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Fremde Heimat


„Cath, ein gewisser Adam Lancaster für dich.“ Schwester Evelyn hält mir den Telefonhörer hin und ich sehe sie fragend an. Nachdem sie mit den Schultern zuckt gehe ich ran.
„Ja, Dr. Cathlyn McLoughlin.“ Melde ich mich förmlich.
„Hallo Dr. McLoughlin, mein Name ist Adam Lancaster, ich rufe aus Bantry an. Leider muss ich ihnen mitteilen das ihr Großvater Seamus Patrick McLoughlin gestern verstorben ist.“ Sagt er und dann ist es einen Moment still.
Ich schlucke… und schließe meine Augen.
Mein Grandpa ist tot?
Einfach so?
„Ihr Bruder wurde ebenfalls informiert, er ist auf dem Weg hierher. Ihre Eltern kümmern sich zusammen mit ihrer Schwester um die Beerdigung. Zur Testamentvollstreckung muss ich auch sie bitten hierher zu kommen.“ Fährt er fort.
„In Ordnung.“ Sage ich nur.
Ich meine was soll ich darauf sagen?
Scheint nicht so als hätte ich eine Wahl.
„Wann denken sie kann mit ihrem eintreffen gerechnet werden?“ fragt er etwas ungeduldig da ich wieder schweige.
„Ich werde mir den nächstmöglichen Flug buchen, ich denke ich kann morgen Abend da sein.“ Sage ich fahrig.
„Gut, dann sehen wir uns morgen Abend um 17 Uhr in meiner Kanzlei in der Slip Lawn 25. Ihr Bruder, ihre Schwester und ihre Eltern werden auch da sein. Mein Beileid und einen schönen Tag noch.“ Sagt er und legt auf.
Hat er mir gerade einen schönen Tag gewünscht?
Ehrlich jetzt?
„Cath? Alles klar?“ Sam, mein Kollege sieht mich fragend an.
„Nein, ich muss nach Irland.“ Sage ich tonlos und er sieht mich erstaunt an.
„Wie jetzt?“
„Ja, mein Grandpa ist gestorben.“ Ich starre immer noch das Telefon an.
„Das tut mir leid.“ Er nimmt mich in den Arm, aber ich habe überhaupt nicht das Bedürfnis zu weinen.
Doch im Grunde genommen habe ich schon das Bedürfnis, aber nicht weil mein Grandpa tot ist sondern weil ich nach Irland zurück muss.
Schon komisch, oder?
Es stürzen gerade so viele Gefühle auf mich ein dass ich gar nicht richtig denken kann.
„Ich sag in der Personlabteilung Bescheid, kümmere du dich um alles. Geh nach Hause.“ Sagt er sanft, ich sehe ihn erstaunt an.
„Sam, ich habe noch drei Stunden Dienst.“ Ich nehme mir die nächste Patientenakte und betrete den Behandlungsraum noch ehe er mir widersprechen kann.
Ich muss jetzt arbeiten, ich muss jetzt etwas tun was ich kann. Was ich wirklich richtig gut kann.
Die drei Stunden gehen rasend schnell vorbei und ehe ich mich versehe stehe ich vor meinem Spind und ziehe meine hellblauen Sachen und meinen Arztkittel aus. Ich hänge mein Stethoskop an den Harken und lege meinen Pieper auf die Aufladestation.
„Cathy.“ Lilly, meine beste Freundin und ebenfalls Ärztin im McLean Hospital kommt rein und nimmt mich in den Arm.
Ich weiß so schon das Sam mit ihr geredet hat, denn ihr Gesicht spricht Bände.
„Und nun?“ sie nimmt meine Hand und ich setze mich auf die Bank vor den Spinten.
„Ich muss einen Flug buchen, ich muss morgen da sein.“ antworte ich niedergeschlagen.
„Ich fahre jetzt mit zu dir und dann bekommen wir das hin.“ Sie hält mir ihre Hand hin und ich ergreife sie.
Wir fahren mit dem Fahrtstuhl in die Tiefgarage und sie setzt sich ans Steuer meines Wagens.
Während der Fahrt quer durch Boston hin nach Revere direkt am Wasser sehe ich aus dem Fenster, alles erscheint mir so unreal und unwirklich.
Als wir vor dem Haus parken und den Hausflur betreten sieht mich Lilly immer wieder besorgt an.
„Ich setzte mich ans Telefon und buche einen Flug.“ Sage ich als ich die Tür zu meinem Appartement aufgeschlossen habe.
„Gut, ich schaue mal das ich schon ein paar Sachen für dich einpacke.“ Sie geht in Richtung meines Schlafzimmers.
Ich nehme mein schnurloses Telefon zur Hand und lasse mich mit dem Flughafen hier in Boston verbinden.
„Logan International Airport.“ Meldet sich nach zweimaligem Klingeln ein Mann.
„Hallo, mein Name ist Dr. McLoughlin. Wann geht der nächste Flug nach Dublin?“ erkundige ich mich und versuche dabei ruhig zu klingen.
Er tippt eine Weile auf dem Computer herum. „Der nächste Flug geht in 4 Stunden, Aer Lingus, genaue Abflugzeit 18:40 Uhr und Ankunft in Dublin nach 5 Stunden 55 Minuten, Uhrzeit nach Ortzeit 5:35 Uhr.“ Spult er runter.
„Sind noch Plätze frei?“ komme ich nun zum eigentlichen Grund meines Anrufes.
„Ja Miss, wir haben noch Kapazitäten zur Verfügung.“ Antwortet er mechanisch.
„Gut, buchen sie bitte ein Ticket auf Dr. Cathlyn McLoughlin.“ Sage ich eilig, ich will dieses Gespräch beenden.
„Gut, das kostet dann 830 $, sie können es bar oder mit Kreditkarte bezahlen und es sich bis spätestens 1 Stunde vor Abflug an der Information 7-25 abholen.“ Sagt er rasch.
„Vielen Dank.“ Damit lege ich auf.
Gut, einen Teil habe ich jetzt. Aber nun muss ich mich um einen Leihwagen kümmern. Denn immerhin ist Bantry 350 km von Dublin entfernt, aber ich habe keine Wahl. Ich bekomme von hier keinen Direktflug nach Bantry und der kleine Flughafen ist nicht gut verbunden. Außerdem brauche ich so oder so einen Leihwagen. Ich lasse mich mit einer großen Leihwagenfirma verbinden.
„Ja, bitte?“ ertönt eine freundliche Dame.
„Guten Tag, mein Name ist Dr. McLoughlin…“ spule ich meine Begrüßungsfloskel runter „… ich brauche bitte einen Leihwagen am Dublin Airport morgen früh.“ Sage ich und suche meine Kreditkarte raus, das hier werde ich wohl oder übel gleich bezahlen müssen.
„Dublin Irland?“ fragt sie nun und ich schüttele verwundert meinen Kopf.
„Wie viele gibt es denn?“ frage ich leicht gereizt.
„Da würden sie staunen, also Dublin Irland.“ Sie geht nicht auf mich ein.
„Ja bitte.“ Sage ich und versuche ebenfalls freundlich zu klingen.
Ich hasse es wenn man gereizt ist und der Gesprächspartner eine solche Gute Laune an den Tag legt das man wahnsinnig wird.
„Für wie lange? Kategorie 1, 2, 3, 4 oder 5?“ ich kann förmlich hören wie sie lächelt.
„Ich denke 1 Woche. Das was sie da haben.“ Sage ich und schließe meine Augen.
Nun komm schon…
„Also ich habe hier einen Chevrolet Captiva, dunkelblau, vertönt, 12.000 km gefahren, Klimaanlage, Navigationsgerät…“ spult sie runter.
„Den nehme ich.“ Unterbreche ich sie.
„Sie bezahlen mit Kreditkarte nehme ich an.“ Stellt sie eher fest als sie fragt.
„Ja.“ Sage ich hastig.
„Gut, das macht dann 258,- ¤. Rückgabe an der gleichen Station.“ Flötet sie und ich gebe ihr meine Kreditkartendaten.
Dann lege ich auf und gehe ins Schlafzimmer.
„Ich muss mich beeilen, in 2 Stunden muss ich am Flughafen sein.“ Ich nehme mir ein paar Sachen aus dem Schrank und stopfe sie zu denen die schon in der Tasche liegen.
„So, ich habe alles soweit eingepackt.“ Sagt Lilly und nimmt meine Hand. „Setz dich kurz.“ Bittet sie mich.
„Nein Lilly, ich habe jetzt keine Zeit dafür zu weinen.“ Sage ich weil ich sie zu gut kenne.
Das ich im Moment nur alles vor mir her schiebe ist klar, aber ich habe einfach keine Zeit.
Ich habe mir noch nie viel Zeit genommen meine Entscheidungen zu überdenken, ich habe immer alles kurz und schmerzlos entschieden….
Wie meinen Weggang aus Bantry.
Kurz und…
Nein, er war nicht schmerzlos, er war das schmerzhafteste was ich in meinem Leben getan habe und noch heute 10 Jahre später zieht sich mein Herz zusammen.
Herrgott, ich bin keine 19 mehr…
Ich bin 29, ich habe an einer der besten Universitäten der Welt, in Cambridge, Medizin studiert, ich arbeite im besten Krankenhaus des Staates Massachusetts, ich bin eine erfolgreiche Kinderärztin….
Ich habe nichts mehr mit der 20jährigen Cathlyn McLoughlin gemein.
Nichts mehr!
„Ich gehe schnell duschen.“ Sage ich an Lilly gewandt und sie nickt mir kurz zu.
