.
„Guten Tag Mr. Evans.“ Ich steige aus und nehme Neal auf den Arm, während sich Jake neben mich stellt.
„Percy bitte.“ Er verbeugt sich leicht. „Darf ich ihnen Kerry vorstellen? Sie wird sich ein wenig um Master Neal kümmern und Clara wird Master Jacob unter ihre Fittiche nehmen.“ Er deutet auf zwei junge Frauen und ich sehe ihn entgeistert an.
„Ich kümmere mich um die Jungs.“ Sage ich unsicher.
„Aber sicher Miss Slater, es ist ja nur für den Fall der Fälle.“ Er macht eine einladende Handbewegung in Richtung Eingang und ich setze mich unsicher in Bewegung.
Die Eingangshalle ist riesig und Neal sieht mich fragend an.
„In welcher Wohnung in diesem großen Haus wohnen wir denn?“ er sieht mich kindlich unschuldig an und ich grinse.
„Das ganze hier ist eine Wohnung mein Schatz.“ Erkläre ich ihm.
„Was?“ er sieht mich entgeistert an und nun muss auch Jake lachen.
„Wahnsinn Kleiner, oder?“ er stupst Neal auf die Nase.
„Guten Tag Miss Slater, ich bin Olivia, ein Hausmädchen, ich werde mich ein wenig um sie und die jungen Männer kümmern.“ Eine Frau, etwas älter wie ich macht einen Knicks vor mir und ich sehe sie erstaunt an.
„Frederik und Kyle bringen gerade ihr Gepäck auf ihre Zimmer. Würden sie mir bitte folgen?“ sie sieht mich an und ich folge ihr durch ein Labyrinth von Gängen und Treppen.
„Ich finde den Weg nie wieder zurück.“ Sagt Jake leise und ich lache.
„Ich auch nicht. Ich glaube ich muss mir ein Navi anschaffen.“ Grinse ich und nun lacht er leise.
„Hier haben wir das Zimmer von Master Jacob.“ Sie öffnet eine Tür und wir betreten ein riesiges Zimmer. Es ist alles in einem leicht dunklem Holzton und viel Beige gehalten. An der Wand gegenüber dem riesigen Bett hängt der größte Flachbildschirm den ich jemals in meinem Leben gesehen habe und Jake strahlt mich an.
„Wow.“ Er erkundet begeistert sein Terrain.
„Sie haben hier ein eigenes kleines Bad und da sich die Lady und Lord Ashton nicht einig waren, was ihnen besser gefällt, haben wir hier einige Spielkonsolen.“ Sie deutet auf das Regal unter dem Fernseher und alle Konsolen die ich mir vorstellen kann stehen dort mit zugehörigen Spielen.
„Um 23 Uhr ist trotzdem Licht aus und Schluss mit zocken.“ Sage ich erschlagen von dem Luxus der uns plötzlich umgibt.
„Haben sie hier W-Lan?“ fragt Jake und die arme Olivia sieht ihn verständnislos an.
„Klar haben wir W-Lan.“ Ertönt eine mir bekannte Stimme hinter uns ich fahre herum.
„Schön, das ihr da seid.“ Ashton grinst uns an.
„Es ist wunderschön hier.“ Sage ich ehrfürchtig.
„Es ist der Hammer.“ Jake lässt sich auf sein Bett fallen.
„Wir hoffen es gefällt euch.“ Ashton sieht zu Jake und dieser nickt begeistert. „Aber Jake, wie Nat schon sagt, es wird nicht die ganze Nacht gezockt.“ Seine Stimme klingt mahnend und ich glaube, er hat das erste Mal in seinem Leben das Wort zocken in den Mund genommen.
„Nun kann ich ihnen ja Master Neals Zimmer zeigen.“ Olivia ist an uns vorbei gehuscht und steht nun wieder im Flur.
Wir gehen den langen Flur entlang und sie öffnet eine weitere große Tür, dahinter verbirgt sich der Traum eines jeden kleinen Jungen…
Wahnsinn, überall Pferde, Autos und was das Herz sonst noch begehrt.
Ein großes Autobett steht in der Mitte des Zimmers. Neal zappelt und ich lasse ihn runter. Sofort ist Kerry zur Stelle und Neal begutachtet sie in ihrem Nannydress eingehend. Er klammert sich an Mozzie und sieht mich an.
„Okay.“ Sage ich leise auch wenn es mir schwer fällt.
„Magst du vielleicht ein wenig mit der Eisenbahn spielen? Oder mit den Autos?“ Kerry geht vor ihm in die Hocke.
„Okay.“ Sagt Neal leise.
„Miss Slater, ich würde ihnen jetzt gerne ihr Zimmer zeigen.“ Ertönt Olivias Stimme und ich folge ihr in den Flur, wo auch Ashton noch wartet.
Wir gehen einen weiteren schier endlos erscheinenden Flur entlang und sie öffnet wieder eine dieser großen Flügeltüren.
„Bitte sehr, ich werde mich empfehlen und werde sie zum Dinner abholen.“ Sie macht einen Knicks und verschwindet im Labyrinth der Gänge.
„Aber…“ setze ich an und sehe zu Ashton. „Sie wird uns hoffentlich zum Esszimmer bringen, oder?“ ich sehe ihn fragend an.
„Aber sicher.“ Er deutet mir an das Zimmer zu betreten und es ist atemberaubend. Ich habe einen wunderbaren Blick in den Garten und den angrenzenden Wald. Das Zimmer ist in hellen Naturtönen und Zedernholz gehalten. Dominiert wird das Zimmer von einem riesigen Himmelbett und einer hellbraunen Ledercouch.
„Wow.“ Sage ich leise.
„Es gefällt dir hoffentlich.“ Fragt Ashton leise.
„Gefallen? Das ist der Wahnsinn.“ Gebe ich zurück.
Alles ist aufeinander abgestimmt und sieht nahezu perfekt aus. Auch ich habe einen riesigen Fernseher in meinem Zimmer, der sich aber durch einen Holzrahmen perfekt ins Bild einfügt. Selbst einen Kamin hat das Zimmer, obwohl ich nicht denke, dass ich den bei den Temperaturen draußen in Gebrauch nehmen werde.
„In der Nacht kann es in so einem Schloss auch mal kalt werden. Selbst im Hochsommer.“ Erklärt mir Ashton und ich sehe ihn erstaunt an.
„Kannst du Gedanken lesen?“ grinse ich.
„Nein, eigentlich nicht.“ Antwortet er mit ernstem Gesicht.
„Das war ein Spaß.“ Erwidere ich verunsichert.
„Ich weiß.“ Er grinst schelmisch und bekommt zwei kleine Grübchen die ich gebannt anstarre.
Gott, er sieht wirklich gut aus.
„Ich lasse dich jetzt kurz allein. Wir sehen uns zum Dinner. Connor und seine Frau Kate werden auch zugegen sein.“ Er nickt mir zu und ich zucke ertappt zusammen.
„Danke.“ Stottere ich und er zieht die Tür hinter sich zu.
Ich nehme Anlauf und springe auf mein Bett. Ich beginne zu hüpfen und kann nur schwer dem Drang widerstehen, wie ein Schulmädchen zu kreischen.
Es klopft und die Tür wird geöffnet. Erschrocken lasse ich mich aufs Bett fallen und sehe zur Tür. Ashton betrachtet mich amüsiert. Ich sehe ihn an, er trägt heute eine schwarze Stoffhose und ein weißes Hemd, aber es wirkt nicht bieder oder steif an ihm. Nein, es wirkt lässig und elegant… ich kann nur staunen, denn ansonsten mag ich Männer in Anzügen nicht wirklich.
Anzüge bedeuten Anwälte und mit Anwälten habe ich in den letzten beiden Jahren so meine Erfahrungen gemacht.
„In einer Stunde.“ Holt er mich aus meinen Gedanken und ich lächle verlegen.
„Okay.“ Sage ich leise und der große Raum verschluckt meine Stimme fast.
Er zwinkert mir zu und schließt die Tür wieder.
Ich lasse mich nach hinten aufs Bett fallen und starre den reich verzierten Baldachin an.
Es ist komisch, die beiden Jungs nicht um mich zu haben.
Ich entschließe mich meinen Koffer auszupacken und schlüpfe in ein luftiges Sommerkleid. Ich schaue auf die Uhr, ich habe immer noch eine halbe Stunde Zeit.
Ich trete in den Flur und suche Neals Zimmer. Nach einigen Fehlversuchen grinst er mich breit an, als ich rein komme. Auch er hat neue Sachen an.
„Mummy.“ Er stürmt auf mich zu und ich nehme ihn auf den Arm.
„Na mein Schatz. Gefällt es dir hier?“ ich sehe ihn an und er strahlt.
„Ja, wir spielen Eisenbahn.“ Er deutet auf die aufgebaute Eisenbahn und auf Kerry, die mich freundlich anlächelt.
Es ist wirklich befremdlich eine mir unbekannte Person mit ihm spielen zu sehen, aber augenscheinlich hat er Spaß. Dennoch möchte ich dem jetzt ein Ende setzen.
„Vielen Dank Kerry, ich spiele jetzt noch ein wenig mit Neal.“ Sage ich zuckersüß, sie steht auf, nickt mir zu und geht.
„Schau mal Mummy.“ Neal setzt sich zu der Eisenbahn und ich setze mich neben ihn und schaue zu, wie er mir alles erklärt. Wir spielen mit der wirklich schönen Eisenbahn und Neal ist ganz in seinem Element.
„Das Dinner ist serviert.“ Olivia steht in der Tür und Neal und ich starren sie an.
Schleicht sie sich immer so ran?
„Danke, bringen sie uns zum Esszimmer?“ ich stehe auf und nehme Neal auf den Arm.
„Ich muss noch Vorbereitungen treffen. Der Speisesaal befindet sich im ersten Stock neben dem Salon.“ Sie nickt steif und verschwindet genauso schnell wie sie gekommen ist.
„Aber…“ setze ich an, aber da ist schon weg.
„Na komm mein Schatz, wir holen Jake.“ Ich setze Neal ab und nehme ihn an die Hand. Erstaunlicher Weise finde ich Jakes Zimmer sehr schnell und stecke mein Kopf rein. Wie nicht anders zu erwarten ist er völlig auf ein Spiel konzentriert.
„Jake, komm wir sollen zum Essen kommen.“ Sage ich eindringlich.
„Zwei Minuten.“ Er sieht mich nicht einmal an.
„Nein Jake, jetzt! Mach auf Pause.“ Dränge ich und er gehorcht mir tatsächlich.
Eine Minute später stehen wir am Fuß der Treppe.
„Wo müssen wir hin?“ Jake grinst mich an.
„Erster Stock neben dem Salon.“ Gebe ich zurück und sehe mich um. Meine Güte, hier sieht alles gleich aus.
„Links oder rechts?“ Jake sieht ebenfalls in beide Richtungen.
„Wir versuchen zuerst links.“ Bestimme ich und wir laufen los, wir sind schon fünf Minuten zu spät und ich will einen halbwegs passablen ersten Eindruck machen.
„Weitere 5 Minuten später stehen wir wieder an der Treppe.
„Rechts.“ Jake deutet mir an ihm zu folgen und wir laufen den Gang entlang.
„Hier.“ Ertönt eine weibliche Stimme und wir bremsen alle ab. Wir haben tatsächlich das Esszimmer gefunden.
Obwohl Esszimmer?
Speisesaal trifft es doch eher.
Eine lange helle Holztafel, an der schon 4 Menschen sitzen und die für bestimmt noch 10 Leute Platz bietet steht in der Mitte des Raumes.
„Miss Slater nehme ich an.“ kommt es von Kopfende und ich sehe Lady Georgina das erste Mal in meinem Leben.
Sie wirkt verbittert und hat keinen einzigen Funken Freude im Gesicht.
„Finden sie die Kleidung angebracht für ein Abendessen?“ fragt sie als mir und den Kindern Stühle angeboten werden.
„Mir war nicht bewusst, dass ich mich an einen Dresscode halten muss.“ Sage ich leise.
„Das seien sie sich das beim nächsten Mal bewusst.“ Die Stimme der Lady klingt kühl und distanziert.
„Wer ist denn nun meine Grandma?“ Neal sieht mich fragend an.
Ich deute auf Lady Georgina und Neal sieht mich mit großen Augen an.
„Das mag ich nicht.“ Schluchzt er. „Mummy, ich will hier nicht bleiben.“
„Alles gut mein Schatz.“ Ich nehme ihn auf meinen Schoß und drücke ihn an mich.
„Ich mag das auch nicht.“ Flüstere ich.
„Mutter, es ist zum Ersten völlig in Ordnung wie Natalie und die Jungs angezogen sind und zum Zweiten solltest du mal anfangen, dich von einer anderen Seite zu zeigen.“ Kommt es von dem Mann mir gegenüber. Ich erkenne die Ähnlichkeit zu Liam und er lächelt mich freundlich an.
„Ich bin Connor und das ist meine Frau Kate.“ Stellte er sich und seine Frau vor.
„Hallo, ich bin Nat und das sind Jake und Neal.“ Stelle ich uns vor und er lächelt wissend.
„Freut mich sehr.“ Kate sieht mich freundlich an und ich entspanne mich ein wenig.
„Warum nennt Neal sie Mummy?“ die Stimme der Lady of Newborough ist kalt und distanziert und ich sehe ängstlich zu ihr.
„Weil Neal erst zwei war als unsere Eltern starben und Nat für ihn seine Mummy ist.“ Antwortet Jake für mich.
„Das erklärt es nicht, wie soll das Kind denn wissen wer seine richtigen Eltern sind, wenn es zu einer fremden Person Mummy sagt.“ Ihre kühlen blauen Augen ruhen auf mir und ich schlucke.
„Ich bin keine fremde Person…“ meine Stimme zittert und ich hasse mich dafür „… Ich bin seine Tante und versuche seit zwei Jahren mein Möglichstes, um ihm eine Mum zu sein.“
„Wir wollen jetzt Essen Mutter.“ Sagt Ashton und die Bediensteten tragen das Essen auf.
Ich setze Neal auf den Stuhl neben mir und wir Essen alle schweigend.
Viel zu schweigend, denn zu Hause erzählen wir uns immer den Tag beim Essen.
Endlich, endlich wird das Dessert serviert und ich helfe Neal mit seinem Kuchen.
„Dürfen wir uns zurück ziehen?“ frage ich ans Kopfende des Tisches gewandt.
„Die Jungs können gerne auf ihre Zimmer gehen, mit ihnen muss ich noch sprechen.“ Sagt sie feindselig.
„Mutter, das machen wir ein anderes Mal. Jetzt ist weder der Zeitpunkt noch der Ort dazu.“ Connor sieht seine Mutter und dann mich an.
Kerry und Clara kommen und nehmen die Jungs mit, während ich wie angewurzelt auf meinem Stuhl sitze.
„Komm.“ Ashton hält mir seine Hand hin und ich ergreife sie zögerlich.
Wir gehen hinaus in den Flur und ich atme erleichtert aus.
„Ich bring dich in dein Zimmer.“ Ashton hält weiterhin meine Hand fest und führt mich zu meinem Zimmer.
„Es tut mir so leid Nat.“ er sieht mich traurig an und eine widerspenstige Locke fällt ihm in die Stirn.
Ich widerstehe dem Drang sie ihm aus dem Gesicht zu streichen und sehe ihn einfach nur an.
„Es tut mir leid.“ Sage ich leise.
Ich stehe mit dem Rücken an der Tür und alles in mir schreit danach endlich in mein Zimmer zu gehen, aber seine wunderschönen blauen Augen halten mich davon ab.
„Was sollte dir denn leid tun?“ er sieht mich verunsichert an.
„Ich wie nicht, ob es richtig war hierher zu kommen. Deine Mutter will uns doch gar nicht hier haben. Ich meine, ich kenne sie seit 2 Stunden und ich mag sie nicht…“ ich reiße mich von seinen Augen los und sehe zu Boden.
„Hey…“ er legt seine Hand unter mein Kinn und zwingt mich ihn anzusehen. „Ich mag sie manchmal auch nicht.“ Er lächelt leicht „Aber sie kann auch anders und ich werde dafür sorgen, dass sie sich euch gegenüber anders verhält. Versprochen.“ erklärt er mir eindringlich.
„Ashton…“ setze ich an, aber ich vergesse den Rest des Satzes, weil mein Kopf einfach wie leer gefegt ist.
„Ich muss zu Neal, er wartet auf seine Gute-Nacht-Geschichte.“ Ich dränge mich an ihm vorbei und gehe schnell zu Neal seinem Zimmer, als ich eintrete sitzt Kelly auf seiner Bettkante und liest ihm vor.
Neal sieht mich und erstrahlt.
„Ich mache das.“ Sage ich schärfer wie beabsichtigt und nehme Kelly das Buch aus der Hand.
„Entschuldigen sie Miss.“ Sie tritt sofort einen Schritt zurück.
„Kelly…“ ich sehe sie an „Es tut mir leid…“ lenke ich ein „Aber ich war mit den beiden Jungs immer alleine. Ich lese ihm die Gute-Nacht-Geschichte vor, ich suche seine Sachen für den nächsten Tag raus und ich spiele mit ihm.“ Ich sehe sie bittend an.
„Ich verstehe Miss Slater.“ Sie macht einen leichten Knicks und geht dann raus.
„Hey mein Schatz.“ Ich setze mich zu Neal und er robbt zu mir, damit ich ihn in den Arm nehmen kann. „Ich liebe Dich so sehr mein Schatz.“ Flüstere ich.
„Ich liebe dich auch Mummy.“ Er sieht mich mit seinen großen braunen Augen an und ich nehme ihn fest in den Arm.
Nachdem ich ihm die Gute-Nacht-Geschichte vorgelesen habe, decke ich ihn zu und gebe ihm und Mozzie sein Nachtlicht.
Dann gehe ich zu Jake und finde dort auch Ashton der zusammen mit ihm irgendein Computerspiel spielt.
„Nicht mehr so lange Jake.“ Ich stelle mich hinter ihn und küsse ihn auf die Haare.
„Okay Nat.“ er sieht kurz zu mir und zwinkert mir zu.
„Ich meine es ernst Jake.“ Füge ich hinzu.
„Was haltet ihr davon, wenn ich euch morgen das Gelände zeige?“ Ashton sieht mich und Jake an und Jake nickt sofort begeistert.
„Cool.“ Jake sieht zu mir.
„Cool.“ Ich grinse und gehe dann wieder.
Ich schlafe wie erschlagen nach diesem Tag und bete inständig, dass ich das richtige tue.
Ich meine diese Reise hierher, Lady Georgina, Connor, Kate und Ashton. Bei dem Gedanken an Ashton schlägt mein Herz schneller und ich denke sogar, es kommt aus dem Takt.
Aber wenn mich Liam und Ally eins gelehrt haben, dann das:
Lass dich niemals mit einem MacKenzie ein, es sei denn du willst Schwierigkeiten.
`Finger weg von ihm! ` sage ich mir immer wieder.
Am nächsten Morgen scheint die Sonne in mein Zimmer und als ich auf die Uhr sehe springe ich auf.
„Verdammt.“ Ich ziehe mir schnell Shorts zu meinem Top an und laufe über den Flur.
„Neal?“ rufe ich panisch als ich in seinem Zimmer bin und das Bett leer ist.
„Ganz ruhig.“ Ertönt eine Stimme von der Tür her und ich fahre herum. Ashton, adrett gekleidet in schwarzer Hose und petrolfarbenden Poloshirt, grinst mich an. „Er ist mit Jake und Connor bei den Pferden, die beiden haben gefrühstückt und sind bestens versorgt worden.“
„Aber…“ setze ich an und fahre mir durch die Haare.
„Hey Nat, du hast mal einen Tag ausgeschlafen.“ Er lächelt „Das ist nicht verwerflich.“
„Die beiden sind meine Jungs, ich sollte mich um sie kümmern und nicht…“ ich schlinge meine Arme um mich.
„Nicht wer? Sein Onkel? Komm schon Nat…“ er ist mit zwei großen Schritten bei mir.
„Nein die Angestellten.“ Ich merke wie mir die Tränen in die Augen steigen „Ich möchte nicht, dass sich Fremde um die Zwei kümmern.“
„Nat…“ wieder legt er seine Hand unter mein Kinn und nötigt mich so in seine Augen zu sehen.
„Nein Ashton, das ist falsch.“ Ich mache mich von ihm los und stürme aus dem Zimmer.
Ich gehe in mein Zimmer, dusche mich und ziehe mir eine bequeme Jeans und ein neues Top an. Ich schlüpfe in meine Sneakers, nehme meine Sonnenbrille und mache mich auf den Weg zu den Stallungen.
Ich meine, wie schwer können die zu finden sein?
Schwerer wie erwartet, ich brauche erst einmal jemanden, der mir den Weg nach draußen zeigt, aber an Personal mangelt es hier ja wirklich nicht.
Als ich zu den Stallungen komme sehe ich wie Connor Neal auf ein Pony setzt und stelle mich an den Koppelzaun.
Neal entdeckt mich und winkt mir fröhlich zu.
„Schau Mal Mummy!“ ruft er begeistert.
„Super mein Schatz!“ erwidere ich und setze meine Sonnebrille auf.
Jake kommt zu mir und stellt sich vor mich, so das er zwischen meinen Beinen steht.
„Gut geschlafen?“ er nimmt mich in den Arm und ich seufze schuldbewusst. „Nat, es ist Okay, die sind alle super lieb und der Drachen ist ausgeflogen.“ Er sieht mich an und zwinkert mir zu.
„Wie meinst du das denn jetzt?“ ich lege meinen Kopf schief.
„Die Lady ist in den nächsten Tagen nicht zugegen.“ Ahmt er den irischen Akzent nach und ich muss lachen.
„Echt jetzt?“ lächle ich und fahre mir durch meine Haare, die immer noch etwas feucht sind.
„Ja, echt jetzt.“ Jake drückt mich fest an sich.
„Meinst du, die haben auch ein Pferd für mich?“ ich sehe ihn fragend an.
„Connor?“ ruft er zu seinem Onkel rüber und dieser schaut zu uns.
„Was gibt’s Jake?“ er schirmt sein Gesicht gegen die Sonne ab.
„Habt ihr ein Pferd für Nat?“ fragt Jake und ich knuffe ihn. Ich meine, ich bin sehr wohl in der Lage alleine zu fragen.
„Guten Morgen Natalie. Geh in die Stallungen und such dir eins aus.“ Grinst er.
„Danke.“ Ich winke ihm zu und Jake geht einen Schritt zurück, damit ich vom Zaun klettern kann.
„Soll ich mitkommen?“ er sieht mich fragend an.
„Nein, nein. Genieß du deine Reitstunden.“ Ich lächle ihn an.
„Ich darf später, wenn Neal fertig ist.“ Er winkt mir zu und läuft zu Neal und Connor.
