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Tosende Wellen


„Bitte, bitte beeil dich endlich.“ Rory sieht zu komisch aus wie sie vor mir auf und ab hüpft.
Ich versuche mein ernstes Gesicht beizubehalten. „Also Rory, welches meinst du soll ich denn jetzt nehmen?“ ich halte ihr ein hellgelbes und ein rotes Kleid unter die Nase.
„Du nimmst doch sowieso das Gelbe…“ sie sieht mich entnervt an „Also beweg dich jetzt.“ Sie packt mich am Handgelenk und zieht mich quer durch den Laden zur Kasse.
„Das hier?“ die Verkäuferin sieht mich lächelnd an.
„Ja.“ Antwortet Rory für mich ziemlich ungehalten.
Die Verkäuferin schaut einen Moment verdutzt und kassiert mich dann ab, keine Minute später stehen wir vor der Boutique im herrlichen Sonnenschein auf der Promenade von Fort Lauderdale.
„Rory?“ frage ich vorsichtig und sie sieht mich gereizt an.
„Was?“ sie winkt hektisch nach einem Taxi.
„Meinst du, wir schaffen es noch?“ frage ich lächelnd.
„Wie kannst du so ruhig bleiben?“ sie sieht mich grimmig an. Ein Taxi hält neben uns und wir klettern auf die Rückbank.
„Ganz einfach Loreley Stevens, ich weiß nicht was mit deiner Uhr nicht stimmt, aber meine ist 16:32 Uhr und wir haben noch über eine Stunde Zeit.“ Sage ich triumphierend.
„Was?“ sie sieht auf ihre Uhr, dann bricht sie in schallendes Gelächter aus. „Warum sagst du das erst jetzt?“ sie lässt sich in den Sitz fallen.
„Die Vorstellung von dir war gut.“ Lache ich.
„Neela Finnegan, du bist unmöglich.“ Sie schüttelt lebhaft mit ihrem Kopf.
„Warum bist du eigentlich so nervös? Das ist meine Verlobungsparty und nicht deine.“ Ich sehe sie fragend an.
„Weil ich es absolut hammermäßig finde das der Alec Smith - Andrews, der Bindungsphobiker schlechthin, dir, meiner besten Freundin, einen Antrag gemacht hat. Du bist bald Mitglied im Clan Christ – Andrews…“ sie gibt einen kleinen Freudenschrei von sich „Weißt du was das heißt? Ich meine den gehören zig tausend Filialen Christ. Du bist dann in der Oberliga der Oberliga.“
„Ich weiß es sehr wohl und erstes haben sie nur 342 Filialen und zweitens ist mir das spätestens bewusst geworden, als wir 300 Leute zu unserer Verlobungsparty eingeladen haben.“ Ich sehe sie nachsichtig lächelnd an.
Ja, in diesem Punkt habe ich es echt geschafft, ich werde mir in meinem Leben nie wieder um irgendetwas Sorgen machen müssen. Noch wohne ich in einem 4 Zimmer Appartement in Oakland Park, aber in einem knappen Jahr werde ich in Miami Beach wohnen. Ich kann es nicht fassen und starre auf den Verlobungsring an meiner linken Hand. Eigentlich finde ich ihn fast ein wenig zu groß, aber ehrlich, kann ein Verlobungsring zu groß sein?
Dann halten wir vor dem Appartementkomplex in dem ich wohne und ich bezahle den Taxifahrer.
„Worüber denkst du nach?“ Rory schubst mich leicht als wir am Pool vorbei die Treppen zu meinem Appartement hochsteigen.
„Das ist alles so unreal.“ Gebe ich zu und öffne meine Tür.
„Was meinst du?“ sie zieht ihre Schuhe aus und wir gehen in die Küche. Ich hole uns beiden erst einmal ein kaltes Wasser aus dem Kühlschrank und reiche ihr eine Flasche.
„Na, ja ich meine wir sind jetzt 4 Jahre zusammen, nie war von einer Hochzeit oder ähnlichem die Rede und jetzt von heute auf morgen…“ ich seufze „…Wahrscheinlich bilde ich mir das ein.“ Ich winke ab und setze mich auf meine weinrote bequeme Couch.
„Deine Sorgen möchte ich haben…“ theatralisch lässt sich Rory neben mich in die Kissen fallen. „Du hast so ein Glück, glaub mir Alec liebt dich. Du bist wahnsinnig erfolgreich mit deinem Büro und…“ sie macht eine Pause und nimmt mich in den Arm „… in 2 Wochen fliegen wir für wunderbare 2 Wochen nach Irland.“ Sie strahlt mich an.
Diese Reise habe ich mir selbst zur Verlobung geschenkt, in den letzten beiden Jahren hatte ich kaum ein freies Wochenende und ich finde ich muss vor meiner Hochzeit noch einmal ein Mädchenurlaub mit Rory machen.
Irland...
Wie lange wollte ich da schon hin?
Meine Mum ist in Irland geboren, aber als sie 12 Jahre alt war sind meine Großeltern mit ihr nach Deray Beach gezogen. Meine Großeltern haben einen kleinen Blumenladen eröffnet und führen ihn auch heute noch. Meine Mum hat dann irgendwann meinen Dad kennen gelernt und sie sind hierher nach Fort Lauderdale gezogen. Ich bin hier geboren, aufgewachsen, ich habe hier studiert und arbeite seit 6 Jahren als erfolgreiche Innenarchitektin. Ich habe schon so manches Mal die Häuser der Stars aus einem Blickwinkel gesehen von dem die meisten nur träumen können. So habe ich vor 5 Jahren auch Alec kennen gelernt. Ich habe das Haus seines Bruders komplett eingerichtet und wir wurden uns vorgestellt. Seitdem arbeite ich nicht nur in gehobenen Kreisen, nein ich verkehre dort auch privat. Rory ist Börsenmaklerin und sie ist wirklich gut, wir kennen uns seitdem wir mit 12 in die gleiche Klasse gekommen sind. Kaum zu glauben dass wir uns in den letzten 17 Jahren nicht einmal aus den Augen verloren haben. Mittlerweile ist sie Alec eine ebensolche Freundin wie mir. Na, ja fast als beste Freunde würde ich die beiden nun nicht bezeichnen. Aber ich weiß, dass ich diesen Wohlstand nur genießen kann weil ich mich mit den entsprechenden Menschen umgebe, ich selbst bin nicht so. Ich bin keine von ihnen, ich passe mich nur an und genieße mein Leben. Aber allein schon meine Eltern und Rory tragen dazu bei das ich mit beiden Beinen auf dem Boden bleibe und weiß woher ich komme. Diesen Trip nach Irland habe ich selber bezahlt und geplant, obwohl mir Alec mehrmals angeboten hat das für mich zu übernehmen. Aber ich will die Linienmaschine, den günstigen Leihwagen und das kleine Bed & Breakfirst…
Ich weiß was ich will.
„Du solltest dein Kleid anziehen, ich werde mich auch fertig machen.“ Rory klopft auf mein Knie und ich stehe auf.
Ich nehme mir die Tüte vom Flur und gehe in mein Schlafzimmer, da mein Badezimmer erst einmal von Rory in Beschlag genommen wird.
Ich ziehe mir meine Jeans und mein T-Shirt aus und schlüpfe in das gelbe mit Strass-Steinen besetzte Kleid. Es umschmeichelt perfekt meine Figur, es hebt meine Rundungen hervor und betont meine grasgrünen Augen. Ich mag die Farbe gelb und ich liebe grün, aber leider habe ich kein grünes Kleid gefunden welches dem Anlass entsprechend gewesen wäre.
Ich drehe mich vor dem großen Spiegel an der Wand neben dem Bett und stelle erfreut fest dass mich das Kleid richtig schön braun aussehen lässt. Meine langen braunen Locken fallen weich über meine Schultern und ich habe auch nicht vor heute etwas daran zu ändern.
Endlich kommt Rory aus dem Bad und ich kann hinein, während ich mich schminke zieht sie sich ihr Kleid an. Gerade eben so sind wir fertig als mein Handy mir verkündet das der Wagen draußen auf uns wartet.
„Auf geht´s.“ ich harke mich bei Rory unter und wir steigen vor der Anlage in die Limousine die uns zum Miami Beach Club bringt.
„Neela?“ fragt Rory leise und ich sehe sie an.
„Was?“ ich lächle leicht, ihre blonden lockigen Haare umrahmen ihr Gesicht und der Pony fällt ihr mal wieder, so wie immer halb über ihr linkes Auge.
„Ist es so wie du es dir immer vorgestellt hast?“ sie nimmt meine Hand und sieht auf den Ring.
„Ich denke ja.“ Gebe ich zu.
Ich weiß nicht was ich von meinem Leben erwartet habe, ich mache keine Pläne die weiter wie 1 Jahr in die Zukunft gehen, ich finde alles muss sich entwickeln und dann kann man sehen was daraus wird.
„Liebst du ihn?“ sie legt ihren Kopf schief und ihre braunen Augen sehen mich prüfend an.
„Ja…“ ich mache eine kurze Pause. Klar wir waren uns nicht sofort mit Haut und Haaren verfallen, aber mal ehrlich so etwas gibt es nur im Film. „… Ich denke ich liebe ihn.“ Füge ich hinzu.
Denken, etwas was ich manchmal einfach zu viel und zu gründlich tue.
Als wir vor dem Miami Beach Club halten und meine Tür geöffnet wird, durchzucken die Blitzlichter der Anwesenden Reporten durch die Luft und ich lächle in verschiedene Richtungen ehe sich Rory neben mich stellt.
Wir werden von Sicherheitspersonal hinein geleitet und dann entdecke ich Alec, er sieht so wahnsinnig gut in einem Anzug aus. Ich liebe Männer in Anzügen… ganz ehrlich sie strahlen immer so eine Kraft und Eleganz aus.
„Darling.“ Er kommt zu mir und gibt mir einen Kuss auf die Lippen.
Dann nimmt dieser Abend den gleichen Verlauf wie die unzähligen Partys die ich an meinen wenigen freien Wochenenden gewohnt bin. Hände schütteln, lächeln und Smalltalk. Der einzige Unterschied dieses Mal sind die Glückwünsche die ich entgegen nehme.
„Neela.“ Nach einer gefühlten Ewigkeit stehe ich meiner Mum gegenüber.
„Mum.“ Ich nehme sie fest in den Arm. „Ich breche gleich zusammen wenn ich nicht gleich was zu Essen bekomme.“ Ich grinse sie an.
„Alec, du entschuldigst mich und meine Tochter einen Moment, oder?“ meine Mum strahlt Alex an.
Meine Mum ist eine etwas rundliche Frau mit einem Gesicht so gütig wie man es sich nur vorstellen kann, sie hat ebenso wie ich funkelnde grüne Augen aber sie hat dunkelblonde Haare, meine braunen habe ich von meinem Dad. Dieser erscheint nun in meinem Sichtfeld und ich falle ihm um den Hals, weiß ich doch wie sehr er diese Partys hasst.
„Meine Kleine.“ Er haucht mir einen Kuss auf die Stirn.
Ich unterhalte mich ein wenig mit meinen Eltern ehe ich endlich am Büffet was zu Essen ergattere.
„Und meine Kleine. Wann geht die große Reise los?“ mein Dad legt seinen Arm um meine schmale Taille.
„In 2 Wochen.“ Antworte ich strahlend.
„Und wo hast du dich jetzt eingemietet?“ er zieht eine Augenbraue hoch.
„In einem kleinen Bed & Breakfirst in Oyster View nur drei Kilometer von Sligo entfernt.“ Erzähle ich stolz.
„Ich habe darauf gewettet das Alec dich in einem teuren Luxushotel unterbringen lässt.“ Er zwinkert mir zu.
„Das hatte er wirklich vor, ebenso sollte ich mit dem Familienjet fliegen…“ ich verdrehe die Augen „… Das will ich nicht, Rory und ich fliegen mit einem ganz normalen Linienflug, wir werden mit einem ganz normalem Leihwagen unterwegs sein und wir wohnen in einem schnuckeligem kleinem B & B.“
„Das ist meine Kleine.“ Lächelt er.
„Das werde ich immer bleiben.“ Ich grinse verschmitzt.
„Ja, aber meine Kleine gehört bald zu einer Welt die ich nicht kenne.“ Er deutet auf die Menschen um uns herum.
„Ich bleibe immer deine kleine Neela, egal wo ich bin, wer mich umgibt und wie viel Geld die haben.“ Ich knuffe ihn und er lächelt.
„Solange du auf dein Herz hörst sind wir da.“ Er reicht mir seine Hand. „Und jetzt möchte ich gerne mit meiner wunderschönen Tochter tanzen.“
Er führt mich auf die Tanzfläche und wir beide tanzen zu einem langsamen Song. Ich fühle mich in seinen Armen immer sicher und geborgen, egal was die Welt draußen macht. Wenn er mich fest in seinen Armen hält dann gibt es nur uns beide. Dann tanzen Alec und ich den obligatorischen Tanz zusammen und alle um uns applaudieren uns zu. Ich fühle mich wie eine Prinzessin und kann gar nicht glauben was um mich herum geschieht.
Erst in den frühen Morgenstunden komme ich mit Rory wieder in meinem Appartement an. Total erledigt gehen wir schlafen und stehen erst auf als ein penetrantes Klingeln uns keine Wahl lässt.
„Alec.“ Ich sehe ihn überrascht an.
„Na Schatz.“ Er drückt mir einen Kuss auf die Wange „Ich wollte mal schauen wie ihr die Party so überstanden habt und wollte euch fragen ob ihr mit auf die Yacht kommt.“ Er sieht mich fragend an und ich sehe zu Rory die sich den letzten Schlaf aus den Augen reibt. Sie zuckt mit den Schultern und ich sage schließlich zu.
Wir verbringen einen wirklich schönen Nachmittag auf der Yacht und die folgenden zwei Wochen vergehen rasend schnell. Ich und Rory decken uns mit Wetterfesten Sachen aus, da unser Kleiderschrank so etwas nicht im Entferntesten zu bieten hat.
Dann ist es so weit und Alec bringt uns mit einer Limousine zum Flughafen. Er sieht mich kopfschüttelnd an, als ich in einer dunklen Jeans, mit schweren Wanderstiefeln und einem verwaschenen T-Shirt vor ihm stehe. Einen Rucksack über die Schulter und meine Regenjacke über den Arm. Meine Haare habe ich locker hoch gesteckt.
„Ich verstehe einfach nicht warum du nicht den Privatjet nimmst.“ Er sieht mich durchdringend an.
„Weil ich es nicht möchte.“ Gebe ich zurück, hauche ihm einen Kuss auf die Wange und nachdem sich Rory ebenfalls verabschiedet hat gehen wir zum Check in.
Der Flug verläuft ruhig, Rory und ich studieren Reiseführer und überlegen uns was wir in den zwei Wochen alles unternehmen werden.
Nach einem 12stündigem Flug und einer Zeitumstellung von 7 Stunden kommen wir endlich in Dublin an und mieten uns für die erste Nacht im Erstbesten Hotel ein. Wie schlafen wie erschlagen und als tatsächlich die Sonne am nächsten Morgen durch unser Fenster scheint springe ich auf und wecke Rory.
„Komm schon Schlafmütze.“ Ich rüttele sanft an ihrer Schulter und gehe vergnügt ins Bad. Solange wollte ich nach Irland, aber irgendetwas ist jedes Mal dazwischen gekommen. Umso mehr freue ich mich auf die nächsten drei Wochen. Meine Großeltern haben in Rosses Upper gewohnt und das ist nur etwa 10 Minuten von Sligo entfernt. Ich fühle mich irgendwie wichtig weil ich die Vergangenheit meiner Familie erforsche…
Ich weiß so wenig über meine Wurzeln hier, aber meine Grandma hat mir einige Fotos und ein paar Adressen aufgeschrieben wo ich unbedingt hin muss und ich freue mich darauf, allerdings müssen wir erst einmal von Dublin aus nach Sligo kommen. Das heißt 4 Stunden quer über die Insel und das bei Linksverkehr.
Als ich endlich fertig bin stürmt Rory ins Bad und ich packe unsere Sachen zusammen, es ist wirklich eine Schande das wir unseren ersten Tag quasi verschlafen haben. Aber jetzt los! Ich telefoniere mit der Rezeption und frage ob unser Leihwagen schon da ist, als die Dame dieses bejaht bin ich wirklich erleichtert. Ich werfe einen Blick aus dem Fenster und scanne den Horizont, es ist wirklich nicht eine Wolke am Himmel zu sehen. Ich entscheide mich dafür dass Turnschuhe heute völlig ausreichend sind und ein T-Shirt wohl angebracht ist.
„Guten Morgen.“ Sagt Rory schließlich als sie aus dem Bad kommt. Rory ist ein Morgenmuffel wie er im Buche steht, sie bekommt die Zähne nicht auseinander und man sollte ihr den Kaffee am besten über eine Infusion einflößen.
„Nun komm, wir frühstücken jetzt und dann können wir los.“ Ich nehme meine Tasche und sie stopf ihre restlichen Sachen in ihre. Nachdem wir uns vergewissert haben das wir auch ja alles zusammen haben gehen wir in das Restaurant und bekommen unser erstes irisches Frühstück vorgesetzt.
Das mit dem Ei, dem Bacon und Würstchen komme ich klar aber diese dunkle und helle undefinierbare Masse auf meinem Teller ist mir suspekt.
„Entschuldigung…“ ich winke eine Kellnerin zu mir „Was ist das?“ ich deute auf die beiden Massen und sie lächelt leicht.
„Das ist Blutwurst und eine blutfreie Variante davon.“ Erklärt sie mir.
Ich kann mich gerade noch gerade so davon abhalten mich zu schütteln und nicke ihr kurz zu.
„Vielen Dank.“ Sage ich und sie geht wieder.
Währendessen probiert Rory tatsächlich etwas davon.
„SO schlecht ist es nicht.“ Sagt sie und ich sehe sie skeptisch an.
„Ich beschränke mich auf blutfreie Sachen.“ Ich bin fertig mit meinem Frühstück und schenke mir Kaffee nach.
Nachdem wir uns gestärkt haben holen wir die Schlüssel zu unserem Leihwagen uns stehen wenig später vor einem altem alten Honda CRV. Wir sehen uns beide an, verstauen die Taschen und spielen Schnick Schnack Schnuck darum wer jetzt fahren muss.
Rory verliert also wird sie den ersten Teil der Strecke fahren. Allein in diesen knapp 2 ½ Stunden sterbe ich mindestens 1000 Tode. Linksverkehr ist der Horror und die Straßen sind teilweise so eng, das ich wirklich ernsthafte Zweifel habe das zwei Autos neben einander darauf Platz haben. Aber jeder Ire der uns mit gefühlten 100 km/h entgegen kommt beweißt uns das Gegenteil.
In Longford machen wir Fahrerwechsel und ich komme ehrlich gesagt nicht wirklich klar, der Scheibenwischer wird mein bester Freund weil ich ihn bei jedem Blinken anmache und ich bin mehr wie dankbar als wir endlich in Sligo ankommen. In 10 Minuten würden wir laut Navi am Erin Cottage, unserer Unterkunft für die nächsten drei Wochen ankommen.
„Du musst da vorne links.“ Sagt Rory und ich blinke, dieses Mal sogar ohne den Scheibenwischer an zu machen.
Dann aber verhaspele ich mich irgendwie in der Abbiegespur und finde mich auf der Gegenfahrbahn wieder, ein schwarzer LKW kommt und entgegen und ich beginne zu kreischen.
„Tu was!“ Schreit Rory neben mir.
„Was denn?“ schreie ich zurück.
Ich reiße das Lenkrad rum, nehme so nettes Begrenzungsschild mit, der ganze Wagen wackelt und ich und Rory schreien wie am Spieß ehe er zum stehen kommt.
Ziemlich unsanft prallt mein Kopf auf das Lenkrad und ich lasse meinen Kopf einfach mal drauf liegen.
Ein klopfen an meiner Scheibe lässt mich zusammen zucken. Ich hebe meinen Kopf an und kurbele das Fenster runter.
„Ich lebe! Ich lebe!“ jubelt Rory lautstark neben mir.
Dann sehe ich auf und sehe in zwei strahlend blaue Augen, solche Augen habe ich in meinem ganzen Leben noch nie gesehen und ich schlucke.
„Alles in Ordnung Miss?“ fragt die Stimme die zu den Augen gehört und ich registriere nun auch den Rest dazu.
Groß gewachsen, dunkelbraune verwuschelte Haare, ein Drei-Tage-Bart, ein markantes Gesicht und alles in allem eine ziemlich imposante Erscheinung.
„Miss?“ er sieht mich besorgt an.
Ich kann ihm nicht antworten, öffne meine Tür und stehen in Mitten von Blumen. Ich sehe mich um, ich habe unser Auto mitten auf einer Verkehrsinsel geparkt.
´Super Leistung Neela Finnegan! ` schalle ich mich selbst.
„Geht es ihnen gut?“ fragt der Mann erneut und ich sehe zu ihm.
„Ich denke ja.“ Kommt es zögerlich von mir.
„Ich lebe!“ Rory steigt nun ebenfalls aus und fällt dem ihr wildfremden Mann um den Hals. „Ich bin am Leben!“ ruft sie erneut und einige Passanten sehen uns belustigt an. „Du hast uns fast umgebracht Neela Finnegan.“ Sie sieht mich böse an.
„Au.“ Sage ich plötzlich und fasse mir an die Stirn.
„Oh du blutest ja.“ Rory ist mit einem Schritt bei mir und sieht mich mitleidig an.
„Geht schon.“ Winke ich ab.
„Ich schaue mir das am Besten Mal an.“ Sagt der Mann und ich will meinen Kopf zurück ziehen, als er mein Gesicht in seine Hände nimmt.
„Nun halten sie doch still.“ Sagt er streng und ich halte still, studiere sein Gesicht während er meine Wunde begutachtet.
„Ich denke das muss genäht werden. Meinen sie das Auto fährt noch?“ er sieht mich fragend an.
Plötzlich höre ich Sirenen und im nächsten Moment biegt ein Polizeiauto um die Ecke.
`Auch das noch…`schießt es mir sofort durch den Kopf.
Der Mann der eben noch mit mir gesprochen hat steigt in unser Auto und stellt fest dass er noch läuft.
„Ich fahre den Wagen mal eben hier runter…“ er deutet auf die offene Tür und Rory schließt die Beifahrertür. „Ich fahre ihn da drüben zum Parkplatz.“ Er deutet auf einen Parkplatz und gibt der Polizei ein Zeichen. Mit zittrigen Knien überqueren Rory und ich die Straße.
„Wer von ihnen ist gefahren?“ ein älterer Polizist kommt zu uns und ich hebe meine Hand.
„Ich bin Officer James Andersen. Miss, sie müssten mir bitte einige Angaben machen.“ Sagt er und ich stelle mich neben den Polizeiwagen während der andere Polizist sich Rory zur Brust nimmt.
„Haben sie einen Führerschein?“ fragt mich nun mein Gegenüber.
„Ja.“ Ich gehe zum Auto und hole meine Handtasche raus. Ich suche einen kleinen Moment in den Unendlichkeiten dieser und befördere meinen Führerschein, die Wagen- und die Versicherungspapiere zu Tage. Zum Glück haben wir uns für eine Vollkaskoversicherung entschieden, obwohl ich gerade daran zweifle ob sie auch für zerstörte Verkehrsinseln aufkommt.
Ich gebe Officer Andersen meine Papiere. „Miss Finnegan?“ er sieht mich an und ich nicke leicht „Das ist also ein Leihwagen?“ er sieht sich die Papiere durch.
„Ja, meinen sie die kommen dafür auf.“ Ich deute auf die ziemlich zerstörte Verkehrsinsel.
„Ich befürchte nein Miss Finnegan.“ Gibt er zu und ich schlucke.
„Ich denke Alec…“ Sagt auf einmal Rory die aus dem nichts neben mir erschienen ist.
„Nichts…“ unterbreche ich sie „Ich wohne die nächsten zwei Wochen im Erin Cottage, meinen sie, sie können die Rechnung dahin schicken?“ ich sehe ihn bittend an.
„Komm schon Jamie.“ Mein blauäugiger Freund taucht neben mir auf „Das sind ein paar Blumen und das Verkehrsschild konnte eh keiner mehr lesen.“ Er schlägt ihm freundschaftlich auf die Schulter.
„Dec, ganz ehrlich wenn die Amerikaner jetzt schon hierher fliegen um unser Verkehrinseln zu zerstören…“ er grinst mich an „… Was kommt dann als nächstes?“
„Weißt du was Jamie…“ er sieht von mir zu Rory „Da die beiden Damen in den nächsten zwei Wochen wohl hier sein werden biete ich dir folgendes an. Ich sorge dafür das die Insel neue Blumen bekommt und du hältst die Versicherung da raus.“ Er hält ihm seine Hand hin.
„Du meinst ehrlich das du diese beiden Damen aus…“ er sieht auf meinen Führerschein „… Florida dazu bewegst neue Blumen zu pflanzen?“ er sieht ihn skeptisch an.
„Von mir aus pflanze ich da einen Wald drauf.“ Sage ich leise und die beiden Männer lachen.
„Lassen sie mal gut sein, davon gibt es genug…“ er sieht prüfend von mir zu Rory und zurück. „… Okay Dec, in einer Woche sind da neue Blumen drauf und ich vergesse die Sache, wenn nicht Miss Finnegan weiß ich wo ich sie finden kann.“ Er sieht mich an und ich nicke hektisch. Um mir gleich danach wieder an die Stirn zu fassen.
„So Miss Finnegan, ich denke es ist besser wenn Rory jetzt fährt.“ Blauauge deutet auf Rory.
Rory?
Wann sind die denn beim Du angekommen?
„Ihr fahrt mir hinterher, ich muss mir ihre Kopfwunde ansehen und sie endlich nähen, sonst behalten sie eine schlimme Narbe zurück.“ Er sieht mich durchdringend an und ich merke wie sich ein komisches Gefühl in meiner Magengegend ausbreitet.
„Okay.“ Sage ich leise und er verabschiedet die beiden Polizisten während ich zu Rory in den Wagen klettere.
„Geht es dir wirklich gut?“ fragt Rory besorgt und ich sehe sie an.
„Ganz ehrlich Rory, sehe ich so aus?“ ich merke wie Tränen in mir aufsteigen und ich anfange zu zittern.
„Hey ganz ruhig Kleine.“ Sie streicht mir über den Kopf.
Kleine!
Man, sie ist gerade mal 3 Monate älter wie ich und wir sind gleichgroß, beide laut Führerschein genau 1,73 m!
Ich bin nicht klein!
Ich schniefe leise und sie fährt den Wagen hinter dem von Blauauge hinterher.
Wir erreichen ein Bauernhaus und Rory parkt hinter seinem Wagen.
Er kommt zu meiner Seite und öffnet mir die Tür.
„Dann kommen sie mal mit.“ Sagt er bestimmt und wir betreten das Bauerhaus.
„Rory du kannst dich hier hinsetzen und kurz warten.“ Er sieht sie an und sie setzt sich in eine Stuhlreihe in einem langen Flur.
Blauauge zieht mich weiter in einen Raum und ich erkenne dass ich mich in einer Arztpraxis befinde.
Declan Patrick O’Brian M.D. – steht auf einem Schild auf dem Tisch.
Nun hat Blauauge also einen Namen, Declan.
Er bugsiert mich auf eine Liege und ich setze mich hin.
„Sie zittern ja.“ Stellt er besorgt fest als er auf meine Hände sieht.
„Jetzt kommt irgendwie alles hoch.“ Gebe ich zu und merke wie ich erneut meine Tränen unterdrücken muss.
„Ganz ruhig atmen.“ Sagt er leise und ich befolge seinen Rat. Erstaunlicher Weise beruhige ich mich wirklich und sehe ihn dankbar an.
„Vielen Dank für alles Dr. O’Brian.“ Sage ich und versuche nicht weinerlich zu klingen.
„Declan.“ Sagt er leise und bewegt mich dazu mich hinzulegen.
„Neela Finnegan.“ Erwidere ich ebenso leise und verziehe das Gesicht als er meine Wunde reinigt.
„Ich betäube kurz und dann merken sie nichts mehr.“ Sagt er sanft und ich sehe in seine blauen Augen, sie sehen aus wie das Meer mehr wenn die Wellen tosen.
„Neela reicht.“ Sage ich leise und kralle mich an der Liege fest als er mir das Betäubungsmittel spritzt.
„Schon überstanden.“ Er nimmt meine Hand in seine und es geht eine unheimliche Wärme von seiner Berührung aus.
Was passiert hier mit mir?
Dann konzentriert er sich auf das Nähen.
„Was…“ setze ich an.
„Still liegen Neela sonst wird die Naht schief.“ Weist er mich an und ich schließe meinen Mund wieder.
Dann klebt er mir ein Pflaster darauf.
„In 10 Tagen können die Fäden raus.“ Sagt er und zieht sich seine Handschuhe aus.
Ich komme hoch und befühle meine Stirn.
„Nicht mit den Fingern ran.“ Sagt er fast strafend und ich ziehe sie schnell zurück.
„Vielen Dank noch mal für vorhin, du hättest das nicht tun müssen.“ Ich kaue nervös auf meiner Unterlippe.
„Kein Problem, aber ich denke wir werden uns die nächsten Tage wieder sehen müssen, wir haben eine Verkehrsinsel zu bepflanzen.“ Er lächelt mich an und seine strahlend weißen Zähne kommen zum Vorschein.
Er sieht richtig gut aus wenn er lächelt…
`Gott verdammt Neela, reiß dich doch bitte zusammen. Das hier ist deine Reise die du dir zu deiner Verlobung geschenkt hast! Verlobung! ` sagt eine Stimme in meinem Kopf.
„Ja, ich denke auch.“ Sage ich und erwidere sein lächeln.
Innerlich freue ich mich sogar darauf, auch wenn ich mir etwas Schöneres vorstellen kann wie irgendeinen Verkehrsinsel in Sligo zu bepflanzen… Aber ich habe sie schließlich platt gemacht und ich will wirklich keinen Ärger mit der Versicherung.
„Am Dienstag habe ich am Nachmittag keine Sprechstunde, also was hältst du davon wenn ich dich abhole und wir Blumen kaufen?“ er sieht mich fragend an.
„Klingt gut. Solange du fährst.“ Sage ich und er grinst.
„Vielleicht solltest du das noch ein wenig üben.“ Er hilft mir ganz aufzustehen und wir verlassen sein Sprechzimmer wieder.
„Darling! Da bist du ja endlich…“ eine junge platinblonde Frau nimmt ihn in den Arm und ich fühle mich plötzlich wie vor den Kopf gestoßen.
Wie konnte ich auch nur einen Moment davon ausgehen das er keine Freundin oder Frau hat?
´Du bist so blöd Neela! ` schalle ich mich selbst.
„Hattest du etwas noch Patienten?“ sie sieht mich und Rory an die wieder bei uns ist.
„Ja, sie hatten einen kleinen Unfall…“ er sieht uns beide an und sieht dann wieder zu der Platinblonden Schönheit. Ich meine sie ist wirklich hübsch, sie hat ein zart geschwungenes Gesicht, endlos lang erscheinende Wimpern du einen vollen Schmollmund. Also in diesem Punkt kann ich wohl nicht mit ihr mithalten, meine Lippen sind eher durchschnittlich.
`Worüber zerbrichst du dir den Kopf? Hast du sie noch alle? ` die kleine Stimme ist zurück.
„… Emma? Wolltest du nicht noch zu Aiden?“ er sieht sie an und sie nickt lebhaft, ihre langen, seidigen Haare hüpfen dabei auf und ab. „Ja, ich wollte nur Bescheid sagen dass ich jetzt los fahre.“ Sie haucht ihm einen Kuss auf die Lippen.
Dann dreht sie sich um und verschwindet mit einem Klack, Klack, Klack ihrer Absätze.
„So wir müssen uns dann auch mal einchecken. Wir sollten bis 13 Uhr da sein und es ist fast 14 Uhr.“ Rory sieht mich an.
„Das Erin Cottage ist nur etwa 6 Kilometer die Straße runter auf der rechten Seite. Würde es dir was ausmachen wenn ich Neela noch kurz hier behalten? Sie zittert immer noch und ich will nicht das sie einen Schock hat.“ Er sieht zu Rory und diese nickt verständnisvoll.
„Aber sicher.“ Sagt sie schnell.
Das ich jetzt nicht mehr wegen dem Unfall zittere sondern das mich das auftauchen von Blondie so aus der Bahn geworfen hat sollte ich jetzt wohl lieber nicht erwähnen.
Liebe die dich wie einen Blitz trifft gibt es nur im Film?
Von wegen!
Der Blitz hat gerade eingeschlagen und ich bin wirklich heillos überfordert…
Ich meine erst ist vergeben, ich bin vergeben…
Was bitte denkt sich mein Körper dabei diese Signale auszusenden?
„Ich bringe sie nachher rum. Geh am besten duschen und erhole dich ein wenig…“ er sieht sie an „… Feiere das Leben!“ fügt er leise lachend hinzu.
„Bis später Kleine.“ Sie haucht mir einen Kuss auf die Wange und geht dann hinaus.