Als ich unter Dusche stehe und das warme Wasser in mein Gesicht prasselt mischen sich die ersten Tränen darunter.
´Nicht jetzt, bitte nicht jetzt! ` Flehe ich mich selbst verzweifelt an.
Ich schaffe es die Tränen zu unterdrücken, ich schlinge das Handtuch um mich und steige aus der Dusche. Mit einer schnellen Handbewegung wische ich den Dunst vom Spiegel. Meine grünen Augen sehen mich ausdruckslos und müde an und ich schließe sie kurz. Ich habe die gleichen Augen wie mein Grandpa und mein Dad schießt es mir durch den Kopf.
´Nicht darüber nachdenken! ` Mahne ich mich selbst.
Ich rubbele mich trocken und schlüpfe in die frische Unterwäsche die ich mir aus meinem Schlafzimmer mitgebracht habe.
Dann föhne ich kurz meine langen hellbraunen Haare und binde sie schließlich mit zwei kleinen geflochtenen Zöpfen zu einem kunstvollen Knoten. Ich trete in den Flur und gehe zurück ins Schlafzimmer, in dem ich Lilly immer noch auf dem Bett sitzend vorfinde.
Sie reicht mir eine dunkelblaue Jeans und ich schlüpfe hinein. Dann nehme ich mir ein weißes T-Shirt und einen schwarzen V-Ausschnitt Pullover, als ich mich vor dem Spiegel drehe seufze ich leicht. Ich gehe barfuss zurück in den Flur und angle mir schwarze Pumps aus dem Schuhschrank.
Lilly hält mir Nylonstrümpfe hoch und ich nicke ihr dankbar zu.
Sie nimmt meine Tasche und bringt sie ins Auto während ich meinen schwarzen Mantel anziehe und den Gürtel verknote. Schnell nehme ich noch meinen schwarzen Schal mit und schließe die Tür ab.
Lilly sitzt schon am Steuer als ich runter komme und ich steige auf der Beifahrerseite ein.
„Bitte Cathy, rede mit mir.“ Sagt sie leise.
„Ich kann nicht.“ Erwidere ich ebenso leise.
„Alles wird gut.“ Sie streichelt sanft meinen Arm und ich schlucke schwer.
„Ich weiß nicht.“ Flüstere ich unsicher.
Vor dem Flughafen lässt sie mich raus, da Parkplätze wie eigentlich an jedem Flughafen Mangelware oder überteuert sind.
„Melde dich wenn du gelandet bist.“ Sie sie mich durchdringend an.
„Hmm.“ Ich nicke fahrig, nehme meinen Koffer und meine Tasche und betrete das Flughafengebäude. Nach einer Weile finde ich den Schalter 7 – 25 und lasse mir mein Ticket aushändigen. Mein Blick geht auf die Anzeigentafel, mein Flug steht schon drauf und ich checke mein Gepäck am angebenden Schalter ein.
Ich beeile mich zum Check in zu kommen und sitze 20 Minuten später schon auf meinem Platz. Ich habe einen Fensterplatz und beobachte das Treiben rund um die Maschine. Wie kleine Ameisen wuseln sie herum, verladen Gepäck, betanken das Flugzeug und arbeiten ihr Checklisten ab. Dann verschwinden immer mehr der kleinen in orangefarbenden Westen gekleideten Ameisen und dann werden auch schon die Sicherheitsanweisungen durch gegeben.
Ich schnalle mich an und eine ältere Dame nimmt neben mir Platz. Ich versuche sie zu ignorieren und starre aus dem Fenster.
Es ist kalt, trüb und nebelig in Boston… wie meine Stimmung.
Wir rollen auf die Starbahn zu und warten dann noch einen Moment ehe wir uns in die Lüfte erheben. Ich suche mein I-Pod aus meinem Handgepäck und stecke mir die Kopfhörer rein. Ich merke wie ich langsam weg döse und schließlich einschlafe, nach einem 16 Stunden Dienst und den Anstrengungen bin ich wie erschlagen.
„Miss?“ jemand rüttelt sanft an meiner Schulter und ich schlage meine Augen auf, über mir ist eine Decke ausgebreitet und mein Kopf liegt auf einem Kissen. Schnell komme ich hoch und sehe in das Gesicht einer freundlichen Stewardess.
„Miss, wir landen in 20 Minuten.“ Sagt sie freundlich und ich nicke immer noch leicht verschlafen.
„Da haben sie ja wirklich den ganzen Flug geschlafen Kindchen.“ Sagt die ältere Dame neben mir.
„Ich brauchte wohl etwas Schlaf.“ Gebe ich zu und sie nickt leicht.
„Ihr jungen Leute habt aber auch immer ein so hektischen Leben, heute Dublin, morgen vielleicht wieder Boston, dann New York und was weiß ich noch. Sie sollten sich Zeit nehmen, für alles. Jeder Augenblick ist ein Geschenk, aber leider merkt man das immer erst in meinem Alter.“ Sie zwinkert mir zu.
„Da haben sie wahrscheinlich Recht.“ Sage ich und falte die Decke zusammen.
„Was machen sie denn beruflich?“ fragt sie mich plötzlich und ich sehe sie an.
Sie hat ein freundliches, leicht rundliches Gesicht und sie scheint wirklich neugierig zu sein.
„Ich bin Kinderärztin am McLean Hospital.“ Sage ich und ihre Gesicht beginnt zu strahlen.
„Oh, eine richtige Ärztin, da ist ihre Familie wahrscheinlich furchtbar stolz auf sie.“ Sie tätschelt leicht meinen Arm.
„Sollte man meinen.“ Murmele ich und sie sieht mich fragend an.
Augenscheinlich sagt mein Blick mehr wie tausend Worte und sie lässt das Thema fallen.
„Ich bin übrigens Molly Peetersen. Molly reicht aber völlig.“ Sie reicht mir ihre Hand und ich ergreife sie lächelnd.
„Cathlyn McLoughlin. Cath.“ Ich versuche ihr lächeln zu erwidern, aber die Gewissheit gleich wieder meine Füße auf irischen Boden zu setzen machen das zu einem schweren Unterfangen.
„Und Cath, wie lange bleibst du in Dublin?“ fragt sie mich nun.
Komisch, normaler Weise kann ich Leute die mir Löcher in den Bauch fragen nicht ausstehen, aber sie ist so eine nette alte Dame, da macht es mir nicht wirklich was aus. Sie lenkt mich ein wenig ab und wahrscheinlich kann ich das gerade gut gebrauchen. Ich wünschte nur ich hätte Antworten auf ihre Fragen.
„Ich muss noch weiter nach Bantry, wie lange ich bleibe weiß ich noch nicht. Das kommt darauf an wie lange ich brauche um ein paar Dinge zu regeln.“ Gebe ich schließlich zu.
„Oh, das klingt nicht nach einem Erholungsurlaub…“ sie sieht mich bedauernd an.
„Nein, leider nicht. Mein Großvater ist verstorben.“ Sage ich leise.
„Oh wie schrecklich Kindchen.“ Sie drückt meine Hand.
„Es ist schon in Ordnung.“ Sage ich und schlucke den Kloß in meinem Hals runter.
„Wann haben sie ihn das letzte Mal gesehen?“ ihre hellblauen Augen mustern mich und ich sehe aus dem Fenster.
„Vor 10 Jahren.“ Sage ich leise und es ist mir unangenehm.
Eigentlich hatte er gar nichts mit der ganzen Sache zu tun, aber außer jedes Jahr eine Karte zum Geburtstag und zu Weihnachten konnte ich mich zu nichts durchringen.
Es tut mir so leid…
„Ach Kindchen, so etwas ist kein Weltuntergang…“ wieder tätschelt sie meinen Arm „… Für alles was geschieht gibt es immer einen Grund, nur manchmal erschließt er sich uns nicht auf den ersten Blick.“ Sie lächelt mich aufmunternd an.
„Ich hoffe…“ sage ich mehr zu mir selbst als zu ihr „… Und wie lange bleibst du in Dublin?“ stelle ich nun auch endlich mal eine Frage.
„Ich werde wohl 4 Wochen bleiben, ich besuche meine Schwester Milly.“ Sie lacht leise „Milly und Molly, ach was waren unsere Eltern einfallsreich.“
Dann merke ich auch schon den Ruck der Landung und sehe aus dem Fenster, der Flughafen ist hell beleuchtet aber der Himmel über uns ist schwarz.
Als sich die ersten Passagiere zum Ausgang begeben sieht mich Molly nochmals kurz an.
„Egal was der Grund war warum du so lange nicht hier warst, Irland verzeiht alles.“ Sie zwinkert mir zu.
´Irland vielleicht schon…` denke ich trübsinnig.
„Ich wünsche dir einen schönen Urlaub.“ Ich sehe Molly an und sie nickt mir zu.
„Den wünsche ich dir unter gegebenen Umständen auch Liebes.“ Sie steht auf und ich folge ihr zum Ausgang.
Die Maschine ist am Rand des Rollfeldes geparkt und wir müssen ein Stück laufen, ich ziehe mir meinem Mantel wieder an und folge den Menschen.
Es ist kalt für Anfang Mai und leichter Nieselregen erfüllt die Luft.
´Irland…`denke ich missmutig.
Mechanisch lade ich mein Gepäck, welches mit als erstes kommt auf denn Trolli und schiebe ihn vor mir her zum Schalter des Mietwagenunternehmens.
„Guten Morgen.“ Begrüßt mich ein junger Mann hinter dem Schalter.
„Guten Morgen, mein Name ist Cathlyn McLoughlin, ich habe telefonisch einen Wagen bestellt.“ Ich reiche ihm meine Buchungsnummer und meinen Führerschein.