Ich betrete die Stallungen und bewundere die wunderschönen Pferde. Als Ally und ich klein waren, haben wir auf einer Farm in der Nähe von Savannah gelebt. Ich bin mit Pferden aufgewachsen und der Duft erinnert mich an meine Eltern und an meine Kindheit. Unsere Eltern sind gestorben als Ally 25 und ich 20 waren, seitdem gab es nur uns Beiden und jetzt gibt es nur noch mich und die Jungs.
Ich trete an die Box eines schwarzen Araberhengstes heran.
„Wow, du bist aber ein Hübscher.“ Ich streiche ihm vorsichtig über die Nüstern und er schnaubt leicht.
„Master Connor hat mich geschickt ihnen zu helfen.“ Ein älterer Mann gesellt sich zu mir.
„Zeigen sie mir einfach wo alles ist, ich finde mich schon zurecht.“ Ich sehe ihn an und er lächelt.
„Da habe ich keinen Zweifel dran.“ Gibt er zu und ich sehe ihn erstaunt an.
„Sie sprechen die Sprache der Pferde.“ Erklärt er mir. „Sind sie mit Pferden aufgewachsen?“
„Ja, auf einer Farm in Georgia.“ Lächle ich.
„Unser Boreas soll es sein?“ er deutet auf den schwarzen Hengst.
„Gott des Windes?“ grinse ich.
„Sie kennen sich in der griechischen Mythologie aus?“ er nickt mir anerkennend zu.
„Ein wenig, ich hatte es als Wahlfach an der Uni.“ Gebe ich zu.
„Dann kommen sie mal, ich zeige ihnen alles.“ Er deutet auf den hinteren Teil der Stallungen.
„Nat.“ ich halte ihm meine Hand hin.
„Ben.“ Er nimmt meine Hand und schüttelt sie kräftig, er scheint ein Mann zu sein der anpacken kann. Er sieht durchtrainiert und kräftig aus und obwohl er bestimmt schon 50 ist, hat er die Ausstrahlung eines verwegenen Cowboys.
Er zeigt mir wo ich alles finde und 10 Minuten später sattele ich Boreas und er sieht mir über die Schulter. Er reicht mir einen Helm, denn Reitstiefel habe ich zwischenzeitlich gefunden.
„Findet er den Weg alleine nach Hause?“ ich nehme die Zügel und wir treten in den kleinen Hof vor den Koppeln.
„Ja.“ Ben grinst „Den findet er im Schlaf. Sag einfach nach Hause und er bringt dich sicher hier her.“
„Meinst du nicht, der ist eine Nummer zu groß und zu temperamentvoll für dich?“ Ashton kommt zu uns und ich sehe ihn prüfend an.
„Was verleitet dich zu der Annahme?“ gebe ich zurück.
Bevor er antworten kann, kommen Neal, Jake und Connor zu uns.
„Wow Boreas…“ Connor sieht mich ebenfalls erstaunt an. „Meinst du, das geht gut Ben?“ er sieht zu ihm und dieser nickt.
„Ja Connor, da bin ich mir sicher.“ Erwidert dieser.
„Mummy, ich bin richtig gereitet.“ Neal strahlt mich an.
„Geritten mein Schatz, du bist geritten.“ Ich nehme ihn auf den Arm und gebe ihm einen Kuss.
„Reitest du jetzt?“ er sieht zu Boreas und ich nicke. „Ja, wenn du meinst, du kommst noch eine Weile ohne mich klar?“ ich sehe ihn fragend an.
„Aber klar doch, Mozzie und ich schauen wie Jake das macht.“ Erklärt er grinsend und ich setze ihn wieder ab. Jake gibt ihm Mozzie in die Hand und sie gehen in den Stall.
„Du musst aufpassen, Boreas ist manchmal etwas schwierig…“ setzt Ashton an, aber da setze ich auch schon auf.
„Mit Schwierigkeiten kann ich umgehen.“ Ich zwinkere ihm zu und gebe Boreas die Sporen.
Wow, ist das ein schönes Gefühl über die Wiesen zu preschen und den Wind im Gesicht zu spüren. Zum ersten Mal seit langem fühle ich mich wieder wie 28 und frei wie ein Vogel.
Erst zwei Stunden später komme wich wieder bei den Stallungen an und zu meiner Überraschung wartet Connor auf mich.
„Ashton bat mich, darauf zu achten, das du an einem Stück zurück kommst.“ Er nimmt mir die Zügel ab und ich steige ab.
„Sehr nett von Ashton.“ Ich schüttele lächelnd meinen Kopf und beginne den Sattel zu lockern.
„Ben macht das schon.“ Connor sieht mich an, aber ich schüttele erneut meinen Kopf.
„Nein Connor, ich bin es gewohnt.“ Ich sehe ihn an „Ich will einfach nicht, dass mir jemand hinterher räumt und ich will mich auch nicht daran gewöhnen.“ Ich nehme dien Sattel und lege ihn auf den Sattelbock. Dann striegele ich Boreas und führe ihn auf die Koppel. Connor sagt nichts, aber ich merke, dass er mich nicht aus den Augen lässt. Zum Schluss tausche ich die Stiefel wieder gegen meine Sneakers und die Helm gegen meine Sonnenbrille.
„Können wir ein Stück gehen?“ fragt er vorsichtig als wir in den Hof kommen.
„Aber sicher.“ Ich gehe neben ihn her durch den Garten.
„Mutter hat sich gestern Abend nicht von ihrer besten Seite gezeigt.“ Er setzt sich auf einen Bank mit Blick in den Rosengarten „Es tut mir wirklich leid, wir dachten sie hat sich im Griff.“ Er verschränkt die Hände ineinander.
„Warum wollte sie die Jungs plötzlich sehen?“ ich halte mein Gesicht in die Sonne „Ich meine, so krank wie Percy gesagt hat scheint sie nicht zu sein.“ Füge ich hinzu und er lacht leise.
„Nein, nein…“ wiegelt er ab „Aber wir mussten uns was einfallen lassen.“ Gibt er zu.
„Eine Lüge? Ich bin schockiert.“ Ich sehe ihn an und nun lacht er richtig.
„Sagen wir eine List.“ Er schaut zu mir und ich nicke leicht.
„Also warum?“ frage ich erneut.
„Weißt du, die Sache ist die…“ er atmet aus „Liam stand Mutter immer am nächsten, keine Ahnung warum, aber es war so. Ich meine, ich bin der Große, Ashton der Kleine, aber Liam war immer was Besonderes für sie. Das er sich mit ihr überworfen hat, als er Allison geheiratet hat. Das hat sie wirklich hart getroffen.“
„Das erklärt es aber nicht. Warum jetzt?“ ich drehe mich zu ihm, um ihn besser anschauen zu können.
„Vor einem Jahr haben Kate und ich erfahren, das wir keine Kinder bekommen können, Ashton zeigt nicht das gewünschte Interesse am weiblichen Geschlecht und ich glaube einfach sie hatte Angst, niemals ihre Enkel im Haus haben zu können.“ Seine Stimme ist leise und unsicher und es tut mir plötzlich leid, dass ich genötigt habe es mir zu erzählen.
„Es tut mir leid.“ Erwidere ich ehrlich.
„Das muss es nicht…“ er winkt ab „Kate und ich sind bei einer ausgezeichneten Adoptionsagentur und ich bin mir sicher, sie werden bald das richtige Kind für uns finden.“
„Das ist schön zu hören.“ Ich stütze meine Hände an der Bankkante ab und lehne mich leicht nach vorne.
„Was du für die Jungs gemacht hast und was du immer noch tust. Natalie, das ist toll.“ Er sieht mich anerkennend an.
„Nat.“ ich grinse „Ich liebe die beiden über alles.“
„Das merkt man.“ Er grinst. „Neal plappert pausenlos von dir.“ Er schubst mich leicht.
„Echt?“ ich grinse.
Mein kleiner, bezaubernder Neal…
Moment Neal… Wo ist er?
„Wo ist er?“ frage ich Connor und er grinst.
„Der ist mit Jake und Ashton zum Flugplatz. Ich glaube Ashton hatte Jake versprochen mit ihm zu fliegen und Neal wollte unbedingt mit.“ Erklärt er mir und ich merke, wie mir sämtliche Farbe aus dem Gesicht weicht.
„Keine Sorge, Ashton ist ein ausgezeichneter Pilot.“ Versucht Connor mich zu beruhigen.
„Hmm.“ Nuschele ich.
„Ganz ruhig Nat, er wird die Zwei an einem Stück wieder bringen.“ Verspricht er mir.
„Ich hoffe doch.“ Gebe ich zurück. „Wie lange ist deine Mutter weg?“
Er grinst „Mindestens 10 Tage, sie sagte sie hat noch etwas in London und dann in Dublin zu erledigen.“ Entgegnet er und ich kann nicht verhindern, dass ich erleichtert ausatme.
„Irgendwann wirst du sie mögen.“ Prophezeit er mir.
„Wenn du meinst.“ Gebe ich zurück.
„Wie wäre es jetzt mit Lunch? Kate wartet bestimmt schon auf uns.“ Er steht auf und ich folge ihm.
Tatsächlich wartet Kat auf uns, aber nicht wie ich vermutet habe im Speisesaal, sondern in der Küche. 5 Leute wuseln herum und Kate hat den Tisch mit Sandwiches und Trinken gedeckt.
„Na, die erste Nacht gut geschlafen?“ sie grinst mich an und wir setzen uns.
„Ja, wie ein Murmeltier.“ Gestehe ich und nehme mir ein Sandwich.
Kate ist eine wirklich liebenswerte Person und ich merke, das wir wirklich viel gemeinsam haben.
„Es ist wunderschön hier. Wohnt ihr immer hier?“ ich sehe sie fragend an.
„Nein, nein Connor und ich wohnen in Cork. Connors Firma hat dort seinen Hauptsitz und ich arbeite in einem Architektenbüro. Ashton wohnt in Waterford, wir sind nur im Sommer alle zusammen hier.“ Erklärt sie mir.
„Was macht Ashton denn so?“ ich versuche nicht zu interessiert zu klingen.
„Er hat ebenfalls seine eigene Firma. Connor macht in Finanzen und Ashton in Computertechnik.“ Erklärt sie mich lächelnd.
„Ziemlich schlau die beiden.“ Gebe ich zu.
„Ja und wahnsinnig nett.“ Fügt sie hinzu.
„Ja, im Gegensatz zu…“ ich breche ab und sehe sie entschuldigend an.
„Georgina ist etwas eigen, glaub mir, ich kenne sie seit 15 Jahren und komme immer noch nicht richtig mit ihr klar. Das einzige was ich gut gemacht habe, ist die Tatsache das Connor mit mir ebenfalls einen Titel geheiratet hat.“ Sie sieht mich an und ich hebe überrascht eine Augenbraue.
„Kathrin Louise Lady of Newborough und Cullister.” Erklärt sie mir.
„Wow.“ Gebe ich zurück.
„Ich finde das ganze albern. Meinen Eltern war der Titel nie wichtig und ich hätte Connor auch heiraten können, wenn er Koch gewesen wäre.“ Sie lächelt und ich kann nicht anders wie es zu erwidern.
Nach dem Essen zeigt mir Kate das ganze Schloss und als wir wieder in die Vorhalle kommen, läuft mir Neal in die Arme.
„Mummy, das war so toll. Wir haben alles gesehen und Jake hat sogar alles alleine gemacht.“ Sprudelt es aus ihm heraus.
„Das ist so toll.“ Ich drücke ihm einen Schmatzer auf die Wange und lasse ihn runter. Ich gehe zu Jake und dieser sieht mich begeistert an.
„Ehrlich Nat, beim nächsten Mal musst du mitkommen.“ Seine Augen strahlen so sehr, wie ich es selten bei ihm gesehen habe.
„Und du bist alleine geflogen?“ frage ich gespannt nach.
„Ja. Wahnsinn, oder?“ er nimmt mich in den Arm „Ashton will mir Flugstunden geben, er hat nämlich eine Fluglehrerlizenz.“ Er sieht mich bittend an.
„Aber…“ setze ich an.
Ashton kommt rein und grinst „Du musst Nat schon unseren ganzen Deal erzählen.“ Er struvelt Jake durch die Haare und ich sehe zwischen den beiden fragend hin und her.
„Okay…“ Jake dreht sich zu mir „Ich bekomme jeden zweiten Tag drei Stunden Unterricht in Mathe und Geschichte, dafür bekomme ich Flugunterricht.“ Erklärt er mir den Deal und ich sehe erstaunt zu Ashton.
„Nichts ohne Gegenleistung.“ Lächelt er und ich kann wieder nur staunen, wie wahnsinnig gut er aussieht.
„Das klingt fair.“ Gebe ich zu.
„Darf ich?“ Jake hüpft vor mir herum und ich nicke schließlich.
„Du bist die Beste!“ er küsst mich überschwänglich.
„Ich weiß.“ Gebe ich zurück.
„Mumm, darf ich noch mal reiten?“ Neal zupft an meiner Jeans.
„Aber Connor ist nicht da mein Schatz.“ Erkläre ich ihm.
„Ich übernehme das gerne, wenn ich darf.“ Kate sieht mich an und ich nicke.
„Von mir aus gerne.“ Sage ich zu Neal und er hüpft an Kates Hand davon.
„Scheint als hätten sie Spaß hier.“ Ashton tritt hinter mich, als ich Kate und Neal nachschaue.
„Ja.“ Sage ich leise.
„Mach dir nicht immer Sorgen.“ Ermahnt er mich und ich spüre seinen Atem in meinem Nacken.
„So ist das, wenn man eine Mum ist. Man macht sich immer Sorgen.“ Gebe ich zurück.
Er nimmt meine Hand und will mich zu sich umdrehen, aber ich mache mich los und gehe in Richtung Treppe und steige die ersten Stufen hinauf.
„Dann werde ich jetzt auch Mal das machen, wonach mir der Sinn steht.“ Ich lächele ihn scheu an.
„Und das wäre?“ er steht am Fuß der Treppe und lehnt sich gegen das Geländer.
„Kate hat mir gezeigt, wo die Bibliothek ist. Ich denke ich werde etwas für meine Bildung tun.“ Gebe ich zurück und setze meinen Weg fort.
Ich lese den ganzen Nachmittag und als wir alle zusammen beim Dinner sitzen, ist die Spannung angenehm und die Jungs kommen aus dem schwärmen gar nicht heraus. Selbst die Aussicht auf Unterrichtsstunden am nächsten Tag kann Jakes Laune nicht trüben.
Kaum zu glauben, mein Jake macht freiwillig etwas für die Schule.
Ich bade Neal und bringe ihn anschließend ins Bett. Als ich zu Jake komme ist er in ein Buch über das Fliegen vertieft und ich setze mich zu ihm aufs Bett.
„Ich finde es schön, dass es dir gefällt.“ Ich lächle und deute auf das Buch.
„Danke, das wir hier sind.“ Er gibt mir einen Kuss auf die Wange.
„Ich liebe Dich Jake.“ Sage ich leise.
„Ich dich auch Nat, es tut mir leid, wenn ich manchmal gemein zu dir bin…“ er sieht mich an und streicht mir eine Strähne hinters Ohr. „Als ich gesagt habe, du bist nicht meine Mum, das habe ich nicht so gemeint. Du bist eine tolle Mum. Du warst bedingungslos für mich und Neal da, als wir ganz alleine waren. Du hast uns gerettet und uns zu dem gemacht, was wir heute sind. Ashton hat gesagt, das ich das zu schätzen lernen muss. Glaub mir Nat, das tue ich.“
Mir steigen die Tränen in die Augen.
„Ich danke dir.“ Flüstere ich und er haucht mir einen Kuss auf die Stirn.
Mein wunderbarer junger Mann…
Mein Jake…
Scheint als hätte ich was richtig gemacht.
„Was hat ashton denn noch so gesagt?“ ich lehne mich zurück und er sieht mich grinsend an.
„Na, ja er hat uns von der Geschichte von Newborough Castle erzählt. Er hat mich auch gefragt wer Jay ist.“ Geibt er zu.
„Was hast du ihm gesagt?“ frage ich leicht verunsichert.
„Na, ja so wie es ist. Er ist dein bester Freund, ihr kennt euch vom Studium und er ist mit Kayli verheiratet.“ Er zuckt mit den Schultern „Ashton ist echt cool, ich kann es kaum erwarten Flugstunden zu bekommen.“ Er strahlt wieder und ich lächle.
„Dann schlaf jetzt Jake.“ Ich ziehe nochmals kurz in meine Arme, ehe ich aufstehe und raus gehe. Im Flur lehne ich mich gegen die Wand und die Tränen beginnen zu laufen.
Tränen der Rührung und der Erleichterung…
Ich habe es richtig gemacht.
Wirklich und Wahrhaftig.
Ich wische meine Tränen beiseite und gehe nochmals in die Bibliothek. Ich nehme mir ein medizinisches Fachbuch und fange an darin zu lesen, vielleicht melde ich mich zu einem Abendkurs an der Uni an. Ich meine ein Semester und die Abschlussprüfungen, das müsste ich auch neben meinem Job hin bekommen.
Irgendwann schlafe ich über dem Buch ein und ich merke wie mich zwei starke Arme hoch nehmen.
Ich werde ein wach und sehe in Ashton belustigtes Gesicht.
„Ich bring dich ins Bett.“ Flüstert er und ich schlinge meine Arme um seinen Nacken. Ich bin viel zu müde um ihm zu widersprechen.
Irgendwann legt er mich auf meinen Kissen ab, ich öffne meinen Augen und er beugt sich ein wenig zu mir runter.
„Gute Nacht Nat.“ sagt er leise.
Ich schlinge meine Arme erneut um seinen Nacken und ziehe ihn zu mir, sanft legen sich seine Lippen auf meine und ich schließe wieder meine Augen. Es fühlt sich schön an, seine Lippen sind so weich, sie schmecken nach salziger Seeluft und nach ihm.
Er nimmt mein Gesicht in seine Hände und ich erwidere seinen Kuss. Wir verschmelzen miteinander und ich genieße das warme Gefühl in meinem Magen.
Was mache ich hier?
Ich schiebe ihn sanft von mir.
„Gute Nacht Ashton.“ Hauche ich und drehe mich zur Seite.
Ich merke wie er aufsteht und mein Zimmer verlässt.
In den nächsten Tagen sehe ich die Jungs tagsüber so gut wie gar nicht. Ich sehe sie jeden Abend, wenn ich Neal ins Bett bringe und noch ein wenig Zeit mit Jake zocke. Leider sehe ich auch Ashton nicht und mein ganzer Körper schreit danach diesen Kuss fort zu setzen. Ob ich es mir nun eingestehen will oder nicht, er hat mein Herz gestohlen…
Das kann nicht gut sein…
Das ist nie gut.
Ich reite viel aus, denke nach und lese.
Nach einer Woche kommt Olivia zu mir.
„Miss Natalie, ein Telfongespräch für sie.“ Sie reicht mir ein schnurloses Telefon.
„Natalie Slater.“ Ich gehe verwirrt ran.
„Hey Nat, hier ist Jay. Wie geht es euch?“ Kommt es vom anderen Ende und ich lächle.
„Hey Jay. Es ist so schön hier, die Jungs fühlen sich wohl.“ Schwärme ich „Aber warum rufst du an? Du rufst nie ohne Grund an.“
„Kay hat ein Jobangebot aus New York bekommen. Wir werden in zwei Monaten umziehen. Ich wollte es dir gleich sagen.“ Er klingt nicht sehr glücklich.
„Jay, du kannst mich nicht alleine lassen.“ Sage ich geschockt.
„Kleines, ich werde weiterhin für euch da sein.“ Sagt er eindringlich.
„Du brauchst mit dem Flieger fast drei Stunden zu uns, jetzt setzt du dich ins Auto und bist in 15 Minuten bei uns. Das ist nicht das Gleiche.“ Erwidere ich verzweifelt.
„Es tut mir so leid.“ Seine Stimme klingt traurig.
„Wenn du da nicht hin willst, dann sag das Kay.“ Rede ich ihm gut zu.
„Wir werden gehen Nat, das ist beschlossen. Ich wollte nicht, das du es womöglich von jemand anderem erfährst. Genieße deinen Urlaub und wir reden, wenn du wieder da bist.“ Bittet er mich.
„Okay Jay, ich habe dich lieb.“ Sage ich ausdruckslos.
„Ich dich auch Nat, das weißt du, oder?“ fragt er leise.
„Ja Jay, das weiß ich.“ Gebe ich zurück und lege wie in Trance auf.
Ich laufe, verwirrt wegen Jays neuen Lebensplänen, durchs Schloss und treffe schließlich auf Kerry. Es ist schon später Abend, aber ich muss hier raus.
„Gibt es hier in der Nähe eine Bar?“ ich sehe sie fragend an.
„Eine Bar? Nein, leider nicht. Aber ein Pub in Ballinaclashett.“ Sie betrachtet mich „Soll ich einen Fahrer bitten dich zu fahren?“
Ich nicke nur leicht und ziehe mir eine Sweatjacke über mein Top und stecke mir meine Euros ein. Der Fahrer erwartet mich und fährt mich die 15 Minuten zum Pub.
Das Pub ist klein, aber ich brauche etwas zu trinken und möchte es nicht im Schloss tun.
Ich setze mich an die Bar und beginne einen Tequila nach dem anderen runter. Der Barkeeper sieht mich mitleidig an.
„Kleine Miss, sie sollten nicht so viel trinken. Kein Mann ist das Wert.“ Er stellt mir ein Wasser hin.
„Ich will kein Wasser.“ Nuschele ich und er zieht eine Augenbraue hoch.
„Kleine Miss…“ er sieht mich an und ich versuche ihn zu fixieren „Wo wohnen sie überhaupt?“
„Newborough Castle.“ Meine Aussprache war auch schon mal klarer.
„Ich habe keinen Tequila mehr, sie haben die ganze Flasche getrunken. Sie sollten nach Hause.“
„Dann geben sie mir was anderes, dieses Land hier macht mich wuschig.“ Ich winke unwirsch ab und er stellt mir eine braune Flüssigkeit hin.
Ich weiß nicht was es ist, aber ich kippe es runter. Es brennt in meinem Hals und ich nicke ihm zu. Er füllt nach und geht dann kurz weg. Als er wieder kommt sehe ich ihn herausfordernd an. Leicht kopfschüttelnd schenkt er mir nach und sieht immer wieder zu Tür.
Plötzlich geht diese auf und Ashton steht in Jeans und T-Shirt im Türrahmen.
Wow, selbst so sieht er zum anbeißen aus.
„Was machst du denn nur?“ er kommt zu mir.
„Was machst du denn?“ frage ich zurück und will nach meinem Glas greifen.
„Hey Nat, du hast genug.“ Er nimmt meine Hand in seine. „Und ich habe nichts gemacht.“ Er sieht zum Wirt und dieser nickt ihm nur zu.
„Oh doch…“ ich bohre ihm meinen Zeigefinger in die Brust und er sieht mich überrascht an „Du hast mein Herz gestohlen.“
Er lächelt leicht. „Komm, du brauchst ein Bett.“ Er zieht mich vom Stuhl hoch und bugsiert mich nach draußen.
Die kühle Luft wirkt wie ein Hammer und ich halte mich an ihm fest.