Jetzt stehe ich mit ihm hier ganz allein…
„Tee? Kaffee?“ er sieht mich fragend an und öffnet eine Tür. Hinter der befindet sich die Küche und er stritt hinein.
„Tee.“ Sage ich zögerlich.
Er macht sich daran den Tee zuzubereiten und mein Blick wandert über seinen starken Rücken…
Was bitte ist mit mir los?
Er stellt die Tasse vor mir ab.
„Also Neela, was machst du hier in Sligo?“ er sieht mich fragend an und nimmt mit seiner Tasse mir gegenüber Platz.
„Ich habe mir die Reise als Geschenk zu meiner…“ ich sehe ihn unschlüssig an „…Verlobung gemacht.“ Sage ich schließlich.
„Du bist verlobt?“ fragt er leicht verunsichert.
„Ja.“ Sage ich leise.
„Täuscht es mich, oder sollten Frauen dabei nicht strahlen?“ seien Augen fixieren mich.
„Es ist kompliziert.“ Sage ich ausweichend.
„Kenn ich, ist bei mir und Emma nicht anders.“ Gibt er zu und ich sehe ihn an.
Das er es gerade kompliziert gemacht muss ich ihm ja nicht auf die Nase binden.
Bis vor ein paar Stunden war mein Leben in Ordnung und nun bringt so ein Ire alles durcheinander…
Ganz ehrlich.
Was soll das?
„Vorschlag…“ er sieht mich lächelnd an „Ich frage dich nicht nach deiner Beziehung und du mich nicht nach meiner. Okay?“ er hält mir seine Hand hin.
„Einverstanden.“ Sage ich und nehme die angebotene Hand.
Wieder geht eine fast unheimliche Wärme von der Berührung aus und kriecht langsam in mein Herz.
Dann wird das Gespräch lockerer und wir unterhalten uns über Gott und die Welt, wir sprechen über Fort Lauderdale, über Sligo, über meinen Beruf und seinen Beruf.
„Dec?“ ertönt eine Stimme aus dem Flur.
„Hier.“ Sagt dieser und verdreht leicht lächelnd seine Augen.
Ein junger Mann betritt die Küche.
„Oh, du hast Besuch?“ er sieht mich erstaunt an.
„Fin das ist Neela. Neela das ist Fin, ein sehr guter Freund von mir.“ Stellt er uns vor.
„Freut mich.“ Ich reiche ihm meine Hand.
„So ich bringe Neela dann mal zum Erin Cottage, ihre Freundin wartet bestimmt schon.“ Declan steht auf und ich folge seinem Beispiel.
Schweigend fährt er mich zum Cottage.
„Wir sehen uns bald.“ Sagt er und ich nicke leicht.
„Ja, am Dienstag.“ Sage ich und nun nickt er.
Rory empfängt mich ganz aufgeregt und ich muss ihr wohl erst einmal Rede und Antwort stehen.
Aber erst einmal zeigt sie mir unser richtig gemütliches Zimmer und ich ziehe mir was anderes an. Dann plappert sie drauf los was sie bisher schon so alles gesehen hat…
Wie lange war ich bei Declan gewesen?
2 Wochen?
Irgendwann schweifen meine Gedanken zu ihm und ich hasse mich wirklich dafür…
Aber was soll ich tun?
„Hallo, hörst du mir überhaupt zu? Erde an Neela?“ Rory sieht mich strafend an.
„Hey, sag mal. Wieso rede ich überhaupt mit dir, wenn ich genauso gut mit der Wand reden könnte? Die hört nämlich auch nicht besser zu als du.“ Rory rammt mir ihren Ellenbogen in die Seite. „So, bist du jetzt auch mal wieder unter den Lebenden?“
„Tut... tut mir leid. Hast du was gesagt?“ ich sehe sie entschuldigend an.
„Declan hat es dir angetan, oder?“ sie sieht mich mit einem weichen Gesichtsausdruck an.
„Hmm.“ Ich nicke nur leicht „Aber glaube mir, ich will das nicht. Herrgott noch mal ich heirate, er heiratet. Was bitte soll das?“ ich bin den Tränen der Verzweiflung Nahe. „Ich glaube ich habe mich wirklich das allererste Mal in meinem leben Hals über Kopf verliebt.“ Gestehe ich leise und Rory sieht mich erstaunt an.
„Das ist nicht gut, gar nicht gut. Und was hast du jetzt vor?“ Rory sieht mich betroffen an.
Ich zucke mit den Schultern und atmete tief ein und aus.
„Ich werde diese dämliche Insel mit ihm bepflanzen und ihm sonst so gut wie möglich aus dem Weg gehen. Kann ja nicht so schwer sein.“ Sage ich und sie nimmt mich in den Arm.
„Weißt du Kleine…“ sie drückt mich an sich „Ich habe mir echt für dich gewünscht dass du Alec nur ein einziges Mal so ansiehst wie du ihn angesehen hast.“ Sagt sie traurig.
Ich schweige, ich meine was soll ich dazu sagen?
Ich dachte das was ich mit Alec habe ist in Ordnung, mehr noch es ist das so wie es sein soll…
Aber jetzt?
Ich bin mir nicht einmal mehr sicher ob ich ihn heiraten will.
Will ich jemanden heiraten, der mich zu einem zweiwöchigen Abschied nur einmal kurz küsst?
Wie sich wohl Küsse von Declan anfühlen?
´Neela! ` schreit die kleine Stimme und ich zucke zusammen und sehe in Rorys Gesicht.
„Lass uns heute Abend weggehen und mal das irische Nachtleben testen.“ sie zieht eine Flunsch. Eigentlich steht mir der Sinn nicht danach an einem Freitagabend eine mir unbekannte Stadt unsicher zu machen, aber ich weiß sie meint es gut. Sie will mich ablenken.
„Und wo, bitte?“ frage ich skeptisch an.
„Wie wäre es mit dem McHughs? Nettes kleines Pub und man kann sogar tanzen.“ grinst sie triumphierend. „Ich habe mich vorhin mir Erin unterhalten und sie hat es uns empfohlen.“
„Okay.“ Gebe ich mich geschlagen.
Welche Wahl habe ich auch?
„Dann haben wir jetzt das Abendprogramm bestimmt und jetzt?“ sie sieht mich fragend an. „Erin sagt, wenn wir wollen können wir gerne ausreiten, sie sagt dann ihrem Sohn Bescheid.“ Sie sieht mich an und fängt an zu hibbeln.
„Ich auf einem Pferd?“ ich lache laut los.
„Versuchen wir es.“ Sagt sie sicher und zieht mich hoch.
Wir gehen die Treppe runter und ich werde Erin vorgestellt, sie entspricht so gar nicht meiner Vorstellung. Sie ist groß gewachsen und hat schwarze kurz geschnittene Haare und sie ist vielleicht gerade Mal um die 40.
„Es freut mich sehr Neela.“ Sie strahlt mich an.
„Mich auch.“ Sage ich wirklich ehrlich und nehme ihre angebotene Hand an.
„Und was macht ihr beiden Hübschen heute noch?“ sie sieht uns fragend an.
„Wir dachten an reiten und später in McHughs.“ Sagt Rory und Erin lacht leise.
„Dann rufe ich wohl besser mal Mark an, ihr beide seht mir nicht so aus als hättet ihr schon mal auf einem Pferd gesessen.“ Sie zwinkert uns zu.
„Nein, es sei denn Karussellpferde zählen dazu.“ Lacht Rory und Erin schüttelt grinsend den Kopf.
„Dann wartet kurz, ich hole ihn mal eben.“ Sie geht in Richtung der Küche raus und ich und Rory setzen uns auf die gemütlich Couch mit Blick in den Garten.
Es dauert nur 5 Minuten, dann ist Erin wieder da.
„So er wartet auf euch…“ sie zwinkert uns zu „…Viel Spaß!“
Wir stehen auf, winken ihr kurz zu und gehen dann zu den Stallungen. Es erwartet uns ein Mann in unserem Alter, braungebrannt mit dunkelblonden Haaren und dem typisch irischem Charme.
„So, dann zieht euch mal die Schutzwesten, die Stiefel und den Helm an.“ Er deutet auf einen Stapel Sachen und Rory und ich suchen uns die Sachen in unserer Größe aus.
Dann bringt er uns zu zwei Pferden…
Obwohl Pferde?
Was bitte ist das?
Die sind riesig!
Und mit riesig meine ich wirklich riesig!
„Das sind zwei unserer Tinker Stuten.“ Erklärt er uns und streichelt eine der Beiden „Das ist Princess und das ist Baby.“ Stellt er uns vor. Die beiden sind wirklich schön, Baby ist braun mit weißen Schecken und Princess ist grau.
Genug der Schönheit, ich habe gerade andere Probleme.
Ich habe das Gefühl meine Beine geben gleich nach, das ist unmöglich sein Ernst. Die Viecher sind monströs…
Rory gibt mir einen leichten Schubs und ich trete auf die beiden zu.
„So, ich würde sagen du nimmst Baby.“ Er sieht mich an und ich nicke verhalten.
Ich soll da rauf?
Ehrlich jetzt?
„Nur falls ich da nicht lebend runter komme…“ ich sehe ihn an „… Bei uns in den Staaten stellt man sich wenigstens kurz vor ehe man jemanden auf ein 2 Meter hohes Pferd setzt…“ ich streichele vorsichtig über Babys Kopf „…Denke ich zu mindestens.“ Füge ich leise hinzu „Ich jedenfalls bin Neela.“ Ich sehe wieder zu ihm.
„Sorry…“ sagt er lächelnd „Ich bin Marcus, aber Mark reicht völlig.“ Er zwinkert mir zu.
„Und ich bin Loreley, aber Rory ist Okay.“ Rory steht neben mir und begutachtet ihr Pferd ein wenig.
„Gut, dann haben wir jetzt alle Höflichkeitsfloskeln ausgetauscht und nun rauf da.“ Er hält mir seine Hände verschränkt ineinander hin. Okay, das kenne ich aus Cowboyfilmen, ich setze einen Fuß darauf und ehe ich mich versehe sitze ich auf dem Rücken von Baby.
Ich atme tief durch und versuche gegen meine Panik anzukämpfen.
Das ist hoch!
Verdammt hoch!
Ich halte mich krampfhaft an den Zügeln fest und sehe aus dem Augenwinkel wie Mark Rory aufs Pferd hilft, sie sieht auch nicht gerade glücklich aus…
Dann sehen wir beide wie sich Mark geschickt mit einer fließenden Bewegung auf sein Pferd schwingt und dann setzt sich Baby in Bewegung.
Mein Herz schlägt mir bis zum Hals und ich versuche mich zu beruhigen.
Wir reiten ganz langsam über die Koppeln und Felder, ich beruhige mich und es fängt an mir zu gefallen. Ich wage es meinen Kopf anzuheben und nehme die wunderbare Natur um uns herum wahr. Ich schließe sogar einen kleinen Moment meine Augen und atme die kühle, salzige Luft ein.
Dann auf einmal, ohne Vorwarnung prescht Baby los. Ich schaffe es noch einen Moment mich fest zu halten, ehe ich in hohen Bogen vom Pferd falle und ziemlich unsanft auf den Boden aufschlage. Mein Kopf kommt dumpf auf und ich bleibe benommen liegen.
„Gott Neela!“ Rory beugt sich über mich.
Wie ist sie denn so schnell hierher gekommen?
Und wo ist Mark?
Der kann mich doch hier nicht einfach liegen lassen!
Ich will mich aufsetzen, aber Rory drückt mich zurück ins Gras.
„Du bleibst liegen. Mark holt Hilfe.“ Sagt sie bestimmt „Sag Mal seitdem wir hin sind muss ich ja echt um dein Leben fürchten.“ Sie grinst mich an.
„Ha, Ha.“ Erwidere ich schwach.
„Ganz ehrlich der Abstieg war mal filmreif.“ Sie grinst immer noch.
„Rory das ist nicht lustig.“ Sage ich ernst.
„Sie hat Recht, das ist überhaupt nicht lustig.“ Declan taucht neben ihr auf und ich schließe gequält meine Augen.
Ich merke wie er sich über mich beugt.
„Hey Neela.“ Sagt er sanft und ich sehe ihn zerknirscht an „Kannst du deine Arme und Beine bewegen?“
Ich versuche es und es klappt erstaunlich gut.
„Man sie ist echt im hohen Bogen geflogen.“ Mark sieht mich mit einer Spur Ehrfurcht an.
„Ist ja nicht so als ob ich das gewollt hätte.“ Gebe ich zurück.
Declan nimmt mir nun vorsichtig meinen Helm ab und tastet meine Halswirbelsäule ab. Seine Hände sind so weich auf meiner Haut.
„Scheint als ob dein Schutzengel heute Überstunden schiebt.“ Declan grinst mich an und hilft mir mich aufzusetzen. Dann kommt er mit seinem Mund ganz Nahe an mein Ohr „Du musst dich nicht ständig verletzen um mich wieder zu sehen.“ Er zwinkert mir zu.
Ich merke wie mir die Röte ins Gesicht steigt.
„Glaub mir mein Plan ist eigentlich mich von dir fern zu halten.“ Sage ich leise und er sieht mich erstaunt an.
Noch bevor er fragen kann zieht mich Neela ganz auf die Füße.
„Willst du zurück reiten oder lieber gehen?“ Mark grinst mich schief an.
„Ich werde nie wieder auf ein irisches Pferd steigen und mich auch nie wieder darin versuchen am irischen Straßenverkehr teil zu nehmen.“ Sage ich sicher.
„Dann fahre ich dich schnell rum.“ Declan deutet auf seinen Jeep.
Ich nicke widerwillig und Rory und Mark steigen auf die Pferde während ich Declan zu seinem Auto folge.
„Geht es dir wirklich gut?“ fragt er besorgt als ich gequält meine Augen schließe.
„Ja.“ Sage ich und starre aus dem Fenster. Ich will ihn nicht ansehen, will nicht ins seinen blauen Augen versinken.
Schweigend fährt er mich zu Erin zurück, die mich geschockt in Empfang nimmt.
„Herzchen, was machst du denn für Sachen?“ sie nimmt mich in den Arm.
„Glaub mir ich hätte darauf verzichten können.“ Gebe ich gequält zurück.
„Na komm erst einmal rein. Hast du Hunger? Ich habe gerade Abendbrot gemacht.“ Sie legt ihren Arm um mich und führt mich ins Haus „Danke Dec.“ Ruft sie Declan noch über ihre Schulter zu.
Sie bugsiert mich an einen Tisch und wir essen beide zu Abendbrot.
„Machst du hier alles alleine?“ ich sehe sie fragend an und sie lacht hell auf.
„Nein, nein zusammen mit meinem Mann Ronan, aber er ist gerade geschäftlich in Cork.“ Erklärt sie mir „Ihr werdet ihn am Sonntag kennen lernen.“ Sie zwinkert mir zu.
Wir unterhalten uns noch eine ganze Weile, dann sind Rory und Mark wieder da.
„Na Kleine, alles gut bei dir?“ Rory sieht mich besorgt an.
„Ja alles gut.“ Ich nicke leicht.
„Hast du was dagegen wenn Mark heute Abend mitkommt? Oder willst du nicht mehr los?“ sie sieht mich gespannt an.
„Ich werde mich gleich hinlegen, ich fühle mich nach diesem Tag echt erschlagen.“ Gebe ich zu „Aber geh du ruhig. Vielleicht komme ich morgen mit.“
„Aber ich kann dich doch nicht alleine lassen.“ Sie setzt sich zu mir.
„Ach, was ich komme klar, wirklich.“ Versichere ich ihr und sie sieht strahlend zu Mark.
Dann essen die beiden auch ein wenig zu Abend und anschließend ziehen wir uns in unser Zimmer zurück.
„Dir gefällt Mark, stimmt´s?“ ich lasse mich aufs Bett fallen und ziehe meine Jeans aus.
„Ja, er ist echt nett.“ Sie grinst verschmitzt.
„Nicht das du mir noch auf die Idee kommst hier zu bleiben.“ Lache ich.
„Nein, wir sind uns einig darüber das ich nur für zwei Wochen hier bin.“ Sie kichert „Aber wer sagt denn dass man in zwei Wochen keinen Spaß haben darf?“
„Niemand.“ Sage ich und nehme ein altes T-Shirt aus meinem Koffer und ziehe es mir zu meinen Shorts an.
Ich beobachte wie sich zu Recht macht und lümmele auf meinem Bett.
Gegen 20 Uhr verabschiedet sie sich und sieht mich prüfend an.
„Nun hau schon ab.“ Sage ich lachend, sie schickt mir einen Handkuss und die Tür fällt ins Schloss.
Ich schalte den Fernseher an und zappe mich durch die Programme, man das Fernsehprogramm hier ist echt bescheiden…
Eine halbe Stunde nachdem Rory weg ist klopft es leise and er Tür, ich stehe auf und sehe mich dann Erin gegenüber.
Sie hält eine Flasche Wein hoch.
„Na Lust?“ sie grinst mich an.
„Also dazu sage ich nicht nein.“ Ich folge ihr und wir gehen nach unten in das Kaminzimmer.
Sie schenkt uns beiden ein Glas Rotwein ein und prostet mir zu.
„Auf dich Neela und das du die nächsten Wochen bei uns überlebst.“ Lacht sie.
„Das will ich doch hoffen.“ Erwidere ich ihr lachen.
Wir unterhalten uns ein wenig, dann sieht sie mich lange prüfend an.
„Vielleicht ist das jetzt ja zu indiskret aber ich konnte vorhin nicht drüber weg sehen dass du Dec ziemlich nett findest.“ Ihr Blick durchbohrt mich.
Erst will ich ihr widersprechen, aber ehrlich was soll’s? Ich meine ich muss es los werden, denn Rory ist mir keine große Hilfe.
„Ja ich finde ihr wirklich sehr anziehend.“ Gestehe ich „Aber ich bin verlobt.“ Füge ich hinzu.
„Er auch wie du weißt.“ Sagt sie und ich nicke.
„Es ist verwirrend, ich meine bis heute Morgen war meine Welt echt in Ordnung, dann taucht er auf und plötzlich verstehe ich die ganzen Leute wenn sie sagen die Liebe traf mich wie ein Blitz auf den ersten Blick.“ Ich sehe sie vorsichtig an.
„Also ich kenne Dec schon eine ganze Weile, um genau zu sagen sein ganzen Leben…“ sie lächelt leicht „… Um noch ehrlicher zu sein halte ich nicht viel von seiner Emma. Aber Neela du lebst in den Staaten…“ sie bricht ab.
„Ja und ich werde heiraten.“ Füge ich hinzu. „Außerdem kenne ich ihn gerade mal einen Tag. Vielleicht stellt sich ja noch heraus das er ein Arschloch ist.“
Sie lacht laut auf. „Neela, Dec ist der netteste Mensch den ich kenne, er ist kein Arschloch.“
„Das würde es mir erleichtern.“ Ich nehme einen Schluck von dem Wein.
„Ach was, lass alles auf dich zukommen…“ sie denkt nach „…Wenn das zwischen Euch wirklich Liebe ist, dann fügt sich alles.“
„Deine Zuversicht möchte ich haben.“ Ich sehe sie gequält an.
„Vertrauen Neela, vertrauen.“ Sie zwinkert mir zu.
„Aber was ist denn mit deinem Verlobten in den Staaten?“ sie sieht mich gespannt an und ich zucke mit den Schultern.
„Mit Alec? Nichts.“ Sage ich gleichgültig.
„Alec heißt er also…“ sie nickt leicht „Also wann soll die Hochzeit steigen?“
„Wir haben nächstes Frühjahr ins Auge gefasst.“ Ich sehe in den Kamin.
Im Moment erscheint mir nichts soweit weg wie die Hochzeit mit Alec…
„Wie ist er denn so?“ Erin lehnt sich in ihrem Sessel zurück.
„Er ist nett, höflich, zuvorkommend…“ ich sehe sie an und sie lächelt.
„So beschreibt man vielleicht seinen Bruder Neela.“ Lacht sie leise.
„Okay er ist attraktiv, sieht wirklich gut aus und seine Familie hat mich akzeptiert.“ Ich sehe sie zweifelnd an.
Hat das eben besser geklungen?
„Seine Familie hat dich akzeptiert?“ sie zieht einen Augenbraue hoch.
„Ja, Alec kommt aus, sagen wir mal, anderen Kreisen. Wenn seine Eltern nicht einverstanden wären, dann könnten wir nicht heiraten.“ Gebe ich zu.
„Geld?“ fragt sie leicht verunsichert.
„Viel Geld…“ sage ich und sehe sie an.
„Also ein Jungmillionär?“ sie schenkt uns neu nach.
„Sagen wir mal lieber ein Jungmilliardär.“ Erkläre ich ihr und muss bei ihrem Gesichtsausdruck schmunzeln.
„Und du fährst hier mit dem Auto rum und nimmst dir ein Zimmer bei mir?“ ihre Augen sind groß und ungläubig.
„Glaub mir, er hat mir oft genug angeboten diesen Urlaub auf seine Weise zu machen. Aber ich bin Neela und möchte ein normales Leben.“ Ich drehe das Weinglas in meinen Händen. „Bitte sage niemandem etwas davon. Ich bin weiterhin nur Neela.“
„Kein Problem.“ Sie winkt ab. „Verdienst du denn mit deinem Job auch genug?“
„Aber sicher, es ist nicht so das ich zwingend auf sein Geld angewiesen bin. Ich habe ein gutes, festes Einkommen und die Kreise in denen ich mich bewege sind mir nicht völlig fremd.“ Ich lächle leicht „Als Innenarchitektin ist gerade in Miami gutes Geld zu verdienen.“ Ich zwinkere ihr zu.
Dann erzählt sie mir ein wenig von sich, von ihrer Ausbildung in einem großen Hotel, ihrer Hochzeit mit Ronan und wie sie an das Cottage gekommen sind. Erst weit nach Mitternacht gehe ich ins Bett.
Ich höre nicht wie Rory nach Hause kommt und als ich am nächsten Morgen wach werde schläft sie noch tief und fest.
Ich beschließe sie schlafen zu lassen und gehe nach unten. Ich frühstücke mit Erin und dann setze ich mich mit ihr zusammen mit meinen Fotos hin und sie erklärt mir wo ich was finden kann. Grob plane ich den heutigen und den morgigen Tag mit verschiedenen Zielen für mich und Rory durch.
Zwei Stunden nach mir steht auch Rory im Frühstücksraum und ist von meinen Plänen ganz angetan.
Wir besuchen das alte Haus in dem meine Großeltern mal gewohnt haben, wir unterhalten uns mit den Nachbarn und ich mache viele schöne Fotos. Am Abend beschließen wir nicht auszugehen und machen uns zusammen mit Erin einen gemütlichen Abend vor dem Kamin. Es ist wirklich schön und ich fange an meine Zeit hier zu genießen. Auch der Sonntag geht rasend schnell vorbei und ehe ich mich versehe ist Montagmorgen. Ich habe mir meinen Wecker auf 8 Uhr gestellt und ziehe mich an. Als ich um 9 Uhr mit dem Frühstück fertig bin und auf den Hof raus gehe, kommt mir ein Mann entgegen.
„Na, du bist doch bestimmt eine der beiden Florida Dreamgirls, oder?“ er grinst mich an.
„Dann musst du der Waldschart aus dem Wald hinterm Haus sein.“ Erwidere ich lächelnd „Neela.“ Ich halte ihm meine Hand hin.
„Ronan.“ Lächelt er nun auch.
Dann fährt Dec sein Wagen auf den Hof und mein Herz macht einen solchen Satz, das ich denke es springt aus meiner Brust.
„Fertig?“ er sieht mich breit grinsend an.
„Ja.“ Sage ich nur.
„Dann hopp rein mit dir.“ Er deutet auf den Beifahrersitz und ich steige ein.
Wir fahren zu einem kleinen Blumenladen und kaufen Blumen in allen erdenklichen Farben. Nachdem ich bezahlt habe und wir alles verladen haben. Fahren wir zu der Insel und ich muss fest stellen, dass schon jemand meine Spurrillen entfernt und geebnet hat.
Fragend sehe ich zu Declan.
„Ich habe einem Freund von mir Bescheid gesagt. Ich dachte so geht’s es schneller.“ Er sieht mich an und parkt am Straßenrand.
Keine halbe Stunde später krabbele ich auf allen Vieren über die Erde und pflanze die Blumen ein. Wir arbeiten beide still vor und hin und immer wenn sie unsere Hände zufällig berühren zucke ich zusammen. Nach 4 Stunden ist das Werk vollbracht und Declan ruft Officer Andersen und dieser erscheint 10 Minuten später. Ich stehe an Declan Wagen gelehnt und er stellt sich neben mich damit wir den Officer beobachten können. Sein Körper so dicht neben meinem reicht aus um mich fast um den Verstand zu bringen… Dann beugt er sich zu mir.
„Ich denke wir haben das wirklich gut hin bekommen.“ Flüstert er mir ins Ohr. Ich bekomme am ganzen Körper eine Gänsehaut und sehe ihn an. In seine wunderschönen blauen Augen in denen das Meer tobt, seine weichen geschwungenen Lippen und …
„Neela?“ fragte er plötzlich und ich zucke ertappt zusammen.
„Ja.“ Sage ich reflexartig. Meine Chancen stehen nicht schlecht dass ich gerade dass gesagt habe was er hören wollte, im Grunde genommen stehen sie 50 zu 50.
Schließlich kommt der Officer wieder zu uns.
„Gute Arbeit Miss Finnegan.“ Er reicht mir seine Hand.
„Vielen Dank, aber ohne Declan hätte ich das nicht geschafft.“ Ich sehe lächelnd zu Declan.
„Scheint als ob ihr beide wirklich gut harmoniert.“ Er grinst mich an.
„Ja, scheint so.“ ich sehe lächelnd zu Declan.
„Gut, also ich werde die Anzeige dann löschen und wünsche ihnen einen wirklich tollen Aufenthalt.“ Er hält mir seine Hand hin.
„Vielen Dank Officer.“ Erwidere ich erleichtert.
Dann setzt er sich in seinen Streifenwagen und fährt davon.
„Danke Declan.“ Ich drehe mich zu ihm um und nehme ihn aus dem Gefühl der Erleichterung in den Arm.
Eine Weile hält er mich fest und ich schließe meine Augen. Es fühlt sich so richtig an.
Dann aber besinne ich mich und lasse ihn verlegen los.
„Ich fahre dich dann mal schnell rum.“ Er räuspert sich und wir steigen in seinen Jeep.
Als er mich bei Erin abgesetzt hat winke ich ihm kurz hinterher.
Verdammt wie können ein paar Tage Irland mich so durch einander bringen?
Rory muss ich jedes kleine Detail erzählen obwohl es nicht einmal wirklich was zu erzählen gibt. Am Abend lasse ich mich überreden mit ihr ins McHughs zu gehen.
Die Stimmung im McHughs ist mehr als ausgelassen als wir dort ankommen. Was wohl auch daran liegt, dass viele der Besucher schon die ganze Getränke-Karte durch getestet haben. Und es ist gerade mal 21:30 Uhr!
„Hey Süße, ein Tanz gefällig?“ ein wankender, nach Alkohol riechender Typ versucht sich an Rory heran zumachen.
„Das ist doch mal eine gute Idee. Neela komm, lass uns tanzen.“ ehe ich mich versehe stehe ich mit Rory auf der Tanzfläche. Ihr “Verehrer“ macht sich in der Zwischenzeit fluchend vom Acker und wir beide lachen.
„Rory, ich mag nicht tanzen. Mir tut alles weh und ich...“ stöhne ich, ich habe wirklich keine Lust.
„Jetzt sei mal keine Spielverderberin. Entspann dich, mach dich locker… Und schau mal wer da ist!“ sie deutet in eine Ecke und ich entdecke Mark. Was eine Überraschung…
Sie zieht mich hinter sich her und Mark begrüßt uns strahlend.
„Schönen guten Abend die Ladies.“ Er schenkt uns ein perfektes lachen und einen Handkuss.
„Hallo, wie geht´s?“ grüßt Rory in die Runde der Männer und alle nicken uns zu. „ Ich wollte euch mal fragen ob ihr schon an der Bar wart und ihr mir und meiner Freundin, die normalerweise nicht so geschockt aussieht, ein paar Drinks empfehlen könnt.“ Rory erntete dafür einen freundschaftlichen Ellenbogenstoß von mir und kurzes Gelächter von den Männern und Mark.
„Sorry, aber wir sind selbst gerade erst gekommen.“ entschuldigt sich einer der Männer lachend.
„Oh... siehst du Rory, wir können also wieder gehen.“ ich sehe Rory an und will sie gerade weg ziehen.
„Oder auch nicht...“ Rory bleibt an Ort und Stelle stehen und sieht verträumt zu Mark.
„Herrgott.“ Fluche ich leise.
„Wieso denn? Wir können doch auch gemeinsam die Getränke testen und sie uns dann gegenseitig weiter empfehlen.“ ich wäre Mark nur zu gerne ins Gesicht gesprungen, aber seine strahlenden Augen halten mich irgendwie davon ab.
Wir kämpfen uns zur Bar und schnell wird eine Runde bestellt.
„Mal eine ganz blöde Frage bevor ihr uns hier jetzt abfüllt und völlig willenlos macht. Wie heißt ihr eigentlich?“ grinse ich, langsam finde ich meine Party-Stimmung wieder.
„Also mich kennst du und wie ich erfahren habe Fin auch schon…“ Mark grinst mich an und ich nicke lebhaft „Und das sind Liam und Brandon.“
„Und schaut mal wer uns heute noch beehrt, unser allseits beliebter Dr. Dec.“ Sagt Fin und strahlt in Richtung Tür.
Ich wage es nicht mich umzudrehen, ich entschuldige mich schnell und verschwinde…
Ich stehe auf der Damentoilette vor einem Spiegel, meine Hände unter laufendes, kaltes Wasser haltend. Ich weiß nicht was ich anderes hätte tun sollen, als die Flucht ins WC zu ergreifen. Declan bringt mich dazu mich unmöglich zu verhalten, ich ärgere mich über mich selbst.
Ich werfe einen kurzen Blick in den Spiegel, meine Augen sehen irgendwie panisch aus, aber ansonsten haben Rory und ich ganze Arbeit geleistet. Ich streiche mein schwarzes kurzes Kleid glatt und ziehe kurz meinen Lipgloss nach. Das Kleid ist zum Glück nicht so fein und ich fühlte mich wirklich bis vor ein paar Minuten richtig gut darin.
Nach gut fünfzehn Minuten hat sich mein Herzschlag wieder etwas normalisiert und ich beschließe mich wieder der, jetzt doch schon ganz lustigen Truppe, anzuschließen. Declan war nun ebenfalls mit am Tisch und hielt Emma fest im Arm. Ich atme tief durch und trete an den Tisch.
„Hey Neela, ich dachte schon ich müsste dich als vermisst melden!“ begrüßt sie mich grinsend.
Alle Köpfe drehen sich in meine Richtung – auch Declans. Mein Magen macht einen Salto rückwärts und ich wäre am allerliebsten sofort wieder zurück in die Toilette gelaufen.
Meine Güte Neela Finnegan du bist doch keine 12 mehr!
Aber im Moment fühle ich mich so, ich will weg, einfach nur weg von hier, weg von Declan.
Es kann doch nicht so schwer sein ihm aus dem Weg zu gehen!
Doch meine Pläne weg zu laufen werden durchkreuzt als mich Mark am Handgelenk packt und auf seine freie Seite zieht, die andere hat er fest um Rory geschlungen.
„Mark, fasse mal dieses zarte Geschöpf nicht so grob an. Es handelt sich hier nicht um eine Gummipuppe wie du es sonst gewöhnt bist.“ Logan lacht herzlich und auch ich muss lächeln.
„Wahnsinnig witzig, Logan.“ Mark sieht in gespielt beleidigt an.
Schallendes Gelächter geht durch die Gruppe als sich Declans und mein Blick kurz treffen. Es ist nur etwa eine Sekunde, doch es reicht aus um mich völlig aus der Fassung zu bringen. Und auch an Declan scheint es nicht spurlos vorbei zu gehen, er lässt Emma los, geht zu Fin und flüstert ihm was ins Ohr.
Ich bin mir nicht sicher ob es wirklich etwas mit unseren Blicken zu tun hat, doch als Fin Emma zum tanzen auffordert da bin ich mir fast sicher.
Declan bleibt noch eine Weile unberührt stehen bevor er sich sicher ist, dass Fin und Emma weit genug entfernt sind. Er dreht sich langsam um und kommt auf mich zu, ich stehe mittlerweile wieder etwas abseits von den anderen.
Nun habe ich mächtige Probleme mich auf meinen Beinen zu halten, dieser Mann wirft mich völlig aus der Bahn.
„Hi, wie geht es dir?“ Declan sieht mich prüfend an.
„Gut.“ Sage ich leise.
„Neela was machst du?“ er sieht mich unsicher an und ich hebe erstaunt meinen Kopf.
„Wie bitte?“ frage ich verwirrt.
„Du kannst mich nicht so ansehen, bitte nicht.“ Er klingt fast verzweifelt.
„Declan ich…“ setze ich an und breche ab.
Meine Güte, was soll ich darauf sagen?
„Neela bitte tue mir das nicht an, das geht einfach nicht.“ Seine Stimme wird ein Tick lauter und ich zucke zusammen. Er sieht mich mit seinen so wahnsinnig blauen Augen an und ich sehe dass in ihnen ein Sturm tobt.