„Hier sind ihre Schlüssel, es ist ein dunkelblauer Wagen, sie finden ihn im Parkhaus 3 auf Ebene 5.“ Er reicht mir den Schlüssel und die Versicherungspapiere.
„Vielen Dank.“ Sage ich und mache mich auf die Suche nach dem Parkhaus.
Nach 15 Minuten Fußmarsch bin ich im Parkhaus und mit der Fernbedienung finde ich auch den Wagen relativ schnell, einfach nur auf die blinkenden Lichter zulaufen hört sich einfacher an wie es ist. Ich verlade mein Gepäck im Kofferraum und bringe den Trolli weg.
Ich setze mich hinters Steuer und reibe mir müde die Augen. Dann gebe ich Bantry ins Navigationsgerät ein und warte bis die Strecke berechnet ist.
„Die Route ist berechnet, 351 km bis zum Ziel, Fahrtzeit 4 Stunden, berechnete Ankunftszeit 11 Uhr.“ Ertönt eine weibliche Computerstimme.
Ich seufze leicht und starte den Motor. Ich winde mich durch unzählige Serpentinartige Ausfahrten bis hin zum großen Ausfahrt. Ich sehe mich prüfend nach links und rechts um und entdecke Molly bei ihrer Schwester.
Sie entdeckt mich als ich mein Fenster runter fahre um die Parkkarte einzuschieben.
Lächelnd winkt sie mir zu und ich erwidere den netten Gruß.
Dann schlängle ich mich durch den morgendlichen Berufsverkehr Dublins und meine Route wird alle paar Minuten neu berechnet, weil in der Stadt Verkehrschaos herrscht.
Laut Berechungen hätte ich nur 30 Minuten raus aus Dub gebraucht aber tatsächlich fahre ich erst nach fast 3 Stunden auf die M7 die mich bis runter nach Killeany bringt von dort aus muss ich nur noch auf die M8 und dann habe ich es geschafft, das heißt es liegen 340 km auf der Landstraße vor mir die langweiliger nicht sein können.
Als die erste Tankstelle ausgeschildert ist besorge ich mir einen starken Kaffee und eine Kleinigkeit zum Frühstück.
Die Stunden ziehen sich in die Länge, kurz bevor ich durch Cork durch bin blockiert ein Unfall beide Richtungen und ich stecke fest. Ich telefoniere kurz mit Lilly, denn mittlerweile ist es auch in Boston 9 Uhr. Ich sage nur das ich gut angekommen bin, dann öffne ich mein Fenster und lasse die kalte Mailuft rein. Ich bin müde, trotz allem das ich im Flugzeug geschlafen habe bin ich wirklich todmüde.
Um 15 Uhr setzt sich alles langsam wieder in Bewegung und ich merke das ich gleich zu diesem Adam Lancaster fahren muss, denn ich brauche noch knapp 1 ½ Stunden bis Bantry und ich schaffe es sicherlich nicht mir vorher noch ein Hotel oder eine Pension zu suchen.
´Ob Alex schon hier ist? ` denke ich an meinen großen Bruder. Auch er wohnt schon lange nicht mehr in Irland, er ist ebenfalls vor 10 Jahren, einen Monat nach mir nach Kanada gegangen und er ist der Einzige mit dem ich von meiner Familie in den letzten 10 Jahren noch Kontakt hatte. Wir telefonieren alle zwei Wochen, besuchen uns regelmäßig und ich wäre so froh wenn er schon da wäre, ich möchte ihnen nicht allein unter die Augen treten.
Als ich Ballylicky, 5 Minuten von Bantry entfernt durchfahre wird mir schlecht und ich fahre kurz an die Seite. Ich versuche gleichmäßig zu atmen und die Panik zu unterdrücken. Nach einer viertel Stunde habe ich mich wieder im Griff und ich sehe auf meine Uhr, 16:32 Uhr steht auf dem Display. Ich gebe die Adresse ein die mir Mr. Lancaster gegeben hat und warte wieder einen Moment.
„Die Route ist berechnet, 5,6 km bis zum Ziel, Fahrtzeit 10 Minuten, berechnete Ankunftszeit 16:42 Uhr.“ Ertönt es blechern.
Ich blinke und ordne mich wieder im Verkehr ein.
Es ist merkwürdig wie schnell ich mit dem Linksverkehr wieder klar komme, wahrscheinlich verlernt man einige Dinge nie.
Nach 10 Minuten halte ich vor einem Bürogebäude und atme tief durch. Ich suche mir einen Parkplatz, steige aus und nehme meinen Mantel um ihn mir über zu ziehen.
„Kitty Cath!“ höre ich eine Stimme vom anderen Ende des Parkplatzes und drehe mich um.
„Alex.“ Sage ich erleichtert und nehme ihn in den Arm. Das er mich mal wieder Kitty Cath genannt hat übergehe ich mal einfach, er liebt es mich mit diesem Spitznamen zu ärgern. „Wann bist du denn angekommen?“
„Heute Morgen, ich wohne im Bantry Bay Hotel und musste erst einmal eine Runde schlafen. Und du?“ er streicht mir besorgt eine Strähne, die sich aus meinem Knoten gelöst hat, aus dem Gesicht.
„Seit heute morgen. Ich bin seit 6:30 Uhr hierher unterwegs. Dub und Cork haben mich allein schon 6 Stunden gekostet.“ Ich sehe ihn an und ziehe ihn wieder in meine Arme „Ich bin froh dass du da bist.“
„Ich bin auch froh.“ Er küsst meine Stirn und ich lehne meinen Kopf an seine Brust.
Alex ist mit 1,85 m sage und schreibe 22 cm größer wie ich. Er streicht mir über den Rücken und ich schließe kurz meine Augen.
„Wir sollten hoch gehen.“ Sagt er und ich nicke leicht.
Er nimmt mich in den Arm und wir betreten das Gebäude. Unten ist eine große Anmeldung und Dan tritt darauf zu.
„Guten Tag, mein Name ist Alexander McLoughlin, ich und meine Schwester Cathlyn McLoughlin werden von einem Mr. Lancaster erwartet.“ Sagt er ihr und sie nickt.
„Einen Moment bitte.“ Sie greift zum Telefon.
Alex dreht sich wieder zu mir um und ich öffne meinen Mantel, da die Luft hier drin schon fast erdrückend warm ist.
„Hast du Bescheid gesagt das du kommst?“ ich sehe ihn fragend an und er schüttelt mit dem Kopf.
„Und du?“ er öffnet nun ebenfalls seinen schwarzen Mantel und ich kann und staunen wie gut in Form mein großer Bruder ist. Alex ist zwei Jahre älter wie ich, er war schon in meiner Kindheit mein Held und wahrscheinlich wird er es immer bleiben. Er hat dunkelblonde kurze Haare, die er jetzt streng zu einem Mittelscheitel gekämmt hat. Seine dunkelblauen Augen mustern mich und ich atme tief ein.
„Nein.“ Sage ich und er nickt.
„Ich denke sie werden überrascht sein.“ Sagt er und zieht eine Augenbraue hoch.
„Ja, das denke ich auch.“ Gebe ich zu.
„Wie geht es Ann, Sophie und Jesse?“ frage ich ihn nach seiner Frau und seinen beiden 3 und 5järigen Kindern.
„Ann geht es sehr gut. Sie ist froh dass sie nach der Elternzeit mit Sophie endlich wieder arbeiten kann. Sophie macht der Kindergarten Spaß und Jesse, du kennst ihn ja, ist mit vollem Elan in der Vorschule.“ Erklärt er und seine Augen leuchten „Sie fragen wann du mal wieder kommst.“ Er schubst mich leicht.
„Hey komm, ich war erst vor 2 Monaten da.“ Sage ich und grinse.
„Zu deiner Info es sind schon 3 Monate.“ Er schüttelt leicht seinen Kopf.
„Mr. und Dr. McLoughlin?“ ein älterer Mann taucht auf und sieht uns fragend an.
„Ja.“ Sagt Alex für uns beide.
„Kommen sie bitte mit…“ er macht eine einladenden Handbewegung „… Ihre Eltern, ihre Schwester und ihr Schwager warten schon auf sie. Sie waren sich nicht sicher ob sie kommen.“ Erklärt er uns als er uns an verschieden gleich aussehenden Türen vorbei führt. Dann öffnet er eine von ihnen und deutet uns an rein zu gehen.
Sofort sticht er mir ins Auge, Sean…
Die Wut die in mir aufsteigt kann ich gar nicht in Worte fassen. Alex legt seine Hand beruhigend auf meinen Rücken als er merkt wie ich mich versteife.
„Ganz ruhig Kitty Cath.“ Sagt er sanft.
„Nehmen sie bitte Platz.“ Sagt Mr. Lancaster und Alex setzt sich gleich als Puffer neben meine Mum. Ich werfe allen einen kurzen Blick zu, setze mich schließlich neben ihn und sehe zu Mr. Lancaster.
„Ich habe sie heute alle hierher gebeten da der verstorbene Seamus Patrick McLoughlin mich zu seinem Testamentsvollstrecker ernannt hat…“ er sieht uns an „… Ich werde ihnen jetzt den letzten Willen vorlesen.“ Er öffnet eine Mappe und nimmt ein Schriftstück zur Hand.
