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In welche Welt gehörst du?


„Alexa, sie müssen los…“ meine Sekretärin Jasmond sieht mich streng an „… Jetzt! In 30 Minuten beginnt die Verhandlung.“
Ich stehe auf und streiche mein hellgraues Kostüm glatt, ich prüfe ob mein Knoten am Hinterkopf richtig sitzt und ziehe meinen Balzer über.
Ich nehme Jasmond meine Aktentasche ab und nicke meinem Chef zu, der gerade aus seinem Büro kommt.
„Viel Glück Alexa!“ ruft er mir hinterher.
„Das hat nichts mit Glück zu tun Mr. Hyatt, nur mit guter Vorbereitung und meinem Talent!“ ich grinse ihm überlegen zu und steige in den Fahrstuhl.
In der Tiefgarage steige ich in mein Mercedes A Klasse Coupe und fahre auf die belebten Straßen von Newport Beach. Bis zum Gerichtsgebäude brauche ich nur knapp 10 Minuten, ich vertraue dem Parkservice meinen Wagen an und begebe mich in den Gerichtssaal.
Ich ziehe mir meinen schwarzen Umhang über und begrüße meinen Klienten.
Sorgerechtsverhandlung…
Ich mag es nicht, wenn sich Eltern gegen einander ausstechen. Aber ich bin hier, um meine Seite möglichst gut da stehen zu lassen.
Ich habe erst vor einem Jahr mein zweites Staatsexamen bestanden und arbeite seitdem als eigenständige Anwältin in einer der besten Kanzleien in Kalifornien. In dieser ganzen Zeit habe ich nicht einen Fall verloren.
Ich bin gut und ich weiß das auch!
Auch diesen Fall gewinne ich und mein Klient bedankt sich vielmals bei mir.
Ich lasse meinen Wagen holen und fahre zurück ins Büro, es warten noch mehr Fälle auf mich.
„Alexa, ihre Mutter hat schon 4 Mal angerufen. Ihr Bruder 2 Mal und sie sollen bitte zu Mr. Hyatt ins Büro kommen.“ Empfängt mich Jasmond und ich lege ihr meine Aktentasche und meinen Umhang auf den Arm.
„Mein Umhang muss gereinigt werden und meine Aktentasche legen sie bitte auf meinen Schriebtisch.“ Weise ich sie an und mache mich auf den Weg zu Mr. Hyatt, einem der beiden Partner der Kanzlei in der ich arbeite.
Nach einem kurzen Klopfen trete ich ein.
„Alexa meine Liebe! Kommen sie rein!“ er deutet auf einen Stuhl und ich nehme lächelnd Platz.
„Sie wollten mich sprechen?“ ich verschränke meine Beine übereinander und falte meine Hände.
„Die Sache ist die…“ er sucht nach den richtigen Worten und ich bin milde gesagt erschrocken. Mr. Hyatt ist der beste Verteidiger in Newport Beach und ihm fehlen nie die Worte.
„Also gut Alexa, ich habe mit ihrer Mutter gesprochen.“ Beginnt er neu.
„Meine Mum?“ ich sehe ihn entschuldigend an.
„Ja, es scheint, als würden sie sie nicht sehr oft anrufen…“ er schüttelt leicht seinen Kopf „… Alexa, sie arbeiten seit drei Jahren für uns und sie hatten noch nie Urlaub. Ich weiß, dass ihr Bruder im nächsten Monat heiratet. Fliegen sie hin und beruhigen sie ihre Mutter. Was halten sie von 10 Tagen? So, das sie am 23. Juli zur großen Verhandlung Baxter gegen Baxter wieder hier sind“
Ich weiß, dass es nicht viel Sinn hat zu widersprechen…
Ich seufze tief.
„Vielen Dank Mr. Hyatt.“ Ich nicke ihm zu und stehe auf.
„Alexa, es gibt bestimmt schlimmere Dinge, als 10 Tage Irland.“ Er zwinkert mir zu.
Ja, eine Wurzelbehandlung, eine Darmspiegelung…
„Ja, mit Sicherheit…“ ich verabschiede mich und gehe in mein Büro.
Kaum sitze ich, greife ich nach meinem Handy und rufe Luca an.
„Na Sonnenschein!“ ertönt seine fröhliche Stimme.
„Du. Ich. 18 Uhr im Arena.“ Sage ich knapp.
„Okay Sonnenschein. Küsschen!“ flötet er und legt auf.
Dann greife ich nach meinem Telefon und sehe auf meine Uhr, wir haben es jetzt kurz nach 11 Uhr, also ist es in Fenit 20 Uhr. Ich kann also ruhig anrufen.
Ich drücke die Schnellwahltaste und es dauert nicht lange bis meine Mum ran geht.
„O’Fallon.“ Meldet sie sich.
„Hi Mum, ich bin es.“ Erwidere ich.
„Oh Lexie mein Schatz!“ jubelt sie.
„Mum, warum hast du bei Mr. Hyatt angerufen?“ komme ich sofort zur Sache.
„Hör zu Schatz, ich wünschte, ich hätte eine andere Möglichkeit gesehen. Aber du weißt wie viel es Dec bedeutet, das du bei seiner Hochzeit dabei bist.“ Entschuldigt sie sich.
„Mum…“ ich atme tief durch „… Du hast es geschafft. Ich komme. Ich werde am 12. August abends in Kerry sein. Ich muss mich noch um einen Flug kümmern und sage dir dann Bescheid.“
„Oh ich freu mich so.“ jubelt sie.
„Wir sprechen ein anderes Mal weiter, ich muss noch arbeiten.“ Unterbreche ich sie.
„Aber es ist doch schon so spät.“ Wendet sie ein.
„Mum, bei mir ist es 11 Uhr, ich habe noch ein paar Stunden vor mir.“ Erkläre ich ihr leicht lächelnd.
„Ach, ja…“ lacht sie „… Das vergesse ich auch immer wieder.“
„Schon gut Mum, bestell Dad und Dec liebe Grüße. Bis dann!“ damit lege ich auf.
„Jasmond!“ rufe ich sie zu mir.
„Ja Alexa.“ Sie erscheint vor meinem Schreibtisch.
„Bringen sie mir bitte einen großen Latte Macciato und eine Kleinigkeit zu essen. Einen Salat oder so.“ ich sehe sie an „Und dann möchte ich, dass sie die Abschlussberichte schreiben, ich habe sie diktiert. Sie sind im Computer.“
„Aber sicher.“ Sie nickt mir zu und geht wieder raus.
Ich lehne mich in meinem Stuhl zurück und sehe auf den Hafen von Newport. Ich streife meine Pumps ab und nehme mir meine nächste Fallakte zur Hand.
Eine halbe Stunde später stellt mir Jasmond einen Latte Macciato und einen großen Salat auf den Tisch.
„Ich danke ihnen.“ Sage ich höflich. „Wann habe ich den nächsten Termin?“
„In einer knappen Stunde mit Mrs. Vander.“ Gibt sie zurück.
„Gut, ich möchte die nächste Stunde nicht gestört werden. Dann schicken sie Mrs. Vander in den Konferenzraum und sagen mir Bescheid.“ Weise ich sie weiter an und sie geht wieder und schließt die Tür hinter sich.
Ich sehe mich in meinem Büro um, alles hier ist aus weißen Lackfronten, Glas und Chrom gefertigt und sieht edel und teuer aus. Ich gebe zu, es war auch sehr teuer, aber Mr. Hyatt bat mich, mein Büro so einzurichten wie ich es wollte.
Meine ewige Mitstreiterin, Amanda Pears, war grün vor Neid als meine Möbel geliefert wurden und der weiße Teppich verlegt wurde.
Ich bin einfach besser wie sie…
Ich gönne mir eine Mittagspause und mache mich dann auf den Weg in den Konferenzraum. Dazu muss ich an den vier kleinen, nur durch Raumteiler abgetrennten, Büros vorbei. In einem von diesem habe ich auch bis vor einem Jahr gesessen, aber ich habe es geschafft. Ich gehöre zu den 5 Anwälten von Hyatt & McCormick, die es in die Oberliga Newports geschafft haben.
Amanda wirft mir einen giftigen Blick zu und ich lächle breit.
Der Termin dauert länger wie erwartet und ich komme erst um kurz nach 17 Uhr wieder aus dem Konferenzraum.
„Machen sie Schluss für heute Jasmond.“ Weise ich sie an „Ich werde auch gehen.“ Ich nehme meine Handtasche und sie lächelt mich dankbar an.
Ich verlasse das Büro und schlängle mich durch den allabendlichen Verkehr von Newport hin zu meinem Penthouse direkt am Strand.
Ich gebe mein Auto beim Parkservice ab und fahre mit dem Fahrstuhl in den dritten Stock. Ein Blick auf meine Uhr sagt mir, dass ich mich beeilen muss. Luca erwartet mich in einer halben Stunde im Arena.
Ich tausche mein Kostüm gegen einen engen Designerrock und eine weiße, halb durchsichtige Bluse. Dann schlüpfe ich in meine weißen Stilettos und öffne meine Haare. Diese fallen mir wellig bis zur Mitte meines Rückens. Auf dem Weg mit dem Fahrstuhl nach unten, überprüfe ich mein Make up und ziehe meinen Lippenstift nach.
Ich steige in mein Auto und fahre die 10 Minuten zum Arena, eine der besten Bars in ganz Newport.
Am Eingang werde ich vom Türsteher freundlich begrüßt.
„Alexa meine Liebe.“ Er gibt mir links und rechts ein Küsschen. „Luca wartet bereits auf dich.“
„Danke Jerry.“ Ich winke ihm zu und begebe mich in den VIP Bereich des Arenas.
„Hey Sonnenschein!“ Luca winkt mich zu sich und ich lasse mich, nachdem ich ihn mit einem kurzen Kuss begrüßt habe, neben ihn auf das mit rotem Samt bezogene Sofa fallen.
„Was ist los?“ er sieht mich besorgt an, ich erwidere seinen Blick, nehme ihm seinen Cocktail weg und trinke einen großen Schluck.
„So schlimm?“ er zieht fragend eine Augenbraue hoch.
„Schlimmer…“ ich stöhne leicht „Luca…“ ich sehe ihn an „Ich werde nächsten Monat für 10 Tage in Irland sein.“
„Irland? So wie dein Heimatland?“ er sieht mich prüfend an.
„Ja… Mein Bruder heiratet und ich muss hin.“ Ich stütze meinen Kopf auf meinen Händen ab.
„Wow, Lexa in Irland…“ Luca grinst mich an.
„Luca, ich fahre nach Fenit zu meinen Eltern… Aufs Land… Auf einen Hof.“ Ich betone Land und Hof extra deutlich.
„Dann solltest du vielleicht deine Prada Schuhe hier lassen.“ Er lächelt leicht.
„Das ist nicht witzig Luca.“ Wehre ich mich.
„Ach komm schon Lexa, so schlimm wir es nicht werden.“ Macht er mir Mut.
„Hast du eine Ahnung.“ Gebe ich zurück.
„Lexa, ich kenne dich jetzt wie lange?“ er sieht mich lächelnd an.
„4 Jahre.“ Gebe ich zurück.
„Also in den letzten 4 Jahren, habe ich miterleben dürfen wie aus dir eine junge, äußerst erfolgreiche Anwältin mit Stil wurde und glaube mir, 10 Tage Irland machen so ein Meisterwerk nicht kaputt.“ Er gibt mir einen Kuss.
Luca und ich haben uns durch einen Fall kennen gelernt. Seine Eltern wollten ihn aufgrund seiner Homosexualität enterben, aber ich habe die entscheidenden Präzedenzfälle ausgegraben und Luca seine Eltern mussten ihm seinen Erbanteil auszahlen. Seit diesem Tag sind wir Freunde und auch das Verhältnis zu seinen Eltern hat sich sehr verbessert. Sie akzeptieren ihn und sind mittlerweile stolz, dass ihr Sohn als einer der besten Make up Artist in Los Angeles anerkannt ist.
„Du weißt nicht, was mich in Irland erwartet.“ Gebe ich nach ein paar Minuten zu.
„Hmm Lexa, das mag vielleicht daher kommen, das du in Sachen Irland verschwiegen bist wie ein Grab.“ Er nimmt mich in den Arm „Okay, ich gebe zu das ich mir kaum vorstellen kann, dich in abgewetzten Jeans, Turnschuhen und Tops zu sehen, aber Sonnenschein…“ er hebt meinen Kopf an „… Das wird schon.“
„Danke Luca.“ Sage ich aufrichtig und er gibt mir einen Kuss.
„Dafür nicht Sonnenschein.“ Er strahlt mich an und bestellt noch eine Runde Cocktails, da ich seinen mittlerweile gelehrt habe.
Die nächsten beiden Wochen pendele ich zwischen dem Büro, dem Gerichtssaal und meiner Wohnung. Im Sommer lassen sich merkwürdiger Weise die meisten Ehepaare scheiden und ich bekomme so wie Fälle, dass ich sogar welche an Amanda abtreten muss.
„Alexa, morgen früh ist endlich die Verhandlung Vander gegen Vander, ich weiß dein Flug geht um 13 Uhr, aber ich bitte dich, konzentriere dich. Du weißt wie viel davon abhängt.“ Mr. McCormick steht vor meinem Schreibtisch und ich nicke ihm zu.
„Aber sicher.“ Gebe ich zurück „Ich bin bestens vorbereitet.“
„Das ist gut zu wissen.“ Er nickt mir zu „Ich wünsche ihnen einen schönen Urlaub.“
„Vielen Dank Sir.“ Gebe ich zurück.
Ich nehme mir meine Aktentasche und fahre nach Hause.
Ich habe schon gepackt und schlafe in dieser Nacht nicht sehr viel, da ich den fall lieber noch einmal durchgehen will.
Früh am Morgen belade ich meinen Wagen und fahre zum Gerichtsgebäude, die Verhandlung ist auf 9 Uhr fest gesetzt und ich hoffe wirklich alle sind pünktlich.
Tatsächlich beginnt alles planmäßig, aber dann läuft es aus dem Ruder und ich habe meine Mühe und Not alles wieder gerade zu biegen. Um 12:30 verlasse ich mit Mrs. Vander als Sieger den Gerichtssaal.
Ich laufe zu meinem Wagen und rase zum Flughafen, dadurch das ich erster Klasse fliege, ist man mir nicht wirklich böse, das ich auf den letzten Drücker komme.
Ich atme tief durch und lasse mich in meinem Sitz fallen.
Nachdem ich mein Glas Champagner ausgetrunken habe, schlafe ich ein wenig.

2005

Weinend stürme ich aus dem vollen Club und stolpere auf die Straße.
Er läuft hinter mir hinterher, packt mich und dreht mich zu sich um.
Ich versuche mich mit aller Macht seiner Umarmung zu entwinden, aber ich merke schnell, dass er mich, je mehr ich mich wehre umso fester umschließt.
„Lass mich los.“ Flehe ich leise.
„Sag mir, dass du mich nicht liebst und ich werde dich los lassen und nie wieder anfassen.“ Seine braunen Augen sehen mich erschöpft an.
„Ich liebe Dich nicht…“ schluchze ich und mache mich von ihm los.