Plötzlich dreht sich mein Magen um und ich erbreche mich heftig. Ashton hält mich fest und hält fürsorglich meine Haare aus meinem Gesicht.
Nachdem sich mein Mageninhalt auf dem Parkplatz verteilt hat, sehe ich ihn entschuldigend an.
„Gott….“ Stöhne ich und er grinst.
„Komm, ich bringe dich ins Bett.“ Er zieht mich in seine Arme und wir gehen in Richtung Auto.
„Ich will nicht ins Bett.“ Ich sehe ihn an.
„Und wo willst du hin?“ er zieht eine Augenbraue hoch und mustert mich amüsiert.
„Ich will ans Meer, ich war noch nie am Meer. Ich will etwas tun, was ich noch nie gemacht habe.“ Ich bleibe stehen und er schüttelt mit dem Kopf.
„Nein, du gehst jetzt nirgendwo hin.“ Er setzt mich ins Auto.
„Ich habe noch nie das Meer hier bei euch gesehen. Bitte.“ Bettele ich.
Er ringt einen Moment mit sich, ehe er einsteigt.
„Mit dem Meer kann ich dir nicht dienen…“ er startet den Motor „Aber mit einem See.“ Er sieht zu mir und ich kichere.
„Da will ich hin.“ Ich nicke heftig und halte mir dann den Kopf.
Zu nicken, war nicht meine beste Idee…
„Warum hast du dich raus geschlichen?“ er sieht mich von der Seite an.
„Ich musste raus und brauchte was zu trinken.“ Gebe ich ausweichend zu.
„Das kannst du aber auch im Schloss. Was ist denn passiert?“ er hält am Straßenrand und sieht mich an.
„Jay zieht nach New York. Das New York, was 1300 Meilen von Saint Cloud entfernt ist.” Ich schließe gequält meine Augen.
„Davon geht die Welt nicht unter, er wird euch trotzdem besuchen.“ Er nimmt meine Hand und ich ziehe sie weg.
„Wann denn? An den Feiertagen vielleicht?“ ich verschränke meine Arme vor der Brust.
„Lass es auf dich zukommen, du kannst nicht alles kontrollieren.“ Erklärt mir Ashton sanft.
„Ich will jetzt zum See.“ Sage ich fast trotzig und er lacht leise.
„Klar doch.“ Er startet den Motor wieder, er fährt sicher über die stockdunklen Straßen und ich habe schon längst jede Orientierung verloren.
Ich krame in seinem Handschubfach.
„Kann ich dir helfen?“ fragt er lachend.
„Kaugummi?“ ich sehe ihn an.
„Im Seitenfach.“ Gibt er zurück und ich nehme mir dankbar einen, ich muss den Geschmack los werden…
„Wir sind da.“ Er parkt und springe aus dem Auto. Der See liegt spiegelglatt vor uns und ein Steg führt ein Stück hinaus.
Ich ziehe meine Schuhe aus und er sieht mich fragend an.
„Was hast du vor?“ er lehnt sich ans Auto und beobachtet mich.
Ich ziehe nun meine Jeans aus, was mir alles an Koordinationskraft abverlangt. Dann ziehe ich mein Top über den Kopf.
„Babe… Was genau wird das?“ Ashton grinst und ich erwidere es.
„Babe?“ lächle ich.
„Mein Babe.“ Er kommt langsam auf mich zu.
Ich ziehe mir nun auch meinen BH und meinen Slip aus. „Ich gehe baden!“ rufe ich und laufe den Steg entlang um mit einem Platsch im Wasser zu landen.
Heilige Scheiße ist das kalt.
Prustend komme ich an die Oberfläche und fühle mich schlagartig nüchtern.
„Und wie ist das Wasser?“ Ashton steht am Ende des Stegs und ich schwimme ein paar Züge.
„Herrlich.“ Gebe ich zurück.
„Komm raus.“ Lacht er und hält mir seine Hand hin.
Ich ergreife sie und ziehe ihn dann mit einem Ruck zu mir ins Wasser.
Er landet ziemlich unsanft neben mir im Wasser und kommt keuchend an die Wasserüberfläche.
„Was soll denn das?“ er sieht mich verwirrt an.
Ich schwimme zu ihm und lege meine Arme um seinen Hals. Ich sehe ihm in die Augen, die im Mondlicht wie zwei Saphire leuchten.
Ich ziehe ihn zu mir und küsse ihn stürmisch.
„Du bist betrunken.“ Er schiebt mich leicht weg.
„Nein, ich weiß genau was ich mache.“ Gebe ich zurück und streiche ihm die Haare aus dem Gesicht.
„Bitte Nat, spiele nicht mit dem Feuer.“ Warnt er mich halbherzig.
„Ich bin gut darin mit heißen Sachen umzugehen.“ Gebe ich zurück und schlinge nun auch meine Beine um ihn.
„Oh Babe.“ Flüstert er mir rau ins Ohr, ehe er mich küsst und wir beide zu tun haben nicht zu ertrinken.
Er schwimmt wieder in Richtung Steg und zieht sich hoch, dann zieht er mich aus dem Wasser und ich merke wie ich friere.
Er betrachtet mich und streicht mit seiner Hand leicht über meinen Rücken.
„Du bist atemberaubend.“ Raunt er und zieht mich in seine Arme.
Meine Hand wandert unter sein T-Shirt und ich fahre mit meinen Fingernägeln über seinen Rücken.
„Du sollst nicht mit dem Feuer spielen.“ Keucht er. Dann packt er mich, befreit sich in Windeseile von seinen nassen Sachen und hebt mich hoch. Mit mir im Arm lässt er sich auf den Steg sinken und ich spüre seine Erregung sehr deutlich.
Er sieht mich an und positioniert mich über sich. Mutig lasse ich mich auf ihn fallen und stöhne auf.
Gott das ist gut, richtig gut.
Er füllt mich aus, dehnt mich und mir bleibt die Luft weg.
Ich fange an mich zu bewegen und seine Hände liebkosen im Einklang mit seinen weichen, warmen Lippen meine Brüste.
Ich brauche nicht lange um meinen Höhepunkt zu erreichen und Augenblicke später ergießt er sich mit einem „Oh Babe.“ in mir.
Atemlos liege ich auf seiner Brust.
„Davon habe ich geträumt seitdem ich dich das erste Mal gesehen habe.“ Er küsst mich innig. „Ich habe mich Hals über Kopf in dich verliebt, du bist so wunderschön.“ Haucht er und ich bin wie erstarrt. Noch niemals hat ein Mann oder ein anderer Mensch gesagt, dass er sich in mich verliebt hat und ich wunderschön bin. Nicht so wie Ashton eben.
„Liebesbeziehungen mit MacKenzies neigen dazu im Desaster zu enden.“ Sage ich traurig.
„Nicht wir.“ Verspricht er mir.
Ich lege meinen Kopf auf seine Brust und lausche den gleichmäßigen Schlägen seines Herzens.
Ich beginne zu frösteln und er hilft mir auf. Ich ziehe mir meinen Slip und mein Top an, während er seine nasse Jeans und sein nasses T-Shirt anziehen muss.
„Du hast mein BlackBerry gekillt.“ Grinst er und wir steigen ein.
„Sorry.“ Gebe ich zerknirscht zurück.
„Kein Problem Babe.“ Grinst er.
„Das mit Babe meinst du ernst?“ ich lache und er dreht die Heizung im Auto voll auf.
„Ja.“ Er beugt sich zu mir und küsst mich erneut.
Als wir am Schloss ankommen schleichen wir uns über die Gänge in sein Zimmer, bzw. in seine Einliegerwohnung.
„Komm.“ Er hält mir seine Hand hin und ich finde mich im Bad wieder.
Er dreht die Dusche auf und ein paar Minuten später prasselt heißes Wasser auf uns nieder. Es tut so gut, denn mittlerweile ist mir wirklich kalt.
Er umarmt mich fest und ich blinzele ihn an.
„Was ist?“ fragt er amüsiert.
„Nichts.“ Grinse ich.
„Komm schon Babe, was ist?“ er zieht mich in seine Arme und ich halte mich an ihm fest.
„Es ist komisch.“ Sage ich leise.
„Was denn?“ er küsst mich zärtlich.
„Ich fühle mich das erste Mal in meinem Leben von einem Mann geliebt.“ Gebe ich zu.
Er nimmt mein Gesicht in seine Hände und küsst mich hingebungsvoll.
„Du verdienst es jeden Tag geliebt zu werden.“ Haucht er mich ins Ohr.
„Oh Ash.“ Seufze ich und er lächelt.
„Du bist die erste Person in meinem Leben, die mich so nennt.“ Er küsst meine Nasenspitze.
„Scheint so, als stecken wir voller Premieren.“ Lächle ich.
„Ja und jetzt will ich dich in meinem Bett.“ Er hebt mich hoch und quieke.
„Auch eine Premiere?“ ich sehe ihn gespannt an.
„Ja, hier in meinem Bett, mit einer Frau die ich liebe ist es eine Premiere.“ Er küsst mich und lässt mich nass in die weichen Kissen fallen.
Er bedeckt meinen Bauch und meine Brust mit hauchzarten Küssen und ich winde mich unter ihm.
Das ist gut, nein viel mehr noch… es ist das Beste was mir je passiert ist.
Glücklich schlafe ich, gefühlte Stunden später, in seinen Armen ein und als ich aufwache und als erstes sein wunderschönes Gesicht sehe, da kann ich nicht anders wie zu lächeln. Seine Haare sind zerzaust und seine langen Wimpern lassen ihn schon am frühen Morgen wahnsinnig toll aussehen. Er öffnet seine Augen und sieht mich verschlafen an.
„Guten Morgen.“ Haucht er und ich lächele.
„Guten Morgen Ash.“ Ich küsse ihn sanft.
Er zieht mich in seine Arme und ich kuschele mich an ihn, er ist so herrlich warm.
„Unglaublich.“ Sagt er leise und ich sehe zu ihm auf.
„Was?“ frage ich und lege meinen Kopf schief.
„Du hier, mit mir, in meinem Bett.“ Er grinst „Ich wollte dich von ersten Tag an hier haben, aber du bist mir immer wieder ausgewichen. Jedes Mal, wenn ich dachte ich habe dich so weit, da bist du mir entwischt. Ich dachte ich verzweifele an dir.“ Er zieht mich hoch und küsst mich, seine Hände wandern über meinen Rücken zu meinem Po und kneten ihn sanft.
„Was wird denn das?“ frage ich grinsend.
„Ich werde dich verführen Babe.“ Er küsst mich leidenschaftlich und ehe ich weiß wie mir geschieht, da packt er mich und ich finde mich unter ihm wieder. Langsam dringt er in mich ein und ich schließe meine Augen.
„Oh Ash.“ Stöhne ich.
„Babe.“ Erklingt seine Stimme rau neben meinem Ohr und eine Gänsehaut breitet sich auf meinem ganzen Körper aus. „Ich will dich ganz.“ Raunt er.
„Du hast mich.“ Erwidere ich und ein Orgasmus ungeahnten Ausmaßes rollt über mich hinweg.
„Ich liebe dich Babe.“ Stöhnt er auf und sackt auf mir zusammen.
„Oh Ash.“ Ich sehe ihn an.
Ich bin noch nicht bereit ihm zu sagen, dass ich ihn auch liebe.
Wohin führt das Ganze?
Was wird aus uns?
„Es ist Okay Babe…“ er küsst mich innig „Ich kann warten.“
Es ist, als ob er meine Gedanken lesen kann und ich nicke nur leicht.
„Wir sollten aufstehen, sonst schicken sie einen Suchtrupp nach dir.“ Er rappelt sich auf und zieht mich hoch.
„Und was soll ich anziehen?“ ich deute auf den Stapel feuchter Sachen.
Er geht an seinen Schrank und ich grinse, er sieht unheimlich gut aus. Kein Haar auf seiner Brust, nur ein schmaler Streifen unter seinem Bauchnabel, der bis hin zu seinem Geschlecht reicht und dann breiter wird. Also, das ist mal ein Bild von einem Mann.
„Betrachtest du mich?“ er grinst und wirft mir Boxershorts und ein Hemd hin.
„Ja.“ antworte ich unverholen „Du bist perfekt.“
„Perfekt?“ er sieht skeptisch zu mir und ich stehe auf. Es ist mir egal, das ich nackt bin, obwohl ich normalerweise so meine Probleme damit habe.
Ich gehe zu ihm und fahre mit meiner Hand über seine Brust.
„Eine starke männliche Brust.“ Sage ich leise und küsse sie „Ein wunderschöner Bauch.“ Ich gehe in wenig in die Knie und küsse seinen Bauch.
„Gott…“ sagt er leise „Was hast du vor?“
„Ein wunderbarer Penis.“ Ich lasse mich auf meine Knie sinken und nehme ihn leicht in den Mund. Über mir stöhnt Ashton erschrocken auf.
Ich umkreise die Spitze mit meiner Zunge, ehe ich ihn ganz in den Mund nehme. Meine Liebkosungen bleiben nicht ohne Wirkung und er versteift sich sofort wieder.
Ashton hält sich am Schrank fest und ich sauge an seinem Glied. Er schmeckt gut, leicht salzig und er ist wunderbar warm und fest.
„Ich will nicht in deinem Mund kommen.“ Stöhnt er abgehakt.
Er zieht mich hoch, fegt mit einer Handbewegung alle Sachen von der Kommode neben dem Schrank und hebt mich darauf.
Er beugt sich zu mir und dringt in mich ein.
Ich stöhne leise auf.
„Oh Gott.“ Raunt er und bewegt sich heftig in mir.
Er stößt hart und unerbarmherzig zu und ich stöhne immer lauter.
„Komm Babe.“ Er küsst mich hart.
„Oh Ash.“ Stöhne ich und halte mich an ihm fest.
Seine Hand gleitet zu meinem Geschlecht und geschickt umkreist sein Zeigefinger meinen Kitzler.
Nun bin ich diejenige die erstaunt aufstöhnt.
Ich erreiche schwer atmend meinen Höhenpunkt und er sieht mich mit glühenden Augen an, ehe auch er zum Höhepunkt kommt.
20 Minuten später liegen wir beide immer noch etwas benommen auf dem Fußboden und er hält mich in seinen Armen.
Er dreht eine meiner Haarsträhnen um seinen Finger und ich grinse ihn an.
„Du bist der erste Mann, bei dem ich mich schön fühle.“ Sage ich leise.
„Wie kann das sein?“ er sieht mich erstaunt an.
„Ich bin eben kein Modepüppchen.“ Ich zucke leicht mit den Schultern.
„Komm schon Babe, du bist wunderschön.“ Er küsst mich und lächelt mich an.
Ich sage nicht, sondern grinse einfach nur.
Ja klar, ich bin schön…
Wir stehen auf und ich schlüpfe in sein Hemd und in seine Boxershorts.
„Schick, schick.“ Er lässt mich eine Pirouette drehen und ich lache vergnügt.
„Ich muss ja nur bis in mein Zimmer kommen.“ Ich strecke ihm die Zunge raus.
Er zieht sich beige Jeansshorts und ein dunkelblaues Poloshirt an. „Ich bringe dich.“ Er nimmt mich an die Hand und wir treten in den Flur.
Wir laufen durch die Gänge und fast schon denke ich, wir schaffen es ungesehen zu meinem Zimmer, da stehen Jake und Connor plötzlich vor uns.
„Wo kommt ihr denn her?“ Connor sieht uns belustigt an.
„Ich bringe Nat kurz in ihr Zimmer.“ Ashton sieht in bittend darum, sich jegliches Kommentar zu verkneifen, an.
„Ich habe nicht gefragt wo ihr hin wollt, ich habe gefragt wo ihr her kommt.“ Grinst Connor.
„Oben.“ Sage ich.
„Draußen.“ Sagt Ashton zur gleichen Zeit und Jake und Connor fangen an zu lachen.
„Hey, ich bin zwar erst 15…“ Jake sieht mich an „Aber das ihr weder von oben, noch von draußen kommt, das weiß sogar ich.“ Er strahlt mich an.
„Und?“ sagen Ashton und ich wie aus einem Mund.
„Nichts und.“ Connor zuckt mit den Schultern „Ich freue mich, dass du endlich ihr Herz erobert hast.“
„Danke.“ Ich verbeuge mich leicht.
„Was ist mit unseren Flugstunden heute?“ Jake sieht zu Ashton.
„Geht los. Ich bringe Nat nur in ihr Zimmer, wir treffen uns in 30 Minuten unten und dann fahren wir alle zusammen los.“ Erklärt er ihm und nimmt mich wieder an die Hand.
Als wir in meinem Zimmer ankommen, drückt er mich an die Wand und küsst mich stürmisch.
„Ash, bitte…“ wehre ich mich lachend „Ich muss duschen und Jake wartet auf uns.“ Ich schiebe ihn ein Stück von mir weg.
„Wir haben noch mindestens 20 Minuten.“ Erwidert er grienend.
„Wir haben den Rest unseres Lebens.“ Ich gebe ihm einen Kuss und gehe ins Bad.
´Wow, der Mann raubt mir den Verstand.` grinse ich und gehe erst einmal duschen.
Nur mit einem Handtuch komme ich aus dem Bad und Ashton sitzt auf meinem Bett und blättert durch das Buch, welches ich mir mit in mein Zimmer genommen habe.
„Willst du dein Studium beenden?“ fragt er während ich mir eine neue Jeans und eine kurze Bluse aus dem Schrank hole.
„Ich weiß noch nicht, das entscheide ich zu Hause.“ Gebe ich zurück und schlüpfe in einen Slip.
Ich lasse das Handtuch fallen und ziehe einen BH an.
„Das ist Folter.“ Ashton steht hinter mir und küsst meinen Nacken.
„Ashton bitte.“ Flehe ich ihn an.
Er seufzt leise. „Heute Abend entkommst du mir nicht.“ Verspricht er mir.
„Wer hat denn gesagt, das ich dir entkommen will?“ ich drehe mich zu ihm und küsse ihn.
Dann ziehe ich mich schnell an und knöpfe meine Bluse zu. Er kommt zu mir und öffnet die beiden obersten Knöpfe wieder.
Ich will mich den ganzen Tag auf heute Abend freuen.“ Er fährt mit seinem Finger über meinen Brustansatz.
Ich grinse nur und wir gehen in die Eingangshalle, wo Jake schon ungeduldig auf uns wartet.
Wir fahren zu einem kleinen Flughafen und Ashton zeigt mir stolz seine Cessna 210. Eine Propellermaschine mit Platz für bis zu sechs Personen.
Er klärt alles mit dem Tower ab und dann besteigen wir die alle drei die Maschine. Jake sitzt vorne neben Ashton und ich nehme hinter den beiden Platz.
„India Alpha Charlie 244 bittet um Starterlaubnis.“ Sagt er über Funk zum Tower.
„India Alpha Charlie 244, sie haben Starterlaubnis. Sie haben Wind aus Nord Nordost und Flugerlaubnis Richtung Süden.“ Ertönt es nun und Ashton macht einen letzten Check ehe wir an Geschwindigkeit aufnehmen und sich die kleine Maschine langsam Richtung Himmel bewegt.
Dann erklärt Ashton Jake die Instrumente und ich staune wie aufmerksam Jake alles verfolgt, dann überlässt Ashton ihm den Steuerknüppel und Jake strahlt.
„Du bist richtig gut.“ Lobt Ashton ihn und ich lächle.
Ashton kann sehr gut mit den beiden Jungs umgehen, sie vergöttern ihn regelrecht. Jake wegen der Fliegerei und Neal wegen den Pferden.
Ich strecke meine Hand aus und kraule Ashton leicht im Nacken, grinsend dreht er sich zu mir um.
„Du solltest die Aussieht genießen.“ Sagt er und deutet nach draußen.
„Das tue ich doch.“ Gebe ich zurück.
Er lächelt nur, nimmt meine Hand und küsst sie.
„Wir sind gleich über dem offenen Meer.“ Er deutet nach draußen und ich sehe nun doch hinaus. Es sieht so wunderschön aus, Irland ist tatsächlich das Land der hundert Grüntöne.
Nach einer Stunde fliegen wir wieder zurück und Ashton übernimmt die Landung.
Er steigt aus und reicht mir seine Hand, dann zieht er mich zu sich und küsst mich.
„Oh man, sucht euch ein Zimmer.“ Jake sieht uns an und schüttelt den Kopf.
„So etwas aus deinem Mund?“ grinse ich.
Jake kommt zu mir und grinst mich an, dann beugt er sich vor und gibt mir einen Kuss auf die Wange „Ich finde es toll.“ Flüstert er.
„Danke Jake.“ Sage ich gerührt.
Dann geht er vor zum Auto und Ashton sieht mich fragend an.
„Er hat uns seinen Segen gegeben.“ Lächle ich.
„Das ist gut, ich will den Jungs ja nicht die Mummy weg nehmen.“ Erwidert er und küsst mich erneut.
Als wir wieder beim Schloss ankommen ziehen sich Ashton und Jake zu einer Geschichtsstunde zurück und ich suche Neal.
Wir beide gehen mit Kate reiten und es ist toll zu sehen welche Fortschritte Neal in nur einer Woche gemacht hat.
Ich merke, wie wohl ich mich hier in Irland und auf Newborough Castle fühle. Die Jungs blühen auf und ich kann nicht genug von Ashton bekommen. Er ist der Mann, den ich immer gesucht habe.
Beim Abendessen unterhalten wir uns über alles mögliche und ich bringe dann Neal ins Bett. Als ich zu Jake ins Zimemr komme staune ich nicht schlecht, Ashton schließt gerade irgendein teil an seinen Fernseher an.
„Was wird denn das?“ frage ich amüsiert und beide sehen zu mir.
„Ich habe mir den neusten Flugsimulator aus meiner Firma schicken lassen und Jake und ich wollen ihn ausprobieren.“ Erklärt mir Ashton mit leuchtenden Augen.
„Ach ja, CEO Ashton MacKenzie, Fireset Inc.“ Sage ich und er sieht mich erstaunt an.
„Auch ich kann einen Computer bedienen und glaub mir der spuckt so einiges über Fireset Inc. aus. Ich muss mich ja ein bisschen über meinem Freund belesen, ich habe auch wenig über Connor recherchiert. Man Globindex hat ja traumhafte Umsatzzahlen die letzten Jahre.“ Ich sehe ihn an und er nickt anerkennend.
„Ja, ich finde es auch immer wieder faszinierend, was man alles über die Menschen heraus bekommt. Weiß Jake eigentlich, das du mit 17 eine Nacht wegen Vandalismus im Gefängnis warst.“ Er zieht herausfordernd eine Augenbraue hoch.
„Was?“ Jake sieht mich mit großen Augen an.
„Das war kein Vandalismus, Ally und ich haben nur den Traktor vom alten Sam umgeschubst.“ Erkläre ich lachend.
„Umgeschubst? Wie schubst man einen Traktor um?“ Jake sieht mich belustigt an.
„Mit einem anderen Traktor.“ Erkläre ich ihm augenzwinkernd.