„Ich, Patrick Sean McLoughlin geboren am 12.08.1928 in Bantry Co. Cork verfüge hiermit das mein einziger Sohn Oliver James McLoughlin und meine Schwiegertochter Frau Rosemary Elisabeth McLoughlin das Farmhouse (Wert 88.000 ¤ Stand 11/2010) in dem sie leben, das Geschäft McLoughlin Enterprise (Wert 45.000 ¤ Stand 01/2012), alle Geschäftskonten (Wert 37.000 ¤ Stand 01/2012), meine Lebensversicherung (Auszahlungssumme 500.000 ¤) und die Anteile an den von mir erworbenen Aktien (Wert 18.000 ¤ Stand 01/2012) erhalten.
Meinen Enkelkindern, Alexander James geboren am 12.04.1982, Cathlyn Marie geboren am 27.04.1984 und Georgina Mae geboren am 14.09.1986 vermache ich das Ranchhaus (Wert 145.000 ¤ Stand 11/2011) und die Stallungen (Wert 22.000 ¤ Stand 11/2011) samt der Pferde (2 Zuchthengste, 3 Stuten – Irish Tinker Wert 28.000 ¤) zu gleichen Teilen. Des Weiteren bekommen alle drei den gleichen Anteile aus meinem angelegten Treuhandkonto im Wert von 250.000 ¤.
Eine Auszahlung an alle drei wird nur unter Einhaltung der folgenden Regeln zustande kommen.
1.Alexander James und Cathlyn Marie verpflichten sich für vier Wochen im Ranchhaus zusammen mit Georgina Mae zu wohnen.
2.Keiner der drei darf seine Anteile in den vier Wochen am Haus, an den Stallungen oder den Pferden veräußern oder per Schenkung an einen anderen übertragen.
Weitere Instruktionen werden folgen.
Nach Ablauf der 4 Wochen wird das Geld vom Treuhandkonto ausgezahlt und der- oder diejenige die im alleinigen Besitz des Hauses und der Stallungen ist muss den verbleibenden jeweils 50.000 ¤ zum Ausgleich zahlen.
Notariell beglaubigt am 02.01.2012 von Adam Lancaster.
Hinterlassenschaftswerte gesamt: 1.882.000 ¤.
Wie folgt verteilt: Oliver James McLoughlin & Rosemary Elisabeth McLoughlin = 688.000 ¤, Alexander Patrick McLoughlin = 398.000 ¤, Cathlyn Marie McLoughlin = 398.000 ¤, Georgina Mae O’Connell = 398.000 ¤. Das wäre dann bis hierhin alles. Haben sie noch Fragen?“ er sieht uns alle an.
´Tausende! ` schießt es mir durch den Kopf.
Klar, unsere Familie gehörte schon immer zu den reichsten Familien im County aber dass mein Grandpa soviel Geld hatte überrascht selbst mich.
Ich, diejenige die für ihr Studium nebenbei noch 2 Jobs machen musste, um überhaupt bis zum Ende durch zu halten… Ich fass es nicht.
Und was?
Ich soll vier Wochen mit Georgina zusammen wohnen?
Nur zwei Gehminuten von meinen Eltern entfernt?
Was bitte hat er sich dabei gedacht?
„Ist es wirklich zwingend erforderlich hier zu bleiben?“ Alex sieht Mr. Lancaster an und dieser nickt.
„Ja, es war der letzte Wille ihres Großvaters.“ Sagt er und sieht zu mir. „Sie haben auch die Möglichkeit auf alles zu verzichten, aber wenn sie sich dazu entscheiden, dann bedenken sie dass auch ihre beiden Geschwister in diesem Fall leer ausgehen, das Geld wird dann eine wohltätige Organisation gespendet.“ Erklärt er uns.
„Bitte Alex.“ Sagt Georgina leise.
„Wie stellst du dir das vor? Ich habe ein gut gehendes Marketingbüro in Saint John.“ Er sieht sie kurz an. „Was meinst du Cath?“ er dreht sich zu mir und ich zucke mit den Schultern.
„Ich weiß nicht.“ Sage ich verwirrt.
„Kann ich kurz allein mit meiner Schwester sprechen?“ Alex sieht zu Mr. Lancaster und dieser nickt verständnisvoll.
„Sie haben 5 Minuten, dann brauche ich eine Entscheidung.“ Sagt er und deutet auf die Tür.
Wir treten in den Flur und ich sehe Alex an.
„Ich kann das nicht, ich kann es nicht ertragen mit ihr und ihm unter einem Dach zu wohnen.“ Ich ringe nach Luft.
„Hey Kitty Cath…“ er nimmt mich in den Arm „Entweder wir ziehen das jetzt zusammen durch oder wir gehen da gleich rein und sagen nein.“ Er zwingt mich ihn anzusehen.
„Du brauchst das Geld…“ sage ich und sehe ihn prüfend an.
„Du doch auch, ich weiß du verdienst richtig gut im McLean, aber ich weiß auch das dein Studiendarlehn noch nicht zurück gezahlt ist.“ Er zuckt leicht mit den Schultern „Wenn es hierbei nur um Georgina gehen würde, dann würde ich lachen und gehen, aber es geht hier auch um uns Beide und um unsere Zukunft.“ Er sieht mich ernst an und ich nicke.
„Okay.“ Sage ich leise.
„Meinst du das McLean kann dich so lange frei stellen?“ sein Blick ist skeptisch.
„Ja, ohne Bezahlung geht das.“ Sage ich und seufze.
„Wir müssen mit Lancaster sprechen, wir brauchen etwas Geld für den Monat.“ Beschließt Alex und wir gehen wieder in das Büro.
„Und Mr. McLoughlin, Dr. McLoughlin? Wie haben sie sich entschieden?“ fragt er kaum das wir zur Tür herein sind.
„Wir werden bleiben bis die Bedingen erfüllt sind.“ Sagt Alex und ich höre wie Georgina aufatmet „Aber wir brauchen finanzielle Mittel für die vier Wochen.“ Gibt er so gleich zu bedenken.
„Das hat sich ihr Großvater schon gedacht und diese hier für sie hinterlegt.“ Er schiebt uns zwei Kreditkarten über den Tisch „Darauf sind 1.000 ¤, damit werden sie wohl die erste Tage gut hin kommen, die Kosten für die höchstwahrscheinlich von ihnen gemieteten Leihwagen werden auch bezahlt. Aber nichts desto Trotz werden sie beide einen Job bei McLoughlin Enterprises annehmen für die Zeit ihres Aufenthalts. Ihr Großvater hat dies ausdrücklich gewünscht.“
„Und ich?“ fragt Georgina kleinlaut.
„Laut Aussage ihres Großvaters haben sie bereits einen festen Job bei McLoughlin Enterprise und sind auf kein zusätzliches Geld angewiesen.“ Erklärt er ihr.
„In Ordnung.“ Sagt sie.
„Wir sollen bei McLoughlin Enterprise arbeiten?“ ich sehe ihn erstaunt an.
„Ja, aber dazu sage ich ihnen morgen mehr. Ich bedanke mich für heute, wir sehen uns morgen Vormittag, ich werde mich überzeugen müssen ob sie auch wirklich ins Ranchhaus eingezogen sind…“ er nickt mir und Alex zu „Ich werde in unregelmäßigen Abständen Kontrollen machen und ihnen morgen weitere Bedingungen unterbreiten.“ Fügt er hinzu.
Ich stehe auf und ziehe meinen Mantel an, nur erst einmal weg von hier.
Alex folgt meinem Beispiel und keine Minute später stehen wir wieder im Korridor.
„Cathlyn? Alexander?“ ruft unsere Mum nach uns.
Wir bleiben beide stehen und drehen uns langsam um, aber keiner von uns sagt ein Wort.
„Was?“ sagt Alex schließlich kalt.
„Danke dass ihr hier seid.“ Gibt sie zu, sieht uns einen Moment prüfend an und geht zurück zu Georgina und Sean.
„Kommst du kurz mit ins Bantry Bay? Ich muss meine Sachen holen und Ann anrufen. Sie wird nicht sehr begeistert sein.“ Er sieht mich mürrisch an.
Ihm passt dieses erzwungene Zusammenleben mit unserer Familie genauso wenig wie mir.
Wir steigen beide in unsere Leihwagen und ich folge Alex die paar Minuten zum Bantry Bay. Schnell springe ich aus dem Auto da es nun angefangen hat richtig zu regnen. Ich folge Alex in sein Zimmer und sehe ihm zu wie er seine Sachen in seinen Koffer pfeffert.
„Meinst du wir halten das durch?“ ich sehe ihn zweifelnd an.
„Kein Ahnung Cath.“ Er setzt sich zu mir auf die Bettkante. „Alles in mir schreit ich soll mich in den nächsten Flieger setzen und zurück nach Canada fliegen.“ Er seufzt „Was hat sich der alte Sturkopf dabei gedacht uns alle auf so engem Raum zusammen zu ferchen? Er weiß doch genau was beim letzten Mal passiert ist.“ Er nimmt mich in den Arm.
„Ich weiß es nicht, aber er hat gewusst dass wir es nicht ausschlagen können.“ Gebe ich zu und er nickt.
„Ja, er wusste das wir uns 400.000 ¤ nicht entgehen lassen können.“ Er klappt seinen Koffer zu. „So wollen wir?“ er sieht mich fragend an.
„Scheint nicht als hätte ich eine Wahl.“ Sage ich missmutig.
„Dann komm.“ Er nimmt seinen Mantel und auch ich ziehe meinen wieder über. Er bezahlt das Zimmer an der Rezeption und wir treten raus in die Dunkelheit Bantrys. Mittlerweile ist es fast 20 Uhr, die Straßenlaternen spenden nicht gerade viel Licht und es regnet immer noch. Ich laufe zu meinem Auto und setze mich hinters Lenkrad. Ich gebe Alex Lichthupe damit er vorausfährt, klar den Weg würde ich auch so finden aber ich möchte das er voraus fährt.