Glaubt er wirklich mir geht es besser?
Ich will ihm doch auch aus dem Weg gehen, aber anscheinend ist Sligo dafür einfach zu klein!
„Es tut mir leid. Ich habe mich gerade benommen wie der letzte Idiot.“ sagt er plötzlich versöhnlich.
„Okay.“ Ich lächle ihn versöhnt an „Komm, lass uns zu den anderen gehen und tanzen.“
„Ja, gut.“ stimmt er mir zu und wir gehen zu den anderen. In den nächsten zwei Stunden erweist sich Declan wieder als der charmante, nette Mann den ich kennen gelernt habe.
„Rory, Neela... Darf ich euch etwas fragen?“ Mark steht ein wenig nervös zwischen Fin und Brandon, als wir alle gemeinsam das McHughs verlassen haben.
„Klar, solange du mich nicht fragst ob ich dich heiraten will.“ lachte Rory und wir anderen stimmen mit ein. Ein komisches Gefühl bleibt in meiner Magengegend aber ich bin einfach mal so frei, nach mehr Getränken als mir gut tut, es zu ignorieren.
„Ich feiere nächsten Samstag meinen 30. und möchte euch gerne einladen.“ Mark sieht uns beide fragend an.
Ich komme nicht einmal dazu über Marks Worte nachzudenken, da hat Rory schon zugesagt.
Wie sollte es auch anders sein...
„Gut, dann sehen wir uns alle nächsten Samstag wieder. Ich freue mich darauf.“ Mark küsst Rory auf die Wange und nimmt mich in den Arm.
„Hier ist meine Adresse. Ich freue mich wirklich! Ist nicht weit, 20 Minuten von Erins Cottage.“ er strahlt uns an.
Mein Vorhaben Declan aus dem Weg zu gehen erweist sich als wirklich fast undurchführbar!
„Ich freue mich auch!“ kichert Rory.
Sie kichert?
Was ist denn das?
Denkt sie auch mal eine Sekunde an mich?
In der Woche sehen wir so wahnsinnig viel und die zeit rennt an uns vorbei. Wie immer wenn etwas richtig schön ist dann kommt dir der Augenblick viel zu kurz vor.
Ich denke sooft an ihn!
An ihn und seine strahlend blauen Augen…
Irgendwann an unserem 7. Urlaubstag fällt mir auf das ich Alec noch nicht einmal angerufen habe.
Was sagt das über mich aus?
Ich rufe ihn kurz an und beschreibe ihm unseren bisherigen Urlaub mit einem einzigen Wort: Super!
Schön nichtssagend…
Dicke Regentropfen fallen auf die Windschutzscheibe als wir auf dem Weg nach Derryduff.
Mal ehrlich wo heißen Orte schon so außer in Irland?
Jedenfalls stellen sich die 20 Minuten langsam aber sicher als halbe Stunde raus…
„Was für ein Mist-Wetter. Man sieht ja kaum die Straße.“ schimpft Rory vor sich hin.
„Das liegt vielleicht daran Rory, dass du das Gaspedal wie ein Rennfahrer durchgedrückt hältst. Ich wäre dir echt dankbar, wenn du den Umständen entsprechend etwas langsamer fahren würdest. Ich weiß zwar, dass du so schnell wie möglich zu Mark kommen willst, aber wenn du so weiter fährst landen wir beide eher in einem Krankenhaus als bei Mark. Und wenn du so weiter rast fährst du noch an seinem Haus vorbei. Wir haben nämlich gerade das Ortsschild hinter uns gelassen und...“ setze ich an.
„Neela, könntest du bitte eine kurze Pause einlegen? Ich versuche mich auf den Weg zu konzentrieren.“ Rory sieht mich strafend von der Seite an.
„Wie bitte kannst du dich bei über 120 Sachen...“ meine ich energisch.
„Ach, hier ist es ja.“ Rory strahlt und parkt geschickt den Wagen in der Hofeinfahrt eines großen Anwesens. Ich sehe Declans Jeep und mein Herz setzt aus, da habe ich es doch tatsächlich ganze 5 ½ Tage geschafft ihn nicht zu sehen!
Glanzleistung!
„Okay, auf drei laufen wir los.“ Rory macht sich startklar und holt mich aus meinen Gedanken.
„Du bist gut, Rory. Wieso nehmen wir nicht einfach die Regenschirme die auf der Rückbank liegen und...“ weiter komme ich nicht, denn Rory hat bereits die Autotür zugeknallt und ist quasi schon im Haus.
„Diese Frau treibt mich noch in den Wahnsinn.“ ich verdrehe die Augen, schnappe mir einen der Regenschirme und hüpfe um die Pfützen herum in Richtung Haustür.
„Neela, komm schon!“ Rory steht nervös vor der Tür.
Warum geht sie nicht einfach rein, wenn sie nicht auf mich warten will?
„Ja, ja... Immer langsam.“ genervt schüttele ich den Regenschirm aus und falte ihn zusammen, als ich endlich die Haustür erreicht habe.
„Hier sind wir richtig Neela.“ Sie klopft und tritt ein.
Warum auch warten bis uns jemand rein lässt?
Auch ohne ihren messerscharfen Verstand hätte ich wohl die Party als solche erkannt… ich hätte nur meinen Ohren oder meiner Nase folgen müssen. Die Musik ist doch etwas zu laut aufgedreht und auch der Geruch von Chips und Guinness hätten mir den Weg gewiesen. Nicht gerade die tollste Mischung, denke ich mir. Meine Gedanken können nicht weiter ausschweifen, denn ich betrete schließlich den Partyraum.
„Hallo du liebe meines Lebens. Ich habe dich so vermisst.“ ich muss unwillkürlich lachen, als ich von einem ziemlich betrunkenen Logan umarmt und in die Luft gehoben werde.
„Hallo Logan! Na wie geht es dir?“ Ich sehe ihn prüfend an, vielleicht ist er ja noch in der Lage eine ganz einfach Frage zu beantworten.
„Gut und dir?“ nuschelt er und ich lache.
Okay, sein Wortschatz war schon mal besser.
„Auch, danke. Logan, weißt du vielleicht wo das Geburtstagskind ist?“ frage ich ihn ganz langsam und bei dem Wort ‚Kind’ fängt er an zu grinsen – typisch.
„Unser Baby steht dort drüben und versucht gerade deine Freundin zu vernaschen.“ er deutet in eine Ecke.
Ein normaler Satz?
Ist er doch nicht so betrunken oder was ist los?
Doch sein wankender Gang lässt mir keinen Zweifel mehr an seinem Zustand.
Meine Güte wird sind nur eine knappe halbe Stunde zu spät. Was haben die gemacht?
Kampftrinken?
„Hey Neela. Schön, dass du da bist.“ Mark hat mich entdeckt und winkt mir zu.
„Oh, Hallo Mark. Alles Gute zum Geburtstag. Wie geht es dir so? Schon was Schönes geschenkt bekommen? Ich habe dich die ganze Woche nicht bei Erin gesehen.“ ich küsse ihn auf die Wangen und nehme ihn in den Arm.
„Ich habe echt viel um die Ohren, ich will meine eigene Reitschule aufmachen und so langsam kommt Bewegung in die Sache.“ Er lächelt zufrieden „Und ja, Geschenke habe ich schon ziemlich viele ganz wunderbare bekommen.“ Grinsend sieht er zu Rory.
„Verrätst du mir auch was?“ frage ich frech nach.
Ich weiß natürlich was Rory ihm gekauft hat, na ja gekauft hat sie nur eine Karte aber ich weiß was drin steht…
Jetzt interessiert mich wie er mir das erklären will.
„Also, ich höre.“ hake ich nach.
„Ach, nur einen Gutschein.“ meint er nun ausweichend.
Ich ziehe die Augenbrauen hoch. „Nur einen Gutschein. Ach ja und für was?“ bohre ich weiter grinsend nach.
„Das bleibt ein Geheimnis zwischen Rory und mir. Tut mir leid.“ grinst er und was folgt war ein leidenschaftlicher Kuss der Beiden.
Immerhin haben sie sich 6 Tage Zeit gelassen und bei einem ungeduldigen Menschen wie Rory einer ist entspricht das quasi einer ganz, ganz langen Zeit.
Nein, das muss ich mir wirklich nicht ansehen. Ich beschließe herauszufinden wer noch auf der Party ist. Mein Magen beginnt sich jedoch zu drehen als ein weiterer, leicht schwankender Gast auf mich zu kommt und anlächelte – Declan.
„Hallo Neela, schön dich zu sehen. Wie geht es dir? Willst du was trinken? Das Zeug hier schmeckt echt gut. Frag mich aber nicht was es ist. Ich hab den Namen vergessen.“ grinsend reicht Declan mir einen Becher.
Ich winke jedoch energisch ab. „Nein danke, Declan. Vielleicht später, wenn du herausgefunden hast was das für ein Teufelsgemisch ist.“
„Ich kann Mark ja noch mal fragen, wenn du wissen willst was es ist. Warte hier. Ich bin gleich wieder zurück.“ Declan will sich auf in Richtung Liam machen, doch ich halte ihn zurück.
Wieso weiß ich selbst nicht.
Habe ich nicht den ganzen Tag gehofft, dass Declan nicht auf diese Party kommen konnte?
Das ich ihn nicht sehen würde?
Ich habe mir in den letzten Tagen versucht klar zu machen, dass Declan und ich in absehbarer Zeit zwei Menschen heiraten würden die uns lieben.
Dass wir glückliche Familien gründen würden… und trotzdem kann ich mich diesem Mann einfach nicht entziehen.
Aber ich darf es nicht.
Nein, das darf ich einfach nicht.
Declan ist einer anderen versprochen – nicht mir. Und ich einem anderen Mann – nicht ihm.
„Soll ich Mark jetzt fragen oder nicht? Denn wenn du noch länger die Blutzirkulation in meinem Arm unterbrichst wird er irgendwann blau anlaufen und abfallen.“ Declan sieht mich fragend an und blitzartig lasse ich seinen Arm los. Verschämt sehe ich zu Boden. „Tut mir leid. Ich...“
„Gott Neela...“ Declan fängt laut an zu lachen und legt eine Hand auf meine Schulter. „Das war ein Witz, Sweety. Nur ein Witz. Ich halte schon etwas aus. Hey, wieso siehst du mich jetzt so böse an?“
„Sweety? Wie bitte kommst du auf Sweety? Ich bin doch kein gelber kleiner Vogel und du bist auch kein schwarz-weißer Kater. Und wir sind nicht 10“ beleidigt drehe ich mich um und verschränke die Arme vor meiner Brust.
Wieso in aller Welt habe ich ihn gerade angemacht?
Eine der vielen Merkmale die ich an Declan so mag ist sein Humor, er kann mich immer wieder zum lachen bringen. Jetzt hasst er mich sicherlich.
Oder habe ich genau das bezwecken wollen?
Unbewusst?
Wenn ich es hätte, hätte es seine Wirkung um 180 Grad verfehlt.
Declan kommt auf mich zu und umarmt mich von hinten. „Ich liebe es, wenn Frauen so impulsiv sind. Komm, lass uns tanzen.“
Auch wenn ich nicht will, so kann ich mich nicht gegen Declan.
Nicht gegen ihn…
Gegen jeden anderen.
Zielstrebig zieht er mich auf die provisorische Tanzfläche, legt mir seinen Arm um die Hüfte und wir tanzen zu einem Song den ich noch nie in meinem Leben gehört habe.
„Na los, zeig mal was du kannst.“ grinsend fordernd sieht er mich an.
„Wieso sollte ich Dr. O’Brian? Das letzte wozu ich jetzt Lust habe ist zu tanzen.“ sage ich schnippisch.
„Declan, glaub ihr kein Wort. Sie liebt es zu tanzen, sie würde es am Liebsten den ganzen Tag machen. Also wenn du mich fragst...“ Rory sieht mich belustigt an.
„Dich fragt aber keiner, aber danke Rory, das ist genug Declan weiß nun Bescheid. Du kannst dich also wieder in die starken Arme deines Liebsten begeben. Der wartet eh schon auf dich.“ ich deute auf Mark.
„’Der’ hat zufälligerweise auch einen Namen, Kleine. Und nun sei mal nicht so schlecht drauf. Ich bin mir sicher Declan wäre dir auch sehr dankbar dafür.“ sie sieht zu Declan und dieser nickt leicht.
Ich weiß ja selber nicht was in mich gefahren ist, aber die Aussicht hier so nah bei ihm zu sein und meinem Kopf die ganze Zeit immer und immer wieder zu sagen er solle die Oberhand behalten, ist anstrengend. Wirklich anstrengend.
„ICH hätte jedenfalls nichts dagegen.“ Rory sieht mich nun herausfordernd an und ich wäre ihr am liebsten an die Kehle gesprungen, doch hier sind zu viele Leute die Zeuge gewesen wären.
Ich nehme mir fest vor es später im Cottage zu tun, ohne Zeugen. Doch auch hier macht mir jemand einen Strich durch die Rechnung – Mark. Er hat sich zu uns gestellt und ist bester Laune.
„Na, alles klar?“ meint er in die Runde und auch als er keine Antwort bekommt redet er einfach weiter. „Ich finde es echt klasse von dir Neela, dass es dir nichts ausmacht heute Nacht hier zu schlafen.“
„Was?“ ich muss mich verhört haben.
Das ist das absolut Letzte was ich will.
„Hat Rory es dir noch gar nicht gesagt?“ Mark sieht mich entschuldigend an.
Mit einem eiskalten Blick fixiere ich Rory. „Was gesagt?“ zische ich.
„Das ihr heute hier schlaft. Ich finde, Rory hat zu viel getrunken um noch sicher Auto fahren zu können. Und so viel ich weiß hast du es nicht so mit dem Auto fahren hier, du...“ beginnt Mark zu erklären.
„...Ja, ich habe eine Verkehrsinsel zerstört. Das hätte ich doch glatt vergessen. Danke Mark.“ meine ich und stöhne auf.
Grinsend sieht Mark zu Declan.
„Ich finde, das gleiche gilt auch für dich.“ Mark sieht ihn nun triumphierend an.
„Man Mark...“ Declan hebt seine Hände.
„Komm schon Dec, du bist immer der Vernünftige von uns, du zu viel Alkohol im Blut. Du kannst nicht mehr fahren, Dec.“ Mark sieht ihn durchdringend an.
„Das sind nur ein paar Kilometer bis zu meinem Haus. Die...“ Declan windet sich und ich merke dass er sich unwohl fühlte.
„Keine Widerrede. Das sind fast 30 km. Du schläfst heute hier. Emma ist eh in Dublin, also nicht hier. Das wirst du schon überleben.“ Mark klopft Declan auf die Schulter.
„Na gut, wenn du meinst.“ Declan zuckt resigniert mit den Schultern.
Ich bin mir sicher, dass Mark, Rory und Declan die Nacht überleben würden.
Aber ich?
Immerhin geht es hier um eine ganz Nacht mit Declan zusammen in dem gleichen Haus.
Bei dem Gedanken wird mir schlecht...
Meine Güte ich bin doch nun wirklich eine erwachsene Frau, wie kann ein Mann mich dazu bringen mich zu fühlen und zu benehmen wie eine pubertäre Göre?
Wie von einer Tarantel gestochen laufe ich los.
Ich muss raus hier und das so schnell wie möglich.
Ich ignoriere die Aufschreie der Gäste, die ich unsanft zur Seite schubse.
Die können mir doch alle gestohlen bleiben. Es regnet noch immer in Strömen, als ich mich an eine Linde in Marks Garten lehne.
Mir ist es egal ob ich nass werde.
Hauptsache ich muss nicht länger im gleichen Haus sein wie Declan – und gegen meine Gefühle kämpfen.
Was ist die Welt nur unfair…
Hätten wir uns nicht viel früher kennen lernen können?
In einer Zeit wo wir uns beide einfach hätten aufeinander einlassen können?
Ich rutsche langsam an den Baum nach unten und beobachte die Leute die aus Marks Haus kommen. Die Party muss wohl zu Ende sein, ich sehe auf meine Uhr es ist schon kurz nach vier.
Schließlich wird es still um mich herum, die Musik hat aufgehört zu spielen und der letzte Gast hat sich vor wenigen Minuten auf den Heimweg gemacht – Fin. Ich habe mich die ganze Zeit so still wie nur irgendwie möglich verhalten, als nacheinander Brandon, Logan und zum Schluss Fin aus dem Haus kamen. Das letzte worauf ich Lust habe ist eine Fragerunde mit irgendjemandem warum ich hier im Regen sitze. Mir kommen die ersten Tränen…
Es ist wirklich erstaunlich wie lange ich mich zusammen gerissen habe, aber nun kommt alles an die Oberfläche.
Warum kann ich Alec nicht so lieben wie ich Declan liebe?
Ich weiß nach ein paar Tagen spricht normaler Weise keiner von Liebe, aber das hier ist Liebe. Das weiß ich einfach…
Ich hatte mir selber die Chance genommen die wahre Liebe zu finden und dachte immer das was ich und Alec haben das reicht…
Gott, was ist die Welt nur unfair. Ich ziehe meine Knie fester an meinen Oberkörper und schlinge meine Arme um diese. Ich bin vollkommen durchnässt und dadurch wird mir langsam kalt. Was würde ich dafür geben im kuscheligem Bett bei Erin zu liegen.
Aber da hatte Rory wohl andere Pläne.
„Verdammt, ist das kalt.“ ich zittere am ganzen Körper, doch lieber würde ich erfrieren als nochmals in dieses Haus zu gehen – zu Declan.
Doch wieso spiele ich mich so auf?
Bin ich nicht in der Lage meine Gefühle für zwölf Stunden unter Kontrolle zu halten?
Ich habe es doch schon so oft in meinem Leben geschafft. Wieso will es hier also einfach nicht funktionieren?
Ich erschrecke als plötzlich eine schwarze Gestalt mit Regenschirm vor mir steht.
„Ist alles mit dir in Ordnung, Neela? Ich habe dich schon überall gesucht.“ Declan sieht mich besorgt an.
„Danke Declan, es geht mir blendend.“ ich will aufstehen und mir ein anderes Versteck suchen, vielleicht was trockenes. Doch mein Körper ist anderer Meinung, meine Knie geben nach und ich falle zu Boden.
„Oh Gott, Neela!“ Declan wirft seinen Regenschirm beiseite und kniet sich zu mir hinunter. „Komm, ich helfe dir hoch.“
„Nicht nötig. Das schaff ich auch allein. Aber danke für das Angebot.“ als ich mich endlich aufgerichtet habe muss ich mich am Baum festhalten um nicht wieder um zufallen. Ich zittere am ganzen Körper, meine Beine sind halb taub und meine Knie fühlen sie an wie Pudding. Ich weiß, dass letzte wozu ich im Moment im Stande bin, ist zu laufen.
„Lass dir doch bitte helfen. Ich will dich ja nur ins Haus tragen. Dort ist es wenigstens warm.“ Declan lege eine Hand auf meine Schulter. „Gott Neela, du bist ja eiskalt.“
„Das wäre mir gar nicht aufgefallen.“ meine ich zynisch und versuche zum Haus zu gehen. Jedoch lande ich erneut ziemlich unsanft im Rasen.
„Du kannst mich schlagen, anschreien oder für ewig hassen, aber ich trage dich jetzt ins Haus. Ob du willst oder nicht. Du bist unterkühlt.“ Declan kommt nun mittlerweile sauer auf mich zu und hebt mich hoch. Ich will mich wehren, doch mein Körper kämpft gegen mich. Ich kann nichts machen, nichts außer Declans Wärme zu genießen.
„Habe ich nicht gesagt du sollst dir nicht mehr weh tun? ...“ flüstert er.
„Ja.“ Sage ich leise und lege meinen Kopf an seine Schulter.
„Gleich liegst du in einem warmen Bett, mit einer heißen Tasse Tee und schöner...“ sagt Declan aber mehr nehme ich von seinen Worten nicht mehr wahr, ich bin auf seinem Arm eingeschlafen.
Als ich die Augen das nächste Mal öffne ist es bereits hell draußen. Ich will mich strecken, doch irgendetwas liegt mir im Weg. Jedoch kümmere ich mich nicht weiter darum, ich ziehe mir mein T-Shirt zu Recht und will weiter schlafen. Doch...
„Was zum...“ erst jetzt bemerke ich, dass ich fremde Sachen an habe. Diese sind mir viel zu groß, wenn auch äußerst bequem – ich sehe an mir runter, ich trage ein weites rotes T-Shirt und... und Boxer-Shorts?
Ich sitze augenblicklich aufrecht im Bett.
Wie in Gottes Namen komme ich an Boxer-Shorts?
Soweit ich mich erinnern kann gehört solch eine Art von Unterwäsche nicht zu meinem Sortiment.
Eiligst ziehe ich sie aus, wenigstens verbirgt sich darunter noch meine eigene Unterwäsche.
Ich atme erleichtert aus.
„Hmm, wenn ich kurz stören dürfte?“ kommt es verschlafen von der Seite.
„Ah...“ lasse ich einen spitzen Schrei ertönen.
„Hey, ganz ruhig. Ich bin´s doch nur.“ neben mir richtet sich ein ziemlich verschlafender Declan auf. Er reibt sich seine Augen und ich ziehe so schnell wie möglich die Boxer-Shorts wieder an.
„Declan! Was machst du in meinem Bett und was sollen die Klamotten? Ich glaub, ich spinne. Was fällt dir eigentlich ein mir so ohne weiteres...“ ich sehe ihn geschockt an.
„Dürfte ich die junge Dame kurz unterbrechen? ... Dankeschön. Falls du dich noch an heute Nacht erinnern kannst, weißt du ja was los ist.“ er sieht mich prüfend an.
Ich schüttelte leicht den Kopf.
Was sollte ich wissen?
Was war vorgefallen?
Doch nicht etwa...
„Ich konnte die Lady ja schlecht am Boden schlafen lassen, also habe ich dich in MEIN, Betonung liegt auf MEIN, Bett gelegt. Und da es nicht sehr angenehm ist neben einem Menschen zu schlafen der mit einem nassen Hund vergleichbar ist, habe ich mir erlaubt dir trockene Sachen anzuziehen. Ich wollte nicht, dass du krank wirst. Denn ich hätte dich dann wieder behandeln müssen…“ er grinst leicht „Und sei unbesorgt, ich habe dir nichts weg geschaut. Ich bin Arzt, ich bin so etwas gewohnt.“ lacht er nun und ich muss grinsen.
„Wirklich?“ er lacht als ich demonstrativ in das T-Shirt sehe und mein Dekolleté überprüfe.
„Du hast Recht. Da ist noch alles da.“ lächle ich und er stimmt mit ein.
„Ich gehe duschen falls du nichts dagegen hast, Sweety. Aber bitte hau nicht gleich wieder ab, Okay?“ lächelnd steht er auf.
„Ich gebe mein Bestes, wenn du mich nicht mehr ‚Sweety’ nennst.“ griene ich ihn an.
„Ich verspreche nichts.“ er will sich gerade auf den Weg machen, als ich aufstehe. „Danke für alles, Declan.“ meine ich verlegen.
Declan dreht sich um und kommt auf mich zu. „Nichts zu danken. Ich würde es jederzeit wieder tun.“ er beugt sich zu mir hinab und haucht mir einen Kuss auf die Stirn, ehe er den Raum verlässt und zum Duschen geht.
Ich stehe wie angewurzelt da…
Die Berührung seiner Lippen hat mich wie ein Lauffeuer entzündet, aber es gefällt mir.
Ich will mehr davon – sofort...
Vorsichtig schleiche ich Declan hinterher, der schließlich hinter einer Tür verschwindet. Ich drücke mein Ohr gegen die Tür, aber alles was ich höre ist Wasser plätschern, also steht er nun unter der Dusche
Nackt… schießt es mir durch den Kopf.
Na, ja zugegeben alles andere würde ja auch keinen Sinn machen.
Ich überlege gerade ob ich es wagen soll zu überprüfen ob Declan abgeschlossen hat, als ich eine Hand auf meiner Schulter spüre. Erschrocken und ertappt fahre ich zusammen.
„Oh entschuldige, Neela. Ich wollte dich nicht erschrecken. Aber erkläre mir doch bitte warum du so an der Badezimmertür klebst?“ meint die Stimme hinter mir.
Als ich mich umgedreht habe, sehe ich in Fins grinsendes Gesicht.
„Oh Fin, du bist es nur.“ erleichtert atme ich auf.
„Sagst du mir jetzt was das für eine Sportart ist?“ Fin grinst mich immer noch breit an.
„Ich wollte nur hören ob jemand im Bad ist. Nicht, dass jemand vergessen hat abzusperren und ich hinein stürme.“ meine ich und versuche wirklich überzeugend zu klingen.
„Hmm, schon klar und ich bin übrigens der Kaiser von China. Das glaubst du ja selbst nicht, Neela.“ er sieht mich immer noch grinsend an.
„Wie kann es eigentlich sein das du schon wieder nüchtern bist?“ versuchte ich das Thema zu wechseln.
„Ich kann eben gut was ab. Aber du weichst gerade vom Thema ab.“ er lächelt nun.
Ach wirklich?
Das hatte ich ja ÜBERHAUPT NICHT beabsichtigt.
„Was soll ich dazu noch sagen? Ich habe dir berichtet was los war.“ meine ich mit meiner Unschuldsmiene.
Fin zieht skeptisch eine Augenbraue hoch. „So?“
„Ja!“ sage ich und halte seinem Blick Stand.
Fin schüttelt leicht den Kopf.
Ach, warum müssen manche Menschen auch nur solche Sturköpfe sein.
„Na gut. Ich habe merkwürdige Geräusche gehört und dachte eigentlich zuerst, dass sie aus dem Bad kamen. Ich denke du verstehst was ich mit ‚merkwürdige Geräusche’ meine, oder?“ gekonnt zwinkere ich ihm zu und versuche es somit erneut.
„Ja, ich denke, ich weiß was du meinst. Und ich denke auch, dass solche Geräusche eher aus dem Zimmer dort drüben kommen.“ er zeigte auf Marks Schlafzimmer, wo diese Nacht natürlich auch Rory übernachtet hat.
„Ja, da hast du wohl vollkommen recht, Fin. Aber jeder darf sich mal täuschen, nicht?“ ich zucke mit den Schultern.
„Ja, schon.“ meint dieser nun endlich überzeugt.
Ich machte innerlich drei Kreuze, er hat angebissen.
„Und warum sind sie eigentlich hier, Mister?“ nun bin ich an der Reihe Fragen zu stellen.
„Ach, ich habe nur meine Jacke hier vergessen.“ demonstrativ hält er mir das besagte Stück entgegen. Allerdings sagt sein Gesichtsausdruck etwas anderes aus. Und das gefällt mir nicht – ganz und gar nicht.
„Irgendwie glaube ich dir das jetzt nicht so ganz.“ ich verschränke die Arme vor der Brust um glaubwürdiger auszusehen.
„Na gut. Das mit der Jacke stimmt zwar, aber ich muss zusätzlich noch mit Declan reden. Und wenn mich nicht alles täuscht ist er unter der Dusche.“ gesteht er.
„Ja, sieht wohl ganz so aus. Mark und Rory können es schlecht sein, die sind ja anderweitig beschäftigt. Und sonst befindet sich niemand mehr im Haus, oder?“ ich sehe ihn weiter an und nickt gekonnt.
„Hmm, da hast du recht.“ stimmt er mir zu.
„Na gut. Dann lass ich dich jetzt hier mal alleine auf Dr. O’Brian warten. Ich suche mir was zu Essen, ich verhungere gleich. Irgendwo in diesem riesigem Haus muss es ja was zu Essen geben und das werde ich jetzt ausgraben. Ich wünsche dir noch einen schönen Tag, Fin. Grüß die anderen lieb von mir wenn du sie siehst und bleib anständig. Bis bald.“ lächelnd drehe ich mich und setze mich in Bewegung.
„Neela!“ ich drehe mich nochmals um und sehe Fin gespannt an.
„Was empfindest du für Declan?“ fragt er unvermittelt und augenblicklich erlischt das Lächeln auf meinem Gesicht.
Bin ich so durchschaubar?
„Ich... ich versteh dich nicht. Was meinst du damit Fin?“ meine ich fahrig.
„Ich glaube, du weißt ganz genau was ich meine. Gott Neela, ich bin doch nicht blind. Ich sehe wie du Declan ansiehst, wie du mit ihm redest oder wie du dich in seiner Nähe verhältst und ich sehe auch wie Declan das alles tut. Neela, ich verstehe, dass du ihn interessant findest. Er ist wahnsinnig freundlich, humorvoll und soweit ich das als männliches Wesen beurteilen kann, sieht er ziemlich gut aus. Aber du darfst nicht vergessen, dass er verlobt ist und heiraten wird, ebenso wie du. Neela, ich kenne Declan jetzt lange genug um zu wissen was er über dich denkt. Er findet dich wahrscheinlich nicht weniger attraktiv als du ihn. Aber er würde es trotzdem niemals zulassen dass sich irgendetwas oder irgendjemand zwischen ihn und Emma stellt. Sie ist meine Cousine und die beiden kennen sich schon so lange. Neela, sieh ihn bitte nur als guten Freund und erhoffe dir nicht mehr. Du brichst dir am Schluss nur selbst dein Herz – und Declans. Ich weiß wie das ist. Ich...“ er sieht mich ernst an.
„Sei still, Fin. Du weißt doch gar nichts.“ ich halte mir die Ohren zu und die ersten Tränen laufen über meine Wangen. „Du hast von nichts eine Ahnung. Du hast keinen blassen Schimmer. Mein Leben in Florida hört sich für dich perfekt an? Weil ich einen Mann heiraten werde der mehrere Milliarden schwer ist? Das macht nicht glücklich und erst durch Declan weiß mein Herz wie sich Liebe überhaupt anfühlt, ich bin mit 28 das erste Mal mit einer solchen Situation konfrontiert. Du weißt nicht wie mein Leben aussieht. Du weiß gar nichts!“
„Das muss ich nicht wissen, Neela. Ich muss nur wissen was im Hier und Jetzt geschieht und das gefällt mir nicht. Ich kann nicht zusehen wie du Declan verletzt.“ er sieht mich immer noch an und ich lasse meine Hände sinken.
„Wie ich Declan verletze? Was ist bitteschön mit mir?! Ich muss mit ansehen wie Emma Declan in ihren Armen hält. Wie sie ihn berührt und ihm Nahe ist. Und nicht...“ ich stoppe. Die Badezimmertür ist aufgegangen und Declan steht, nur mit einem Handtuch bekleidet, vor mir.
Gott, was habe ich nur in meinem letzten Leben verbrochen um immer wieder in solche Situationen zu geraten?
„Was ist denn mit euch Beiden los? Ihr seht ja aus als ob jemand gestorben wäre.“ Declan lächelt uns Beide an. Jedoch nur solange bis er mein verweintes Gesicht sieht.
„Um Himmelswillen, was ist denn passiert?“ fragt er geschockt und wieder laufe ich davon...
Was ist aus der selbstsicheren Neela geworden?
Die die keinen Kampf gescheut hat, egal wie schwer er war?
Diese Neela hat aufgegeben, denn hier kann ich nur verlieren… und eines habe ich schon verloren.
Mein Herz.
„Neela! Bleib doch stehen!“ ich ignoriere Declans Rufe und laufe einfach weiter.
Schließlich finde ich im hauseigenen Fitnessraum ein neues Versteck. Ich laufe geradewegs auf einen Boxsack zu der von der Decke hängt und schlage so doll zu wie ich kann.
„Au, verdammt!“ ich reibe mir meine Fingerknöchel. Jetzt weiß ich wofür Boxhandschuhe da sind.
„Es geht doch wirklich alles schief. Ich hätte niemals hierher kommen dürfen.“ fluchte ich.
Meine Hand läuft langsam blau an. „Na toll!“ stöhne ich.
Bin ich, seitdem ich hier bin, süchtig nach Verstümmelungen?
„Hier, nimm den Eisbeutel, das hilft damit es nicht noch farbenfroher wird.“ ruckartig drehe ich mich um. Declan ist gerade dabei aus dem kleinen Kühlschrank im Raum einen Kühlbeutel zu holen.
„Wie lange bist du schon hier?“ ich bin froh, dass er sich wenigsten Shorts und ein T-Shirt übergezogen hat, denn sonst hätte ich für nichts garantieren können.
„Ich habe noch gut gesehen wie du den Boxsack hinter dir bearbeitet hast.“ er deutet auf den Boxsack und kommt schwer atmend auf mich zu, er muss ebenfalls gerannt sein. Aber wann hat er sich dann was angezogen?
„Du bist ja ziemlich flott im anziehen.“ meine ich verwirrt.
„Oh! Ja.“ er lacht. „Das habe ich in meiner Zeit als Assistenzarzt im Krankenhaus gelernt. Da muss so etwas schnell gehen, wenn dein Pieper los geht hast du nicht viel Zeit.“ er reicht mir den Eisbeutel und setze sich auf einen Stuhl.
„Danke.“ nuschele ich und dann... Stille. Wir sehen zu Boden und wissen nicht worüber wir reden sollen.
Eine wirklich blöde Situation…
„Was war denn vorhin bei dir und Fin los?