„Mum und du? Ihr könnt Traktor fahren?“ Jake lacht.
„Ja, deine Mum nicht so gut, sie hat es immer wieder geschafft den alten Traktor in die Böschung zu fahren.“ Ich grinse bei der Erinnerung daran „Aber ich konnte das ziemlich gut. Dein Grandpa hat uns auf den Traktor gesetzt, da waren wir 10 oder so. Seitdem haben wir immer bei der Ernte mitgeholfen.“
„Meine Mum auf einem Traktor?“ Jake sieht mich kopfschüttelnd an.
„Oh ja, deine Mum war eine richtige Farmerbraut.“ Erkläre ich ihm „Sie konnte reiten wie der Teufel, sie konnte Kühe melken und fluchen.“
„Wow.“ Jake nimmt meine Hand „Fehlt sie dir auch so sehr wie mir?“
„Ja Jake.“ Sage ich leise „Jeden Tag.“ Gebe ich zu.
Ashton ist fertig und reicht Jake die Fernbedienung.
„Ihr entschuldigt mich.“ Ich stehe auf und gehe in den Flur.
Ich lehne mich gegen die Wand und die Tränen beginnen zu laufen.
Wird es jemals aufhören weh zu tun?
Die Tür zu Jakes Zimmer geht auf und er kommt heraus, ich hatte mit Ashton gerechnet und wische mir schuldbewusst die Tränen weg.
„Nat.“ Jake kommt zu mir und nimmt meine Hände. „Bitte tue nicht immer so, als wärst du die stärkste Person auf der Welt. Ich weiß, wie oft du weinst auch wenn du es vor uns verheimlichen willst.“ Sagt er leise und ich nehme ihn in den Arm.
„Sie fehlen mir beide so sehr, ich wünsche mir sie können sehen, was für wunderbare Söhne sie haben.“ Flüstere ich.
„Mir fehlen sie auch jeden Tag, aber sie sehen uns…“ er lächelt leicht „Sie sind immer bei uns und sie haben dich auserwählt uns zu beschützen. Du bist großartig darin.“ Er gibt mir einen Kuss auf die Wange und ich lächle.
„Du bist schon fast so groß wie ich.“
„Kein Kunststück.“ Er gibt mir einen Kuss auf die Stirn „Ich liebe Dich Nat.“
„Ich liebe dich auch Jake.“ Erwidere ich.
„Willst du es jetzt ausprobieren?“ Ashton steht in der Tür und sieht zu uns. Ich nicke Jake lächelnd zu.
„Danke.“ Er drückt mir einen feuchten Kuss auf die Wange und stürmt in sein Zimmer.
Ashton kommt zu mir und ich lege meine Stirn an seine Brust.
Sanft schließt er mich in seine Arme.
„Jake ist wirklich toll.“ Sagt er leise.
„Er ist mein Junge.“ Erwidere ich.
„Ja, das wird er immer sein.“ Ashton küsst mich zärtlich.
Seine Zunge verlangt sanft Einlass und ich lasse ihn gerne gewähren.
Ich habe keine Ahnung wie lange wir so da stehen und uns küssen, dann werden wir von einem räuspern unterbrochen und sehen in Kates grinsendes Gesicht.
„Es ist schön euch zusammen zu sehen.“ Lächelt sie „Deine Mutter will dich am Telefon sprechen.“ Sagt sie zu Ashton.
Er drückt mir einen Kuss auf die Stirn.
„Ich komme gleich wieder.“ Verspricht er mir und geht dann den Gang entlang.
„Wow Nat.“ Kate lächelt verschmitzt.
„Er ist toll.“ Gebe ich zu.
„Ja das ist er und es ist schön ihn glücklich zu sehen.“ Sie nimmt meine Hand „Ich wünsche euch, dass ihr glücklich seid.“
„Im Moment sind wir es.“ Erwidere ich und da kommt Ashton auch schon wieder.
„Was wollte Georgina denn?“ Kate sieht ihn fragend an.
„Sie bleibt noch eine Weile weg, irgendetwas dauert wohl länger, aber sie wollte mir nicht sagen, was.“ Er zuckt mit den Schultern. „Darf ich dir Nat jetzt entführen?“
„Aber sicher.“ Sie winkt ab „Connor wartet bestimmt schon auf mich.“ Sie zwinkert uns zu.
„Na komm Babe.“ Sagt Ashton an mich gewandt und Kate kichert.
„Babe?“
„Ja.“ Ashton lächelt „Mein Babe.“ Er gibt mir einen Kuss.
„Das ist so als ich würde ich aus Georginas Mund das Wort zuckersüß hören.“ Lacht sie.
„Unvorstellbar.“ Sage ich und sie lacht nun noch mehr.
„Na dann schnapp dir dein Babe und lass es nie wieder los.“ Sagt Kate zu Ashton und er nickt lächelnd.
„Nein, nein…“ er zieht mich in seine Arme „Niemals.“
Wir gehen in mein Zimmer und er schiebt eine DVD rein.
„Ich wollte dich vorhin nicht traurig machen.“ Sagt er einfühlsam.
„Ach was…“ ich winke ab, ziehe meine Jeans, mein Top, mein BH aus, schlüpfe in Ashtons Hemd und krabbele unter meine Decke.
„Das Hemd gehört mir.“ Grinst er und zieht sich ebenfalls bis auf seine Boxershorts aus.
„Nicht mehr.“ Lächle ich und er legt sich zu mir.
Eine Weile schauen wir den Film, mein Kopf liegt auf seiner Brust und ich fühle mich unsagbar geborgen und beschützt.
„Sie fehlen dir sehr, oder?“ sagt er plötzlich leise und ich sehe ihn an.
„Ja, jeden Tag.“ Gebe ich zu „Immer wenn ich mit Ally und Liam zusammen war, dann war es lustig und zugleich beruhigend.“ Ich lächle.
„Liam war immer so besorgt um mich, er hat aufgepasst das ich mir Studium nicht zu viel zumute. Er hat mich abgehört und mir geholfen, auch wenn er von der Materie keine Ahnung hatte und Ally hat eigentlich immer gelacht. Sie war ein Wirbelwind und Liam der ruhige Pol. Als Jake geboren wurde, da war er so stolz auf Ally. Er hat ihr jeden tag gezeigt wie sehr er sie liebt und das er nicht eine Sekunde bereut. Als sie erfahren haben das Ally mit 33 wieder schwanger ist, da haben sie alle Freunde eingeladen und es groß gefeiert. Jake war anfangs nicht begeistert, aber Liam hat viel mit ihm darüber gesprochen und als Neal geboren wurde, da war er ein wirklich stolzer großer Bruder.“ Ich stütze meinen Kopf auf meinen Ellenbogen ab und sehe ihn an. „Liam und Ally waren toll. Das Schicksal ist unfair.“
„Meinst du, sie würden das hier gut finden?“ er betrachtet mich und fährt mit seinem Zeigefinder meine Lippen nach. Es kribbelt und ich lächle.
„Liam würde dich erst einmal in Kreuzverhör nehmen um zu prüfen, ob du es wirklich ernst mit mir meinst…“ ich küsse ihn sanft „Und Ally würde es gut finden. So lange ich glücklich bin, hat sie mir alle Freiheiten gelassen.“
Er zieht mich fest in seine Arme und küsst mich leidenschaftlich. „Ich. Will. Dich.“
„Oh Ash.“ Stöhne ich als er das Hemd langsam aufknöpft.
„Babe.“ Raunt er und küsst verlangend meine Brüste.
Langsam befreit er mich von meinem Slip. Ich ziehe ihm seine Shorts runter und er setzt sich auf, so dass ich auf seinem Schoß sitze. Er zieht das Haargummi aus meinen Haaren und sie fallen wie ein weicher Wasserfall über meine Schultern bis unter die Schulterblätter.
Er gleitet in mich und ich recke ihm mein Becken weiter entgegen. Er nimmt mich gefühlvoll und quälend langsam.
Ich merke wie sich kleine Schweißperlen auf meiner Brust bilden und Ashton sieht mich mit funkelnden Augen an.
„Komm Babe.“ Sagt er leise, endlich komme ich.
Oh, welch süße Erlösung…
Auch er kommt und ich kuschele mich an ihn.
„Das ist der schönste Ort auf der ganzen Welt.“ Sage ich andächtig.
„Wo?“ fragt er leise.
„Hier in deinen Armen.“ Erwidere ich und er hält mich fest an sich gepresst.
„Ja.“ Haucht er und ich merke wie müde ich bin.
Ich schließe meine Augen und bin schon kurz darauf fest eingeschlafen.
Am nächsten Tag ist Neal Tag und wir fahren alle in den Zoo nach Cork. Neal ist begeistert und auch Jake macht es sichtlich Spaß.
Ashton und ich schlendern Hand in Hand mit meinen Kindern durch den Zoo.
Es ist perfekt.
Zu perfekt?
Noch immer kann ich nicht glauben, dass alles hier wahr ist und das Ashton mich wirklich liebt.
Das Leben auf dem Schloss ist so entspannt wie ich es mir nie hätte vorstellen könne und ich lerne die Dienste von Kerry hin und wieder zu schätzen. Neal mag sie und Ashton und ich haben so auch mal ein wenig Zeit für uns.
Die Zeit rinnt mir durch die Finger…
Ich stehe in meinem Zimmer und sehe in den Garten, heute regnet es und Lady Georgina ist wieder da. Sofort ist eine ganz andere Stimmung im Schloss und ich frage mich, ob sie das beabsichtigt. In zwei Tagen geht der Flieger mit mir und den Jungs zurück in den Staaten, wie schnell doch die drei Wochen vergangen sind.
„Hey Babe.“ Ashton umarmt mich von hinten.
„Hey Ash.“ Ich drehe mich in seinen Armen und küsse ihn hingebungsvoll.
„Was wird denn das?“ fragt er gespielt schockiert.
„Nimm. Mich.“ Flüstere ich ihm in Ohr.
Er sieht mich an und ich sehe die Lust in seinen Augen aufflackern.
Wir können nicht genug voneinander bekommen und ich kann mir nicht vorstellen, dass es jemals genug sein kann.
Er schiebt mich zu Couch und schiebt meinen Rock hoch, er zieht ungeduldig mein Höschen runter und öffnet seine Hose.
Er dringt in mich ein und ich kralle mich an seinen Schultern fest. Da ist nicht wirklich Zärtlichkeit im Spiel, nur die Lust und die Erfüllung die wir wollen.
Es dauert auch nicht lange und wir beide finden unsere Erlösung.
Ich ziehe mich lächelnd meinen Slip an dun er zieht sich seine Hose wieder hoch.
Er beugt sich zu mir und küsst mich sanft.
„Ich liebe Dich.“ Sagt er andächtig.
„Ich…“ setze ich an und wir werden von einem klopfen unterbrochen. Augenblicke später steht Percy in der Tür, er war die ganze Zeit mit Lady Georgina unterwegs und irgendwie sieht sein Gesicht nicht sehr erfreut aus.
„Lady Georgina möchte sie sprechen Miss Slater.“ Er verbeugt sich leicht.
„Jetzt?“ Ashton sieht ihn fragend an.
„Ja, sofort.“ Percy sieht zu mir und deutet in den Flur.
„Ich habe jetzt eine Flugstunde mit Jake. Wir sehen uns zum Abendessen.“ Er küsst mich kurz „DU schuldest mir noch eine Antwort.“ Er zwinkert mir zu.
Ich folge Percy zu einem Büro und wir treten gemeinsam ein. „Nehmen sie Platz Miss Slater.“ Sagt Lady Georgina und ich setze mich.
Sie reicht mir einige Blätter über den Tisch.
„Was ist das?“ frage ich erstaunt. Ich überfliege die ersten Zeilen und sehe sie ungläubig an.
„Sie wollen mir die Jungs weg nehmen?“ frage ich sie geschockt.
„Ich will nicht nur, ich werde.“ Sagt sie kalt „Ich hatte einige Treffen mit den Anwälten unserer Familie. Mit sofortiger Wirkung wird ihnen das Sorge- und Aufenthaltsbestimmungsrecht für Neal Calvin MacKenzie und Jacob Daniel MacKenzie entzogen. Wir sind seine Familie und die beiden haben Anspruch auf eine angemessene Ausbildung und den Titel. Sie werden hier in Irland bleiben, während sie noch heute in die Staaten zurück fliegen.“ Sie reicht mir einen Stift „Mit ihrer Unterschrift bekräftigen sie das Ganze nur, glauben sie mir…“ sie sieht mich von oben herab an „Die Jungs haben etwas Besseres verdient, als wir bei einer gewöhnlichen Krankenschwester aufzuwachsen und Ashton hat sowiso Besseres verdient.“
Ich starre sie an.
Das kann sie nicht gesagt haben…
Sie nimmt mir Neal und Jake weg…
Sie nimmt sie mir weg, einfach so…
Ich springe auf.
„Ich unterschreibe gar nichts.“ Schreie ich sie an.
„Wie sie meinen, das müssen sie nicht. Die Entscheidung ist bereits von einem irischen Gericht getroffen worden.“ Sie steht auf und deutet auf die Tür „Percy wird sie jetzt in ihr Zimmer begleiten und sie dann zum Flughafen fahren. Sie sind nicht länger Gast auf Newborough Castle.“ Sie sieht zu Percy und er deutet auf die Tür.
Ehe ich mich versehe sitze ich in einem Wagen in Richtung Flughafen. Ich kann mich nicht einmal verabschieden.
Ich lasse hier alles zurück was ich liebe…
Mein kleiner, süßer, unschuldiger Neal.
Mein starker, kluger Jake.
Und Ashton, der Mann ich so sehr liebe und dem ich es nicht einmal mehr sagen kann.
Ich weine bittere Tränen.
Das Leben ist ungerecht.
Am Flughafen werde ich wie ein Gepäckstück abgeliefert und der Fahrer geht sicher, dass ich auch ja in das Flugzeug steige. Dann versinkt Irland unter mir in der Dunkelheit und mein Herz krampft sich zusammen.
Der Flug geht viel zu schnell vorbei und plötzlich stehe ich mutterseelenallein in Saint Cloud am Flughafen.
´Was mache ich jetzt nur? ` frage ich mich immer wieder verzweifelt.
Ich greife nach meinem Telefon und rufe Jay an. Er ist der einzige Mensche den ich jetzt sehen möchte.
Nach dem dritten Klingeln geht er ran.
„Jay hier.“ Meldet er sich fröhlich.
„Oh Jay.“ Weine ich.
„Nat? Bist du das?“ fragt er schockiert.
„Ja, sie hat sie mir weg genommen. Ich bin ganz allein.“ Schluchze ich verzweifelt.
„Ich verstehe nicht. Wo bist du?“ fragt er eindringlich.
„Am Flughafen.“ Wimmere ich.
„Hier in Saint Cloud?“ harkt er nach.
„Ja, bitte komm zu mir.“ Weine ich.
„Ich bin gleich da.“ Verspricht er und legt auf.
Ich setze mich in den Abholbereich auf meinen Koffer und kann nicht aufhören zu weinen.
Jay kommt eine halbe Stunde später und nimmt mich erst einmal in seine Arme. Er bugsiert mich sanft zu seinem Auto und fährt mich ohne viele Fragen zu stellen zu sich und Kayli.
Kay steht in der Haustür als wir kommen und übernimmt mich.
Sie setzt mich auf die Couch und Jay bringt mir eine Tasse Tee.
„Was ist passiert?“ er nimmt meine Hand.
„Sie hat mir die Jungs weg genommen.“ Schluchze ich abgehackt. Ich bin kaum in der Lage einen vernünftigen Satz heraus zu bekommen.
„Wer denn?“ er sieht mich verständnislos an.
„Liams Mutter.“ Weine ich „Sie hat sich alles von einem irischen Gericht bestätigen lassen. Sie hat meine Jungs.“
„Wir gehen morgen zum Anwalt, so einfach kann sie das nicht machen.“ Er zieht mich in seine Arme.
„Ich will sie nicht verlieren.“ Ich sehe ihn verzweifelt an.
„Wir werden alles dafür tun, dass du sie zurück bekommst.“ Verspricht er mir.
„Wie kann sie so etwas nur tun?“ ich sehe ihn an und er schüttelt den Kopf.
„Ich weiß es nicht Kleines, ich weiß es wirklich nicht.“
„Du bist für die Beiden eine tolle Mum.“ Sagt Kay leise und ich sehe sie überrascht an. Denn wie schon erwähnt, wir stehen uns nicht sehr Nahe. Ich glaube sie versteht meine Beziehung zu Jay nicht und wenn ich jetzt so nachdenke, weiß ich nicht, ob ich es gut finden würde, wenn Ashton eine solche enge Freundin hätte…
„Es tut mir Kay.“ Ich zucke hilflos mit den Schultern „Es tut mir wirklich leid.“
„Es muss dich nicht leid tun.“ Erwidert sie.
„Doch Kay, du musst mich immer als Eindringling gesehen haben. Aber ehrlich Kay, das bin ich nicht. Jay ist seit 8 Jahren mein bester Freund, aber dich liebt er. Ich meine, er geht wegen dir nach New York.“ Ich sehe zwischen den beiden hin und her.
„Danke Nat.“ sagt Kay ehrlich und nimmt mich in den Arm und zum ersten Mal habe ich nicht das Gefühl der Eiswand zwischen uns.
„Jetzt erzähl uns doch bitte Mal ganz genau, was passiert ist.“ Bittet Jay mich und ich erzähle ihm von dem Gespräch mit Lady Georgina.
„Wer ist Ashton?“ fragt Kay leise als ich fertig bin.
„Er ist der Mann den ich liebe.“ Ich verberge mein Gesicht in meinen Händen „Und ich habe es ihm nicht einmal sagen können.“
„Er weiß es…“ Jay wiegt mich in seinen Armen „Er weiß es Kleines.“ Versucht er mich zu beruhigen.
„Neal und Jake, sie werden denken, ich habe sie im Stich gelassen.“ Schluchze ich an seiner Brust.
„Nein Kleines, die beiden wissen wie viel sie dir bedeuten.“ Er haucht mir einen Kuss auf die Haare.
Irgendwann schlafe ich vor Erschöpfung ein und als ich wach werde brauche ich einen kleinen Moment um zu wissen wo ich bin und wieso ich hier bin.
Diese paar Sekunden sind schön, alle schlimmen Gedanken sind so weit weg…
Dann bricht es über mich hinein und ich schluchze haltlos in die Kissen.
Ich will zu Jake!
Ich will zu Neal!
Ich will zu Ashton!
Kay kommt leise ins Zimmer und setzt sich zu mir aufs Bett, sie streicht mir beruhigend über den Rücken und versucht so, dass ich mich wenigstens etwas beruhige.
Ich kann nicht… Mein Körper will mir einfach nicht gehorchen und ich verbringe die nächste Woche nur im Bett.
„Komm Kleines, du musst jetzt aufstehen.“ Jay kommt ins Zimmer und öffnet die Vorhänge. „Wir haben jetzt einen Termin beim Anwalt.“ Er zieht mir die Decke weg und sieht mich prüfend an. „Also, erst einmal brauchst du eine Dusche und einen Kamm.“ Er nimmt mich auf den Arm und setzt mich im Bad vor der Dusche ab.
„Geh duschen Kleines, ich hole dich in 30 Minuten.“ Er drückt mir einen Kuss auf die Stirn und ich fange an mich aus meinen Klamotten zu schälen. Die Dusche tut gut, langsam fängt mein Körper wieder an mir zu gehorchen. Als ich aus der Dusche trete liegen frische Anziehsachen auf dem Badschrank und nachdem ich mich abgetrocknet habe, ziehe ich sie mir an. Ich sehe in den Spiegel und die Frau die mich ansieht ist nur noch ein Schatten meiner selbst. Meine Augen haben tiefe Augenringe, sie sind rot und brennen. Ich föhne meine Haare und binde sie mir zusammen.
„Bist du fertig?“ Jay klopft an die Tür und ich komme heraus.
„Schon viel besser.“ Lobt er mich und nimmt mich in den Arm. „Kay begleitet uns.“ Er sieht mich an und ich nicke. Ein paar Minuten später sitze ich hinter Kay und ihm auf der Rückbank und wir fahren zu dem Anwalt, der mir damals schon bei der Sorgerechtsverhandlung geholfen hat.
„Alles wird gut.“ Verspricht mir Jay als wir in das Büro gerufen werden.
Warum nur kann ich ihm nicht glauben?
Ganz einfach, weil ich im Innersten weiß, das das was die Lady abgezogen hat, zu meinem Nachteil hieb und stichfest sein wird.
„Nehmen sie Platz Miss Slater.“ Mr. Cunning nickt mir zu und ich setze mich zwischen Jay und Kay auf einen der Stühle.
„Miss Slater…“ setzt Mr. Cunning an und ich sehe auf „Es tut mir wirklich leid, ich habe alles versucht, was in meiner Macht stand. Aber die Jungs sind ins irische Rechtssystem übertragen worden und ich kann nichts für sie tun. Die Entscheidung wurde von einem hohen irischen Gericht getroffen…“ er sieht mich bedauernd an „… mir sind die Hände gebunden.“
Ich breche nicht wie erwartet in Tränen aus, denn ich habe damit gerechnet.
„Vielen Dank Mr. Cunning.“ Sage ich leise und beherrscht. Meine Stimme klingt so gar nicht mehr nach mir.
Ich stehe auf und Jay folgt meinem Beispiel.
Im Flur sieht er mich prüfend an.
„Es tut mir so leid Nat.“ ich merke wie sehr auch ihm die Situation zu schaffen macht.
„Ich habe es geahnt.“ Gebe ich zu „Ich will nach Hause, ich kann euch nicht länger belasten.“ Ich sehe zu Kay und sie winkt ab. „Nein ehrlich Kay, ihr habt noch so viel zu erledigen wegen dem Umzug und ich muss sehen, das ich mein Leben wieder auf die Reihe bekomme.“ Erkläre ich den Beiden.
„Aber Nat…“ setzt Jay an.
„Nein Jay, ich will wirklich nach Hause.“ Sage ich bittend.
„Okay.“ Er nimmt mich in den Arm und wir gehen zum Auto.
„Ich hole deine Sachen.“ Jay lässt mich vor dem Appartement raus.
„Nein, es reicht, wenn du sie mir die nächsten Tage vorbei bringst, ich brauche einfach ein bisschen Zeit für mich.“ Ich steige aus und sehe ihn traurig an.
„Bist du sicher?“ fragt Kay besorgt.
„Ja.“ Ich nicke leicht und mache mich dann auf dem Weg durch die Anlage. Als ich den Schlüssel im Schloss herum drehe, ist es, als würde mein Herz in einem Schraubstock stecken. Ich öffne die Tür und trete in die Wohnung. Überall liegen Neals Spielsachen und ich merke wie mir die Tränen in die Augen steigen. Ich nehme den Stapel ungeöffneter Post, der im Flur liegt und gehe in die Küche. An der Pinnwand strahlt mich Neals fröhliches Bild an und ich nehme es in die Hand.