10 Minuten später erreichen wir die McLoughlin Ranch und ich atme tief ein und aus als wir die beiden Autos auf dem Hof parken. Alex nimmt seine Koffer aus dem Kofferraum und ich steige aus, nachdem ich mich einen Moment gesammelt habe. Ich gehe ebenfalls an meinen Kofferraum und hole meinen Koffer und meine Tasche raus. Schwer bepackt eilen wir über den Hof und als wir vor der Tür des Ranchhauses stehen sehen wir uns einen Moment unschlüssig an.
„Was soll´s… Wir wohnen ja jetzt hier.“ Alex macht die Tür auf und wir treten in den Flur.
„Hallo Alexander. Hallo Cathlyn.“ Begrüßt uns mein Dad. Ich sehe zu ihm und ziehe meine Jacke aus. Sein Blick ist durchdringend und seine grünen Augen funkeln. Ich kann diesen Ausdruck in seinen Augen nicht einordnen… Mir liegt ein Kommentar auf der Zunge, aber ich schlucke es wieder runter. Ich denke ich werde im nächsten Monat noch oft die Gelegenheit haben das zu sagen was mir auf der Seele liegt. Nicht jetzt, ich bin müde und muss in mein Bett. Ich korrigiere mich in ein Bett.
„Hallo.“ Sage ich kühl „Ich nehme an, ich darf oben schlafen.“ Ich ziehe fragend eine Augenbraue hoch.
„Gina hat dein Zimmer für dich fertig gemacht…“ sagt er an mich gewandt, dann sieht er zu Alex „Dein Zimmer ist auch her gerichtet.“
„Hmm.“ Ich nicke und hebe meinen Koffer an.
„Warte ich helfe dir.“ Mein Dad macht einen Schritt auf mich zu.
„Nein.“ Sage ich schärfer wie beabsichtigt und hebe meinen Koffer an. Man das Ding ist echt schwer…
„Na komm schon Kitty Cath.“ Alex nimmt mir den Koffer ab und ich nehme meine Tasche.
Er bringt mich die breite Treppe hoch und wir gehen durch den langen Flur, das letzte Zimmer auf der rechten Seite war meins. Ist also wieder meins… ich seufze und öffne die Tür. Ich greife neben die Tür und die Deckelampe taucht alles in ein gelbliches Licht.
Ich stelle meine Tasche ab und Alex legt meinen Koffer aufs Bett.
„Möchtest du noch eine Kleinigkeit essen?“ er zieht fragend eine Augenbraue hoch.
„Ich bin in 10 Minuten bei dir.“ Sage ich und er grinst, er hat das Zimmer gegenüber meinem und holt nun seinen Koffer.
Mein Blick schweift durch das Zimmer, hier hat sich in den letzten 10 Jahren nichts verändert. Mein altes weißes Metallbett steht noch unter der Dachschräge von der mich unzählige Poster von Westlife angrinsen. Ach, was fand ich die Band früher toll, ich liebte ihre Musik… Ob sie immer noch im Geschäft sind? Daneben steht mein Schreibtisch, bunte Zettel liegen noch darauf verstreut. Ich trete heran und nehme eine einfache weiße Karte in die Hand.
- Wir geben bekannt – steht in schnörkeligen silbernen Buchstaben darauf. Ich schüttele meinen Kopf und klappe die Karte auf.
Wir freuen uns mitteilen zu können das Cathlyn Marie McLoughlin und Sean Michael O’Connell am 17. Juni 2002 in der St. Finbarrs Church um 11:30 Uhr heiraten werden…

weiter muss ich nicht lesen, ich knülle die Karte zusammen und werfe sie in den Mülleimer, ich stütze meine Hände auf der Schreibtischplatte ab und atme tief ein.
Mein Magen krampft sich zusammen und ich merke wie mir schlecht wird, immer wenn mir etwas so nah geht wird mir schlecht. Ich kann nichts dagegen tun, ich kann nur warten bis es nach lässt. Mein Blick schweift weiter durch Zimmer, immer noch die Blumentapete und die beigen Vorhänge. Der Holzfußboden quietscht immer noch leicht unter jedem Schritt und am Spiegel neben der Tür hängen noch meine alten Ketten. Im Regal links von der Tür stehen meine ganzen Pokale und meine Medallien hängen am ihm runter, ich nehme eine in die Hand und drehe sie sodass sich das Licht reflektiert. Mein Blick wandert über die Pokale… der kleinste ist Golden und sieht schon sehr matt aus:
1. Platz im Buchstabierwettbewerb an der St. Finbarrs National School, Cathlyn McLoughlin, 1992. Daneben steht ein großer silberner Kelch, er glänzt noch und ich erinnere mich wie stolz ich war als ich ihn gewonnen habe. 1. Platz im Quer-Feld-Ein-Parcours, 23. alljährliches Reitturnier des County Cork, Cathlyn McLoughlin auf Buttercup, 1998. Ich lächle, Buttercup … wie es ihr wohl heute geht. Mein Grandpa hat sie ein Jahr später verkauft und ich bekam einen Hengst, einen ganz jungen schwarzen und es hat mich viel Zeit und Geduld gekostet das ich ihn endlich reiten konnte. Er hieß Storm und machte seinem Namen alle Ehre. Ich nehme mir vor morgen in den Stall zu gehen und zu schauen ob er noch da ist, auch wenn die Wahrscheinlichkeit sehr gering ist.
Langsam gehe zum Bett und öffne meinen Koffer, skeptisch sehe ich auf die Sachen die Lilly mir eingepackt hat, na die werden aber nicht für einen Monat reichen. Egal, erst einmal wird es gehen. Ich nehme einen Stapel heraus und öffne meinen Kleiderschrank, sofort fällt mein Blick auf den großen dunkelblauen Kleidersack. Ich schiebe ihn ganz an die Seite und beginne ein paar meiner Sachen auf zu hängen, dann sortiere ich den Rest ein und packe meine Tasche aus. Unten im Schrank stehen noch meine alten Reitstiefel und meine Reitsachen liegen ordentlich zusammen gefaltet im obersten Fach. Ich schüttele kurz meinen Kopf und stelle fest dass meine Sachen ganz schön verloren in dem großen Schrank aussehen. Ein paar meiner alten Sachen liegen noch drin und ich habe sie alle in das oberste Fach geräumt. Vielleicht probiere ich bei Gelegenheit ein paar an, obwohl es unwahrscheinlich ist das sie mir noch passen. Zwischen heute und vor 10 Jahren liegt in meinem Fall ein Minus von 20 kg. Ich bin immer noch kein Hungerhaken, ich habe eine schöne weibliche Figur aber eben auch einen flachen Bauch. Ich jogge viel und benutze im Krankenhaus fast täglich den Fitnessraum, oh man das wird mir fehlen. Ich setze mich wieder aufs Bett und streiche über die Patchworkdecke, ich habe sie zusammen mit meiner Grandma Elin selbst gemacht, angefangen haben wir als ich 10 war und 6 Jahre später zu meinem 16. Geburtstag war sie endlich fertig. Ich streiche über die vielen selbst gestickten Bilder…. Ein Shamrock, weil ich Irland so liebte. Ein Pferd, weil ich es liebte zu reiten. Ein Gladdagh, weil ich an die große und wahre Liebe glaubte. Ein Stethoskop, weil ich schon immer Ärztin werden wollte…
In dieser Decke stecken alle meine Träume und Hoffnungen. Einige haben sich erfüllt aber viele auch nicht. Meine Grandma ist gestorben als ich 17 war und es war eine schwere Zeit für uns alle, vor allen Dingen für Grandpa. Ich verbrachte viel Zeit mit ihm im Stall und im Geschäft und er mochte es mich um sich zu haben. In diesem Sommer lernte ich auch Sean kennen und verliebte mich in ihn, wir machten Pläne und ich fühlte mich so beflügelt…
Als ich mit 18 anfing zu studieren entschied ich mich auch wegen ihm und meinem Grandpa am University College Cork zu studieren, obwohl ich auch eine Zusage vom Trinity College in Dublin bekommen hatte. Ich wollte nicht zu weit weg und so konnte ich jeden Tag nach den Vorlesungen nach Hause fahren, die Stunde Fahrzeit machte mir nicht aus.
Ich sehe auf meine Uhr, nehme meinen Mantel und öffne meine Tür. Ein kleiner blonder Junge, etwa 6 Jahre sieht mich überrascht an.
„Hallo.“ Sagt er schüchtern.
„Hallo.“ Erwidere ich perplex und klopfe an Alex seine Tür, auch erscheint im Flur und nun starrt der Kleine uns beide an.
„Hallo. Wer bist denn du?“ ich sehe ihn freundlich an und er entspannt sich ein wenig.
„Ich bin Ben. Und wer bist du?“ er sieht mich mit seinen wasserblauen Augen an, die hat von ihr… schießt es mir durch den Kopf.
„Ich bin Cathlyn und das ist Alexander.“ Sage ich und er nickt.
„Ihr wohnt jetzt auch hier, stimmt´s? Das haben mit Grandma und Mum erzählt.“ Berichtet er stolz.
„Ja, das stimmt.“ Sagt Alex nun „Aber solltest du nicht schon im Bett sein? Du musst doch morgen bestimmt in die Schule.“
„Ja, aber ich wollte euch kurz mal sehen.“ Er sieht verlegen zu Boden und erst jetzt fällt mir auf das er schon einen Schlafanzug trägt.