Müde reibe ich meine Augen und sehe aus dem Fenster. Watteweiche Wolken um uns herum und darüber der grenzenlos scheinende strahlend blaue Himmel. Gut, etwas anderes ist in einer Höhe von 11 km auch nicht zu erwarten. Ich lehne mich in meinem Sitz zurück und schließe erneut meine Augen.
<< Meine sehr geehrten Damen und Herren, in Kürze erreichen wir unseren Zielflughafen in Dublin. Die Außentemperatur beträgt 18 °C und es regnet. Die Anschlussflüge nach Kerry und Sligo warten auf unsere Maschine, da wir mit 15 Minuten Verspätung eintreffen. Vielen Dank, das sie mit Aer Lingus geflogen sind und wir hoffen sie bald wieder an Board einer unserer Maschinen begrüßen zu dürfen. >> ertönt die Durchsage der Flugbegleiterin und ich seufze.
´Es regnet in Irland… Typisch. ` denke ich missmutig.
Warum verlasse ich auch das schöne und vor allen Dingen warme Kalifornien und komme hier nur her?
Ganz einfach, weil Mum es mir niemals im Leben verzeihen würde, wenn ich die Hochzeit verpassen würde.
Und Dad auch nicht und von Declan ganz zu schweigen…
Sie verzeihen mir ja schon nicht, dass ich 5 Jahre lang keinen Fuß auf irischen Boden gesetzt habe…
Die Maschine landet sanft und ich strecke mich, 21 Stunde Flug liegen schon hinter mir und noch eine halbe Stunde vor mir… Von der Zeitumstellung mal ganz abgesehen.
Und dann ist es soweit, ich betrete wirklich und wahrhaftig irischen Boden.
Ich atme kurz tief ein und laufe dann den anderen hinterher, denn die Maschine parkt nicht direkt am Terminal. Ich versuche mich, so gut es geht, vor dem Regen zu schützen, aber mein beiges Kostüm ist innerhalb weniger Schritte durch geweicht.
Fluchend warte ich auf meine Koffer und belade den Trolli, um mir dann einen Weg quer durch den Dubliner Flughafen zu bahnen um meine Anschlussmaschine nach Kerry zu bekommen.
Diese Maschine ist wesentlich kleiner und bietet für gerade einmal 50 Passagiere Platz. Ich checke mein Gepäck ein und werde zu meinem Platz gebracht. Ich reibe mir erneut meine Augen und sehe nach draußen, es ist früher Nachmittag, aber die Stimmung draußen kommt einem Weltuntergang gleich…
Ich hoffe wirklich zur Hochzeit nächstes Wochenende ist besseres Wetter.
Diese Maschine fliegt nicht so hoch wie die Langstreckenmaschinen und ich sehe die unzähligen Grüntöne unter mir, während wir einmal fast über die ganze Insel fliegen.
Ich fühle mich nicht wohl in meiner Haut, unruhig rutsche ich auf meinem Sitz hin und her.
Dann setzen wir in Kerry auf und ich warte bis fast alle ausgestiegen sind.
„Miss. Wir sind in Kerry.“ Die Stewardess lächelt mich freundlich an.
„Ja, vielen Dank.“ Ich stehe auf und greife nach meinem Mantel und meiner Handtasche.
´Komm schon Alexa, du packst das… In 10 Tagen sitzt du wieder gemütlich in deinem Büro in Newport Beach. ` rede ich mir gut zu und steige die Gangway runter.
Es hat zu meiner Überraschung aufgehört zu regnen, trotzdem ziehe ich meinen Mantel über, denn es ist hier wirklich kalt. Ich steuere auf das kleine Haus am Rollfeldrand zu, das ist hier nämlich der eigentliche Flughafen.
„Alexa!“ ertönt eine Stimme hinter mir und ich drehe mich um.
Meine Mum, mein Dad und Declan winken mir hinter dem Zaun zu und ich lächle. Sie halten ein Pappschild mit meinem Namen hoch und darunter steht. Welcome Home! Wie weit das hier von meinem zu Hause entfernt ist, können sie sich gar nicht vorstellen…
Ich winke ihnen zu und hole meine beiden Koffer, dann trete ich hinaus und werde sofort von meiner Mum in ihre Arme gezogen.
„Oh meine kleine, süße Lexie!“ sie drückt mich fest an sich.
„Hi Mum!“ grinse ich und erwidere ihre Umarmung.
„Hallo meine Süße!“ nun nimmt mich mein Dad in seine kräftigen Pranken.
„Hallo Daddy.“ Ich kuschele mich an seine Brust.
Mein Dad ist ein Bild von einem Mann, knapp 1,90 m groß, breite Schultern und ein sonnengegerbtes Gesicht. Er betreibt zusammen mit meiner Mum den Hof und das Gestüt.
„Hallo meine Süße! Vergiss niemals, Familie ist für immer.“ Er sieht mich an und ich nicke leicht.
Wir sind mit diesem Spruch aufgewachsen und ich gebe zu, ich habe ihn aus den Augen verloren.
„Hallo kleine Lex!“ mein großer Bruder sieht mich prüfend an und ich merke wie mir Tränen in die Augen steigen.
„Hey Dec.“ Ich nehme ihn fest in meine Arme.
Dec und ich standen uns immer sehr Nahe, aber durch meinen Umzug haben wir uns wohl aus den Augen verloren. Er sieht gut aus, natürlich habe ich in den letzten Jahren Bilder von ihm gesehen. Aber ihn jetzt so im Arm zu halten ist schon etwas anderes. Er ist genauso groß wie mein Dad und ebenfalls sehr gut in Form, kein Wunder, denn er ist Sport- und Mathematiklehrer und die sind meistens, zumindestens in jungen Jahren, sehr gut in Form. Außerdem arbeitet er viel auf dem Hof mit und da muss man anpacken können.
„Du hast mir gefehlt.“ Flüstert er mir ins Ohr und ich wische mir eine Träne beiseite.
„Du mir auch Dec.“ Gebe ich zu und gewinne meine Fassung zurück.
„Na kommt Kinder, Alexa hat eine lange Reise hinter sich und muss sich etwas ausruhen.“ Mein Dad sieht uns an und nimmt meine Koffer.
„Du siehst gut aus, mein Schatz.“ Meine Mum streicht mir über die Wange.
„Danke Mum, du auch.“ Ich lächle leicht.
Ich steige mit Dec hinten in den Jeep meiner Eltern ein und er nimmt meine Hand als wir los fahren.
„Mach das nie wieder.“ Sagt er leise und ich sehe ihn verständnislos an.
„Was meinst du?“ ich lege meinen Kopf schief und er grinst.
„Das machst du immer noch…“ er schüttelt leicht seinen Kopf. „Lex, ich möchte nicht, das du jemals wieder so lange von zu Hause weg bleibst.“
„Dec, das hier ist nicht mehr mein zu Hause.“ Erwidere ich leise und sehe aus dem Fenster. Ich sehe Tralee vorbei ziehen und dann sind wir auch schon in Fenit. Fenit ist eine ruhige kleine Hafenstadt, mit einem Leuchtturm und unzähligen Höfen und landwirtschaftlichen Betrieben. Während der ganzen Fahrt erzählt meine Mum alle Neuigkeiten von unseren Verwandten und Bekannten, aber ich gebe zu, ich höre ihr nur mit einem Ohr zu.
Dec hält die ganze Zeit meine Hand, so als ob er Angst hat, dass ich gleich aus dem fahrenden Wagen springe.
Dann fahren wir auf den Hof und ob ich will oder nicht, ein kleines lächeln stiehlt sich in mein Gesicht.
Alles sieht fast unverändert aus, die Scheune hat wohl vor nicht allzu langer Zeit einen neuen dunkelroten Anstrich bekommen und das Haus einen weißen, aber ansonsten? Es sieht noch genauso aus wie vor 5 Jahren, als ich das letzte Mal hier war.
Dec sieht mich an und ich drücke kurz seine Hand.
Dann steigen wie alle aus und mein Dad bringt die Koffer ins Haus.
„Wir dachten, du möchtest bestimmt in deinem alten Zimmer schlafen.“ Er zwinkert mir zu und wuchtet die Koffer die schmale Holztreppe hoch.
Ein schwarz weißer Bordercollie kommt auf mich zu gerannt und ich beuge mich runter.
„Clover!“ ich knuddele ihn.
„Er kennt dich noch.“ Sagt meine Mum grinsend als mich Clover abschleckt.
„Ein Wunder.“ Dec zieht eine Augenbraue hoch.
Ich ignoriere ihn und sehe zu Clover, dem gleich vor Freude der Schwanz abfällt. „Natürlich kennst du mich noch, nicht wahr mein Süßer. Na komm rein.“ Ich nehme ihn mit ins Haus.
Meine Mum nimmt mir meinen weißen Mantel ab und Dec sieht mich amüsiert an.
„Sag mal Lex, bist du vom Gerichtssaal direkt in den Flieger gestiegen?“ er grinst breit.
„Ja Dec.“ Ich ziehe meinen Blazer aus „Stell dir vor, das bin ich wirklich.“
„Du arbeitest viel zu viel meine Kleine.“ Meine Mum nimmt mich wieder in den Arm.
„Mum…“ stöhne ich leicht genervt.
„Sie hat Recht Süße!“ mein Dad kommt die Treppe wieder runter und lächelt mich triumphierend an.
„Ich arbeite nicht zu viel…“ wehre ich ab „… Hyatt & McCormick fördern mich und ich bin wirklich dankbar dafür.“
„Lex, du bist eine richtige Anwältin…“ Dec lacht schief „Warum arbeitest du in so einer großen, seelenlosen Kanzlei. Das passt nicht zu dir.“
„Oh doch Dec, das passt zu mir. Ich kann meine Fälle selbst auswählen und muss nicht nehmen was kommt. Ich kann Familienrecht machen, so wie ich es mir gewünscht habe und habe gleichzeitig die Möglichkeit mich in Betriebsrecht weiter zu bilden.“ Ich folge meiner Mum in die Küche und drehe mich zu Dec um „Außerdem zahlen sie mir ein Jahresgehalt von 120.000 Dollar.“
„Wow.“ Er sieht mich erstaunt an „Ich wusste nicht, dass du so teuer bist.“
„Dec, ich habe mit Summa cum laude als eine der Besten an der UCLA abgeschlossen. Glaub mir, ich weiß, was ich Wert bin.“ Ich setze mich an den Küchentisch und meine Mum reicht mir eine Tasse Kaffee. „Auch wenn ich dafür an die 50 Stunden in der Woche arbeiten muss.“
Clover lässt sich auf meinen Füßen nieder und ich grinse, manche Dinge ändern sich eben nie.
„Aber du kannst doch nicht allen Ernstes darüber nachdenken für immer bei denen zu bleiben?“ mein Dad sieht mich entgeistert an.
„Ich weiß es nicht…“ ich zucke mit den Schultern „Eigentlich hatte ich vor letzten Winter zu wechseln, als meine Referendarszeit vorbei war. Aber Mr. McCormick hat mir einfach das bessere Angebot gemacht.“
„Wir O’Fallons waren niemals nur scharf auf das Geld.“ Mein Dad sieht mich mit einem unergründlichen Blick an.
„Dad, ich habe ein Appartement direkt am Strand in Newport Beach, ich fahre einen Sportwagen und ich gehe shoppen wenn mir danach ist. Ich finde das nicht verwerflich.“ Ich versuche zu lächeln.
„Aber macht dich das auch glücklich?“ meine Mum schenkt mir ebenfalls einen ihrer unergründlichen Blicke.
„Ja Mum.“ Erwidere ich nicht sehr überzeugend und ärgere mich über mich selbst.
In einem Gerichtssaal macht mir keiner etwas vor, aber hier fühle ich mich plötzlich wieder wie das kleine Mädchen.
„Nun lassen wir Lexie mal in Ruhe, sie hat Urlaub und soll sich von dem Stress erholen.“ Wirft mein Dad in die Runde und ich sehe ihn dankbar an.
„Gut, dann kommen wir jetzt zu angenehmeren Themen…“ Dec klatscht in die Hände „Also Lex, eigentlich macht man ja so etwas nicht…“ er grinst mich an „… Aber ich hätte dich gerne auf meinem Junggesellenabschied dabei.“
„Ich auf deinem Junggesellenabschied?“ ich sehe ihn erstaunt an.
Klar, waren Dec und ich früher fast jedes Wochenende zusammen weg bis ich anfing in Dublin zu studieren, aber ein Junggesellenabschied sollte doch eigentlich nur für Männer sein, oder?
„Sarah meint, du kannst auch gerne auf ihrem Jungesellinnenabschied mit, aber ich gebe zu, ich will meine kleine Schwester gerne bei mir dabei haben.“ Er zwinkert mir zu.
„Ich strippe aber nicht.“ Lache ich.
Er lacht auf „Nein, nein… Ich denke um das Unterhaltungsprogramm wird sich Logan kümmern.“ Er zwinkert mir zu.
„Und du bist dir wirklich sicher, ihm die ganze Sache anzuvertrauen?“ ich ziehe skeptisch eine Augenbraue hoch.
„Ja sicher, er ist doch einer meiner Trauzeugen…“ seine Augen blitzen schelmisch auf „Womit wir beim nächsten Thema wären. Alexa Sophie Rose O’Fallon möchtest du meine Trauzeugin sein?“
„Was?“ ich sehe ihn erstaunt an.
„Willst du meine Trauzeugin sein?“ wiederholt er und ich grinse.
„Declan Patrick James O’Fallon…“ ich nicke ihm zu „Es wäre mir eine Ehre deine Trauzeugin zu sein.“ Antworte ich feierlich.
„Ich danke dir.“ Er küsst meine Hand.
„Spinner.“ Ich ziehe sie weg und meine Mum und mein Dad lachen.
„Kaum sitzt ihr beide wieder zusammen an einem Tisch und es kommt mir vor als wären nicht 5 Jahre sondern nur 5 Minuten vergangen, als wir das letzte Mal hier alle zusammen gesessen haben.“ unser Dad steht auf und legt seine Arme um uns „Meine beiden Kleinen!“ seufzt er theatralisch.
„Dad!“ kommt es von mir und Dec gleichzeitig, aber da ist es auch schon zu spät. Unser Dad drückt jedem von uns einen feuchten Schmatzer auf die Wange.
„Daddy.“ Jammere ich und meine Mum strahlt.
„Wie viele Brautjungfern und Trauzeuge haben Sarah und du jetzt?“ fragt Mum Dec, als wir uns alle ein wenig beruhigt haben und Dad uns endlich aus seinem Schraubstockartigem Griff entlässt.
„Sarah hat 4 Brautjungfern und ich mit Lex jetzt vier Trauzeugen.“ Er zählt es an den Fingern ab und ich verkneife mir ein lachen.
„Du Lexie, meinst du, du kannst morgen ein wenig mit anpacken?“ mein Dad sieht mich an du ich bin so überrascht von der Frage, das ich glatt vergesse Dec zu fragen wer denn alles seine Trauzeugen sind.
„Wobei?“ finde ich meine Sprache wieder.
„John hat morgen frei…“ er sieht auf den Kalender „Kannst du die Schafe raus lassen und die Pferde auf die Koppel bringen? Dec und ich müssen das Korn rein holen.“ Erklärt er mir.
Und schon bin ich wieder Mitten drin im Familienbetrieb O’Fallon.
Ich überlege einen Moment und kann mich nicht daran erinnern in den letzten 5 Jahren auch nur einmal harter körperlicher Arbeit nachgegangen zu sein. Ich ringe mich durch und lächle.
„Klar Dad.“ Ich nicke ihm zu.
„Vielleicht sollest du dazu dein Pumps und deine Kleidchen im Schrank lassen.“ Neckt mich Dec.
„Echt? Ich wollte so los…“ ich gebe ihm einen Klaps „Stell dir vor, ich habe auch ganz normale Jeans mit und weißt du was…“ ich sehe ihn mit großen Augen an und er lacht „… Stell dir vor, ich besitze Turnschuhe…“ Ich schlage die Hand gespielt schockiert von meinen Mund „Ich gehe nämlich jeden morgen joggen… Weißt du.“ Erkläre ich ihm. Dass die Jeans von Calvin Klein und die Turnschuhe eine Sonderanfertigung von Nike sind verschweige ich wohl lieber.
„Nein, weiß ich nicht. Aber woher auch?“ antwortet er mir und ich höre den Vorwurf aus seiner Stimme.
„Dec bitte.“ Ich sehe ihn flehentlich an.
„Wann fliegst du denn wieder zurück?“ Meine Mum versucht vom Thema abzulenken.
„So schnell wie möglich.“ Sagt Dec für mich und ich sehe ihn böse an.
Ich kenne Dec… ich kenne, oder kannte, ihn besser wie mich selbst. Ich weiß, im Grunde genommen ist er nicht böse auf mich, er versteht es nur nicht…
„Ich fliegen am 22. zurück.“ Antworte nun ich.
„Na, ja heute ist der Tag schon fast rum. Dann hast du ein schönes Wochenende mit Dec und die Hochzeit.“ Meine Mum sieht mich traurig an.
Ich kann es nicht ertragen…
Warum sehen mich alle an wie eine Schwerverbrecherin?
Nur weil ich es gewagt habe Irland den Rücken zu kehren?
„Ich lege mich hin, ich bin total erschlagen von der Zeitumstellung und muss mich erst einmal ausschlafen.“ Ich stehe auf, ich gehe zu Dec und umarme ihn im Sitzen von hinten.
„Ich habe dich lieb Dec.“ Sage ich leise und er schnauft nur.
„Bis morgen.“ Sage ich zu meinen Eltern und steige die Treppe hoch.
Dann stehe ich in meinem alten Zimmer, kaum zu glauben dass ich das letzte Mal hier geschlafen habe als ich 22 war. Ich drehe mich um meine eigene Achse. Alles sieht genauso aus. Meine Mum hat nichts verrückt oder von seinem Platz genommen. Ich fahre mit der Hand über meinen Schreibtisch, wie viele Stunden habe ich an ihm zugebracht und gelernt. Ich wollte immer die Beste sein und war es schließlich auch fast immer.
Mein Dad hat die Koffer einfach nur ins Zimmer gestellt und ich beginne ein paar Sachen in den Schrank zu räumen. Ein paar Kleider hängen noch im Schrank, einige Jeans liegen in den Fächern und meine Cowboystiefel stehen daneben. Ich packe meine neuen Sachen dazu und nehme mir vor die alten, brauen Cowboystiefel mit nach Newport zu nehmen. Kann ja nicht schaden, ich habe gehört die kommen wieder in Mode.
Ich suche mir schließlich ein langes T-Shirt raus und gehe ins Bad, welches sich gegenüber meinem Zimmer befindet.
Ich betrete das Bad und noch immer steht der alte, große Holzzuber in der Mitte des Raumes, meine Eltern haben ihn vor langer Zweit aufarbeiten lassen und er ist in meinen Augen die perfekte Badewanne. Alles ist sehr rustikal eingerichtet und kein Vergleich zu meinem Bad zu Hause, dort sticht einem eher Chrom, Glas und schwarze Fliesen ins Auge. Hier hingegen, Holzfußboden, der Badezuber und zwei Waschtische neben der Dusche. Liebvoll gefaltete Handtücher und hier und da Trockenblumen und Kerzen.
Ich genehmige mir eine heiße Dusche und als ich heraus trete und in den Spiegel schaue, da erkenne ich fast nichts mehr in mir, von der Alexia die mal hier gewohnt hat…
Ich rubbele meine langen hellbraunen Haare trocken und binde sie mir im Nacken zusammen, dann schlüpfe ich in das T-Shirt und Hotpants und laufe wieder über den Flur in mein Zimmer.
Ich sehe auf das große, alte Bett welches unter der Dachschräge steht.
Seufzend setze ich mich auf die Bettkante und streiche über die geblümte Bettwäsche.
Ich schließe kurz meine Augen und krieche dann ins Bett. Fast denke ich, ich kann ihn immer noch neben mir spüren. Aber eben nur fast… er ist gegangen und ich auch.
Am nächsten Morgen fühle ich mich erstaunlicher Weise ausgeruht und fit, ich springe quasi aus meinem Bett und mache mich Bad frisch. Ein Blick nach draußen verrät mir, dass es auch hier in Irland so etwas wie Sommer gibt, die Sonne scheint vom wolkenlosen Himmel.
Ich ziehe mir eine Jeans und ein weißes Top an und schlüpfe in meine Cowboystiefel.
Voller Elan laufe ich die Treppe runter und treffe in der Küche auf meine Mum.
„Guten Morgen!“ rufe ich ihr zu und schnappe mir einen Toast.
„Setz dich wenigstens zum Frühstück hin.“ Ermahnt sie mich.
„Später Mum!“ rufe ich ihr zu und sie lacht.
Auf dem Hof ist ein munteres Treiben, denn wenn die Ernte in vollem Gange ist, dann hilft jeder jedem. Wir haben Mitte August und jetzt wird alles geerntet was geht, vor allen Dingen bei einem solchen Wetter wie heute.
„Wenn das nicht die kleine Lexie ist!“ Jake Finnegan lächelt mich an und wirbelt mich Augenblicke später durch die Luft.
„Der alte Jake Finnegan.“ Lache ich „Unverbesserlich wie eh und je!“
„Das man dich mal wieder zu Gesicht bekommt…“ er sieht mich prüfend von allen Seiten an. „Hey Charlie, deine Kleine ist ja eine richtige Augenweide.“ Ruft er meinem Dad zu.
„Ich weiß Jake, ich weiß.“ Winkt mein Dad ab „Und jetzt lass sie los, sie kümmert sich heute um die Schafe und die Pferde.“
Ich winke meinem Dad zu und gehe zuerst zu den Schafen und mache das Gitter auf.
„Clover!“ rufe ich und er kommt um die Ecke gesprintet.
„Los auf.“ rufe ich ihm zu und er beginnt die Schafe auf die Weide zu treiben.
Nach nur 10 Minuten kann ich das Gitter schließen und pfeife nach Clover.
„Gut gemacht mein Junge.“ Lobe ich ihn und gebe ihm ein Leckerli aus meiner Tasche.
„Na komm, wir gehen Mal nach den Pferden schauen.“ Ich gehe mit Clover zusammen rüber in die Stallungen.
Meine Eltern haben 10 Pferde verschiedner Rassen und an die 300 Schafe, als Kind fand ich es hier so toll und konnte mir nicht vorstellen jemals wo anders zu wohnen.
Tja, jetzt bin ich erwachsen.
Ich bringe jedes Pferd einzeln auf die Koppel. Zuletzt komme trete ich an die letzte Box der linken Seite und werfe einen Blick hinein.
„Buttercup.“ Flüstere ich und schiebe die Tür auf. Sie kommt zu mir und stupst mich leicht. Ich fahre ihr über die Nüstern und sie schnaubt.
„Na meine Süße. Ich weiß, ich war lange nicht da.“ Ich sehe in ihre wunderschönen braunen Augen.
Ich habe Buttercup mit 18 von meinen Eltern bekommen, schon jahrelang habe ich mir einen Irish Tinker gewünscht und zur Volljährigkeit haben sie mir endlich diesen Wunsch erfüllt. Ich bekam sie mit knapp 5 Monaten und sie war anfangs alles andere wie einfach. Sie ließ sich nicht führen und vom Reiten ganz zu schweigen. Ich verbrachte Tage und Wochen damit sie an mich zu gewöhnen und schließlich vertraute sie mir und ich ritt das erste Mal auf ihr. Es endete mit einem Besuch in der Notaufnahme des Tralee Central Hospitals. Sie hat mich abgeworfen, ich hatte mir das Schlüsselbein gebrochen und eine Platzwunde über meinem linken Auge musste genäht werden.
Sie hört nur auf mich und lässt auch nur mich auf sich reiten.
Es ist immer noch so.
Meine Mum hat es mir erst vor ein paar Monaten wieder gesagt, sie und Dad überlegen sie zu verkaufen.
„Du musst lieb sein meine Hübsche…“ ich kraule sie leicht und sie schmiegt sich an mich „… Ich kann dich nicht zu mir holen.“ Ich lege meinen Kopf an ihren „Hör mir zu…“ ich halte ihren Kopf fest „Du musst auch mal jemand anderen reiten lassen, sonst verkaufen Mum und Dad dich und ich sehe dich nie wieder.“ Erkläre ich ihr eindringlich.
Ich nehme sie an die Zügel und betrachte sie.
„Du bist wirklich ein Schmuckstück.“ Lächle ich. Buttercup ist schwarz-weiß gescheckt mit weißen Puscheln und langer weißer Mähne, sie ist bildhübsch.
Ich trete mir ihr auf den Hof.
„Was meinst du?“ ich sehe sie an und klettere auf den Koppelzaun.
„Lexie! Überleg dir das gut!“ ruft mein Dad, der mich viel zu gut kennt, zu.
Ich lächle nur und schwinge mich auf Buttercups Rücken.
´Das ist definitiv höher, als ich es in Erinnerung hatte. ` ich atme tief durch.
„Komm meine Hübsche.“ Sage ich sanft und sie galoppiert los. Ich halte mich an ihrer Mähne fest und fühle den Wind in meinem Gesicht.
Glücklich lache ich.
Das ist mein Mädchen!
Das ist Irland…
Ich reite eine große Runde um die Koppel und die Weide herum, dann zurück zum Hof.
Mit einem geschickten Sprung von ihrem Rücken habe ich wieder festen Boden unter den Füßen.
„Immer noch unsere Lex.“ Jake grinst mich an.
„Immer noch unser Jake.“ Gebe ich zurück und entlasse Buttercup auf die Koppel.
„Na meine Süße! ...“ mein Dad tritt hinter mich „… Meinst du, du hast es noch drauf?“ er zwinkert mir zu und ich sehe zu Jake.
„Aber sicher.“ Gebe ich zurück.
Jake springt in seinen Traktor und ich in den von meinem Dad. Ich glaube, ich konnte Traktor fahren bevor ich Fahrrad fahren konnte.
Jake grinst mich an und ich starte den Motor und genieße das ungewohnte vibrieren unter mir.
„Bis zur Koppel! Holz auf die Schaufel und zurück!“ ruft mein Dad uns zu und ich nicke.
Er schwenkt mit einem Tuch und Jake und ich fahren los. Das hier hat nichts mit Schnelligkeit, sondern eher was mit Geschicklichkeit zu tun, denn man muss schon ganz genau wissen wie man so einen Baumstamm richtig in die Schaufel bekommt.
Tatsächlich habe ich nichts verlernt und komme als Erste ins Ziel.
„Das ist meine Tochter!“ ruft mein Dad stolz und hebt mich aus der Fahrerkabine unseres alten John Deere Traktors.
Die anderen Entehelfer applaudieren und ich verbeuge mich.
„Du hast es immer noch drauf Lex.“ Dec kommt zu mir.
„Und du kannst mir immer noch nicht lange böse sein.“ Ich ziehe ihn in meine Arme.
„Schau dich an Lex, du gehörst hier her.“ Er drückt mich fest an sich.
„Nicht mehr.“ Sage ich traurig.
„Na, na wenn ich nicht genau wüsste, das das Alexa O’Fallon ist, dann würde ich glatt die Hochzeit abblasen.“ Ertönt eine fröhliche Stimme hinter uns und Dec lässt mich lächelnd los.
„Hey Sarah!“ begrüße ich sie stürmisch und wir fallen uns um den Hals.
„Oh Lexie, man ist das schön dich zu sehen.“ Sie streicht mir eine Strähne hinters Ohr, die sich aus meinem Zopf gelöst hat.
„Ich kann es nicht glauben, dass mein Bruder eine Hammerbraut wie dich abbekommen hat.“ Ich grinse Dec an und er hält mich an den Armen fest und drückt mir von hinten einen Kuss ins Ohr.
„Oh Dec, du bist eklig!“ quieke ich und mache mich von ihm los.
„Strafe muss sein.“ Er geht zu Sarah und gibt ihr einen Kuss. „Und wie steht es mit den Plänen für übermorgen?“ er grinst sie an.
„Glaub mir, wenn wir alles durchziehen was de Mädels geplant haben, dann schlafe ich zwei Tage danach durch.“ Sie sieht ihn an und gibt ihm einen weiteren Kuss.
Die Beiden sehen so wahnsinnig glücklich aus und ich schlucke schwer.
„Ich wünsche dir und deinen Mädels viel Spaß!“ wüsche ich ihr „Ich geh mal gucken, ob Dad noch Hilfe braucht.“
„Lexie, du kannst auch mitkommen.“ Bietet sie mir schnell an und ich grinse.
„Nein danke, ich werde mit Dec und den Jungs los.“ Erkläre ich ihr.
„Du glaubst doch nicht, dass ich meinen Junggesellenabschied ohne Lex feiere.“ Dec legt seinen Kopf schief.
„Wie konnte ich nur.“ Lacht Sarah und ich gehe in Richtung Feld.
Ich setze mich auf den Zaun und sehe den Erntearbeiten eine Weile zu.
Ich möchte mich hier nicht so wohl fühlen…
Ich will mich schlecht fühlen, damit ich weiß, dass meine Entscheidung richtig war.
Aber ich fühle mich wohl…
In Jeans, Top und Cowboystiefeln…
Zum Mittag ruft meine Mum alle Männer rein und in unsere Küche geht es zu wie in einer Kantine.
Ich setze mich auf die Bank unter dem Küchenfenster und höre den Gesprächen einfach nur zu.
Ich fühle mich, als ob ich nie weg gewesen wäre.
Aber ich war weg…
Viel zu lange, wie mir scheint.
„Worüber denkst du nach?“ Dec setzt sich zu mir. Ich lächle leicht und ziehe meine Beine an um sie mit meinen Armen zu umschlingen.
„Auch das machst du immer noch…“ stellte er grinsend fest.
„Was?“ ich lege meinen Kopf auf mein Knie und sehe ihn an.
„Immer wenn du irgendein Problem hast, dann setzt du dich irgendwo hin und rollst dich möglichst klein zusammen.“ Er schubst mich leicht.
„Dec…“ setze ich an und breche wieder ab.
„Irgendwann erzählst du es mir.“ Er haucht mir einen Kuss auf die Stirn und zieht mich in seine Arme.
Ich hätte es ihm sagen müssen, nicht jetzt eben….
Sondern schon vor 6 Jahren…
Aber ich kann nicht.
„Wie sieht es eigentlich an der Liebesfront im fernen Kalifornien aus?“ er legt seinen Kopf auf meine Schulter.
„Trüb.“ Gestehe ich.
„Was ist denn da bloß los?“ murmelt er, weil ich anfange ihm den Rücken zu kraulen.
„Keine Ahnung.“ Sage ich leise.
„Mal ehrlich…“ er blickt mich gegen die Sonne an „Du bist klug und wahnsinnig hübsch.“
„Dec, du musst so etwas sagen, du bist mein Bruder.“ Erwidere ich grienend.
„Nein, jetzt Mal abgesehen davon das ich dein Bruder bin. Lex, du hast Beine um die dich jede Frau beneidet und einen Busen um den dich selbst Sarah beneidet, du hast wunderschöne grasgrüne Augen und ein lächeln, bei dem mir warm ums Herz wird. Ich kenne mindestens 100 Kerle, die dich entweder sofort abschleppen würden oder sich mit deinem Foto in ihr Zimmer zurück ziehen würden.“ Erklärt er trocken und ich lache auf.
„Ehrlich Dec, du hast einen Knall.“ Ich schüttele sachte meinen Kopf.
„Ich glaube es liegt nicht an meinem Aussehen, es liegt an mir. Ich denke, ich bin schwierig was Beziehungen angeht, seit…“ ich breche ab und kaue auf meiner Unterlippe herum.
„Seit Fin…“ vervollständigt er meinen Satz und ich schweige.
„Was ist nur damals passiert? Erst verlässt er mit wehenden Fahnen Irland und geht nach Australien und ein Jahr später bist auch du weg, nur in die andere Richtung.“ Er kommt von meiner Schulter hoch und ich weiche seinem Blick aus.
Eine Weile schweigen wir, etwas was ich mit Dec am Besten kann, denn da fühlt es sich Richtig an.
Dec und ich stehen uns schon seit unserer frühsten Kindheit sehr Nahe und ich merke jetzt wieder, was mir so sehr in Newport fehlt.
Er fehlt mir, meine Familie fehlt mir und ja… Irland fehlt mir.
„Nimmst du das eigentlich immer noch nicht ab?“ er deutet plötzlich lächelnd auf mein schwarzen Lederarmband an meinem rechten Handgelenk. Es ist 6 cm breit und ich trage es seit meinem 21. Geburtstag…
„Nein.“ Gebe ich grinsend zu.
Ich trage es wirklich immer, seitdem ich es habe… Ich habe es nur ein einziges Mal abgenommen.
„Na komm, wir fahren noch ein bisschen Traktor, damit du wieder eine irische Landbraut wirst.“ Er steht langsam auf und hält mir seine Hand hin. Lächelnd ergreife ich sie und wir gehen Arm in Arm zu den anderen.
Die Einteilung verläuft spielend und ehe ich mich versehe fahre ich mit dem Traktor und der angekoppelten Dreschmaschine meine Runde auf dem Feld.
Zum Abend lässt es sich mein Dad nicht nehmen und gibt ein großes Barbecue für alle. Es wird gelacht, getanzt und ich genieße es so sehr mal wieder mit meinem Dad zu tanzen.
Ich falle wie erschlagen um 22 Uhr ins Bett und werde erst wieder wach, als die Sonne schon hoch am Horizont steht.
Ich sehe auf meine Uhr, kurz nach 12 Uhr mittags, scheint als hätte mich die Landluft ausgeknockt.
Nur im BH, drüber ein weites T-Shirt von Dec und Jeansshorts gehe ich runter in die Küche und werde von allen Erntehelfen mit Pfiffen empfangen. Ich mache einen höflichen Knicks und fahre mir durch die Haare.
Barfuss wie ich bin, gehe ich in den Stall und hole mir Buttercup. Ich setze noch im Stall auf und reite mit ihr wie der Wind übers Feld. Es ist ein so schönes Gefühl, ich habe es schon früher geliebt ohne Sattel auszureiten, aber jetzt, nachdem ich es so lange nicht gemacht habe, ist es umso schöner.
Als ich wieder zurück komme sieht mein Dad mich lächelnd an und ich setze ab und bringe Buttercup auf die Weide.
„Na, wieder in Irland angekommen?“ grinst er mich an.
„Ja.“ Ich lehne mich an seine Brust.
„Da hat noch jemand den Weg zurück gefunden…“ er deutet über den Innenhof und ich merke wie mir sämtliche Farbe aus dem Gesicht weicht.
„Finlay.“ Sage ich kaum hörbar.
Unsere Blicke treffen sich und auch Dec entdeckt mich.
Ich drehe mich um und laufe einmal quer über die Weide, nach der Weide kommen die Klippen, aber das ist mir egal…
Ich muss weg, ganz weit weg…
Ich höre Dec nach mir rufen und ich weiß, er läuft mir hinterher. Leider weiß ich auch, wie schnell er ist und als mich kräftige Arme festhalten und mich umdrehen, erkenne ich, dass er nichts von seiner Schnelligkeit eingebüßt hat.
„Weglaufen hmm?“ er sieht mich an „Was glaubst du, wie weit du kommst? Willst du den Atlantik durchschwimmen?“
„Ich kann es versuchen.“ Sage ich leise und merke, wie viel Selbstbeherrschung ich brauche, um nicht in Tränen auszubrechen.
„Komm, ihr seid beide erwachsen, benehmt euch bitte auch so.“ er sieht mich flehend an. „Lex, ich heirate nur einmal im Leben.“
Ich nicke zaghaft und gehe dann neben ihm her, erst jetzt merke ich wie viele spitze Steine hier liegen und Dec grinst mich an.
„Spring auf.“ Sagt er und ich springe auf seinen Rücken. „Ohne Schuhe…“ er schüttelt lebhaft seinen Kopf „… du wirst dich nie ändern.“ Murmelt er vor sich hin.
Nach 10 Minuten sind wir wieder am Hof und Finlay steht bei meiner Mum.
Ich vergrabe mein Gesicht an Declans Hals.
„Absteigen.“ Sagt er sanft und lässt mich wieder runter.
„Ich gehe mich anziehen.“ Ich drehe mich um, aber ich komme nicht weit, denn Dec hält mich fest.
„Möchtest du nicht Fin Hallo sagen?“ er zieht mich wieder zu sich und hält mich fest.
Ich sehe auf, seine Augen sehen auch nach all der Zeit noch traurig und verletzt aus und ich schlucke schwer.
„Hallo Finlay.“ Sage ich leise.
„Hallo Alexa.“ Seine Stimme klingt viel selbstsicherer wie meine und ich sehe zu Boden.
„Stell dir vor Lexie, Fin will sich tatsächlich in irgend einem Hotel in Tralee ein Zimmer nehmen…“ meine Mum übersieht entweder meine grenzenlose Unsicherheit oder sie möchte sie gerade nicht sehen „… Jedenfalls habe ich ihm Declans Zimmer angeboten, der Junge kann ja nicht jedes Mal eine halbe Stunde fahren, wenn was wegen der Hochzeit besprochen werden muss.“
Ich sehe sie an und sie tätschelt meine Wange.
„Er war schließlich noch länger nicht hier wie du.“ Sagt sie und ich höre wieder diesen vorwurfsvollen Unterton.
„Ich bleibe nur, wenn es dich nicht stört.“ Sagt Finlay und ich schüttele leicht meinen Kopf.
„Es ist ja nicht mein Haus, also wenn meine Mum dich einlädt, dann sollte deine Entscheidung nicht von mir abhängig sein.“ Erkläre ich und ich weiß, ich habe meine Gerichts-Stimmlage drauf.
„Darf ich mich jetzt anziehen?“ ich sehe zu Dec und er lässt mich los.
Ich gehe hoch in mein Zimmer und hoffe inständig, das er den Vorschlag meiner Mum ablehnt, aber als ich höre wie polternde Schritte die Treppe hoch kommen, da weiß ich, das ich verloren habe…
Ich setze mich auf mein Bett und schließe meine Augen.
Ich kann das nicht, ich kann das einfach nicht…
Das ist zu viel.
Viel zu viel…
´Denk nach Alexa, denk nach…` beschwöre ich mich.
Ich springe auf und gehe in die Küche, wo ich meine Mum, Dec und Finlay vorfinde.
„Wolltest du dich nicht anziehen?“ Dec sieht mich fragend an.
„Ich muss zurück nach Newport, meine Kanzlei hat angerufen. Ein Fall der erst in zwei Wochen verhandelt werden sollte, wurde vorverlegt…“ ich sehe zu Dec.
„Oh Nein…“ er steht auf und kommt auf mich zu „… Das tust du nicht.“ Er sieht mich böse an.
„Ich muss…“ versuche ich gegen ihn anzukommen.
„Alexia Sophie Rose O’Fallon, du bleibst mit deinem Hintern hier in Irland…“ er nimmt meine Hand fest in seine „Wenn du gehst, dann brauchst du nie wieder kommen.“ Sagt er Ernst und ich weiß, dass er es auch so meint. „Nie wieder.“ Wiederholt er.
Ich schlucke schwer.
„Dec…“ setze ich erneut an.
„Nein Lex...“ unterbricht er mich „… Ich lasse es nicht zu…“ er sieht zu Finlay „Was immer bei euch beiden vorgefallen ist, es ist 6 Jahre her und ihr beide lebt eure eigenen Leben. Finlay mit seiner Verlobten in Sydney und du in Newport.“ Er sieht zwischen uns hin und her. „Ich möchte mich für meine Hochzeit nicht zwischen meiner Schwester und meinem besten Freund entscheiden müssen.“ Er sieht mich an und lässt mich los.
„Ich werde noch mal mit meiner Kanzlei sprechen.“ Erwidere ich kleinlaut.
„Vielleicht sollest du dann dieses Mal auch dein Handy mitnehmen.“ Dec deutet auf mein Handy mitten auf dem Küchentisch.
Ich schließe gequält meine Augen und mache auf dem Absatz kehrt.
Ich lege mich auf mein Bett und weine bittere Tränen.
So blöd muss man erst einmal sein…
Mehr noch, wie die ohnehin schon peinliche Situation, hat sich das Wort Verlobte im Zusammenhang mit Finlay in mein Gedächtnis gebrannt.
Wenigstens einer von uns hat es geschafft, wieder glücklich zu werden…
Irgendwann klopft es meiner Tür, ich wische meine Tränen beiseite und setze mich hin.
„Herein.“ Sage ich und versuche normal zu klingen.
Dec steckt seinen Kopf herein und ich sehe ihn entschuldigend an.
„Hey.“ Sagt er sanft und setzt sich zu mir.
„Du wirst es mir nie sagen, oder?“ fragt er und sieht mich an.
Ich zucke nur mit den Schultern und sehe auf meine Hände.
„Fin schweigt sich auch aus.“ Gibt er zu „Er will jetzt doch in ein Hotel und nachdem was eben los war, hat ihm Mum bei den Finnegans ein Zimmer organisiert.“ Er zwingt mich ihn anzusehen. „Versucht bitte vernünftig miteinander umzugehen. Ich habe auch Finlay darum gebeten und er sagt, er wird das wohl eine Woche hinbekommen. Und wie sieht es mit dir aus?“
„Ja.“ Sage ich und nehme ihn in den Arm.
„Was ist so schlimm, das du meine Hochzeit deswegen verpassen würdest?“ er streicht mir eine Strähne aus dem Gesicht und ich sehe wieder auf meine Hände.
„Okay Lex, ist angekommen…“ er steht auf „Mach dich fertig, die anderen sind in einer Stunde da.“ Er gibt mir einen Kuss auf die Haare. „Und mach dich fein, wir Männer tragen alle schwarze Anzüge.“ Er zwinkert mir zu.
Ich lasse mich nach hinten auf Bett fallen und schließe kurz meine Augen.
„Komm schon Lexie, du schaffst das, reiß dich für Dec zusammen!“ rede ich mir selber gut zu und gehe an meinen Schrank.
Wenn die Männer schwarze Anzüge tragen, dann werde ich mich in mein neu erstandenes Kleid werfen. Ich wusste, ich brauche es für irgendwas… Zur Hochzeit hat mir ja bereits meine Mum ein Kleid ausgesucht. Ich habe es noch nicht gesehen, aber ich befürchte das Schlimmste.
Ich gehe ins Bad und mache mich fertig. 1 ½ Stunden später werfe ich einen letzten, prüfenden Blick in den Spiegel.
Das Kleid ist dunkelblau, es schmiegt sich eng an meinen Körper und der Rückenausschnitt lässt nicht einmal ein Höschen zu, denn er endet nur knapp über dem Steißbein. Auch der vordere Ausschnitt hat einiges zu bieten, er geht mir bis kurz unter den Bauchnabel und hätte mir die Verkäuferin nicht zu einem doppelseitigen Tape geraten, dann hätte ich ein wirkliches Problem. Aber so sitzt alles an Ort und Stelle. Das Kleid ist mehr wie aufreizend, aber es wirkt nicht im Geringsten billig.
Ich weiß nicht, wem ich was beweisen will, aber ich rede mir mal einfach ein… niemandem.
Ich habe meine Haare locker hoch gesteckt und hier und da fallen einzelne Strähne auf meine nackte Schulter.
Ich nehme mir noch einen schwarzen Blazer mit und schlüpfe in meine schwarzen Pumps. Ich will mir zwischen Dec und seinen Freunden nicht immer so klein vorkommen, denn die sind alle so groß wie er.
Langsam komme ich dir Treppe runter und meine Mum schlägt ihre Hand vor den Mund.
„Wow Lex!“ Dec sieht mich staunend an. „Also wenn ich dich so sehe, dann solltest du vielleicht doch noch strippen. Das Kleid ist der Hammer.“
„Danke Dec…“ ich nehme vorsichtig die letzten beiden Stufen, das Kleid ist bodenlang und hat somit einige Tücken „… Dafür war es auch teuer genug.“ Ich zwinkere ihm zu.
„Na, komm…“ er nimmt meine Hand „… Schau mal mit was Logan uns abholt.“ Er deutet nach draußen und es steht eine schwarze große Limousine auf dem Hof.
„Wow, wo hat er die denn her?“ grinse ich.
„Ich weiß, du kennst so etwas, aber für mich ist das neu.“ Dec zieht mich weiter und wir treten auf die Veranda.
Logan sprint aus der Limo und grinst uns an.
„Tatata… es kann los gehen Männer!“ ruft er übermütig und ich ziehe eine Augenbraue hoch „Und Ladies natürlich.“ Er nickt mir zu.
Dec und ich steigen die Stufen runter und Logan nimmt mich in den Arm.
„Du siehst wirklich schick aus Lexie.“ Sagt er anerkennend.
„Du aber auch Logan.“ Gebe ich zurück.
Doch wirklich, Dec und Logan sehen richtig gut aus in ihren schwarzen Anzügen mit den Krawatten.
„So, dann holen wir noch Nick und Fin ab und dann geht es los!“ Logan klatscht in die Hände und hilft mir beim einsteigen.
Ich krieche ziemlich nach hinten durch und versuche gleichmäßig zu atmen. Irgendwie habe ich ein ungutes Gefühl, was diesen Abend betrifft.
Wir fahren zu Nick nach Hause und sammeln erst ihn ein.
„Lexie!“ begrüßt er mich strahlend und umarmt mich fest „Es ist schön, das du Dec diese Freude machst.“ Er knufft mich leicht.
Ich lächle und er setzt sich neben mich.
„So, nur noch Fin und dann sind wir alle da.“ Logan geht an die Trennwand und lotst den Chauffeur zu den Finnegans.
Finlay steigt ein und wird erst einmal von allen überschwänglich begrüßt.
„Es ist nicht zu glauben, du hast den Weg aus dem Outback tatsächlich zurück gefunden.“ Lacht Logan und die Jungs machen sich ein Bier auf.
„Ich wohne in Sydney.“ Lacht Finlay.
„Willst du auch eins?“ Nick hält mir ein Bier vor die Nase.
„Klar.“ Gebe ich zurück und er öffnet mir die Flasche.
Finlay sitzt mir gegenüber und ich schaffe es nicht ihn anzusehen, aber ich bemerke sehr wohl, dass er in dem schwarzen Anzug unheimlich gut aussieht. Als er einstieg habe ich bemerkt, das er seine schwarzen Haare jetzt nach oben gegelt trägt und das der drei Tage Bart ihn außerordentlich gut steht.
Im Allgemeinen finde ich Männern in Anzügen sehr schick, aber bei ihm kommt auch noch eine gewisse Lässigkeit ins Spiel und das ist wirklich eine perfekte Mischung. Er ist immer noch gut durch trainiert und ich frage mich, ob er noch joggt… so wie früher.
„Arbeitest du immer noch an der Highschool wo du damals angefangen hast?“ Nick sieht gespannt zu Finlay.
„Ja, ich arbeite noch an der privaten Highschool, am Taylors College.“ Er lächelt in Nicks Richtung.
„Und immer noch Sport und Mathe sowie unser Dec?“ erkundigt sich Nick weiter.
„Das auch, aber ich habe auch drei Klassen in Geschichte und zwei in Musik übernommen, man muss sich ja weiter bilden.“ Finlay zwinkert Dec zu und dieser lacht.
„In was für einen Club fahren wir eigentlich?“ Finlay sieht zu Logan, der ja diesen Abend geplant hat.
„Wir fahren erst ins Casino nach Killarny und dann haben wir VIP Reservierungen für den Buster Club.“ Erklärt er stolz.
Der Buster Club in Killarny ist eine gehobene Bar, aber ich weiß auch, das die dort zu gewissen Anlässen Stripteasetänzerinnen organisieren und ich weiß, ich werde heute wohl eine zu Gesicht bekommen.
Nick scheint meine Gedanken zu erraten.
„Du kannst ja mitmachen.“ Scherzt er.
„Nein danke.“ Winke ich ab und Logan und Dec grinsen mich an.
„Schade Lex.“ Dec zieht eine Schnute.
„Du willst doch deinen Kindern später nicht erzählen, ihre Tante hat auf deinem Junggesellenabend gestrippt. Das ist erbärmlich.“ Lächle ich.
Nun lachen wir alle und leere meine Bierflasche fast mit einem Zug.
„Hast du Durst?“ lacht Logan.
„Hey, ich habe einen ganzen Abend mit euch Chaoten vor mir und ich brauche, wohl oder übel, ein wenig zu trinken, um das zu überstehen.“ Erkläre ich ihm und tätschele ihm seine Wange.
Nach einer knappen Stunde erreichen wir das Casino und Nicky hilft mir Gentlemanlike aus der Limousine.
Logan bespricht mit dem Fahrer, das er uns in zwei Stunden abholen soll und wir betreten das Casino.
„Ich glaube ich sehe aus, als würde ich mit meinen Bodyguards ausgehen.“ Stelle ich lachend fest.
„Kommt Leute, ein Gruppenfoto.“ Bittet uns Logan und drückt einem der Angestellten seine Kamera in die Hand.
„Wartet.“ Ich ziehe meinen Blazer aus und merke wie mich alle mustern.
Gut, diesen Zweck hat das Kleid schon wunderbar erfüllt…
„Wow Lexie!“ Logan legt seinen Arm um mich.
„So jetzt alle lächeln.“ Weißt und der Angestellte an und wir lächeln alle in die Kamera.
„Und jetzt los…“ Logan geht uns voran „Black Jack? Poker? Roulette?“ er dreht sich zu uns um.
„Black Jack.“ Sagen Nick und ich.
„Poker.“ Kommt es von Dec.
„Also gut, dann erst Black Jack und dann Poker.“ Freut sich Logan und geht an die Kasse. „Hier…“ er drückt jedem von uns Chips in die Hand. „Für jeden 100 Euro, wer den Meisten Gewinn macht, der bekommt eine Überraschung.“ Er zwinkert uns zu und wir gehen zu den Black Jack Tischen.
Ich liebe Black Jack, vor ein paar Monaten war ich das letzte Mal mit Luca in Vegas und habe richtig gut bei dem Spiel gewonnen. Auch heute Abend ist mir das Glück wohl gesonnen und eine knappe Stunde später stehe ich um 380 Euro reicher auf.
„Wo hast du das denn gelernt?“ Dec grinst mich an.
„Ich war ein paar Mal in Las Vegas…“ ich zucke mit den Schultern „… Das Spiel liegt mir wohl.“ Gebe ich zu.
Beim Pokern werden wir mit ein paar anderen Herrschaften zusammen an einen Tisch gesetzt.
„Kannst du pokern?“ Dec sieht mich fragend an.
„Nicht wirklich, ich habe mich bisher nicht dafür interessiert.“ Beichte ich.
„Hey Fin, kannst du ihr ein wenig helfen?“ Logan sieht zu Finlay, der neben mir sitzt.
„Sicher.“ Antwortet er und rutscht dichter zu mir.
„Aber nur die ersten beiden Runden…“ erklärt uns der Angestellte des Casinos, der die Spielkarten ausgibt „… Tut mir leid, so sind die Regeln.“
„Keine Angst.“ Winke ich ab.
Länger wie zwei Spielrunden kann ich Finlay gar nicht neben mir ertragen…
„Gut, meine Damen und Herren, wir spielen Texas Hold’em.“ Erklärt der junge Mann nun weiter und legt jedem zwei Karten hin.
„Schau dir deine Karten an.“ Sagt Finlay leise zu mir und ich schlucke.
Ich nehme zittrig meine Karten und schaue sie mir an, Finlay wirft einen Blick über meine Schulter.
„Sehr gute Karten.“ Lobt er mich.
Den Rest kann ich mir dann doch irgendwie zusammen reimen und ich bin froh als Finlay wieder ein Stück von mir weg rutscht.
Tatsächlich gewinne ich den Wettstreit um den höchsten Gewinn und verlasse mit insgesamt 500 Euro das Casino.
„Gewinner!“ ich wedele mit dem Geld vor Logans Nase herum.
„Hmm, jetzt muss ich mir für dich ja wirklich noch eine Belohnung ausdenken.“ Grinst er.
„Quatsch.“ Ich gebe ihm das Geld „Wir machen uns einfach einen schönen Abend.“ Beschließe ich und er nimmt das Geld lächelnd.
Dann fahren wir in den Buster Club und werden dort schon erwartet und in einen abgesperrten Bereich gebracht.
„Wow, ein VIP Bereich.“ Nick grinst mich an „Warst du schon Mal in einem VIP Bereich?“
„Öfter.“ Gebe ich zu und er sieht mich fragend an.
„In den Club in den ich gerne mit meinem besten Freund gehe. Es ist schwer da Plätze zu bekommen.“ Füge ich hinzu.
Dann gewinnt der Abend richtig an Fahrt und wir trinken, tanzen und erzählen. Wobei Finlay und ich versuchen uns nicht direkt anzusprechen oder uns zu unterhalten.
Dann kommt die Stripperin und ich ziehe mich lieber zurück…
Ich setze mich in einer der Lounge Ecken und sehe dem munteren Treiben der Jungs zu.
´Ist das von Logan so clever Fotos zu machen? ` frage ich mich grinsend.
Mittlerweile bin ich richtig gut angetrunken und schließe einen Moment meine Augen.