Mein kleiner Neal…
Ich setze mich an den Tisch und beginne zu weinen, alles was mein Leben in den letzten Jahren ausgemacht hat ist fort. Ich bin alleine.
Das erste Mal in meinem ganzen Leben bin ich wirklich und wahrhaftig ganz alleine…
Ich wische mir die Tränen weg und beginne aufzuräumen. Ich packe Neals Spielsachen in eine Kiste und stelle sie in sein Zimmer, dann sammele ich Jakes Sachen ein und verstaue auch diese in seinem Zimmer. Das alles tue ich ohne darüber nachzudenken, ich fühle mich ferngesteuert und das Atmen fällt mir schwer, so groß ist der Schmerz.
Zusammengrollt schlafe ich irgendwann auf meiner Couch ein.
„Mummy warum hast du mich alleine gelassen?“ Neal steht vor mir und sieht mich tränenüberströmt an.
„Warum bist du gegangen?“ Jake erscheint neben ihm und sieht mich verzweifelt an.
„Du hast mir nicht einmal gesagt, dass du mich liebst. Wie konntest du nur einfach gehen?“ Ashton steht hinter den beiden Jungs und sein Blick ist voller Vorwürfe.
„Ich wollte nicht gehen!“ rufe ich und sitze aufrecht auf der Couch. Heiße Tränen laufen über mein Gesicht.
Ich wollte nicht gehen!
Ich wollte euch nie verlassen!
Ich kuschele mich in meine Decke und schalte den Fernseher ein. Ich konnte die Menschen dich sich hängen und gehen lassen nie verstehen, aber jetzt tue ich es… Ich habe einfach nicht die Kraft mich aufzuraffen. Ich fühle mich, als würde ich dahin treiben und immer weiter von meinem eigentlichen Kurs abkommen.
Ich weiß nicht einmal mehr ob wir Tag oder Nacht haben, denn ich habe die Vorhänge zu gezogen. Ich bewege mich nur, wenn es unbedingt nötig ist und ansonsten sehe ich mir die Fotos von Neal, Jake, Liam und Ally an und versuche zu begreifen was geschehen ist…
Es klopft leise und ich rappele mich auf und gehe zur Tür. Jay sieht mich besorgt an.
„Gott, dir geht es gut.“ Er nimmt mich erleichtert in den Arm.
„Geh wieder.“ Sage ich abweisend und er sieht mich erstaunt an.
„Ich werde nirgendwo hin gehen.“ Er schiebt sich an mir vorbei in die Wohnung.
„Bitte.“ Erwidere ich schwach.
„Nein Natalie, du musst zur Arbeit. Sie warten nicht ewig auf dich und wenn du nicht wieder auftauchst, dann entlassen sie dich.“ Er zwingt mich ihn anzusehen. „Hast du in den letzten Tagen was gegessen?“ er zieht eine Augenbraue hoch.
Essen?
In meinem Magen liegt ein zentnerschwerer Betonklotz, ich bekomme einfach nichts runter.
„Nein, ich habe keinen Hunger.“ Erkläre ich lapidar.
„Komm Nat…“ er zieht mich auf einen Stuhl und geht vor mir in die Hocke. „… Lebe weiter.“ Sagt er eindringlich und ich sehe ihn an.
„Wie denn?“ frage ich leise.
„Nat, nimm dein Leben in die Hand. Glaubst du die Jungs wollen, das du zu Grunde gehst?“ seine Augen durchbohren mich.
„Ich träume jede Nacht von ihnen, sie machen mir Vorwürfe.“ Die ersten Tränen beginnen wieder zu laufen.
Es ist erstaunlich wie viele Tränen ein einzelner Mensch zu Verfügung hat…
„Die Beiden würden dir niemals Vorwürfe machen.“ Seine Stimme ist sanft, aber dennoch bestimmend. „Steh auf und lebe Nat!“
„Ich weiß nicht…“ setze ich an.
„Doch Nat, du weißt, was du tun musst…“ er legt seinen Kopf schief.
„Ich kann nicht einfach da weiter machen, wo ich vor zwei Jahren Aufgehört habe.“ Schluchze ich.
„Natürlich nicht, aber beende unerledigte Sachen…“ er steht auf und reicht mir einen Stapel der ungeöffneten Post. „… Wir fangen gleich an.“ bestimmte er und tatsächlich fange ich an die Briefe zu öffnen und Schecks auszustellen.
„Hier ist ein Brief von Neals Kindergarten. Du solltest Miss Daily anrufen.“ Er reicht mir das Telefon und ich stelle fest, dass es tot ist.
„Abgeschaltet.“ Jay hält einen Brief hoch.
Ich nehme mein Handy zur Hand.
„Das funktioniert auch nicht, dein Akku ist leer.“ Er sieht auf das Display und reicht mir sein Handy.
Nach nur einem Klingeln geht Miss Daily ran.
„Guten Tag Miss Daily, hier ist Natalie Slater.“ Meine Stimme klingt heiser und ich räuspere mich.
„Oh Miss Slater. Wann kommt Neal denn wieder?“ fragt sie fröhlich.
„Gar nicht…“ ich atme tief ein und aus „… Neal lebt jetzt in Irland.“ Füge ich erklärend hinzu.
„Oh. Und sie sind hier?“ fragt sie verwirrt.
„Ja, ich habe nicht mehr das Sorgerecht.“ Ich merke wie heiße Tränen in mir aufsteigen.
„Das tut mir unendlich leid…“ erwidert sie betroffen „… Ich werde das mit unserem Vorstand klären, sie brauchen die letzte Rechnung nicht bezahlen und sie werden auch keine weiteren erhalten. Es tut mir wirklich sehr leid Natalie.“
„Ich danke ihnen Miss Daily.“ Ich schlucke schwer.
„Ich wünschen ihnen alles Gute.“ Sagt sie noch hastig und ich lege auf.
„Die Rechnung vom Kindergarten kann ich weg werfen.“ Sage ich zu Jay und er nickt kurz.
„Melde Jake auch gleich in der Schule ab, dann hast du es hinter dir.“ Redet er mir gut zu und wählt die Nummer.
„Meadows Park High School.“ Meldet sich eine ältere Dame.
„Guten Tag, mein Name ist Natalie Slater, ich möchte Jacob Daniel MacKenzie von ihrer Schule abmelden.“ Sage ich mit zittriger Stimme.
Das macht alles so endgültig.
„Den Namen bitte noch einmal und das Geburtsdatum.“ Ertönt die Stimme freundlich und ich schluchze auf.
Jay nimmt mir das Handy ab und klärt alles Weitere.
Nachdem das erledigt ist, steht er auf und öffnet die Vorhänge, die Sonne scheint ins Zimmer und ich kneife meine geschundenen Augen zusammen.
„Geh duschen und zieh dich an.“ sagt Jay leise und schiebt mich ins Bad.
Neals Zahnbürste liegt noch auf dem Waschbeckenrand und ich nehme sie in die Hand.
„Oh mein kleiner Neal.“ Schluchze ich.
Ich ringe mich dennoch dazu durch duschen zu gehen und wieder einmal starrt mich im Spiegel eine Frau an, die ich nicht erkenne. Mein Gesicht ist eingefallen und meine Augen starren mich leer an.
Ich föhne meine Haare ohne weiter auf die Frau im Spiegel zu achten und flechte mir einen Zopf.
Als ich heraus komme hat Jay ein kleines Frühstück gemacht.
„Du musst was essen Nat, du bist seit 2 Wochen wieder hier und ich habe dich in der ganzen Zeit nicht einmal wirklich was Essen gesehen. Nat so geht das nicht.“ Er schiebt mir einen Teller mit Toast hin und ich esse ihm zum Gefallen eine Scheibe.
„Ich habe mit der State University telefoniert, du kannst in drei Wochen dein letztes Semester machen. Ich habe ihnen erklärt, das du nebenbei arbeitest und sie werden versuchen dich in Kursen unter zu bringen, die maximal bis 14 Uhr gehen. Dann kannst du ab 15 Uhr die Spätschicht machen.“ Er sieht mich an und ich fühle mich völlig überfahren.
„Wie soll ich das schaffen?“ ich sehe ihn mit großen Augen an.
„Du schaffst das Nat, du hast schon andere Sachen hin bekommen.“ Redet er mir gut zu.
Ich nicke, obwohl ich meine Zweifel habe. Im Moment schaffe ich es ja nicht einmal in mein Bett zu gehen, geschweige denn, am normalen Leben teil zu nehmen und ich soll wieder an die Uni gehen?
„So, komm Kleines. Wir müssen los.“ Jay zieht sich seine dünne Jacke an und ich angele mir meine Sweatjacke von Hacken.
Als wir im Krankenhaus ankommen sehen mich die Kollegen an, als käme ich von einem anderen Stern.
Ich gehe in die Umkleiden und ziehe mich um, als ich in meiner rosanen Schwesternuniform zurück komme spricht Jay gerade mit ihnen.
Missy kommt gleich zu mir.
Was macht sie denn auf der Neurologie?
„Es tut mir so leid Natalie…“ sie nimmt mich in ihre Arme und ich atme tief aus.
„Danke Missy.“ Gebe ich zurück.
„Jay hat mir erklärt, dass du dein Studium beenden willst. Ich werde dafür sorgen, das dein Dienstplan angepasst wird.“ Sie nickt mir zu.
„Das ist lieb. Danke Missy.“ Gebe ich zurück und sie sieht mich mit Tränen in den Augen an.
„Ich muss wieder ins Büro, wenn was ist, dann sage es mir.“ Bittet sie mich und ich nicke leicht.
Ich bitte meine Kollegeneindringlich, mich ganz normal zu behandeln, denn nur so kann ich mich wieder in meinem Leben zu Recht finden und sie alle versprechen es mir.
Die ersten Tage gehen mir eher schleppend von der Hand, von der jungen Schwester, die immer einen lustigen Spruch auf Lager hatte ist nichts mehr übrig. Ich bin wie eine Hülle, mein Innerstes ist leer und ich funktioniere nur noch.
Dann ist es auch schon so weit, Jay und Kay ziehen um… Den ganzen Tag tragen wir Kartons, Kisten und kleine Möbel in den Transporter. Ich wage es nicht die Beiden an zu sehen, ich habe Angst, das ich dann wieder anfange zu weinen. Man sollte wirklich meinen, wenn man 5 Wochen jeden Tag und jede Nacht weint, dann hätte man keine Tränen mehr… Dem ist nicht so.
Dann sind alle ihre Kartons verstaunt und Kay nimmt mich in den Arm.
„Wir sehen uns am Wochenende.“ Verspricht sie mir und streicht mir eine Strähne hinters Ohr.
„Ja.“ Ich drücke sie an mich.
Sie lässt von mir ab und steigt in den LKW. Jay sieht mich prüfend an und nimmt mich dann auch in den Arm.
„Immer regelmäßig essen…“ beschwört er mich „Du bist dünn geworden.“
„Ja.“ Sage ich leise und merke wie mir nun doch die Tränen in die Augen steigen.
„Ich bin immer für dich da.“ Verspricht er mir.
„Ich weiß.“ Schluchze ich.
„Ich hab dich so lieb meine Kleine.“ Er zieht mich ganz nah an sich heran. „Lebe dein Leben kleine Nat.“ flüstert er mir ins Ohr. „Versprich es mir.“
„Ich verspreche es.“ Ich lehne meinen Kopf an seine Brust.
Die letzten Wochen habe ich nur überstanden, weil er und Kay immer bei mir waren.
Und jetzt?
Wie soll ich es ohne sie schaffen?
„Ich habe Bob gebeten ein Auge auf dich zu haben.“ Er schiebt mich von sich, legt seine Hände auf meine Wangen und streicht mit den Daumen meine Tränen weg, dann sieht er mich lange an. „Geh auch mal wieder aus, geh zum Friseur und kaufe dir mal ein paar Klamotten die dir passen.“ Er zupft an meinem Oberteil herum. „Ruf mich an, wenn was ist. Egal zu welches Tageszeit.“
Ich nicke nur und wische meine Tränen beiseite.
„Jetzt fahrt schon, ihr habt 20 Stunden Fahrt vor euch.“ Ich gebe ihm einen Kuss auf die Wange und er klettert hinter das Lenkrad.
„Danke.“ Sage ich leise.
„Immer Kleines, immer.“ Er schickt mir einen Handkuss und dann stehe ich alleine auf der Straße vor ihrem alten Haus.
Ich setze mich in mein Auto und fahre in meine Wohnung.
Ich bleibe vor Neals Zimmertür stehen und ringe mit mir, seit Wochen war ich nicht in seinem Zimmer.
Zu sehr tut es weh…
Ich schüttele meinen Kopf und gehe ins Bad, ich habe nur noch eine Stunde ehe ich im Krankenhaus sein muss und durch den Umzug bin ich total verschwitzt.
Ich dusche und ziehe mich dann um.
Auf Station ist heute die Hölle los und so merke ich gar nicht, wie die Zeit vergeht. Bob hat mich wie versprochen im Blick und stellt mir zur Pause ein Sandwich vor die Nase.
„Robert.“ Sage ich strafend.
„Ich habe es ihm versprochen.“ Er lächelt schief.
„Ich weiß…“ ich atme lange aus und nehme schließlich das Sandwich. Ich beiße ab und sehe ihn an.
„Zufrieden?“ nuschele ich mit vollem Mund.
„Mit vollem Mund spricht man nicht, aber ja Nat, ich bin zufrieden.“ Er nickt mir leicht zu. „Wann geht die Uni los?“ er legt seinen Kopf schief und ich sehe ihn an.
Dr. Robert Hamisch, 65 Jahre jung und sollte eigentlich schon längst im Ruhestand sein, aber nein… Er ist ein wirkliches Genie im Bereich der Neurochirurgie und keiner möchte ihn gehen lassen, ganz abgesehen davon, dass er auch nicht gehen will.
„Übermorgen.“ Gebe ich zurück und er lächelt leicht.
„Du packst das Kindchen.“ Er zwinkert mir zu und lässt mich dann mit meinem Sandwich alleine.
Tja ich packe das?
Nach meinen ersten Tag an der Uni glaube ich alles, aber das nicht…
Es kommt mehr Arbeit auf mich zu wie ich befürchtet habe, über zwei Jahre raus aus der Materie hängen einem doch ganz schön nach.
Doch ich beiße mich durch, ich lerne in jeder freien Minute und finde den Anschluss wieder. Ich habe kaum Zeit zum durchatmen und das ist auch ganz gut so. Ich versuche mehrmals in Irland anzurufen, aber ich bekomme immer nur ein Besetztzeichen, ich schreibe E-Mails an Jake und Ash, aber diese bekomme ich postwendend zurück. Ich esse immer noch nicht wirklich viel und ich bekomme fast immer Bauchschmerzen wenn ich etwas esse, aber ich ignoriere es.
Ich fange an mich mit meiner, wieder einmal, neuen Lebenssituation abzufinden.
Ohne Jake.
Ohne Neal.
Und ohne Ashton.
Meinen Geburtstag will ich nicht feiern und dennoch tauchen Jay und Kay auf und versuchen mich aus meinem Schneckenhaus zu locken. Wir verbringen den Abend in einer kleinen Bar und ich versuche wirklich mein Bestes um die Stimmung nicht zu versauen. Die beiden merken aber schnell, das das nichts für mich ist und wir sitzen irgendwann alle auf meiner Couch, essen Eis und sehen Casablanca im Fernsehen. Ich genieße die drei Tage die sie hier sind in vollen Zügen und Jay ist stolz welche Fortschritte ich an der Uni mache.
Der Herbst zeigt sich von seiner stürmischen Seite und die braunen Blätter fallen zu Boden. Im Spiegel sieht mich immer noch jeden Morgen eine Frau an, die ich nicht kenne. Sie ist dünn geworden und ihre grünen Augen sind leer und ausdruckslos. Auch wenn Bob auf Arbeit überwacht, dass ich etwas esse, er ist nicht den ganzen Tag um mich herum. Ich koche nicht für mich alleine und an ausgehen will nicht einmal denken.
„So meine Lieben, Anfang Dezember geht es in die heiße Phase, bereiten sie sich bitte gut vor. Wenn sie es richtig anstellen, dann sind sie noch vor Weihnachten mit allem durch und dürfen in die weite Welt entlassen werden.“ Prof. Thomson lässt seinen Blick durch den Hörsaal gleiten „Ich wünschen ihnen allen viel Glück.“ Fügt er hinzu und dann packen wir alle unsere Laptops ein und drängen uns in den Flur.
„Miss Slater?“ ruft mich Prof. Thompson zu sich und ich gehe zu seinem Pult.
„Ja Prof. Thompson?“ ich sehe ihn fragend an.
„Sie haben noch keine Klinik angegeben an der sie ihr praktisches Jahr machen werden.“ Er sieht mich prüfend an.
„Ich denke, ich werde es am Park West Hospital machen. Ich arbeite dort bereits seit 2 ½ Jahren als Schwester in der Neurologie. Ich bin mir aber noch unsicher.“ Ich zucke leicht mit den Schultern.
„Sie brauchen eine schriftliche Zusage, sonst können sie ihr Abschlusszeugnis nicht bekommen.“ Er nickt und ich gehe den anderen hinterher in den Flur.
Ich greife zum Handy und rufe Jay an, in den letzten Wochen hat er mich immer wieder gebeten zu ihm und Kay nach New York zu kommen. Das Krankenhaus in dem er arbeitet hat einen ausgezeichneten Ruf und sie haben eine exzellente Neurochirurgie. Ich werde mich auf Neurochirurgie spezialisieren. Bob hat mich darauf gebracht, er freut sich wie ein kleiner Junge, das ich dieses Spezialgebiet gewählt habe. Aber erst einmal muss ich mein Assistenzjahr auf den anderen Stationen absolvieren.
„Hey Nat.“ begrüßt mich Jay fröhlich.
„Hey Du…“ ich atme tief durch „Steht dein Angebot noch mich im Bellevue Hospital Center unter zu bringen?“ frage ich zaghaft.
„Du willst wirklich zu uns kommen?“ erwidert er erstaunt.
„Hier hält mich nichts.“ Gebe ich zurück.
„Aber sicher, ich spreche morgen mit Riley, ich bin mir sicher wir bekommen das hin. Wann starten denn deine Prüfungen?“ ich erkenne an seiner Stimme wie sehr er sich freut.
„In drei Tagen, ich sollte bis Weihnachten fertig sein.“ Erkläre ich ihm.
„Alles klar, ich kläre hier alles ab. Wir telefonieren morgen Abend.“ Er scheint in Eile zu sein.
„Alles klar.“ Sage ich noch schnell und lege dann auf.
Ich fahre wie jeden Tag gleich von der Uni ins Krankenhaus. Bevor ich auf Station gehe, klopfe ich an Missys Büro.
„Ja bitte?“ ertönt es von innen und ich trete ein. „Natalie, schön dich zu sehen.“ Begrüßt sie mich freundlich. „Was kann ich für dich tun?“
„Ich werde ab Januar nicht mehr hier arbeiten, ich habe in den nächsten Wochen meine Prüfungen und dann werde ich mein Assistenzjahr in New York machen.“ Erkläre ich ihr ohne Umschweife und sie sieht mich wenig überrascht an.
„So etwas haben wir uns schon fast gedacht.“ Sie nickt lächelnd. „Wir haben dich schon ab dem 22. Dezember nicht mehr eingeplant.“
„Aber…“ setze ich an.
„Du vermisst Jason und auch Kayli. Ich habe mit Jason gesprochen und er hatte Recht, du entscheidest gerne mal etwas auf den letzten Drücker.“ Sie lächelt leicht. „Wir verstehen das, du hast ein sehr schlimmes halbes Jahr hinter dir und wir sehen, dass es dir nicht gut geht.“
„Danke.“ Sage ich gerührt.
Eigentlich dachte ich, die anderen durch mein sicheres Auftreten täuschen zu können.
Aber augenscheinlich ist mir das nicht halb so gut gelungen, wie ich gedacht habe.
„Hör zu Natalie, wir alle mögen dich und es ist wirklich Schade das du gehst, aber Mädchen…“ sie nimmt meine Hand „Wie viel hast du in den letzten Monaten abgenommen?“ sie zieht eine Augenbraue hoch.
„10 oder 15 Pfund.“ Sage ich leise.
„Wohl eher 20 Pfund, du wiegst bestimmt nicht mehr wie 50 Kilo.“ Sie sieht mich fragend an und ich sehe zu Boden.
Sie hat Recht, ich wiege nur noch 49 Kilo… es ist ja nicht so, als habe ich es darauf angelegt. Ich habe immer noch oft Bauchschmerzen und Magenkrämpfe, in den letzten Wochen auch immer wieder schlimme Kopfschmerzen.
„Dir geht es nicht gut, du bist meilenweit davon entfernt, das es dir gut geht und wenn Jason dir helfen kann, dann lassen wir dich gerne gehen. Wir können es nicht mehr mit ansehen, wie du vor unseren Augen zu Grunde gehst.“ Sie sieht mich eindringlich an.
„Danke.“ Hauche ich.
„Und jetzt geh nach Hause, die kommen heute ohne dich klar. Nimm dir das Wochenende frei.“ Sie nickt mir zu.
„Aber…“ setze ich an.
„Nein, nichts aber, du hast seit Anfang August jedes Wochenende gearbeitet. Nimm dir frei und schlaf dich Mal aus. Nimm dir Zeit für dich.“ Sie steht auf und ich erhebe mich auch.
„Lass nicht zu, dass es dich zerstört.“ Flüstert sie und öffnet die Tür. „Wir sehen uns Montag.“
Ich fahre also wieder mit dem Fahrstuhl in die Tiefgarage und bin 30 Minuten später zu Hause.
Ich lerne und lenke mich ein wenig mit fernsehen ab. Am Samstag fahre ich tatsächlich in die Stadt und kaufe mir ein paar neue Jeans, Pullover und Shirts. Meine alten Sachen passen schon lange nicht mehr, aber ich konnte mich nicht aufraffen. Ich schlafe wirklich viel und telefoniere mit Jay und Kay. Er hat einen Platz für mich ergattert, Riley verspricht mich unter seine Fittiche zu nehmen und die beiden fangen an, sich nach einem kleinen Appartement für mich in ihrer Nähe umzusehen.
Wow, ich werde n Assistenzjahr unter Dr. Riley Ford machen, einem Meister in der Neurochirurgie. Ich kann es kaum fassen.
Am 28. Dezember soll ich also nach New York ziehen.
Wow, New York… Wer hätte das jemals gedacht?
Sie scheinen sich sehr sicher zu sein, das ich meine Prüfungen bestehe.
Tja, was soll ich sagen. Ich bestehe sie, ich bestehe sie sogar mit Summa cum laude und ich bin wirklich stolz auf mich, als ich am 23. Dezember mein Zeugnis in den Händen halte. Nur leider sitzt niemand im Publikum der mit zujubelt. Niemand mit dem ich meinen Erfolg teilen kann, wieder einmal wird mir schmerzlich bewusst wie sehr ich Jake und Neal vermisse. An Ashton darf ich gar nicht denken, dann wird mein Herz so schwer, das ich denke es kann nie wieder heilen.