Ich schlucke schwer und in diesem Moment geht die Tür auf und Rory und Mark sehen uns verwirrt an.
Rettung in letzter Sekunde!
Selten war ich Rory so dankbar wie gerade jetzt…
„Neela du machst mehr Sport als joggen?“ Rory lachte.
„Nein, tue ich nicht. Ich...“ setze ich an und werde von Mark unterbrochen.
„Gut, dann könnt ihr zwei ja ins Esszimmer kommen. Der Tisch ist reich gedeckt und ich verhungere wenn ich nicht bald was zwischen die Zähne bekomme.“ er lacht und die beiden gehen voraus.
„Oh ja. Das ist wirklich eine gute Idee.“ Declan sieht ihm anerkennend hinterher.
„Ich weiß, Dec.“ lacht Mark.
„Kommst du Neela?“ Mark dreht sich um und sieht mich fragend an.
„Ja, gerne.“ meine ich fahrig.
Gerne?
Am liebsten würde ich auf der Stelle sterben.
Doch jetzt muss ich zum Frühstücken – wieder mit Declan.
Mark hat nicht zu viel versprochen, der ganze Esszimmertisch ist voll mit leckerem Essen und mir läuft das Wasser im Mund zusammen. Fin sitzt am Tisch und sieht mich äußerst skeptisch an.
„Setzt euch doch und haut rein. Ich denke, es ist für jeden genug hier.“ Liam lacht erneut.
Diesen Satz hätte er sich sparen können. Rory, Declan, Fin und auch ich haben unsere Teller bereits bis zum Erbrechen aufgeladen. Eine Stunde wird gegessen was das Zeug hält und am Ende ist alles weg geputzt. Nichts von den Toasts, Eiern, Schinken, Würstchen, Säften ist mehr übrig.
„Mann, ich glaube, ich platze gleich.“ ich reibe mir meinen Bauch.
„Die Sauerei machst du aber selbst weg.“ Mark lachte.
„Danke für die Warnung, Mark.“ grinse ich und alle anderen lachen. Und selbst ich kann das erste Mal lachen. Ich befürchtete, dass Fin wieder dumme Fragen stellen wird, doch auch er hat wohl bemerkt, dass hier der falsche Moment dafür ist. Vor allem bei Declans Anwesenheit. Das erste Mal, dass es einen Vorteil gibt, dass Declan da ist…
Dann wollen wir zurück zum Cottage-
„Neela, denk bitte daran was ich dir gesagt habe.“ Fin sieht mich bittend an.
„Keine Sorge, Fin. Ich verspreche dir die Finger von ihm zu lassen und ein ganz anständiges Mädchen zu sein.“ ich sehe ihn erst an und hebe meine Hand zum Schwur.
„Danke.“ er lächelt und wir winken ihm, Mark und Declan zu ehe wir vom Hof fahren.
Schweigend fahren Rory und ich die Strecke zurück und werden schon von Erin empfangen.
„Na Girls, wie war die Party?“ sie strahlt uns an und während Rory ihr strahlen erwidern kann zucke ich nur mit den Schultern.
Sie legt ihren Arm um meine Schultern.
„Er ist kein Arschloch, stimmt´s?“ sie sieht mich betreten an.
„Nein, ganz und gar nicht.“ Gebe ich zu.
„Ach Neela.“ Sie seufzt.
Im Zimmer nimmt mich Rory in den Arm.
„Tut mir wirklich leid Neela, ich habe dich in eine unmögliche Situation gebracht.“ Sie sieht mich traurig an.
„Schon gut Süße.“ Ich streiche ihr über die Wange. „Die Hauptsache du hattest deinen Spaß mit Markie.“ Grinse ich.
„Und wie wir den hatten.“ Sie lässt sich lachend auf mich fallen.
„Pass aber bitte auf…“ ich sehe sie nun wieder ernst an.
„Mach ich Kleine.“ Verspricht sie mir.
„Es reicht wenn eine von uns unglücklich verliebt ist.“ Füge ich seufzend hinzu.
„Neela, es tut mir so wahnsinnig leid.“ Sagt Rory bedauernd.
Sie nimmt mich in den Arm und ich atme schwer.
„Wer weiß vielleicht geht alles wieder seinen gewohnten Gang wenn wir wieder in Florida sind.“ Ich weiß selber dass ich nicht sehr zuversichtlich klinge, aber einen Versuch ist es wert.
Am Montag fahren wir bis nach Ballina und machen uns einen richtig schönen Tag, mit shoppen, Wellness und einem richtig leckerem Essen.
Es kommt mir komisch vor, als ich am Dienstagabend nach einem Tag am Meer in meinem Bett liege, in 3 Tagen soll ich wieder in Florida sein?
Mein Herz verkrampft sich und ich drehe mich den Tränen nahe auf die Seite und sehe zwischen den Vorhängen durch zum Meer.
Warum er?
Warum hier?
Warum ausgerechnet jetzt?
Fragen, Fragen, Fragen und beantworten wird sie mir doch niemals jemand.
Als Mark am Mittwoch unten im Speisezimmer steht als wir runter kommen wundert es mich wirklich überhaupt nicht. Rory und er telefonieren wenigstens 3 Mal am Tag und sehen sich in jeder von Marks freien Minuten. Muss ich mehr dazu sagen?
„Hey ihr beiden Hübschen.“ Er begrüßt mich mit einem Kuss auf die Wange und Rory mit einer Umarmung und einem nicht wirklich jugendfreien Kuss auf den Mund.
„Man ich bin gleich blind.“ Ich schubste Mark an und er lacht auf.
„Darf ich dir deine super tolle Freundin heute entführen?“ er sieht mich bittend an.
„Nimm sie.“ Sage ich gönnerhaft.
„Was soll das denn?“ Rory sieht mich empört an.
„Er hat mich gefragt und ich habe dich großzügig überlassen.“ Ich setze mich an den Frühstückstisch.
„Das klang als wolltest du mich los werden.“ Erwidert sie entrüstet.
„Und warum bitte sollte ich das tun?“ ich ziehe eine Augenbraue hoch.
„Keine Ahnung. Mark sag doch auch mal was?“ sie sieht hilfesuchend zu Mark.
„Das klärt ihr selber. Ich bin die Schweiz!“ er lächelt und setzt sich zu uns.
Schnaubend lässt Rory sich fallen, aber als sich unsere Blicke treffen fangen wir beide laut an zu lachen.
„Hey da seid ihr ja.“ Erin kommt mit einem Brötchenkorb um die Ecke.
„Guten Morgen.“ Kommt es von uns dreien.
„Willst du mit frühstücken?“ sie sieht fragend zu Mark.
„Klar gerne.“ Er reibt sich den Bauch.
„Warum sind Junggesellen nicht in der Lage sich ein ordentliches Frühstück zu machen?“ sie sieht ihn kopfschüttelnd an.
„Weil sie noch kein Glück haben eine so atemberaubende Frau zu haben.“ Ronan gibt seiner Frau einen Kuss „Guten Morgen allerseits.“ Er setzt sich ebenfalls zu uns.
Lachend holt Erin den Rest aus der Küche und wir frühstücken alle gemeinsam, draußen höre ich wie der Wind pfeift.
„Das ist ein Sturm da draußen und das Mitte Mai.“ Ronan schüttelt den Kopf.
„Was macht ihr denn heute noch?“ Erin sieht in die Runde.
„Also ich fahre mit Rory nach Ballycory Castle.“ Sagt Mark stolz.
„Oh, das ist so wunderschön da.“ Erin strahlt die beiden an „Und was machst du?“ nun schaut sie ein wenig besorgt.
„Ich werde, wenn die beiden endlich weg sind ein wenig spazieren gehen und mir den Wind um die Nase wehen lassen. Ich dachte ich laufe bis Rosses Lower und genieße ein wenig die Natur.“ Ich seufze leicht „Übermorgen geht es ja schon wieder nach Hause.“
„Sei bei dem Wind bloß vorsichtig.“ Ronan sieht mich prüfend an.
„Ich werde meine Stiefel richtig zuziehen und meine Regenjacke anziehen. Glaub mir das mit dem Regen hier nicht zu spaßen ist habe ich mit bekommen.“ Ich zwinkere ihm zu.
„Braves Mädchen.“ Er lacht auf.
Mark und Rory brechen um 11 Uhr auf und ich helfe Erin beim abräumen während sich Ronan um ein paar Reparaturen am Haus kümmert.
„So, ich mache mich auf den Weg.“ Ich winke Erin zu. Ich habe mich wirklich wind und wasserdicht eingepackt, denke ich zumindestens.
Anstatt, wie eigentlich geplant, eine Stunde zu brauchen, stapfe ich schon seit zwei Stunden über Feldwege. Dann endlich komme ich an, das Meer liegt tosend vor mir und ich schließe meine Augen. Der Wind zerzaust meine Haare und sie lösen sich aus meinem Haargummi, aber es ist mir egal… So frei habe ich mich noch nie in meinem ganzen Leben gefühlt.
Nun lasse ich meinen Blick schweifen, dunkle, fast schwarze Wolken ziehen vom Atlantik her auf und ich weiß gleich wird da richtig was herunter kommen.
„Verdammt.“ Fluche ich leise und mache mich so schnell ich kann auf den Rückweg. Aber zu spät, 20 Minuten später tanzen Blitze durch die Luft und kurz darauf fängt es an wie aus Eimern zu regnen, doch wirklich ich kann kaum die Hand vor Augen sehen. Ich versuche meinen schnellen Schritt bei zu behalten, aber das ich nichts sehe erschwert es mir ungemein. Ich stolpere ein paar Mal und schließlich lande ich im Matsch.
Super!
Danke Gott!
Genau das habe ich gebraucht…
Ich rappele mich auf und versuche mein Gesicht zu schützen.
„Neela?“ höre ich eine Stimme ein wenig von mir entfernt.
„Hier!“ ich versuche gegen das Getöse vom Sturm anzukommen.
Augenblicke später taucht eine Gestallt aus den Regenmassen auf und als diese vor mir zum stehen kommt sehe ich in Declans Augen.
„Gott, was machst du nur?“ er zieht mich in seine Arme und bugsiert mich zu seinem Jeep der ein wenig weiter weg geparkt ist.
Er schubst mich quasi auf den Beifahrersitz und steigt ein.
„Verdammt noch mal was denkst du dir eigentlich?“ fährt er mich an und mir treten Tränen in die Augen.
Er sieht schnell weg und startet den Motor. Fest in dem Glauben das er mich zurück zu Erin bringt starre ich auf meine Hände die vor Kälte zittern.
Wir halten vor einem kleinen Haus.
„Los komm.“ Er hat die Beifahrertür geöffnet und zieht mich heraus. Er schließt die Tür auf und schubst mich hinein.
„Wo sind wir?“ ich versuche das Klappern meiner Zähne zu unterdrücken.
„Wir sind in Clearwater. Hier haben Erin und Ronan dieses Ferienhaus. Sie haben mir den Schlüssel gegeben weil die Straße unten überflutet ist.“ Er zieht sich seine Regenjacke aus. Ich starre vor mich hin.
Ich soll hier mit ihm bleiben?
Oh nein…
Aus einem Reflex heraus gehe ich zur Tür, im letzten Moment hält er mich fest.
„Mach jetzt keine Dummheiten Neela, da draußen tobt ein Sturm und Herrgott…“ er fasst nach meinen Händen „Du bist durch gefroren.“ Er reibt an meinen Armen. „Raus aus den nassen Sachen.“ Weist er mich an.
„Ich kann nicht.“ Stottere ich hilflos.
Er zieht mir nun meine Jacke aus und dann zieht er meinen Pullover über meinen Kopf. Ich sehe ihm die ganze Zeit in die Augen, sie sehen mich so sehnsuchtsvoll an.
„Geh duschen.“ Er schluckt schwer und bugsiert mich in ein kleines Badezimmer.
Ich befreie mich zitternd von meinen restlichen Sachen und stelle mich unter die heiße Dusche. Das Wasser schmerzt auf meiner Haut. Also wenn das hier der Sommer sein soll, dann will ich nicht im Winter hier sein…
Nach einer halben stunde spüre ich meine Hände und Füße wieder und trete aus der Dusche. Ich wickele mich in ein Handtuch und trete vor den Spiegel. Mit einer schnellen Handbewegung wische ich den Dunst weg. Meine grünen Augen sehen mich verwirrt an…
Was tue ich hier?
Wohin ist die Neela Finnegan verschwunden die immer auf alles eine Antwort wusste?
Es klopft leicht an der Tür.
„Neela? Alles in Ordnung?“ fragt Declan leise.
„Ja.“ Gebe ich verwirrt zurück.
„Hier, was zum anziehen. Tut mir leid was anderes habe ich nicht gefunden.“ Die Tür wird einen Spalt geöffnet und er hält mir ein Hemd und Boxershorts entgegen.
„Danke.“ Sage ich leise und nehme ihm die Sachen ab.
Ich ziehe mich schnell an, denn Declan muss auch dringend unter die heiße Dusche.
Ich gehe vorsichtig zurück ins Wohnzimmer, in dem er schon ein Feuer im Kamin gemacht hat.
„Du kannst.“ Sage ich vorsichtig und er dreht sich um. Er betrachtet mich eine kurze Weile und geht dann an mir vorbei ins Bad.
Ich beschließe uns einen Tee zum aufwärmen zu machen, denn wenn ich so aus dem Fenster sehe, dann kommen wir hier wohl so schnell nicht weg.
„Okay, was haben wir hier denn alles?“ ich öffne den erstbesten Schrank und halte eine Packung schwarzen Tee in den Händen.
„Ich hoffe den mag er auch.“ frage ich mich selber laut.
„Oh, da bin ich mir ganz sicher.“ ich erschrecke, als Declan plötzlich hinter mir steht und seine Hände links und rechts von mir auf die Ablage stützt.
Ich drehte mich nicht um.
Ich weiß, wenn ich ihn jetzt mit seinen nassen Haaren und seinen unglaublichen Augen sehen würde, dann verliere ich den Verstand und tue etwas was ich mir niemals verzeihen könnte.
„Es tut mir leid, was anderes habe ich nicht gefunden.“ während ich mit ihm spreche gieße ich heißes Wasser, dass ich zuvor aufgesetzt habe, in zwei Tassen. Ich versuche krampfhaft etwas zu finden was ich tun kann, nur damit ich mich nicht umdrehen muss. Doch Declan macht es mir nicht unbedingt leichter, als er seine Hände auf meine Hüfte legt.
„Danke, Sweety.“ raunte er und mir läuft es eiskalt den Rücken herunter. Seine Stimme erklingt ganz dicht an meinem Ohr, ich fühle seinen Atem auf meinem Hals und das macht mich wahnsinnig.
Ich kann das nicht!
Ruckartig drehe ich mich um.
Was für eine schlechte Entscheidung, er sieht noch besser aus, als dass ich es erwartet habe.
Ich schließe verzweifelt meine Augen.
„Keine Ursache, Declan.“ sage ich und versuche meiner Stimme einen gleichgültigen Klang zu verleihen. „Ich danke dir dass du mich aus dem Sturm gerettet hast.“
„So?“ fragend sieht er mich an.
„Klar, was denkst du denn?“ ich sehe ihn fragend an.
„Vor einer halben Stunde sah es noch so aus als wolltest du mal wieder weg laufen?“ er grinst verschmitzt.
„Ach, Declan. Du weißt genau wie ich das meine. Ich...“ weiter komme ich nicht.
Declan hat eine Hand unter mein Kinn gelegt und zwingt mich so ihn anzusehen.
Und was dann passiert raubt mir jeglichen Verstand.
Er küsst mich...
Er küsst mich mit einer Leidenschaft die ich noch nie erlebt habe. Vorsichtig erforscht Declans Zunge das neue Gebiet und seine Hand schiebt sich langsam unter mein Hemd.
Gott, nein.
Ich schreie innerlich um Hilfe.
Doch wieso eigentlich?
Seitdem ich ihn das erste Mal gesehen habe träume ich von diesem Moment.
Ich gebe mich völlig seinen Berührungen hin, er hebt mich auf die Küchenanrichte und öffnet langsam mein Hemd. Ich tue es ihm gleich und öffne langsam sein Hemd. Knopf für Knopf und ich genieße es, wie seine Küsse intensiver werden. Ich schiebe ihm das Hemd über die Schultern und lasse es achtlos zu Boden fallen. Während Declan mich am Hals küsst streift er mir mein Hemd vom Körper.
Was hier geschieht ist falsch, dass weiß ich.
Doch ich bin, ebenso wie Declan, nicht mehr in der Lage das ganze zu stoppen.
Dennoch wage ich einen Versuch.
„Declan, wir dürfen das nicht. Wir...“ durch einen weiteren leidenschaftlichen Kuss hält Declan mich vom Reden ab.
Ich bin mir sicher er weiß ziemlich genau was ich gegen unser Vorhaben vorzubringen habe, aber will es einfach nicht hören.
Ich will nicht mehr darüber nachdenken…
Vorsichtig zieht er mir die Boxershorts aus und auch seine landen ein paar Sekunden später auf dem Boden.
„Oh Declan.“ ich vergrabe meinem Kopf an seiner Schulter, als er mich noch näher zu sich heran zieht.
Gleich werde ich ihn lieben können, ihn ganz für mich haben.
´Nur dieses eine Mal. ` denke ich mir…
´Nur dieses eine Mal! `
Er sieht mir tief in die Augen und ich stöhne auf als er endlich in mich eindringt. Er nimmt mich stürmisch aber dennoch gefühlvoll, ich genieße jede Sekunde und schließlich sinkt er erschöpft in meine Arme.
Mein Herz schlägt wie verrückt und ich spüre dass sein Herz ebenso heftig schlägt.
Lächelnd hebt er mich auf seine Arme und trägt mich zur Couch. Atemlos kuscheln wir uns aneinander und ich genieße seine Nähe so sehr.
„Oh Declan, warum muss alles so kompliziert sein?“ ich sehe ihn traurig an.
„Ich weiß es nicht, aber das hier kann uns keiner nehmen.“ Er zieht mich zu sich und küsst mich sanft.
Ich lasse mich auf ihn ein, gebe ihm alles von mir und gehe über meine Grenzen, aber es fühlt sich richtig an.
Richtig und Vollkommen.
Wir lieben uns den ganzen Nachmittag und als es anfängt zu dämmern sehe ich ihn an.
„Wir müssen zurück.“ Sage ich leise.
„Hmm.“ Er nickt und beginnt sich anzuziehen. Obwohl es erst eine halbe Stunde her ist das ich ihn gespürt habe vergehe ich schon wieder fast vor Sehnsucht.
Ich ziehe meine mittlerweile trockenen Sachen an und dann stehen wir in der Tür.
„Danke.“ Sagt er leise und küsst mich. Ich schlinge meine Arme um seinen Hals.
„Was bitte soll das?“ ertönt Fins wütende Stimme und wir beide fahren auseinander.
„Fin.“ Setze ich an.
„Du halt dich da raus, du kleine Ami-Schlampe! Was denkst du dir eigentlich? Man bin ich froh wenn du dich übermorgen in deinen Flieger setzt und nie wieder hier auftauchst.“ Er sieht mich verächtlich an und ich kann es nicht glauben. Er packt mich am Arm „Niemand zerstört das Glück meiner Familie.“ Sagt er drohend.
„Lass sie los.“ Declan packt ihn am Kragen uns zieht ihn von mir weg.
„Declan nein.“ Ich laufe auf die beiden zu.
„Verschwinde von hier!“ Fin sieht mich drohend an und ich laufe los.
Ich habe wirklich nicht die geringste Ahnung wie, aber ich komme eine knappe Stunde später bei Erin an.
„Hey Neela.“ Sie sieht mich an, ein Blick in mein verweintes Gesicht reicht und sie nimmt mich in den Arm. „Alles wird gut.“ Flüstert sie und bringt mich rein.
Als Rory am Abend kommt und ich ihr erzähle was passiert ist, ist sie sofort einverstanden dass wir noch am nächsten Tag zurück fliegen.
Ich rufe Alec an und bitte ihn uns eine Privatmaschine zum Flughafen hier in Strandhill zu schicken.
„Aber was ist denn los?“ fragt er besorgt.
„Ich will nach Hause.“ Schniefe ich.
„Klar, ich schicke dir morgen um 10 Uhr eine Maschine. Wir sehen uns morgen Abend. Ich liebe Dich.“ Sagt er tröstend, aber seine Worte prallen an mir ab.
„Danke.“ Sage ich nur und lege auf.
Da melde ich mich ganze zwei Mal in knapp zwei Wochen und ich kann ihm nicht einmal ich liebe dich auch sagen.
Rory trifft sich am nächsten Morgen kurz mit Mark und ich verabschiede mich von Erin.
„Danke für die schöne Zeit.“ Ich nehme sie in den Arm.
„Ach Kleines.“ Sie sieht mich bedauernd an.
„Manchmal soll es einfach nicht sein.“ Ich versuche zu lächeln.
„Ich werde euch vermissen, kommt mich mal wieder besuchen.“ Sie sieht mich bittend an.
„Ich kann nichts versprechen.“ Sage ich ausweichend.
Dann sitzen Rory und ich im Wagen auf dem Weg zum Flughafen.
Regen prasselt unaufhörlich gegen das Seitenfenster des Wagens, zieht kleine Rinnsale mit dem Wind… Das Wetter passt zu meiner Stimmung, grau und regnerisch.
Wie soll mein Leben in Florida weiter gehen?
Der Flug vergeht schweigend und viel zu schnell, ich will nicht zurück!
Ich will höchstens zurück in Declans Arme.
Ich will seine Hände spüren die mich sanft berühren, seine Lippen auf meinen und ich möchte in seinen Augen versinken.
Das geht nicht mehr!
Das wird nie wieder gehen!
Als wir in Fort Lauderdale landen holt uns Alec ab. Ich kann ihm nicht in die Augen sehen.
Ich weiß nicht ob es ihm wirklich nicht auffällt aber er übergeht es einfach.
Was sagt das über ihn aus?
Und vor allen Dingen über uns?
Wir bringen erst Rory nach und dann fährt er mich in mein Appartement.
„Darling? Möchtest du, dass ich heute Nacht bleibe?“ er sieht mich bittend an.
„Ich bin total erledigt von Flug, bitte sein mir nicht böse.“ Ich sehe ihn entschuldigend an.
„Okay.“ Er haucht mir einen kleinen Kuss auf die Wange und verabschiedet sich.
Ich lasse die Tür ins Schloss fallen und setze mich auf meine Couch.
Ich habe keine Ahnung wie es weiter gehen soll, aber irgendwie habe ich nicht den Mut mich von Alec zu trennen, obwohl das wahrscheinlich das Fairste ihm gegenüber wäre.
Oh Declan… Tränen steigen mir in die Augen und rollen heiß über meine Wangen.
In den nächsten Wochen nehme ich gleich mehrere Aufträge an um mich möglichst viel zu tun zu haben, ich lenke mich ab wo es nur geht und gehe den meisten Menschen aus dem Weg.
Heute ist mein 29. Geburtstag und so sehr ich es mir auch wünsche, ich werde einer Party nicht aus dem Weg gehen können.
Ich habe mir ein dunkelblaues einfaches Cocktailkleid angezogen und meine Haare locker hoch gesteckt. Ich fahre zu Rory um sie ab zu holen.
Uns beiden geht es in den letzten Wochen nicht wirklich gut, aber wir schieben einen Arzttermin immer weiter von uns weg. Morgen Vormittag haben wir endlich einen, nachdem uns unsere Familien seit mehreren Wochen in den Ohren liegen…
Sie sieht blass aus als sie mir die Tür öffnet.
„Hey Sonnenschein!“ ich nehme sie fest in den Arm.
„Hey Kleine.“ Sie lächelt mich an und ihre braunen Augen funkeln.
Sie hat sich auch zu Recht gemacht und als wir am Yachtclub ankommen schmettern alle ein riesiges Geburtstagsständchen für mich.
Ich amüsiere mich wirklich, aber ich bin nicht erstaunt als meine Mum mich zur Seite zieht.
„Wir sehen dich gar nicht mehr.“ Sie sieht mich besorgt an.
„Ich weiß Mum, ich habe so wahnsinnig viel um die Ohren.“ Ich sehe sie entschuldigend an.
Das entspricht nicht der Wahrheit, Okay zum Teil doch. Aber ich kann ihr nicht unter die Augen treten… Ich bin nicht die, für die sich mich hält.
Denn die Neela die sie kennt ist vor 11 Wochen in Irland geblieben, ich werde nie wieder diese Neela sein können.
Ich kann so sehr kämpfen wie ich will… es gibt sie nicht mehr!
„Oh mein Schatz, du siehst müde und abgespannt aus. Was hältst du davon wenn du nächste Woche einen Abend zu uns zum Essen kommst?“ sie streicht mir eine Strähne hinter das Ohr und ich nicke leicht.
„Ich rufe dich an wenn ich weiß wie ich arbeiten muss.“ Ich nehme mir ein Glas Champagner von einem Tablett.
Dann ruft mich Alec zu sich auf die Bühne und ich bekomme Geschenke und Lobeshymnen. Ich lasse mich sogar dazu überreden einen Tanz mit ihm zu tanzen auch wenn ich mich unwohl fühle.
Den ganzen Abend über habe ich Rory und sie mich im Blick. Sie ist mein Fels in der Brandung, mein Halt…
Ich fahre mit Rory mit zu ihr nach Bermuda Riveria, denn am nächsten Tag haben wir beide unseren Termin im Krankenhaus. Wir sehen ja selber ein dass es so nicht weiter gehen kann.
Die ganze Zeit hoffe und bete ich dass sich meine schlimmsten Befürchtungen nicht bewahrheiten…
Bitte, bitte nicht!
Alec und ich waren in den letzten fast 3 Monaten nicht einmal intim mit einander und es scheint ihn nicht einmal sonderlich zu berühren… Komisch, oder?
Als der Wecker am nächsten Morgen ohne Erbarmen klingelt schlüpfen Rory und ich, nach einem kurzen Frühstück, in unsere Jeans und einfache T-Shirts und fahren zum University Pavillon Hospital nach Tamarac, das war das einzige Krankenhaus in der Umgebung was noch Termine für uns hatte.
Nach 30 Minuten parken wir und werden schon eine halbe Stunde jede in ein Sprechzimmer gerufen.
„Miss Neela Finnegan! Schönen guten Tag mein Name ist Dr. George Lancaster, ich bin ihr behandelnder Arzt. Was haben sie für Beschwerden?“ ein junger Arzt bittet mich Platz zu nehmen.
„Ich bin sehr müde in letzter Zeit und kann schlecht schlafen.“ Teile ich ihm mit und dann folgen eine ganze Reihe Untersuchungen inklusive einer Blutabnahme und eines Urintests.
„So Neela, setzt dich doch bitte noch einen Moment Platz, ich hole dich wenn deine Ergebnisse da sind.“ Er nickt mir zu, ich ziehe mein T-Shirt runter und gehe zurück ins Wartezimmer.
Rory kommt ein paar Minuten nach mir.
„Na auch warten?“ ich grinse sie an.
„Ja, ich muss gleich zur Bauch und Darmspiegelung.“ Sie verzieht das Gesicht.
„Jetzt?“ ich sehe sie ungläubig an. „Macht da nicht Monate im Voraus einen Termin?“
„Eigentlich wohl schon aber er hat mich dazwischen geschoben, was ein Glück das ich heute nur einen Orangensaft gefrühstückt habe.“ Sie lächelt gequält. „Und du?“
„Ich muss auf meine Ergebnisse warten.“ Ich zucke mit den Schultern.
„Denkst du wirklich du hast dir ein Andenken an Declan mitgebracht?“ flüstert sie.
„Ich hoffe nicht.“ Gebe ich zu.
„Und du von Mark?“ ich grinse leicht.
„Ich denke kaum dass sie dann in mein Hinterteil schauen würden.“ Sie verdreht die Augen und ich lache leise.
„Miss Stevens?“ ruft eine junge Ärztin Rory und ich nehme sie in den Arm.
„Ich werde warten.“ Verspreche ich ihr und sehe zu der Ärztin „Seien sie ja gut zu ihr.“ Ich lächle sie an.
„Ich bin immer gut.“ Sie lächelt ebenfalls.
„Wie lange dauert es?“ frage ich noch ehe sie mit Rory im Aufzug verschwindet.
„Ich denke in einer Stunde bringe ich sie ihnen wieder.“ Sie nickt mir zu und ich setze mich. Ich nehme mir ein paar Klatschzeitschriften zur Hand und blättere eher Lustlos darin herum.
„Miss Finnegan.“ Der junge Arzt sieht zu mir und ich stehe auf. Ich atme tief durch als ich sein Sprechzimmer betrete.
„Nehmen sie bitte Platz.“ Er deutet wieder auf den Stuhl und ich setze mich.
Eine Weile starrt er auf die Unterlagen.
„Neela, sie sind schwanger.“ Sagt er und ich merke wie mir der letzte Rest Farbe aus dem Gesicht weicht.
Oh nein!
Bitte, bitte nicht!
„Geht es?“ fragt Dr. Lancaster und ich nicke stumm.
„Sie sind in der 12. Woche, haben sie denn gar nichts bemerkt?“ er sieht mich erstaunt an.
„Ich hatte sehr viel Stress und habe es darauf geschoben.“ Erkläre ich ihm und er nickt verständnisvoll.
„Ich werde jetzt ein Ultraschall machen…“ er deutet auf eine Liege und ich lege mich hin.
Er schiebt mein T-Shirt hoch und verteilt ein kühles Gel darauf, dann fährt er mit dem Schallkopf über meinen Bauch und beobachtet angestrengt den Monitor.
„Hier ist es ja.“ Er lächelt und dreht den Monitor zu mir „Schauen sie, hier ist das kleine Herz.“ Erklärt er mir und ich merke wie mir die Tränen übers Gesicht laufen.
Dann druckt er ein Bild aus und reicht mir meinen Vorsorgepass.
„Bitte essen sie ein wenig mehr, ruhen sich aus und lassen es auf Arbeit ruhiger angehen.“ Er nickt mir zu.
„Habe ich noch eine andere Möglichkeit?“ Ich schäme mich so sehr diese Frage zu stellen.
„Tut mir leid Neela, sie sind in der 12. Woche.“ Er schüttelt leicht den Kopf „Möchten sie das Kind nicht?“ fragt er behutsam nach.
„Doch.“ Sage ich und streiche über das Bild.
Wie kann ich einen Teil von Declan nicht wollen?
Aber alles in meinem Kopf schreit dass es Falsch ist, während mein Herz vor Glück fast überläuft…
„Gut, herzlichen Glückwunsch…“ er reicht mir seine Hand „Wir sehen uns in 4 Wochen zur Kontrolle.“
„Danke.“ Sage ich tonlos und setze mich wieder in den Wartebereich.
Drei Stunden später taucht endlich die junge Ärztin wieder auf und ich springe auf.
„Wo ist Rory?“ frage ich verwirrt.
„Neela?“ sie sieht mich fragend an und ich nicke leicht „Kommst du bitte mit?“ sie deutet mir an in den Fahrstuhl zu stiegen und ich folge ihr verdutzt. Irgendetwas stimmt hier nicht…
Wir betreten das Zimmer eines älteren Arztes und ich gehe sofort zu Rory und lege meinen Arm um sie.
„Miss Stevens, wir haben leider fest gestellt das sie Gebärmutterhalskrebs im Stadium 4 haben, er scheint sich sehr schnell auszubreiten und leider müssen wir ihnen sagen das wir nicht mehr viel für sie tun können…“ er sieht Rory an und ich schlage meine Hand vor den Mund.
„Nein.“ Ich merke wie ich anfange zu weinen, ich sehe zu Rory… sie nimmt es tapfer auf und schluckt nur schwer.
Ich muss jetzt stark für sie sein, also schlucke ich meine Tränen runter.
„Eine Strahlentherapie kann ihre Lebenserwartung und Lebensqualität erhöhen. Unbehandelt beträgt die Lebenserwartung in diesem Stadium Schätzungsweise 20 bis 24 Monate, mit einer Chemotherapie zurzeit maximal etwa 36 Monate. Es tut mir leid, ich würde ihnen gerne was anderes sagen, aber der Krebs hat sich schon zu weit ausgebreitet. Er hat schon ihren Darm und ihre Lunge befallen.“ Er sieht kurz zu mir und meine Augen öffnen sich vor Schreck.
„Seit wann hat sie es?“ frage ich nach einer kurzen Pause.
„Miss Stevens hat eine sehr aggressive Form des Krebses, ich denke 3 Monate.“ Erklärt er mir.
Sie war doch in Irland noch so gesund…
„Woher?“ ich sehe ihn immer noch verständnislos an.
„Das kann ich nicht sagen.“ Er schüttelt leicht mit seinem Kopf.
„Ich habe ihnen einen Termin für die Strahlentherapie besorgt, sie können übermorgen um 9 Uhr starten.“ Er sieht zu Rory und diese nickt leicht.
„Bringen sie sie nach Hause?“ die junge Ärztin sieht mich an und ich nicke.
„Komm Süße.“ Ich helfe ihr aufzustehen und wir gehen in den Flur.
„Ich habe wirklich Krebs oder?“ sie sieht mich an und ich nicke schwach.