2005
„Mein Engel, kannst du dir vorstellen mich später einmal zu heiraten? Ich meine, wenn wir mit dem Studium fertig sind?“ Finlay liegt neben mir im Kornfeld und streicht mir eine Strähne aus dem Gesicht.
„Aber sicher…“ ich lächle ihn glücklich an „… Du weißt wie sehr ich dich liebe.“ Ich ziehe ihn am Kragen seines T-Shirts zu mir und küsse ihn innig.
„Der Tag an dem du meine Frau wirst, wird der glücklichste Tag in meinem Leben.“ Haucht er mir ins Ohr und ich strahle.
Buttercup und Zeus, sein Pferd, stehen im hohen Korn und genehmigen sich den einen oder anderen Halm.
„Möchtest du eigentlich Mal irgendwo anders wohnen?“ ich liege auf ihm und sehe ihn gespannt an.
„Nein, ich finde es toll in Dub zu studieren, aber wenn ich fertig bin, dann will ich hierher zurück. Fenit ist mein zu Hause. Und du?“ er küsst meine Nasenspitze.
„Ich will für immer hier bleiben…“ ich schlinge meine Arme um seinen Hals „So lange du hier bist, ist das der beste Platz auf der Welt…“



„Darf ich um den Tanz bitten?“ werde ich aufgeschreckt und sehe in das freundliche Gesicht eines jungen Mannes.
„Gerne.“ Ich nehme die angebotene Hand und werfe den Jungs, die immer noch die Stripperin anfeuern einen kurzen Blick zu. Ich habe für meine Verhältnisse wirklich schon das eine oder andere Bier zu viel, aber ein Tanz kann ja nicht schaden.
Der Mann führt mich auf die Tanzfläche und wir tanzen zu ein paar schnellen Nummern. Dann ertönt ein langsamer Song und er rückt mir ein wenig zu nah…
„Entschuldigen sie bitte…“ ich will mich von ihm los machen.
„Aber, aber…“ er grinst mich falsch an „… Das Lied ist doch noch gar nicht zu Ende.“
„Haben sie nicht gehört, dass meine Freundin nicht weiter tanzen möchte?“ Finlay taucht hinter ihm auf und ich schlucke.
Wenn es jetzt zu einer Auseinandersetzung kommt, dann möchte ich nicht in der Haut meines Tanzpartners stecken. Finlay überragt ihn um einen halben Kopf und macht mit Sicherheit die bessere Figur.
Das scheint auch meinem Tanzpartner klar zu werden.
„Entschuldigen sie bitte.“ Er sieht zu mir und reicht meine Hand an Finlay weiter.
Er zieht mich zu sich und wir tanzen zu dem Lied. All die Gefühle kommen wieder hoch und ich umarme ihn ein wenig fester.
„Es tut mir leid.“ Sagt er leise und ich bin nicht in der Lage etwas zu erwidern.
Das Lied ist zu Ende, aber ein neuer langsamer Song folgt und wir bleiben auf der Tanzfläche.
„Es tut mir auch leid.“ Gebe ich zu „Ich habe damals gelogen.“ Gestehe ich.
Er hebt meinen Kopf leicht an und ich sehe ihm nach so langer Zeit wieder in die Augen.
„Was meinst du?“ fragt er behutsam.
„Du hast mir gesagt, wenn ich dir sage, dass ich dich nicht liebe dann gehst du…“ meine Stimme versagt fast.
Seit 6 Jahren liegt mir das auf der Seele und ich hatte nie die Möglichkeit mit ihm darüber zu sprechen.
Denn er hielt sein Versprechen.
Er ging…
Ans andere Ende der Welt.
„Ich habe gesagt ich liebe dich nicht…“ ich sehe ihm in die Augen „… Das war gelogen Fin.“
Er zieht mich wieder in seine Arme und ich lege meinen Kopf an seine Brust.
Es ist ein gutes Gefühl, es ihm endlich gesagt zu haben, auch wenn es dafür wahrscheinlich 6 Jahre und eine Verlobte zu spät ist…
Nach dem Lied gehen wir zurück zu den anderen und Finlay lässt nur Widerwillig meine Hand los.
„Habt ihr endlich miteinander geredet?“ Dec sieht zu mir und ich nicke in Finlays Richtung.
In dessen Blick liegt nun alles: Verwirrtheit, Ungläubigkeit, Wut, Trauer und Liebe.
Eine neue Runde Tequila wird gebracht und wir stürzen ihn runter.
„Na, wie war die Strippmaus?“ ich sehe in die Runde.
„Heiß.“ Grinst Logan.
Dann werden die Vorzüge der Lady genau besprochen und ich kippe einen Tequila nach dem anderen. Auch die Jungs sind eifrig dabei, der einzige der sich zurück hält ist Finlay, aber das registriere ich nur am Rande.
„Hey, es ist 5 Uhr morgens, wir sollten uns langsam auf den Weg zurück machen.“ Logan sieht in die Runde und hält sich am Stuhl fest.
Von mir kommt zu diesem Vorschlag nur ein kichern.
Ja wirklich, ich kichere… Das habe ich schon Jahre lang nicht mehr gemacht, aber als Anwältin lernt man eben, dass man sich immer benehmen muss. Selbst wenn man mit Freunden ausgeht.
Aber hier ist die Anwältin in mir weit weg, so weit man es sich nur vorstellen kann. Ebenso scheint der Lehrer in Dec gerade sehr weit weg zu sein…
Langsam erheben wir uns und draußen wartet tatsächlich noch die Limousine, ich hoffe nur Logan bezahlt sie nicht stundenweise…
Als wir los fahren schlafen fast alle augenblicklich ein, scheint als wären die auch nichts mehr gewöhnt.
Finlay sitzt neben mir und sieht mich an.
„Was?“ frage ich und versuche wirklich ihn zu fixieren.
„Du hast zuviel getrunken Lex.“ Grinst er.
„Ja das stimmt…“ gebe ich zu und lache.
„Pssst.“ Er deutet auf die anderen, die wild übereinander gestapelt schlafen.
„Und weil ich zuviel getrunken habe, schaust du mich an?“ ich lege meinen Kopf schief.
„Nein Lex…“ er nimmt meine Hand „… Ich schaue dich an, weil du wunderschön bist.“
„Fin, bitte…“ sage ich leise.
Er zieht mich in seine Arme und ich lege meinen Kopf an seine Schulter.
„Das ist schön.“ Meine Stimme ist kaum mehr wie ein flüstern.
„Ja Lex…“ er seufzt leise „Das ist schön.“ Er hält mich fest in seinen Armen und irgendwann übermannt auch mich die Müdigkeit.
Langsam öffne ich meine Augen, die Sonne ist viel zu hell und ich kneife sie wieder zusammen.
Gott, mein Kopf tut weh.
Ich widerstehe dem Drang einfach meine Augen geschlossen zu halten und ringe mich zu einem neuen Versuch durch.
Ich komme leicht hoch und sehe mich um.
´Warum zum Teufel bin ich im Wohnzimmer meiner Eltern? `
Ich versuche mich aufzurappeln und merke schnell, dass ich nicht hoch kommen kann, verwirrt drehe ich mich leicht um und sehe in Fins schlafendes Gesicht.
Dann sehe ich mich weiter um, Logan liegt auf der anderen Couch, Nick auf dem Boden und Dec schläft im Sessel. Allesamt sehen nicht aus, als wäre die Schlafposition bequem.
Ich sehe wieder zu Fin und kuschele mich an ihn. Er ist irgendwie wieder zu meinem Fin geworden…
Wie lange das anhält?
Keine Ahnung…
So kann ich es wenigstens auf den Alkohol schieben, denn wenn das das letzte Mal ist, das ich seinen Armen liege, dann möchte ich jede Sekunde genießen.
Tatsächlich schlafe ich noch mal ein und werde erst wach, als um mich herum Leben in den Raum kommt.
„Lex.“ Flüstert mir jemand ins Ohr und als ich meine Augen aufmache sehe ich in Decs Gesicht.
„Fin.“ Weckt er nun auch diesen und er öffnet seine Augen.
Ich entwinde mich seiner Umarmung und komme hoch.
Alle scheinen nun wieder unter den Lebenden zu sein, aber der Allgemeinzustand ist eher bescheiden.
Dec öffnet langsam die Tür zum Flur, die Haustür steht auf und die Sonne scheint herein und dadurch, dass irgendjemand so gnädig war und die Gardinen im Wohnzimmer zugezogen hat, stöhnen wir nun alle gemeinschaftlich auf.
„Dec! Scheiße, mach die Tür zu!“ jammert Logan und ich setze mich auf.
Ich liege zusammen mit Fin auf der Ausklappcouch und irgendjemand hat sie wirklich ausgeklappt, ich tippe da mal nicht auf mich, denn nach der Limousine ist es bei mir dunkel…
Meine Mum steckt ihren Kopf aus der Küche und wir alle blinzeln sie mehr oder weniger wach an.
„Na meine Lieben.“ Begrüßt sie uns viel zu freundlich und viel zu laut.
„Mum.“ Stöhnen Dec und ich.
„Hier.“ Sie stellt Wassergläser und Aspirin auf den Tisch und wirft uns allen einen tadelnden Blick zu.
Wir angeln uns jeder ein Glas und nehmen dem Aspirin.
„War gut der Abend, oder?“ Logan grinst in die Runde.
„Der Hammer…“ bestätigt Nick und nickt leicht.
„Ich brauche eine Dusche und neue Klamotten, ich rieche wie eine Bar.“ Stelle ich fest als mir meine Haare ins Gesicht fallen und verziehe angewidert das Gesicht.
„Wir brauchen alle eine Dusche, so können wir nicht unter Menschen.“ Stellt Dec fest.
„Gut…“ ich denke nach, was mit meinem Brummschädel wirklich schwer ist „… Du, Logan und Finlay, ihr nehmt die Dusche hier unten. Nick, kommst du mit hoch, dann kannst du nach mir duschen.“ Ich sehe zu Nick und er nickt schwach.
„Wie spät ist es eigentlich?“ Logan sieht in die Runde.
„Kurz nach 4.“ Dec deutet auf die Uhr über dem Fernseher und wir stöhnen wieder gemeinschaftlich auf.
Ich stehe schließlich auf und schleppe mich die Treppe hoch.
Nach der Dusche geht es mir wirklich besser und mein Kopf dröhnt nicht mehr so sehr.
„Nick.“ Rufe ich nach unten, er erscheint ein paar Sekunden später und nimmt das Bad in Beschlag.
Ich gehe in mein Zimmer und ziehe mir Jeansshorts und ein weites T-Shirt an. Ich glaube das ist sogar Dec sein, das war es zumindestens mal.
Ich gehe leise die Treppe runter und als ich in die Küche komme versorgt meine Mum gerade Dec, Logan und Finlay mit Kaffee.
„Na Süße.“ Sie nimmt mich in den Arm „Kaffee?“
„Bitte.“ Ich setze mich neben Dec und stütze meinen Kopf auf meine Hände.
„Die Feier muss ja echt der Wahnsinn gewesen sein…“ sie grinst, als endlich auch Nick am Tisch erscheint. „Ihr seid ja erst um kurz nach 6 hier gewesen und Dad hat euch erst einmal alle im Wohnzimmer unter gebracht, mit der Treppe hattet ihr so eure Schwierigkeiten.“ Erklärt sie uns.
Gut, das erklärt wie wir alle ins Wohnzimmer gekommen sind, aber wie bin ich in Finlays Armen gelandet?
„Mir scheint, dass ihr eure Unstimmigkeiten endlich aus der Welt geräumt habt.“ Sie sieht zu mit und Fin.
´Kann sie Gedanken lesen? Unheimlich…`
„Wir wollten dich eigentlich nach oben bringen…“ sie sieht zu mir „Aber Fin wollte dich nicht los lassen und Dec hat fast geweint als wir dich hoch bringen wollten.“ Sie lacht leise „Wir haben dich dann einfach bei Fin liegen lassen.“ Sie zuckt mit den Schultern. „Wäre es denn jetzt in Ordnung, wenn er bei uns schläft? Jake würde das Zimmer gerne Onkel Steven und Tante Patti geben, sie kommen schon morgen und helfen uns noch und ansonsten haben wir keinen Platz. Wir können sie ja schlecht in Decs Zimmer einquartieren, du weißt doch Tante Patti kommt die Treppen nicht mehr hoch.“ Sie sieht mich bittend an.
„Hmm.“ Nicke ich nur.
„Wie geht es euch denn jetzt?“ sie sieht in die Runde.
„So lala.“ Antwortet Logan für uns alle.
„Dad wartet draußen auf euch, nichts hilft gegen einen Kater so gut wie Arbeit.“ Sie lächelt und wir stöhnen auf.
„Also, das könnt ihr richtig gut.“ Lobt sie uns „Und nun raus mit euch.“ Sie scheucht uns quasi aus der Küche und ein paar Minuten später stehen wir auf dem Hof.
„Hey…“ mein Dad lacht als er uns anschaut „…Kommt Kinder!“ er winkt uns zu sich.
„Rauf auf den Traktor, es wird jede helfende Hand gebraucht.“ Er hilft uns auf den Traktor aufzusteigen „Fahren lasse ich mal lieber keinen von Euch.“ Grinst er. „Ach ja Nick, deine Daisy erwartet dich erst heute Abend zurück und Logan, Lauren weiß, das du noch bei uns bist. Die beiden haben heute Morgen angerufen, um zu hören ob ihr noch lebt.“ Mein Dads grinsen ist so breit, das es fast sein Gesicht umrundet.
Fast könnte ich meinen, er liebt es uns leiden zu sehen.
Auf dem Feld angekommen werden wir aufgeteilt. Nick und Dec helfen Jake bei dessen Ernte und ich und Fin werden auf zwei Traktoren auf unsere Felder geschickt. Logan fährt mit meinem Dad zum Getreidespeicher.
Erst als die Sonne schon fast untergegangen ist kommen wir zurück zum Hof. Lauren und Daisy, die Frauen von Logan und Nick sind schon da und erwarten uns. Die beiden holen sich erst einmal eine Runde Mitleid ab, dann begrüßen die Frauen mich.
„Einen ganzen Abend mit den 4 Chaoten, ein Wunder, das du noch lebst.“ Neckt Lauren mich und ich grinse.
„Es war abenteuerlich.“ Erwidere ich und die beiden lachen.
„Dann möchte ich gar nicht wissen, wie die Hochzeit abläuft.“ Kichert Daisy.
Ja, Daisy gehört zu den Frauen, die auch im nüchternen Zustand kichern…
Wir setzen uns auf dem Hof alle noch ums Lagerfeuer herum und ich biete meinem Magen ein wenig Stockbrot an, denn ich bin der Meinung, etwas feste Nahrung kann ich schon wieder vertragen.
„Wie war euer Abend?“ ich sehe zu Sarah, die neben Dec sitzt und ebenso elendig aussieht.
„Zuviel Sekt und irgend so ein anderes Zeug.“ Murmelt sie „Aber es war unvergesslich.“ Sie lächelt leicht. „Und wie ich gehört habe bei euch auch.“
„Ja, es war wirklich toll.“ Gebe ich zu und sehe mich suchend nach Fin um.
Ich entdecke ihn bei meinem Dad und dieser erklärt ihm gerade unsere neue Ballenpresse, auf die er furchtbar stolz ist.
„Ist bei euch alles Okay?“ Sarah folgt meinen Blick.
„Ich denke ja.“ Gebe ich zurück.
Aber ist es das?
Ist es wirklich Okay?
Wir sitzen noch eine Weile und Logan zeigt uns die Fotos vom gestrigen Abend. Am besten ist das Bild bevor wir alle ins Casino gehen und er verspricht, das ich einen Abzug bekomme.
Dann verabschieden sich alle nach und nach.
„So ich werde jetzt Mal deine Sachen her bringen, du hattest ja eh noch nicht ausgepackt.“ Jake sieht zu Fin und dieser nickt dankbar.
Der alte Jake setzt sich ans Steuer seines Traktors und tuckert über das Feld davon.
„Ich gehe zu Bett, Lexie wartest du noch bis Jake zurück ist und zeigst Fin alles?“ mein Dad steht auf und ich nicke.
„Danke Süße!“ er gibt mir einen Kuss auf die Haare.
Nun sitzen Fin und ich alleine am Lagerfeuer.
Er lächelt und setzt sich zu mir.
„Lex…“ setzt er an und stochert mit einem Stock im Feuer.
„Fin, es tut mir leid, ich hätte das gestern nicht sagen dürfen.“ Sage ich bevor er weiter reden kann.
„Nein Lex, du hättest es mir viel früher sagen müssen.“ Er sieht mich traurig an.
„Fin…“ ich erwidere seinen Blick und sehe meine eigene Traurigkeit.
Er zieht mich zu sich, sieht mir in die Augen und küsst mich ganz sanft.
„Fin, das dürfen wir nicht.“ Wehre ich mich halbherzig.
„Ich will nicht immer nur das tun, was ich darf.“ Er sieht mich bittend an.
Von dem tuckern eines herannahenden Traktors aufgeschreckt weichen wir auseinander.
Einen Augenblick später wirft Jake Fin seine Tasche zu.
„Danke Jake!“ Fin winkt ihm hinterher.
„Na, komm…“ ich deute aufs Haus „Wenn du nur halb so erledigt bist wie ich, dann bist du todmüde.“
Wir steigen leise die Treppen hoch und ich öffne die Tür zu Decs Zimmer.
„Dein Quartier.“ Lächle ich und schalte das Licht ein.
„Gott hier ist die Zeit stehen geblieben.“ Grient Fin als wir das Zimmer betreten.
„Ja.“ Lache ich.
Das Zimmer ist, ebenso wie meins, nach Decs Auszug vor 4 Jahren nicht wirklich verändert worden. Die gleichen Fußballposter an der Wand und sogar noch die alten Zeitungen auf dem Schreibtisch.
„So ich mache mich schnell im Bad fertig, dann kannst du.“ Ich lächle leicht und gehe ins Badezimmer.
Nur mit dem T-Shirt und String bekleidet schlüpfe ich aus der Badtür.
„Du kannst.“ Sage ich leise in Decs Zimmer hinein.
„Danke. Gute Nacht.“ Kommt es zurück und ich gehe in mein Zimmer.
Ich tausche das T-Shirt gegen ein Top, denn die Wärme steht in dem Zimmer.
Ich bin gerade fertig als es zaghaft klopft.
„Ja?“ sage ich leise und die Tür wird vorsichtig geöffnet.
Fin schlüpft in mein Zimmer und sieht mich einfach nur an. Er trägt nur noch seine Boxershorts und ich ziehe unwillkürlich scharf Luft ein.
Er sieht gut aus…
Viel besser, als ich ihn in Erinnerung hatte. Seine Bauchmuskeln sind definiert, aber er hat kein typisches Sixpack. Der leichte Flaum ist immer noch auf seiner Brust und wird zur Körpermitte hin schmaler. Ich kann mein Blick gar nicht von ihm abwenden und merke, das auch er mich von Kopf bis Fuß mustert.
Dann macht er einen Schritt auf mich zu und zieht mich in seine Arme.
„Lex…“ haucht er und küsst mich stürmisch.
„Fin, du bist verlobt...“ Wehre ich mich und schiebe ihn von mir weg.
„Psst…“ bittet er mich und ich sehe ihn an.
Er ist der Mann, nachdem mein Herz schreit, nach dem es schon immer geschrien hat.
Nun ziehe ich ihn zu mir und erwidere seinen Kuss.
Seine Hand wandert über meinen Rücken hoch zu meinem Nacken und hinterlässt eine Spur wie aus Feuer. Er schiebt mein Top leicht hoch und berührt sanft meinen Bauch. Ich schmelze unter seinen Händen und presse mich an ihn. Schnell merke ich, dass unsere leidenschaftlichen Küsse bei ihm nicht ohne Wirkung sind und er schiebt mich in Richtung Bett.
Wir lassen uns langsam aufs Bett fallen und er küsst meinen Nacken. Dann knabbert er liebevoll an meinem Ohrläppchen und ich stöhne leise.
Er zieht mein Top über den Kopf und hält meine Handgelenke fest.
Er sieht mich an und küsst mich dann erneut, dann wandern seine Lippen weiter nach unten und er küsst meine Brüste und knabbert an meinen Brustwarzen. Ich schließe meine Augen und recke mich ihm entgegen. Als ob er nur auf diese Aufforderung gewartet hat, lässt er mich los und befreit sich von seinen Boxershorts und ich mich von meinem String.
Wieder schaut er mir lange in die Augen und dann dringt er in mich ein und ich stöhne auf.
Sicher, ich habe in den letzten 5 Jahren nicht gelebt wie eine Nonne, aber das hier ist etwas besonders und ich gebe mich ihm völlig hin. Nur er schafft es, dass ich mich fallen lassen kann. Das konnte er schon früher, er war der Erste mit dem ich jemals geschlafen habe.
Ich winde mich unter ihm und umklammere ihn mit meinen Beinen.
„Fin.“ Flüstere ich atemlos.
„Oh Lex.“ stöhnt er und legt seinen Kopf erschöpft auf meine Schulter.
Er rollt sich ein wenig von mir runter und hält mich fest in seinen Armen.
Ich kuschele mich an seine Brust und höre wie heftig sein Herz in seiner Brust schlägt.
„Lex…“ flüstert er und ich sehe ihn im Mondschein an.
„Warum hast du mich damals angelogen?“
„Fin…“ setze ich an und vergrabe dann wieder mein Gesicht an seiner Brust. Heiße Tränen laufen mir über die Wangen und ich schluchze leise.
„Hey mein Engel, bitte nicht weinen.“ Sagt er sanft.
Mein Engel… So hat er mich früher immer genannt.
In einer Zeit, die mir so weit entfernt vorkommt, fast wie ein anderes Leben.
Erschöpft schlafe ich in seinen Armen ein.

2005
„Wie lange bleibst du denn in New York?“ ich sehe ihn den Tränen nahe an.
„Hey mein Engel, nicht weinen. Dec und ich sind in drei Monaten wieder da. Aber die Chance an der Chapin School, einer der besten privaten Schulen in New York City, ein Volontariat zu machen, bekommt man nicht jeden Tag.“ Er nimmt mein Gesicht in seine Hände und küsst mich liebevoll.
„Drei Monate?“ ich sehe ihn traurig an.
„Ja, wir sind zum Semesteranfang am 01. Oktober wieder da.“ Er streicht mit seiner Hand über meinen nackten Rücken „Besuch doch Mal wieder deine Eltern an den Wochenenden, sie freuen sich immer so, wenn du vorbei kommst.“ Er küsst mich und dreht mich auf den Rücken.
„Das ist eine Fahrt von 3 ½ Stunden.“ gebe ich zu bedenken.
„Und? Komm schon mein Engel, es sind nur 12 Wochen, dann bin ich wieder bei dir.“ Er küsst mich verlangend.
„Versuchst du gerade meinen Trennungsschmerz mit Sex beiseite zu schieben?“ ich ziehe eine Augenbraue hoch und er grinst.
„Funktioniert es?“ fragt er schelmisch.
„Ein wenig.“ Gebe ich zu und ziehe ihn zu mir. Dann fällt mein Blick auf die große Uhr über meiner Zimmertür „Verdammt Schatz, wir müssen los. Meine Vorlesung in Familienrecht beginnt in 30 Minuten.“ Ich versuche mich aus seiner Umarmung zu befreien.
„Wir haben uns eine Wohnung so dicht am Campus gesucht, das du in 15 Minuten in der Vorlesung bist…“ er beugt sich über mich und küsst meine Brust „Minus anziehen und fertig machen habe ich jetzt noch 5 Minuten.“
„Du bist unmöglich.“ Erwidere ich und stöhne dann leise auf, als seine Hand unter meinen Slip gleitet.
Natürlich komme ich zu spät… aber das ist ja nichts Neues.