„Dann lauf mal lieber schnell zurück ins Bett bevor du Ärger bekommst.“ Sage ich milde lächelnd und er läuft zurück zur Treppe.
„Ach was das bekommt heute Abend eh keiner mit…“ lacht er leise „Grandma, Grandpa, Mum und Dad sitzen schon seitdem sie wieder da sind im Wohnzimmer und besprechen was, was ich nicht mithören darf.“ Er winkt uns zu „Wir sehen uns morgen.“ Sagt er noch und dann ist er wieder verschwunden.
„Wow, Georgina hat ein Kind.“ Sagt Alex fast geschockt.
„Na komm, sie ist ja auch schon 27, da ist das doch normal.“ Ich verdrehe die Augen.
„Ja, ja für alle anderen.“ Er zwinkert mir zu.
„Entschuldige bitte.“ Sage ich entrüstet „Ich möchte darauf jetzt nicht näher eingehen.“ Winke ich ab und wir gehen die Treppe runter.
Wir gehen raus und laufen zu seinem Wagen, kurze Zeit später halten wir vor einem Pub und ich sehe Alex bittend an.
„Das kann doch nicht das einzige sein was auf hat.“ Ich sehe durch die Scheibe auf das Schild “O’Neills Pub“ steht dort in dunkelgrüner Schrift und ich seufze.
„Scheint leider so, komm schon Kitty Cath, die werden sich nicht mehr erinnern…“ er gibt mir einen sanften Schubs.
Daran das die ganze Hochzeitsgesellschaft hier feiern wollte und am Morgen der Hochzeit alles abgesagt wurde?
An so etwas erinnert man sich und erst Recht in Bantry.
Ich steige schließlich aus und wir betreten das Pub…
Wow, hier ist echt die Zeit stehen geblieben.
Alles sieht noch wie vor über 10 Jahren aus, die kleinen Nischen, die lange Bar aus dunklem Zedernholz, die kleine Karaoke- Bühne und die unzähligen Whiskeyflaschen an der Wand hinter der Bar. Wir sind im kleinen Gastraum und weiter hinten ist noch ein großer Saal. Alex zieht seine Jacke aus und nimmt mir meinem Mantel ab.
Ob wohl Patrick O’Neill höchstpersönlich noch hier arbeitet? Ihm gehört dieses Pub solange ich denken kann, Nicolas sein Sohn ist mit mir in eine Klasse gegangen.
Er war immer der Älteste in unserer Klasse, da er durch das Geburtstagssystem gerade so in unsere Klasse gerutscht war. Ich mochte ihn sehr gerne, wir sind oft zusammen ausgeritten und eine Zeit lang himmelte ich ihn an. Ich glaube da muss ich so 10 gewesen sein, er hatte ein wildes Pferd zusammen mit meinem Grandpa eingefangen und war der tollste und stärkste Junge der Welt in meinen Augen. Er war damals schon ein ganzes Stück größer wie ich. Ich liebte es zu Jungen aufzuschauen und auch noch heute sehe ich gern zu Männern auf. Nach dieser Schwärmerei waren wir die besten Freunde bis zu unserem Abschluss… dann war er ziemlich schnell verschwunden, wie fast alle aus unserem Jahrgang.
„Bitte?“ ein älterer Mann kommt zu unserem Tisch und ich sehe ihn erstaunt an. Tatsächlich arbeitet Paddy O’Neill noch hier, ich glaube es nicht.
„Hallo Paddy.“ Sagt Alex schließlich und dieser mustert uns nun eingehend. Dann legt er seinen Kopf schief und denkt angestrengt nach, kurz schüttelt er seinen Kopf.
„Ist ja auch schon eine ganze Zeit her…“ Alex lächelt „Ich bin Alexander McLoughlin.“ Hilft er ihm auf die Sprünge und das Gesicht des älteren Mannes erstrahlt.
„Alex McLoughlin.“ Er macht einen Schritt auf ihn zu und Alex steht auf und lässt sich von ihm in den Arm nehmen. „Und das muss deine bezaubernde Frau sein.“ Er deutet auf mich.
„Nicht ganz, ich bin’s Cathlyn.“ Sage ich milde lächelnd.
„Die kleine Cathy?“ er sieht mich mir großen Augen an.
Ich nicke und nun lässt er es sich nehmen auch mich in seine Arme zu ziehen. „Wow, kleine Cathy…“ er sieht mich lächelnd an „… Aus dir ist ja eine wunderschöne Frau geworden.“ Er zwinkert mir zu.
„Tja Paddy, ist ja auch schon 10 Jahre her.“ Grinse ich.
„10 Jahre schon? Wie die Zeit rennt. Ich habe das von Seamus gehört, es tut mir wirklich leid.“ Sagt er und nimmt meine Hand.
„Danke Paddy.“ Sage ich gerührt.
„Deswegen seid ihr bestimmt hier, oder? Die Beerdigung ist ja übermorgen.“ er sieht fragend zu Alex und dieser nickt.
„Gut ich bringe euch erst einmal ein Guinness, schaut doch kurz in die Karte damit ich Mary Bescheid sagen kann.“ Er deutet auf die Küche und geht hinter die Bar um uns zwei Guinness zu zapfen.
„Wahnsinn er arbeitet immer noch hier.“ Lachend sehe ich zu Alex.
„Und er scheint es wirklich vergessen zu haben.“ Sagt er nun und ich nicke.
Einen Augenblick später stellt uns Paddy die zwei Gläser auf den Tisch. „Und kleine Cathy bist du verheiratet nach dem Desaster von damals?“
Da denke ich doch ernsthaft er hat es vergessen und schon kommt er und streut Salz in die Wunde… Danke Paddy.
„Nein.“ Sage ich und er nickt verständnisvoll
„Schlimme Sache damals, aber ich sehe dir geht es gut, das ist schön.“ Sagt er strahlend und seine buschigen Augenbrauen schnellen in die Höhe.
„Wie geht es denn Nicholas?“ frage ich nun und er sieht mich erstaunt an.
„Du erinnerst dich an ihn?“
„Aber sicher. Wir waren die besten Freunde.“ Sage ich lachend.
„Es geht ihm gut, wirklich gut.“ Paddy strahlt. „Und habt ihr euch was ausgesucht?“ er sieht uns fragend an.
„Also ich nehme das Lammragout mit Klößen und einen kleinen Salat.“ Sagt Alex und ich sehe von der Karte auf.
„Ich hätte gern das gegrillte Hühnchen mit Reis und Gemüse und auch einen kleinen Salat.“ Sage ich und Paddy nickt.
Er geht in die Küche und ich sehe zu Alex.
„Er hat es nicht vergessen.“ Sage ich und er streicht behutsam meinen Arm.
„Ja aber nur weil Paddy nie etwas vergisst…“ er zwinkert mir zu und ich muss lachen.
Leise irische Volksmusik tönt aus den Lautsprechern über der Bar und ich lehne mich zurück, ein Teil der Anspannung die ich verspüre seitdem ich hier bin lässt ein wenig nach und ich atme tief ein und aus.
„Meinst du, du kommst mit allem klar?“ Alex sieht mich besorgt an.
„Irgendwie werde ich die vier Wochen schon überstehen.“ Ich nicke ihm zu. „Was hat Ann eigentlich gesagt?“
„Sie ist verwundert was hier läuft und übernimmt für diese Zeit die Leitung im Büro, sie setzt sich mit John zusammen, er wird das wohl auch eine Weile allein schaffen. Zur Not habe ich meinen Laptop mit und er schickt mir die Aufträge.“ Er sieht mich an. „Und was hat Lilly gesagt?“
„Ich habe noch nicht mit ihr gesprochen, ich werde sie morgen anrufen und mich dann auch im McLean melden. Ich hoffe wirklich sie nehmen das so hin.“ Sage ich und sehe wie Paddy mit den Salaten kommt.
„So ihr Zwei, hier schon mal der Salat.“ Er stellt die Teller auf den Tisch und reicht uns Besteck.
„Danke Paddy.“ Sagen Alex und ich wie aus einem Mund.
„Und ihr Beiden, wie lange bleibt ihr?“ er sieht uns fragend an.
„Vier Wochen.“ Sagen wir beide wieder gleichzeitig.
„So lange?“ er sieht uns überrascht an.
„Ja, sagen wir mal so unser Großvater hat ein paar, nennen wir es Bedingungen, an unser Erbe geknüpft.“ Erklärt ihm Alex.
„Der gute alte Seamus.“ Grinst Paddy schelmisch und ich und Alex sehen uns an. „Dann gehe ich mal davon aus, euch öfter mal hier zu sehen, denkt daran am Freitag ist immer noch Karaoke Nacht.“ Er zwinkert mir zu.
„Oh nein, Paddy.“ Ich hebe anwehrend meine Hände.
„Ach komm kleine Cathy, du hattest damals schon eine bezaubernde Stimme, ich bin mir sicher du hast sie immer noch.“ Paddy zwinkert mir zu.
„Ich werde bestimmt nicht singen.“ Erwidere ich lachend.
„Also gut, hier mein Vorschlag, wenn du am Freitag kommst und einen einzigen Song singst, dann habt ihr Beide den ganzen Abend freie Getränke.“ Er zwinkert mir zu und Alex lacht leise.
„Also ich würde sagen sie singt.“ Sagt Alex du ich werfe ihm einen bösen Blick zu.
Das klingeln der kleinen Küchenglocke beendet unser Gespräch vorerst und ich uns Alex essen schweigend unseren Salat und als wir fertig sind stellt Paddy auch schon die warmen Gerichte auf den Tisch.