„Und ich werde sterben.“ Sie schüttelt ihren Kopf. „Ich bin 28, ich will noch nicht sterben.“
„Ich weiß.“ Ich nehme sie in den Arm.
Wir fahren zu ihr und sie setzt sich auf die Couch während ich in der Wohnung auf und ab laufe.
Kurz entschlossen rufe ich Alec an.
„Alec?“ frage ich und merke das zittern in meiner Stimme.
„Was ist los Darling?“ fragt er besorgt.
„ich muss das Essen am nächsten Wochenende absagen.“ Erkläre ich ihm.
„Aber Neela, das ist wichtig.“ Seine Stimme bekommt einen beleidigten Unterton.
„Ich kann nicht, Rory braucht mich jetzt.“ Sage ich und versuche ruhig zu bleiben.
„Rory. Rory. Rory… Wenn sie dir so wichtig ist, dann solltest du mit ihr zusammen sein und nicht mit mir.“ Schimpft er.
„Das ist eine gute Idee.“ Sage ich nach ein paar Sekunden „Alec es tut mir leid, aber wir sollten uns trennen. Rory braucht mich jetzt und ich bekomme ein Kind von einem anderen Mann.“ Damit lege ich auf und schalte mein Telefon aus. Ich atme die kühle Luft ein und sehe zum Pazifik.
Das war vielleicht nicht die netteste Art, aber ehrlich… es war überfällig.
Dann treffe ich eine Entscheidung und gehe zurück ins Wohnzimmer.
„Rory?“ ich hocke mich vor sie hin „Süße?“ frage ich erneut und sie sieht mich an. „Ich werde zu dir ziehen.“
„Neela…“ setzt sie an.
„Nein Rory, keine Widerrede. Ich habe im letzten Jahr richtig gut verdient und kann es mir erlauben eine Pause zu machen. Ich lasse dich nicht alleine, diesen Weg gehen wir zusammen.“ Ich nehme sie in den Arm und sie weint das erste Mal seitdem sie von der Diagnose weiß.
Sie hat jetzt nur noch mich, ihre Eltern sind schon vor Jahren gestorben und Geschwister hat sie keine.
Ich bin alles was sie hat und ich werde nicht von ihrer Seite weichen…
Niemals.
Wir liegen uns lange in den Armen und sie weint sich richtig aus. Am nächsten Tag ist sie wieder die starke Rory und ich frage mich wie sie das kann. Ich würde am liebsten sofort zusammen brechen…
Am nächsten Morgen kündige ich mein Appartement und melde mich von meiner Vermittlungsagentur ab. Dann fahre ich mit Rory in ihr Büro und ihr Chef lässt anweisen das Rorys Lebensversicherung die sie über die Firma hat ausgezahlt wird. Sie soll ihre letzte Zeit genießen können.
Am Mittwoch fahren wir erneut ins University Pavillon Hospital und Rory bekommt ihre erste Runde Strahlentherapie während ich draußen warte.
Ich mag diese Wartezimmer nicht, aber ich weiß ich werde hier noch mehr Zeit verbringen als mir lieb ist…
Die junge Ärztin kommt mir und setzt sich neben mich.
„Weißt du was da drinnen mit ihr passiert?“ sie deutet auf die Glastür hinter der Rory mit ihrem behandelnden Arzt ist und ich schüttele leicht meinen Kopf.
„Pass auf, ich erkläre es dir. Sie bekommt eine sehr hoch dosierte Strahlentherapie. Diese Strahlen heißen ionisierende Strahlen und sollen das Krebsgewebe daran hindern weiter zu wachsen. Es wird ihr in den ersten Stunden schlecht gehen, sie wird Schmerzen haben, ihr wird über sein und sie wird sich erbrechen. Aber das ist normal weil eine so große Fläche sehr ausdauernd und stark bestrahlt wird.“ Sie nimmt meine Hand.
„Ist irgendetwas davon für mich gefährlich?“ frage ich zaghaft.
„Nein.“ Sie lächelt leicht.
„Und für mein Baby?“ ich sehe sie an und ihre Augen weiten sich.
„Nein, weiß sie es?“ ihr Blick ist prüfend.
„Nein, noch nicht…“ ich atme tief durch „Ich habe es zwei Stunden vor ihrer Diagnose erfahren.“ Erkläre ich ihr.
„Es tut mir wirklich leid.“ Sie drückt leicht meine Hand. „Übrigens ich bin Amy. Wenn du was brauchst, dann frage nach mir.“
„Danke.“ Sage ich ehrlich.
„Gern geschehen.“ Sie steht auf und lässt mich wieder allein.
Nach einer guten Stunde kann ich zu Rory, ich streichele ihr über den Rücken und versuche stark zu sein. Aber es fällt mir so schwer, ich sehe dass sie Schmerzen hat und kann nichts dagegen tun.
Am Abend geht es ihr besser und ich kann sie mit nach Hause nehmen.
In den nächsten zwei Tagen fahren wir jeden Tag ins Krankenhaus… immer wieder dieselbe Prozedur.
Es bricht mir das Herz sie so zu sehen. Über das Wochenende hat sie Pause und ich versorge sie so gut ich eben kann.
„Setzt dich mal zu mir Kleine.“ Sie klopft neben sich auf die Couch.
„Na.“ Ich sehe sie an und sie legt ihren Kopf auf meine Schulter.
„Es tut mir leid.“ Sagt sie leise.
„Es gibt nichts was dir leid tun muss.“ Ich küsse ihre Stirn „Gar nichts.“
Eine Weile sitzen wir schweigend da und sehen auf den Pazifik… es ist unglaublich schön, die Sonne glitzert auf den Wellen und die Sonne steht wie ein gelber alles verzehrender Ball am Himmel.
„Was ist eigentlich bei dir raus gekommen?“ sie sieht mich entschuldigend an „Ich habe gar nicht daran gedacht.“
„Ach was Süße.“ Ich winke ab, dann stehe ich auf und gehe an meine Tasche. Ich nehme das Ultraschallbild und reiche es ihr.
„Oh Wow.“ Sie sieht mich mit Tränen in den Augen an.
„Wahnsinn oder?“ ich lächele schwach.
„Freust du dich?“ fragt sie unsicher.
„Im Moment ist es ein wenig schwierig.“ Gebe ich zu.
„Neela, ich möchte nicht das du hier bleibst.“ Sagt sie und ich sehe sie erstaunt an.
„Wie gut dass ich dich dabei nicht frage.“ Erwidere ich.
„Du bekommst ein Baby.“ Ihre großen braunen Augen sehen mich verwirrt an.
„Ja, und meine beste Freundin stirbt.“ Sage ich und merke wie mir einzelne Tränen übers Gesicht laufen.
„Bitte nicht Kleine.“ Sie zieht mich in ihre Arme „Aber ich will zu allen Vorsorgeuntersuchungen mitkommen. Ich will immer wissen wie es dem Kleinen geht.“ Sie lächelt leicht.
„Dem Kleinen? Man kann noch nicht sehen was es wird.“ Ich schüttele leicht meinen Kopf und wische meine Tränen weg.
„Ich sage dir es wird ein Junge, ein wunderschöne Junge mit den blauesten Augen die die Welt je gesehen hat.“ Sie nimmt mich wieder in den Arm. „Was ist eigentlich mit Alec?“
„Wir haben uns getrennt.“ Sage ich und winke ab, das heißt so viel wie keine Fragen.
„Ich bin stolz auf dich.“ Sie küsst meine Stirn.
Als es klingelt gehe ich an die Tür und stehe plötzlich meiner Mum gegenüber.
Sie kommt rein und setzt sich zu Rory auf die Couch. Verständnislos sehe ich zwischen den beiden hin und her.
„Ich habe sie angerufen, Neela es ehrt dich das du das alles mit mir durchmachen willst, aber alleine schaffst du das nicht. Erst recht nicht in deinem Zustand.“ Sie sieht mich an und nimmt meine Hand.
„In deinem Zustand?“ meine Mum sieht mich mit großen Augen an.
„Ich bin schwanger Mum.“ Sage ich und sie springt auf und mich zu umarmen.
„Ich freue mich so für dich und Alec.“ Sie gibt mir einen Kuss und setzt sich dann wieder.
„Es gibt kein Alec und mich mehr…“ ich setze mich auf den Sessel den beiden gegenüber. „Das Baby ist nicht von ihm.“ Erkläre ich ihr und sie sieht mich überrascht an. „Mum, ich habe in Irland jemanden kennen gelernt und habe Alec betrogen, deswegen habe ich mich so in die Arbeit gestürzt.“ Ich sehe zu Boden.
„Oh meine Süße!“ sie kommt zu mir und ich lehne meinen Kopf an ihren Bauch „Jetzt hast du die Fronten geklärt, das ist gut so.“ sie streicht mir über den Kopf. „Außerdem kann ich nachempfinden wie du dich gefühlt hast. Als ich deinen Dad kennen lernte war ich auch in einer Beziehung.“
Ich sehe überrascht auf.
„Wie die Mutter so die Tochter.“ Rory lacht leise und ich sehe sie strafend an.
Darf man das?
Darf man seine Freundin böse ansehen, auch wenn man weiß dass sie stirbt?
„Weißt du Schätzchen, das Leben geht die seltsamsten Wege aber entscheidend ist das du dich für den Richtigen entscheidest.“ Sie gibt mir einen Kuss und setzt sich zu Rory.
„Wir haben überlegt dass deine Mum auch zu mir zieht, wir bilden eine bunte WG und ich kann meine letzten Monate mit euch genießen.“ Rory sieht mich an.
„Bunte WG?“ lache ich „Du weißt schon was du dir damit aufhalst zwei Finnegan Frauen in deiner Wohnung zu beherbergen, oder? Und was sagt Dad“? ich sehe wieder zu meiner Mum.
„Er versteht mich und außerdem fahre ich doch nur 20 Minuten und bin zu Hause, über Nacht werde ich bei ihm sein und das ist das was zählt.“ Sie sieht mich grinsend an.
„Mum nein!“ ich schüttele meinen Kopf um die Bilder los zu werden.
„Aber Neela…“ setzt sie an.
„Noch ein Wort Mum und ich schwöre dir ich rede nie wieder ein Wort mit dir.“ Sage ich ernst und Rory lacht.
„Ich weiß ziemlich genau worauf ich mich mit euch eingelassen habe.“ Grinst sie.
Meine Mum und ich nehmen sie in die Mitte und wir sitzen noch lange so da, betrachten den Sonnenuntergang und reden über alles Mögliche.
Die nächsten 4 Wochen bekommt Rory fast täglich Bestrahlungen und diese nehmen sie sehr mit, sie wird immer dünner und blasser und ich mache mir wirklich Sorgen. An dem Tag an dem sie mich vor ihrer Bestrahlung zu meiner Vorsorgeuntersuchung begleitet ist sie ganz gut drauf und ich freue mich.
„Hallo Neela. Hallo Loreley.“ Begrüßt uns Dr. Lancaster, in den letzten Wochen sind wir uns oft in der Cafeteria über den Weg gelaufen und er weiß um Rory.
„Rory.“ Lächelt diese nun und auch George grinst.
„So Neela, dann leg dich mal hin.“ Er deutet auf die Liege und dann erklärt er Rory in allen Einzelheiten was er macht. Rory strahlt und es freut mich so sie so zu sehen…
„Hier ist das kleine Herz und ja…“ er sieht mich an „Willst du wissen was es wird?“
„Ja.“ Sage ich und sehe zu Rory die gebannt auf den Monitor starrt, dann erklärt ihr George kurz was und sie beginnt über ihr ganzes Gesicht zu strahlen.
„Ich habe es gewusst. Neela, ein kleiner Junge.“ Sie hüpft auf und ab und ich und George betrachten sie lächelnd.
Nachdem George fest gestellt hat dass ich für die 16. Woche absolut im Rahmen bin und dass es meinem kleinen Mann richtig gut geht fahren wir drei Etagen höher auf die Krebsstation.
„Amy? Kann ich mit dir sprechen?“ Rory geht zu Dr. Amy Green, Amy betreut sie jetzt seit drei Wochen und wir verstehen uns, wohl auch bedingt dadurch das wir im selben Alter sind, sehr gut.
„Na, eine neue Runde?“ sie sieht zu Rory und diese schüttelt den Kopf.
„Nein, ich möchte das nicht mehr.“ Gesteht sie „Ich will meine letzten Monate genießen. Ich möchte dabei sein wenn der Kleine geboren wird…“ sie streicht über meinen noch flachen Bauch „… Ich will voll da sein und nicht platt gemacht von der Strahlentherapie. Ich möchte nicht mehr.“ Sie sieht uns beide an.
„Ich verstehe dich.“ Sagt Amy ehrlich und ich nehme Rory in den Arm.
„Ich muss dich darauf hinweisen das deine Lebenserwartung damit wirklich rapide fällt.“ Amy sieht sie an und Rory nickt.
„Das weiß ich.“ Sie nickt sicher.
„Gut, ich möchte dich alle zwei Wochen sehen um zu wissen dass es dir den Umständen entsprechend geht. Ich gebe dir Schmerztabletten mit, die sind sehr stark, aber du wirst sie brauchen.“ Sie geht ins Arztzimmer und drückt Rory eine Packung Tabletten in die Hand.
„Danke.“ Rory nimmt sie in die Arme „Danke Amy.“ Wiederholt sie.
„Rapide sinken? Was heißt das?“ wir sitzen auf Rorys Terrasse und sehen aufs Meer. Meine Mum sieht Rory prüfend an.
„Amy meint höchstens 1 Jahr, wenn ich gut bin vielleicht etwas länger.“ Sie sieht aufs Meer und ihre blonden Haare glänzen fast golden in der Sonne.
„Also nächstes Jahr.“ Sagt meine Mum leise und ich und Rory nicken. Das klingt noch so weit weg, aber wir wissen wie nah es wirklich ist…
Sie hat diese Entscheidung allein getroffen und ich verstehe sie auf der einen Seite, aber in meinen schwachen Momenten hasse ich sie dafür. Ich habe das Gefühl sie gibt sich auf…
„Und dein Geburtstermin?“ meine Mum sieht nun mich an und ich lege meine Hand auf meinen Bauch.
„14. Februar, George hat es heute ein wenig korrigiert da ich ihm den genauen Zeugungstag nennen konnte.“ Ich grinse schief.
„23. Mai.“ Lacht Rory leise.
„Ach sei still.“ Ich werfe ein Kissen nach ihr und sie fängt es lächelnd.
Jeden Tag spüre ich nun wie mein Baby wächst, wie es anfängt zu strampeln und ich es fühlen kann. Diese kleinen Moment zeigen mir das es sich lohnt… Alles lohnt sich, auch wenn ich manche Tage kurz davor bin meinen Kopf in den Sand zu stecken.
In den Monaten bis Weihnachten unternehmen wir so wahnsinnig viel, wir wollen ausnutzen das Rory noch so fit ist und ihr alles ermöglichen. Meine Mum fliegt mit Rory in einem Segelflugzeug und die beiden gehen tauchen. Wir verbringen eine ganze Nacht auf einem Jahrmarkt und essen alles was uns vor die Nase kommt. Wir besuchen einen Kochkurs alle zusammen, wir lernen in der Bar um die Ecke das Cocktail mixen und ja Rory und ich beschließen sogar reiten zu lernen. Mein Bauch behindert mich zwar ein wenig, aber ich komme wirklich besser zu Recht als ich es erwartet habe.
Am Weihnachtsabend holt mein Dad mich und Rory mit seinem Auto ab, Rory kann keine langen Strecken mehr gehen und liegt viel. Es tut mir so weh zu sehen wie es ihr immer schlechter geht, aber dank Amy die alle paar Tage vorbei kommt hat sie wenigstens keine Schmerzen.
Als wir das Haus meiner Eltern betreten strahlen ihre Augen, meine Mum hat alles so wunderbar dekoriert und wir fühlen uns wie kleine Kinder. Alles erstrahlt in bunten Farben und der riesengroße Tannenbaum ist so wundervoll.
Meine Mum hat mir und Rory einen Schal gestrickt, seitdem sie tagsüber immer bei uns ist hat sie angefangen zu stricken. Die Schals sind ein wenig schief und haben kleine Löcher, aber Rory bindet ihren pinken und ich meinen grünen sofort um.
Rory schenkt mir eine wunderschöne Kette und ich ihr ein Armband, ich habe es extra in Irland bestellt.
Wie oft habe ich sie gebeten das ich Mark anrufen darf, sie erzählt jeden Tag von ihm aber sie will nicht das er weiß das sie krank ist… Ich habe das zu akzeptieren, denn schließlich schlägt man seiner todkranken keinen Wunsch ab.
Das ist ihr liebstes Druckmittel und was soll ich sagen, es wirkt…
In den nächsten Tagen kommen alle unsere Verwandten und es wird mir so sehr bewusst dass es mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit ihr letztes Weihnachtsfest wird. Wenn wir richtiges Glück haben dann haben wir noch eines vor uns…
Ich gehe raus auf die Terrasse und weine leise, ich will nicht dass sie mich so sieht. Ich bin stark für sie, das bin ich ihr schuldig.
Mein Dad folgt mir und nimmt mich in den Arm.
„Ganz ruhig Schätzchen.“ Er wiegt mich in seinen starken Armen.
Ich weiß noch wie ich dachte das ist der sicherste Platz der Welt es scheint mir ewig her, dabei sind es gerade Mal 8 Monate.
„Sie wird sterben.“ Flüstere ich.
„Ja mein Schätzchen.“ Sagt er sanft „Aber du bist so unglaublich stark. Du und deine Mum, ich kann dir gar nicht sagen wie stolz ich auf euch bin. Meine beiden Frauen.“ Er küsst meinen Scheitel „Und mein Enkelsohn.“ Er legt seine Hand auf meinen mittlerweile wirklich ansehnlichen Bauch.
„Danke Daddy.“ Ich drücke ihn an mich und er wartet bis meine Tränen versiegt sind.
Dann gehen wir wieder rein und singen Weihnachtslieder, trinken Kindereierpunsch und sehen die Weihnachtsgeschichte im Fernsehen.
Die Tage zwischen Weihnachten und Neujahr müssen meine Mum und ich Rory drei Mal ins Krankenhaus bringen da sie wirklich starke Schmerzen hat. Sie bekommt einen zentralen Venenkatheter gelegt über den sie jetzt ihre Medikamente bekommt. Meine Mum und ich werden eingewiesen, damit wir es auch zu Hause selber machen können.
Silvester schmeißen wir eine Party für alle unsere Freunde und die meisten von ihnen erfahren erst jetzt was mit Rory los ist. Auch Alec ist der Einladung gefolgt und steht irgendwann unschlüssig vor mir.
„Es tut mir so leid Neela.“ Er nimmt mich in den Arm.
„Mir auch.“ Gebe ich zu.
„Kann ich irgend etwas tun?“ er sieht zu Rory „Soll ich irgend welche Ärzte anrufen?“
„Nein danke Alec…“ ich lege meine Hand auf seine Wange „Sie wird sterben.“ Sage ich leise und ich sehe die Tränen in seinen Augen.
„Wie geht es dir?“ er sieht mich prüfend an.
„Ganz gut, es ist so unfair das ich eigentlich glücklich bin weil ich ein Baby bekomme und gleichzeitig bin ich so wahnsinnig traurig weil sie gehen muss. Es kostet mich alles an Kraft was ich habe.“ Gestehe ich ihm.
Er zieht mich in seine Arme und drückt mich an sich.
„Wenn du irgendetwas brauchst, dann sag es mir.“ Er sieht mich an und ich nicke leicht.
„Ich danke dir Alec. Ich danke dir das du mich nicht hasst.“ Ich sehe in seine grauen Augen und bin ihm wirklich so unendlich dankbar, im Moment könnte ich es nicht ertragen wenn er mich hassen würde.
„Ich könnte dich niemals hassen. Hörst du?“ er zwingt mich ihn anzusehen „Der Daddy deines Babys kann stolz darauf sein eine solche Frau als Mummy seines Kindes zu haben.“
Seine Worte rühren mich, sie kommen von dem Menschen von dem ich es am Wenigsten erwartet habe.
„Eine Sache gibt es…“ ich sehe ihn an und lächle leicht „Rory hat es damals so auf eurer Yacht gefallen, meinst du wir können am nächsten Wochenende alle zusammen raus fahren? Ich meine du, Rory, mein Dad, meine Mum und ich?“ bittend sehe ich ihn an.
„Aber natürlich, ich rufe dich an.“ Er gibt mir einen Kuss auf die Wange.
„Danke.“ Sage ich leise und gehe wieder zu Rory, sie sitzt auf einer Sonnenliege, dick in ihre Lieblingsdecke eingewickelt und beobachtet das Treiben um sich herum.
„Hey Süße! Alles gut?“ ich stelle mich neben sie.
„Ja.“ Sie lächelt leicht, alles gut. „Ich habe eine Bitte an dich.“ Sie sieht mich ernst an.
„Alles Süße.“ Ich setze mich auf die Kante der Liege.
„Hilfst du mir meine Beerdigung zu planen. Ich will nicht dass es in einem schwarzen Brei aus Tränen und Lobeshymnen endet. Ich will es einfach nicht.“ Sie sieht mich an und ich grinse leicht.
„Ja ich helfe dir und ich sorge dafür dass niemand schwarz trägt.“ Verspreche ich ihr und nehme sie in den Arm „Das würde nicht zu dir passen.“
Es ist ungerecht mit seiner besten Freundin ihre Beerdigung zu planen, eigentlich sollte es doch vielmehr ihre Hochzeit sein. Aber ich weiß was es ihr bedeutet.
„Nein.“ Sagt sie und dann betrachten wir das einmalig schöne Feuerwerk.
Als sich alle verabschiedet haben, sitzen wir noch eine Weile draußen und Rory erklärt mir und meiner Mum was sie sich für ihre Beerdigung wünscht.
„Ich möchte Luftballons, einen für jeden Tag meines Lebens.“ Sie lächelt „Weiße Luftballons und alle sollen Pastellfarben tragen, sie sollen feiern das ich gelebt habe und so tolle Menschen um mich herum hatte. Sie sollen nicht weinen und ich möchte nicht das jemand eine Rede hält, jeder soll seine eigenen Erinnerungen an mich behalten.“
Meine Mum nickt unter Tränen „Das klingt schön Liebes.“ Sie nimmt ihre Hand.
Als wir am nächsten Wochenende mit der 22 Meter Yacht von Alec auf den Pazifik fahren da strahlt Rory so eine ungeheure Kraft und Energie aus das ich mir wünsche wir können ewig auf See bleiben.
Alec kommt zu mir und wir beobachten Rory.
„Ich will nicht dass sie geht.“ Sage ich leise „Ich weiß ich bin egoistisch, aber ich will einfach nicht dass sie geht.“
Er nimmt mich in den Arm „Du bist nicht egoistisch.“ Sagt er sanft. „Ich wünschte auch ich könnte was tun das sie wieder gesund wird.“
„Das ist unfair.“ Ich vergrabe mein Gesicht an seinem Hals.
„Ja das ist es.“ Sagt er nur. „Neela, ich weiß die Umstände sind jetzt anders, aber ich würde dich immer noch gerne zu meiner Frau machen wenn du mich lässt.“ Er sieht mich ernst an.
„Nein Alec, du hast eine Frau verdient die dich wirklich und aus ganzem Herzen liebt. Aber ich danke dir.“ Ich gebe ihm einen Kuss auf die Wange.
„Schau mal Neela…“ Rory deutet aufs Meer „… Delfine.“ Strahlt sie.
Ich setze mich neben sie und wir sehen den Delfinen eine Weile zu.
Die nächsten Wochen vergehen schnell, viel zu schnell… Mein Geburtstermin rückt näher und damit auch die Gewissheit das Rory bald sterben wird. Sie baut ab… jeden Tag ein kleines bisschen. Tagsüber liegt sie fast den ganzen Tag draußen auf einer der Sonnenliegen. Wir lesen ihr vor, aus irischen Sagen und Märchen. Sie hat seit Neustem ein Faible dafür.
„Was meinst du macht Mark gerade?“ sie sieht mich müde an. Heute haben wir Valentinstag… mein Stichtag.
„Ich denke er zeigt irgendwelchen Touristen wie man auf seinem Pferd bleibt, ohne dass man einen halben Salto macht.“ Grinse ich und sie lacht leise.
„Eine schöne Vorstellung, nicht?“ sie sieht mich an, ich nehme ihre Hand und nicke.
„Ja, wirklich schön.“ Gebe ich zu.
Als ich Rory gerade ein kleines Mittagessen mache merke ich einen mir bis hierhin unbekannten Schmerz.
„Mum?“ rufe ich und lasse mich auf die Couch fallen.
„Was denn Schätzchen?“ sie kommt aus dem Bad zu mir, mit gelben Gummihandschuhen und einem Tuch um den Kopf.
Fast muss ich lachen wie ich sie so sehe, aber nur fast denn der Schmerz ist zurück.
„Es geht los.“ Sage ich atemlos.
Die letzten Wochen haben wir einen Schlachtplan für diese Situation ausgearbeitet.
Sie ruft meinen Dad an und dieser ist eine viertel Stunde später bei uns. Er trägt Rory ins Auto und wir alle fahren ins Krankenhaus. George wartet schon auf uns und ich werde in ein Zimmer gebracht und untersucht.
„Wow Neela, da scheint es jemand echt eilig zu haben.“ Stellt er fest „Dein Muttermund ist schon bei 8 cm und das nach 2 Stunden. Ich denke nicht das es noch lange dauern wird.“ Er sieht mich lächelnd an.
Ich kratze ihm gleich dieses lächeln aus dem Gesicht!
Verdammte Sch…!
Es tut weh!
„Was heißt denn nicht mehr lange?“ frage ich gepresst.
„Vielleicht eine Stunde.“ Er überprüft den Wehenschreiber.
Ich sehe zu Rory, sie sitzt auf einem Sessel in der Ecke und sie versucht mich aufmunternd anzusehen.
„Du schaffst das Kleine.“ Sagt sie sicher.
Weiß sie was sie da sagt?
Meine Mum bleibt an meiner Seite, während mein Dad es sich im Wartezimmer gemütlich gemacht hat.
Dann ist Showtime, ich weine, ich fluche wirklich unanständig… ich meine so unanständig das meine Mum mir am Liebsten den Mund auf der Stelle mit Seife auswaschen würde und ich wimmere.
Dann endlich ist er da… so perfekt, so vollkommen und so wunderschön.
Ich sehe weinend zu Rory.
„Das hast du gut gemacht.“ Sagt sie leise.
Ich halte meinen kleinen Sohn eine Weile im Arm, dann nimmt ihm meine Mum. Er wird gebadet, gewaschen und angezogen, dann will sie ihn mir wieder geben aber ich deute auf Rory.
„Seine Patentante soll ihn mal halten.“ Sage ich und als ich sehe wie der kleine Mann bei ihr auf dem Arm liegt da krampft sich mein Herz zusammen.
Das ist so unfair!
So wahnsinnig unfair!
„Hey kleiner Krümel.“ Sagt Rory gerührt, so hat sie ihn schon immer in meinem Bauch genannt und irgendwie tun wir das jetzt alle. Unser kleiner Krümel…
George sieht mich an und drückt kurz meine Hand.
„Ich weiß es ist schwer, aber ihr habt das wirklich toll hinbekommen.“ Er küsst meine Hand.
„Danke.“ Sage ich leise.
„So, der kleine Mann ist 51 cm groß, wiegt 3450 g und ist kerngesund. Was fehlt ist ein Name.“ George sieht mich an.
„Ryan.“ Sage ich leise und Rory strahlt, diesen Namen hat sie sich für den kleinen Mann gewünscht und ich erfülle ihr gerne diesen Wunsch.
Nach zwei Tagen kann ich mit Ryan nach Hause und Alec besucht uns. Er ist zu einem so guten Freund geworden und ich bin ihm oft so dankbar, er ermöglicht es uns viele Sachen mit Rory zu unternehmen, die ohne seine Hilfe nicht möglich wären. Sein Umgang mit Ryan ist wirklich vorbildlich, ein wenig unbeholfen und steif vielleicht aber er gibt sich so viel Mühe.
Während ich auf der einen Seite sehe wie Ryan jeden Tag wächst muss ich auf der anderen Seite zusehen wie Rory immer schwächer wird. Aber sie kämpft, sie ist verdammt zäh…
Sie hält viel länger durch als man es ihr zu getraut hat, viel länger und ich bin für jeden Tag dankbar den wir zusammen haben. Sie ist wie meine Schwester und es quält mich ihr nicht helfen zu können.
Sooft es geht fahren wir mit Alec raus auf den Atlantik, er wird ein so guter Freund für uns und wir genießen es wenn uns die salzige Luft um die Ohren weht.
Ich denke wir sind dafür bestimmt Freunde zu sein, auch wenn unsere Beziehung im Endeffekt nicht funktioniert hat so weiß ich das es so, wie es jetzt ist, wirklich für uns alle perfekt ist.
Der Sommer wird schön und ich genieße die Tage mit allen zusammen am Strand. Ich habe im letzten Jahr gelernt nichts mehr als selbstverständlich hin zu nehmen… nichts ist selbstverständlich, schon gar nicht das Leben.
Ryan hat unglaublich blaue Augen wie es Rory prophezeit hat und er bekommt jetzt dunkelbraune Haare. Er hat ein lächeln was einen dahin schmelzen lässt und wickelt jeden um den kleinen Finger.
Jeden Abend wenn ich ihn ins Bett bringe denke ich am Declan. Sein Gesicht begleitet mich und seine Augen verfolgen mich in meinen Träumen.
Ich habe solche Sehnsucht nach ihm.
Ich rede oft mit Rory über unseren Urlaub in Irland, ich sitze neben ihr halte sie fest und versuche die Zeit zurück zu drehen…
So sehr ich mich auch bemühe, ich kann es nicht.
Nachdem wir im letzten Jahr Rorys Geburtstagsparty haben ausfallen lassen veranstalten wir nun ein riesiges Fest, denn schließlich werden wir beide 30. Zwar habe ich im August Geburtstag und sie im September, aber wir legen alles zusammen. Zur Feier des Tages machen wir ein Wellnesstag mit Friseur und allem was dazu gehört, wir lachen, wir kichern und sich für einen einzigen Tag wieder Neela und Rory die einfach Spaß haben. Ich sauge diese Erinnerungen auf wie ein Schwamm, an solche Moment will ich mich erinnern.
Als wir am nächsten Tag bei ihrer Party ankommen staunen alle nicht schlecht, ich habe mir meine langen Haare auf kinnlänge abschneiden lassen und Rory hat knallrote Strähnen. Alec hat für alles gesorgt und unsere Freunde, die die nach dieser schweren Zeit übrig sind, sorgen sich Bestens um Rory.
Ihr 30. Geburtstag!
Ihr letzter Geburtstag!
Sie ist jetzt schon die meiste Zeit auf den Rollstuhl angewiesen, aber das behindert uns nicht. Wir finden uns mit den neuen Gegebenheiten zu Recht und sie findet es manchmal sogar toll von meinem Dad oder Alec auf Händen getragen zu werden. Das ist so typisch für Rory, sie versucht aus jeder Situation das Beste zu machen.
Kurz vor Weihnachten holt uns Alec ab und ehe wir uns alle versehen sitzen wir in seinem Privatflieger in die Hamptons. Rory hat sich immer mal ein einziges weißes Weihnachtsfest gewünscht und Alec erfüllt ihr diesen Wunsch.
Am Weihnachtsabend sitzen wir alle in dicke Decken gekuschelt vor dem Haus und erfreuen uns an der atemberaubenden Kulisse.
Ich sitze bei Alec und er hält mich fest in seinen Armen.
„Ich danke dir so sehr.“ Flüstere ich und sehe zu Rory.
Sie hat Ryan auf dem Schoß und er schläft friedlich, nachdem er mit Geschenken zu gepflastert wurde, ist er echt kaputt. Er ist jetzt schon 10 Monate alt, er krabbelt und brabbelt den ganzen Tag. Oft sitzt Rory da und beobachtet ihn nur… unseren kleinen Krümel und jedes Mal wird mir bewusst umso weiter sich Ryan entwickelt umso mehr gehen wir auf Rorys Ende zu.
Ich finde es so ungerecht, aber ich habe mich mit der Situation arrangiert. Ich verstehe sie nicht, ich verstehe nicht warum Rory sterben muss, aber ich versuche alles um ihr eine Schöne Zeit zu machen.
Am 28. fliegen wir wieder nach Fort Lauderdale und Ryan und Rory schlafen auf dem Rückflug, zum Abschluss haben wir uns alle eine Schlittenfahrt durch die verschneite Landschaft gegönnt und nun sind beide total erledigt.
Ich sitze neben Alec.
„Warum tust du das alles?“ ich sehe ihn prüfend an.
„Weil ich dich liebe Neela, ich werde dich immer lieben…“ er küsst meine Hand und meine Augen weiten sich „… ich werde dich mein ganzen Leben lieben wie meine kleine Schwester.“ Er gibt mir einen Kuss auf die Wange „Und Rory ist auch so etwas wie meine Schwester, meine durch geknallte, freche Schwester…“ er lacht leise „Und da ich weiß das sie sterben wird, will ich alles möglich machen um ihr ihre Wünsche zu erfüllen. Ich war nie ein besonders guter Freund und ich versuche es einfach richtig zu machen. Und Krümel ist mir einfach so sehr ans Herz gewachsen, ich möchte einfach das es ihm gut geht.“
„Du bist großartig.“ Sage ich ehrlich und gebe ihm einen Kuss auf die Wange.