Ich werde langsam wach und blinzle gegen die Sonne an. Ich versuche mich zu bewegen und stelle erstaunt fest, das Finlay immer noch neben mir liegt.
„Fin.“ Flüstere ich leise.
„Hmm.“ Nuschelt er verschlafen und sieht mich liebevoll an.
„Du musst rüber gehen…“ ich schubse ihn sanft „Dec kann jede Minute hier auftauchen und er wird es bestimmt nicht so gut finden, dich bei mir zu finden.“
Fin beugt sich zu mir und gibt mir einen innigen Kuss.
„Fin bitte…“ flehe ich ihn an.
Er steht auf dun zieht sich seine Shorts über, dann kommt er zurück zum Bett, gibt mir einen weiteren Kuss und schleicht sich dann aus meinem Zimmer.
Mein Güte, ich bin 28 und er ist 31, wir benehmen uns wie Teenager…
Tatsächlich schlafe ich noch ein bisschen, ehe ich unter die Dusche springe und mich frisch mache. Ich entscheide mich heute für ein einfaches geblümtes Sommerkleid welches vorne durch geknöpft ist und natürlich meine Cowboystiefel. Meine Haare lasse ich offen und wellig über meinen Rücken fallen.
Ich komme leise in die Treppe runter und finde zu meinem Erstaunen niemanden in der Küche vor.
Komisch, sonst ist immer jemand in der Küche, in 98 % der Fälle meine Mum, aber auch von der fehlt jede Spur.
Ich schenke mir eine Tasse Kaffee ein und gehe in den Hof.
Hier finde ich nur Clover und Jake.
„Guten Morgen Jake.“ Begrüße ich ihn und er winkt mir zu.
„Wo sind denn alle hin?“ frage ich auf dem Weg zu ihm.
„Charlie ist mit Declan und Finlay am Getreidespeicher und Rosie ist mit Sarah nach Tralee gefahren. Sie wussten nicht ob sie dich wecken sollten und haben sich dann dagegen entschieden.“ Er grinst mich an, als ich endlich bei ihm ankomme.
„Dieses Haus ohne Aufsicht…“ ich lache „Der Traum meiner Kindheit.“
„Das ist schon sehr selten, aber es kommt ja auch nicht alle Tage vor, das dein Bruder heiratet.“ Er zwinkert mir zu.
„Das hoffen wir mal.“ Erwidere ich. „Gut, ich reite dann mal zum Getreidespeicher. Sind sie an deinem oder unserem?“ ich ziehe eine Augenbraue hoch.
„An eurem, meiner ist voll.“ Erklärt er mir.
„Danke Jake!“ ich winke ihm zu und gehe in den Stall.
Ich entschließe mich, heute mal mit Sattel auszureiten, wie jeder normale Mensch es tut und sattele Buttercup.
Sie wehrt sich ein wenig, weil sie lange keinen Sattel auf ihrem Rücken hatte, aber eine halbe Stunde später kann ich aufsetzen und reite über die Felder in Richtung Speicher.
Ich sehe sie schon von weiten und noch jemanden entdecke ich, jemanden mit dem ich nicht gerechnet hatte.
Fins Dad steht neben meinem und sie unterhalten sich angeregt.
Soweit ich weiß hat der alte James Cunningham nicht ein Wort mit Fin gewechselt, seit dem er in Australien ist…
Ich reite heran, stiege ab und binde Buttercup fest.
„Guten Morgen Mr. Cunningham.“ Grüße ich freundlich Fins Dad.
„Alexa, es ist schön dich zu sehen.“ Er reicht mir seine Hand und ich nehme sie an.
„Es ist auch schön, sie mal wieder zu sehen.“ Erwidere ich höflich.
„Ich habe mich gerade bei deinem Dad bedankt, das Finlay bei euch übernachten kann…“ erklärt er mir „… Er hätte ja auch bei uns schlafen können, aber leider sind unsere Zimmer alle ausgebucht und er zieht das Zimmer deines Bruders unserer Couch vor.“ Er sieht zu seinem Sohn und Fin lacht.
Verwirrt sehe ich die Beiden an.
Das klingt nicht danach, als würden sie nicht miteinander reden.
„Du schaust aus, als wären die beiden von einem anderen Stern.“ Neckt mich Dec.
„Ich bin verwirrt.“ Gebe ich zu.
„Ach Kind…“ James Cunningham lacht amüsiert „Wir waren wirklich lange böse auf Fin, aber er scheint glücklich in Sydney zu sein, also warum sollten wir ihn verstoßen. Wir haben uns damit abgefunden, dass Isabell unseren Hof mal übernehmen wird. Wenn sie irgendwann Mal aus London zurück kommt.“ Er sieht mich an.
„Darauf würde ich nicht wetten.“ Fin sieht zu seinem Dad.
„Das werden wir noch sehen, einer von euch wird schon… über kurz oder lang… zurück kommen.“ Er schlägt seinem Sohn freundschaftlich auf die Schulter.
„Das freut mich für dich.“ Ich sehe zu Fin und dieser grinst.
„Ich hätte es sagen sollen, aber wir sind nie auf das Thema gekommen.“ Entschuldigt er sich.
„Ach was…“ ich winke ab „Und Mr. Cunningham, sind sie schon mit der Ernte durch?“
„Alexa, wir waren schon mal bei Jamie… „ er lächelt mich an und ich erkenne Fins lächeln „… Ich weiß, das ist eine lange Zeit her, aber ehrlich Kind… Mr. Cunningham?“ er sieht mich skeptisch an.
„Okay…“ lache ich „… und Jamie, bist du schon fertig?“ stelle ich meine Frage erneut.
„Dein Dad leiht mir heute Nachmittag den großen Traktor, dann sollte ich bis zum Wochenende fertig sein. Dec und Fin werden mir mit noch ein paar anderen helfen.“ Erklärt er mir und ich sehe zu Dec.
„Du wirst auf deiner eigenen Hochzeit um 10 Uhr tot ins Bett fallen.“ Amüsiere ich mich.
„Nein, nein…“ winkt er ab „Freitag und Samstag habe ich frei und entspanne mich vor dem großen Tag. Ab Samstag um 14 Uhr ist das süße Leben vorbei.“ Grinst er.
„Ach nun tu nicht so.“ ich schubse ihn leicht.
„Warum bist du eigentlich nicht mit Mum und Sarah in Tralee? Musst du nicht dein Kleid auch mal anprobieren?“ Dec sieht mich skeptisch an.
„Sie wollten mich wohl nicht wecken.“ Erkläre ich ihm.
„Na, dann hast du die nächsten Tage ja was vor, Tante Patti kommt heute Abend und glaube mir, dann wird es chaotisch.“ Er lächelt und ich nicke zustimmend.
„Oh ja.“ Stimmt auch unser Dad ihm zu.
Tante Patti ist seine Schwester und er liebt sie wirklich, aber sie ist dafür bekannt, in Null Komma Nichts ein heilloses durcheinander zu stiften.
„Gut, ich mache mich wieder auf den Weg. Braucht ihr was?“ ich sehe in die Runde.
„Kannst du uns schwer arbeitenden Männern ein Sandwich machen?“ mein Dad sieht mich bittend an.
„Aber klar.“ Ich schüttele leicht meinen Kopf.
„Ich werde auch wieder los.“ Jamie winkt in die Runde „Denkst du daran, dass du morgen zum Abendessen bei uns bist? Deine Mum möchte ihren verloren Sohn auch noch Mal vor der Hochzeit sehen.“ Jamie sieht zu Fin.
„Klar doch Dad.“ Er winkt ihm zu und Jamie steigt in seinen Pick up.
Ich gehe zu Buttercup und Fin folgt mir.
„Warte, ich helfe dir.“ Er hält mir seine Hand hin und ich steige mit seiner Hilfe wieder auf.
Grinsend reite ich zurück zum Hof und mache den Männern ein paar Sandwiches. Ich packe diese und noch ein paar kalte Bier in einen Korb und reite dann zurück.
„So Männer, eure Verpflegung.“ Ich halte vor ihnen an und reiche den Korb runter.
„Und wo willst du jetzt hin?“ mein Dad sieht mich fragend an.
„Ich will noch mal an den Klippen lang, da war ich schon so lange nicht mehr.“ Erkläre ich ihm und er schüttelt seinen Kopf.
„Unverbesserlich.“ Murmelt er vor sich hin „Sei bitte vorsichtig.“ Sagt er dann etwas deutlicher und ich winke ihnen zu.
Der Ausritt an den Klippen ist wunderschön und ich nehme die herrliche Natur in mich auf. Ich setze mich eine Weile auf die schwarzen Steine und Buttercup grast ein wenig in der Sonne. Hier sind die Klippen noch nicht sehr hoch, nur um die 30 Meter und ich habe einen so wunderbaren Blick über das Meer.
Was tun ich und Fin hier überhaupt?
Wollen wir so tun, als hätten wir nicht zwei völlig verschiedene Leben, jeweils an einem anderen Ende der Welt?
Warum fühlt es sich so richtig an in seinen Armen zu liegen?
Irgendwann werde ich ihm sagen, warum ich damals gelogen habe.
Meine linke Hand hält mein rechtes Handgelenk fest und ich seufze.
Ich weiß nicht, ob ich jemals den Mut habe es ihm zu sagen.
Leise Tränen laufen mir über die Wangen, auch nach all der Zeit tut es weh und mein Herz möchte bei dem Gedanken daran am Liebsten zerspringen…
Ich atme tief durch und wische meine Tränen beiseite.
Ich gehe zu Buttercup und mache mich auf den Rückweg.
Was kommt, das kommt… so oder so.
Als ich zum Getreidespeicher komme, wuseln noch ein paar mehr Menschen rum und ich grinse, wenn sie in dem Tempo weiter machen, dann sind sie dieses Jahr wirklich früh fertig.
„Scheiße! Fin!“ höre ich Dec rufen und etwas in seiner Stimme lässt mich Buttercup die Sporen geben.
Als ich ankomme, kommt Fin gestützt von Dec aus dem Speichen und Blut läuft ihm über die Stirn.
„Fin.“ Mit einem Satz habe ich festen Boden und den Füßen und laufe zu ihm.
„Was ist passiert?“ ich sehe strafend zu Dec.
„Das Einlassrohr ist aus der Verankerung gerutscht und hat ihn am Kopf getroffen.“ Dec sieht zerknirscht zu mir.
„Nimm jetzt deine Hand weg…“ sage ich zu Fin und dieser nimmt die Hand runter, eine Sichelförmige Schnittwunde zeichnet sich deutlich an seinem Haaransatz ab und blutet relativ stark.
„T-Shirt.“ Sage ich zu Dec und er zieht sein T-Shirt aus, ich wickele es zusammen und drücke es auf die Wunde.
„Ich bin zwar kein Arzt, aber das muss genäht werden.“ Ich sehe zu meinem Dad.
„Nehmt ihr den Pick up.“ Weist er mich an „Ich und Dec lassen uns von Jake abholen.“
Ich sehe zu Buttercup.
„Wir bringen sie sicher nach Hause.“ Verspricht Dec mir und ich helfe Fin hoch.
„Geht es?“ erkundige ich mich besorgt.
„Mein Kopf ist ja noch dran.“ Er grinst schief.
„Witzig.“ Gebe ich zurück und er steigt auf der Beifahrerseite ein.
Ich setze mich hinters Lenkrad und wir fahren den Feldweg bis zur Hauptstraße.
„Ihr seid unmöglich.“ Sage ich wütend zu Fin.
„Warum bist du denn jetzt sauer auf mich?“ er sieht mich überrascht an.
„Warum?“ ich sehe kurz zu ihm. „Weil ihr Beide unmöglich seid, man das hätte viel, viel schlimmen ausgehen können.“
„Ich bin Okay.“ Sagt er nicht sehr überzeugt.
„Lasst solche Aktionen einfach.“ Bitte ich ihn.
„Machst du dir Sorgen um mich?“ ärgert er mich.
„Ja Fin, verdammt noch Mal, ich mache mir Sorgen um dich.“ Erwidere ich gereizt.
Den Rest der Fahrt ins Tralee Central Hospital zieht es Fin vor zu schweigen und ich bin ihm wirklich dankbar dafür.
Kaum das wir die Notaufnahme betreten, werden wir schon von Kicher-Daisy empfangen. Sie ist Krankschwester hier und hat augenscheinlich gerade heute Dienst in der Notaufnahme.
„Gott Fin…“ sie bugsiert uns in einen Behandlungsraum. „Zeig mal.“ Weist sie ihn an und begutachtet seine Wunde.
„Ich schicke dir gleich Dr. Michaels, er ist toll im nähen.“ Flötet sie und Fin sieht zu mir und verdreht leicht die Augen. „Du musst draußen warten.“ Sie sieht zu mir und ich folge ihr wieder nach draußen.
„Möchtest du einen Kaffee?“ sie sieht mich fragend an.
„Nein, nein…“ winke ich ab „Kannst du mir sagen wo ich mal meine Hände waschen kann?“ ich halte meine blutigen Hände hoch.
„Klar, den Gang lang und dann rechts.“ Sie deutet den Gang entlang.
„Danke Daisy.“ Ich lächle sie leicht an und gehe mir dann erst einmal meine Hände waschen. Dann setze ich mich in den Wartebereich und blättere in den bunten Klatschblättern.
Gott, ist es langweilig hier… Alle paar Minuten sehe ich auf die Uhr.
Schon kurz nach 3, ich sitze seit fast 1 Stunde hier rum.
Dann geht endlich die Tür des Behandlungszimmers auf und Fin kommt mit einem dicken Pflaster auf der Stirn heraus.
„Na, Kopf noch dran?“ ich sehe ihn strafend an.
„Ich habe mit 5 Stichen genäht, in 5 bis 7 Tagen können die Fäden raus.“ Der Arzt sieht mich an.
„Vielen Dank.“ Ich reiche ihm meine Hand.
„Na komm, dann können wir ja wieder nach Hause.“ Ich sehe zu Fin und er folgt mir wie ein geschlagener Hund.
Im Auto sehe ich ihn an und grinse leicht.
„Sieht bestimmt gut aus auf den Hochzeitsfotos.“ Necke ich ihn.
„Danke, dass du mich daran erinnerst.“ Er verzieht sein Gesicht und betrachtet sich im Spiegel der Sonnenblende.
„Setze einen Hut auf, oder so?“ ich verkneife mir ein lachen.
Ich kann so herrlich Schadenfroh sein…
Ich starte den Motor und fädele mich in den Stadtverkehr ein, auf der Landstraße lasse ich mein Fenster ganz herunter und lasse die Natur in einem gemächlichen Tempo vorbeiziehen.
Fin legt seine Hand auf mein nacktes Knie und ich sehe ihn prüfend an.
„Was genau wird das?“ frage ich ihn und ziehe eine Augenbraue hoch.
„Fahre hier links rein.“ Lächelt er und ich biege in einen Feldweg ein.
Wir fahren ein Stück und stehen dann direkt am Strand.
Fin schnallt sich ab und beugt sich über mich.
Ich stemme meine Hände gegen seinen Brustkorb.
„Fin, das geht nicht…“ versuche ich mich gegen ihn zu wehren.
„Lex, lass uns einfach unsere Zeit hier in Irland genießen und dann sehen wir weiter…“ seinen braunen Augen sehen mich liebevoll an „… Ich bitte dich.“
„Ich bin nicht so eine…“ setze ich an.
Er legt mir seinen Ziegefinger auf den Mund „Lex, ich kenne dich besser wie sonst einen Menschen auf der Welt. Besser gesagt kannte ich dich besser. Ich weiß, das du keine solche Frau bist, aber ich weiß auch, das du dich in meinen Armen immer noch geborgen fühlst.“ Er küsst mich sanft. „Ich kenne dich eben doch noch ein bisschen mein Engel.“ Er streicht mir eine Strähne hinters Ohr. „Sag mir dass ich aufhören soll und ich höre auf.“
„Hör auf.“ Flüstere ich und ziehe ihn im nächsten Moment zu mir um ihn leidenschaftlich zu küssen.
Er zieht sich seine Shorts ein Stück runter und ich befreie mich von meinem Slip, dann klettere ich auf seinen Schoß und schließe meine Augen,
Er fährt mir durch die Haare und öffnet ein paar Knöpfe meines Kleides, liebevoll küsst er meine Brüste und seine Hände halten mich fest.
„Du machst mich wahnsinnig.“ Raunt er mir ins Ohr und erschaudere.
Warum in aller Welt übt er immer noch diese unglaubliche Anziehungskraft auf mich aus?
„Fin.“ Stöhne ich leise und bewege mich schneller.
Er passt sich meinem Tempo an und als wir beide unseren Höhepunkt erreichen drückt er mich auf seinen Schoß.
Atemlos sehen wir uns an.
„Was tun wir hier eigentlich?“ ich krabbele zurück auf meinen Sitz und knöpfe mein Kleid wieder zu.
„Lex, ich muss dir was gestehen…“ beginnt Fin und ich sehe ihn an.
„Bitte Fin, mach es nicht noch komplizierter.“ Bitte ich ihn und gebe ihm einen Kuss.
Dann fahren wir zum Hof und werden von meiner Mum und meinem Dad erwartet.
„Wie geht es dir?“ erkundigt sich mein Dad besorgt.
„Ich wurde genäht, in 14 Tagen bin ich wieder wie neu.“ Fin zwinkert ihm zu.
„Oh Fin, das tut uns so leid.“ Meine Mum streicht ihm seine Haare aus der Stirn und betrachtet das Pflaster.
„Ach was Mum, die Beiden sind doch selber Schuld.“ Gebe ich dazu und reiche meinem Dad den Autoschlüssel.
„Hab mal ein bisschen Mitleid mit Fin.“ Meine Mum sieht mich strafend an.
„Glaub mir, er braucht kein Mitleid.“ Erwidere ich und gehe ins Haus.
Kurze Zeit später tauchen Tante Patti und Onkel Steven auf und es wird augenblicklich laut und turbulent.
„Meine Güte Kindchen, isst du da drüben auch mal was?“ Patti kneift mir in die Wange.
„Aber sicher.“ Gebe ich zurück.
„Du bist hübsch Lexie.“ Mein Onkel umarmt mich und ich sehe ihn dankbar an.
„Also morgen müssen Fin und Lexie nach Tralee und ihr Kleid und den Anzug anprobieren. Rosie, wir beide und Sarah müssen zum Konditor und die Torte besprechen und dann müssen wir zu Riverview und das Essen noch einmal besprechen.“ Plant Patti den morgigen Tag.
„Ihr Kinder kommt doch ohne uns klar, oder?“ sie sieht zu mir und Fin und wir nicken.
„Wir werden wohl erst gegen Abend wieder hier sein.“ Erklärt uns meine Mum.
„Und ich bin bei morgen den ganzen tag bei Jake auf dem Feld, wir haben noch 5 Hektar Stroh zu binden.“ Erklärt uns mein Dad.
„Glaubt mir, wir finden den Weg alleine zu Emmas Boutique und auch wieder nach Hause und ja, ich bin in der Lage uns Sandwiches zu machen und ich weiß wie ein Wasserhahn funktioniert…“ ich verdrehe die Augen „Wir werden uns also nicht verfahren, wie werden nicht verhungern und wir werden auch nicht verdursten.“
„Gutes Kind.“ Lobt mich Patti und ich denke sie meint das auch noch wirklich ernst.
„Wir haben ja noch zwei ganze Tage, wir werden das schon hinbekommen.“ Meine Mum nimmt Pattis Hand.
„Das wird eine so schöne Hochzeit.“ Freut diese sich.
„Na Fin, hast du Lust auf einen Ausritt?“ ich sehe fragend zu Fin und er nickt dankbar, alles ist besser wie jetzt an diesem Tisch zu sitzen.
„Moment Mal, wo ist eigentlich Dec?“ ich sehe zu meiner Mum.
„Der schläft bei sich zu Hause.“ Erklärt sie mir erstaunt.
„Verräter.“ Murmele ich vor mich hin. „Na komm Fin.“ Ich deute ihm an, dass wir gehen sollten, bevor uns Patti auch noch Aufgaben aufs Auge drückt.
„… Das die beiden so gut klar kommen und das bei ihrer Vorgeschichte.“ Höre ich Patti sagen und atme tief durch.
Wir satteln Buttercup und Filou und reiten dann zu den Klippen, ich schweige und schließe meine Augen.
„Wollen wir uns kurz setzen?“ Fin sieht mich fragend an.
„Klar.“ Ich steige ab und lasse Buttercup auf die Wiese traben.
Ich sehe hinaus aufs Meer, auf der anderen Seite und einen Kontinent weiter, erwartet mich schon 5 Tagen wieder mein normales Leben…
Ohne Fin.
Ohne Buttercup.
Ohne ausreiten wenn mir danach ist.
Und ohne Fin… ich weiß, das erwähnte ich schon… Aber eben ohne Fin.
Es wird nie wieder ein uns geben.
Es gibt für immer nur ein er und ich.
Fin tritt hinter mich und umarmt mich fest.
„Du bist so wunderschön.“ Haucht er mir ins Ohr.
Ich drehe mich in seinen Armen, so viele Worte zwischen uns sind unausgesprochen, aber ich schaffe es einfach nicht das erste Wort zu sagen.
Ich ziehe ihn lieber an seiner Kette zu mir hinunter und küsse ihn leidenschaftlich.
„Kannst du etwa nicht genug von mir bekommen?“ er schiebt den Träger meines Kleides die Schulter runter und ich sehe ihn an.
„Nein, niemals.“ Erwidere ich leise.
Wir sinken ins Gras und er beugt sich über mich und dringt in mich ein, ich bin einen Moment erschrocken und sehe ihn an.
„Ich auch nicht mein Engel.“ Erwidert er und ich halte mich an ihm fest.
Immer und immer wieder schlafen wir miteinander, ich habe keine Ahnung woher er die Kondition dafür her hat, aber ich genieße es in vollen Zügen.
Vollkommen nackt liegen wir nebeneinander im Gras und er kitzelt mit einem Grashalm meinen Rücken.
„Fragst du dich manchmal wo wir wären, wäre das damals nicht so gelaufen?“ fragt er mich leise.
„Manchmal.“ Gebe ich zu. „Ich denke wir hätten geheiratet und so wie du über mich her fällst, bestimmt schon mindestens 4 Kinder.“ Ich küsse seine Brust.
„Verhütest du?“ fragt er leicht schockiert.
„Natürlich.“ Gebe ich zurück.
Ich nehme seit Jahren die Pille.
Er küsst meine Schulter und fährt mir durch die Haare.
„Ich stelle mir gerne vor, dass wir in einem Haus ganz nah an den Klippen wohnen und wenn wir aus dem Schlafzimmer sehen, dann sehen wir den Atlantik. Du liegst jeden Morgen neben mir, wenn ich aufwache und jeden Abend bevor ich einschlafe ist dein Gesicht das Letzte was ich sehe. Ich unterrichte an einer kleinen Schule und kenne alle meine Schüler mit Namen.“ Er küsst mich wieder und ich setze mich auf ihn.
„Das klingt schön.“ Gebe ich zu „Aber wir leben in der Realität. Ich in Kalifornien und du in Sydney.“ Sage ich traurig.
„Ich fühle bei niemandem wie bei dir.“ Sagt er sanft und zieht mich zu sich.
Es ist schon dunkel als wir wieder am Hof ankommen. Wir machen die Pferde fertig und verabschieden uns dann ins Bett.
Als alles ruhig im Haus ist, höre ich wie jemand in mein Zimmer kommt und kurz darauf legt sich Fin neben mich. Ich kuschele mich in seine Arme und schlafe fast augenblicklich ein.

2005
„Alles Gute zum Jahrestag!“ Fin steht mit einem riesigen Rosenstrauß vor mir und ich schlucke, ich kann ihm nicht einmal in die Augen sehen.
„Ich liebe Dich mein Engel.“ Er küsst mich sanft und ich brauche alles an Beherrschung was ich aufbringen kann um nicht in Tränen auszubrechen. Erst gestern sind Fin und Dec aus New York zurück gekommen.
„Wir gehen heute Abend in einen tollen Club zum feiern, man ist ja nicht alle Tage 8 Jahre zusammen…“ er hält mich in seinen Armen „Kaum zu glauben, als mit dir zusammen gekommen bin war ich gerade mal 17 und du süße 14.“ Er küsst mich so wahnsinnig liebevoll und ich schmiege mich an ihn.
„Ich muss zur Uni.“ Er legt die Blumen auf den Tisch und nimmt mein Gesicht in seine Hände. „Du solltest deine Vorlesung auch nicht verpassen.“ Er grinst mich an.
„Ich bin krank geschrieben.“ Sage ich und kämpfe immer mehr mit mir.
„Oh mein Engel.“ Er küsst mich „Ich hoffe dir geht es besser.“ Er sieht mich besorgt an.
„Ja.“ Ich ringe mich zu einem lächeln durch.
„Das ist gut, ich fahre nachher kurz zu Nick und Dec, ich hole dich um 19 Uhr ab.“ Er gibt mir einen letzten Kuss und winkt mir zu.
Als er weg ist, sinke ich auf den nächsten Stuhl und breche in Tränen aus…



„Komm zurück...“ Wimmer ich und werde wach.
„Hey, du hast nur schlecht geträumt mein Engel.“ Nuschelt Fin hinter mir und hält mich noch ein bisschen fester.
Die Wärme die von ihm ausgeht hilft mir mich zu beruhigen und ich schlafe wieder ein.
Als die ersten Sonnenstrahlen durch das Fenster fallen drehe ich mich verschlafen um und sehe in das grinsende gesucht von Fin.
„Willst du wirklich, dass sie uns erwischen?“ ich sehe ihn fragend an.
„Komm her.“ Er zieht mich in seine Arme.
„Ehrlich Fin, ich möchte nicht in deiner Haust stecken, wenn deine Verlobte davon Wind bekommt.“ Ich will aufstehen, aber er zieht mich zurück in seine Arme.
„Bleib.“ Flüstert er mir ins Ohr.
„Fin…“ ich sehe ihn an und er streichelt sanft meine Wange.
„Wir können das in 5 Minuten, das weißt du.“ Neckt er mich.
Ich krabbele lächelnd unter die Decke und setze mich auf ihn.
„Gott Fin.“ Stöhne ich leise und er zieht mich runter um mich zu küssen.
5 Minuten später liegen wir uns tatsächlich erschöpft in den Armen.
„Lex?“ ertönt Decs Stimme vor der Türe und ich sehe panisch zu Fin.
„Versteck dich.“ Zische ich ihm zu und wir fallen beide fast aus dem Bett.
„Lex? Bist du wach?“ fragt Dec erneut und ich bin dankbar, das er augenscheinlich jetzt so viel Anstand hat zu warten bis man ihn herein bittet.
„Warte kurz, ich bin…“ ich sehe zu Fin und an mir runter „Ich bin nackt.“ Rufe ich schließlich und höre Dec lachen.
Ich schiebe Fin in den Schrank und gebe ihm seine Boxershorts. Ich ziehe mir schnell ein Shirt über und setze mich aufs Bett.
Ich atme tief durch „Komm rein.“ Sage ich schließlich und Dec kommt grinsend herein.
„Seit wann schläfst du nackt?“ ärgert er mich.
„Es ist warm.“ Gebe ich zurück.
„Lex…“ er schüttelt seinen Kopf „Du wohnst in Kalifornien, da herrscht eine Durchschnittstemperatur von knapp 25 °C, ich denke du bist wärmeres gewöhnt.“ Er setzt sich zu mir aufs Bett.
„Sag mal, hast du eine Ahnung wo Fin steckt?“ er sieht mich fragend an.
„Woher soll ich wissen wo er steckt, vielleicht ist er bei seinen Eltern oder so?“ gebe ich zurück und merke wie meine Handfläche anfangen zu schwitzen.
Ich konnte Dec noch nie gut anlügen, er durchschaut mich immer sofort…
Ihm etwas gar nicht zu sagen ist was anderes, aber ihn anzulügen…
„Wieso sollte er dahin?“ fragt er nach.
„Was weiß ich denn, er ist dein bester Freund.“ Kontere ich und er mustert mich. Ich halte seinem Blick stand und er steht wieder auf.
„Gut, wir fahren jetzt alle los. Unten steht Frühstück. Wenn er wieder da ist, dann kannst du ihm ja ausrichten, das er alle Anzüge mitbringen soll.“ Dec gibt mir einen Kuss auf die Haare „Und bring die Kleider auch gleich mit, dann müssen wir morgen nicht noch einmal los. Ach ja und nehmt doch Clover mit, der Arme dreht sonst durch.“ Bittet er mich.
„Mach ich.“ Ich grinse ihn an.
„Und Lex…“ er bleibt in der Tür stehen „Du hast das T-Shirt verkehrt herum an und es ist immer noch meins.“ Er zwinkert mir zu und schließt die Tür wieder.
Ich lasse mich nach hinten aufs Bett fallen und atme tief durch, kurz darauf höre ich wie mehrere Autos vom Hof fahren.
Fin klettert aus dem Kleiderschrank und beugt sich über mich.
„Duschen?“ fragt er schelmisch und ich lache leise.
„Du bist unmöglich.“ Rüge ich ihn und lasse mich dann doch von ihm hoch ziehen.
Nachdem wir geduscht und uns umgezogen haben, fahren wir mit Decs Auto nach Tralee, denn offensichtlich ist irgendjemand mit dem Pick up meines Dads los. Aber Decs Wagen ist ein Kombi und somit wirklich besser geeignet die Kleider und die Anzüge zu transportieren. Ich habe Fins Pflaster erneuert und da ich kein anderes gefunden habe, trägt er jetzt eines mit Winnie Pooh auf der Stirn. Immer wenn ich ihn ansehe muss ich lachen. Fin fährt heute, Clover sitzt hinten und genießt den Luftzug der durch die offenen Fenster kommt, ich lege meine Beine auf das Armaturenbrett und lasse meine Haare im Wind wehen.
Ich strecke meine Hand aus dem Fenster und spüre wie der Wind meinen Arm streift, genießerisch schließe ich meine Augen.
„Vermisst du Irland?“ fragt mich Fin du ich sehe ihn an.
„Bis vor ein paar Tagen war ich mir sicher, es nicht zu tun…“ ich sehe über die endlosen Felder und lächle „Aber mir wird langsam klar, dass ich es doch vermisse.“ Gestehe ich.
„Mir fehlt es auch, ich vermisse es morgens einfach auszureiten bevor der Tag richtig los geht. Ich vermisse es auf Zeus seinem Rücken über die Felder zu fliegen und ich vermisse es sogar jeden auf der Straße zu kennen…“ er sieht mich über den Rand seiner Sonnenbrille hinweg an „… Dublin kam mir schon groß vor, aber Sydney…“ er schüttelt leicht seinen Kopf.
„Newport ist nicht so groß, aber mir wird hier bewusst wie oberflächlich dort alles ist. Ich meine ich wohne in einem Penthouse direkt am Strand, ich fahre einen sündhaft teuren Sportwagen und arbeite in der besten Kanzlei. Ich weiß nur nicht, ob mich das so glücklich macht, wie ich es gedacht habe.“ Ich setze meine Sonnenbrille ebenfalls auf und sehe aus dem Fenster.
„Du kannst froh sein, das du in Sydney jemanden hast, der auf dich wartet.“ Sage ich traurig.
Er sagt nichts und wir erreichen Tralee, schnell finden wir die Boutique und die Verkäuferin erwartet uns schon.
„Ihr müsst Alexa und Finlay sein.“ Strahlt sie uns an und wir nicken.
„Dann ziehst du den an und du das hier.“ Sie drückt uns die Sachen in die Hand und wir gehen in die Umkleidekabinen.
Das Kleid ist hellblau, ein etwas dunklerer blau als Unterstoff und darüber hellblauer Spitzenstoff. Es ist einfach geschnitten und hat unter der Brust eine Schleife, die Schultern sind frei. Ich hatte wirklich mit Schlimmeren gerechnet, aber das Kleid ist wirklich schick. Ich binde sie Schleife zu und sehe in den Spiegel. Vom der Luxusanwältin aus Newport ist nicht mehr viel übrig…
Ich trete aus der Umkleide und Fin lächelt mich an.
„Du siehst wunderschön aus.“ Seine Augen strahlen und ich betrachte ihn, er trägt einen hellblauen Anzug mit einem dunklerem Kummerbund und einer Fliege. An manch einem Mann sieht so etwas bestimmt albern aus, aber nicht an Fin. Er sieht aus wie ein Dandy und ich grinse.
„Du siehst auch toll aus.“ Erwidere ich.
Die Verkäuferin kommt zu uns.
„Stellt euch mal zusammen, ob die Farben auch stimmen.“ Sie schiebt Fin neben mich und betrachtet alles ganz genau.
Dann zupft sie an meinem Kleid etwas herum.
„Also hier muss ich noch was abnehmen.“ Sie steckt Stecknadeln in mein Kleid.
„Wie lange dauert das denn? Wir sollen alles heute mitnehmen.“ Ich sehe sie an.
„Ich denke in einer halben Stunde bin ich soweit. Das Brautkleid hat Sarah ja gestern schon abholt, ich denke du sollst dann die Brautjungfernkleider mitnehmen, oder?“ sie schickt mich in die Kabine und zupft noch ein wenig an Fin herum.
„Es ist schon sehr merkwürdig, dass du Trauzeugin und nicht Brautjungfer bist.“ Stellt sie fest.
„Ich bin Declans Schwester und er möchte mich unbedingt an seiner Seite haben.“ Erkläre ich ihr.
„Ja, die Schwester aus dem fernen Kalifornien und der beste Freund aus Sydney.“ Sie lacht leise.
„So mein Lieber, der Anzug sitzt perfekt.“ Stellt sie zufrieden fast als ich aus der Umkleide heraus komme.
Ich reiche ihr mein Kleid und sie deutet auf den Kleiderständer. Das sind die Brautjungfernkleider, die sind wie deines nur in rosa.“ Erklärt sie mir und jetzt bin ich noch froher, dass ich keine Brautjungfer bin.
Ich hasse rosa und dieses rosa ist eher so ein altrosa, nicht hässlich, aber ich würde mich den ganzen Tag unwohl fühlen, da ist mir mein blau lieber.
Als Fin wieder in Jeans und T-Shirt aus der Kabine kommt strahle ich ihn an.
„Wollen wir so lange ein Eis essen gehen?“ ich sehe ihn fragend an-
„Klar.“ Er nimmt meine Hand und wir gehen hinaus. Wir holen Clover aus dem Auto und Fin nimmt seine Leine.
Wir schlendern Arm in Arm durch die Stadt und ich genieße es, mich wenigstens ein einziges Mal nicht mit ihm verstecken zu müssen.
Wir genehmigen uns ein großes Eis und holen dann alle Kleider und Anzüge ab. Wir bringen sie ins Auto.
„Willst du wirklich schon wieder zurück?“ er sieht mich fragend an.
„Nein.“ Gebe ich zu.
Er schließt das Auto ab und nimmt meine Hand "Dann lass uns irgendwo eine Kleinigkeit essen und dann gehen wir noch spazieren. Vor heute Abend taucht eh niemand auf dem Hof wieder auf und Clover hat keine Lust mehr Schafe zu jagen, jedenfalls für heute nicht." Er sieht zu Clover und dieser wedelt aufgeregt mit dem Schwanz.
„Er jagt die Schafe nicht, er hütet sie.“ Lächle ich.
„Klugscheisserin.“ Grinst Fin und wir bummeln durch die Innenstadt Tralees.
Wir finden ein Bistro, wo wir draußen essen können und niemand sich an Clover stört. Dann gehen wir in den Park und toben so lange mit Clover, bis dieser sich ins Gras legt. Fin legt sich auch hin und ich lege meinen Kopf auf seine Brust.
„So sollte es sein.“ Flüstere ich leise.
„Ja mein Engel, aber…“ setzt er an.
„Ich weiß schon, ich in den USA und du in Australien.“ Unterbreche ich ihn traurig.
Wir liegen eine Weile auf der Wiese und schauen in die Wolken, alles ist so friedlich und ruhig und ich genieße es bei ihm zu sein.
„Wir sollten langsam zurück, ewig werden die anderen auch nicht unterwegs sein.“ Fin sieht auf seine Uhr und wir rappeln uns auf.
Die Rückfahrt verläuft schweigend und jeder hängt seinen Gedanken nach.
Wahnsinn in 48 Stunden ist mein Bruder ein verheirateter Mann…
Als wir ankommen sind die anderen tatsächlich schon da und wir werden für den nächsten Tag eingeteilt.
Dec und Sarah sind auch da und sie bedankt sie überschwänglich, dass ich die Kleider mitgebracht habe.
Clover legt sich sofort unter den Küchentisch und schnarcht leise.
„Also Sarah, du und Alexa, ihr fahrt morgen zum Floristen und bringt die Blumen in die Kirche.“ Weist Patti mich und Sarah an und wir nicken lachend.
„Dec, du und Fin, ihr fahrt zu den anderen Trauzeugen und liefert die Anzüge ab. Sagt bitte jedem noch einmal, das sie um 12 Uhr an der Kirche sein müssen.“ Erinnert sie die Männer und auch diese nicken lachend.
Dann verteilt sie noch Aufgaben für meine Mum, meinen Dad und Onkel Steven, auch für sich selbst macht sie sich eine Liste.
Meine Mum steht am Herd und macht uns eine Suppe zum Abendbrot, es ist ein lustiges durcheinander Gerede am Tisch und ich habe schon Bauchschmerzen vom lachen.
„Ach Lexie, bevor ich es vergesse, dein Tischherr ist Finlay. Wir wussten nicht wie wir das sonst Sitzplanmäßig hin bekommen.“ Patti sieht mich fragend an.
„Kein Problem.“ Erwidere ich nur und sehe kurz zu Fin, dessen Augen blitzen schelmisch auf und ich grinse noch breiter.
„Was haltet ihr von einer Runde Rommee?“ meine Mum sieht in die Runde und wir grinsen, nach der Suppe hat keiner wirklich Lust etwas zu machen, aber meine Mum gibt keine Ruhe und so sitzen wir alle noch drei Stunden später um den Tisch herum und spielen Karten.
„So nun aber alle ins Bett…“ Patti steht auf „Husch, Husch!“
Ich strecke mich ein wenig und winke in die Runde.
„Ich hole dich dann morgen um 10 Uhr ab.“ Sarah zwinkert mir zu, denn laut Pattis Plan sollen wir schon um 9 Uhr beim Floristen sein.
„Danke.“ Lächle ich und nehme sie in den Arm.
Ich falle wie erschlagen ins Bett und als alles ruhig ist und Fin nicht kommt, da schleiche ich mich auf Zehenspitzen zu ihm.
Ich kuschele mich an seinen warmen Körper und er stöhnt wohlig auf.
Ich schlafe fast augenblicklich ein und werde erst wach als es an meiner Zimmertür klopft.
„Lexie, ich bin es, ich warte unten.“ Ruft Sarah und ich wecke leise Fin.
Dann klopft es auch an seiner Tür.
„Fin? Dec wartet auch unten auf dich.“ Ruft sie nur und dann hören wir, wie sie die Treppe runter geht.
Kichernd gehe ich ins Bad und ziehe mir schnell eine Jeans und eine kurze Bluse an, ich binde meine Haare im Nacken zusammen und mache mich frisch.
Ich verlasse das Bad und Fin kommt mir mit seinen Sachen entgegen. Ich sehe die Treppe hinunter und küsse ihn liebevoll.
„Bis heute Abend.“ Hauche ich ihm ins Ohr und stürme dann die Treppe runter.
„Da bist du ja, wollen wir gleich los? Patti kriegt gleich eine Krise.“ sie deutet in die Küche.
„Ja.“ Sage ich nur, laufe in die Küche und nehme mir einen Thermobecher mit Kaffee. Ich suche noch schnell den Deckel als Patti mich entdeckt.
„Ungehorsames Kind, seht zu, das ihr los kommt.“ Schimpft sie und ich und Sarah gehen lachend nach draußen. Heute scheint die Sonne mal nicht und dunkle Wolken hängen über Fenit. Besorgt sehe ich zum Himmel.
„Morgen scheint die Sonne wieder.“ Sagt Sarah sicher und ich lächle.
„Aber sicher.“ Ich steige auf der Beifahrerseite ein und wir fahren vom Hof.
Als wir beim Floristen ankommen stehen schon etliche Blumen bereit und der Besitzer bietet uns gleich an sie in die Kirche zu fahren, denn wir bekommen sie mit Sicherheit nicht mit. Die Gestecke bestehen aus weißen Callas, weißen Wildrosen und Schleierkraut, sie sehen wirklich wunderschön aus.
„Wow Sarah, die sind wundervoll.“ Ich sehe zu ihr und sie strahlt.
„Danke.“ Erwidert sie und wird leicht rot.
Wir fahren also dem Fahrer voran in die Kirche und beginnen alles zu schmücken, es sieht Atmenberaubend aus und wir setzen uns auf die hinterste Bank.
„und bist du aufgeregt?“ ich stupse sie leicht an.
„Nein…“ sagt sie sicher „Dec ist das was ich immer wollte.“ Sie sieht mich an und ich sehe die Liebe in ihren Augen.
„Ich bin so froh, dass er dich hat.“ Ich nehme sie in den Arm.
„Er vermisst dich sehr.“ Sagt sie leise.
„Ich vermisse ihn auch.“ Gestehe ich.
„Was ist eigentlich bei dir und Fin los? Findet das Traumpaar noch einmal zusammen?“ sie sieht mich fragend an.
Ich lächle leicht „Nein, er wird heiraten und in Australien leben und ich stehe Montag schon wieder im Gericht von Newport.“ Ich zucke mit den Achseln.
„Ich habe immer gedacht, das ihr Beide irgendwann heiratet.“ Sie nimmt meine Hand „Ihr wart in meinem Augen für einander geschaffen.“
„Vielleicht in einer anderen Welt zu einem anderen Zeitpunkt.“ Ich atme tief durch.
Gott, wann war ich das letzte Mal in einer Kirche?
Ich sehe mich um und schließe kurz meine Augen, damals hatte alles den Sinn verloren, auch die Kirche…
„Lexie, du musst irgendwann aufhören damit…“ sagt sie sanft und ich sehe sie an.
„Irgendetwas ist damals geschehen… Keiner weiß es, nicht einmal Fin oder Dec, aber es macht dich kaputt.“ Sie nickt mir traurig zu.
Dann schweigen wir eine Weile und ich lasse die schön geschmückte Kirche auf mich wirken.
„Kannst du mir einen großen Gefallen tun?“ sie grinst mich schelmisch an.
„Na was Schwägerin?“ lache ich.
„Dec hat dich früher immer so gerne singen gehört und ich wollte dich bitten, auf der Feier ein Lied für ihn zu singen…“ ich sehe sie zweifelnd an „Wir haben eine wunderbare Band, sag mir welches Lied und sie werden dich begleiten. Bitte, es würde ihm soviel bedeuten.“
Ich überlege einen Moment, dann lächle ich. „Flying without wings.“ Sage ich leise und sie nimmt mich in den Arm.
Mit diesem Lied bin ich Dec als ich 17 war, einen Sommer lang tierisch auf den Keks gegangen, denn ich spielte es rauf und runter und ich glaube am Ende des Sommers, hat er es gehasst.
„Ich danke dir so sehr.“ Sie streicht mir eine Strähne aus dem Gesicht, die sich aus meinem Zopf gelöst hat.
„Ich bringe dich wohl langsam zurück, das hat ja doch länger gedauert wie erwartet.“ Sie sieht auf ihre Uhr „Ich muss nach Hause, Dec darf mich nicht mehr sehen.“ Sie zwinkert mir zu.
Tatsächlich ist es schon später Nachmittag als wir am Hof ankommen, sie lässt mich raus und ich winke ihr zu.
Als ich ins Haus komme, herrscht das absolute Chaos und bevor mich Patti in die Finger bekommt flüchte ich in den Stall und reite mit Buttercup aus. Clover läuft neben mir her und scheint mindestens genauso erleichtert dem Irrenhaus entkommen zu sein.
Als ich Buttercup wieder in die Box stelle ist es bereits dunkel.
„Wir haben uns schon Sorgen gemacht.“ Meine Mum stellt mir was zu Essen vor die Nase und ich sehe sie entschuldigend an.
„Ich habe die Zeit vergessen.“ Gebe ich reumütig zu.
„Kein Problem mein Schatz.“ Sie schickt mir einen Kuss „Aber Bescheid sagen wäre beim nächsten Mal schon drin, oder?“
„Ja sicher Mum.“ Erwidere ich.
Es wird kein nächstes Mal geben, morgen ist die Hochzeit und am Sonntag um 12 Uhr geht mein Flieger aus Kerry…
„Ach ja, Dec schläft mit Fin in seinem Zimmer, wenn die Jungs dich nicht schlafen lassen, dann sag mir Bescheid.“ Sie sieht mich an und ich lache.
„Mum, wir sind erwachsen.“ Ich schüttele meinen Kopf.
Nachdem ich etwas gegessen habe gehe ich baden und dann ins Bett, ich weiß Fin wird heute Nacht kommen und ich fühle mich allein in meinem Bett.
„Aufstehen!“ es hämmert an meine Tür und ich komme verschlafen hoch.
„Gott.“ Murmle ich und strecke mich erst einmal.
Ich sehe auf meine Uhr, kurz nach 8 Uhr.
Ich gähne herzhaft und schlurfe ins Bad.
„Gott Lex, ich bin unter Dusche.“ Kommt es von Dec und ich lache.
„Glaub mir Dec, ich habe an dir schon alles gesehen und ich muss mich fertig machen.“ Ignoriere ich ihn und beginne mich fertig zu machen.
Nun lacht er auch und wir unterhalten uns ein wenig über belangloses Zeug bis er fertig ist.
„So, jetzt hast du das Bad für dich.“ Verspricht er mir, als ich ihm ein Handtuch reiche.
Ich trage etwas Make up auf, seitdem ich hier bin, habe ich mich nicht einmal geschminkt und mein Gesicht wirkt plötzlich so anders.
Meine Mum reicht mir ein paar Rosenblüten rein und ich stecke meine Haare hoch und die Blüten rein.
Dann gehe ich in mein Zimmer und ziehe mich um, ich schlüpfe in das Kleid und meine weißen Pumps. Mein Blick fällt auf mein Armband und ich ringe einen Moment mit mir.
Es passt einfach überhaupt nicht dazu, ich hole eine Schere aus der Schublade und schneide es durch. Ich lasse es in den Papierkorb fallen und ein kleiner weißer Streifen bleibt auf meinem Handgelenk zurück.
Ich drehe meine Hand und streiche über die Tätowierung die nun zum Vorschein kommt.