Wie kann man Menschen so sehr vermissen?
Nach dem offiziellen Teil fahre ich nach Hause, das erste Mal seit Wochen, das ich plötzlich so viel Zeit habe.
Ich sehe auf die vielen Kartons in meiner Wohnung. Langsam gehe ich den Flur entlang in mein Schlafzimmer und ich öffne meinen Kleiderschrank, mein Blick fällt auf den Koffer, den ich mit nach Irland hatte.
Ich habe ihn nicht ausgepackt…
Ich hatte einfach nicht die Kraft dazu.
Ich wuchte ihn aus dem Schrank und ziehe langsam den Reißverschluss auf. Alles ist zusammen gelegt und die Sachen sehen aus als wären sie erst gestern hinein gelegt worden.
Dabei liegen sie schon seit genau 6 Monaten, 1 Woche und 3 Tagen da drin.
Ja, ich zähle die Tage… Ich zähle jeden einzelnen Tag seitdem ich von ihnen getrennt bin.
Ich sehe sie immer noch in meinen Träumen, sie machen mir keine Vorwürfe mehr, sie weinen nur noch und sie verblassen immer mehr.
Ich nehme die Stapel heraus und mein Blick fällt auf ein weißes Hemd.
Ashtons Hemd…
Ich nehme es wie einen Schatz heraus und rieche daran, es riecht noch ein wenig nach ihm. Ich ziehe mir meine Sachen bis auf meinen Slip aus und schlüpfe hinein. Unter Tränen schließe ich meine Augen…
„Ich vermisse dich so sehr.“ Flüstere ich.
Ich gehe in den Flur und schließe die Tür zu Neals Zimmer auf, langsam gehe ich hinein und öffne die Vorhänge. Ich lasse mich auf sein Bett sinken und ziehe seinen Stofftiger in meine Arme.
Ich weine so lange bis ich zu erschöpft bin, um weiter zu weinen…
Irgendwann rappele ich mich auf und gehe in Jakes Zimmer, bald werde ich nicht mehr die Möglichkeit haben ihnen so nah zu sein…
In einer Woche wohne ich in New York und ich habe immer noch nicht beschlossen, was mit ihren Sachen geschehen soll.
Ich lasse mich auf Jakes Bett sinken und lege mich auf den Rücken, dann drehe ich mich um und sehe zu seinem Nachttisch, ein Bild von mir, Neal und ihm steht dort und ich drücke es an mein Herz.
„Ich hoffe es geht euch gut.“ Bete ich.
Ich verbringe die kompletten Feiertage in den Zimmern der Jungs. Ich sehe mir alte Videoaufnahmen von ihnen, Ally und Liam an. Die ganze Zeit war ich nicht in der Lage das zu tun, aber nun brauche ich es einfach. Ich muss mir in Erinnerung holen wie toll meine beide Jungs waren und wie toll sie wahrscheinlich immer noch sind.
„Kleines? Wo bist du?“ ertönt Jay Stimme und ich rolle mich auf Jakes Bett zusammen.
Wollte er nicht erst in 2 Tagen kommen?
Wir haben doch heute erst den 26. Dezember.
Ich schluchze auf.
„Danke, dass sie mich rein gelassen haben.“ Verabschiedet er sich von jemandem und kommt zu mir in Jakes Zimmer.
„Hey…“ er legt sich zu mir ins Bett und nimmt mich in den Arm.
„Es zerreißt mich, ich will die Beiden wieder haben. Sie fehlen mir so unendlich und ich kann ihre Sachen nicht einfach hier lassen.“ Weine ich.
„Wir nehmen alle ihre Sachen mit.“ Verspricht er mir. „Wir stellen sie bei mir und Kay unter, so lange bis die Jungs sie wieder bekommen.“
„Ich werde meine Jungs nie wieder sehen.“ Ich sehe ihn unter Tränen an „Und Ashton auch nicht. Wahrscheinlich hat er schon jemand anderes kennen gelernt.“
„Nein, nein…“ er wiegt mich in seinen Armen „… So etwas darfst du nicht denken. Du wirst sie wieder sehen und wenn Ashton dich wirklich liebt, dann wartet er. Er wird wissen, das du irgendwann kommst.“
„Ich schaffe es nicht hin zu fliegen.“ Weine ich „Ich will so gerne, aber ich habe solche Angst. Was hat sie ihnen wohl erzählt?“
„Wenn du stark genug bist, dann holen wir deine Jungs wieder.“ Er küsst meine Stirn.
„Versprochen?“ frage ich leise.
„Ganz fest versprochen.“ Erwidert er und ich kuschele mich an seine starke Brust.
Am nächsten Morgen kommt Kay und wir packen alle Sachen ein, die Zimmer der Jungs sehen ohne ihre persönlichen Sachen leer und unbewohnt aus. Die Möbel habe ich einer Stiftung gespendet, denn ich habe einfach keinen Platz und Jay auch nicht.
Dann machen wir uns auf die lange Fahrt nach New York und trotz allen, dass ich mich wirklich schlecht fühle, wird die Fahrt ganz unterhaltsam. Wir spielen alte Kinderautospiele alá welche Farbe hat das nächste Auto oder bei einem Käfer wird geknufft.
Ganz früh am nächsten Morgen erreichen wir New York, das Krankenhaus ist in Manhattan, aber das Appartement welches mir Kay und Jay besorgt habe ist wie ihr Haus in Harrison, ein wenig außerhalb.
Jay holt meinen Apartmentschlüssel aus der Tasche und wir treten in mein neues zu Hause. Es ist nicht sehr groß, ein Schlafzimmer, eine Kombination aus Wohnzimmer und Küche, ein Bad und ein kleines Zimmer. Aber alles ist neu gemalert worden und die Fußböden sind aufgearbeitet worden.
„Danke, es ist wirklich schön.“ Ich drehe mich zu den Beiden um und bestaune dann wieder die helltürkise Wandfarbe.
„Neals Lieblingsfarbe.“ Sagt Jay und ich nicke mit Tränen in den Augen. „Wir haben dein Schlafzimmer in orange gestrichen. Jake würde es lieben.“ Er zwinkert mir zu und ich betrete den kleinen Raum. Meine Schritte hallen wieder, denn es steht noch nicht ein einziges Möbelstück hier drinnen. Ich habe noch in Saint Cloud mein Auto verkauft um mir ein paar neue Möbel kaufen zu können. Ich hoffe wirklich ich werde mich hier irgendwann ein bisschen heimisch fühlen.
„In nur 10 Minuten bist du zu Fuß bei uns.“ Kay nimmt mich in den Arm. „Wir haben ein paar Freunde angerufen, sie helfen uns beim ausladen. Willst du dir hier eigentlich wieder ein Auto kaufen?“
„Ich denke eher nicht.“ Ich sehe zu Jay und er lächelt „Ich habe ja eine Mitfahrgelegenheit und wenn nicht, dann fährt bestimmt die U-Bahn.“ Ich sehe sie fragend an und sie nickt.
„Die Station ist nur 5 Minuten entfernt.“ Erklärt sie mir.
Es kommen ein paar Männer und ehe ich weiß was passiert, sind auch schon alle Kisten in der Wohnung und die Möbel zum großen Teil aufgebaut.
Ich bin wirklich in New York?
Niemals hätte ich das für möglich gehalten…
Zum Abendessen bestellen wir uns eine Pizza und essen sie auf der Dachterrasse, mit welcher mich Jay überrascht hat. In der Ferne kann man Queens sehen und ich kann kaum fassen, wie groß diese Stadt ist.
Ich sinke müde in meine Kissen, als sich die Beiden verabschieden und beschließe am nächsten Tag weiter auszupacken.
Ich träume nichts in dieser Nacht und als ich um 10 Uhr aufstehe, beginne ich tatsächlich meine Kisten und Kartons auszupacken.
Am Nachmittag kommt Jay vorbei und staunt nicht schlecht.
„Und fühlst du dich schon wie zu Hause?“ er sieht mich an und ich seufze.
„Es wird ohne Jake und Neal niemals ein zu Hause sein.“ Sage ich leise.
„Ich bin wirklich stolz auf dich.“ Jay klopft neben sich aufs Sofa. „Ich habe mich mit Kay unterhalten, wir haben ein paar Ersparnisse und wir wollen dir gerne die Reise nach Irland bezahlen…“ er sieht mich an und ich reiße meine Augen auf.
„Bevor du jetzt was sagt…“ er hebt die Hand „Ich werde mitkommen, ich werde aufpassen und dir zur Seite stehen. Ich weiß, dass die Assistenzärzte in den ersten 5 Monaten Urlaubssperre haben. Also werden wir erst im Juni fliegen können. Bitte Kleine, nimm das Geschenk an.“ er nimmt meine Hände in seine.
„Du kommst mit?“ frage ich leise.
„Ja, ich werde mitkommen.“ Verspricht er mir. „Das ist unser Weihnachtsgeschenk an dich.“
„Danke.“ Flüstere ich und umarme ihn. Alleine hätte ich mindestens ein Jahr gebraucht um mir den Flug und die Reisekosten zusammen zu sparen…
Sylvester lasse ich mich von Jay überreden mit ihm und Kay zum Timesquare zu fahren. Wir stehen in der jubelnden Menge und begrüßen das neue Jahr, während ich immer nur daran denken kann, was wohl Neal, Jake und Ashton jetzt machen. Ich weine mich wie sooft in Ashtons Hemd in den Schlaf und am nächsten Abend hat mich mein neues Arbeitsleben voll im Griff…
„Dr. Slater in die Eins.“ Ertönt es aus den Lautsprechern und ich laufe los. Heute ist einer dieser Tage, an dem ich mich frage, was ich eigentlich hier mache. Ich bin seit 18 Stunden auf den Beinen und der Zulauf neuer Patienten nimmt kein Ende.
Ich ziehe mir meinen gelben Schutzkittel über und ziehe mir Handschuhe an.
„Was gibt’s?“ ich sehe zu den Schwestern und zu meinem Kollegen.
„Schusswunde rechte Brust. Er verliert verdammt viel Blut, er bekommt Konserven und Ringerlösung. Machst du einen Neuro Status?“ mein Kollege sieht mich bittend an.
Ich hole das Gerät mit dem man die Hirnströme messen kann und schließe den jungen Mann an.
„Komm schon.“ Sage ich mehr zu mir wie zu ihm.
„Nulllinie, keine Ausschläge.“ Sage ich nach ein paar Minuten.
„Okay, Hände vom Tisch.“ Sam tritt einen Schritt zurück und sofort erscheint auch auf dem Herzmonitor eine Nulllinie.
„Zeitpunkt des Todes…“ er sieht zur Uhr „15:27.“
Ich seufze leicht und stehe auf, neben ihm gehe ich aus dem Raum.
„Natalie. Danke, dass du so schnell da warst.“ Er sieht mich an und wir schmeißen unsere Schutzkittel in den Mülleimer.
„Kein Problem Sam.“ Ich nicke ihm zu und gehe ins Arztzimmer, heute ist der 3. Mai und ich habe Jay fest versprochen mich heute um unsere Flüge zu kümmern.
Ich hole mein Handy aus dem Spind und rufe die Auskunft an.
„Verbinden sie mich bitte mit dem JFK International Airport.“ Sage ich ruhig und die Dame stellt mich durch.
„JFK Airport.“ Meldet sich eine männliche Stimme.
„Guten Tag, mein Name ist Dr. Natalie Slater, ich würde gerne einen Flug am 7. Juni für zwei Personen nach Dublin in Irland buchen.“ Mein Herz schlägt bis zum Hals.
„Wir haben einen Flug mit Aer Lingus am 7. Mai, sie starten um 15:45 Uhr und sind 19:20 Uhr Ortszeit da.“ Erklärt er mir „Das kostest für zwei Personen 724 Dollar inklusive aller Gebühren.“
„Den nehme ich…“ ich atme tief durch.
„Sehr gut, dann geben mir doch bitte die Personendaten.“ Ich höre wie er auf seiner Tastatur herum klimpert.
„Dr. Jason Avery, geboren am 12.06.1984.“ ich warte bis er ein Geräusch von sich gibt, das nach einer Bestätigung klingt. „Dr. Natalie Slater, geboren am 23.08.1986.“
„Tut mir leid Miss Slater, sie dürfen nicht in Irland einreisen. Es liegt augenscheinlich ein Einreiseverbot für sie vor.“ Kommt es vom anderen Ende und ich bin wie erstarrt.
Sie will mich wirklich von den Jungs und von Ashton fern halten.
Um jeden Preis wie mir scheint.
Ich hätte also gar nicht fliegen können, selbst wenn ich es gewollt hätte…
„Entschuldigung, seit wann besteht diese Einreiseverbot?“ frage ich geschockt.
„Seit dem 30. Juni letzten Jahres.“ Erwidert er.
„Ich melde mich später noch mal.“ Ich lege schnell auf.
Mit weichen Knien laufe ich durchs Krankenhaus und komme schließlich in die Chirurgie, suchend sehe ich mich um und entdecke Jay endlich.
„Kann ich dich kurz sprechen?“ ich sehe ihn bittend an.
„Aber klar.“ Sein Gesichtsausdruck wird besorgt.
Ich ziehe ihn in einen freien Behandlungsraum.
„Ich kann nicht nach Irland fliegen…“ ich merke wie sich mein ganzen Körper zusammen krampft.
„Was? Wieso nicht?“ Jay sieht mich an und ich setze mich auf die Liege und versuche gleichmäßig Luft zu bekommen, in den letzten Monaten hatte ich keine solchen Panikattacken, aber jetzt merke ich wie sich eine zusammen braut.
„Ganz ruhig atmen.“ Jay tritt neben mich und streicht mir über den Rücken.
Ich fange an zu husten und halte meinen Kopf, die Kopfschmerzen sind zurück. Die habe ich immer noch fast jeden Abend…
Ich sehe auf meine Hände und sehe Blut, geschockt sieht mich Jay an, als ich mir den Mund abwische.
„Wie lange hast du das schon?“ fragt er leise.
„Ein paar Wochen.“ gebe ich zu und er sieht mich strafend an. „Wahrscheinlich ein Magengeschwür.“ Versuche ich es runter zu spielen.
„Du lässt dich durchchecken.“ Sagt er streng.
„Nein Jay, ich brauche eine Lösung, dass ich nach Irland komme. Ich muss die beiden sehen. Mein Gott ich habe sie schon fast ein Jahr lang nicht gesehen…“ ich beginne zu weinen.
„Ich dachte es geht dir besser.“ Er setzt sich wieder neben mich und reicht mir ein Papiertuch.
„Wenn ich hier bin, dann geht es mir auch besser. Aber wenn ich zu Hause bin, dann fehlen sie mir… Sie fehlen mir so sehr, das ich kaum atmen kann und das mein Herz fast zerspringt. Die Zeit heilt nicht alle Wunden…“ schluchze ich.
„Warum kannst du nicht nach Irland?“ fragt er vorsichtig.
„Ich habe Einreiseverbot…“ ich sehe ihn an „Sie hat es am 30. Juni letzten Jahres verhängen lassen und das obwohl wir erst am 28. Juni gekommen sind. Sie hat das alles geplant. Von Anfang an wollte sie mir Jake und Neal weg nehmen.“ Ich schniefe.
Wie kann jemand nur so berechnend sein?
„Ich rede heute Abend mit Kay, wir lassen uns was einfallen.“ Er drückt mir einen Kuss auf die Wange „Jetzt geh wieder hoch und ich werde dich im Laufe der Woche durchchecken.“
„Danke Jay.“ Ich stehe langsam auf und gehe wieder in die Neurologie. Ich habe die ersten 4 Monate mit Jay zusammen in der Chirurgie gearbeitet, aber nachdem ich meine Approbation bekommen habe und meine Doktorarbeit als gut befunden wurde und ich meinen Arzttitel bekam, hat Riley darauf bestanden das ich in der Neurochirurgie arbeite.
Zu mindestens einem Ziel komme ich Näher, nämlich dem, eine Neurochirurgin zu werden.
Als ich wieder auf Station ankomme, behandele ich noch zwei Patienten und habe dann meinen wohlverdienten Feierabend. Ich fahre mit der U-Bahn nach Hause und lege mich ins Bett, meine Bauchschmerzen sind schlimmer wie noch vor ein paar Wochen und ich nehme Schmerztabletten, das diese auch gleichzeitig gegen meine Kopfschmerzen helfen ist ein guter Nebeneffekt. Ich weiß, ich bin unvorsichtig, aber ich will in meinem Leben eine Sache richtig beenden.
Spät am Abend klopft es an meiner Tür und ich komme von der Couch hoch. Müde tapse ich zur Tür, Jay und Kay stehen vor mir.
„Du hast geschlafen?“ Jay sieht mich verwundert an und schaltet das Licht an.
„Scheint so.“ gebe ich gequält zurück und Kay nimmt mich in den Arm.
„Hör zu…“ er drängt mich auf einen Stuhl „Kay und ich haben überlegt was wir machen können. Wir haben uns was ausgedacht. Du fliegst auf Kaylis Namen nach Dublin, ihr beide seht euch ähnlich und mit ein bisschen Make up passt das schon. In Kays Pass hat sie dunklere Haare wie jetzt und das passt, sie ist auch nur vier Zentimeter größer, mit hohen Schuhen bekommen wir das hin.“ Er sieht mich an und ich sehe überrascht zu Kay, so etwas hätte ich ihr nicht zu getraut.
„Du musst deine Jungs sehen.“ Sagt sie lächelnd. „Und damit du gar nicht erst auf die Idee kommst nein zu sagen, wir haben die Tickets bereits gebucht und der Urlaub ist auch vom Krankenhaus genehmigt.“ Sie sieht mich an und streicht mir eine Strähne aus dem Gesicht „Bitte Nat.“
Ich sehe zwischen den Beiden hin und her.
Der Plan ist verrückt…
Sie sind verrückt!
„Wenn das schief geht, dann bekommen wir richtig Ärger.“ Räume ich ein.
„Es wird nicht schief gehen.“ Erwidert Jay sicher und ich sehe auf meine Hände.
„Das Risiko für euch ist zu groß. Wenn es nur um mich gehen würde, dann würde ich sofort ja sagen. Aber ihr seid diejenigen die Ärger bekommen.“ Ich sehe zu Kay und sie winkt ab.
„Wir haben gute Anwälte und wie Jay schon sagte, es wird nicht schief gehen.“ Sie nickt mir aufmunternd zu. „Aber ehrlich Nat, iss ab und zu was. Es steht zwar zum Glück kein Gewicht in meinem Pass, aber du siehst echt schmal aus.“
Ich sehe sie an und ziehe eine Augenbraue hoch. Ich denke, das wird unser kleinstes Problem…
Die beiden lassen sich durch nichts von ihrem Plan abbringen und ich finde mich vier Wochen später mit Kay in einem Klamottenladen wieder.
„So kannst du da nicht auftauchen, deine Klamotten hängen wie ein nasser Sack an dir.“ Sie sieht mich kopfschüttelnd an.
„Halt du mir nicht auch noch Vorträge.“ Bitte ich sie und sie winkt ab.
„Okay.“ Sagt sie schließlich. Was brauchst du?“ sie sieht sich im Laden um.
„Alles?“ ich zucke mit den Schultern.
„Okay, wir arbeiten uns von innen nach außen, also zuerst Unterwäsche.“ Sie zieht mich die Abteilung und verpasst mir ein paar neue Unterwäschesets. Ich darf gar nicht daran denken, was mich das am Ende des Tages kosten wird.
Als sie dann endlich zufrieden ist kaufen wir noch drei neue Jeans und etliche Tops, Blusen, Pullover und Röcke. Dann drückt sie mir noch einen neuen Mantel aufs Auge und wir gehen schlussendlich in die Schuhabteilung.
Ich verlasse wirklich um 1200 Dollar ärmer das Kaufhaus und bin neben den anderen Sachen nun auch stolze Besitzerin zweier Paare Highheels, ein paar neuer Turnschuhe und auf mein Drängen hin auch ein paar “normale“ Schuhe.
„Ich fahre dich rum, versuche zu schlafen. Jay und ich kommen morgen um 12 Uhr zu dir. Wie geht es dir eigentlich sonst?“ sie sieht mich prüfend an.
Jay hat ihr natürlich erzählt, dass ich wirklich ein Magengeschwür habe und dass ich unter chronischer, stressbedingter Migräne leide.
„Mit den Medikamenten geht es mir besser.“ Erkläre ich ihr.
„Wenn du zurück kommst wirst du operiert, oder?“ sie legt ihren Kopf leicht schief, so wie ich es immer tue, wenn ich etwas nicht richtig verstehe. Riley macht sich deswegen immer lustig über mich.
„Ja, Jay wäre es lieber gewesen bevor wir fliegen, aber wir haben keinen Termin gefunden, ich hatte schwierige Operationen auf dem Plan.“ Ich zucke leicht mit den Schultern.
„Pass mir ja auf dich auf.“ Sie gibt mir einen Kuss auf die Wange als wir vor meinem Haus halten.
„Mache ich.“ Verspreche ich ihr und nehme meine gefühlten 100 Tüten vom Rücksitz.
Mit dem Foto von Jake und Neal sitze ich noch lange in der Küche.
Ich soll sie wirklich spätestens in zwei Tagen wieder sehen.
Ich freue mich so sehr… Die erste Nacht werden Jay und ich in einem Hotel in Dublin schlafen und uns erst am nächsten Morgen mit einem Leihwagen auf die 300 km lange Fahrt machen.
Kurz nach Mitternacht gehe ich ins Bett und wälze mich unruhig hin und her. Ich träume das erste Mal seit langem von den Beiden, sie strecken ihr Hände nach mir aus aber ich erreiche sie nicht und sie verschwinden im Nebel. Ich wache schweißgebadet auf und nehme erst einmal meine Tabletten. Ich stütze meine Hände auf dem Waschbeckenrand ab und verstaue meine Tabletten in meiner Waschtasche. Ich muss am Morgen sechs verschiedene Tabletten nehmen und ich habe drei verschiedene Medikamente die ich nach Bedarf einnehmen kann.
Meine Bedarfstabletten packe ich in meine Handtasche, wer weiß wann ich sie brauche.
Ich frühstücke eine Kleinigkeit und bin froh, dass mein Magen nicht rebelliert.
Ich packe meine Tasche und warte auf Jay und Kay.
Sie kommen dann auch endlich und Kay und ich ziehen uns ins Bad zurück.
Nach einer knappen Stunde kommen wir wieder raus und Jay nickt mir anerkennend zu.
„Wow, ihr Beide seid wahre Künstlerinnen.“ Er betrachtet mich eingehend.
„Deine Frau ist die Künstlerin.“ Gebe ich zu und sehe wie Kay rot wird.
Ich trage eine beige Stoffhose, eine schwarze durchsichtige Bluse und einen beigen Blazer. Ich habe Highheels an und Kay hat mir eine Hochsteckfrisur gemacht. Sie hat mich echt gut geschminkt und ich sehe auf das Foto in ihrem Pass.