„Danke.“ Er lächelt.
„Ich danke dir so sehr.“ Ich kuschele mich an ihn.
Es ist wirklich erstaunlich wie sich die Sache mit uns dreien entwickelt. Es hat sich eine ganz eigene Dynamik entwickelt, jetzt ist Alec mein Fels in der Brandung und mein Rettungsanker. Ich weiß, egal was ich brauche er ist für mich und Ryan da. Er liebt Ryan wirklich und die beiden spielen oft zusammen oder er nimmt ihn mir ab wenn er merkt dass meine Kraftreserven aufgebraucht sind.
Er liest Rory vor bis sie einschläft, dann liest er auch Ryan vor und anschließend sitzen wir auf der Couch und er hält mich einfach nur fest. Niemals hätte ich gedacht dass das einmal mit uns passieren würde.
Zu Silvester hat Alec eine weitere Überraschung für uns, wir fliegen nach New York und erleben den Countdown für das neue Jahr von einem Penthouse aus mit dem Blick auf den Timesquare.
Wir sitzen alle auf einer großen Couch und um uns herum explodieren die Feuerwerkskörper.
Rory liegt bei Alec im Arm und strahlt ihn an. Sie kann nicht mehr so strahlen wie früher, aber ihre Augen und haben sie noch so dunkle Ringe strahlen in diesem Moment Lebensfreude aus.
Um 1 Uhr bringen wir Rory ins Bett, dann schaue ich nach Ryan der schon seit 21 Uhr schläft und sich durchs nichts stören lässt. Alec kommt zu mir und legt seinen Arm um meine Hüfte.
„Achte bitte etwas mehr auf dich.“ Flüstert er mir ins Ihr und ich sehe ihn fragend an.
„Du bist zu dünn.“ Sagt er lächelnd.
Es ist so rührend wie er sich um uns alle kümmert und er ist immer für mich da wenn ich mal nicht mehr stark sein kann. Ryan fordert mich in jeder Minute und wenn ich denke ich kann durch atmen, dann braucht mich Rory.
Wir feiern Ryan seinen ersten Geburtstag mit einer Riesen Party, mit Luftballons, Clowns, einer Hüpfburg und alles was das Kinderherz begehrt, obwohl ich fest stelle das eher wir Erwachsenen das in Anspruch nehmen als die Kinder. Rory beobachtet uns lächelnd. Sie sieht schlecht aus, ihre Augen sind eingefallen und sie ist so unnatürlich blass. Es geht dem Ende zu und er zerreißt mir das Herz…
Wir fahren einmal im Monat wie jeden Monat seit fast 2 Jahren zu einem kleinen Gestüt in der Umgebung, seit einem halben Jahr kann Rory nicht mehr selbst reiten aber sie erfreut sich daran mir und meiner Mum zu zusehen. Wir sind mittlerweile richtig gut und auch Ryan hat seine ersten Erfahrungen mit Pferden gemacht.
Was soll ich sagen in dieser Beziehung ist er ein Ire durch und durch, er liebt Pferde. Je größer desto besser, zum reiten nimmt er aber lieber mit den kleinen Ponys vorlieb. Es ist kaum zu glauben, er kann noch nicht laufen aber sitzt auf einem Pferd, also das hat er ganz bestimmt nicht von mir.
Ryan hat heute mit 15 Monaten seine ersten Schritte gemacht und wir sind alle so stolz auf ihn. Wir applaudieren ihm und er sieht so wahnsinnig stolz auf sich aus, er sieht immer mehr aus wie Declan und wenn ich denke ich vergesse wie Declan aussieht, dann reicht ein Blick in Ryans Gesicht…
Rory hat ihr absolutes Maximum an Lebenserwartung erreicht. Amy und George gehen bei uns ein und aus, sie versuchen es ihr zu erleichtern. Sie sind mittlerweile so etwas wie Freunde geworden, denn diese Situation ist auch für sie nicht alltäglich. Ich bin ihnen dankbar, denn ich weiß sie werden es ihr bis zum Schluss so angenehm wie möglich machen.
Meine Mum ist mit Ryan spazieren und ich sitze bei Rory auf der Terrasse.
„Es tut mir so leid.“ Sagt sie leise.
„Aber was denn?“ ich sehe sie verständnislos an.
„Ich war so mit mir beschäftigt, ich habe nicht darüber nachgedacht was das alles für dich bedeutet.“ Sie sieht mich schwach an.
„Ach, das ist Okay.“ Ich lächle sie an.
„Nein, es ist nicht Okay. Wie geht es dir Neela?“ fragt sie behutsam.
„Alles Okay.“ Antworte ich ausweichend.
„Nein Neela, ich will wissen wie es dir wirklich geht.“ Sagt sie mit Nachdruck.
„Meine beste Freundin stirbt und ich habe schreckliche Angst.“ Gestehe ich und wische mir meine Tränen beiseite.
„Ich habe keine Angst mehr.“ Sagt sie lächelnd und ich sehe sie an.
„Ich habe Angst das ich ohne dich unter gehe.“ Nun beginnen meine Tränen zu laufen, das erste Mal seit dem Tag ihrer Diagnose weine ich vor ihr und sie streicht mir über den Kopf.
„Neela, du wirst nicht untergehen…“ sie küsst meine Hand „… Du bist so unglaublich stark, mutig und alles was ich mir für mich immer gewünscht habe.“ Sie lächelt leicht „Ich liebe dich und ich bin dir so unendlich Dankbar.“
„Ich liebe Dich auch.“ Flüstere ich „Ich will nicht das du stirbst.“
„Ich werde immer bei dir und Krümel sein, immer. Sag dem kleinen Kerl wenn er alt genug ist das er mir seinen coolen Namen zu verdanken hat und das ich ihn liebe als wäre er mein Sohn.“ Sie legt ihren Kopf schief. „Versprich es mir.“
„Ja.“ Sage ich leise „Ich verspreche es dir.“
„Versprich mir noch was…“ sie drückt ganz leicht meine Hand.
„Alles.“ Sage ich und sie lächelt leicht.
„Sei vorsichtig mit dem was du sagst…“ schmunzelt sie „Wenn du irgendwann Mark siehst, dann sage ihm bitte das ich ihn wirklich geliebt habe und das die Tage mit ihm alles Wert waren…“
„Irgendwann werde ich ihm das sagen.“ Verspreche ich ihr.
Als meine Mum wieder kommt, läuft Ryan zu Rory und ich setze ihn ihr auf den Schoß.
„Hey Krümel.“ Sie streichelt seinen kleinen Hände und struvelt ihm durch seine dunkelbraunen Haare „Du hast die beste Mummy die man sich vorstellen kann und deine Grandma ist der Wahnsinn. Du musst sie beschützen wenn du groß bist, ja?“ sie küsst ihn vorsichtig.
„Ja.“ Sagt er und sieht sie an ehe er seine Ärmchen um ihren Hals legt. Ich kann diesen Anblick kaum ertragen und ich setze mich ins Wohnzimmer auf die Couch.
Meine Mum holt Ryan und macht ihm sein Abendbrot, schweigend beobachte ich sie. Nachdem ich mich beruhigt habe gehe ich auf die Terrasse.
„Süße?“ ich setze mich zu ihr und sehe sie an, sie sieht aus als würde sie schlafen aber genau in diesem Moment weiß ich das sie es nicht tut.
Weinend lege ich meinen Kopf in ihren Schoß.
„Bitte, bitte nicht!“ flüstere ich „Bitte nicht Rory!“
Meine Mum kommt mir Ryan auf dem Arm raus und sieht mich an, ich hebe meinen Kopf und schüttele ihn leicht.
Sie geht sofort zurück, sie bringt Ryan ins Bett und ruft Amy und George an.
Diese sind eine halbe Stunde später da und dann wird sie abgeholt.
„Sie war wirklich tapfer.“ Amy nimmt mich in den Arm.
„Ja.“ Sage ich leise.
Dann ist es unheimlich ruhig in der Wohnung, Ryan liegt auf meinem Schoß und schläft an mich gekuschelt, meine Mum ist beim Bestatter und klärt alles mit ihm ab und ich bin alleine.
Auf der einen Seite bin ich erleichtert das sie gehen durfte, sie kann jetzt wieder die Rory sein die sie vor ihrer Krankheit was aber auf der anderen Seite schmerzt es so sehr jetzt ohne sie weiter machen zu müssen.
Als meine Mum wieder kommt habe ich Ryan gerade ins Bett gebracht. Er ist so lieb und süß, ich stehe bestimmt eine Stunde an seinem Bett ehe ich zu ihr ins Wohnzimmer gehe.
„Setz dich Kleines.“ Sie sieht mich an und ich setze mich zu ihr, sie zieht mich in ihre Arme.
„Ich will nicht wieder weinen.“ Sage ich leise und versuche mich von ihr zu lösen.
„Es ist Okay wenn du weinst.“ Beruhigend streicht ihre Hand über meinen Kopf und ich weine, ich lasse alles raus… Meine Trauer, meine Wut… meine Verzweiflung.
Nach einer ganzen Weile lässt sie mich los und steht auf, sie geht in Rorys Zimmer und kommt mit einem Umschlag wieder.
„Weißt du, sie hatte solche Angst das du daran zerbrichst…“ sie streicht mir eine Träne weg „… Den soll ich dir geben.“ Sie reicht mir den Umschlag.
Ich sehe sie fragend an, sie küsst mich auf die Stirn und geht zur Tür.
„Wenn was ist rufe mich an.“ Sagt sie „Ich liebe Dich Neela, ich liebe dich so sehr.“ Sagt sie und ich sehe sie dankbar an.
„Ich liebe Dich auch Mum.“ Sage ich leise und sie zieht die Tür ins Schloss.
Ich nehme das Babyphon und gehe auf die Terrasse. Ich setze mich in ihren Stuhl und decke mich mit ihrer Decke zu, dann öffne ich den Briefumschlag, als Erstes fällt ein Medallion heraus. Ich nehme es und öffne es vorsichtig. Auf der einen Seite strahlt sie mich an und auf der anderen Seite Ryan. Ich wische meine Tränen weg und klappe es zu, dann fällt mir die Inschrift auf der Rückseite auf: Forever yours
Für immer dein. Ja die beiden würden für immer zu meinem Leben gehören. Rory in der Vergangenheit und Ryan in der Zukunft. Ich befestige das Medallion an der Kette die ich vorletztes Jahr von ihr zu Weihnachten bekommen habe.
Ich falte den Brief auseinander. Rory war eigentlich nie jemand der Briefe schreibt und diesen hier hat sie nicht selbst geschrieben, ich erkenne meine Mums Handschrift.

Meine liebste Neela,
jetzt denkst du sicherlich dass ich doch gar keine Briefe schreibe…

Ich lächle leicht, sie kennt mich zu gut.

Deine Freundschaft hat mein Leben zu einem erfüllten und soviel besserem Leben gemacht. Ich danke dir dafür so sehr. Ich weiß nicht woher du die Kraft für all das hier nimmst, denn ich weiß nicht ob ich die Kraft hätte wenn du es wärst. Du hast nur ein einziges Mal vor mir geweint, ansonsten hast du dir immer die größte Mühe gegeben das ich es nicht sehe. Aber ich weiß wie schwer das alles für dich sein muss. Ich werde sterben und du kannst nichts tun.
Ich auch nicht Neela, so gerne würde ich etwas tun, denn ich will nicht sterben. Ich möchte so gerne sehen wie aus Krümel ein hübscher Mann wird, ich will sehen wie er das perfekte Mädchen kennen lernt, ich will so vieles… Aber es geht nicht.
Auf eines aber bin ich so unheimlich stolz, auf eine Freundin wie dich!
Neela, ich kenne keinen Menschen der es mehr verdient hat glücklich zu sein als du.
Ich habe ein kleines Geschenk…
Sei mir nicht böse, denn besten Freundinnen die gestorben sind soll man nicht böse sein. (Ich weiß ich bin gemein.)
Ich habe lange mit Alec gesprochen, wenn ich sterbe und das bin ich jetzt anscheinend, dann geht zwei Tage nach meiner Beerdigung ein Privatflug vom Pompano Beach Airport für dich und Krümel nach Strandhill. Ich weiß du hast die ganze Zeit in der ich krank war nicht einmal von Declan gesprochen, aber genauso gut weiß ich wie sehr du leidest. Es ist jetzt 2 Jahre her und ich weiß dein Herz vergeht vor Sehnsucht nach ihm. Enthalte Ryan nicht seinen Daddy. Ich weiß dass du Declan liebst und du wirst nie glücklich werden wenn du es ihm nicht sagen kannst.
Außerdem musst du ein Versprechen Mark gegenüber einlösen. Ich bitte Dich Neela…
Ich habe dir für drei Wochen ein Zimmer bei Erin auf den Namen Stevens gemietet, ich will auch sie überraschen, ich denke sie wird sich wirklich freuen dich zu sehen und Ryan kennen zu lernen.
So meine Kleine, jetzt wischt du deine Tränen weg und hebst deinen Kopf an, ich bin mir sicher dann siehst du den Atlantik. Auf der anderen Seite wartet deine Zukunft auf dich! Schnapp sie dir und wenn er wirklich Emma geheiratet hat dann gebe ihm wenigstens die Chance Ryan kennen zu lernen.
Alec wird sich ein wenig um dich kümmern, das Versprechen habe ich ihm aus den Rippen geleiert. Alec ist toll Neela und das wissen wir beide, er wird da sein für dich…immer!
Ich liebe Dich mehr wie Worte es jemals ausdrücken können!
Meine starke, tapfere und wunderbare Neela.
Du bist alles für mich und ohne dich hätte ich es nicht geschafft!
Danke!
Ich werde dich so sehr vermissen dass es weh tut!
P.s. Ich habe in meiner Lebensversicherung Krümel als Begünstigten eingetragen. Lege das Geld für ihn an, kaufe ihm was Schönes und pass mir ja auf ihn auf!

Ich wische meine Tränen und hebe meinen Kopf.
„Ich vermisse dich so sehr.“ Flüstere ich. „Und es ist so typisch für dich dass du mich nach Irland schickst, wirklich Loreley Stevens, du bist durchschaubar.“
Ich falte den Brief zusammen und gehe hinein, ich ziehe die Terrassentür zu und sehe mich um, alles erinnert mich an sie…
Es tauchen Bilder auf, Bilder von vor der Krankheit, eine lachende, hüpfende und glückliche Rory und ich weiß egal wo sie jetzt ist… sie hüpft, lacht und ist glücklich.
In den nächsten beiden Tagen rufe ich alle Freunde an und erkläre ihnen was sie bei Rorys Trauerfeier zu beachten haben. Kein Schwarz…
Ryan ist ein kleiner Engel, er merkt das es mir nicht gut geht und ich habe das Gefühl er nimmt Rücksicht auf mich. Er läuft immer wieder in Rorys Zimmer und sieht mich dann verwirrt an.
Sie ist weg…
Am 18. Mai wird sie auf dem Forest Memorial Garden Friedhof beerdigt und wir lassen 11.160 weiße Luftballons steigen so wie sie es sich gewünscht hat. Ich sehe den Ballons lange hinterher… Ryan klatscht in die Hände und freut sich und ich lächle, das hätte sie gewollt.
Bye Rory!
Anschließend fahren wir alle in den Fort Lauderdale Beach Club und feiern Rorys Leben so wie sie es sich gewünscht hat.
Irgendwann kommt Alec zu mir und ich nehme ihn in den Arm.
Ryan läuft durch die Gegend und jeder, aber auch jeder spielt ein wenig mit ihm. Es muss das Paradies für ihn sein.
„Danke.“ Sage ich leise, in den letzten beiden Tagen hat er mich und meine Mum super unterstützt.
„Ich habe eine Stiftung gegründet.“ Erzählt er mir stolz.
„Ja?!“ ich lächle leicht, er hat sich im letzten beiden Jahren so sehr verändert, er wirkt mehr bei sich und sicherer in dem was er tut. Er fängt an sich von seiner Familie zu lösen und es steht ihm unheimlich gut.
„Ja, die Stiftung heißt RORY (Research, Onus and Respectfulness for Your Fate) Forschung, Verantwortung und Respekt vor deinem Schicksal.“ Er sieht mich stolz an und ich drücke ihm einen Kuss auf die Wange.
„Das ist wundervoll.“ Ich wische mir eine Träne weg.
„Die Stiftung unterstützt Menschen deren Angehörige krank sind und die Hilfe brauchen.“ Er lächelt. „Apropos Hilfe, du weißt das am Samstag Abend um 22 Uhr dein Flug geht und du am Sonntag um 10 Uhr in Strandhill bist, oder?“ er zwinkert mir zu.
„Ja, Rory hat es mir geschrieben.“ Ich versuche zu lächeln.
„Du hast es verdient glücklich zu sein und ich habe ihr versprochen dich zu unterstützen.“ Sagt er sanft.
„Danke Alec.“ Ich drücke ihn kurz, dann widme ich mich Ryan.
„Mummy?“ er sieht mich mit seinen großen blauen Augen an.
Ich beuge mich runter und nehme ihn auf den Arm. Er streicht mir über meine mittlerweile schulterlangen Haare.
„Mummy lieb.“ Sagt er und ich drücke ihn an mich.
„Ich liebe dich auch.“ Sage ich leise und dann drücke ich ihm einen Keks in die Hand mit dem er davon stürmt.
„Du schaffst alles Neela.“ Sagt Alec sicher und ich sehe ihn prüfend an.
Seine Augen strahlen eine solche Sicherheit aus, ich wünschte ich hätte nur ein Prozent davon.
Die Feier wird schön, wenn man das unter diesen Umständen so nennen kann.
Sie fehlt mir so sehr, aber ich bin dankbar sie in meinem Leben gehabt zu haben. Denn das kann mir keiner nehmen…
Dann packe ich, wie gut das ich mit einer Privatmaschine fliege, denn ansonsten würde ich mit einer ganzen Menge Übergepäck reisen.
Alec begleitet mich zum Flughafen und hilft seiner Crew alles zu verstauen.
„Bye Neela, ich wünsche euch wunderbare Tage und Wochen.“ Er gibt mir einen Kuss und drückt auch Ryan einen auf die Stirn „Bye Krümel! Pass mir ja auf deine Mummy auf und verhaue deinen Daddy wenn er sie nicht will.“ Er lächelt und ich erwidere es.
„Bye, Bye.“ Gluckst Ryan und gibt Alec High Five.
„Du bringst ihm nur Quatsch bei.“ Sage ich lachend.
„Ach was.“ Winkt er ab.
Komisch, ich dachte immer ich fliege mit einem Unguten Gefühl wieder nach Irland, aber dem ist nicht so…
Ich habe nichts zu verlieren, also brauche ich auch keine Angst zu haben.
„Ich habe dir einen Wagen zum Flughafen bringen lassen. Bitte Neela fahre vorsichtig und wenn du doch was zerstörst, dann schicke mir die Rechnung. Aber mit dem Auto solltest du zumindestens ein wenig im Vorteil sein.“ Er zwinkert mir zu.
„Rory.“ Sage ich leise und er lacht.
„Ja, sie hat es mir erzählt.“ Gibt er zu und winkt mir zu bevor sich die kleine Einstiegsluke schließt.
„Ich liebe Dich!“ formt er lautlos.
Ich lege meine Hand an die Scheibe „Ich dich auch!“ sage ich leise und er winkt mir zu.
Ryan macht den Flug wirklich richtig gut mit und schläft fast den ganzen Flug friedlich in seinem Kindersitz, ansonsten spielen wir, malen wir oder ich lese ihm vor. Er ist so ein aufgewecktes, schlaues Kind.
Als wir uns im Landeanflug befinden stelle ich erst einmal alle meine Uhren um und bete das Ryan dieses Zeitchaos gut mitmacht. Als ich den ersten Fuß auf irischen Boden setze schlägt mir mein Herz dann doch bis zum Hals.
Alec hat mir einen riesig wirkenden Geländewagen bringen lassen und ich lache leise. Also damit sollte eine kleine Verkehrinsel nun wirklich kein Problem sein, wahrscheinlich würde ich es nicht einmal merken wenn ich drüber fahre. Die Crew belädt den Wagen und ich schnalle Ryan in Kindersitz auf dem Beifahrersitz an.
Die Sonne strahlt vom wolkenlosen Himmel, heute genau vor zwei Jahren war ich auch hier gewesen…
Aber erscheint mir eine Ewigkeit her zu sein. Ich streiche meine dunkelblaue Jeans glatt und ziehe meinen Blazer aus, das Poloshirt reicht völlig. Dann prüfe ich ob es Ryan auch ja nicht zu warm ist und verabschiede mich von der Crew.
„Vielen Dank.“ Sage ich und reiche allen drei Besatzungsmitgliedern die Hand.
„Kein Problem Neela. Hier unsere Karte, wenn was ist oder du was brauchst dann ruf an.“ Der Pilot gibt mir eine Visitenkarte.
„Danke Sam.“ Sage ich gerührt und sie gehen zurück zum Flugzeug welches Mittlerweile betankt und mit Wasser versorgt wurde.
Ich setze mich hinters Steuer und atme tief durch.
„Dann wollen wir mal.“ Sage ich zu Ryan und dieser sieht mich mit seinen großen blauen Augen an, seine habe eher die Farbe von einem tiefen Bergsee… nicht so wie Declans in denen ich meinte das tosende Meer zu sehen.
Plötzlich tauchen alle die Bilder von Declan wieder auf und mein Atem beschleunigt sich.
„Ja.“ Jubelt Ryan und ich lache.
So viel Enthusiasmus möchte ich auch haben.
Ich schlängle mich die schmalen Straßen entlang und parke gegen 11 Uhr den Wagen bei Erin auf dem Hof.
Ich atme nochmals tief durch und steige aus. Erin kommt aus dem Haus und ich lächle sie schüchtern an.
„Neela?“ sie kommt zu mir gelaufen und nimmt mich in den Arm. „Gott, es ist so schön dich wieder zu sehen.“ Sie nimmt mein Gesicht in ihre Hände. „Ist Rory auch mit?“ sie sieht mich strahlend an.
„Nein.“ Sage ich nur und sie sieht mich verunsichert an. „Aber jemand anderes.“ Ich öffne die Beifahrertür und hebe Ryan heraus.
„Oh wow…“ sie sieht mich mit großen Augen an „Wer ist denn das?“
„Das ist Ryan.“ Stelle ich ihr meinen kleinen Sohn vor.
„Hi.“ Sagt Ryan schüchtern und versteckt sich hinter mir.
„Krümel, das ist Erin. Wir bleiben eine Weile bei ihr, ja?“ ich hocke mich hin und er sieht mich mit großen Augen an.
„Ja Mummy.“ Sagt er nachdem er einen Moment nach gedacht hat. „Pferdchen!“ er deutet auf die Koppel.
„Ja mein Schatz.“ Ich wuschle ihm durch seine Haare. „Weißt du wir packen jetzt aus und dann schauen wir mal zu den Pferdchen, da?“ ich reiche ihm seinen kleinen Rucksack.
„Ja.“ Er strahlt mich an und läuft in Richtung Haus.
„Wow Neela, er sieht aus wie Dec.“ Sagt Erin geschockt.
„Ich weiß.“ Gebe ich zu und hole einen Koffer aus dem Kofferraum.
„Na, wenn das nicht ein Florida Girl ist.“ Ronan kommt aus dem Stall und sieht mich erfreut an.
„Hey Ronan.“ Begrüße ich ihn und lasse mich in den Arm nehmen.
„Wo ist deine zweite Hälfte?“ er sieht sich suchend um und ich merke wie mir die Tränen in die Augen steigen.
„Rory ist nicht mit…“ antwortet Erin für mich „… Aber dafür jemand anderes.“ Sie deutet auf Ryan der etwas unschlüssig mitten auf dem Hof steht.
„Wer bist denn du?“ Ronan geht zu Ryan und sieht ihn fragend an.
„Ryan.“ Er deutet mit dem Finger auf sich und dann auf Ronan.
„Ich bin Ronan, wow Ryan du bist ja schon ein richtiger Gentleman und trägst deine Tasche selber…“ Ronan sieht ihn an und Ryan hält stolz seinen Rucksack fest „Soll ich dir mal zeigen wo du schläfst?“ fragt er ihn und Ryan sieht zu mir.
„Geh ruhig Krümel, Mummy kommt in ein paar Minuten.“ Ich winke ihm zu und er ergreift die Hand die Ronan ihm hinhält.
Erin sieht mich besorgt an.
„Irgendetwas stimmt hier nicht.“ Sagt sie leise.
Ich nicke nur und versuche meine Tränen zurück zu halten.
„Können wir erst einmal rein gehen?“ bitte ich sie.
„Klar, komm rein…“ sie nimmt sich eine große Reisetasche „Da erzählt Ronan dem Kleinen was von Gentleman und selber hilft er uns nicht einmal.“ Lacht sie leise und ich muss ebenfalls lächeln.
Wir betreten das Haus, hier hat sich nichts verändert und fast sehe ich Rory auf der Couch vor dem Kamin sitzen…
Was würde ich nicht dafür geben, wenn sie jetzt wirklich hier wäre.
Alles!
Wirklich alles!
Es fällt mir immer noch schwer zu begreifen dass sie fort ist, dass sie nie wieder bei mir sein wird. Als wir ins Zimmer kommen hüpft Ryan übermütig auf dem Bett und Ronan hält ihn an den Händen.
„Krümel? Schuhe ausziehen!“ Sage ich milde und er setzt sich hin.
„Lass doch deine Schuhe an Ryan, was meinst du wollen wir uns mal die Pferde anschauen?“ Ronan sieht Ryan an und er klatscht in die Hände.
„Darf er?“ Erin sieht mich lächelnd an.
„Aber sicher.“ Sage ich und Ronan nimmt Ryan auf den Arm.
„Es ist schön dass ihr hier seid.“ Sage Ronan als er an mir vorbei geht und drückt mir einen Kuss auf die Wange.
Ich stelle die Taschen ins Zimmer und dann gehe ich mit Erin runter, die ganze Zeit sagt sie nichts, aber ich weiß dass sie spürt dass etwas passiert sein muss.
Wir setzen uns in den Speiseraum und sie stellt mir einen Kaffee hin.
„Warum bist du hier?“ fragt sie vorsichtig.
„Weil Rory es mir geschenkt hat.“ Sage ich ausweichend und starre in meinen Kaffee. „Sie hat es sich gewünscht, ich muss mit Mark reden.“
„Mark ist auf seinem Hof, aber ich kann ihn gerne Fragen ob er vorbei kommt.“ Sie sieht mich fragend an und ich nicke.
„Wo ist Rory?“ sie nimmt meine Hand und ich merke wie sich eine einzelne Träne aus meinem Augenwinkel stiehlt und langsam über meine Wange läuft.
„Was ist passiert?“ ihre Stimme klingt verunsichert.
„Rory ist vor vier Tagen gestorben.“ Sage ich leise.
„Was?“ sie sieht mich geschockt an.
„An dem Tag an dem ich erfahren habe dass ich schwanger bin hat Rory die Diagnose Gebärmutterhalskrebs im 4. Stadium bekommen.“ Ich sehe auf und in ihre geschockten Augen.
„Es tut mir so leid.“ Sagt sie mitfühlend.
„Ich habe ihr versprochen mit Mark zu reden.“ Ich seufze.
„Und deswegen bist du hier?“ erklärt sie eher als das sie mich fragt.
„Ich musste ihr auch versprechen mit Declan zu reden.“ Gebe ich zu.
„Das ist gut Süße, das ist wirklich gut.“ Sie sieht mich an.
„Ist er verheiratet?“ frage ich leise.
Wie oft habe ich mir in den letzten zwei Jahren diese Frage gestellt?
Zu oft, beinahe jeden Tag.
„Nein, er und Emma sind noch zusammen, aber sie sind nicht verheiratet. Sie haben vor vier Monaten eine kleine Tochter bekommen.“ Sie sieht mich betreten an.
„Es ist Okay…“ ich schlucke schwer „… Ich meine ich kann nicht erwarten nach zwei Jahren aufzutauchen und er hat auf mich gewartet. Vielleicht sah ich in dieser ganzen Sache einfach mehr als er.“ Gebe ich zu.
Ich fühle mich als ob mir der Boden unter den Füßen entrissen wurde… ich falle… falle…falle…
Und ich warte auf den Aufschlag.
„Ich kann es dir nicht sagen, wir sehen uns manchmal aber er spricht nicht über dich.“ Gibt sie zu. „Bist du verheiratet? Hast du mal daran gedacht in anzurufen und ihm von Ryan zu erzählen?“
„Nein, ich bin nicht verheiratet, Alec und ich haben uns getrennt als ich damals wieder gekommen bin. Er ist jetzt mein bester Freund und ich bin dankbar dass es ihn gibt. Und Ja, ich habe oft daran gedacht ihn anzurufen aber die Krankheit von Rory hat mich alles an Kraft gekostet, ich musste 2 Jahre lang zusehen wie meine beste Freundin langsam stirbt.“ Ich wische mir über die Augen. „Ich hatte wirklich keine Kraft an etwas anderes zu denken.“
Eine Weile sieht sie mich an, studiert mein Gesicht und drückt tröstend meine Hand.
„Soll ich Ryan nachher ein kleines Mittag machen? Was ist er denn gerne?“ sie sieht mich an und ich bin dankbar dass sie das Thema wechselt.
„Das wäre lieb, er isst immer so gegen 12 Uhr und schläft dann ein wenig. Er liebt Gemüse in allen Variationen und er liebt natürlich Nudeln.“ Ich lächle. Eigentlich lächle ich immer wenn ich über Ryan rede. Mein Ryan, mein Leben.
„Weißt du heute Nachmittag ist ein kleines Stadtfest. Wollen wir nachher zusammen hingehen?“ sie lächelt leicht.
Sie erinnert mich an Rory, früher wenn es mir schlecht ging hat sie auch immer versucht mich abzulenken.
„Ja gerne.“ Ich nicke leicht „Aber hast du keine anderen Gäste?“ ich sehe mich fragend um.
„Nein, es kommen erst welche am nächsten Wochenende.“ Erklärt sie mir.
„Mummy?“ Ryan kommt herein und läuft auf mich zu.
„Na Krümel, hast du dir die Pferdchen angesehen?“ ich nehme ihn auf den Arm und drücke ihn fest an mich.
„Ja.“ Strahlt er „Groß.“ Er sieht zu Ronan und ich lache leicht.
„Ja, Mummy weiß dass die verdammt groß sind.“ Ich stupse ihm auf die Nase. „Möchtest du jetzt ein wenig spielen?“ ich sehe zu ihm und er nickt.
„Dann warte, Mummy holt deinen Rucksack.“ Ich laufe schnell die Treppe hoch und komme mit seinem Rucksack wieder. Sofort nimmt er ihn in Beschlag und verteilt seine Autos auf dem Boden. Ich sehe ihm eine Weile zu, Erin tritt hinter mich und legt ihren Arm um meine Schultern.
„Du hast ihn super hinbekommen.“ Sie zwinkert mir zu.
„Danke.“ Sage ich und lächle leicht.
Erin beginnt Ryan ein Mittag zu machen und auch wir essen alle eine Kleinigkeit, dann lege ich ihn in sein Reisebett und bin froh dass er tatsächlich einschläft.
Mit dem Babyphon in der Hand setze ich mich auf eine Bank draußen und sehe den Pferden zu. Auf der einen Seite ist es so schön wieder hier zu sein, hier war Rory das letzte Mal wirklich glücklich. Auf der anderen Seite verkrampft sich mein Herz bei dem Gedanken daran das Emma und Declan immer noch ein Paars sind, mehr noch, sie haben eine gemeinsame Tochter.
Als ich nach zwei Stunden erste Geräusche über das Babyphon höre gehe ich hoch und Ryan strahlt mich an.
„Na Krümel, ausgeschlafen?“ ich grinse und hebe ihn aus dem Bett.
Dann wechsele ich seine Windel und ziehe ihn um. Es ist wirklich erstaunlich warm und ich ziehe ihm Shorts und ein Polo Shirt an, so passen wir optisch zueinander wie ich grinsend fest stelle.
Dann halte ich ihm seine Turnschuhe und seine Sandalen hoch.
„Die.“ Er tippt auf seine Turnschuhe.
Hätte ich mir ja auch denken können, er liebt diese Turnschuhe. Sie sind in einem Neonblau mit abgesetzten Neongelben Nähten. Rory hat sie ihm vor zwei Wochen gekauft, denn ich hätte bei weitem nicht so viel Geld für Schuhe ausgegeben. Aber Rory war der Meinung dass er genau diese Schuhe braucht und er liebt sie heiß und innig.
Ich ziehe mir ebenfalls Turnschuhe an, dann packe ich noch ein paar Sachen in seinen Rucksack und nehme ihn auf den Arm.
„Na, ihr zwei Hübschen? Seid ihr startklar?“ Erin kitzelt Ryan und dieser gluckst vergnügt.
„Ja.“ Sagen Ryan und ich und fangen an zu kichern.