Little Angel 24.09.2005

 



Ich schließe meine Augen und schlucke meine Tränen runter.
„Lexie!“ schreit meine Mum von unten.
Ich nehme meine weiße Clutch, atme nochmals tief durch und gehe dann runter.
„Du siehst zauberhaft aus.“ Mein Dad strahlt mich an.
„Danke Daddy, du bist auch schick.“ Lobe ich ihn, denn ich weiß wie unwohl er sich Anzügen fühlt. Er trägt einen klassischen dunkelblauen Anzug und seine blauen Augen strahlen.
„So sind jetzt alle da?“ meine Mum kommt zu mir „Du sieht wunderschön aus mein Schatz.“ Sie haucht mir einen Kuss auf die Wange.
Meine Mum trägt ein zartgelbes Kostüm und sie sieht wirklich wunderschön aus, auch sie hat ihre Haare hoch gesteckt und kleine Löckchen springen hier und da heraus. Sie hat ebenso wie ich grüne Augen, aber die sehen mich gerade ziemlich abgehetzt an. Ich erhasche einen Blick auf die Uhr. 11:15 Uhr, wir liegen doch ganz gut in der Zeit…
„Declan, Nicholas, Finlay und Logan. Kommt jetzt Lexie ist fertig.“ Ruft mein Dad ins Wohnzimmer und die vier kommen zu uns.
„Auf geht’s.“ meine Mum klatscht in die Hände und wir gehen zu den Autos. Ich fahre mit Dec bei unseren Eltern mit und nehme seine Hand als wir im Auto sitzen.
„Alles gut?“ frage ich leise und er nickt.
„Ein bisschen aufgeregt.“ Gibt er zu.
„Kein Wunder, Dec du heiratest.“ Ich lächle ihn an.
„Wahnsinn oder?“ er strahlt übers ganze Gesicht.
„Ja Wahnsinn.“ Gebe ich zu und betrachte meinen großen Bruder.
Er sieht wirklich gut aus in seinem dunkelblauen Anzug, gab es den mit meinem Dad seinem im Sonderangebot?
Nein, nein er sieht wirklich gut aus, seine dunkelblonden Haare hat er nach hinten gegelt und er strahlt.
Dann sind wir an der Kirche und begrüßen die ersten Gäste.
„So Showtime, Sarah ist auf dem Weg.“ Sarahs Dad kommt zu uns.
„Alexa, welch eine Augenweide.“ Begrüßt er mich.
„Hallo Peter.“ Ich nehme ihn in den Arm. „Nervös?“ ich zwinkere ihm zu.
„Ach was, ist ja jetzt meine 4. Tochter die ich in gute Hände gebe.“ Er winkt ab.
„Tja, dann bist du sie jetzt ja alle los.“ Lacht mein Dad.
„Ja…“ er grinst „Endlich frei.“
„So ihr müsst jetzt.“ Er schiebt mich und die Männer in die Kirche und wir nehmen im Kirchenschiff unseren Platz ein.
Ich stehe zwischen Dec und Fin und Nick reicht mir die Ringe.
Dann heißt es warten, denn wie es sich für eine Braut gehört, kommt Sarah zu spät. Aber nur 15 Minuten und als der Hochzeitsmarsch auf der Orgel erklingt bekomme ich Gänsehaut. Zuerst schreiten die Brautjungfern den Gang entlang…
Dann schreitet Sarah in einem Traum aus weißer Seide und Spitz auf Dec zu und ich merke wie mir die Tränen in die Augen steigen. Dec laufen nun die Tränen übers Gesicht und es berührt mich, das er so ergriffen von diesem Moment ist.
Fin greift nach meiner Hand uns sieht mich verwundert an, denn er merkt, das mein Armband weg ist. Er sieht das Tattoo, aber ich drehe meine Hand weg bevor er etwas lesen kann und drücke kurz seine Hand ehe ich wieder los lasse.
Die Ansprache des Pfarrers ist wunderschön und eine knappe Stunde später stellt er dann auch die entscheidenden Fragen die Beide mit einem kräftigen Ja beantworten. Ich reiche die Runge an und merke wie sehr meine Hände zittern.
„… Somit erkläre ich euch vor Gott, euren Familien und euren Freunden zu Mr. und Mrs. O’Fallon. Sie dürfen ihre Frau jetzt küssen.“
Alle applaudieren und wir schreiten hinter dem frisch gebackenen Ehepaar aus der Kirche.
Draußen falle ich erst einmal Dec um den Hals.
„Ich wünsche euch alles, alles Gute.“ Ich drücke ihn an mich und kann meine Tränen nun nicht mehr zurück halten.
Er wischt mir sanft eine Träne weg.
„Ich danke dir so sehr.“ Er küsst meine Stirn.
Dann gratuliere ich auch Sarah und auch sie ist in Tränen aufgelöst.
Dann fahren wir alle mit unzähligen Autos ins Riverwiev, welches ebenso schön geschmückt ist.
Es stehen mehrer runde Tische im Saal und ich suche mir meinem Platz, neben Fin und neben Nick. Wir sitzen direkt vor dem Brautpaar und als endlich alle sitzen, wird das Mittagessen aufgetragen, denn alle sollen erst einmal ein wenig zu Ruhe kommen, ehe der feierliche Teil weiter geht.
Ich bekomme kaum was runter, denn ich merke, das Fin mir die ganze Zeit auf mein Handgelenk starrt.
Dann beginnen die Reden, zuerst ist der Bräutigam dran und erhebt sich.
„Liebe Freunde, liebe Familie. Ich und meine Frau danken euch so sehr, das ihr diesen Tag für uns unvergesslich macht. Ich danke meinen Trauzeugen und meiner bezaubernden kleinen Schwester Lex, dass ihr an meiner Seite wart und mich moralisch unterstützt habt. Meine Familie ist mir immer das Wichtigste auf der Welt gewesen und Sarah gehört nun zu meiner Familie. Sarah, ich will dich immer lieben und ich will dich vor allem beschützen. Ich danke dir, dass du mich zu deinem Mann genommen hast. Ich liebe Dich.“ Er sieht zu ihr und gibt ihr einen Kuss.
Ich wische mir ein paar Tränen beiseite.
Dann sagt Sarah etwas, ihr Dad und mein Dad.
Dann stehe ich auf und alle sehen mich lächelnd an.
„Lieber Dec, liebe Sarah! Euch heute zusammen zu sehen lässt mein Herz vor Glück fast überlaufen. Ich sehe wie sehr ihr euch liebt und ich wünsche mir für euch, das es für immer so bleibt. Dec, du bist der beste große Bruder den man sich wünschen kann und als du vor fast 7 Jahren endlich mit Sarah zusammen gekommen bist, da habe ich gewusst, das sie dich zähmen wird und du sie irgendwann einmal heiraten wirst. Ich bin glücklich, dass ich an deiner Seite dabei sein durfte. Dec, ich liebe dich so sehr und Sarah, willkommen bei den O’Fallons.“ Ich erhebe mein Glas und die anderen tun es mir gleich „Auf Dec und Sarah.“ Sage ich und die anderen wiederholen es.
Zu guter Letzt, nach zwei der Brautjungfern steht Fin auf.
„Dec…“ er postet ihm zu „Sarah…“ auch ihr prostet er zu „Das Los dessen, der zu guter Letzt eine Rede halten soll ist es, das eigentlich schon alles gesagt worden ist. Ihr seid perfekt für einander, wenn ich euch sehe, dann kommt mein Glauben an die Liebe langsam zurück, Ihr habt es geschafft euch gegen alle Widerstände durchzusetzen und ihr habt immer an euch geglaubt. Ich bewundere das und ihr habt meinen ganzen Respekt. Ich wünsche euch ein Leben voller Liebe und Verständnis und das euch niemals irgend etwas trennen wird.“ Er postet in die Runde „Auf Dec und Sarah.“ Sagt er und wir alle wiederholen es.
Die Reden alleine haben mich schon drei Gläser Sekt gekostet…
Ich sehe auf meine Uhr, es ist tatsächlich schon kurz vor 5 und Sarah nickt mir zu. Ich stehe auf und gehe zu den Musikern, die gerade mit dem Aufbau fertig sind.
Ich nehme mir das Mikrofon.
„Hallo noch mal.“ Sage ich und die anderen lachen „Dec, deine bezaubernde Frau hat mich gestern um etwas gebeten, ich gebe zu, ich war nicht sofort Feuer und Flamme…“ ich sehe zu Sarah und sie lacht „Aber sie hat sich gewünscht, das ich für dich singe. Dec, das Lied ist nur für dich. Flying without wings.“ Ich sehe zu ihm und er lächelt.
Dann gebe ich der Band ein Zeichen, ich atme tief durch und beginne zu singen „Everybody's looking for a something. One thing that makes it all complete. You'll find it in the strangest places. Places you never knew it could be.
Some find it in the face of their children, Some find it in their lover's eyes. Who can deny the joy it brings? When you've found that special thing. You're flying without wings. Some find it sharing every morning. Some in their solitary lives. You'll find it in the words of others, a simple line can make you laugh or cry. You'll find it in the deepest friendship, the kind you cherish all your life. And when you know how much it means. You've found that special thing. You're flying without wings. So, impossible as it may seem.
You've got to fight for every dream. ‘Cause who's to know which one you let go would have made you complete. Well, for me it's waking up beside you. To watch the sunrise on your face. To know that I can say I love you, in any given time or place. It's little things that only I know. Those are the things that make you mine. And it's like flying without wings, ‘Cause you're my special thing. I'm flying without wings. And you're the place my life begins and you'll be where it ends. I'm flying without wings and that's the joy you bring. I'm flying without wings.” (Jeder hält Ausschau nach diesem Etwas, nach dem einen, das alles vollkommen macht. Du findest es an den seltsamsten Stellen, dort, wo du es nie vermutet hast. Manche finden es in den Gesichtern ihrer Kinder, manche finden es in den Augen ihrer Geliebten. Wer könnte die Freude leugnen, die es einem bringt, wenn man dieses ganz Besondere gefunden hat?
Dann fliegst du ohne Flügel. Manche finden es in der Gemeinsamkeit jedes Morgens. Manche in ihrem Leben für sich, ganz allein. Du findest es in der Antwort anderer, nur ein paar Worte können dich zum Lachen oder Weinen bringen. Du findest es in den tiefsten Freundschaften, die von der Art sind, die du Dein ganzes Leben lang ehrst.
Und wenn du weißt, wie viel das bedeutet, dann hast du dieses ganz Besondere gefunden. Dann fliegst du ohne Flügel. So unmöglich sie auch erscheinen mögen, um jeden deiner Träume musst du kämpfen, denn wer sollte schon wissen, welcher den du aufgibst, Dir die Erfüllung gebracht hätte. Nun, für mich ist es, neben dir aufzuwachen, den Sonnenaufgang auf deinem Gesicht zu sehen. Zu wissen, dass ich sagen kann: Ich liebe dich, zu jeder Zeit und an jedem Ort. Es sind die kleinen Dinge, die nur ich kenne. Das sind die Dinge, durch die du zu mir gehörst und das ist wie fliegen ohne Flügel. Denn du bist für mich etwas ganz Besonderes, ich fliege ohne Flügel. Und du bist da, wo mein Leben beginnt und du wirst da sein, wenn es endet. Ich fliege ohne Flügel.)
Alle stehen auf und applaudieren mir, ich schicke Dec einen Luftkuss und er sieht mich mit Tränen in den Augen an.
„Danke.“ Hauche ins Mikrofon und übergebe an den Sänger der Band.
Dieser spielt dann auch gleich auf und das Brautpaar eröffnet den Tanz.
Fin reicht mir die Hand.
„Darf ich bitten?“ er verbeugt sich leicht und kurz drauf finde ich mich in seinen Armen auf der Tanzfläche wieder.
„Du hast wundervoll gesungen.“ Haucht er mir ins Ihr und ich bekomme eine Gänsehaut. Er sieht mich an und ich lege meinen Kopf auf seine Schulter.
„Du hast es abgenommen.“ Flüstert er.
„Ja, es wird Zeit die Dinge los zu lassen.“ Erwidere ich leise.
Nach dem Tanz, werde ich zuerst von meinem Dad, dann von Nick, Logan und Dec aufgefordert und anschließend durch die halbe Verwandschaft gereicht. Zwischendurch schaffe ich es tatsächlich mir etwas vom Buffet zu ergattern und um 0 Uhr schneiden Dec und Sarah ihre phänomenale Hochzeitstorte an.
Dann tanze ich zu den Klängen der irischen Volksmusik und fühle mich so frei wie lange nicht mehr.
Um kurz nach 2 Uhr habe ich endlich mal Zeit mir etwas von der Bar zu holen und dann sehe ich mich nach Dec um. Ich kann ihn nicht finden und genauso wenig Fin. Also gehe ich raus und atme in der kühlenden Brise tief durch.
„Gott Fin, sag es ihr endlich, Ich weiß, das war meine Idee, aber du musst es ihr sagen.“ Redet Dec auf Fin ein und ich gehe näher heran.
„Ich weiß nicht wie ich es ihr sagen soll. Ich habe Angst, das sie wieder weg läuft.“ Antwortet Fin ihm.
Es geht um mich?
Ich gehe auf die Beiden zu.
„Was musst du mir sagen.“ Ich sehe zu Fin und er sieht mich erschrocken an.
„Lex, das war meine Idee und es war dumm.“ Mischt sich Dec ein.
„Dec, du hast Sendpause.“ Ich sehe ihn böse an.
„Lex, ich bin nicht verlobt. Ich lebe allein in Sydney und ich kam mir doof vor. Dec meinte dann, er sagt einfach das ich verlobt bin und dann ist gut.“ Gesteht er mir.
„Wie bitte?“ ich glaube, oder besser gesagt ich hoffe, mich verhört zu haben.
„Lex, es war dumm.“ Gibt er zu.
„Allerdings, ich bin auch hier nach Jahren aufgetaucht, aber ich musste mir für mein Ego keinen imaginären Freund oder Verlobten anschaffen. Warum hast du nichts gesagt?“ ich funkele ihn böse an.
„Lex bitte, ich wusste nicht was hier passieren wird…“ er will meine Hand nehmen.
„Nein, das wusstest du nicht. Aber nachdem wir miteinander geschlafen haben. Ich finde, da hättest du es mir ruhig sagen können.“ Ich schubse ihn leicht und merke wie die Wut in mir hoch steigt. „Du weißt, wie sehr ich wegen deiner Verlobten mit meinem Gewissen gekämpft habe, aber anstatt mir endlich reinen Wein einzuschenken belügst du mich einfach weiter? Und dann ist diese ganze Idee auch noch auf deinem Mist gewachsen.“ Ich sehe zornig zu Dec. „Du bist mein großer Bruder, ich dachte du liebst mich?“
„Lex bitte.“ Er will meine Hand nehmen.
„Fass mich nie wieder an.“ Fauche ich.
„Und von dir habe ich mehr erwartet…“ ich sehe enttäuscht zu Fin.
„Du sagst mir doch auch nicht alles…“ wehrt er sich „… ich weiß immer noch nicht, was ich damals falsch gemacht habe.“
„Du hast nichts falsch gemacht…“ ich atme tief durch „Ich war es.“ Ich merke wie mir Tränen in die Augen stiegen, es ist an der Zeit Sarahs Rat zu befolgen und die Karten auf den Tisch zu legen. Hier in der kleinen Gasse hinter dem Riverwiev am Tag der Hochzeit meines Bruders…
Nicht was ich mir erhofft habe, aber ich muss es jetzt einfach sagen.
„Als ihr in New York wart, da habe ich erfahren, dass ich schwanger bin. Gott, ich habe mich so gefreut…“ mir laufen nun die Tränen übers Gesicht „… Ich wollte es dir nicht am Telefon sagen, ich wollte es dir sagen wenn du kommst. Am 24. September bekam ich morgens heftige Blutungen und ich bin sofort ins Krankenhaus gefahren…“ ich schluchze „Ich habe unser Baby, ein kleines Mädchen, in der 15. Woche verloren. Ich wurde noch am gleichen Tag operiert, am Abend durfte ich wieder nach Hause. Der Arzt nannte es natürliche Auslese… Es war meine Schuld, vielleicht war ich zu unvorsichtig oder ich habe mir zuviel zugemutet. Ich konnte dir einfach nicht mehr in die Augen sehen. Ich war krank vor Kummer und Scham und ich wollte dir nicht antun, das du mit der Frau zusammen lebst, die dein Kind getötet hat.“ Ich sehe ihn an „Und dann komme ich hierher, ich merke was mir alles gefehlt hat und du belügst mich. Wie soll ich jemals wieder jemandem trauen, wenn selbst du mich anlügst? Du hast alles kaputt gemacht, nur weil du besser da stehen wolltest.“ ich verpasse ihm eine schallende Ohrfeige und laufe davon.
Ich will hier weg…
So schnell wie möglich und so weit wie möglich…
Ich springe in das erstbeste Taxi, das vor dem Riverwiev steht und lasse mich nach Hause bringen. Zum Glück haben meine Eltern noch das gleiche Versteck für den Schlüssel wie schon in meiner Jugend. Ich lasse mich ins Haus und packe in Windeseile meine Sachen zusammen. Das Taxi wartet und ich lasse mich auf die Rückbank fallen.
„Dublin Airport.“ Weise ich ihn an.
„Miss, das wird sie an die 500 Euro kosten.“ Er sieht mich erstaunt an.
„Das ist mir egal.“ Gebe ich zurück und sehe auf die Uhr, es ist kurz nach 3, die Fahrt dauert ungefähr 3 Stunden, vielleicht erwische ich ja noch einen früheren Flug nach Los Angeles.
Tatsächlich sind wir erst um kurz nach 7 in Dublin, ich bezahle den Fahrer und schleppe meinen Koffer zum Schalter von Delta Airline, mit dieser Airline bin ich ja schließlich auch her geflogen.
„Kann ich etwas für sie tun, Miss?“ der Mann hinter dem Schalter sieht mich argwöhnisch an.
Ich kann seinen Blick verstehen, hier stehe hier immer noch in dem Kleid von der Hochzeit, vom meinem Make up ist wahrscheinlich nicht mehr viel übrig und meine Haare haben mit Sicherheit auch schon Mal bessere Tage gesehen.
„Ich möchte den nächst möglichen Flug nach Los Angeles oder Newport.“ Sage ich an ihn gewandt und lege meine goldene Kreditkarte auf den Schalten.
„Einen Moment…“ er tippt auf seinem Computer „Ich habe in 40 Minuten einen Flug über Paris und Seattle nach Los Angeles.“ Erklärt er mir.
„Den nehme ich, erster Klasse bitte.“ Ich wische mir über die Augen.
„Aber sicher Miss, ich muss dann ihr Gepäck gleich einchecken.“ Er sieht zu meinem Koffer und ich wuchte ihn hoch. Ich gebe ihm meinen Pass und er reicht mir das Flugticket.
„Gate 9, gehen sie bitte gleich hin. Das Check in hat schon begonnen.“ Weist er mich an. Ich nehme meine Handtasche und gehe in die von ihm angezeigte Richtung.
AM Gate werde ich von zwei Flugbegleiterinnen in empfang genommen und bekommen meinen Platz zugewiesen.
„Kann ich ihnen ein Glas Champagner anbieten?“ die Stewardess sieht mich fragend an.
„Nein danke, ich hätte gerne ein Glas Wasser.“ Antworte ich so höflich wie möglich.
„Aber sicher.“ Sie dreht sich um und reicht mir eine kleine Flasche Wasser.
Dann gehen auch schon die Startvorbereitungen los und eine halbe Stunde später sehe ich Dublin unter mir verschwinden.
Ich schließe meine Augen und atme tief durch.
Ich will einfach nur vergessen…
Für immer vergessen…
Ich sehe hinaus, ein neuer Tag bricht heran, die Sonne strahlt und alles hier oben sieht so friedlich aus.
In Paris muss ich die Maschine wechseln und auch die Stewardessen in der neuen Maschine sehen mich mitleidig an. Als wir endlich wieder in der Luft sind erkundigt sich eine ältere Stewardess mehrmals, ob ich irgend etwas brauche und ich verneine jedes Mal.
Irgendwann bringt sie mir eine Decke und ein Kissen und ich schlafe eine lange Zeit, als ich hoch komme sieht sie mich freundlich an.
„Geht es ihnen besser Miss?“ erkundigt sie sich besorgt.
„Danke.“ Ich winke ab und starre hinaus in die Wolken.
Mein Herz ist wieder gebrochen, wieder von demselben Mann und der Schmerz frisst mich fast auf.
Ich kann kaum atmen und mein Herz droht vor Schmerz in tausend Einzelteile zu zerspringen.
„Miss, wir landen in 10 Minuten in Seattle, sie brauchen nicht aufstehen, aber sie müssen sich anschnallen. Werden sie in Los Angeles abgeholt?“ sie sieht ich an und ich überlege einen Moment.
„Darf ich telefonieren?“ fragend sehe ich auf.
„Aber sicher Miss, benutzen sie das Bordtelefon.“ Sie deutet auf jenes und ich nehme es zur Hand, ich kann Lucas Nummer auswendig und schon nach dem zweiten Klingeln geht er ran.
„Brown.“ Meldet er sich.
„Hey Luca, ich bin es.“ Erwidere ich zaghaft.
„Sonnenschein, es ist schön dich zu hören. Wo bist du denn und wie geht es dir?“ sprudelt es aus ihm heraus.
„Ich bin gleich in Seattle, kannst du mich in zwei Stunden in L.A. abholen?“ frage ich vorsichtig.
Ich weiß nicht, was meine Freundschaften hier noch wert sind…
„Aber sicher Sonnenschein, ich freue mich schon dich zu sehen. Du klingst so traurig, geht es dir gut?“ fragt er sorgenvoll.
„Nein, es geht mir nicht gut…“ ich schluchze auf „Die Reise war ein Fehler, ein riesengroßer Fehler.“
„Oh Sonnenschein…“ erwidert er bedauernd „Ich hole dich ab und bringe dich nach Hause, dann reden wir in aller Ruhe, ja?“
„Ja.“ Schluchze ich und lege auf.
Die letzte Stunde in der Luft versuche ich mich zu beruhigen, irgendwann nehme ich mein Handy aus meiner Handtasche und schalte es ein.
228 Anrufe in Abwesenheit…
Meine Familie kann sehr hartnäckig sein.
Ich gehe auf das Nachrichtensymbol und schreibe eine SMS an meine Mum.