„Sag mal Alex, hast du sie noch alle? Du kannst ihm doch nicht sagen das ich singen werde.“ Sage ich und sehe zu Alex, dieser schaut mich verwirrt an. Okay das Gespräch liegt schon eine knappe viertel Stunde zurück, aber trotzdem.
„Ach Kitty Cath, mal ehrlich tue einem alten Mann doch den Gefallen.“ Er lächelt und kleine Lachfältchen bilden sich um seine ausdrucksstarken blauen Augen.
„Du nun wieder und nenn mich nicht immer Kitty Cath, ich bin keine 12 mehr.“ Ich sehe ihn belustigt an.
„Das liebe Cathlyn wird erst passieren wenn die Hölle zufriert.“ Er lächelt und ich kann nicht anders als es zu erwidern.
Wir essen gemütlich zu Ende und verabschieden uns von Paddy. Natürlich müssen wir ihm versprechen spätestens am Freitag wieder zu kommen. Heute ist Montag und am Mittwoch heißt es für uns erst einmal die Beerdigung zu überstehen. Und ich bin mir sicher dass Mr. Lancaster auch noch einige Überraschungen für uns parat hat.
Es hat aufgehört zu regnen und die kalte Atlantikluft erfüllt alles, ich nehme den salzigen Geruch auf und setzte mich wieder auf den Beifahrersitz.
Als wir am Haus ankommen brennt noch Licht, aber wir beide gehen sofort die Treppe hoch.
„Bis morgen früh!“ Alex gibt mir einen Kuss auf die Wange. „Schlaf schön Kitty Cath.“
„Du auch.“ Ich winke ihm kurz zu und betrete wieder das Zimmer.
Ich hänge meinen Mantel über den Schreibtischstuhl und hole mein Laptop raus, ich fahre ihn hoch und schreibe Sam eine Mail, er soll sich schon mal darauf vorbereiten das ich erst einmal nicht wieder komme. Dann gehe ich ins Bad, welches an mein Zimmer grenzt und mit einer Verbindungstür mit eben jenem verbunden ist, die Tür zur anderen Seite hin ist abgeschlossen und ich frage mich was wohl in diesem Zimmer jetzt ist, früher war dort Georginas Zimmer, aber ich denke sie wohnt jetzt unten.
Ich dusche kurz und ziehe mir dann Shorts und ein T-Shirt an, ich schlüpfe unter die Decke und mein Bettzeug riecht frisch gewaschen, ich sehe an die Decke von der die im Dunklen leuchtenden Sterne auf mich herab strahlen. Ich schließe meine Augen und falle in einen unruhigen Schlaf.
Ich werde erst wach als es zaghaft an meine Tür klopft.
„Cathlyn?“ ich erkenne die Stimme meiner Mum und sitze plötzlich aufrecht in meinem Bett und sehe mich um.
Es war doch kein schlechter Traum…
„Ja?“ frage ich und räuspere mich, meine Stimme klingt kratzig und ich habe einen ganz trocknen Mund.
„Mr. Lancaster ist da und wartet.“ Sagt sie nun.
„Ich ziehe mich an und komme.“ Gebe ich zurück und ich höre wie sie bei Alex anklopft und ihm das Gleiche mitteilt ehe sich ihre Schritte wieder entfernen.
Ich steige aus dem Bett und ziehe mir eine graue Jogginghose über und angle mir meinen dunkelblauen Cambridge Pullover über, dann schlüpfe ich in meine Sportschuhe und gehe ins Bad um mir wenigstens meine Haare einmal durch zu kämmen. Ich binde mir einen lockeren Knoten im Nacken und trete in den Flur. Alex kommt auch gerade aus seinem Zimmer und zieht nur eine Augenbraue hoch. Gemeinsam gehen wir die Treppe runter und setzen uns zu den anderen an den großen Küchentisch.
Das erste Mal sehe ich nun meine Eltern, Georgina und Sean richtig und ich mustere sie unauffällig. Es ist erstaunlich wie sehr Georgina unserer Mum ähnelt, sie haben beide hellblauen Augen und rotblonde Haare. Meine Mum trägt ihre als eine Art Bobschnitt und Georgina trägt ihre lang und sie hat wirre Locken. Meine Mum sieht natürlich älter aus als wie ich sie in Erinnerung hatte, aber 10 Jahre gehen an keinem spurlos vorbei. Beide sind eher kräftiger gebaut und sehen nun Mr. Lancaster skeptisch an. Sean trägt seine blonden Haare jetzt viel Kürzer und sie stehen im in alle Himmelsrichtungen vom Kopf ab. Seine Augen sind stur ebenfalls auf Mr. Lancaster gerichtet und ich stelle fest das er im Gesicht rundlicher geworden ist, augenscheinlich auch im Allgemeinen, er trägt einen Drei Tage Bart, aber er macht ihn nicht wie so viele andere Männer interessanter. Nein, er sieht damit einfach nur aus als habe er vergessen sich zu rasieren. Schließlich wage ich einen Blick zu meinem Dad während meine Mum aufsteht und eine Kanne Kaffee und Becher holt. Mein Dad sieht mich an und ich halte seinem Blick stand, seine grünen Augen sehen traurig aus und ich schlucke schwer. Seine ehemals dunkelbraunen Haare sind mit einem feinen grau durchzogen und sein Gesicht ist sonnengegerbt. Auch er trägt einen Drei Tage Bart, aber eigentlich kenne ich ihn nur so… Er trägt ein kariertes Hemd, aber auch das kenne ich bei ihm. Mein Dad ist ein Mensch der am liebsten den ganzen Tag arbeitet und wenn es nach ihm geht immer draußen an der frischen Luft.
Ich atme tief ein und sehe zum Fenster, ich kann von hier, genau wie aus meinem Zimmer den Atlantik sehen, die Farm liegt direkt am Meer und ich habe es früher so sehr geliebt durch das seichte Wasser zu reiten.
„So, da haben wir ja nun alle versammelt.“ Sagt Mr. Lancaster und sieht in die Runde. „Dann haben ich jetzt ein paar Sachen die ich ihnen mitteilen muss…“ er holt ein Dokument aus seiner Tasche „… zuerst einmal was deinen…“ er sieht zu Alex „… und deinen…“ er sieht zu mir „…Job bei McLoughlin Enterprises angeht. Alexander dein Großvater hat gewollt das du für die Zeit hier eine Marketingstrategie ausarbeitest und dich mit deinen Eltern besprichst.“ Er sieht zu Alex und dieser nickt mürrisch.
Ganz ehrlich, egal was er sagt wir werden uns fügen müssen, es ist ja nicht so als hätten wir eine Wahl.
„Und nun zu dir Cathlyn, dein Großvater hat verfügt das du bei McLoughlin Enterprises im Büro den Schriftverkehr und die Kundengespräche übernimmst.“ Sagt er und ich nicke seufzend.
Na toll Sekretärin, also ehrlich Grandpa…
McLoughlin Enterprise ist eine Firma die sich hauptsächlich mit dem Vertrieb von unserem eignen Meersalz befasst, welches hier ganz in der Nähe in unserer Entsalzungsanlage gewonnen wird. Daneben gab es früher noch einige kleine Abzweigungen Pferde, Futtermittel und anderes landwirtschaftliches Zeug. Aber dass er damit soviel Geld verdient hat erstaunt mich noch immer.
„Des Weiteren wurde ich gebeten euch zu sagen, das ihr diese vier Wochen nur übersteht wenn ihr endlich mit einander redet.“ Er sieht zu mir und ich schnaube verächtlich.
„Cathlyn.“ Sagt meine Mum und ich sehe sie böse an.
„Was Mum? In dieser Familie wurde noch nie viel geredet…“ ich verschränke die Arme vor der Brust „…Es wurde schon immer lieber gehandelt.“ Ich sehe zu Georgina und sie zuckt zusammen.
„Jetzt reicht es…“ sagt sie und ich sehe sie an. „Cathlyn Marie McLoughlin, so haben wir dich nicht erzogen.“ Sie umklammert ihre Kaffeetasse.
„Ach ja, habt ihr das nicht?“ ich schüttle mit dem Kopf. „Was weißt du überhaupt von mir?“ frage ich und sehe sie durchdringend an.
„Ich weiß dass ich dich nicht so erzogen habe, dass du uns behandelst wie du es jetzt tust. Du und Alexander ihr tut als seien wir Fremde.“ Sie sieht nun ebenfalls zu Alex und dieser schließt kopfschüttelnd seine Augen.
„Ich werde mich jetzt verabschieden, wir sehen uns morgen auf der Beerdigung.“ Mr. Lancaster verabschiedet sich schnell und als mein Dad ihn zur Tür bringen will winkt er ab.
„Ihr seid für uns Fremde.“ Sagt Alex nach einer Weile und ich sehe ihn an.
Ich meine er hat Recht, sie sind es wirklich…
„Aber das liegt ja wohl nicht an uns.“ Sagt sie nun.
„Ach nein? ...“ ich kann es nicht fassen das sie so etwas sagt, das klingt ja als wäre wir freiwillig gegangen. „Du wärst also an meiner Stelle, nach allem was passiert ist, geblieben?“ ich sehe auf und meine und ihre Blicke treffen sich. „Und an Alex seiner Stelle wärst du auch geblieben, weil ihr ihm ja so ein schönes Heim ohne Vorwürfe geboten habt?“ ich ziehe verächtlich meine Augenbraue hoch.
„Jetzt reicht es aber.“ Ihre Stimme wird ein Tick lauter und ich sehe zu Alex.