„Alles klar, wir fahren vorweg und du folgst uns.“ Ronan nimmt mir Ryan ab und trägt ihn zum Auto.
Ich schnalle ihn an und dann fahre ich den beiden hinterher. Nach 20 Minuten kommen wir am Festplatz an und Ryans Augen leuchten als er das Kinderkarussell entdeckt.
„Mummy!“ er deutet darauf und ich lächele.
„Ja Krümel, damit kannst du gleich fahren.“ Verspreche ich ihm.
Ich finde einen Parkplatz nicht weit weg von Erins und Ronans und lade zuerst Ryans Jogger aus. Dann setze ich ihn hinein und schnalle ihn an, bei ihm muss ich immer auf Nummer sicher gehen, denn still sitzen kann er so gut wie gar nicht.
Ich komme bei Erin und Ronan an und wir schlendern ein wenig über den Markt, dann erreichen wir das Karussell und Ryan ist kaum noch zu bändigen. Ich schnalle ihn ab und er läuft los.
„Nicht so schnell kleiner Mann.“ Ich nehme ihn an die Hand und Erin und Ronan lachen.
Ich kaufe ihm eine Karte und setze ihn in ein Feuerwehrauto. Sofort ist er mit Feuereifer dabei alle Knöpfe zu drücken und als es los geht stellen sich Erin und Ronan zu mir.
„Der ist so niedlich.“ Sagt Ronan grinsend als Ryan uns zu winkt.
„Neela?“ ertönt eine Stimme hinter mir und ich drehe mich um. Mark sieht mich erstaunt an und zieht mich in seine Arme.
Ich sehe zu Erin und sie nickt leicht.
„Sprich du ruhig mit ihm, wir passen auf Ryan auf.“ Sagt sie und ich nehme Marks Hand.
„Hast du einen Moment.“ Frage ich du er nickt erstaunt.
Ein paar Meter weiter liegen Heuballen auf dem Boden und wir setzen uns auf einen.
„Es ist schön dich wieder zu sehen.“ Sagt er lächelnd.
„Ich freue mich auch…“ ich schlucke schwer „… Ich habe Rory versprochen dir zu sagen das die beiden Wochen hier mit dir eine sehr schöne Zeit waren und das sie dir dafür dankt.“
„Warum hat sie sich dann nie gemeldet?“ er sieht mich verwirrt an.
„Weißt du Mark…“ ich sehe zu Boden.
Zu Hause war es einfacher, da musste ich es niemandem erklären, alle wussten was los ist.
Aber hier?
„… Als wir nach Hause kamen haben wir beide wie verrückt gearbeitet um die Zeit aufzuholen. Uns ging es beiden nicht sehr gut und wir sind zum Arzt. Am 07. August vorletzten Jahres hat sie die Diagnose Krebs im 4. Stadium erfahren. Sie hatte eine Lebenserwartung von knapp einem Jahr…“ ich breche ab und sehe ihn an.
„Ich verstehe nicht.“ Gibt er zu und seine grau blauen Augen sehen mich ängstlich an.
„Sie ist vor 4 Tagen gestorben.“ Sage ich ganz ruhig „Sie wollte nicht dass du es weißt, sie wollte nicht dass du ihr beim Sterben zusehen musst. Behalte sie so in Erinnerung wie sie war, sie hat sooft an dich gedacht. Ich würde sagen beinahe jeden Tag, sie hat dich geliebt auf ihre unverwechselbare Art.“ Ich gebe ihm einen Kuss auf die Wange. „Ich musste ihr versprechen es dir zu erklären, sie wollte nicht dass du böse auf sie bist.“
Er bleibt einen Moment sitzen während ich zu Ronan und Erin zurück gehe. Ryan strahlt mich an und kommt mir entgegen.
„Neela warte!“ Mark ist aufgestanden und kommt zu mir.
„Ich habe sie auch geliebt.“ Sagt er leise und wischt sich seine Tränen weg.
„Danke.“ Sage ich gerührt.
„Neela?“ die Stimme die hinter mir ertönt lässt mich zusammen zucken und ich schließe meine Augen.
Bitte, bitte nicht!
Ich drehe mich um und sehe ich das erste Mal seit zwei Jahren wieder. Er hat sich nicht sehr verändert, noch immer strahlen seine Augen eine solche Faszination aus das ich mich zwingen muss ihn nicht anzustarren. Seine Haare sind kürzer aber ansonsten sieht er genau so aus wie ich ihn in Erinnerung hatte.
Wie habe ich auch nur eine Minute denken können ihm hier nicht über den Weg zu laufen?
Ich meine, wenn mich Sligo eines gelehrt hat dann das man hier niemandem aus dem Weg gehen kann und augenscheinlich schon gar nicht Declan O’Brian.
Er sieht mich verwirrt an, alles spiegelt sich in Bruchteilen von Sekunden in seinem Gesicht: Freude, Fassungslosigkeit, Liebe, Hass und Abwehr.
„Mummy?“ Ryan ist bei mir angekommen und sieht mich mit großen blauen Augen an.
Ich beuge mich zu ihm runter und nehme ihn auf den Arm.
Declan steht nur da, sieht zwischen mir und Ryan hin und her.
„Wenn es jetzt das ist wonach es aussieht, dann schwöre ich dir wird das Konsequenzen haben.“ Sagt er wütend.
„Dec bitte.“ Mark sieht ihn bittend an.
„Was Dec bitte? Mein Ausrutscher von vor zwei Jahren taucht hier auf und augenscheinlich haben wir ein Kind miteinander, also wirklich ich denke ich darf mich aufregen.“ Sagt er ungehalten und jedes seiner Worte schneidet sich in meine Seele.
„Es ist bestimmt nicht so wie du jetzt denkst.“ Erin legt schützend den Arm um mich.
„Was ist daran falsch zu verstehen?“ seine Stimme überschlägt sich fast und nun bleiben mehrer Leute stehen und sehen zu uns.
„Declan, hier ist nicht der richtige Ort um das zu klären.“ Ronan macht einen Schritt auf ihn zu.
„Oh doch, genau hier…“ Declan deutet auf die Leute „… soll mir Neela Finnegan erklären was sie sich dabei gedacht hat. Soll ich jetzt plötzlich Alimente zahlen? Hast ihr Mann raus gefunden das der Kleine nicht von ihm ist und nun kommt sie angekrochen?“ sein Blick liegt voll mit Vorwürfen, Wut und Abscheu.
Ich merke wie sich mein Atem beschleunigt.
„Ganz ruhig Neela. Wir fahren jetzt.“ Erin zwingt mich sie anzusehen und mich von Declan seinem kalten Blick zu lösen.
Ryan beginnt auf einmal zu weinen und ich sehe ihn erschrocken an.
„Mummy.“ Jammert er und ich drücke ihm einen Kuss auf die Stirn.
„Alles gut Krümel.“ Flüstere ich ihm zu, ich bin im Begriff mich umzudrehen als mich zwei starke Arme herum reißen.
„Spinnst du?“ Mark greift nach Declans Händen die meine Oberarme umschließen und er lässt mich wieder los.
„Du gehst nirgendwo hin ohne mir eine Erklärung zu liefern.“ Sagt er eindringlich.
Erin nimmt mir wohl aus einem Reflex heraus Ryan ab und setzt ihn in den Kinderwagen.
„Du willst also wirklich eine Erklärung? Du willst die ganze Wahrheit?“ ich mache einen Schritt auf ihn zu und schubse ihn leicht. Es macht mich wütend das er so von mir denkt und sollte er noch ein weiteres Wort sagen, dann weiß ich nicht wer ihm zuerst eine rein haut, ich, Mark oder Ronan.
„Ja.“ Sagt er nach einer kurzen Pause.
„Dann hör mir zu, denn ich werde das was ich sage nur ein einziges Mal sagen…“ ich bohre meinen Zeigefinger in seine Brust. „Ja, Ryan ist dein Sohn. Nein, ich bin nicht verheiratet…“ ich atme schwer „Dein “Ausrutscher“ wie du mich so schön bezeichnest.“ Ich mache eine abwertende Geste „Hat am 14. Februar letzten Jahres ein Kind von dir bekommen und hat sich nicht bei dir gemeldet. Welch Drama…“ ich lache hysterisch „Weißt du was? Ich habe fast zwei Jahre damit zugebracht meiner besten Freundin beim langsamen sterben zu zusehen, ich habe mich auf Ryan gefreut und gleichzeitig musste ich der Tatsache ins Gesicht blicken das sie sterben wird. Ich habe alle meine Kraft gebraucht um diesen Weg mit ihr zu gehen. Ich habe sie jeden Tag ein wenig mehr sterben sehen und ich war immer an ihrer Seite. Ich und Alec, der Mann den ich mal heiraten wollte und der mittlerweile mein bester Freund ist. Wir haben Rory alles ermöglicht, wir haben versucht ihr jeden Wunsch zu erfüllen und ich habe an ihrem Bett gesessen wenn sie Schmerzen hatte. Solche unerträglichen Schmerzen das ich es mir gar nicht vorstellen kann und will. Es tut mir leid, aber ich hatte nicht die Zeit dazu hatte egoistisch zu sein und an mich zu denken. Ich habe mich vor zwei Jahren in eine Illusion verliebt, in die wahnwitzige Illusion dass irgendwann einmal alles gut werden kann und das es immer ein Morgen gibt, aber das stimmt nicht. Nur im Märchen gibt es ein Happy End und der Morgen ist nie sicher.“ Ich bekomme kaum noch Luft und ich merke dass mein Gesicht nass von Tränen ist. Ich drehe mich um und nehme Ryan der nun ebenfalls wieder weint auf den Arm. Ich laufe mit ihm so schnell ich kann zum Wagen, ich schnalle ihn an und will mich gerade auf den Fahrersitz setzen.
„Ich fahre Neela.“ Sagt Mark und legt seine Hand auf meine „Bitte.“ Fügt er hinzu.
Ich gebe ihm den Schlüssel und steige hinten ein. Ich heb jetzt keine Kraft mit ihm zu diskutieren. Ich wische mir über die Augen, er hat es nicht verdient dass ich wegen ihm weine.
Mark bringt uns zum Cottage und Erin fährt nach uns auf den Hof.
„Oh Süße!“ sie zieht mich in ihre Arme kaum das ich ausgestiegen bin.
„Bitte nicht Erin.“ Ich mache von ihr los und sie sieht mich betroffen an.
„Hast du den Buggy mit gebracht?“ frage ich und sie nickt. „Magst du ihn bitte holen, ich möchte noch ein wenig spazieren gehen.“ Ich gehe zur Beifahrertür und nehme Ryan auf den Arm.
„Na Krümel, wollen wir spazieren gehen?“ ich sehe ihn an und er strahlt.
„Mummy lieb.“ Sagt er und schlingt seine kleinen Ärmchen um meinen Hals.
„Ich liebe Dich auch Krümel!“ sage ich lächelnd.
Ryan schafft es immer das es mir besser geht, eine kleine Geste, ein lächeln oder ein Blick reichen aus.
Ich setze ihn in seinen Buggy und fahre in Richtung Strand, es genießen einige Menschen die Sonne und ich kaufe Ryan in einem kleinen Laden ein Strandset mit einem Eimer, Schaufel und Sandförmchen. Dann lasse ich ihn laufen und er tobt übermütig durch den Sand.
Ich setze mich zu ihm und wir bauen eine tolle Sandburg. Er lenkt mich ein wenig ab, aber meine Gedanken kreisen um das was Declan gesagt hat und was er von mir denkt.
Wie kann er so etwas nur denken?
Als es beginnt zu dämmern packe ich alles ein und muss Ryan versprechen morgen wieder mit ihm hierher zu gehen, denn ansonsten bekomme ich nicht dazu sich in seinen Wagen zu setzen. Ich laufe die halbe Stunde zurück zu Erin und bin erstaunt das Mark noch da ist.
„Was machst du denn noch hier?“ Frage ich ihn verwundert.
„Ich will sicher sein das es dir gut geht.“ Er sieht mich prüfend an.
„Danke es geht mir gut.“ Sage ich und versuche dabei sicher zu klingen. „Ich mache jetzt Ryan ein Gläschen und dann wird es für den kleinen Mann nach einer Dusche Zeit fürs Bett.“ Erkläre ich ihm und steige die Treppen hoch.
Zwei Stunden später ziehe ich mir einen Pullover an und trete an die Koppel. Eine Weile beobachten wir die Pferde die übermütig über die Koppel laufen.
„Hast du immer noch Angst?“ Marks weiche Stimme reißt mich aus meinen Gedanken.
„Nein, ich kann mittlerweile richtig gut reiten.“ Ich grinse ihn an.
„Ehrlich?“ fragt er erstaunt.
„Ja. Rory, meine Mum und ich haben in den letzten Jahren Reitstunden gehabt.“ Ich sehe lächelnd zu den Pferden „Die Exemplare waren zwar ein, zwei Ausführungen kleiner aber ich denke ich würde das auch mit denen hin bekommen.“
„Das möchte ich mit eigenen Augen sehen.“ Er schubst mich leicht an.
„Dann sollte ich mal mit Ryan vorbei kommen, er liebt Pferde und auf Ponys hat er schon so seine Erfahrungen gesammelt.“ Ein Pferd kommt zu uns und senkt seinen Kopf, ich blicke in die wunderschönen braunen Augen und streichele es über die Nüstern.
„Ryan kann schon reiten?“ Mark lächelt mich an.
„Reiten würde ich es nicht nennen, aber er sitzt sicher drauf. Ich meine er saß mit 11 Monaten das erste Mal auf einem Pferd.“ Ich streichele weiter das Pferd vor mir und vermeide es Mark anzusehen,
„Wie geht es dir?“ fragt er nachdem eine Weile schweigen herrschte.
„Gut.“ Sage ich knapp „Ich werde jetzt schlafen gehen.“ Ich gehe in Richtung Haus.
„Verdammt noch mal Neela.“ Er hat mich fast eingeholt aber ich schlüpfe vorher durch die Tür ins Haus.
Auf der untersten Stufe stolpere ich und falle hin, sofort beginne ich zu weinen… ich kann nicht mehr, dieser Tag hatte mehr emotionale Aufs und Abs wie ich vertragen kann.
„Neela.“ Mark zieht mich in seine Arme. Ich weiß warum Rory immer gesagt hat sie fühlte sich geborgen in seinen Armen. Er strahlt eine ungeheuere Ruhe aus.
„Bitte lass mich los.“ Sage ich kraftlos.
„Neela bitte.“ Er hält mich weiter fest „Wie geht es dir, ich meine hier drinnen…“ er deutet auf mein Herz.
Ich sehe zu ihm auf, Erin ist mittlerweile zu uns gekommen und hat sich neben mich auf die Treppe gesetzt.
„Wie es mir geht?“ ich sehe ihn an und er nickt.
„Ja Neela, ganz ehrlich wie geht es dir?“ fragt er leise und es erinnert mich an mein letztes Gespräch mit Rory.
„Ich vermisse sie so sehr das es weh tut.“ Sage ich leise.
„Und?“ Mark nickt mir zu.
„Ich kann nicht.“ Meine Stimme ist nur ein flüstern.
Ich kann nicht darüber reden, ich muss das alles erst einmal für mich auf die Reihe bekommen.
„Neela.“ Sagt Mark sanft und ich brauche ihn nicht anzusehen um zu wissen dass er weint. „Declan hat sich wie der letzte Idiot aufgeführt, du hast was Besseres verdient.“
„Vielleicht ist er doch ein Arschloch.“ Sagt Erin und ich sehe lächelnd zu ihr.
„Vielleicht, aber ich habe mit dem Arschloch einen Sohn.“ Sage ich resigniert. „Und er hat hier eine Familie. Ich meine ein ganz kleines bisschen kann ich verstehen wieso er so reagiert hat, ich stelle sein Leben auf den Kopf und habe ihm keine Möglichkeit gegeben im Leben seines Sohnes eine Rolle zu spielen. Mit meinem Auftauchen kann ich seine Familie zerstören.“ Denke ich laut nach.
„Wenn sich so benimmt, dann hat er keine Möglichkeit verdient.“ Sagt Erin bestimmt.
„Ach Erin.“ Ich sehe sie an und sie nimmt meine Hand.
„Ich bin so froh dass du hier bist und ich werde dafür sorgen dass ihr beide hier eine ganz tolle Zeit habt, morgen fahre ich mit euch zum Bulben und wir schauen uns Sligo mal von oben an und dann fahren wir mit einem Boot raus. Meinst du das macht Ryan Spaß?“ sie sieht mich an und ich lächle.
„Also Boot fahren liebt er, wir sind oft mit Alec seiner Yacht draußen gewesen. Rory fand es schön und es ging ihr dann ein wenig besser.“ Sage ich lächelnd.
„Rory muss wahnsinnig stolz gewesen sein eine solche Freundin zu haben.“ Mark küsst meine Hand.
„Ich liebte sie und ich liebe sie immer noch. Sie ist meine Schwester. Auf ihrem Grabstein steht Loreley Alicia Stevens – Finnegan, wir haben lange dafür gekämpft aber Alec wusste schließlich wen wir dafür anrufen mussten.“ Ich zwinkere Erin zu „Es hat Vorteile einen sehr reichen besten Freund zu haben.“
„Wenn du reden willst, ich bin da ja?“ fragt Mark nach einer kurzen Weile und ich nicke.
„Ich danke euch.“ Sage ich ehrlich „Aber ich brauche jetzt dringend eine Mütze Schlaf, Ryan hat um 6:30 Uhr ausgeschlafen, ob ich will oder nicht und wir haben morgen viel vor.“ Ich sehe zu Erin und sie nickt lebhaft.
„Und am Dienstag will ich dass ihr zu mir kommt, ich nehme mir den Tag für euch frei.“ Mark sieht mich fragend an.
„Aber sicher.“ Verspreche ich ihm.
Ich entwinde mich seiner Umarmung und steige nun langsam die Holztreppe hoch.
„Danke.“ Sage ich erneut leise und beide nicken mir zu.
Ich schlüpfe in mein Schlafshirt und lege mich leise hin, ich betrachte noch ein wenig Ryans Gesicht im Mondschein und schlafe dann erschöpft ein.
Am nächsten Morgen werde ich von einem heran fliegenden Teddybären geweckt und öffne müde meine Augen, Ryan steht im Bett und grinst.
„Na super Krümel.“ Ich strecke mich und hebe ihn aus seinem Bett.
Dann kuscheln wir ein wenig und dann ziehe ich uns an. Ich fühle mich ein wenig matt, aber der gestrige Tag hatte es ja auch in sich gehabt.
Ein Blick nach draußen verrät mir dass wirklich herrliches Wetter ist und wir uns heute wieder ein wenig sommerlich anziehen können. Erin wartet schon mit dem Frühstück auf uns und Ryan bekommt ein extra weiches Brot mit selbstgemachter Erdbeermarmelade.
Das Ende vom Lied ist, das ich ihn komplett neu anziehen darf.
Die Tour die Erin mit uns geplant hat ist wirklich schön und Ryan freut sich über alles was er sieht. Ich meine wirklich über alles, sei es eine Blume, ein Schmetterling oder einfach nur ein Blatt.
Er ist wirklich leicht zu begeistern…
Als wir um 14 Uhr an Bord eines kleinen Schiffes gehen ist er schon ziemlich geschafft und schläft kurz nach dem Auslaufen ein.
„Neela?“ Erin setzt sich neben mich und ich lege meinen Kopf schief.
„Ich möchte das was gestern passiert ist nicht beschönigen, aber ich denke wirklich das es Dec leid tut. Er ist sonst nicht so.“ sie sieht mich betreten an und ich lächele.
Nun ist sie erstaunt.
„Weißt du Erin, ich habe mir unzählige Versionen unseres Aufeinandertreffens ausgemalt. Immer und immer wieder…“ ich seufze „…Ich muss mir einfach eingestehen dass ich ihn nicht kenne und ihm als völlig Fremde ein Kind vor die Nase setze. Also denke ich das seine Reaktion verständlich war.“ Ich sehe aufs Meer.
Ich kann jeden Tag merken wie die Last, die ich die letzten zwei Jahre auf meinen Schultern hatte, von mir abfällt, die alte Neela kämpft sich wieder an die Oberfläche. Aber sie ist nicht mehr jung und voller Träume. Sie ist reifer, ruhiger und besonnener. Aber ich finde das nicht schlimm, so ist der Kreislauf des Lebens.
Ich weiß aber ebenso gut dass der große Knall noch kommt. Mal ehrlich wie viel kann ein Mensch ertragen?
„Woher nimmst du die Kraft?“ Erin sieht mich mit Tränen in den Augen an.
„Keine Ahnung…“ ich zucke mit den Schultern „Glaub mir, ich habe oft genug das Bedürfnis mich einfach in eine Ecke zu setzen und zu heulen bis der Schmerz auf ein erträgliches Maß schrumpft. Aber diesen Luxus kann ich mir nicht leisten, also mache ich weiter.“ Ich lächle leicht.
„Weißt du was ich mir wünsche?“ sie legt ihre Hand auf mein Knie.
„Na was?“ lächele ich.
„Ich wünsche mir dass du wieder die unbeschwerte Neela sein könntest.“ Ihre Augen sehen mich traurig an.
„Das geht nicht…“ ich schnaube leicht „… Ich habe zu viel Schmerz gesehen, ich habe zu viele Tränen geweint und ich habe zu viel ertragen müssen.“
„Oh Neela.“ Erin legt ihren Kopf an meine Schulter.
„Aber ich habe in den letzten beiden Jahren auch das größte Glück dieser Welt erleben dürfen, ich habe gespürt wie ein Baby in mir heran gewachsen ist, ich habe das Wunder der Geburt erlebt, obwohl ich darauf hätte verzichten können…“ ich zwinkere ihr zu „… ich habe einen wundervollen Sohn und ich freue mich unendlich das er Rory kennen gelernt hat und sie ihn.“ Ich streiche mir eine Strähne hinters Ohr. „Aber ich will jetzt mal hören was ihr die letzten beiden Jahre so getrieben habt.“ Ich sehe sie gespannt an und sie fängt an mir zu erzählen.
Als wir drei Stunden später wieder festen Boden unter den Füßen habe und Ryan zum Auto läuft, geht es mir wirklich besser. Es geht aufwärts…
Wir fahren zum Cottage und Ronan hat den Grill angeschmissen, es ist schön und Ryan genießt es so umsorgt zu werden.
Am Montag machen Ryan und ich nicht wirklich viel, ich entschließe mich spontan mit ihm nach Galway zu fahren und dann besuchen wir die Cliffs of Moher. Er ist milde ausgedrückt begeistert und nimmt alles in sich auf. Dienstag nach dem Frühstück fahren wir zu Mark und er zeigt mir stolz was er alles in den letzten Jahren geschafft es. Die Farm ist toll geworden und Ryan strahlt als Mark ihn auf ein Pferd setzt. Auch ich gönne mir einen kleinen Ausritt, also das hier ist wirklich was anderes wie in Florida. Es ist beruhigender, entspannter und ich nehme das einfach mal als ein Geschenk.
Drei Tage ist es jetzt her dass ich Declan meine Meinung gesagt habe und er hat sich bis jetzt nicht gemeldet. Ich weiß nicht was ich erwartet habe, aber zu allem Überfluss das er mich sowieso schon verletzt hat, verletzt mich auch das jetzt.
Ist ihm sein Sohn egal?
Mark kommt am nächsten Abend, nachdem ich und Ryan den ganzen Tag am Strand waren zu Erin und Ronan, da Ronan schon wieder den Grill angeschmissen hat. Er ist der Meinung sobald die Sonne raus kommt ist Grillwetter, er lässt sich durch nichts davon abbringen.
Ryan steht mit Erin auf der Koppel und Mark und ich beobachten grinsend Ronan.
Ich habe mir gerade einen Sattel aus dem Stall geholt und mache Baby, die ich ja noch in guter Erinnerung habe, zu einem Ausritt fertig.
Dann sehe ich aus dem Augenwinkel wie ein Jeep auf den Hof fährt und als ich erkenne wer aussteigt, nehme ich Mark die Zügel aus der Hand und klettere auf den Koppelzaun um mich auf Babys Rücken zu schwingen.
Noch bevor Declan bei uns ankommt presche ich davon.
Ich will ihn nicht sehen!
Ich will ihm nicht in die Augen sehen!
Ich will nicht sehen dass die Augen die für mich mal die Welt bedeuteten, mich eiskalt ansehen, das kann ich nicht ertragen…
Ich merke wie mir meine Tränen die Sicht verschlechtern, aber ich will nicht stehen bleiben.
Ich will einfach nur weg.
Irgendwann bleibt Baby dann doch stehen und schnauft schwer. Ich lasse mich runter gleiten und lande im weichen Gras. Ich habe keine Ahnung wo ich bin und es interessiert mich auch nicht. Ich vergrabe mein Gesicht in meinen Händen und sacke zusammen.
Ich bin wirklich und schlussendlich an dem Punkt wo ich keine Kraft mehr habe.
Es ist erstaunlich was der menschliche Körper und die menschliche Psyche ertragen können, aber irgendwann reicht ein kleiner Funke und nichts geht mehr.
Klar habe ich viel geweint in den letzten Tagen, aber selbst das hilft nicht mehr.
Mein Körper gibt mir ein unmissverständliches Zeichen: Game Over!
Declans Auftauchen war dieser kleine Funke der mich jetzt zusammen brechen lässt.
Baby steht neben mir, sie rührt sich nicht von der Stelle und stupst mich leicht an.
Die Zeit wird zeitlos, ich rolle mich zusammen und bete zu Gott dass der Schmerz endlich ein Ende hat.
Was bitte möchte er mir noch zumuten?
Was bitte kommt als nächstes?
Eine Stimme dringt zu mir, aber ich kann und will ihr nicht antworten.
Ich will nichts mehr fühlen… nie wieder!
Ich öffne langsam meine Augen und versuche einzuordnen wo ich bin.
Und ja, ich fühle etwas… mir tut alles weh und ich bin kaum in der Lage meinen Körper zu kontrollieren.
„Hey.“ Kommt es aus einer Ecke des Zimmers.
„Alec.“ Sage ich erstaunt und er setzt sich aufs Bett.
„Hey.“ Sagt er erneut und streicht mir eine Strähne aus dem Gesicht „Was machst du denn nur?“
„Game Over.“ Sage ich leise. „Wo bin ich?“
„Du bist in Erins Ferienhaus. Sie wollten dich nicht im Krankenhaus lassen.“ Er sieht mich müde an.
„Was ist mit Krümel?“ ich sehe ihn ängstlich an.
„Der ist bei Erin und Ronan und es geht ihm gut. Er vermisst seine Mummy, aber wir denken es ist besser wenn er dich so nicht sieht. Ich habe Angst das er denken könnte dir geht es so schlecht wie Rory.“ Seine Augen sehen mich prüfend an und ich nicke leicht.
„Jage mir nie wieder so einen Schrecken ein.“ er küsst meine Stirn.
„Ich verspreche es.“ Ich grinse leicht.
„Neela du bist zusammen gebrochen und hast jetzt 4 Tage geschlafen.“ Er nimmt meine Hand und setzt sich auf meine Bettkante. „Uns war klar dass es irgendwann passiert, aber ehrlich gesagt hatte ich gehofft dass du es nicht so weit kommen lässt.“
„Ich wollte das nicht, ich dachte ich schaffe das.“ Gebe ich zu.
„Neela, es ist bewundernswert wie du das alles augenscheinlich weg steckst, aber du bist auch nur ein Mensch. Ein so wundervoller Mensch…“ er sieht mich an „Ich habe Angst um dich.“ Gibt er zu.
„Das will ich nicht.“ Ich setzte mich ein wenig auf und lege meinen Kopf auf seine Brust, seine Arme umschlingen mich und ich versuche das Chaos was in meinem Kopf herrscht zu kontrollieren.
Als es zögerlich klopft hebe ich kurz meinen Kopf um im nächsten Moment Declan zu erkennen.
„Bitte geh.“ Sage ich leise.
„Nein, ich gehe nicht.“ Er nimmt sich einen Stuhl und setzt sich neben mein Bett.
„Wie geht es dir jetzt?“ sagt Alec einfühlsam.
Fast aus einem Reflex heraus will ich sagen gut, aber ich besinne mich.
„Schlecht.“ Sage ich schließlich.
„Sag mir was du fühlst.“ Alec zwingt mich ihn anzusehen „Wie geht es meiner wunderbaren, tapferen und zauberhaften Neela?“
Ich kuschele mich an seine Brust „Ich kann nicht.“ Wimmere ich verzweifelt.
„Doch Neela, du hast Sachen geschafft an denen ich zerbrochen wäre, du hast aus mir einen so viel besseren Menschen gemacht und ich weiß du kannst jetzt, dieses eine Mal wirklich ehrlich sein. Zu mir, zu Declan und zu dir selbst.“ Ermutigt er mich.
„Ich weiß wenn ich Krümel nicht hätte dann wäre ich nicht mehr hier. Ich wäre wahrscheinlich einfach von irgendeinem Hochhaus gesprungen. Die letzten beiden Jahre waren meine Gedanken von dem Gedanken bestimmt dass Rory stirbt. Ich meine ich habe eine lange Zeit gehabt mich darauf einzustellen, aber als sie starb traf es mich unvorbereitet…“ ich zucke ganz leicht mit den Schultern, so als ob ich mich entschuldigen will „Sie war fast mein ganzes Leben an meiner Seite und ich habe keine Ahnung wie es weiter gehen soll. Alle machen sich schreckliche Sorgen um mich, aber sie wissen dass ich Ryan niemals alleine lassen könnte. Ich liebe ihn so sehr, er ist mein ganzes Glück.“ Ich lächele ganz zaghaft und Alec haucht mir einen Kuss auf die Stirn. „Es hat mir weh getan wie du reagiert hast…“ ich sehe zu Declan der mich betroffen ansieht „Ich meine was denkst du von mir? Ich bin bestimmt nicht hier um Alimente zu kassieren, auch wenn ich schon lange nicht mehr gearbeitet habe sind Ryan und ich bestens versorgt. Ich habe es ihr verdammt noch mal versprochen, denn von mir aus wäre ich nicht hierher gekommen. Ryan und ich haben alles in Florida, meine Familie und meine Freunde. Meine Mum war die letzten Jahre immer an meiner und Rorys Seite, wir lagen neben ihr wenn sie vor Schmerzen nicht mehr atmen konnte, wir waren an den guten Tagen und an den schlechten Tagen da. Alec…“ ich hebe leicht meinen Kopf „ Du bist so ein toller Freund geworden, du hast uns alles ermöglicht …“ ich schließe meine Augen „Ich dachte ich habe es verdient Glück zu haben.“ Flüstere ich. „Ich möchte glücklich sein, ich möchte mich ohne dieses beklemmende Gefühl etwas nicht richtig gemacht zu haben an Rory erinnern. Hätte ich mehr tun können? Habe ich sie genug unterstützt? Habe ich alles richtig gemacht? Ich möchte wenigstens Ryan anschauen und sagen können, bei ihm habe ich alles richtig gemacht. Aber das habe ich nicht…“ ich schluchze.
„Doch Kleines, du hast alles richtig gemacht.“ Declan greift nach meiner Hand und ich spüre diese unglaubliche Wärme die von ihm ausgeht wieder. Ich sehe ihn erstaunt an.
Was ist passiert?
„Ich war überfordert, ich meine mit allem…“ er fährt sich durch die Haare „… Ich habe eine lange Zeit gewartet das du dich meldest, ich habe jeden Tag auf ein Zeichen gehofft aber ich habe zu schnell aufgegeben. Ich habe mich wieder mit Emma eingelassen, auch wenn mein Herz mir sagte das ist falsch. Ich habe meinem Kopf vertraut, der sagte das ist Richtig. Wir haben eine wirklich wunderbare Tochter zusammen aber das ändert nichts an der Tatsache dass ich sie nicht liebe. Dann plötzlich standest du vor mir und ich sah Ryan…“ er lächelt ganz zaghaft „… Am liebsten hätte ich dich in meine Arme genommen und dich geküsst, ich hätte Ryan hoch genommen und ihm gesagt dass er mit Abstand das schönste Geschenk der Welt ist. Aber ich konnte es nicht, ich habe dir Vorwürfe gemacht und es tut mir leid. Ich habe noch am gleichen Tag mit Emma geredet, komischer Weise versteht sie mich. Sie hat mich verlassen, weil sie weiß das ich zu Verantwortungsbewusst bin sie zu verlassen. Neela, als du völlig am Ende in meinen Armen lagst, da habe ich mir geschworen alles zu tun damit du wieder glücklich bist. Du hast so unvorstellbar Schlimmes durch gemacht und ich weiß nicht ob ich die Kraft dazu gehabt hätte. Aber du hast Ryan bekommen und dafür werde ich dir mein ganzen Leben lang dankbar sein. Ryan ist toll! Er ist wirklich so toll.“ Er drückt ganz leicht meine Hand „Ich kann sagen das du bei ihm alles und zu 100 % richtig gemacht hast.“
Alec sieht anerkennend zu Declan.