Hallo Mummy! Ich bin schon fast wieder zu Hause. Es tut mir leid, dass ich mich nicht verabschiedet habe. Richte Declan aus, sollte er noch einmal versuchen mich anzurufen, dann sehe ich mich gezwungen meine Nummer zu ändern, gleiches gilt auch für Finlay und die anderen. Das Thema Irland ist für mich durch, ich will nie wieder zurück. Alexa

Ich weiß, das klingt hart, aber ich muss mich auf mein Leben hier in den Staaten konzentrieren, ich habe viel zu lange und zu hart dafür gearbeitet, um jetzt alles hin zu schmeißen.
Dann schalte ich mein Handy wieder aus und warte darauf, das wir endlich in L.A. landen.
Die Landung ist sanft und ich gehe langsam zur Gepäckausgabe, in meinem Kopf schwirren tausend Gedanken herum und ich kann nicht einen einzigen zu Ende denken.
Endlich kommt mein Koffer und ich lade ihn auf einen Gepäcktrolli und gehe Richtung Ausgang.
Luca kommt gleich auf mich zu und nimmt mich in den Arm.
„Hey Sonnenschein. Welcome back.“ er sieht mich prüfend an und meine Tränen beginnen zu laufen. „Oh, nicht weinen.“ Er streicht mir die Tränen weg. „Komm wir fahren erst einmal nach Hause.“ Er legt seinen Arm um mich und bugsiert mich mit meinem Trolli nach draußen, wir laden den Koffer in sein Auto und fahren schweigend zu mir. Na, ja er schweigt und ich weine.
Als wir in meinem Penthouse ankommen setzt er mich auf die Couch und geht vor mir in die Hocke.
„Was ist in Irland passiert?“ fragt er vorsichtig, ich vergrabe mein Gesicht in meinen Händen und schluchze auf.
Er setzt sich zu mir auf die Couch und zieht mich in seine Arme.
„Ist unsere Freundschaft echt?“ ich sehe ihn unter Tränen an und erwidert meinen Blick verständnislos.
„Wie meinst du das?“ er nimmt mein Gesicht in seine Hände.
„Ich meine ohne den ganzen Luxus, das Geld und gesellschaftlichen Positionen. Wären wir trotzdem Freunde?“ ich sehe ihn hilflos an.
„Sonnenschein…“ er küsst behutsam meine Stirn „… Ich bin mir sicher, dass wir auch ohne das alles Freunde wären. Das Geld, der Luxus und alles andere…“ er winkt ab „… Es ist angenehm so zu leben, aber man braucht es nicht.“
„In Irland habe ich gemerkt, was wirkliche Freundschaft ausmacht und ich habe Angst, dass alles in meinem Leben hier nur oberflächlich ist.“ Gebe ich zu.
„Nein Lexa, wir Beide sind echt, auch ohne das alles.“ Er nimmt mich in den Arm „Ich liebe Dich und ich habe dich schrecklich vermisst.“
Er hält mich eine Weile einfach nur fest und ich sehe an mir hinunter. „Ich muss duschen und mich umziehen, ich habe seit fast 48 Stunden die gleichen Sachen an.“
„Das Kleid ist wirklich hübsch, sag mal bist du von der Hochzeit deines Bruders getürmt?“
Ich nicke nur leicht und gehe ins Bad.
Ich ziehe das Kleid aus und steige in die Dusche, plötzlich kommt mir hier alles so kalt und unpersönlich vor…
Nach der Dusche geht es mir etwas besser und ich schlüpfe in eine Jogginghose und ein bauchfreies Top, ehe ich zu Luca zurück gehe.
Er streicht mir eine nasse Strähne aus dem Gesicht. „Lexa, was ist denn nur passiert?“
„Ich wollte mich so gerne schlecht fühlen als ich da war…“ ich schlucke schwer und er sieht mich prüfend an.
„Du bist immer noch ein Irish Girl, oder?“ lächelt er leicht.
„Ja, ich bin immer noch die Lexie, die morgens barfuss aus dem Haus läuft und sich auf den Rücken ihres Pferdes schwingt. Ich bin immer noch die Lex, die keine Schminke braucht um sich wohl zu fühlen und ich bin immer noch die Lex, der Markenklamotten total egal sind. All das bin ich immer noch und es macht mir Angst. Denn hier kann ich diese Lex nicht sein…“ ich sehe ihn unter Tränen an „Hier werde ich wieder zu der Lex, der der Job am Wichtigsten ist, die Lex, die immer darauf bedacht ist gut auszusehen und die Lex, der Geld wichtiger ist wie alles andere.“
„Nein Lexa, so warst du nie und so wirst du nie werden. Klar, du hast dich deinem Leben hier angepasst, aber das ist nichts Schlimmes. Es kommt darauf an, wer du in deinem Herzen bist.“ Er gibt mir einen Kuss.
„Wirst du mich auch noch mögen, wenn ich nach der Arbeit nach Hause fahre und mein Kostüm gegen einen Jogginganzug tausche und mir mit dir lieber eine DVD anschauen will anstatt auf die angesagten Partys zu gehen?“ ich sehe ihn zweifelnd an.
„Klar Lexa…“ er lächelt „… Solange wir alles ein bisschen im Maß halten ist alles Bestens.“ Versichert er mir.
„Danke Luca.“ Sage ich aufrichtig und er nimmt mich in den Arm.
„Ich liebe dich wirklich Lexa.“ Sagt er leise.
„Ich liebe dich auch.“ Erwidere ich.
„Und was ist noch passiert? Ich meine, an diesem Punkt in meinem Leben war ich auch…“ er lächelt „In meinem Herzen bin ich immer noch der Junge aus einem kleinen Kaff in Wisconsin und das ist gut so. Das zeigt mir wer ich bin und woher ich komme.“ Er wischt meine Tränen mit seinen Daumen beiseite.
„Ich habe jemanden wieder gesehen…“ ich sehe ihn an „Finlay…“ füge ich hinzu „Fin und ich waren 7 Jahre lang ein paar, bevor ich etwas gesagt habe. Darauf hin ist er nach Australien gegangen und ich hierher. Ich hätte nie gedacht ihn wieder zu sehen.“
„Was hast du ihm damals gesagt? Ich meine, was sagt man einem Mann und er verlässt nicht nur das Land, sondern auch gleich den Kontinent?“ er setzt sich mir gegenüber und nimmt meine Hände in seine.
„Ich habe ihm gesagt, dass ich ihn nicht liebe.“ Erwidere ich leise.
„Und das war nicht die Wahrheit?“ rät Luca in Blaue hinein.
„Nein, ich habe ihn mehr geliebt wie alles andere auf der Welt…“ ich sehe ihn an und lächle leicht „Ich denke wirklich, ich hätte ihn geheiratet…“ ich seufze tief „Er und mein Bruder bekamen damals eine einmalige Chance, an einer der besten Privatschulen New Yorks ein Volontariat zu machen. Weißt du, sie sind beide Lehrer. Jedenfalls waren sie für drei Monate in New York und ich allein in Dublin…“ ich sehe zu ihm und er drückt meine Hände ganz leicht „… Ich habe drei Wochen nachdem sie weg waren erfahren das ich schwanger bin. Ich habe mich wirklich gefreut, Fin und ich wollten immer Kinder und auch wenn wir beide mit dem Studium noch nicht fertig waren, so zweifelte ich keine Sekunde daran, das wir es schaffen. Ich wollte es ihm nicht am Telefon sagen, ich meine so etwas macht man nicht…“ ich sehe wieder zu ihm und er schüttelt mit dem Kopf. „…Ich wollte es ihm sagen, wenn er wieder da ist. Am 30.09.2005 sollten sie wieder landen, am 01. Oktoben war unser Jahrestag, ich plante alles und freute mich so sehr…“ ich beginne wieder zu weinen und Luca sieht mich bedauernd an „… Am 24. September bekam ich starke Blutungen und bin ins Krankenhaus gefahren, mein Baby lebte nicht mehr und ich musste sofort operiert werden. Es war ein kleines Mädchen und der Arzt sagte nur zu mir, das ist die Natur, sie trifft die Auslese selbst. Am Abend war ich dann allein in der Wohnung, ich verkroch mich und machte mir Selbstvorwürfe. Habe ich etwas falsch gemacht? Habe ich nicht genug auf mich und das Baby geachtet? Als Fin zurück kam, da wollte ich ihm erst alles erzählen, aber ich konnte es nicht. Ich konnte ihm nicht einmal in die Augen sehen, ich hatte das Gefühl sein Baby umgebracht zu haben und ich war der Meinung er ist ohne mich besser dran. Also habe ich ihm gesagt, dass ich ihn nicht mehr liebe und er ist gegangen. Ans andere Ende der Welt…“
„Oh Lexa.“ Luca drückt mich an seine Brust. „Es tut mir so leid.“ Sagt er aufrichtig.
„Er war auch in Irland…“ erzähle ich weiter, wenn ich jetzt schon ehrlich bin, dann kann Luca auch alles erfahren „… ich sah ihn und sofort schlug mein Herz schneller in meiner Brust. Declan, mein Bruder, erzählte allen das Fin verlobt ist und ich versuchte ihm aus dem Weg zu gehen. Aber es ging nicht…“ ich sehe Luca hilflos an „… Er ist so besonders, ich konnte mich ihm nicht entziehen. Wir haben miteinander geschlafen und ich habe mich für ein paar Tage der Illusion hin gegeben wir wären doch für einander bestimmt. Natürlich hatte ich ein furchtbar schlechtes Gewissen gegenüber seiner Verlobten, aber ehrlich Luca, ich konnte nicht tun…“ ich sehe ihn an und er nickt verständnisvoll. „Auf der Hochzeitsfeier sah ich Fin und Dec irgendwann draußen streiten und bin hin gegangen. Sie haben mich angelogen, es gab gar keine Verlobte in Australien und Dec hat sie nur erfunden um Fin besser da stehen zu lassen. Ich bin so enttäuscht von Beiden, denn ich finde, das habe ich nicht verdient. Ich habe Fin dann endlich alles gesagt und bin in das nächste Taxi gesprungen…“ ich sehe auf meine Uhr an der Wand „Das war vor 32 Stunden.“
„Oh Lexa, es tut mir so leid.“ Luca dreht mein Handgelenk und entdeckt die Tätowierung.
„Deshalb immer das Armband?“ er sieht mich traurig an.
„Ja, so habe ich sie immer bei mir.“ Ich sehe auf das Tattoo, Luca nimmt meine Hand und haucht einen Kuss darauf. „Sie wird immer in deinem Herzen sein.“ Er sieht mich lange an.
„Danke mein Sonnenschein.“ Sagt er plötzlich.
„Wofür?“ ich sehe auf.
„Dafür, das du so ein besonderer Mensch bist und ich dein Freund sein darf.“ Er kämpft mit den Tränen.
„Ich danke dir Luca. Danke, das du mir zeigst, das ich hier nicht alles verkehrt gemacht habe.“ Ich streichele seine Wange.
„Du hast nichts verkehrt gemacht.“ Er sieht mich liebevoll an. „Alles hat irgendwie einen Sinn.“
„So weise Worte? Was ist denn passiert als ich weg war?“ ich lächle leicht.
„Sagen wir mal so, auch ich habe über viele Dinge nachgedacht und auch ich habe gemerkt, das mein Leben, so schön es auch ist, noch weit davon entfernt ist mich glücklich zu machen. Ich habe mich mit Landon getroffen und wir haben uns ausgesprochen.“ Er grinst verschmitzt.
„Du und Landon?“ ich grinse ebenfalls.
„Ja, ich und Landon.“ Sagt Luca nur und ich gebe ihm einen Kuss.
„Ich mochte ihn schon immer, aber das weißt du ja.“ Lächle ich.
„Ja, er freut sich dich wieder zu sehen.“ Ich sehe das Strahlen in seinen Augen.
„Was sagen deine Eltern?“ ich sehe ihn fragend an.
„Mum liebt ihn und Dad wird langsam mit ihm warm.“ Freut er sich.
Landon und Luca kennen sich noch von Lucas ersten Jobs her und waren da auch mal kurzzeitig zusammen, irgendwie passte etwas da wohl nicht und sie verloren sich jahrelang aus den Augen. Erst vor zwei Jahren trafen wir ihn zufällig in einem Club und die beiden fingen an eine Freundschaft aufzubauen. Ich mag Landon, er ist ehrlich und witzig und ich weiß, er liebt Luca. Ich hoffe nur, die Beiden bekommen es dieses Mal wirklich hin. Ich wünsche es ihnen so sehr.
„Und was machen wir jetzt mit dir?“ er sieht mich an und legt seinen Kopf schief.
„Ich versuche zu vergessen und schaue nach vorne. Morgen habe ich eine große Verhandlung und es wird mir bestimmt nicht schaden, wenn ich noch mal in die Akten schaue.“ Ich stehe auf und gehe zu meinem Schreibtisch.
„Kann ich dich alleine lassen?“ fragt er besorgt.
„Ja.“ Erwidere ich sicher.
Er nimmt mich in den Arm „Sonnenschein, wenn was ist, dann rufst du mich an. Egal wie spät es ist, ich bin in weniger wie 10 Minuten hier.“ Verspricht er mir und ich nicke.
Ich bringe ihn zur Tür und setze mich dann über die Akten, ich muss mich wirklich vorbereiten und die Zeit rinnt mir durch die Finger. Am nächsten Morgen schlüpfe ich das erste Mal seit langer Zeit wieder in eines meines Kostüme und stecke mir meine Haare hoch. Lange betrachte ich mich im Spiegel… Dann schminke ich mich und nehme meine Unterlagen mit. Vor dem Gerichtsgebäude wartet schon Mr. Hyatt auf mich.
„Alexa, es ist wirklich schön, sie wieder hier zu haben. Haben sie die Mail noch bearbeiten können?“ er sieht mich fragend an und wir steigen die Treppen hoch.
„Ja, ich habe mir gestern Abend und heute Nacht noch alles angeschaut.“ Ich reiche ihm meine Unterlagen. „Ich denke sie sollten die Verhandlung führen, sie haben sich die letzten beiden Wochen damit auseinander gesetzt.“
Wir erreichen den Gerichtssaal und werden vom Mrs. Vander empfangen.
Dann ziehe ich meine Robe an und bin wieder Alexa O’Fallon, Anwältin von Hyatt & McCormick.
Die Verhandlung läuft gut und wir setzen alles durch, was sich unsere Mandantin für die Scheidung gewünscht hat.
„Sehen wir uns gleich im Büro?“ Mr. Hyatt sieht mich fragend an.
„Aber sicher Sir.“ Antworte ich ihm und hole meinen Wagen vom Parkservice ab.
Ich lasse mir Zeit auf dem Weg ins Büro und Jasmond empfängt mich strahlend als ich herein komme. Sie hält ihre Arme auf, aber ich schüttele meinen Kopf.
„Lassen sie ruhig Jassmond, ich hänge das schon alleine auf und meine Tasche kann ich mir auch selbst ins Büro stellen…“ ich sehe in ihr erstauntes Gesicht „Könnten sie mir eine große Tasse schwarzen Kaffee besorgen? Das wäre wirklich sehr nett.“
„Aber sicher.“ Sie dreht sich um und holt mir einen Kaffee während ich in mein Büro gehe. Ich hänge meinen Umhang in den Schrank und sehe auf die Skyline von Newport.
Bin das hier wirklich ich?
Ich atme tief durch, ja das bin ich… Hierfür habe ich hart gearbeitet.
Jasmond kommt rein und stellt mir die Tasse auf den Tisch.
„Kann ich sonst noch etwas für sie tun?“ sie sieht mich fragend an.
„Nein danke, im Moment nicht…“ ich lächle sie an „Ich werde erst einmal meine Mails checken und dann sage ich, wenn ich was brauche.“ Ich nicke ihr zu und setze mich an den Schreibtisch.
Zu erst öffne ich die liegen gebliebene Post und forste mich durch die Fälle, die während meiner Abwesenheit eingetrudelt sind.
Ehe ich mich versehe hat mich mein Arbeitsleben voll im Griff. Ich werde meinem Ruf wieder gerecht und verbringe fast mehr Zeit im Büro wie zu Hause. Luca, Landon und ich unternehmen an den Abenden oft was, aber wir gehen längst nicht mehr so viel in Clubs und Bars, wir treffen uns jetzt öfter bei einem von uns zu Hause und reden oder schauen und einen Film an. Ich versuche zu vergessen was geschehen ist, aber manchmal holt es mich einfach ein. Ich habe bisher nicht einmal mit meinen Eltern telefoniert, zu tief sitzt der Schmerz…
„Lexa, Luca ist am Telefon.“ Teilt mir Jasmond mit und ich nehme den Hörer ab. „Danke Jas.“ Und schon ist sie aus der Leitung.
„Hallo Luca, na das nenne ich mal Gedankenübertragung. Ich habe gerade an dich gedacht.“ Melde ich mich fröhlich.
„Hey mein Sonnenschein, Landon hat uns dieses Wochenende auf sein Boot eingeladen. Na, wie sieht es aus? Wir haben dich schon eine Woche nicht gesehen.“ Sprudelt es aus ihm heraus.
„Ich habe wegen einem Fall soviel um die Ohren, das ich kaum zum Luft holen komme. Aber auf sein Boot? Das klingt super. Holt ihr mich ab?“ frage ich lächelnd.
„Ja klar, wir sind am Freitag um 16 Uhr bei dir.“ Ertönt es vom anderen Ende.
„Lieber ein wenig später, ich habe um 15:30 Uhr den Termin bei Dr. Jordan und ich weiß nicht wie lange das dauert.“ Erkläre ich ihm.
„Na endlich gehst du da mal hin, wird ja auch Zeit…“ tadelt Luca mich „Du bist jetzt seit drei Monaten zurück und bist immer noch erkältet und ständig müde, das kann ja langsam nicht mehr sein.“
„Ja, ja Luca.“ Wehre ich mich lachend „Wir sehen uns übermorgen.“
„Lexa, deine Mum ist auf Leitung eins.“ Jasmond kommt in mein Büro und sieht mich bittend an.
„Jas, nein.“ Sage ich und sieht wirft mir einen traurigen Blick zu.
Jas und ich sind mittlerweile so etwas wie Freundinnen geworden und ich merke, dass wir uns gegenseitig so das Arbeiten wesentlich erleichtern.
Ein paar Minuten später kommt sie wieder ins Büro und schließt die Tür hinter sich.
„Hey Lexa, mir gehen langsam die Ausreden für deine Familie und für Mr. Cunningham aus.“ Sie setzt sich hin und sieht mich an.
„Jas, ich möchte nicht mit ihnen reden.“ Ich sehe sie verzweifelt an. „Sag ihnen ich bin im Gericht.“
„Das erzähle ich ihnen schon seit drei Monaten. Soll ich ihnen sagen du wohnst da und bist gar nicht mehr in deinem Büro?“ sie legt den Kopf schief.
„Nein…“ ich atme tief durch „Oder doch.“ Ich versuche zu grinsen.
„Lexa, so geht man mit seiner Familie nicht um.“ Tadelt sie mich. Jas ist fast doppelt so alt wie ich und eigentlich vertraue ich auf ihr Urteil, aber in diesem Punkt nicht.
„Jas, es ist wirklich kompliziert.“ Antworte ich ihr.
„Was du nichts sagst.“ Sie sieht mich durchdringend an.
„Jas…“ setze ich an.
„Schon Okay Lexa, so einige Sachen habe ich ja auch mit bekommen. Ich werde sie weiter hin halten, aber glaube mir, irgendwann wirst du mit ihnen reden müssen.“ Sie steht auf und geht zur Tür. Sie greift nach dem Türgriff und dreht sich nochmals zu mir um „Wenn Jackie mich so behandeln würde, dann würde ich durchdrehen.“
Dann geht sie raus. Jackie ist ihr 25jährige Tochter und das was ich von ihr bisher gehört habe, lässt nicht darauf schließen, dass sie so etwas jemals tun würde.
Ich verscheuche die Gedanken vorerst aus meinem Kopf und konzentriere mich wieder auf meine Arbeit.
Arbeit ist gut… sie lenkt mich ab.
„Lexa, du musst los, du hast in 25 Minuten deinen Termin bei Dr. Jordan.“ Jas sieht mich mahnend an.
„Ich bin quasi schon weg.“ Rufe ich ihr zu und schnappe mir meinen Blazer. Draußen ist es zwar stickig warm, normal für Ende November in Kalifornien, aber dennoch ich bin schon seit Ewigkeiten erkältet und muss es ja nicht ausreizen.
Ich komme gerade noch rechtzeitig in der Praxis an und Dr. Jordan bittet mich zu sich ins Sprechzimmer. Ich bin Privatpatientin und genieße dadurch gewisse Privilegien…
„Nehmen sie Platz Miss O’Fallon. Was kann ich denn für sie tun?“ er sieht mich fragend an und nimmt hinter seinem Computer Platz.
„Ich war vor drei Monaten in Europa und seitdem bin ich erkältet und ständig müde, ich mache mir Sorgen das ich etwas verschleppt haben könnte.“ Erkläre ich ihm.
Er tippt etwas in seinen Computer und kommt dann zu mir.
„Ziehen sie bitte ihre Jacke aus und legen sie sich hier hin.“ Er deutet auf die Liege.
Dann misst er Blutdruck, kontrolliert meine Reflexe und hört mich ab.
„So legen sie sich mal bitte flach auf den Rücken.“ Weist er mich an und ich sehe zu ihm, seine Stimmung scheint plötzlich umgeschlagen zu sein.
Ich lege mich hin und er tastet meinen Bauch ab, dann legt er seine Stirn in Falten und holt ein weiteres Gerät zu sich.
„Das ist ein Dopplerultraschall, damit kann ich mir ihre Organe ein wenig genauer ansehen.“ Erklärt er mir und verteilt ein kaltes Gel auf meinem Bauch.
Dann fährt er die Jalousien runter und konzentriert sich auf den kleinen Monitor, er atmet tief durch und druckt ein paar Bilder aus.
„Ziehen sie sich bitte wieder an und setzen sie sich.“ Sagt er bestimmt und ich ziehe mein Kostüm wieder an und meinen Blazer lege ich über die Stuhllehne.
„Wann hatten sie das letzte Mal ungeschützten Geschlechtsverkehr.“ Er sieht mich prüfend an.
„In den letzten Jahren gar nicht, ich nehme die Pille und verhüte in dem meisten Fällen zusätzlich mit Kondom.“ Erkläre ich ihm.
„Miss O’Fallon, haben sie in Europa auch Geschlechtsverkehr gehabt?“ er sieht auf den Computerbildschirm und ich rutsche unruhig auf meinem Stuhl hin und her.
„Ja, aber auch da habe ich verhütet.“ Erkläre ich ihm.
„Haben sie die Zeitumstellung bei der Einnahme ihrer Pille berücksichtigt?“ er zieht eine Augenbraue hoch.
„Nein.“ Gebe ich kleinlaut zu.
„Miss O’Fallon, sie sind in der 13. Wochen.“ Erklärt er mir ganz ruhig.
„Wie bitte?“ frage ich erstaunt nach.
„Sie sind schwanger Miss O’Fallon, daher kommt auch ihre Müdigkeit und ihre Abgeschlagenheit. Sie haben sich keinen Virus eingefangen.“ Erläutert er mir und ich merke wie mir sämtliche Farbe aus dem Gesicht weicht.
„Ich werde sie an einen ausgezeichneten Gynäkologen überweisen…“ er sieht mich an und ich nicke leicht „Haben sie schon Kinder Miss O’Fallon?“
„Nein, ich hatte vor 6 Jahren in der 14. Woche eine Fehlgeburt.“ Ich sehe ihn ängstlich an.
„Dann ist es um so wichtiger das sich schnellst möglich einen Termin bei Dr. Andrews holen. Er ist ein wahrer Meister auf seinem Gebiet und sie sind bei ihm in den besten Händen.“ Er nickt mir aufmunternd zu.
„Danke.“ Erwidere ich immer noch geschockt.
„Warten sie einen Moment…“ er sieht mich an und greift zum Telefon „Ich rufe ihn mal eben an.“
Er telefoniert eine Weile und ich sitze wie erstarrt auf dem Stuhl.
Ich bin schwanger?
Oh mein Gott!
Ich bin schwanger!
Von Fin…
Nein, nein, nein!
„So Miss O’Fallon, Dr. Andrews war so nett sie am Montag um 9 Uhr dazwischen zu schieben. Haben sie noch Fragen?“ er sieht in mein Gesicht.
„Habe ich noch andere Optionen?“ frage ich leise.
„Tut mir leid Miss O’Fallon, aber sie sind bereits in der 13. Woche.“ Er schüttelt den Kopf „Gehen sie jetzt erst einmal nach Hause, lassen sie die tollen Neuigkeiten bei sich ankommen und reden sie mit dem Vater des Kindes.“ Er reicht mir seine Hand. „Herzlichen Glückwunsch.“
Damit stehe ich auch schon wieder vor seiner Tür und ziehe mir mechanisch meinen Blazer an.
Ich soll mit dem Vater des Kindes reden?
Oh nein… nein, nein, nein!
Denn der sitzt am anderen Ende der Welt und wenn ich das hier durchziehe, dann alleine…
Ich fahre wie ferngesteuert zu meinem Appartement und setze mich erst einmal auf die Couch um tief durch zu atmen.
Dann stehe ich auf, ziehe mich um und packe ein paar Sachen in eine kleine Tasche.
Ich sehe mich skeptisch im Spiegel an, ich trage kurze, weiße Shorts und ein enges, dunkelblaues Poloshirt, aber ich finde, ich sehe nicht im Geringsten schwanger aus…
Mein Blick fällt auf das gerahmte Foto an der Wand, das Foto von Decs Junggesellenabschied….
Wie gerne würde ich die zeit zurück drehen…
Ich binde mir zwei geflochtene Zöpfe und warte darauf das es klingelt, als es das dann endlich auch tut, springe ich auf und nehme meinen Pullover, meine Windjacke und die Tasche und dränge mich an Luca und Landon vorbei.
„Können wir?“ ich sehe sie fragend an.
„Ähm ja.“ Luca sieht mich verwirrt an, aber die beiden folgen mir dann, sie haben ja auch keine andere Wahl.
Im Fahrstuhl sieht mich Luca von der Seite an.
„Möchtest du vielleicht reden?“ fragt er vorsichtig.
„Gebt mir einfach noch eine halbe Stunde.“ Erwidere ich und er nimmt meine Hand.
„Klar Sonnenschein.“ Er drückt sie kurz und wir kommen in der Lobby an.
Wir steigen alle in Landons Geländewagen und fahren die 5 Minuten bis zum Hafen.
„Das Motor- oder das Segelboot.“ Landon sieht zu mir.
„Segelboot.“ Erwidere ich und er geht zum Hafenmeister um Bescheid zu sagen, das wir auslaufen.
Auf dem Boot angekommen, machen sich Landon und Luca daran, das Boot zum auslaufen fertig zu machen, während ich mich auf das Dach der Kabine setze und nachdenke.
Ich werde ein Kind bekommen.
Es ist ja nicht so, als hätte ich jetzt noch eine große Wahl…
Ich werde eine Mummy sein und ich werde mich darum kümmern, dass es meinem Kind an nichts fehlt.
Innerlich erarbeite ich mir eine Liste, was ich alles tun muss.
Punkt 1: Die Ruhe bewahren und hoffen das dieses Mal alles gut geht.
Punkt 2: Mit Luca und Landon reden, ich werde sie an meiner Seite brauchen.
Punkt 3: Eine neue Wohnung suchen, etwas Familienfreundlicheres und nicht so im Zentrum.
Punkt 4: Mit Mr. Hyatt oder Mr. McCormick reden, ich muss meine Arbeitszeiten anpassen und mir vielleicht noch jemanden in mein Büro holen. Alleine werde ich das auf Dauer nicht mehr schaffen.
Punkt 5: Ich muss mit meiner Mum reden, ich werde ihr nichts von dem Baby sagen, aber ich darf sie nicht länger mit Schweigen strafen.
Punkt 6: Ich muss mein Leben auf den Kopf stellen, mein bisheriger Lebensplan wird wohl so nicht weiter funktionieren.
Ich finde, das klingt fürs Erste nicht schlecht.
Ich sehe mich um, seit wann sind wir schon auf dem offenen Meer?
Ich stehe auf und Landon und Luca sehen mich besorgt an.
„Ich muss mit euch reden Jungs…“ setze ich an und nehme zwischen den beiden Platz „… Ich weiß nicht genau wie ich es euch sagen soll.“ Ich sehe abwechselnd in ihre beiden Gesichter.
„Gehst du weg? Hat man dir einen besseren Job angeboten?“ Luca sieht mich ängstlich an.
„Nein, ich werde nicht weg gehen…“ ich denke nach „… Einen besseren Job? Besser? Ich weiß nicht, ich würde eher sagen anders.“ Erkläre ich den Beiden.
„Muss ich das verstehen? Sonnenschein, du sprichst in Rätseln und darin bin weder ich noch Landon gut.“ Luca sieht zu Lando und dieser schüttelt mit dem Kopf.
„Mein neuer Job wird es sein, eine Mum zu sein.“ Ich sage diese Worte ganz bedächtig und warte auf eine Reaktion. Erst einmal passiert gar nichts… eher gesagt, es passiert eine ganze Weile gar nichts. Ich sehe zu Luca, er beginnt plötzlich übers ganze Gesicht zu strahlen und zieht mich in seine Arme.
„Das ist wunderbar mein Sonnenschein.“ Er gibt mir einen Kuss.
Landon umarmt nun mich und Luca und drückt mir einen Kuss auf die Stirn. „Das sind wirklich tolle Neuigkeiten Lexa!“ pflichtet er Luca bei.
Luca mustert mich nun ganz genau. „Wie weit bist du denn?“
„In der 13. Woche.“ Sage ich leise.
„Du hast Angst oder?“ erahnt er meinen Gemütszustand.
„Ja, ich habe wahnsinnige Angst…“ gebe ich zu „Es ist von Fin.“ Ich merke wie mir Tränen in die Augen steigen.
„Von wem denn sonst?“ er lächelt mich an und nimmt mich in den Arm.
„Wir bekommen das hin, alle zusammen.“ Verspricht mir Landon und ich sehe ihn dankbar an.
„Wo wir gerade beim Thema sind…“ ich sehe zu Landon, seines Zeichen Immobilienmakler „… Ich bräuchte wohl eine neue Wohnung, etwas familienfreundlicher und nicht in der City.“ Ich sehe ihn an und er fängt an zu lachen.
„Aber sicher Lexa, wenn es nur das ist…“ er winkt ab „… Das bekomme ich hin.“
„Du bekommst also wirklich ein Baby?“ Luca zieht mich hoch und macht meinen Bauch frei, er betrachtet ihn genau und legt seine Hand darauf.
Ich lache und lege meine Hand auf seine.
„Ich bekomme ein Baby.“ Grinse ich.
„Tja Lexa, dann schwing dich mal in deinen Bikini und genieße es solange du noch heiß darin aussiehst.“ Landon geht ans Ruder und grinst mich an.
„Oh du bist so nett…“ ich ziehe eine Flunsch „… ich weiß schon warum du mein zweitbester Freund bist, ich stehe darauf mich demütigen zu lassen.“ Ich strecke dem lachenden Logan meine Zunge raus und werfe mich dann in meinen Bikini.
Wir bleiben das ganze Wochenende draußen und die Jungs sind von meiner Liste ganz begeistert.
„Also Punkt…“ Landon schaut über meine Schulter, denn mittlerweile haben wir sie aufgeschrieben „… Ach, ja Punkt 3, Check, das habe ich im Griff.“ Er drückt mir einen Kuss auf die Haare.
„Punkt 2 ist auch abgehakt.“ Lächelt Luca und ich mache ein Häkchen dahinter.
Als wir wieder im Hafen ankommen, verabschiede ich mich von den Jungs, denn die beiden wollen morgen unbedingt mit zum Gynäkologen und egal was ich sage, sie lassen sich nicht abbringen. Ich fahre mit einem Taxi nach Hause und sehe auf meine Uhr, kurz nach 22 Uhr, also ist es in Irland um 7 Uhr, ich denke ich kann es wagen anzurufen. Ich nehme mein Telefon und setze mich auf meine Terrasse in einen Liegestuhl. Ich atme tief durch und wähle schließlich.
„Declan O’Fallon.“ Geht natürlich die Person ans Telefon die ich gar nicht sprechen will.
„Declan hier ist Alexa, gib mir Mum.“ Sage ich schärfer wie beabsichtigt.
„Lex…“ setzt er an.
„Gib mir Mum, oder ich lege auf.“ Zische ich.
„Mum!“ höre ich ihn rufen „Lex ist am Telefon.“
Ich höre Geklapper und dann ist meine Mum auch schon am Telefon.
„Lexie?“ fragt sie aufgelöst.
„Ja Mum, ich bin es.“ Ich atme tief durch „Es tut mir leid, das ich mich nicht gemeldet habe, ich musste erst einmal ein paar Sachen sacken lassen.“ Ich lege meine Hand auf den Bauch.
„Alles ist gut meine Süße.“ Weint sie und ich bekomme ein noch schlechteres Gewissen „Dec hat uns alles erzählt und es tut ihm so schrecklich leid.“
„Mum, ich möchte nicht darüber reden.“ Unterbreche ich sie in ihrem Redeschwall.
„Aber willst du denn jetzt nie wieder mit ihm reden?“ fragt sie leise.
„Ich weiß nicht, wann ich soweit bin ihm das zu verzeihen.“ Sage ich ehrlich.