´Bitte lass es gut gehen. ` bete ich mantraartig immer wieder vor mich hin.
„Das Taxi ist da. Mrs. Avery.“ Er hält mir seinen Arm hin.
„Danke Kay.“ Ich drücke ihr einen Kuss auf die Wange und wir gehen zum Taxi.
„Meldet euch, wenn ihr angekommen seid.“ Bittet sie uns und Jay verabschiedet sich mit einem nicht jugendfreien Kuss von ihr.
„Also als deine Ehefrau müsste ich dir jetzt eine scheuern.“ Grinse ich und er lacht.
„Entschuldigen sie bitte vielmals.“ Er sieht mich grinsend an.
„Angenommen.“ Sage ich gönnerhaft und als wir am Flughafen ankommen schlägt mein Herz bis zum Hals.
Wir stehen am Check in Schalter.
„Ihre Pässe und ihre Flugtickets bitte.“ Die ältere Dame sieht uns an und Jay legt unsere Pässe auf den Tisch.
Mein Herz droht aus der Brust zu springen und ich kralle mich an Jays Arm fest.
„Einen angenehmen Flug Dr. und Mrs. Avery.“ Sie reicht uns unsere Bordkarten und unsere Pässe.
„Erste Hürde überstanden.“ Sagt Jay leise zu mir und ich harke mich bei ihm unter während wir zum Sicherheitscheck gehen.
Das hier wird das größere Problem…
Der Sicherheitsmann nimmt mir meinen Pass ab und ich lege meine Tasche, meine Schuhe und meinen Schmuck in einer der Plastikwannen.
Ich trete durch die Schleuse.
„Mrs. Avery.“ Ruft er mich zu sich und mein Herz setzt einen Moment aus.
„Ich habe da noch ein paar Fragen.“ Setzt er an und Jay tritt hinter mich. „Welchen Zweck hat ihr Aufenthalt in Irland?“ er sieht mich an und reicht mir meinen Schmuck. Ich trage sogar einen Ehering und streife ihn mir wieder über.
„Erholungsurlaub, mein Mann und ich sind im Crown Plaza Hotel angemeldet.“ Sage ich mit sicherer Stimme und Jay drückt mich an sich.
„Unsere verspäteten Flitterwochen. Ich bin Arzt und Urlaub leider Mangelware.“ Erklärt er mit einem Augenzwinkern.
„Sie haben starke verschreibungspflichtige Medikamente in ihrer Handtasche.“ Er reicht mir meine Tasche.
„Meine Frau leidet an Migräne und wir wollen nicht die Gefahr eingehen, dass sie nicht die richtigen Medikamente zur Hand hat, wenn sie einen Migräneanfall bekommt.“ Erklärt Jay ihm und er nickt uns schließlich zu.
„Machen sie sich schöne Tage in Irland.“ Er winkt die nächsten zu sich heran.
Mit zittrigen Knien gehen Jay und ich in den Abflugbereich und ich lasse mich erleichtert aufatmend auf einen Stuhl sinken.
„Geht es dir gut?“ fragt Jay besorgt.
„Ja, ja…“ winke ich ab „Ich dachte er hat uns.“ Gebe ich zu.
„Das dachte ich auch einen kleinen Moment.“ Er reicht mir eine Wasserflasche „Trink was.“ Sagt er streng.
Dann wird unser Flug aufgerufen und um 15:50 Uhr sind wir endlich in der Luft. Ich halte die ganze Zeit Jays Hand und versuche das dumpfe dröhnen in meinem Kopf und die Schmerzen in meinem Bauch zu ignorieren. Nach einer Stunde nehme ich meine Tabletten und Jays sieht mich nur an.
„Wenn es nicht geht, dann sag was.“ Bittet er mich.
„Wir sind so weit gekommen, ich will meine Jungs.“ Sage ich sicher und schlafe dann ein wenig.
Als wir in Dublin landen ist es stürmisch und es regnet. Ein ganz anderes Irland, als ich es in Erinnerung habe.
Wir fahren zum Hotel und beziehen unser Zimmer. Jay hält mich die ganze Nacht beruhigend im Arm und beim Frühstück bekomme ich nichts runter. Wir sitzen als einzige morgens um 6:30 Uhr im Speisesaal und es ist unheimlich still. Heute regnet es zwar nicht, aber dunkle Wolken hängen über Dublin.
„Meinst du, das ist alles richtig?“ ich sehe verloren zu Jay und er nickt.
„Sicher Kleines. Deine Jungs gehören zu dir.“ Er drückt meine Hand. „Hast du alles?“ er sieht mich fragend an.
„Ich denke ja, hast du die Papiere von Mr. Cunning?“ ich sehe ihn fragend an und er nickt. In den letzten Wochen hatten wir unzählige Telefongespräche mit ihm und er hat uns geholfen eine Strategie aufzubauen. Ich will meine Jungs zurück! Und dafür bin ich bereit alles aufs Spiel zu setzen, denn wenn das nicht funktioniert, dann werde ich sie nie wieder sehen.
Mein Blick fällt in den großen Spiegel im Bad.
Ich trage meine Langen Haare offen und sie fallen mir in weichen Wellen über den Rücken. Meine grünen Augen sehen mich abgehetzt und nervös an. Ich trage eine dunkelblaue enge Jeans, ein weißes Top und einen schwarzen Blazer. In den letzten Monaten hat sich mein Kleidungsstil gewaltig geändert, ich bin nicht mehr die junge Natalie. Ich bin reifer und erwachsener geworden und das sieht man mir auch an. Ich schlüpfe in meine schwarzen Highheels und nehme meine Handtasche.
„Jetzt habe ich alles.“ Ich sehe zu Jay und er nimmt unsere beiden Taschen.
Keine Ahnung wo wir schlafen sollen, wenn alles im Chaos endet, aber irgendein Bed und Breakfirst wird es schon geben.
Wir checken aus und steigen in den Audi A8, den wir gemietet haben und geben das Ziel ins Navi ein. Wir werden knapp 3 Stunden brauchen und mein Magen dreht sich um. Ich nehme eine weitere Tablette und Jay sieht mich strafend an.
„Du hast erst vor einer Stunde deine Morgentabletten genommen.“
„Ich weiß.“ Gebe ich zurück und spüle sie mit viel Wasser runter.
Wir reden nicht viel, denn ich bin viel zu nervös und aufgeregt vor dem was mich erwartet.
Wir fahren die lange Auffahrt hoch und passieren das Tor. Kaum das der Wagen steht kommt Percy aus dem Haus.
Er erkennt mich nicht auf den ersten Blick, aber als ich aussteige wird er ganz blass im Gesicht.
„Sie sind hier nicht willkommen.“ Stottert er.
„Das ist mir egal.“ Gebe ich zurück und dränge mich an ihm vorbei während Jay aus dem Wagen springt.
„Wie spät ist es?“ ich sehe ihn fragend an.
„Kurz nach halb Zehn.“ Gibt er zurück.
„Dann sind sie beim Frühstück.“ Ich schreite durch die große Halle.
Ich finde mich erstaunlicher Weise, auch nach fast einem Jahr, im riesigen Schloss gut zu Recht.
„Bleiben sie stehen Miss Slater.“ Ruft mir Percy hinterher.
„Dr. Slater.“ Ich funkele ihn an „Und sie werden mich nicht davon abhalten in den Speisesaal zu gehen.“
Ich steige die Treppe hoch und er folgt mir und Jay.
„Miss Slater, ich bitte sie.“ Erwidert er aufgebracht.
„Sie haben sie um gar nichts zu bitten.“ Faucht ihn Jay an.
„Aber heute sind alle versammelt und sie wollen doch keinen Aufstand.“ Percy hetzt hinter uns her.
„Oh doch und ob ich den will.“ Sage ich zornig.
Seit dem Tag, an dem mich Lady Georgina of Newborough in ihrem Büro bloß gestellt hat, wünsche ich mir nichts sehnlicher.
Ich öffne schwungvoll die Tür und 7 Augenpaare starren mich an.
„Nat?“ Jake springt auf und ich erstarre.
Gott, er hat sich so verändert, seine Haare sind viel länger und er ist bestimmt 10 Zentimeter gewachsen.
Er stürmt auf mich zu und nimmt mich in den Arm.
„Du hast mir gefehlt.“ Sagt er leise.
„Du kannst dir gar nicht vorstellen wie sehr ihr mir gefehlt habt.“ Gebe ich zu und drücke ihn fest an mich.
„Mummy?“ Neal dreht sich um, er sitzt mit dem Rücken zur Tür und als seine braunen Augen meinen Blick treffen, da beginnen die Tränen zu laufen. Auch er ist gewachsen und er sieht immer mehr aus wie Ally, während Jake ein Abbild Liams ist.
„Gina sagt, du hast uns nicht mehr lieb und du willst uns nicht mehr.“ Dicke Tränen kullern über seine Wange.
„Ich liebe euch beide sehr.“ Sage ich ergriffen.
„Sie verlassen augenblicklich das Schloss Miss Slater. Sie sind auf Newborough Castle nicht erwünscht.“ Kommt es kühl vom Tischende. Ich lasse Jake los.
„Nimmst du bitte Neal und wartet ihr in deinem Zimmer.“ Ich sehe ihn bittend an.
„Klar. Komm Kleiner.“ Er nimmt Neal an die Hand und die beiden gehen an mir vorbei nach draußen.
Jay nimmt Jake kurz in den Arm und dann sind die beiden verschwunden.
„Ich wiederhole mich ungern Miss Slater.“ Lady Georgina steht auf und ich mache einen Schritt auf den Tisch zu.
„Erstens heißt es Dr. Slater und Zweitens gehe ich nirgendwo hin.“ Ich verschränke die Arme vor meiner Brust.
Mein Blick trifft ihren und sie erkennt wohl, dass ich mich nicht weg bewegen werde.
„Ich werde die Polizei informieren.“ Sie steht auf und geht zum Telefon, welches auf einem Schrank steht.
„Machen sie das, ich habe interessante Papiere dabei, die die Polizei interessieren dürfte.“ Sage ich so ruhig wie möglich und sie lässt den Hörer sinken.
Ich sehe kurz die Leute am Tisch an. Connor und Kate sehen mich mit großen Augen an und als mein Blick den von Ashton trifft, da denke ich mein Herz muss zerspringen. Er sieht mich kalt und abweisend an und ich zwinge mich, mich wieder auf Lady Georgina zu konzentrieren. Die junge Frau neben ihm kenne ich nicht, aber ich will auch gar nicht wissen, wer sie ist.
„Was sollte die irische Polizei interessieren, was eine kleine Krankenschwester aus Minnesota zu sagen hat.“ Ihre Stimme ist herablassend und ich atme tief durch.
„Zum Ersten wiederhole ich mich ungern. Ich bin Dr. Natalie Slater und keinesfalls eine Krankenschwester, sondern eine Neurochirurgin. Des Weiteren wohne ich nicht mehr in Minnesota sondern in New York. Das nur zu ihrer Information…“ ich schnaube verächtlich als ich sehe wie sie immer verwirrter wird. „Ich habe beglaubigte Abschriften von einem amerikanischen Gericht, die sie des Entzuges meiner Sorgerechtsbevollmächtigung bezichtigen und so lange diese Sachlage nicht geklärt ist, können Neal und Jake jederzeit mit mir zurück in die Staaten kommen. Ich lasse sie mir nicht noch einmal von ihnen weg nehmen.“
„Was hast du getan?“ Connor sieht zwischen mir uns seiner Mutter hin und her.
„Nichts.“ Erwidert sie und winkt ab.
„Nicht?“ ich lache hohl „Du willst wissen was sie gemacht hat?“ ich sehe zu Connor du er nickt leicht „Sie hat mir das Sorgerecht und das Aufenthaltsbestimmungsrecht von Neal und Jake durch ein irisches Gericht entziehen lassen. Sie hat mir Einreiseverbot nach Irland erteilt und das wie ich erfahren habe schon am 30. Juni letzten Jahres. Sie hatte von Anfang an vor mir die Jungs weg zu nehmen. Sie hat mich direkt aus ihrem Büro zum Flughafen bringen lassen, das ich auch ja keine Chance habe mit Neal, Jake oder Ashton zu reden…“ ich sehe zu ihm und er zuckt leicht zusammen „Ich weiß nicht, was sie euch erzählt hat. Aber ich hätte meine Jungs nie im Stich gelassen. Ich habe die Aussagen von mehreren Leumundszeugen, die allesamt bestätigen, das ich eine gute Mutter bin und die Jungs bei mir gut aufgehoben sind.“
„Reden sie keinen Blödsinn, sie sind viel zu jung um sich um die Beiden zu kümmern.“ Unterbricht mich Lady Georgina.
„Was wissen sie von mir?“ frage ich sie bedrohlich.
„Das sie ein angebrochenes Studium haben und augenscheinlich nicht in der Lage sind sich adäquat um die Jungs zu kümmern. Sie haben Neal oftmals verspätet von Kindergarten abgeholt, Jake stand in Mathematik und Geschichte auf einem D und sie haben in einem schäbigen, kleinen Appartement am Rande von Saint Cloud gewohnt.“ Ihre Augen bohren sich in meine.
Ich klatsche in die Hände und es halt mehrfach wieder.
„Gut gemacht, aber sie haben keine Ahnung.“ Gebe ich zurück „Ich habe mein Studium abgebrochen als Ally und Liam verunglückt sind, damit ich mich um die Zwei kümmern kann. Ja, ich habe Neal ab und an verspätet abgeholt, weil ich um uns über Wasser zu halten als Krankenschwester im Krankenhaus gearbeitet habe, da die Lebensversicherung von Liam und Ally an sie ausgezahlt wurde.“ Ich zeige mit dem Finger auf sie. Mr. Cunning hat wirklich ganze Arbeit geleistet und sie japst nach Luft „Jake war nicht gut in Mathe und Geschichte. Na und?“ ich zucke mit den Achseln „Er ist ein Teenager und nicht alles fliegt einem zu. Er war für die Sommerkurse angemeldet um das in den Griff zu bekommen. Um die Sommerkurse zu bezahlen habe ich Überstunden gemacht. Und das kleine, schäbige Appartement war unser Appartement. Das was wir uns leisten konnten, weil mein Gehalt und die Waisenrente von Neal und Jake nicht zu mehr gereicht hat.“ Ich halte mir den Bauch und Jay ist mit einem großen Schritt bei mir.
„Alles gut?“ fragt er besorgt und ich nicke leicht.
„Sie haben mir mein Leben genommen.“ Sage ich kopfschüttelnd „Ich musste unter falschem Namen in dieses Land einreisen und ich bin hier um mir mein Leben zurück zu holen. Ich lasse mich nicht aus dem Leben meiner Jungs werfen. Von niemandem.“
„Hast du das wirklich getan?“ Ashton sieht zu seiner Mutter. „HAST DU DAS GETAN?“ er schlägt mit der flachen Hand auf den Tisch.
„Was hätte ich denn tun sollen? Sie ist nicht gut für die Jungs.“ Sie sieht zu ihm und er steht langsam auf.
Ich fange plötzlich an zu husten und Jay stürzt zu mir.
In meiner Hand ist Blut, viel Blut.
„Kleines komm schon.“ Höre ich Jay sagen bevor ich zusammen sacke.
„Einen Notarzt schnell.“ Ruft Jay panisch.
„Was hat sie?“ fragt Connor schockiert.
„Sie ist krank, sie hat ein Magengeschwür. Sie hat die Trauer um den Verlust von Jake und Neal nicht verarbeitet. Ihr habt sie krank gemacht, ihr habt sie zu einem Schatten ihrer selbst gemacht.“ Antwortet Jay aufgebracht.
Ich drücke seine Hand leicht und er sieht zu mir.
„Gott Nat, tu mir das nicht an.“ fleht er mich an.
„Danke.“ Sage ich leise.
Es herrscht angespanntes Schweigen. Connor reicht Jay eine Jacke und er legt sie unter meinen Kopf, dann kommen zwei Sanitäter herein gestürmt.
„Sie muss sofort in ein Krankenhaus. Ich bin Dr. Jason Avery, sie ist meine Patientin.“ Erklärt er den beiden Männern. „Sie hat ein großes Geschwür am Antrum, sie ist auf Clarithromycin, Metronidazol und auf Naproxen eingestellt. Die OP war in 12 Tagen geplant, aber das Geschwür ist geplatzt. Haben sie Zugang zu einem Helikopter?“ er sieht zu den beiden und da ich die beiden nicht sehen kann, gehe ich davon aus, das sie nicken „Er soll sofort hierher kommen. 29jährige Patienten mit Magenperforation, kritischer Allgemeinzustand, da sie auch gerinnungshemmende Mittel nimmt.“ Weist er sie an und dreht mich leicht auf die Seite.
„Ich bin müde.“ Flüstere ich.
„Nicht einschlafen Kleines.“ Ich merke wie er mir einen Zugang in der Ellenbeuge legt „Ich gebe dir jetzt etwas gegen die Schmerzen.“ Erklärt er mir und ich lächle leicht.
„Ich weiß.“ Sage ich schwach.
„Ich weiß, dass du das weißt.“ Er streicht mir eine Strähne aus dem Gesicht. „Was würdest du tun, wenn du eine Patientin in deiner Situation bekommen würdest. Komm Kleines sprich mit mir.“
„Gabe von PPI, Röntgen im stehen…“ ich versuche mich zu erinnern.
„Sehr gut und weiter?“ er sieht mich an.
„Der Heli ist in fünf Minuten hier.“ Einer der Männer kommt zurück und ich werde auf die Trage gelegt und angeschnallt.
„Weiter Kleines.“ Bittet mich Jay.
„Ich bin so müde.“ Antworte ich leise.
Dann wird alles um mich herum schwarz und die Schmerzen sind endlich weg.
Piep, Piep, Piep…
Ich versuche meine Augen zu öffnen, aber alles in meinem Körper wehrt sich dagegen. Meine Atmung funktioniert, ohne dass ich etwas tue und mein Hals brennt. Ich falle zurück in die tröstliche Schwärze.
Erneut höre ich die Gräte um mich herum und dieses Mal schaffe ich es meine Augen zu öffnen. Langsam arbeitet sich mein Blick durch den Raum, ich kenne alle Geräte und versuche mich zu bewegen. Meine Atmung gehorcht mir wieder und mein Hals brennt nicht mehr ganz so schlimm. Es ist dunkel draußen und das Licht tut in meinen Augen weh.
„Nat?“ Jay taucht in meinem Gesichtsfeld auf.
„Was ist passiert?“ frage ich krächzend.
„Hey, ganz ruhig.“ Er reicht mir einen Becher Wasser mit einem Strohhalm. „Trink etwas.“
„Wo bin ich?“ meine Stimme klingt etwas fester.
„Du bist im Dublin Central, du warst zuerst im Cork Regional, aber die konnten dir nicht helfen. Sie haben nur den Blutverlust ausgeglichen und dich dann hierher geflogen. Du wurdest operiert und es sah echt übel aus.“ Er nimmt meine Hand und küsst sie leicht. „Ich bin so froh, dass du wach bist.“
„Wo sind Jake und Neal?“ ich versuche hoch zu kommen, aber Jay drückt mich zurück ins Kissen.
„Ganz ruhig, die Zwei sind noch auf Newborough Castle. Es geht ihnen gut und sie wollen dich so bald wie möglich sehen. Ich halte es für besser, wenn wir noch ein wenig warten. Ich möchte nicht, das sie dich so sehen.“ Er sieht mich an und ich nicke leicht.
Er hat Recht, ich will auch nicht, dass die Jungs mich so sehen.
„Connor ruft jeden Tag an um zu fragen wie es dir geht. Es herrscht ein ganz schönes Chaos.“ Er seufzt leicht.
„Mir egal, ich will meine Jungs zurück.“ Antworte ich leise.
„Wir setzen uns mit den Jungs hin und reden, wenn es dir besser geht.“ Verspricht er mir und ich schließe meine Augen. Ich bin wirklich müde…
Die nächsten drei Tage erhole ich mich erstaunlich gut und endlich, nach 10 Tagen Krankenhausaufenthalt, kann ich entlassen werden und wir fahren wieder die drei Stunden nach Newborough Castle.
„Musst du nicht schon lange wieder zurück sein?“ ich sehe ihn fragend an.
„Ich habe mit Riley gesprochen, er regelt alles. Ich soll erst wieder kommen, wenn es dir gut geht.“ Er nimmt meine Hand und ich drücke seine leicht. „Kay versteht es natürlich, dass ich bei dir bleibe.“ Fügt er hinzu und ich lächle leicht. Ich musste erst vorhin an sie denken, als ich mich angezogen habe. Ich trage eine Hüftjeans die nicht auf meine Narbe drückt, ein einfaches schwarzes Top und eine lilane Strickjacke, dazu meine normalen Schuhe. Flache, schwarze Lackballerinas. Highheels werde ich wohl erst einmal nicht anziehen können, denn das tut zu sehr weh. Die Narbe erstreckt sich auf meiner linken Seite vom Hüftknochen bis fast zum letzten Rippenbogen.
Hätte ich mich der planmäßigen OP unterzogen, dann hätte ich jetzt statt einer 12 cm langen Narbe nur eine 3 cm lange. Aber ich kann es nicht mehr ändern…
Als wir die Auffahrt hoch fahren warten Connor und Kate schon.
Connor hilft mir aus dem Auto.
„Es ist schön zu sehen, dass es dir besser geht.“ Sagt er erleichtert.
„Ich bin auch froh.“ Gebe ich zurück und er lächelt leicht.
„Komm rein, wir haben Tee vorbereitet.“ Kate stützt mich auf dem Weg nach drinnen. Ein bisschen schwach bin ich ja schon noch auf den Beinen.
Wir setzten uns in den Salon und ich bin dankbar als ich endlich wieder sitze.
„Wo sind Neal und Jake?“ frage ich und sehe zu Kate.
„Die beiden reiten aus.“ Sie nimmt meine Hand „Es tut uns alles so schrecklich leid, wir hatten keine Ahnung. Wir wollen erst einmal mit dir alleine sprechen, ehe die Jungs wieder kommen.“ Sie sieht mich an und ich nicke.
„Ich wusste nicht, in wie weit ihr in die Sachen die Georgina gemacht hat, eingeweiht seit.“ Gebe ich zu.
„Gar nicht.“ Erwidert Connor erschüttert „Gott Nat, wir hätten das nicht zu gelassen. Das musst du uns glauben.“ Er sieht mich bittend an.
„Ich konnte es mir nicht vorstellen.“ Sage ich leise. „Wie geht es den Beiden?“ ich sehe zwischen ihnen hin und her.
„Ganz gut, die letzten zwei Wochen haben sie durch einander gebracht. Neal ein bisschen mehr wie Jake. Mutter hat uns allen erzählt, das du sie gebeten hast, die Jungs hier lassen zu dürfen…“ Connor seufzt „… Sie hat gesagt, du wolltest dein altes Leben zurück und nicht die Verantwortung für die Beiden tragen. Sie hat uns erzählt, das du sie regelrecht angebettelt hast sie dir abzunehmen…“ er sieht zu mir „Wir haben ihr geglaubt.“ Gibt er zu.