„Und bei Rory…“ sagt Alec leise „Neela, du hast alles getan und noch viel mehr. Rory hat mir sehr oft gesagt das sie das ohne dich nicht schaffen würde und sie fühlte sich wahnsinnig schuldig dass sie dir das alles zugemutet hat. Glaub mir Süße, Rory hat dich bedingungslos geliebt genauso wie du sie.“ Er haucht mir einen Kuss auf die Stirn. „Ich werde jetzt mal schauen was der Krümel macht und lasse euch mal ein wenig Zeit.“ Er sieht von mir zu Declan und steht auf.
„Alec…“ ich halte seine Hand fest und er sieht mich liebevoll an „Ich liebe Dich.“ sage ich leise und er beugt sich zu mir runter.
„Ich liebe Dich auch.“ Sagt er und küsst mich kurz auf den Mund.
Dann geht er und ich bin mit Declan alleine. Er betrachtet mich und ich sehe ihn unsicher an.
„Muss ich mir eigentlich Sorgen machen was dich und Alec angeht?“ er sieht mich verunsichert an.
„Nein.“ Sage ich lächelnd „Ich liebe ihn wie meinen großen Bruder den ich nie hatte.“
„Kann ich es jemals wieder gut machen?“ seine Stimme klingt unsicher und verletzlich und ich sehe ihn an, ich nehme seine Hand in meine.
„Die letzten Jahre habe ich immer von einem Augenblick zusammen mit dir gezehrt wenn es mir schlecht ging.“ Ich sehe ihn an.
„Von welchem Moment.“ Fragt er leise.
„Die Erinnerung an unseren ersten Kuss, hier in diesem Haus, in der Küche. Noch niemals habe ich mich so gefühlt wie in diesem einen Moment.“ Gebe ich zu.
„Kannst du mir verzeihen?“ er setzt sich auf die Kante und sieht mich an, da sind sie wieder die tosenden Wellen und mein Herz schlägt so kräftig in meiner Brust das ich denke es springt gleich heraus.
„Ich denke wenn ich jetzt nein sage, dann reißt mir Rory den Kopf ab, sie hat sich ja was dabei gedacht mich hierher zu schicken.“ Sage ich lächelnd.
„Darf ich deine Erinnerung auffrischen?“ er beugt sich über mich und noch ehe ich antworten kann legen sich seine warmen, weichen Lippen auf meine.
Ich genieße es so sehr und ziehe ihn zu mir.
So fühlt sich Glück an…
Genau so…
Als wir uns von einander lösen lächeln wir beide.
„Das werde ich jetzt jeden Tag mindestens einmal tun, damit du nie wieder nur eine Erinnerung daran hast.“ Er küsst meine Hand „Kleines?“ er sieht mich grinsend an.
„Ja?“ ich lege meine Hand unter sein Kinn.
„Ich liebe Dich, bitte geh nie wieder weg. Bleib bei mir, werde meine Frau.“ Er hat Tränen in den Augen und ich schlucke.
Ich gebe zu, bis zu diesem Punkt habe ich nicht gedacht. Ich wollte immer dass er mich auch liebt, aber mein Leben in Florida aufgeben?
Meine Familie da lassen?
Ihn heiraten?
„Ich liebe dich auch.“ Sage ich schließlich und er strahlt. „Alles andere müssen wir auf und zukommen lassen, ja? Ich bin im Moment nicht in der Lage so weitreichende Entscheidungen zu treffen.“ Ich sehe ihn entschuldigend an. Er nickt leicht „Das ist mehr als ich hätte erwarten können.“ Er küsst mich erneut und ich schlinge meine Arme um seinen Hals.
„Kleines, ich weiß nicht ob das eine so gute Idee ist.“ Er sieht mich fast strafend an als meine Hand unter sein T-Shirt gleitet.
„Meinst du das als Arzt oder als mein Freund?“ ich sehe ihn grinsend an.
„Als dein Arzt…“ er schluckt „Als dein Freund kann ich mich kaum beherrschen.“
Anstatt etwas darauf zu erwidern ziehe ich ihm sein T-Shirt über den Kopf, ich will ihn spüren, ich will spüren das das Leben noch so viel mehr zu bieten hat als den Schmerz, die Wut und die Trauer der letzten beiden Jahre.
Genussvoll seufzend krabbelt er unter meine Decke, er bedeckt meinen Körper mit unzähligen Küssen und ich winde mich unter seinen Händen. Es ist eine Erlösung als er endlich meinen Po in seine Hände nimmt und in mich eindringt. Ich stöhne auf und sehe ihm in die Augen, ich muss ihn einfach die ganze Zeit ansehen um wirklich sicher zu sein das das hier nicht nur ein Traum ist.
Die Anspannung entlädt sich in einem gewaltigen Höhepunkt von uns beiden und wir liegen uns schwer atmend in den Armen.
„Ich liebe dich so sehr.“ Haucht er und ich lege meinen Kopf auf seine Brust und höre sein Herz heftig schlagen.
„Ich liebe dich auch.“ Sage ich selig lächelnd.
Wir kuscheln noch eine ganze Weile, dann hilft mir Declan dabei mich anzuziehen, ich möchte zu Ryan. Ich habe Angst das er denkt ich bin einfach gegangen, nach allem was er bei Rory mit angesehen hat weiß ich nicht wie es in seinem kleinen Kopf ankommt das seine Mummy nicht da ist.
Wir treten hinaus in die Sonne und er Atlantikwind weht uns um die Nase. Ich atme tief ein und schließe meine Augen, Declan legt seine Hand um meine Hüfte und haucht mir einen Kuss auf die Stirn.
„Ist alles in Ordnung?“ fragt er leise.
„Ja, für den Moment ist alles in Ordnung…“ ich sehe ihn an „Ich möchte jetzt unbedingt zu Ryan.“ Gebe ich zu.
Er lächelt und küsst mich kurz.
„Kann ich verstehen.“ Er hält mir ddie Autotür auf und ich steige ein.
Dann setzt er sich ans Steuer und wir fahren zurück zum Hof.
Kaum das Ryan das Auto gehört hat dreht er sich um, als er sieht das ich aussteige beginnt er zu strahlen und kommt auf mich zu gelaufen.
„Mummy!“ jubelt er, ich gehe in die Hocke und nehme ihn fest in den Arm.
„Mein Krümel.“ Sage ich leise und drücke ihn an mich.
„Mummy lieb.“ Sagt er leise.
„Ich liebe dich auch so sehr.“ Ich gebe ihm einen Kuss.
„Mummy nicht weg.“ Er sieht mich traurig an und ich schlucke.
„Nein, mein Krümel, Mummy geht nicht weg.“ Ich stehe mit ihm auf dem Arm auf.
Dann entdeckt Ryan Declan, seine Augen werden groß und er schenkt ihm ein strahlendes Lächeln.
„Daddy.“ Jubelt er und ich sehe verwirrt zu Declan.
„Na, ja. Er hat gefragt wer ich bin und Alec und ich hielten es für das Beste ihm die Wahrheit zu sagen.“ Gesteht er mir und nimmt mir Ryan ab.
„Na mein Großer.“ Er stupst ihm auf die Nase.
„Daddy Pferdchen?“ Ryan klatscht in die Hände.
„Gleich mein Großer.“ Verspricht ihm Declan und setzt ihn ab.
Er läuft zurück zu Erin und Ronan und diese nehmen ihn sofort in Beschlag.
„Kleines?“ Declan sieht mich fragend an.
Ich kuschele mich an seine breite Brust „Hmm.“ Nuschele ich.
„Ich habe gestern mit Emma gesprochen…“ setzt er an „… Weißt du, es ist uns wichtig das Ryan und Megan sich kennen lernen. Sie sind Halbgeschwister und Emma will es ihnen nicht vorenthalten.“
„Ihr habt Recht.“ Sage ich leise. „Sie sollten sich kennen lernen.“
„Noch was…“ er nimmt mein Gesicht in seine Hände „Genauso wie Alec und dich immer was ganz Besonderes verbinden wird, so wird auch mich und Emma immer etwas mehr wie nur unsere gemeinsame Tochter verbinden. Es wäre schön für mich, wenn ihr euch verstehen würdet.“ Er küsst mich leicht und ich nicke.
Ich weiß was Declan meint, sowohl Megan als auch Emma werden immer zu seinem Leben gehören und angesichts dessen was hier in den letzten Tagen passiert ist finde ich es erstaunlich dass Emma mir nicht den Kopf abreißen will…
Nachdem uns Erin mit einem leckeren Abendessen versorgt hat bringen Declan und ich Ryan ins Bett. Er verabschiedet sich früh und ich und Erin sitzen noch ein wenig zusammen. Ronan lässt uns alleine, da er mit so “Frauenkram“ gar nichts am Hut hat.
„Und Neela, wie ist es jetzt?“ sie reicht mir ein Glas Wein und ich sehe in die Flammen des Kamins.
„Es ist ein ungemein tiefes, befriedigendes Gefühl zu wissen das Declan an meiner Seite ist.“ Gebe ich zu und sehe auf.
„Ich denke ihr bekommt alles hin.“ Sagt sie sicher.
„Er hat mich gefragt ob ich ihn heiraten will und hierher ziehe.“ Sage ich leise.
„Und?“ Erin sieht mich mit großen Augen an.
„Zu dem einen würde ich sofort ja sagen, aber bei dem anderen hängt einfach zu viel dran.“ Ich sehe sie an und zucke mit den Schultern.
„Das heißt du würdest her kommen aber weißt nicht ob du ihn heiraten sollst?“ sie sieht mich leicht verwirrt an.
„Nein Erin, ich würde ihn lieber heute als morgen heiraten aber ich weiß nicht ob ich mein Leben in Florida aufgeben kann.“ Erkläre ich ihr.
„Na, ja ich gebe zu es liegt nicht mal eben um die Ecke.“ Sie sieht mich grinsend an.
„Nein, nicht wirklich.“ Lächle ich.
„Was hast du Dec gesagt?“ sie sieht mich an und legt ihren Kopf schief.
„Ich habe ihm gesagt dass ich momentan nicht in der Lage bin so weitreichende Entscheidungen zu treffen.“ Sage ich und atme aus. „Mal schauen wie es morgen mit Emma und Megan läuft.“
„Ihr trefft euch morgen, oder?“ sie nimmt nun auch ein Schluck von dem Wein.
„Ja, wir fahren morgen zu Emma, sie ist mit Megan in ein kleines Haus gezogen…“ ich sehe sie an „Wahnsinn wie die Beiden das in nur ein paar Tagen geklärt haben.“ Sage ich Anerkennend.
„Ja, Emma ist kein schlechter Mensch. Sie hat immer gewusst das er dich liebt und ich denke sie wusste wenn du irgendwann wieder hierher kommt wird er sich für dich entscheiden.“ Sagt Erin und ich nicke leicht.
Dann gehe ich auch zu Bett und betrachte noch eine Weile Ryan beim Schlafen.
Ich weiß nicht wie ich mich Emma gegenüber verhalten soll und ich zerbreche mir fast die ganze Nacht den Kopf darüber.
Am nächsten Morgen ist Ryan so voller Energie das ich meine Mühe und Not habe ihn im Zaum zu halten, erst als Declan kommt beruhigt er sich ein wenig und ich atme durch.
„Na Kleine.“ Declan gibt mir einen Kuss und fängt Ryan auf der stürmisch zum wiederholten Male auf ihn zu läuft. „Was hast du unserem Sohn heute Morgen gegeben?“ fragt er lächelnd und lässt den zappelnden Ryan wieder runter.
„Kein Ahnung. Frag Erin.“ Sage ich lächelnd.
„Hey mein Großer. Na, was meinst du, wollen wir heute mal deine Schwester besuchen?“ er sieht ihn an und Ryan nickt begeistert.
Ob er sich über das gesagte im Klaren ist?
Wir fahren ein Stück und halten dann vor einem kleinen Haus an.
Declan hilft Ryan aus dem Auto und ich sehe Emma mit Megan auf dem Arm in der Tür stehen.
„Ich nehme Mal Ryan und Megan.“ Sagt Declan und ich nicke leicht.
Eine Weile stehen Emma und ich ein wenig unschlüssig vor einander.
„Möchtest du einen Kaffee?“ fragt sie schließlich und ich nicke dankbar.
„Dann komm.“ Sie führt mich in die Küche und ich setze mich an den kleinen Esstisch.
Sie stellt uns Kaffee hin und setzt sich zu mir.
„Es tut mir leid.“ Sage ich nach einer Weile.
„Weißt du Neela, es wäre wirklich einfach dich zu hassen…“ sie zuckt mit den Schultern „… Aber ich kann es nicht. Seitdem du damals hier warst weiß ich im Grunde genommen das er mich nicht liebt, aber ich habe versucht einfach daran fest zu halten.“ Gesteht sie mir.
„Emma, ich weiß nicht was ich sagen oder tun kann.“ Sage ich unsicher.
„Nichts Neela.“ Sie legt ihre Hand auf meine „Ihr habt euch verdient, ich meine wirklich verdient…“ sie nickt lächelnd „Dec und ich haben Megan und sie ist wirklich zauberhaft, aber seine Familie seid ihr.“
„Nein Emma, wir alle zusammen sind seine Familie und ich wünsche mir das du jemanden findest der dich so liebt wie du es verdient hast.“ Ich drücke kurz ihre Hand.
„Wir alle zusammen.“ Widerholt sie.
„Ja, wir alle zusammen.“ Sage ich sicher „Ich weiß das ich dich weh getan habe…“ setze ich an.
„Nein, Neela. Komischer Weise hast du das nicht…“ sie sieht mich leicht lächelnd an „… Dec und ich haben nur endlich den längst überfälligen Schritt gemacht und ich muss sagen ich fühle mich erleichtert. Erleichtert und frei. Ist das Normal?“ sie sieht mich leicht verwirrt an.
„Was ist bei uns schon normal?“ frage ich grinsend.
„Nichts.“ Sagt sie leise lachend „Ganz ehrlich Neela, ich wünsche euch wirklich das ihr glücklich werdet und endlich euer Leben genießen könnt.“ Sie sieht mich so offen und ehrlich an das ich schlucken muss.
„Du bist eine bemerkenswerte Frau Emma.“ Sage ich anerkennend.
„Du auch.“ Sagt sie sicher. „Dann komm, ich möchte das du Megan kennen lernst und ich möchte Mal schauen wie Ryan so ist.“ Sie steht auf und reicht mir ihre Hand.
In dieser Geste liegt so viel, ich erhebe mich lächelnd und ergreife die Hand.
Ich weiß im Moment nicht wie und wo mein Leben weiter gehen wird, aber ich bin mir sicher Emma und ich können es schaffen Freunde zu werden und uns gegenseitig zu respektieren.
Wir betreten das Wohnzimmer und Ryan und Declan kitzeln die kleine Megan die vergnügt juchzt.
„Na ihr Drei.“ Sagt Emma und Declan blickt auf.
„Na ihr Zwei.“ Erwidert er grinsend.
„Krümel?“ ich sehe zu Ryan und er kommt zu mir. „Schau Mal mein Süßer, das ist Emma…“ ich deute auf Emma „… Sie ist die Mummy von Megan und sie ist wirklich ganz lieb.“
„Hallo Ryan, magst du Kekse?“ Emma sieht ihn lächelnd an.
„Au ja.“ Erwidert Ryan begeistert und ich sehe lachend zu Emma.
„Du hast ihn.“ Ich zwinkere ihr zu.
Sie nimmt Ryan an die Hand und geht mit ihm in die Küche während Declan mir Megan gibt.
„Gott ist die klein.“ Sage ich andächtig „Mir kommt es vor als wäre Ryan gestern so klein gewesen und jetzt schau ihn dir an.“
„Danke Neela.“ Sagt Declan und ich lächle.
„Emma ist wirklich toll.“ Gestehe ich „Du musst dich bei ihr bedanken, sie hat es mir sehr leicht gemacht sie zu mögen.“
Wir verbringen den Tag bei Emma und Megan und es ist entspannt und wir lachen viel. Ryan mag Emma und ich mag die kleine Megan. Und obwohl die einzige Konztante zwischen uns Declan ist, merken Emma und ich dass wir wirklich gute Chancen haben Freundinnen zu werden.
Declan bringt mich am Abend nicht zurück zu Erin, wir fahren in sein Haus und Ryan ist von seinem Kinderzimmer ganz angetan, ich denke Mal er sieht über das Rosa und die Prinzessinnen einfach mal seinem Daddy zu liebe hinweg.
Als Ryan im Bett ist liegen Declan und ich auf der Couch.
„Schatz?“ frage ich leise.
„Hmm.“ Er kuschelt sich an meine Brust.
„Du hast mich doch gefragt ob ich deine Frau werden will…“ setze ich an und er kommt hoch.
„Ja?!“ er sieht mich an und ich versinke in seine Augen.
„Ich möchte deine Frau werden, lieber sofort als später, aber ich weiß nicht ob ich Florida hinter mir lassen kann.“ Ich sehe ihn an und er strahlt.
„Wir finden eine Lösung.“ Verspricht er mir und küsst mich heraus fordernd.
Am nächsten Morgen verabschiedet er sich ziemlich schnell als er mich und Ryan bei Erin abgesetzt hat.
„Wo will Dec denn hin?“ Erin sieht mich fragend an.
„Ich glaube in seine Praxis, aber gesagt hat er nichts.“ Ich sehe dem Auto hinterher. Alec sitzt im Speiseraum und begrüßt mich strahlend.
„Wo warst du denn die letzten Tage?“ ich sehe ihn fast strafend an und nehme ihn in den Arm.
„Ich hatte geschäftlich in Dublin zu tun.“ Erklärt er mir und ich setze mich zu ihm.
„Hey Krümel.“ Begrüßt er nun auch Ryan und dieser lässt sich bereitwillig von ihm knuddeln.
Wir trinken einen Kaffee zusammen und er quetscht mich über mich und Declan aus, ich berichte ihm was die letzten beiden Tage so los war und er sieht mich erstaunt an.
„Wow Neela. Und du kommst echt mit Emma klar?“ fragt er ein wenig verwundert.
„Ja, sie ist wirklich lieb und Ryan hat sie sofort in sein Herz geschlossen. Ich denke wir bekommen das hin.“ Sage ich sicher.
Als sein Telefon klingelt und er aufs Display schaut, geht er raus und telefoniert.
„Ich muss los Neela. Wir sehen uns später!“ er winkt mir zu und ich bleibe mit Ryan alleine zurück.
Als Erin mit frischem Kaffee kommt sieht sie mich verwundert an.
„Wo ist denn Alec jetzt hin?“
„Kein Ahnung.“ Ich zucke mit den Schultern.
Erin und ich backen zusammen mit Ryan Kekse und er ist voll in seinem Element.
Als Alec und Declan zusammen wieder kommen, da ist es mir schon ein wenig unheimlich, aber beide versichern mir dass sie sich “zufällig“ in der Stadt getroffen haben.
Ich meine was soll ich darauf sagen?
Ich weiß ja das man in Sligo immer diejenigen trifft die man nicht vermutet.
Aber als Declan mich dann freiwillig eine Nacht bei Erin lässt, da komme ich wirklich ins Grübeln…
Was hat er vor?
Am nächsten Morgen ist Ryan weg und als ich verschlafen nach unten gehe empfangen mich Emma und Erin.
Und das wird mir jetzt wirklich komisch….
„So mitkommen.“ Erin schubst mich nach draußen und bugsiert mich in ihr Auto.
„Kann mir jetzt mal jemand sagen was hier los ist? Wo ist Ryan und wo wollen wir hin?“ ich sehe beide an und sie fangen an zu lächeln.
„Komisch, ich dachte ich höre was vom Rücksitz.“ Sagt Emma und sieht zu Erin.
„Hmm. Mir war fast auch so.“ antwortet diese lachend.
Ich lehne mich zurück und finde das nicht wirklich so witzig wie die Beiden, aber gut.
Was habe ich denn für eine Wahl?
Aus einem fahrenden Auto springen?
Nicht sehr verlockend…
Wir halten vor einer Boutique und Emma und Erin nehmen mich an die Hand und wir betreten diese.
Ehe ich mich versehe stecke ich in einem weißen, langen Sommerkleid.
„Was soll das?“ frage ich zum x-ten Mal.
„Neela, du wirst in drei Stunden heiraten.“ Sagt Erin und ich sehe sie erstaunt an.
„Wie bitte?“
„Declan und Alec haben alle Hebel in Bewegung gesetzt und ihr heiratet heute.“ Emma zwinkert mir zu.
„Aber…“ setze ich an.
„Nichts aber, hinsetzen.“ Sie deutet auf einen Stuhl und eine ältere Frau kommt zu uns und fängt an mir meine Haare zu machen, während eine andere anfängt mich zu schminken und noch ein rum wuselt und meine Nägel macht.
Zwei Stunden später zieht mich Erin hoch und führt mich zum Spiegel.
Wow, ich sehe wirklich hübsch aus. Ich trage einen Blumenkranz im Haar, der wie mir Emma berichtet zu einer alten irischen Tradition gehört, das Kleid ist einfach aber wirklich schick. Mit Spitzeneinsätze und aufgestickten Blumen.
Ich glaube das nicht…
Die beiden harken mich unter und wir fahren zu einer kleinen Kirche. Alec wartet schon auf mich und nimmt mich in den Arm.
„Ich weiß eigentlich sollte das hier dein Dad tun, aber ich glaube Dec hat Angst dass du es dir noch wieder anders überlegst.“ Er zwinkert mir zu und wir betreten die kleine Kirche.
Es sind nicht wirklich viele Menschen da, neben Emma und Erin noch Mark, Liam und Brandon.
Ich sehe zum Altar und Declan sieht wirklich richtig gut as in seinem weißen Anzug, mein Herz schlägt wie verrückt in meiner Brust und als er endlich meine Hand nimmt, da weiß ich das er genau das ist was ich immer wollte. Als uns Ryan dann die Ringe reicht, da ist mein Glück wirklich perfekt.
Der Pfarrer hält nur eine kurze Rede und wir sind sage und schreibe 30 Minuten später Mr. und Mrs. Declan O’Brian.
Auf eine Hochzeitsreise verzichten wir erst einmal, ich muss mir erst völlig im Klaren darüber sein was ich will und Declan versteht das. Er drängt mich zu nichts und ist der einfühlsamste Mensch den ich mir an meiner Seite vorstellen kann.
Na, gut vielleicht hat Alec seine Drohung ihm wirklich weh zu tun sollte er mich verletzen auch ein wenig dazu bei getragen.
Wir verbringen noch 5 wunderschöne Wochen in Irland, aber dann muss ich erst einmal wieder zurück.
Die Entscheidungen die ich treffen muss gehen nicht nur mich was an und ich muss sie mit meinen Eltern und Alec, der nach der Hochzeit nur noch zwei Tage da war, besprechen.
Meine Mum nimmt mich am Flughafen in Empfang.
„Krümel!“ sie breitet ihre Arme aus und Ryan läuft Freudestrahlend auf sie zu.
„Na danke Mum.“ Sage ich gespielt beleidigt.
Nachdem sie ihren Enkel an sich gedrückt hat nimmt sie auch mich in den Arm.
„Du siehst gut aus Kleines.“ Sie sieht mich an und streicht über meine Wange.
„Daddy.“ Sagt Ryan und ich und meine Mum lachen.
„Ich bin mir sicher dass es an deinem Daddy liegt.“ Gibt meine Mum zu und kitzelt ihn.
„Ja.“ Sage ich strahlend.
Wir fahren ins Appartement und setzen uns auf die Terrasse während mein Dad seinen Enkel in Beschlag nimmt.
„Wie geht es dir?“ meine Mum setzt sich ganz nah zu mir und schubst mich leicht.
„Sehr gut.“ Sage ich und sehe sie lächelnd an „Declan ist toll…“ sage ich verträumt „…Ich liebe ihn.“
„Das sieht man und wie soll es weiter gehen?“ sie schaut aufs Meer.
„Ich weiß es nicht, ich meine in Irland ist alles geklärt. Ich komme mit Emma richtig gut klar, Mark ist ein wirklich guter Freund für mich und Ryan liebt die Beiden und seine kleine Megan.“ Ich lächle und meine Mum nickt leicht.
„Kann ich mir vorstellen.“ Gibt sie zu.
„Aber ich weiß nicht ob ich Fort Lauderdale wirklich hinter mir lassen kann. Was ist mit euch? Mit Alec?“ ich zucke mit den Schultern.
„Glaub mir Kleines, wir kommen zu Recht. Ich genieße es soviel Zeit mit deinem Dad zu verbringen und Alec hat schon gesagt wenn du dich entscheiden solltest nach Sligo zu ziehen dann werden wir dich oft besuchen kommen. Denke bei dieser Entscheidung nicht an uns. Du zählst.“ Sie gibt mir einen Kuss auf die Wange.
„Danke Mum.“ Sage ich gerührt „Aber ich werde hier noch einiges erledigen müssen.“
„Ja, aber dann solltest du zu Declan gehen, ihr gehört zusammen.“ Sie drückt meine Hand. „Und du wärst keine Finnegan wenn du dich nicht der Herausforderung stellen würdest.“
„Na, ja.“ Sage ich ausweichend und sie sieht mich an.
„Was Neela?“ sie lacht auf.
„Ich bin eigentlich nicht mehr so richtig eine Finnegan.“ Gebe ich zu.
„Wie nicht mehr so richtig?“ sie sieht mich nun skeptisch an.
„Ich würde eher sagen ich bin jetzt eine O’Brian.“ Gebe ich zu.
„Ihr habt geheiratet?“ sie zieht mich in ihre Arme.
„Ja am 2. Juni, nur im kleinen Kreis, Alec war mein Trauzeuge.“ Lächle ich.
„Alec, der Schuft, er wusste es?“ sie knufft mich.
„Ja, aber ich habe ihn zum Stillschweigen verdonnert.“ Nehme ich ihn in Schutz.
„Und ist es das was du willst?“ ihre grünen Augen fixieren mich.
„Ja Mum, das ist das was ich immer wollte.“ Sage ich sicher.
„Das ist schön mein Kleine!“ sie zieht mich in ihre Arme.
Endlich zwei Monate später ist alles in Kisten verstaut und ich bin bereit mein neues Leben in Irland anzutreten. Natürlich hat Alec alles für mich geregelt und ich bin ihm wirklich dankbar. Heute kann er uns nicht zum Flughafen bringen, aber wir haben uns schon gestern Abend verabschiedet. Er hat mir ein paar Warnhinweise mit auf den Weg gegeben und mir ganz fest versprochen mich in ein paar Wochen zu besuchen.
Der Landeanflug auf Strandhill ist jedes Mal etwas ganz besonders, vor allen Dingen da ich jetzt weiß das Declan auf mich wartet. Auf mich, seine Frau und auf unseren Sohn.
Ryan läuft los kaum das er festen Boden unter seinen kleinen Füßen hat und Declan fängt ihn lächelnd auf.
„Hey mein Großer!“ er drückt ihm einen Kuss auf seine gespitzten Lippen.
„Hallo meine Kleine!“ er gibt auch mir einen Kuss.
„Zu Hause.“ Sage ich und sehe ihn lächelnd an.
„Ja, zu Hause.“ Sagt er erleichtert.
Wir fahren zu seinem Haus, er hat ein wenig umgebaut und Ryan hat nun sein eigenes Reich neben dem Kinderzimmer von Megan, die uns sooft besuchen wird wie es nur geht. Meine Möbel sind tatsächlich schon da und ich fühle mich rundherum wohl.
Als wir Ryan ins Bett gebracht haben sitzen wir auf der Couch und sehen unsere Hände an denen die Eheringe stecken an.
„Das ist das Beste was mir im meinem ganzen Leben passiert ist.“ Lächelt Declan glücklich.
„Ja.“ Stimme ich ihm zu.
„Ich habe uns heute frischen Fisch geholt, ich dachte mir schon das Ryan fertig sein wird. Also Frau O’Brian, was halten sie von Fisch?“ er grinst mich an und zieht mich in die Küche.
Kaum rieche ich den Fisch wird mir schlecht und ich stürze ins Bad.
Declan folgt mir besorgt.
Als ich mich übergeben habe sehe ich ihn an.
„Schatz?“ fragt er grinsend „Sag mal wann hattest du eigentlich genau deine letzte Periode?“ er lehnt sich an den Türrahmen.
Ich rechne angestrengt nach, dann schließe ich meine Augen.
„Bevor ich im Mai zu dir geflogen bin.“ Sage ich kleinlaut.
„Warte einen Moment.“ Er geht weg und kommt ein paar Minuten später mit einem Schwangerschaftstest wieder.
„Wie gut dass ich die immer in der Praxis habe.“ Er reicht ihn mir. „Ich warte dann mal kurz draußen.“ Er schließt die Tür und ich befolge die Anleitung auf der Rückseite.
Dann setze ich mich auf den zu geklappten Toilettendeckel und starre den Test der neben dem Waschbecken liegt an.
Declan kommt vorsichtig rein und sieht mich lächelnd an.
„Du siehst geschockt aus.“ Stellt er schmunzelnd fest.
„Bist du nicht geschockt?“ frage ich und sehe ihn an.
„Nein.“ Er lacht leise „Wir haben nicht verhütet, wir sind verheiratet, wir haben einen wundervollen Sohn…“ er tut als müsse er nachdenken „… Also ganz ehrlich ich bin nicht geschockt.“
„Und?“ ich deute zu dem Test, er nimmt ihn in die Hand.
„Ich denke du wirst bald als Mummy alle Hände voll zu haben.“ Er zieht mich hoch und küsst mich zärtlich.
„Du bist der Wahnsinn Neela O’Brian.“ Lacht er.
„Und deine Gene müssen sich anscheinend immer durch setzen.“ Ich grinse leicht.


Epilog
Und wie ich als Mummy alle Hände voll zu tun habe…
„Ryan, Jamie, Alicia, Pat, Simon und Rory!“ rufe ich bestimmt schon zum 20. Mal die Treppe rauf.
„Ja.“ Kommt es aus den verschiedenen Zimmern.
„Bewegt ihr euch jetzt endlich. Ihr müsst zur Schule.“ Sage ich und lehne mich gegen das Treppengeländer.
„Bin da.“ Ryan gibt mir einen Kuss und ich sehe ihm lächelnd hinterher wie er in unseren Kleinbus einsteigt. Er ist jetzt 16 und hat sein letztes Jahr vor sich. Dann stürmen James und Alicia an mir vorbei, die beiden sind 11 und sie sind wirklich zickig zurzeit, weshalb ich mir jetzt einfach ein Kommentar bezüglich des fehlenden Kusses verkneife.
Patrick kommt nun auch endlich und er vergisst seinen Kuss nicht, ich struvele ihm durch seine braunen Locken, er ist der einzige von unseren Jungs der Locken hat. Er wird in ein paar Tagen 9. Kaum ist er im Bus kommt auch endlich Simon, unser Jüngster mit seinen gerade mal 6 Jahren, ich reiche ihm seine Schultasche die er mal wieder in der Küchen liegen lassen hat.
„Danke Mum.“ Sagt er und drückt mir einen Schmatzer auf die Wange.
„Rory!“ rufe ich entnervt und dann erscheint sie endlich. Sie ist eine echte Diva und wenn jedes Haar so sitzt wie Madame es möchte dann geht gar nichts… Sie ist 14 und wirklich bildhübsch.
Ich nehme sie in den Arm und wir gehen zum Wagen.
„Alle da?“ frage ich in die Runde, es wäre ja nicht das erste Mal das ich jemanden vergesse.
„Ja.“ Ertönt es im Chor und ich fahre nachdem ich kurz gehupt habe von Hof. Auf dem Weg zur Schule sammele ich noch Megan und ihre Schwester Piper ein. Ich nehme sie jeden Morgen mit.
Emma reicht mir noch schnell einen Designentwurf für meinen Kunden am Vormittag und dann setzte ich die Rasselband vor der Schule ab. Sie reihen sich in die anderen Mitschüler ein und ich habe Mühe sie durch ihre Schuluniformen im Auge zu behalten. Dann fahre ich zu meinem Termin und bin gegen Mittag wieder zu Hause. Ich werfe einen Blick in die Praxis und begrüße Joan, Declans Sprechstundenhilfe.
„Hey Jo, alles gut bei euch? Wie weit ist er denn?“ ich bleibe ihm Türrahmen stehen uns sie lächelt.
„Er hat den letzten Patienten drin…“ sie deutet auf die Tür zum Sprechzimmer „Bevor ich es vergesse, Erin hat angerufen, ich soll euch an die Geburtstagsfeier von Mark erinnern. Er und Emma haben euch alle ja schon vor Wochen eingeladen, aber Erin wusste nicht ob ihr es behaltet.“ Sie zwinkert mir zu.
Ja, Emma und Mark haben tatsächlich zueinander gefunden und unsere bunte Patchworkfamilie funktioniert perfekt. Megan ist immer ein Wochenende bei uns und eines bei Emma und Mark, ansonsten ist sie auch in der Woche oft hier, aber genauso oft ist eines unserer Kinder bei ihnen.
Es ist richtig…
Genauso wie es ist und ich bin mir sicher Rory würde mir zustimmen!


Mit einem geliebten Menschen einen schweren Weg zu gehen ist die größte Herausforderung eines Lebens, aber man wächst an den Herausforderungen... man darf dabei nur nicht sich selbst vergessen.

 


Impressum

Texte: me
Bildmaterialien: me
Tag der Veröffentlichung: 22.08.2012

Alle Rechte vorbehalten

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