„Wie geht es dir denn meine Süße?“ wechselt sie das Thema, sie kennt mich eben lange genug um zu wissen, dass es and dieser Stelle keinen Sinn macht, mich zu irgendetwas zu drängen.
„Mir geht es gut, ich habe viel zu tun, die Arbeit macht Spaß.“ Gebe ich ziemlich einsilbig zurück.
„Ich danke dir, dass du anrufst.“ Sagt sie und ich merke das sie schon wieder mit den Tränen kämpft.
„Mum bitte sei nicht traurig…“ bitte ich sie „Vielleicht komme ich irgendwann mal wieder zu Besuch.“
Oder vielleicht friert die Hölle zu oder es schneit in Ägypten…
Vielleicht…
„Du weißt, du bist jederzeit hier willkommen.“ Schnieft sie.
„Das weiß ich Mum, ich muss jetzt zu Bett. Ich habe morgen einen wichtigen Tag vor mir.“ Erkläre ich ihr.
„Wie spät ist es denn bei dir?“ fragte sie leise nach und ich lächele.
„Kurz nach 22 Uhr.“ Antworte ich ihr „Macht euch keine Sorgen und bestelle Daddy liebe Grüße.“
„Das mache ich, wir lieben dich Lexie.“ Sie schickt mir einen Kuss durchs Telefon.
„Ich liebe euch auch.“ Antworte ich und lege auf.
Es hat mein Gewissen wirklich ein wenig erleichtert und ich gehe zufrieden ins Bett.
Am nächsten Morgen rufe ich zu aller erst Jas an und sage ihr, das ich später komme.
Dann trudeln auch schon Luca und Landon ein und entführen mich zu einem kleinen Frühstück ehe wir zur Praxis von Dr. Andrews fahren.
Wir werden erwartet und in ein Sprechzimmer gebracht.
„Dr. Andrews wird gleich bei ihnen sein.“ Eine junge Frau lächelt uns freundlich an.
„Ich glaube sie ist völlig verwirrt.“ Grinst Landon und ich und Luca müssen lachen.
Ich setze mich auf die Untersuchungsliege und Luca und Logan nehmen auf den Stühlen Platz. Nach einigen Minuten erscheint ein älterer Mann und stellt sich uns allen vor.
„Guten Morgen Miss O’Fallon, ich bin Dr. Andrews, Dr. Jordan hat mir ja schon erklärt worum es geht und ich möchte mir heute ein eigenes Bild machen.“ Er sieht zu Luca und Landon „Und wer von ihnen beiden ist der Vater?“ fragt er leicht verunsichert.
„Keiner.“ Antworten die beiden und Dr. Andrews sieht zu mir.
„Der Vater des Kindes lebt nicht hier, die Zwei sind meine besten Freunde.“ Erkläre ich ihm.
„Möchten sie, das sie bei der Untersuchung anwesend sind?“ fragt er mich und ich nicke.
„Gut, dann machen sie sich bitte frei und nehmen sie Platz.“ Er deutet auf einen kleinen Vorhang und ich schäle mich aus meinem Rock und meinem Slip. Dann setze ich mich auf die Liege und er beginnt mit der Untersuchung.
„In welcher Woche hatte sie die Fehlgeburt?“ fragt er mich vorsichtig.
„In der 14.“ Sage ich leise und sehe hilfesuchend zu Luca.
Dieser kommt zu mir und nimmt meine Hand.
„Gab es irgendwelche Vorzeichen?“ fragt mich Dr. Andrews weiter.
„Nein, ich bekam plötzlich Blutungen und im Krankenhaus hatte die Kleine keinen Herzschlag mehr und ich musste operiert werden.“ Meine Stimme versagt fast.
„Ich weiß, das ist schmerzhaft für sie, aber ich muss das Fragen.“ Erklärt er mir und ich nicke.
„Also es sieht alles wunderbar aus.“ Er kommt hoch und sieht mich an „Ich mache jetzt noch einen Ultraschall und wir schauen Mal, wie es dem Baby geht.“ Er lächelt mir zu und holt sein Ultraschallgerät.
Er verteilt das Gel und dann sehe ich das erste Mal das kleine Wunder. Geduldig erklärt er mir, Luca und Landon alles und dann darf ich mich wieder anziehen.
Ich setze mich auf Lucas Schoss und er gibt mir einen Kuss.
„Wie schon gesagt Miss O’Fallon, es sieht alles sehr gut aus. Sie sind in der 13. Woche plus 3 Tage. Der errechnete Geburtstermin ist der 11. Mai 2012 und der wahrscheinliche Zeugungszeitpunkt liegt um den 18. August diesen Jahres.“ Er trägt es in den Mutterpass ein und reicht ihn mir. „Sollten sie Blutungen bekommen oder sie sich unwohl fühlen, sie können mir jeder Zeit anrufen, wenn ich nicht hier in der Praxis bin, dann bin ich in der Beachresort Klinik. Zu einem späteren Zeitpunkt werden wir uns noch darüber unterhalten, ob sie dort entbinden wollen.“ Er lächelt mich an.
„Vielen Dank Dr. Andrews.“ Ich reiche ihm meine Hand. „Ich danke ihnen wirklich.“
„Es wird alles gut werden.“ Sagt er sicher und wir verlassen die Praxis.
Draußen atme ich tief durch und sehe in den Pass, Dr. Andrews hat ein paar Bilder rein gepackt und ich betrachte sie lächelnd.
„Wahnsinn, oder?“ Luca strahlt mich an.
„Ja, das ist wirklich der Wahnsinn…“ ich gebe ihm einen Kuss „Ich danke euch Jungs.“
„Dafür doch nicht.“ Winken beide ab.
„Ich muss ins Büro, ich muss mal schauen wie ich das Mr. Hyatt beibringe.“ Ich grinse verlegen.
„Wir sehen uns heute Abend!“ Luca gibt mir noch einen Kuss und ich steige in mein Auto.
Ich schaue erst einmal kurz in mein Büro und Jas begrüßt mich freundlich.
„Hattest du ein schönes Wochenende?“ sie lächelt mich an.
„Ja, danke ich hoffe du auch. Weißt du ob Mr. Hyatt da ist?“ ich sehe sie fragend an.
„Ja und Ja.“ Grinst sie.
„ich bin dann mal kurz bei ihm.“ Ich gehe über den Flur und Amanda sieht mich böse an.
Ich klopfe an die Tür und trete dann ein.
Mr. Hyatt telefoniert gerade und ich soll mich setzen. Ich warte geduldig bis er fertig ist.
„Alexa…“ er sieht mich überrascht an „Haben sie schon gehört das Malibu Engine uns als Kanzlei ausgewählt hat? Ihr Präsentation war fabelhaft.“ Er lächelt mich an.
„Nein, das wusste ich bisher nicht, aber ich bin auch gerade erst gekommen.“ Gebe ich zu und wieder sieht er mich erstaunt an.
„Sir, ich muss mit ihnen sprechen, ich werde in nächster Zeit etwas kürzer treten.“ Erkläre ich ihm und seine Augen werden groß.
„Haben sie ein anderes Angebot vorliegen?“ fragt er mich fast schon etwas ängstlich.
„Nein Sir, ich erwarte ein Kind und kann mir nicht mehr so viel zumuten.“ Ich lächle ihn unsicher an.
„Meine herzlichsten Glückwünsche.“ Er reicht mir seine Hand.
„Vielen Dank Sir…“ ich nehme die angebotene Hand „… Ich habe mir auch überlegt, wie wir es im besten Sinne für die Kanzlei regeln können.“ Fahre ich fort.
Habe ich wirklich, ich habe lange darüber nach gedacht…
„Wie ist ihr Vorschlag?“ er sieht mich gespannt an.
„Ich hole mir Amanda mit ins Büro, sie wissen so gut wie ich, dass sie wirklich gut ist und mich vertreten kann. Wir müssten niemand Neues einarbeiten und sie können eine neue Referendarsstelle anbieten.“ Ich sehe ihn an und warte auf eine Reaktion.
„Das klingt wirklich sehr gut Alexa, ich bin mir sicher du und Amanda ergänzt euch sehr gut. Wann erwartest du denn deinen Nachwuchs und wie lange möchtest du Pause machen?“ er schlägt seinen Kalender auf.
Ich glaube ohne dieses Ding wäre er aufgeschmissen und wüsste wahrscheinlich nicht einmal wo er wohnt.
„Der errechnete Termin ist der 11. Mai nächsten Jahres und ich denke ich werde 3 Wochen vor der Geburt und 5 Wochen nach der Geburt voll frei nehmen, dann schaue ich, das ich es mit einer Nanny geregelt bekomme.“ Ich atme tief durch.
Das sind alles so weitreichende Entscheidungen…
„Alexa, ihr Engagement in allen Ehren, aber ich denke nach der Geburt sollten sie erst einmal nur ein paar Stunden arbeiten, sie wollen ihr Kind doch nicht so schnell jemand Fremden überlassen, oder?“ er sieht mich skeptisch an.
„Ungern, das gebe ich zu…“ ich schlucke „Aber da ich alleinerziehend bin, habe ich leider keine große Wahl.“
„Alexa, sie sind eine ausgezeichnete Anwältin und wenn sie gut mit Amanda zusammen arbeiten, dann werden wir ihnen gerne ihr bisheriges Gehalt weiter zahlen, wir werden sehen wie das mit Amanda funktioniert, ansonsten machen sie in den ersten Monaten die Fallvorbereitung für mich und wegen dem Gehalt, da werden wir uns einig. Wir sind Anwälte Alexa, keine Unmenschen…“ er zwinkert mir zu „Auch wenn man manchmal etwas anderes hört.“
„Ich danke ihnen Sir.“ Erwidere ich erleichtert.
Jetzt muss ich nur noch Amanda dazu bekommen mit mir zusammen zu arbeiten, nachdem wir seit fast 4 Jahren gegeneinander gearbeitet haben.
Das wird ein hartes Stück Arbeit…
Ich bedanke mich nochmals und gehe dann zurück in mein Büro.
„Jas kommst du mal bitte?“ ich sehe zu ihr und sie kommt rein. „Setz dich bitte und schließ die Tür.“
Sie sieht mich skeptisch an, schließt dann aber die Tür und setzt sich.
„Jas, ich bin schwanger…“ beginne ich „Aber du brauchst keine Angst zu haben, alles bleibt wie gehabt, ich werde nur kürzer treten. Alles andere besprechen wir, wenn es soweit ist.“ Ich sehe sie an.
„Alles Gute.“ Sie nimmt mich in den Arm.
„Ich danke dir.“ Erwidere ich gerührt.
„Warst du deswegen bei Mr. Hyatt?“ sie setzt sich wieder.
„Ja, ich habe einen Vorschlag mit ihm besprochen.“ Ich atme tief durch „Das erkläre ich dir später, ich muss erst einmal meine Post und meine Akten auf den neusten Stand bringen. Ich sage bescheid, wenn ich was brauche.“ Ich nicke ihr zu.
„Sicher doch.“ Sie geht wieder raus und schließt die Tür hinter sich.
Ich setze mich an die Akten und versuche alle im Computer auf den Neusten Stand zu bringen. Ein paar Minuten später kommt Jas rein und stellt mir eine Tasse Tee auf den Schreibtisch.
„Kaffee ist ab jetzt tabu.“ Sie zwinkert mir zu und ich lächele sie dankbar an.
Ich arbeite eine weile still vor mich hin und sehe immer wieder nach draußen.
Was kann ich meinem Kind später bieten?
Kann ich ihm eine glückliche Zukunft bieten?
Eine erfüllte Kindheit?
Ich drücke auf den Knopf der Sprechanlage „Jas, schickst du mir bitte Amanda rein?“
„Aber sicher.“ Ertönt es und ich lehne mich zurück.
Amanda erscheint ziemlich verdattert in meinem Büro.
„Setz dich.“ Bitte ich sie und sie nimmt auf dem angebotenen Stuhl Platz „Die Sache ist die Amanda, in nächster Zeit werde ich nicht mehr so viele Fälle übernehmen können, wie ich es gerne hätte und ich möchte dir anbieten mit mir zusammen zu arbeiten. Ich habe das mit Mr. Hyatt besprochen. Er ist einverstanden und unterstützt uns. Du kannst auch gerne Jas als deine Sekretärin ansehen, aber ich bitte dich um einen guten Umgangston. Sollte ich fest stellen, das du sie von oben herab behandelst, dann ist dieser Deal ganz schnell hinfällig.“ Ich sehe zu Jas und sie grinst mich an. „Was sagst du Amanda?“
Sie sieht mich immer noch überrascht an.
„Wie kommst du jetzt darauf?“ skeptisch fixiert sie mich.
„Ich erwarte ein Baby und muss jetzt kürzer treten. Nur damit wir das von vorne herein richtig stellen, du übernimmst nicht meinen Posten, wir sind beide gleich gestellt und ebenbürtig.“ Füge ich hinzu.
Ich weiß, wie ehrgeizig Amanda ist und ich lasse mich nicht gerne ausspielen.
„Danke, das du so ehrlich zu mir bist. Ich würde das Angebot sehr gerne annehmen und wie soll das im Einzelnen laufen?“ gespannt sieht sich mich an.
„Also erstens Mal bekommst du einen Schreibtisch hier mit in mein Büro…“ ich sehe sie an „In unser Büro. Wir arbeiten erst einmal ein paar Fälle zusammen durch und dann sehen wir weiter.“ Ich nicke ihr zu.
„Danke Alexa.“ Sie sieht mich wirklich dankbar an.
„Dafür nicht Amanda, ich weiß, das du gut bist.“ Ich lächle sie an.
„Ich weiß auch, wie gut du bist.“ Sie lächelt ebenfalls.
Sollte es tatsächlich möglich sein, das ich mit Amanda Hand in Hand arbeiten kann?
Ergibt gut und gut nicht gleich besser?
Was erbeben das die Besten als Team?
Die Oberbesten?
Schon am nächsten Tag steht ein weiterer Schreibtisch in meinem Büro, gut es ist jetzt nicht mehr nur mein Büro, aber es stört mich nicht, ich finde es sogar nach ein paar Tagen sehr angenehm noch jemanden mit im Zimmer zu haben.
In den ersten Wochen bin ich einmal die Woche bei Dr. Andrews und umso weiter meine Schwangerschaft voran schreitet, umso mehr kann ich mich wirklich auf das Baby freuen.
Dieses Mal geht alles gut.
Zu Weihnachten telefoniere ich fast zwei Stunden mit meiner Mum und es tut gut wieder mit ihr zu reden. Offen und ehrlich erwähne ich jetzt Mal nicht, denn davon bin ich weit entfernt…
Silvester gebe ich eine kleine Party und auch Amanda kommt. Ich freue mich und stelle ihr Luca und Landon vor. Wir arbeiten ganz gut zusammen, auch wenn in unserem Büro immer noch eine eisige Stimmung herrscht. Wir lassen zu Mitternacht Raketen steigen und begrüßen so das neue Jahr.
„Wieso hast du mich eigentlich eingeladen?“ Amanda steht neben mir an der Terrassenbrüstung.
„Amanda, wir arbeiten zusammen und ich weiß, wie viel Privatleben man diesem Job opfern kann.“ Ich sehe sie an „Ich habe das auch lange Zeit gemacht, aber so schön der Erfolg ist…“ ich atme tief durch und lege meine Hand lächelnd auf die kleine Wölbung meines Bauches „Es gibt Wichtigeres im Leben.“ Ich sehe zu Luca und Landon die sich innig küssen „Meine Freunde.“ Lächele ich.
„Danke Alexa.“ Amanda sieht mich traurig an.
„Du bist auch eine von denen…“ ich grinse.
„Von wem?“ sie sieht mich verwirrt an.
„Von meinen Freunden, ich dachte immer wir kämpfen gegeneinander und das haben wir ja auch getan. Im wörtlichen und im übertragenen Sinne. Aber wir kämpfen beide für dasselbe Ziel. Warum sollten wir keine Freunde sein?“ ich zucke mit den Schultern.
„Warum eigentlich nicht.“ Strahlt sie und ihre dunkelgrauen Augen leuchten. Ihre kleinen, blonden Löckchen schwirren ihr um den Kopf herum und ich sehe sie wirklich das erste Mal strahlen.
„Danke Alexa.“ Sie nimmt mich in den Arm.
„Lexa.“ Grinse ich.
„Amy.“ Erwidert sie.
In den nächsten Monaten läuft es wirklich sehr gut. Landon findet eine Wohnung am Rande von Newport für mich und Amy übernimmt mit Handkuss mein Penthouse. Wir alle stemmen beide Umzüge an nur einem Wochenende und ich bin mehr wie dankbar als alles geschafft ist. Meine neue Wohnung ist kleiner, aber viel gemütlicher… Viel Holz und eine schöne Aussicht in den Cliff Drive Park. Hier fühle ich mich um längen wohler, das bin mehr ich.
Fast jede Woche muss ich los um mir neue Kostüme zu kaufen, irgendwann kommt Jas auf die brilliante Idee mit Gummizüge einzunähen und ich bin echt glücklich… Das geht ganz schön ins Geld.
Von Landon, Amy und natürlich von Luca bekomme ich ein komplettes Kinderzimmer zum Umzug geschenkt und es ist so hübsch. Alles nimmt langsam Formen an… mein neues Leben hat begonnen.
„Welche Strategie haben wir für den Fall Austin gegen Hewitt?“ Amy sieht mich fragend an.
„Wir lassen ihn ins offene Messer laufen, mittlerweile habe wir so viele Hintergrundinformationen über den guten Mr. Hewitt, das er uns anbetteln wird, seiner Ex Frau die vollen Alimente zu zahlen.“ Ich grinse sie an.
„Ich unterschätze dich tatsächlich immer noch.“ Sie schüttelt den Kopf. „Ich sollte mir angewöhnen so um die Ecken zu denken wie du Lexa.“ Lacht sie.
„Ach Amy, manchmal ist ein gerader Blick auch nicht verkehrt. Bei dem Schadensfall letzte Woche, hat uns das den Kopf gerettet.“ Ich grinse sie an und konzentriere mich dann wieder auf meinen aktuellen Fall.
„Lexa du musst zu Gericht und Amy auf dich wartet dein 14 Uhr Termin im Konferenzraum.“ Jas sieht uns an und wir stehen beide stöhnend auf.
Ich stöhne weil ich mittlerweile im 9 Monat bin, meine Füße das letzte Mal vor Wochen gesehen habe und mich kaum noch bewegen kann und außerdem nur noch 2 Wochen vor mir habe und Amy stöhnt, weil das schon ihr vierter Termin heute ist. Eigentlich wollte ich schon längst im Mutterschutz sein, aber die Mandanten rennen uns das Büro ein und ich kann Amy nicht mit allem hier alleine lassen.
Wir verabschieden uns alle und ich fahre zum Gericht. Meinen Sportwagen habe ich gegen einen BMW Kombi getauscht und ich bereue es nicht eine Sekunde.
Ich komme grade noch rechtzeitig und Mr. McCormick begrüßt mich.
„Das sind sie ja. Wir wollen gleich anfangen.“ Er hilft mir in meine Robe.
„Wir könne starten.“ Ich schenke ihm ein lächeln und wir betreten den Gerichtssaal. Die Verhandlung zieht sich wirklich in die länge und ich atme ein paar Mal tief durch. Irgendwie fühle ich mich nicht gut, auch wenn ich mir nichts anmerken lasse und den Fall wie besprochen durchziehe.
Endlich um kurz vor 20 Uhr kommen wir aus dem Gericht, der Fall wurde vertagt und werden uns auf weitere Kreuzverhöre und Zeugen einstellen müssen.
Langsam gehe ich mit Mr. McCormick die Stufen runter und wir besprechen die weitere Vorgehensweise.
Plötzlich bleibe ich stehen und merke wie mir etwas das Bein innen hinunter läuft.
„Alexa, geht es ihnen gut?“ Mr. McCormick stützt mich besorgt.
„Ich glaube ich muss in die Beachresort Klinik, wenn mich nicht alles täuscht, dann ist gerade meine Fruchtblase geplatzt.“ Ich sehe ihn an und merke die Panik in mir aufsteigen.
Also so war das nicht geplant…
„Ich fahre sie.“ Er legt den Arm um mich und stützt mich.
„Ihr Wagen…“ setze ich an und sehe auf den ziemlich teuren Wagen-
„Alexa.“ Fast lächelt er „Seien sie bitte nicht albern.“ Er hilft mir mich zu setzen und mich durchfährt die erste Wehe.
Wir brauchen knapp 20 Minuten zur Beachresort Klinik und Dr. Andrews empfängt mich schon als wir eintreffen.
„So schnell habe ich nicht damit gerechnet, dich wieder zu sehen.“ Scherzt er. Ich hatte erst vor zwei Tagen einen Termin bei ihm.
„Und ist das der Vater?“ er sieht zu Mr. McCormick.
„Um Himmels Willen nein.“ Ich lache erschöpft „Das ist mein Chef Mr. McCormick.“ Erkläre ich Dr. Andrews.
„Entschuldigen sie bitte.“ Er sieht ihn peinlich berührt an.
„Kein Problem.“ Winkt dieser ab „Alexa, ich werde morgen nach ihnen schauen. Soll ich jemanden informieren?“ erkundigt er sich.
„Nein danke nicht nötig, ich nehme mal an das hat Dr. Andrews bereits getan.“ Ich sehe zu ihm und er bugsiert mich in einen Rollstuhl.
„Ja, sie sind gleich hier.“ Erklärt er mir und wir fahren in die Anmeldung der Klinik. Zum Glück haben wir alle Formalitäten schon vorher geklärt und ich werde gleich in ein Zimmer gebracht.
Eine Schwester hilft mir aus meiner Robe und aus meinem Kleid. Dr. Andrews kommt zurück und untersucht mich.
„Das hat es jemand eilig…“ er sieht mich an „Alexa, keine Zeit für Medikamente und auch keine Zeit für irgend etwas anderes. Das was jetzt kommt sind Presswehen und sie tun das, was wir besprochen und geübt haben.“ Weist er mich an.
In diesem Moment kommt Luca herein gestürmt und nimmt meine Hand.
„Luca, keine Zeit, da hat es jemand sehr eilig.“ Sagt Dr. Andrews zu ihm und er setzt sich neben mich und hält meine Hand.
„Wir schaffen das schon mein Sonnenschein.“ Macht er mir immer wieder Mut.
„So Alexa, jetzt pressen.“ Weist mich Dr. Andrews an und ich folge seinen Anweisungen, ich will einfach nur, dass es aufhört weh zu tun.
„Stopp.“ Ruft er plötzlich und es wird hektisch um mich herum.
„Alexa wir müssen einen Notkaiserschnitt machen, das baby hat die Nabelschnur um den Hals und deine Plazenta ist vor gestülpt. Nicht mehr pressen.“ Er sieht mich an und ich fange an zu weinen.
Es geht alles ganz schnell und ich merke gar nicht wie ich das Narkosemittel bekomme, ich merke nur, dass ich einschlafe.
Als ich aufwache sitzen Luca und Logan an meinem Bett. Luca registriert als Erster das ich wach bin.
„Hey Sonnenschein.“ Er haucht mir einen Kuss auf die Stirn.
„Wo ist mein Baby?“ ich sehe ihn ängstlich an und meine Stimme klingt nicht nach mir.
„Du hast einen wunderhübschen Sohn und es geht ihm gut, Dr. Andrews bringt ihn dir gleich.“ Beruhigt er mich und ich merke wie sich die ersten Tränen ihren Weg bahnen.
„Ein Junge?“ flüstere ich.
„Ja, er ist so bildhübsch.“ Lächelt Luca und nimmt meine Hand. „Wie fühlst du dich?“ fragt er besorgt.
„Als ob ein Güterzug über mich gerollt ist.“ Ich schließe kurz meine Augen.
Es klopft zaghaft und Dr. Andrews kommt mit meinem Sohn auf dem Arm herein.
„Hier möchte jemand seiner Mummy Hallo sagen.“ Er legt ihn mir auf die Brust und ein solches Glücksgefühl durchströmt mich, das ich kaum atmen kann.
„Alexa, es geht ihm gut. Alles ist in Ordnung.“ Dr. Andrews sieht mich an „Herzlichen Glückwunsch.“
„Danke.“ Hauche ich und betrachte meinen kleinen Sohn. Er hat dunkle Haare, die an der Seite der kleinen hellblauen Mütze hervor blitzen. Als er seine kleinen Augen öffnet, da sehe ich in Fins Augen, er hat dunkelbraune Augen mit kleinen grünen Sprenkeln.
„Du hattest wirklich Glück…“ Dr. Andrews sieht mich an und ich sehe auf „Wir haben dich 3 Stunden operiert, nur ein paar Minuten später und du wärst uns im Kreissaal verblutet. Aber keine Angst, alles ist in Ordnung.“ Erklärt er mir ganz ruhig.
„Kann ich noch Kinder bekommen?“ frage ich zaghaft.
„In den nächsten paar Monaten vielleicht nicht…“ er zwinkert mir zu „Aber dann steht dem nichts im Wege.“
„Danke.“ Sage ich erneut.
„Du musst noch eine Weile unser Gast sein, aber ich denke, das ist nicht schlimm. Ich schaue heute Abend noch einmal nach dir.“ Er nickt mir zu und geht wieder.
„Wie spät ist es eigentlich?“ ich sehe zu Landon.
„kurz nach 11 Uhr.“ Er reibt sich über die Augen.
„Ich danke euch, dass ihr hier wart.“ Ich sehe beide dankbar an.
„Ach was Sonnenschein.“ Luca strahlt „Das hätte ich um nichts in der Welt verpassen wollen, ich war der Erste der ihn halten durfte.“ Erzählt er stolz und ich lächle.
„Und dann ich.“ Grinst Landon.
„Meinst du, der kleine Mann bekommt heute noch einen Namen?“ Luca sieht mich gespannt an, bisher habe ich mich in Sachen Namenswahl in Schweigen gehüllt.
„Luca Charles Finlay Declan O’Fallon.“ Ich lächle und Luca kämpft mit den Tränen.
„Du musst das nicht.“ Schluchzt er.
„Ich finde den Namen Luca sehr schön und mit dir hat er ein tolles Vorbild.“ Lächle ich und weine nun ebenfalls, allein aus dem Grund dass Luca weint.
Die beiden bleiben noch einen Moment, dann schicke ich sie nach Hause, sie brauchen dringend eine Runde Schlaf.
Ich stille Luca das erste Mal und ich bin froh, dass es klappt. An frühen Nachmittag kommen Amy und Jas und sind ganz verzückt von Baby Luca, wie sie ihn nennen.
Erst nach drei Wochen kann ich entlassen werden und ich freue mich auf meine eigenen vier Wände.
Gleich am ersten Nachmittag wollen Luca und Logan mit mir einen Kinderwagen kaufen gehen, weil ich den erst nach der Geburt kaufen wollte.
Ich schnalle mir Baby Luca mit einem Tragetuch um und wir ziehen durch unzählige Läden, dann endlich finden wir einen, der uns allen zusagt. Er ist robust, hat große Räder, damit ich damit auch an den Strand kann und er ist in einem tollen dunklem blau.
Das blau erinnert mich an das blau von Declans Hochzeitsanzug und ich breche noch im Laden in Tränen aus.
Wenn ich schon dachte, dass meine Hormone während der Schwangerschaft verrückt gespielt haben, so muss ich erkennen, dass es erst jetzt richtig schlimm ist.
Alle helfen mir wo sie nur können und ich komme mit meiner neuen Rolle als Mummy gut zu recht.
„Lexa Telefon, deine Mum.“ Amy ist gerade bei mir, sie reicht mir das Telefon und nimmt mir Luca ab.
„Mum?“ frage ich als die beiden weg sind.
Sie schluchzt ins Telefon und ich bekomme einen dicken Kloß im Hals.
„Was ist passiert Mum?“ frage ich ängstlich.
„Es ist alles abgebrannt.“ Weint sie.
„Mum? Was ist abgebrannt? Wovon redest du?“ frage ich sie eindringlich.
Plötzlich ist eine andere Stimme am Telefon.
„Lexie, ich bin es Nick. Der Hof ist abgebrannt und dein Dad und Dec sind im Krankenhaus. Die Feuerwehr ist noch da, aber sie bekommen das Feuer nicht unter Kontrolle, sie wissen nicht ob sie die Pferde und Schafe noch raus bekommen, es steht alles lichterloh in Flammen.“ Berichtet er und ich höre wie geschockt er ist.
„Was ist denn passiert?“ frage ich unter Tränen.
„Wahrscheinlich ein technischer Defekt, aber sie wissen es noch nicht. Deine Mum und dein Dad brauchen dich hier.“ Fleht er mich an.
„Ich versuche, was in meiner Macht steht.“ Verspreche ich ihm.
„Dec braucht dich Lexie.“ Sagt er eindringlich.
Ich lege ohne ein weiteres Wort zu sagen auf und Amy kommt zu mir.
„Baby Luca schläft in seinem Bettchen.“ Sie strahlt mich an, dann sieht sie meinen Gesichtsausdruck „Gott Lexa, was ist passiert?“
„Ich muss nach Irland…“ ich sehe sie hilfesuchend an „… Unser Hof brennt und mein Dad und Dec sind im Krankenhaus.“
Sie schlägt die Hand vor den Mund.
„Bleib sitzen, ich telefoniere kurz…“ sie springt auf und ich starre auf das Telefon in meiner Hand.
Das kann nur ein Scherz sein…
Das darf nicht passiert sein…
Amy kommt zurück.
„Packen Lexa…“ sie zieht mich hoch.
„Ich muss mich noch um einen Flug kümmern. Darf Luca schon fliegen? Er ist doch erst 7 Wochen alt.“ Ich sehe sie an.
„Okay Lexa, du packst und ich rufe Dr. Richards an.“ Sie sieht mich an und ich nicke leicht.
Dr. Richards ist Lucas Kinderarzt und ich denke es ist eine gute Idee ihn anzurufen.
Mechanisch packe ich meine Sachen, dann gehe ich an den Schrank von Luca und packe auch ihm ein paar Sachen. Zum Glück ist Juli und es ist warm in Irland, das hoffe ich zu mindestens.
Ich bin noch nicht ganz fertig, da stehen Luca und Landon in meiner Wohnung.
„Gott Lexa!“ Luca nimmt mich in den Arm.
Ich stehe immer noch völlig unter Schock und sehe mich verwirrt um. „Ich muss einen Flug finden und buchen. Luca hat noch gar keinen Reisepass.“ Ich laufe ins Wohnzimmer.
„Ganz ruhig…“ Landon zieht mich in seine Arme „Am OC Airport wird gerade eine Privatmaschine von Brown Industries startklar gemacht. In einer Stunde könnt ihr los.“ Beruhigt er mich. „Ihr braucht keine Papiere, Lucas Eltern regeln alles.“
„Aber…“ ich sehe zu Luca.
„Du kannst mit Baby Luca nicht zig Mal umsteigen.“ Er sieht mich an „Du musst so schnell wie möglich nach Fenit.“
Ich ziehe mir eine Jeans und ein Poloshirt an, zum Glück passe ich schon wieder in meine alten Sachen, denn ansonsten hätte ich mit Jogginghose und T-Shirt fliegen müssen. Ich binde mir meine Haare zu einem wuscheligen Knoten und stürme wieder ins Wohnzimmer. Im Flur ziehe ich mir meine Turnschuhe an und dann überlege ich fieberhaft, was ich noch alles einpacken muss.
„Komm Lexa, wir gehen mal durch was ihr noch alles braucht.“ Logan nimmt mich in den Arm, während Luca und Amy Baby Luca anziehen.
Landon hilft mir alle weiteren Sachen einzupacken und dann fahren wir mit einem Großraumtaxi die 15 Minuten zum OC Airport.
Wir werden erwartet und Baby Luca wird in seinem Babysitz angeschnallt.
„Wir können jetzt Miss O’Fallon, wir haben Startfreigabe.“ Teilt uns der Kapitän mit und ich verabschiede mich von allen.
Ich nehme Luca fest in den Arm „Sag deinen Eltern lieben Dank. Ich liebe Dich Luca.“ Flüstere ich ihm zu.
„Ich dich auch mein Sonnenschein. Das mach ich. Pass auf dich uns unser Goldstück auf.“ Er schiebt mich in Richtung Flugzeugtür und ich steige ein.
Ich winke allen nochmals kurz zu und ehe ich mich versehe sind wir in der Luft.
Luca macht den ganzen Flug und den Zwischenstopp in New York gut mit und schon 15 Stunden später landen wir in Kerry. Ich stille ihn erst einmal , dann stelle ich meine Uhren um und der Co Pilot begleitet mich zu einem Wagen.
„Das ist dein Leihwagen, erst einmal für zwei Wochen, solltest du ihn länger brauchen, dann ruf Luca an.“ Er hilft mir alles einzuladen und ich schnalle Luca auf dem Beifahrersitz an.
Es ist nicht einmal 24 Stunden her, das meine Mum mich angerufen hat als ich auf den Hof fahre.
Sie haben das Feuer gelöscht und nur noch die Reste der Grundmauern des großen Wohnhauses und der Stalls stehen. Ich steige aus und nehme Luca auf den Arm. Ich gehe näher heran und beginne zu weinen, ich habe das Gefühl mein Leben liegt hier in den Trümmern. In dem Haus bin ich entstanden, hoffe ich mal. In dem Haus habe ich meine ersten Schritte gemacht, in dem Haus habe ich meine ersten Worte gesprochen, in dem Haus habe ich das erste Mal mit Fin geschlafen und in diesem Haus ist sehr wahrscheinlich Luca entstanden. Jetzt ist davon nur ein großer Haufen Schutt und vereinzelt die Grundmauern übrig.
Ich halte ihn fest im Arm und sehe mich suchend nach den Tieren um.
Buttercup…
„Miss, sie dürfen da nicht zu dicht heran.“ Ertönt eine Stimme hinter mir.
Ich drehe mich langsam um und sehe in Logans Gesicht. Er trägt seine Feuerwehruniform und ist rußverschmiert.