„Ich würde die Beiden niemals einfach abgeben. Ich habe fast ein Jahr lang gekämpft um sie zu bekommen. Warum sollte ich sie weg geben?“ ich sehe ihn verständnislos an.
„Das wissen wir jetzt auch alles. Es tut uns leid.“ Kate sieht mich mit Tränen in den Augen an.
„Wie hat Jake mein Auftauchen verkraftet?“ ich atme tief durch.
Zu viele Tränen sind wegen dieser Sache vergossen worden…
„Er hat Georgina angeschrien und ihr gesagt, er will sie niemals wieder sehen.“ Connor grinst zaghaft „Er ist ziemlich ausfallend geworden und hat ihr gesagt, dass er immer gewusst hat, dass du niemals freiwillig gegangen wärst.“
„Und Neal?“ ich lächle ebenfalls leicht.
Das ist mein Jake, mein Junge…
„Er war durch den Wind und hat nach seiner Mummy geweint als sie dich weg gebracht haben. Wir haben ihm erklärt, das du bald wieder kommst und er freut sich so sehr dich zu sehen.“ Kate lächelt.
„Ich habe sie so sehr vermisst.“ Gebe ich zu und Jay nimmt meine Hand. „Ich wäre fast zu Grunde gegangen.“
„Es tut uns so leid, Mutter hatte nicht das geringste Recht so etwas zu tun.“ Connor atmet tief aus.
„Wo ist sie?“ frage ich und meine Stimme wird kühl.
„Sie ist auf unserem Landsitz in Sligo. Ich denke, sie weiß, dass sie sich hier vorerst nicht sehen lassen sollte und Percy hat sie gleich mitgenommen. Ich möchte ein solches Personal nicht im Haus.“ Connor schüttelt leicht seinen Kopf.
„Ashton?“ meine Stimme ist nicht mehr wie ein flüstern.
„Nachdem sie dich weg geflogen haben ist er aus dem Schloss gestürmt. Ich habe ihn seitdem nicht gesprochen, sein Handy ist aus und zu Hause ist er nicht.“ Er sieht mich besorgt an „Er hat es damals persönlich genommen, das du sang und klanglos verschwunden bist.“
„Hätte ich wohl auch.“ Gebe ich zu.
Ich sehe zu Jay, ich traue mich fast nicht die Frage nach der Frau zu stellen und er nickt leicht.
„Wer war die Frau neben ihm? An dem Morgen?“ fragt er schließlich, als ich es nicht schaffe die Frage zu stellen.
„Unsere Cousine Jenny aus Galway, sie war zu Besuch, weil sie sich hier nach einer Immobilie umgesehen hat.“ Erklärt Connor und ich atme erleichtert aus.
„Ashton hatte keine andere Frau, er ist sehr in sich gekehrt. Er hat viel Zeit mit den Jungs verbracht. Jake hat seinen Pilotenschein.“ Erzählt er mir stolz und ich sehe ihn an.
„Ehrlich? Jake kann ein Flugzeug fliegen?“ ich sehe ihn erstaunt an.
„Ja, er ist ein wirklich guter Pilot, Ashton und er verbringen jede freie Minute in der Luft. Jake geht auf eine Privatschule in Cork. Er ist ein wirklich guter Schüler geworden, ihm gefällt die Schule und in einem halben Jahr würde er seinen ersten Abschluss machen, er hat sich entschieden anschließend sein Abitur zu machen und er will dann Wirtschaft studieren.“ Connor sieht zu mir.
Ich weiß worauf er hinaus will, Jake hat sich hier richtig gut eingelebt und er hat Pläne hier. Pläne, die ich, wenn ich ihn zurück hole, kaputt machen würde.
„Neal geht in einen privaten Kindergarten, er ist klein und die Betreuer haben nur jeweils 4 Kinder zu beaufsichtigen. Er ist an einer sehr guten Vorschule angemeldet und er hat viele Freunde.“ Kate sieht zu mir.
„Ich weiß, was ihr mir sagen wollt. Aber ich muss erst einmal mit den beiden sprechen. Auch ich habe Pläne.“ Ich verschränke meine Hände ineinander.
„Das wissen wir und wir wissen auch, das du unmöglich mit den beiden hier auf Newborough Castle wohnen kannst. Aber Cork hat ein sehr gutes Krankenhaus und wir können dich hier anmelden, wenn du dich entscheidest zu bleiben. Wir wollen die Jungs nicht wieder von dir trennen. Wir sind bald selber Eltern und ich will mir nicht vorstellen, wie du und die Jungs sich gefühlt haben müssen.“ Kate sieht mich verständnisvoll an.
„Ihr werdet Eltern?“ ich sehe die beiden lächelnd an.
„Ja, wir bekommen ein bolivianisches Zwillingspärchen. Julia und Lucas, die beiden sind 1 Jahr alt. Nächste Woche fliegen wir nach Surce und klären die letzten Details. Dann können sie endlich mit nach Hause kommen.“ Kate strahlt Connor an.
„Das ist wirklich schön. Ich gönne es euch so sehr.“ Ich erwidere Kates Strahlen.
„Mummy!“ ertönt eine quietschige Stimme von der Tür her und Neal kommt auf mich zu gelaufen.
Ich ziehe ihn auf meinen Schoß und halte ihn fest.
Gott, er hat mir so sehr gefehlt.
„Ich liebe dich so sehr.“ Sage ich leise und er sieht mich mit großen Augen an.
„Du hast nie aufgehört mich lieb zu haben, oder?“ fragt er verunsichert.
„Nein, wie könnte ich jemals damit aufhören?“ ich nehme sein Gesicht in meine Hände. Große Knopfaugen sehen mich an und ich schlucke schwer „Ich habe dich immer geliebt und ich werde dich auch immer lieben.“ Verspreche ich ihm.
„Geh nie wieder weg.“ Fleht er mich an.
„Nie wieder.“ Sage ich und er nickt leicht.
„Weiß du Mummy, ich kann jetzt schon ganz alleine reiten. Onkel Ashton hat mir ein eigenes Pferd gekauft, es heißt Smartie.“ Er grinst „Ich zeige es dir nachher.“ Er sieht mich hibbelig an.
„Ich freue mich darauf Smartie kennen zu lernen.“ Lächle ich.
Nun kommt auch Jake rein und setzt sich neben mich.
„Ich habe immer gewusst, dass du uns nie freiwillig alleine lassen würdest.“ Sagt er und sieht mich an „Du siehst so verändert aus, du bist so dünn und deine Augen strahlen nicht mehr.“ Traurig streicht er mir eine Strähne hinters Ohr.
„Ich weiß Jake. Die Zeit ohne euch war schwer für mich.“ Erkläre ich ihm.
„Wir bleiben jetzt für immer zusammen.“ Er legt seine Stirn an meine „DU bist meine Mum und ich will dich nicht noch einmal verlieren.“
Mir steigen Tränen in die Augen.
„Du bist mein Sohn.“ Erwidere ich leise und er küsst mich auf die Stirn.
„Ich weiß.“ Er lächelt leicht. „Was machen wir jetzt?“ er sieht mich fragend an.
„Keine Ahnung.“ Gebe ich zurück. „Ich weiß, euch geht es hier sehr gut und ihr habt Pläne…“ ich schlucke.
„Nein Nat, du entscheidest nicht, was für mich oder Neal am Besten ist. Wir entscheiden, was für uns als Familie am Besten ist. Denn wir sind eine Familie.“ Sagt er ernst.
„Wer bist du und wo ist Jake?“ ich sehe ihn grinsend an.
„Nein ehrlich Nat, wir entscheiden das alle zusammen.“ Er streicht Neal, der sich am mich kuschelt über den Kopf „Aber nicht heute, wir haben so viele Fragen. Warum wohnst du nicht mehr in Saint Cloud? Bist du wirklich eine Ärztin?“ die Fragen sprudeln aus ihm heraus und ich beantworte sie alle geduldig.
Als es schon langsam zu dämmern beginnt, essen wir alle eine Kleinigkeit und ich bringe Neal ins Bett.
Ich decke ihn zu „Wo ist denn Mozzie?“ ich sehe mich suchend um.
„Als du weg gegangen bist, da habe ich ihn in die Kiste gelegt. Ich war böse auf ihn, weil er mir nicht geholfen hat, das du nicht gehst.“ Erklärt er mir traurig.
Ich gehe an die Spielzeugkiste und hole Mozzie raus.
„Hier.“ Ich lege ihn zu Neal ins Bett „Mozzie konnte nichts dafür. Er möchte nur, das du ihn lieb hast.“ Ich wickele die Decke fest um die Beiden.
„Ich habe ihn lieb und dich liebe ich.“ Er spitzt seine Lippen und ich gebe ihm einen Kuss.
„Ich liebe Dich auch. Schlaf schön.“ Ich gehe zur Tür.
„Bist du morgen auch noch da?“ kommt es ängstlich von ihm.
„Ja, mein Schatz. Ich bin morgen auch da, ich bin jeden Tag da.“ Ich schicke ihm einen Luftkuss und mache das Licht aus.
„Hallo Mozzie….“ Höre ich leise und schließe lächelnd die Tür.
Ich gehe in Jakes Zimmer und staune, es ist aufgeräumt und er sitzt am Schreibtisch vor einem Stapel Bücher.
„Hey.“ Sage ich leise und komme rein.
„Hey.“ Er steht vom auf und wir setzen uns aufs Bett.
„Du hast mir gefehlt.“ Sage ich leise und er zieht mich in seine Arme.
Gott, er ist 16 und tatsächlich schon größer wie ich.
„Du mir auch.“ Flüstert er.
Ich merke wie mir Tränen in die Augen stiegen.
„Ich habe so sehr versucht euch zu erreichen.“ Ich sehe ihn an und eine Träne läuft über meine Wange.
„Ich weiß Nat, ich habe es auch versucht, aber alle ausgehenden Verbindungen nach Amerika funktionieren hier im Schloss nicht und als ich endlich an der Schule war, da kamen die Nachrichten zurück. Die Briefe kamen zurück und jedes Mal hat mir Großmutter gesagt, ich soll endlich aufhören dich zu belästigen. Es ginge dir gut ohne uns. Aber ich habe gespürt, das es dir nicht gut geht.“ Er sieht mich an und weitere Tränen rollen über meine Wangen.
„Jeden Tag habe ich an euch gedacht, jeden einzelnen Tag.“ Ich schließe meine Augen.
„Keine Tränen mehr.“ Bittet er mich „Du hast zu viel geweint. Wir bleiben zusammen. Für immer.“ Er streicht meine Tränen weg.
„Du bist ein wunderbarer junger Mann.“ Sage ich lächelnd.
„Ich bin das, was Mum und du aus mir gemacht habt. Ich bin so wegen dir und ihr.“ Er lächelt.
„Und dein Dad.“ Füge ich hinzu.
„Ja und wegen Dad. Ein Wunder, das er nach einer Kindheit mit der Person nicht total verkorkst war.“ Er grinst und ich erwidere es.
„Dein Dad war wunderbar.“ Ich nicke leicht.
„Ich weiß, Ashton und ich reden viel über ihn.“ Er lächelt.
„Das ist toll.“ Ich sehe ihn prüfend an.
Wie kann in einem Jahr so viel geschehen sein?
Wie kann aus ihm ein junger Mann geworden sein?
„Was?“ fragt er leise und stupst mich an.
„Was soll sein?“ ich grinse ihn an.
„Komm schon Nat, du hast deinen Kopf schief gelegt. Dich beschäftigt was.“ Er zieht eine Augenbraue hoch.
„Natürlich beschäftigt mich was…“ ich streiche über seine Wange „Ich habe bei dir und Neal so viel verpasst.“ Sage ich traurig.
„Das ist nicht schlimm.“ Er drückt mich an sich „Wir können alles nachholen.“
„Ja.“ Ich atme tief durch. „Ich muss mich hinlegen. Ich fühle mich wie von einem Zug überrollt.“ Ich stehe auf und gebe ihm einen Kuss. „Bis morgen.“
„Bis morgen Nat…“ er sieht mir hinterher „Übrigens er hat jeden Tag an dich gedacht.“ Sagt er leise und ich drehe mich in der Tür zu ihm um.
„Wer?“ frage ich verwirrt.
„Ashton.“ Sagt er nur und ich trete in den Flur.
Ich lehne mich mit dem Rücken an die Wand und versuche meine Gefühle unter Kontrolle zu bringen.
Wo ist Ashton nur?
Langsam gehe ich durch die Flure und schaue kurz bei Jay rein, dem ein Zimmer im gleichen Stock wie meines zu geteilt wurde.
„Hi.“ Sage ich leise und er sieht von seinem Handy auf.
„Hi. Wie geht es dir?“ er steht auf und sieht mich besorgt an.
„Etwas müde.“ Gebe ich zu „In meinem Kopf herrscht totales durcheinander. Was mache ich denn jetzt?“
„Immer einen Schritt nach dem anderen. Du musst erstmal laufen bevor du los rennst.“ Grinst er.
„An rennen ist noch lange nicht zu denken.“ Lächle ich.
„Geh schlafen Kleines, wir sehen uns morgen früh.“ Er haucht mir einen Kuss auf die Stirn.
In der Tür drehe ich mich zu ihm um „Danke Jay, danke für alles.“ Sage ich leise.
„Gern geschehen.“ Gibt er ebenso leise zurück.
Dann stehe ich wieder vor der Zimmertür und atme tief durch. Langsam drücke ich die Türklinke runter und trete hinein. Alles liegt im Dunkeln vor mir und ich taste nach dem Lichtschalter. Das Licht taucht den Raum in einen warmen Ton und mein Blick fällt auf die Couch. Vor Schreck halte ich mich am Türrahmen fest.
„Was machst du denn hier?“ stottere ich und sehe in Ashtons blasses Gesicht.
„Keine Ahnung.“ Kommt es leise von ihm und er sieht zu Boden.
Ich lasse mich vorsichtig auf der Bettkante nieder und starre ihn an.
„Bitte sag was.“ Flehe ich ihn leise an.
Er sieht auf und unsere Blicke treffen sich, er wirkt so verletzt und unsagbar traurig.
„Was soll ich denn sagen?“ er sieht auf seine in einander verschlungenen Hände „Ich meine, ich bin die letzten Tage umgekommen vor Sorge um dich. Ich bin jede Nacht ins Krankenhaus gefahren. Gott, hast du eine Ahnung wie erleichtert ich war, das du aufgewacht bist? Ich habe meine Mutter zur Rede gestellt und werde nie wieder ein Wort mit ihr wechseln. Ich wollte Fliegen, aber man ließ mich nicht. Jetzt bin ich hier.“ Er sieht mich an.
Gott, was hat er die letzten 2 Wochen gemacht?
Er ist blass und hat tiefe Augenringe, er hat einen Drei Tage Bart, sein Hemd ist schmutzig und er wirkt wie ein kleiner Junger, der Schutz und Liebe braucht.
„Ashton…“ ich stehe auf und gehe zu ihm. Seine Augen sehen mich traurig an und ich nehme vorsichtig seine Hand in meine, erst zuckt er zurück, doch dann entspannt er sich etwas. „Ash.“ Sage ich leise „Komm.“ Ich halte ihm meine andere Hand hin und führe ihn ins Bad.
Ich helfe ihm beim ausziehen und schiebe ihn unter Dusche.
Er steht völlig neben sich und ich mache mir echt Sorgen. Ich nehme mein Handy und rufe Connor an, keine 10 Minuten später kommt er mit frischen Sachen und Ashtons Waschzeug in mein Zimmer.
„Wo ist er?“ Connor sieht sich um.
„Im Bad, er duscht seit 20 Minuten.“ Gebe ich zurück und deute auf die angelehnte Badezimmertür.
Connor geht zu ihm ins Bad, ich höre wie er eine Weile auf ihn einredet und dann schließt er die Tür.
Ich lege mich mit Sachen auf meine Decke und rolle mich, so weit es geht, zusammen. Ich will wissen was Ashton hat und ob es ihm gut geht…
Ich schlafe, obwohl ich mir vornehme es nicht zu tun, fast augenblicklich ein. Ich schrecke Mitten in der Nacht auf und stelle fest, dass ich unter der Decke liege und dass mir ausgesprochen warm ist. Ich sehe neben mich, Ashton hält mich fest in seinen Armen.
„Oh Ash.“ Sage ich leise.
Er öffnet seine Augen und sieht mich einfach nur an.
„Hi Babe.“ Haucht er.
„Du hast mir so gefehlt.“ Ich streiche über seine Oberarme.
„Ich war wohl etwas neben der Spur…“ er grinst schief „Ich hatte Angst dich verloren zu haben. Meine Mutter…“ er schluckt schwer. Ich streiche über sein wider rasiertes Gesicht.
„Du liegst hier in meinem Bett und willst über deine Mutter reden?“ ich lächle leicht und auch auf seinem Gesicht breitet sich ein lächeln aus. Seine Augen funkeln und ich sehe ihn einfach nur an.
„Nein.“ Er streicht mir eine Strähne hinters Ohr „Ich will bei dir sein. Ich will dich in meinem Armen halten. Ich will…“
„Ich will auch.“ Ich beuge mich zu ihm und küsse ihn sanft.
Leise stöhnen wir Beide auf und ich schließe meine Augen. Gott, ich habe mich so sehr nach ihm gesehnt.
Ich schlafe fest in seine Arme gekuschelt irgendwann wieder ein, da uns ja alle weiteren stürmischen Aktivitäten bis auf weiteres verboten sind.
Die Sonne scheint hell ins Zimmer und ich kneife meine Augen zusammen.
„Guten Morgen Babe.“ Erklingt es neben mir und ich sehe ihn grinsend an.
„Guten Morgen Ash.“ Ich drehe mich vorsichtig zu ihm um und stöhne leicht auf. Die Narbe schmerzt noch…
„Zeig mal.“ Sagt er sanft und schiebt meine Decke runter um mein Shirt hoch zu schieben. Traurig betrachtet er die Narbe.
„Es tut mir so leid.“ Er beugt sich nach vorne und küsst jeden Zentimeter der Narbe.
„Du kannst nichts dafür.“ Ich ziehe ihn wieder zu mir hoch.
„Was wollen wir jetzt eigentlich machen? Ich meine du, die Jungs und ich? Wir sind doch eine Familie, oder?“ er küsst mich lächelnd.
„Ja, wir sind eine Familie.“ Ich lächle ebenfalls.
„Und?“ er sieht mich fragend an.
„Alles zu seiner Zeit.“ Ich nehme seine Hand und küsse seine Fingerknöchel.
„Ich liebe Dich Babe.“ Er schenkt mir ein strahlen und ich erwidere es.
„Ich dich auch Ash.“ Gebe ich zurück und er atmet erleichtert aus.
„Darauf habe ich fast ein Jahr gewartet.“ Er grinst, setzt sich auf die Bettkante und lässt seine Füße baumeln.
Ich umarme ihn.
„Wo willst du denn hin?“ frage ich kichernd und hauche ihm kleine Küsse auf den Rücken.
„Ich muss alles an Selbstbeherrschung aufbringen um nicht über dich her zu fallen…“ er schließt gequält seine Augen „Ich brauche eine kalte Dusche.“ Er will aufstehen und ich halte ihn am Bund seiner Boxershorts fest.
„Mir wurden lediglich stürmische Aktivitäten verboten. Wenn du dich mit guten, alten, langsamen Blümchensex engagieren kannst…“ ich lächele verführerisch.
Er kommt wieder ins Bett und küsst mich verlangend.
Es ist berauschend mit ihm zu verschmelzen und ich glaube, selbst wenn mir 10 Ärzte das hier verboten hätten, ich hätte es trotzdem getan…
EPILOG
„Babe? Wo bist du? Julia und Luca sind da!“ ruft Ashton mich von der Tür aus und ich gehe in den Flur.
„Hey Tante Nat!“ die beiden umarmen mich stürmisch.
„Seid ihr alleine hier?“ ich sehe mich suchend um.
„Nein, nein Mum und Dad sind gleich da.“ Winkt Julia ab. „Wir sind vor gefahren…“ sie hält den Autoschlüssel hoch.
„Herzlichen Glückwunsch!“ ich nehme beide noch einmal in den Arm.
„Ist Jake schon da?“ Luca sieht mich fragend an.
„Ja, er ist mit Neal, Eric und Chris oben, Ostflügel.“ Ich deute die Treppe hoch.
„Und wo ist Hailey?“ Julia grinst.
„Die habe ich zuletzt im Westflügel gesehen.“ Ashton deutet auf die andere Treppe und auch sie stürmt davon.
„Ist es zu glauben?“ ich sehe ihn an und er zieht mich in seine Arme.
„Nein.“ Lacht er.
„Mein kleiner, süßer Neal heiratet.“ Seufze ich theatralisch.
„Babe, er ist 24. So leid es mir tut, aber er ist kein Baby mehr.“ Er küsst mich.
„Und wieder einer Weg aus dem Nest.“ Er klatscht in die Hände.
„Hey, noch haben wir 6 daheim.“ Gebe ich zurück.
„Komm schon Babe, Eric und Ashley wohnen in Dublin, Chris in London, Ally in Cork drei Straßen weiter und Liam und Lenny werden in 3 Wochen 17, die sind wir auch bald los.“
„Mum?“ Jake kommt die Treppe runter gelaufen und ich sehe ihn an. Er ist schon 36, ein gestandener Mann und er hat schon vor 12 Jahren das Ruder bei Fireset Inc. an sich gerissen. Klar, arbeitet Ashton auch noch da, aber Jake und Neal haben das alles gut im Griff.
„Wenn Oliv kommt, dann schicke sie bitte hoch.“ Er sieht mich an und ich nicke.
Oliv ist Jakes Frau, seit schon 14 Jahren. Sie haben vier entzückende Kinder, obwohl die ersten in die Pubertät kommen und ich lieber etwas Abstand halte.
„Was ein Chaos.“ Ash nimmt mich wieder in den Arm.
„Oh ja, ich bin froh, wenn wir wieder in unseren eigenen vier Wänden sind.“ Ich küsse ihn.
Ab und an nach Newborough Castle zu kommen ist ja ganz schön, vor allen Dingen da ich ja auch eine Lady of Newborough bin, aber Ash und ich fühlen uns in unserem Haus in Cork wohler. Es sind nur 15 Minuten bis zu meinen Arbeitsplatz und ich kann so viel Zeit mit meinen Enkelkindern verbringen, wie ich es gerne möchte
Ashton ist der beste und liebevollste Dad und Grandpa den man sich vorstellen kann. Ich liebe ihn wirklich sehr und obwohl wir uns nie wieder mit Georgina ausgesöhnt haben, hat er es mir nie übel genommen, sich wegen mir mit ihr überworfen zu haben.
Erziehung allein formt eben nicht immer den Menschen. Alle Menschen, die dir in deinem Leben begegnen machen dich zu dem, was du bist… Egal ob positiv oder negativ.
Texte: Stephanie Muhs
Bildmaterialien: Google, me
Tag der Veröffentlichung: 02.02.2013
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