„Lexie?“ fragt er verdutzt und sieht auf Luca.
„Wo sind mein Dad und Dec?“ ich schluchze auf.
„Sie sind im Tralee Central.“ Sagt er und schüttelt ungläubig den Kopf. „Wie bist du so schnell hierher gekommen?“
„Privatflugzeug.“ Schniefe ich.
„Du kannst so unmöglich fahren.“ Er sieht mich an wie ich mit zitternden Händen Luca anschnalle.
Ich stütze meine Hände auf dem Wagendach ab.
„Ich habe seit der Hochzeit nicht mit ihm geredet…“ weine ich „Weißt du, wie es ihm geht?“ ich sehe ihn bittend an.
„Er hat wohl Verbrennungen an der Brust, ziemlich üble Schnittwunden und eine Rauchvergiftung.“ Er nimmt mich in den Arm. „Dein Dad hat auch eine Rauchvergiftung, aber es geht ihm besser, soweit ich weiß.“ Versucht er mich zu beruhigen.
„Komm Lexie, steig ein. Ich fahre dich nach Tralee.“ Er bugsiert mich auf den Rücksitz.
„Fireinspector Logan Maloy meldet sich auf dem Grundstück der O’Fallons ab. Schickt bitte jemanden her, der das Grundstück weiter überacht.“ Spricht er in sein Funkgerät eher er sich hinters Steuer setzt.
Ich weine erst einmal eine ganze Weile, der Schock des Anblicks sitzt mir einfach zu tief in den Knochen.
„Was ist mit den Pferden und den Schafen?“ ich sehe zu Logan und er sieht mich an.
„Wir haben fast alle retten können.“ Sagt er leise.
„Buttercup.” Mit kommt die Frage kaum über die Lippen.
„Sie war weg, wir haben keine Ahnung wo sie hin ist. Vielleicht taucht sie bei den Finnegans, bei meinen Eltern oder bei den Cunninghams angekommen. Ich weiß noch nichts. Es tut mir leid Lexie.“ Er sieht mich traurig an.
Als wir an einer Ampel halten betrachtet er Luca.
„Er sieht aus wie Fin.“ Sagt er leise und ich sehe ihn überrascht an.
„Lexie, wir sind nicht blöd…“ er zuckt mit den Schultern „Außerdem haben wir deinen Slip im Wagen deines Dads gefunden.“ Er zwinkert mir zu und fast muss ich lachen.
Wie konnte ich nur annehmen in Fenit könnte etwas ein Geheimnis bleiben?
„Lexie, er ist…“ setzt Logan an.
„Bitte nicht jetzt Logan.“ Bitte ich ihn inständig.
„Okay…“ er sieht wieder zu Luca „Wie heißt der kleine Mann denn?“
„Luca.“ Sage ich und betrachte ihn ebenfalls. Er schläft friedlich und lässt sich durch nichts aus der Ruhe bringen.
Dann fahren wir auf den Parkplatz des Krankenhauses.
Ich steige aus und versuche mit zitternden Händen Luca abzuschnallen.
„Lauf schon Lexie, ich bringe ihn nach…“ er sieht mich an und ich betrachte ihn leicht zweifelnd „Ach komm schon Lexie, Lauren und ich haben 4 Kinder, ich kann das.“ Er schüttelt den Kopf und ich laufe los.
An der Anmeldung komme ich schlitternd zum stehen und sehe den Mann dahinter atemlos an.
„Wo finde ich Declan O’Fallon und Charles O’Fallon?“ ich trommle mit meinen Fingern auf der Anmeldung und er gibt die Namen in den Computer ein.
„Sie sind beide auf der Intensivstation…“ beginnt er und ich stürme davon. Immer den Schildern hinterher.
Dann stehe ich vor einer Glastür und drücke auf die Klingel neben der Tür.
Eine junge Schwester öffnet die Tür.
„Ich muss zu Declan und Charles O’Fallon.“ Sage ich außer Atem.
„Tut mir leid, hier dürfen nur Familienangehörige rein.“ Sie sieht mich bedauernd an.
„Charles O’Fallon ist mein Dad und Declan O’Fallon mein Bruder. Ist das familiär genug?“ ich ziehe eine Augenbraue hoch.
„Kommen sie mit.“ Sagt sie und führt mich ins Innere der Station.
Ich entdecke meine Mum und registriere erst einmal niemand anderen.
„Mum.“ Rufe ich und sie springt auf als sie mich entdeckt.
„Lexie.“ Sie fällt mir um den Hals und beginnt zu weinen.
„Sie können jetzt noch nicht zu den Beiden, sie werden noch untersucht. Ich gebe ihnen Bescheid. Ich bringe sie jetzt in einen Warteraum.“ Eine ältere Schwester kommt zu uns und ich erhasche einen Blick auf Dec. Es schnürt mir die Kehle zu, er ist an unzählige Geräte angeschlossen und mir gefriert das Blut in den Adern.
Ich nehme meine Mum in den Arm und wir folgen der Schwester.
Der Raum ist schmucklos und trist und ich setze meine Mum auf einen Stuhl, erst jetzt nehme ich Sarah zur Kenntnis und umarme sie, dann sehe ich sie staunend an.
„Du bist schwanger.“ Sage ich zugegebner Maßen überflüssiger Weise, denn sie ist unübersehbar schwanger.
„Ja.“ Sie lächelt unter Tränen.
„Gehen sie bitte durch, die Familie wartet in Wartezimmer 2.“ Ertönt eine Stimme.
„Vielen Dank.“ Höre ich Logan antworten und dann steht er auch schon mit Luca im Raum.
Sarah sieht zu Logan und er deutet auf mich.
„Und du hast ein Baby?“ jetzt sieht sie mich überrascht an.
„Ja.“ Erwidere ich kleinlaut und meine Mum springt auf.
„Du hast ein Baby?“ meine Mum sieht Luca an und dann zurück zu mir. Sie nimmt mich erneut in den Arm und fängt wieder an zu weinen.
„Es tut mir leid Mum.“ Sage ich schuldbewusst.
„Süße, das ist jetzt alles egal…“ sie wischt sich die Tränen beiseite „Du und …“ sie sieht mich fragend an.
„Luca.“ Sage ich.
„Du und Luca, ihr beide seit hier. Mehr zählt jetzt nicht.“ Sie drückt mich an sich.
Logan hat die Babyschale auf einem Tisch abgestellt und Sarah betrachtet Luca.
„heißt er nur Luca?“ sie legt ihren Kopf schief.
„Nein, er heißt Luca Charles Finlay Declan O’Fallon.“ Sage ich leise.
„Er sieht ihm ähnlich.“ Sagt meine Mum.
„Ich finde, er ist ihm wie aus dem Gesicht geschnitten.“ Sarah betrachtet Luca genauer.
„Ja, er sieht ihm ähnlich.“ Gebe ich zu und setze mich.
„Sie können jetzt kurz zu Mr. Charles O’Fallon.“ Eine Schwester kommt rein.
„Ich muss zurück, ein Kollege holt mich ab, wenn ihr was braucht, dann wisst ihr wo ich bin.“ Logan nimmt mich in den Arm.
„Danke Logan.“ Ich sehe ihn unendlich dankbar an.
„Dafür nicht Lexie.“ Er winkt ab und winkt meiner Mum und Sarah kurz zu ehe er verschwindet.
„Geht ihr erst einmal kurz rein.“ Ich sehe auf Luca und meine Mum und Sarah gehen vor.
Luca wird wach und ich nehme ihn aus seiner Babyschale. Sanft wiege ich ihn und setze mich dann um ihn zu stillen, da er augenscheinlich Hunger hat.
Ich bin gerade fertig und Luca hat sein Bäuerchen gemacht, als meine Mum und Sarah zurück kommen.
„Du kannst jetzt zu ihm.“ Meine Mum nimmt mir Luca vorsichtig ab.
Ich folge einer Schwester und bekomme einen grünen Schutzkittel, einen Mundschutz und eine Haube.
„Er ist wach, aber er ist noch sehr schwach. Morgen wird es ihm besser gehen.“ Sie sieht mich an und ich betrete das Zimmer, auch mein Das ist an viele Maschinen angeschlossen, aber es sieht nicht ganz so schlimm aus wie bei Dec.
Ich gehe an sein Bett und nehme seine Hand.
„Hallo Daddy.“ Sage ich leise und setze mich auf den Stuhl an seinem Kopfende.
„Hey meine kleine Lexie.“ Er sieht zu mir und mir laufen die Tränen die Wangen hinunter.
„Ihr sollt nicht alle weinen.“ Bittet er mich und ich wische meine Tränen weg.
„Deine Mum sagst, du bist nicht alleine hier.“ Er sieht mich prüfend an.
„Nein, dein kleiner Enkelsohn ist auch hier. Er heißt Luca Charles Finlay Declan O’Fallon, nach allen wichtigen Männern in meinem Leben benannt und er ist 7 Wochen alt.“ Ich lächle leicht und er wischt mir eine Träne weg.
„Nicht mehr weinen Lexie.“ Er sieht mich lächelnd an.
„Daddy, es tut mir so leid.“ Schluchze ich.
„Ach was Lexie, dir muss nichts leid tun.“ Erwidert er und hustet leicht.
„Ich war dumm.“ Gestehe ich mir ein.
Ich hätte meine Familie niemals für meinen verletzten Stolz und für den Schmerz, den Finlay mir zugefügt hat, büßen lassen dürfen…
Niemals.
„Vielleicht ein bisschen meine Kleine, aber das du mit einem kleinen Baby so schnell hier bist, wenn deine Familie dich braucht. Süße, dumme Menschen tun so etwas nicht...“ er sieht mich liebevoll an.
„Miss O’Fallon, sie können morgen wieder zu ihrem Dad, er muss sich jetzt ausruhen.“ Die Schwester kommt rein und ich beuge mich zu meinem Dad.
„Familie ist für immer.“ Sage ich leise und er lächelt.
Ich gehe zurück in den Warteraum und wir warten darauf, das wir zu Dec können.
„Sie können jetzt zu Mr. Declan O’Fallon…“ sie sieht uns an „Er hat Verbrennungen 2. bis 4. Grades auf der Brust und im Bauchbereich, er hat noch starke Schwierigkeiten beim Atmen und wir mussten etliche Schnittwunden nähen. Wenn er gut über die Nacht kommt, dann sieht es sehr gut aus.“ Erklärt uns ein junger Arzt und ich und Sarah beginnen zu weinen.
Wieder gehen erst einmal Sarah und meine Mum rein und als sie wieder kommen, betrete ich Augenblicke später sein Krankenzimmer.
Ich setze mich wieder auf den Stuhl und versuche all die blinkenden und piependen Geräte um uns herum zu ignorieren. Sein Oberkörper ist dick einbandagiert und er hat einen Sauerstoffschlauch in der Nase.
„Hey Dec.“ Sage ich leise und er sieht mich an.
„Lex.“ Flüstert er.
Ich beginne wieder zu weinen und nehme seine Hand in meine.
Scheint als wäre heute der Tag, an dem ich mich bei allen entschuldigen muss.
„Ich liebe Dich Dec.“ Sage ich leise.
„Ich liebe Dich auch Lex, es war nie anders.“ Er sieht mich unsagbar müde an.
„Du musst kämpfen Dec…“ beschwöre ich ihn und er schließt müde seine Augen „Dec, du bist bald ein Daddy und dein Baby braucht dich. Ich brauche dich Dec, ich habe dich immer gebraucht und werde dich den Rest meines Lebens brauchen.“ Ich küsse seine Hand „Kämpfen Dec, immer weiter kämpfen, Weißt du, ich habe einen kleinen Sohn. Er heißt Luca, er ist so ein süßer kleiner Kerl und er muss doch seinen Onkel kennen lernen. Du weißt doch, Familie ist für immer. Bitte Dec, lass mich nicht allein.“ Flehe ich ihn an.
Er drückt ganz leicht meine Hand „Niemals.“ Flüstert er.
Dann bittet mich die Schwester zu gehen und begleitet mich zu meiner Mum und zu Sarah.
„Sie sollten jetzt alle nach Hause fahren. Wir melden uns, wenn es was Neues gibt. Sie müssen alle ein wenig schlafen und der kleine Mann gehört auch in ein Bett.“ Sie sieht zu Luca.
„Hmm.“ Nicke ich und wische mir die letzten Tränen weg.
„Ihr kommt alle mit zu uns.“ Sagt Sarah und ich sehe sie dankbar an.
Wir gehen zum Auto und ich schnalle Luca hinten an und Sarah setzt sich zu ihm.
Sarah und Dec haben ein Haus, nicht weit von meinen Eltern entfernt und wir müssen wieder am Hof vorbei, zumindestens das, was davon übrig ist.
Ich nehme die Hand meiner Mum „Wir bekommen das schon hin.“ Verspreche ich ihr.
Die nächste Woche pendeln wir zwischen dem Krankenhaus und Decs und Sarahs Haus. Dann können beide tatsächlich nach Hause.
Dec ist zäh, das weiß ich aber dass er so zäh ist wusste ich bisher nicht. Er hat noch Schmerzen, aber die sind augenscheinlich gerade noch so erträglich.
Am Abend sitzen wir alle im Wohnzimmer, Luca schläft in seinem Reisebett im Gästezimmer und Dec klopft neben sich auf die Couch. Ich dachte ich kann diesem Gespräch noch ein bisschen aus dem Weg gehen, aber da habe ich mich wohl getäuscht, bisher ist es mir erstaunlicher Weise gelungen, aber ich war auch noch nie mit ihm alleine.
„Könnt ihr uns einen Moment alleine lassen?“ er sieht in die Runde und die anderen gehen in die Küche.
Jetzt sind wir allein…
Super…
„Lex…“ er sieht mich prüfend an „Also erstens Mal siehst du echt Schieße aus.“
Ich sehe auf und lächle.
„Immer charmant mein Bruderherz. Dec, ich bin vor Angst um dich und Dad fast gestorben. Ich schlafe keine Nacht länger wie 4 Stunden am Stück, weil Luca Hunger hat. Wie soll ich da besser aussehen?“ ich lege meinen Kopf schief.
„Womit wir beim Thema wären.“ Jetzt legt er seinen Kopf schief.
„Bitte nicht Dec.“ Flehe ich ihn an.
„Lex, ich liebe dich wirklich aber ich werde meinem besten Freund nicht verheimlichen das meine Schwester und er ein Kind haben.“ Er sieht mich kopfschüttelnd an.
„Gott Dec, er hat mich belogen.“ Ich verschränke die Arme vor meiner Brust.
„Ja hat er. Und? Ist das wirklich ein Grund ihm seinen Sohn vorzuenthalten?“ er nimmt meine Hand.
„Er hat mich so verletzt.“ Ich entziehe ihm meine Hand und ziehe meine Beine an.
„Ja, aber er konnte dich nur so verletzen, weil du ihn liebst…“ er sieht mich prüfend an und ich schweige „Er liebt dich auch. Gott Lex, als du weg warst ist er weinend zusammen gebrochen. Ich kenne ihn mein ganzes Leben und ich habe ihn noch nie so gesehen. Er hat dich gesucht, er ist erst nach Kerry gefahren und dann nach Dublin. Erst am nächsten Abend kam er zurück und stand völlig neben sich. Er ist drei Wochen länger geblieben, denn er konnte nicht weg. Er hatte immer noch einen kleinen Hoffnungsschimmer, das du zurück kommst. Wir telefonieren sehr oft, er kann nicht vergessen und er sagt, er will es auch nicht. Du bist sein Engel und er stirbt lieber allein, als das er jemals jemand anderen lieben wird.“ Er zwingt mich ihn anzusehen und ich sehe ihn weinend an.
„Es ist zu viel passiert.“ Sage ich schwach.
„Familie ist für immer Lex.“ Erwidert er nur und nimmt mich vorsichtig in den Arm.
Luca weint und ich springe auf, froh diesem Gespräch erst einmal entkommen zu sein.
Ich gehe nicht wieder zurück ins Wohnzimmer, ich lege mich in mein Bett und telefoniere über drei Stunden mit Luca und Amy. Ich bin immer noch keinen Schritt weiter, aber es ist gut zu wissen, das meine Freunde hinter mir stehen.
Egal wie ich mich entscheide.
An nächsten Tag beginnen die Aufräumarbeiten am Hof, schwere Bagger fahren die Trümmer weg und da ich mich um den Papierkram mit der Versicherung gekümmert habe und die, unter Androhung einer Klage, die gesamte Versicherungssumme gezahlt haben, kann der Wiederaufbau endlich beginnen. Alle Nachbarn helfen und wir kommen gut voran. Von Buttercup fehlt immer noch jede Spur und ich gebe die Hoffung auf, sie jemals wieder zu sehen.
Eine Woche später habe ich endlich eine Entscheidung getroffen und gehe zum Frühstück in die Küche.
„Ich muss euch was sagen, ich werde heute noch los fliegen…“ ich sehe in die Runde und alle sehen mich geschockt an.
„Warum willst du jetzt nach Hause?“ mein Dad sieht mich fragend an.
„Ich fliege nicht nach Newport, ich fliege nach Sydney.“ Erkläre ich ihm.
„Wie willst du dahin kommen?“ Dec wirft mir einen Blick zu, als wäre ich durch geknallt.
„Ich bekomme die Privatmaschine von Lucas Eltern.“ Sage ich und drehe mich um „Ich muss packen, ich muss endlich etwas zu Ende bringen, was ich vor langer Zeit begonnen habe.“
Keiner sagt was, aber Dec kommt ins Zimmer, als ich am Packen bin.
„Und was wirst du ihm sagen?“ er steht an den Türrahmen gelehnt.
„Mir darüber Gedanken zu machen, dafür habe ich einen 25 Stunden Flug lang Zeit.“ Gebe ich zurück und überlege ob ich alles habe.
„Du bist durch geknallt.“ Sagt er und ich sehe ihn an.
„Du wolltest doch eine Entscheidung, jetzt stell sie nicht in Frage.“ Erwidere ich schnippisch.
„Okay.“ Er hebt seine Hände.
Am frühen Nachmittag bringt mich mein Dad nach Kerry.
„Ich wünsch dir alles Gute.“ Er gibt mir und Luca einen Kuss.
„Danke Daddy.“ Ich besteige das Flugzeug und der lange Flug geht los.
Im Flugzeug hänge ich am Laptop und suche mir Fins Adresse raus, ist nicht so schwer, so viele Finlay Cunningshams gibt es nicht, zum Glück nur einen. Ich bestelle mir einen Leihwagen am Flughafen und versuche mich seelisch auf das, was vor mir liegt einzustellen.
Als wir landen kommt mir eine Hitzewelle entgegen und der Kapitän bringt mich wieder bis zu meinem Leihwagen und hilft mir.
„Hier ist die Nummer, die du anrufen sollst, wenn du zurück möchtest. Wir sind noch bis morgen Mittag hier.“ Er nickt mir zu und ich mache mich auf dem Weg zu den Adresse die ich heraus gefunden habe. Als wir endlich ankommen, streiche ich mein Kleid, welches ich extra im Flugzeug noch angezogen habe glatt und nehme Luca aus seinem Kindersitz.
Ich gehe auf das kleine Haus zu und klopfe vorsichtig an.
Doch niemand öffnet mir.
„Dein Daddy ist nicht da.“ Sage ich zu Luca und überlege angestrengt in welcher Schule er arbeitet. Schließlich fällt es mir ein, Taylors College, und ich gebe es in mein Navi ein. Zum Glück findet es die Schule und ich fahre dorthin. Zum Glück ist es nur ein paar Straßen entfernt, doch als ich ankomme ist die Schule verwaist.
Nach langer Suche finde ich endlich jemanden.
„Entschuldigen sie bitte, arbeiten sie hier?“ ich sehe die junge Frau zweifelnd an.
„Ja, ich gebe die Ferienkurse.“ Erklärt sie mir „Ich bin Miss Henning.“ Stellt sie sich vor.
„Guten Tag Miss Henning, ich bin Miss O’Fallon und ich bin auf der Suche nach Mr. Cunningham.“ Erkläre ich ihr.
„Ah, sie suchen Finlay…“ sie lächelt und versetzt mir tatsächlich einen kleinen Stich das sie sich augenscheinlich ziemlich gut kennen. „Er gibt in diesen Ferien keine Kurse, eigentlich müsste er zu Hause sein.“
„Da ist er leider nicht.“ Ich atme tief durch.
„Dann könnte er im Art Café, im Alexandria Park oder im Perry Park sein. Wenn er da auch nicht ist, dann vielleicht im Fitnessstudio, das ist in der McCauley Street, Crossfit oder so.“ Zählt sie auf und ich versuche mir alles zu merken.
Enttäuscht gehe ich zum Auto zurück und fahre dann alle Sachen ab, die sie mir gesagt hat, am späten Abend versuche ich es erneut an seinem Haus, aber ich habe wieder keinen Erfolg, denn obwohl im Haus Licht brennt öffnet niemand die Tür.
Traurig suche ich mir und Luca ein Hotel und schlafe ein wenig, dann entschließe ich mich den Piloten anzurufen und tatsächlich ist er einverstanden mich und Luca wieder nach Kerry zu bringen.
So sitzen Luca und ich am nächsten Mittag wieder im Flugzeug und haben den langen Flug nach Kerry vor uns. Luca scheint das alles nicht zu stören, er schläft viel und meldet sich eigentlich nur, wenn er Hunger hat. Das aber genau alle vier Stunden…
Am Samstagmittag lande ich wieder in Kerry und nehme mir einen Leihwagen. Als ich auf dem Hof ankomme, staune ich nicht schlecht, sie kommen gut voran. Man kann schon wieder ein Haus erkennen.
Dec sieht mich fragend an, als ich völlig fertig aussteige und Luca auf den Arm nehme.
„Was machst du denn schon wieder hier?“ er nimmt mir Luca ab „Hallo mein kleiner Zwerg.“
„Frag nicht, ich bin durch halb Sydney gefahren, ich war an seinem Haus, an seiner Schule in irgendwelchen Parks, in Fitnesscentern und in irgendwelchen komischen Cafés. Er ist wie vom Erdboden verschluckt.“ Ich seufze „ Nicht zu vergessen, ich habe 50 Stunden in einem Flugzeug zu gebracht.“
„Kann mir jemand Mal die Holzlatten reichen?“ höre ich eine Stimme und drehe mich um, ich schütze meine Augen vor der Sonne und traue meinen Augen nicht. Fin turnt auf dem Baugerüst meiner Eltern herum.
Ich stapfe auf das Gerüst zu und Nick und Logan sehen mich gespannt an.
„Geht mir aus dem Weg.“ Fluche ich.
Ich bekomme nur Fin sein T-Shirt zu fassen, aber ehe er weiß wie ihm geschieht, ziehe ich ihn runter und er landet, aus knapp 1,50 m, ziemlich unsanft vor mir auf dem Boden. Er rappelt sich auf und ich sehe ihn wütend an.
„Bist du völlig bescheuert?“ ich zeige ihm einen Vogel. „Ich setze mich mit deinem Sohn in ein Flugzeug und fliege 25 Stunden nach Sydney, ich renne mir im beschissenen Sydney die Hacken wund und laufe durch beschissene Parks, beschissene Schule…“ ich schubse ihn „…beschissene Cafés und beschissene Fitnessstudios um dich zu finden. Ich klingele an deinem verdammtem Haus Sturm, in den im übrigen Licht brennt und dann sitze ich wieder im Flieger und fliege 25 Stunden hier her um dich auf der Baustelle meiner Eltern zu finden?“ ich schreie mich in Rage und stampfe mit dem Fuß auf „Was glaubst du wer du bist Finlay Cunningham?“ schleudere ich ihm ins Gesicht.
Er sieht mich lächelnd an und küsst mich. Erst will ich mich wehren, doch dann schlinge ich meine Arme um seinen Hals.
In diesem einen Kuss liegt alles…
„Ich glaube ich bin der Mann den du liebst, denn für wen sonst fliegst du in drei Tagen 40.000 Kilometer?“ er sieht mich lächelnd an. „Und ich liebe Dich Alexa O’Fallon und unseren Sohn.“ Er nimmt mein Gesicht in seine Hände. „Ich habe es immer und werde es bis in alle Ewigkeit.“ Er küsst mich erneut und ich beginne zu weinen, all die Anspannung fällt endlich von mir ab und ich halte ihn in meinen Armen.
Um uns herum applaudieren alle und ich schmiege mich an ihn.
„Hier Daddy.“ Dec schubst uns leicht an und gibt Fin Luca auf den Arm.
„Hallo Luca.“ Er küsst ihn liebevoll.
„Was machst du eigentlich hier?“ ich sehe ihn immer noch mit Tränen in den Augen an.
„Ich habe mir, als ich gehört habe, was passiert ist den nächsten Flug gebucht, aber da ich nicht über eine Privatmaschine wie andere Leute verfüge musste ich bis Mittwoch warten. Du bist Donnerstagmittag geflogen und ich bin am Abend angekommen.“ Erklärt er mir „Und da mein Engel leider keinen Handyempfang im beschissenen Sydney hat, konnten wir dich nicht erreichen.“ Er küsst mich erneut. „Glaubst du eigentlich Luca bekommt schon Vielfliegermeilen?“ er sieht zu Luca und ich grinse.
„Nein, ich denke nicht…“ lächle ich. „Aber ich meine wir sollten uns über kurz oder lang auf einen Wohnort einigen, ich kann nicht mit ihm jedes Wochenende zu dir Fliegen.“ Gebe ich zu bedenken und wir sehen uns in die Augen.
„Fenit.“ Sage wir beide wie aus einem Mund und küssen uns erneut.
- Epilog –

„Luca!“ feure ich ihn an und sehe lächelnd zu Fin.
Er legt seinen Arm um meine Taille und wir beobachten Luca bei seinem Fußballspiel.
Als Luca ein Tor schießt applaudieren wir alle und ich fange meinen großen auf, als er auf mich zu gelaufen kommt.
„Super mein Schatz.“ Lobe ich ihn und er gibt mir einen Kuss auf die Stirn.
Er ist letzte Woche 17 geworden und überragt mich jetzt schon. Ich drehe mich um und sehe den großen Luca und Landon mit Sophie, Jeremy und Dexter auf einer Decke im Gras sitzen und sie winken mir zu und recken die Daumen in die Höhe. Jeremy ist 15, Dexter ist 11 und Sophie ist gestern 9 geworden. Wir wohnen in einem wunderschönen Haus an den Klippen und jeden Morgen wenn ich aufstehe habe ich einen wunderbaren Ausblick, aber den besten Ausblick habe ich, wenn ich morgens neben mich schaue, denn da liegt mein Mann, mein Fin.
Wir haben noch im Juli geheiratet, nachdem wie wieder zueinander gefunden haben.
Dec und Sarah wohnen mit ihren 3 Kindern nur 5 Minuten von uns entfernt und unsere Kinder sind mindestens sooft bei ihnen wie ihre bei uns. Fin arbeitet zusammen mit Dec an einer Schule in Tralee und ich habe meine eigene kleine Kanzlei hier in Fenit.
Amy kommt uns fast jeden Sommer mit ihrer Familie besuchen und auch sie hat ihre eigene Kanzlei und wir beraten uns immer noch gerne.
Luca und Landon sind sooft es nur geht hier und unsere Kinder lieben sie heiß und innig.
Wir haben uns eigene Pferde zu gelegt und lieben es immer noch stundenlang auszureiten.
Buttercup ist damals tatsächlich noch wieder aufgetaucht, fast 50 Kilometer entfernt und sie wohnte bis zu ihrem End ebei uns, Box an Box mit Zeus.
Wenn man in unser Haus kommt, dann hängt dort ein großen Schild: Familie ist für immer.
Ich habe es anfertigen lassen und bei Dec du Sarah und auch bei meinen Eltern hängt ein identisches im Flur.
Wir haben das Land von Fin seinem Dad mit übernommen und Dec das von meinen Eltern.

Man kann sich nicht aussuchen in welche Welt man hinein geboren wird und man kann ihr auch den Rücken kehren, aber irgendwann merkst du in welche Welt du gehörst.



Ich bereue meine Entscheidung für Fenit und für Irland nicht eine Sekunde und ich weiß, Fin auch nicht.

Impressum

Texte: Stephanie Muhs
Bildmaterialien: me
Tag der Veröffentlichung: 07.01.2013

Alle Rechte vorbehalten

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