Er weiß wenn wir jetzt sitzen bleiben, dann wird das hier noch ein sehr unschönes Gespräch… Er sieht mich an und wir nicken Beide. Wir werden das jetzt aus diskutieren… egal um welchen Preis.
„Was reicht Mum?“ ich sehe sie an und sie schnaubt.
„Cathlyn…“ sagt sie drohend.
„Was denn? Meinst du nicht mir hat es auch gereicht? Meinst du nicht mir hat es gereicht am Morgen meiner Hochzeit meine Schwester mit meinem Bräutigam in Flagranti zu erwischen. Meinst du ich fand es toll von der ganzen Stadt ausgelacht zu werden weil die beiden es schon eine ganze Weile hinter meinem Rücken getrieben haben? Meinst du ich habe es mir ausgesucht weg zu gehen? Nein Mum, das habe ich nicht, aber ich konnte es nicht ertragen. Das Schlimmste war das du es nicht einmal schlimm fandest. Ich erinnere mich noch gut daran wie du zu mir gesagt hast: Ach Cathy, so ist das Leben manchmal. Herrgott ich bin auch deine Tochter!“ ich sehe sie verachtend an. „Du hast mich im Stich gelassen weil dir Georgina wichtiger war.“
„Cath, es tut mir leid.“ Sagt Georgina leise.
„Mit dir rede ich nicht.“ Fahre ich sie an „Ich will nie wieder ein Wort mit dir wechseln, du hast mein Leben zerstört und fandest es nicht einmal ein klein wenig unmoralisch.“
„Cathlyn ich bitte dich, du musst sie doch auch mal verstehen.“ Meine Mum sieht mich überrascht durch mein heftiges angehen an Georgina an.
„Was muss ich verstehen, das sich meine kleine Schwester hinter meinem Rücken mit meinem Freund vergnügt hat während ich die Hochzeit geplant habe? Das augenscheinlich alle, außer mir, es wussten? Das ich wegen ihr alles hier verloren haben? Nein Mum, ich muss gar nichts verstehen.“ Ich verschlinge meine Hände so fest in einander das meine Fingerknöchel weiß hervor treten.
„Das ist doch schon lange her.“ Ihre Stimme wird eine Spur versöhnlicher.
„Ja, es ist lange her…“ sage ich resigniert „… Aber weißt du Mum, wenn man einmal so sehr enttäuscht und verletzt wurde, dann hinterlässt das Narben. Ich stand auf mich allen gestellt plötzlich in einer fremden Stadt und hatte niemanden mehr, während sie hier im gemachten Nest saß. Herrgott die beiden haben nur 4 Monate nach meiner geplatzten Hochzeit geheiratet.“ Ich sehe verächtlich zu Sean.
„Cathlyn.“ Geht meine Mum wieder dazwischen.
„Nein Mum…“ Alex sieht sie an und ich sehe erstaunt zu ihm „Cath hat recht, was habt ihr euch dabei gedacht? Ich meine du hast Georgina immer in Schutz genommen und Cath saß alleine in Boston und wäre fast an der ganzen Sache hier zerbrochen…“ er nimmt meine Hand „Weißt du sie hat einer der härtesten Unis der Welt als eine der Besten ihren Abschluss gemacht, sie hat schon mit 27 einen Doktortitel verliehen bekommen. Sie arbeitet im besten Krankenhaus des Staates und sie ist eine brilliante Kinderärztin. Ich für meinen Teil bin so unheimlich stolz auf sie. Weißt du ich war auf ihrer Abschlussfeier, ich habe ihr zugejubelt und ich habe ihr immer wieder Mut gemacht. Das wäre deine Aufgabe gewesen, aber ihr habt lieber zu gesehen wie Georgina und Sean ohne den geringsten Funken Pietät sie dazu gebracht haben das sie keinen Ausweg mehr wusste außer zu fliehen.“ Er sieht sie an.
„Das berechtigt Cathlyn nicht uns zu behandeln wie Fremde.“ Sagt sie nach einer kurzen Pause.
„Und was hat dich berechtigt Georginas Glück über meines zu stellen?“ ich umschließe fest die Kaffeetasse.
Sie schweigt und ich sehe zu Alex….
„Wo wir gerade mal so schön ehrlich sind…“ ich setzte mich ein wenig aufrechter hin „… Das einzige was mir an Familie geblieben ist, ist Alex und ich bin echt dankbar dafür…“ ich sehe ihn leicht lächelnd an „Ihr habt es geschafft dass er nur einen Monat nach mir als euer zweites Kind mit wehenden Fahnen das Land verlassen hat weil ihr ihn nicht in seiner Lebensplanung unterstützt habt. Was war falsch daran dass er aus seinem Leben etwas anderes machen wollte als McLoughlin Enterprises weiter zu führen? Es ist der beste Marketingstratege den ich kenne, er ist wirklich toll. Er hat eine wunderbare Frau und zwei ganz entzückende Kinder.“
Alex nimmt meine Hand und drückt sie leicht.
Plötzlich herrscht betretenes Schweigen, alle sehen mich und Alex an.
„Wir können es nicht ungeschehen machen.“ Sagt mein Dad nach einer Weile leise und ich sehe zu ihm. Ehrlich gesagt überrascht es mich dass er bisher geschwiegen hat.
„Nein, aber ihr versucht nicht einmal euch einzugestehen dass ihr Fehler gemacht habt.“ Sage ich und stehe auf.
„Cathlyn.“ Sagt mein Dad und ich sehe zu ihm „Ich weiß dass wir Fehler gemacht haben, aber ihr gebt uns nicht einmal die Chance es euch zu sagen.“
„Oh, ich denke Mum hat mir deutlich gesagt das sie keinen Fehler gemacht hat.“ Sage ich und sehe sie kurz an.
Wütend gehe ich durch die Hintertür raus in Richtung der Stallungen. Kaum drinnen angekommen trete ich wütend gegen den erstbesten Heuballen.
„Verdammt!“ fluche ich lautstark. Mein Blick fällt in die Boxen und ich trete heran.
„Storm?“ ich sehe den wunderschönen schwarzen Tinkerhengst an und schlucke.
Sie haben ihn die ganzen Jahre behalten…
Ich streichle vorsichtig seine Nüstern und sie blähen sich unter meinen Händen auf. Die Wärme die von ihm ausgeht beruhigt mich etwas und ich lächle, seine braunen Augen sehen mich an und lege meinen Kopf an seinen.
„Na, weißt du noch wer ich bin?“ frage ich leise und er schnaubt.
„Ich bin mir sicher er weiß wer du bist.“ Ertönt eine Stimme hinter mir, ich fahre herum und sehe meinen Dad an. „Wahrscheinlich bist du immer noch die Einzige auf die er hört.“ Fügt er hinzu.
„Warum habt ihr ihn behalten?“ ich sehe ihn verständnislos an.
„Weil er deinen Grandpa und mich jeden Tag an Dich erinnert hat.“ Gibt er zu und ich sehe verwundert auf.
„Weißt du seitdem ich hier bin habe ich nur das unbändige Verlangen einfach in den nächsten Flieger zu steigen und nie wieder her zu kommen.“ Ich streichle Strom sanft und er reibt sich an meiner Hand.
„Cath, wir sind deine Familie…“ er hebt abwehrend die Hände als ich was sagen will „… ich weiß wir sind meilenweit entfernt davon eine normale Familie zu sein, aber wir sind aus dem selben Fleisch und Blut. Das lässt sich nicht leugnen.“ Er macht einen Schritt auf mich zu.
„Warum habt ihr mich damals nicht beschützt?“ ich sehe ihn fragend an und merke wie Tränen in mir aufsteigen.
„Wir haben es so sehr versucht Cath, aber du hast uns nicht an dich heran gelassen.“ Er streckt seine Hand nach mir aus und ich sehe ihn unschlüssig an „Ich finde das was Gina und Sean gemacht haben nicht richtig. Aber die Beiden sind jetzt schon über 9 Jahre verheiratet und ich bin mir sicher das mit ihm und dir wäre nicht gut gegangen.“ Er sieht mich durchdringend an.
„Ich habe ihn geliebt.“ Sage ich leise.
„Du warst verliebt in ihn, das will ich gar nicht abstreiten. Aber Cath, du warst schon immer dazu geboren etwas aus dir zu machen und ich denke Sean hätte dich davon ab gehalten. Ihm reicht das Landleben, aber dir? Schau dich an Cath…“ er legt seine Hand unter mein Kinn „…Du bist wunderschön, du bist erfolgreich und verdammt klug. Ich bin so stolz auf dich! Du hast das aus dir gemacht wozu du bestimmt warst, mit ihm an deiner Seite hättest du das nicht gekonnt.“
„Ich habe alles verloren.“ Sage ich und eine einzelne Träne stiehlt sich aus meinem Augenwinkel.
Sanft wischt er sie beiseite und lächelt leicht.
„Du hast nichts verloren mein Schatz. Du hast nur gewonnen.“ Sagt er, ich sehe auf in seine grasgrünen Augen „Überleg mal wo du jetzt wärst wenn das alles nicht passiert wäre. Du wärst wahrscheinlich schwanger geworden ohne dein Studium fertig zu haben. Wahrscheinlich hättest du es mit einem Kind nicht beenden können und wärst jetzt nicht eine brilliante Kinderärztin.“
Ich gebe zu das er damit vielleicht nicht ganz Unrecht hat, aber trotzdem kann ich die Demütigungen nicht vergessen derer sie mich ausgesetzt haben…
„Cath…“ er zieht mich in seine Arme. Ich widerstehe dem ersten Impuls mich zu wehren und ihn weg zu schieben. Ich lege meinen Kopf an seine Schulter und ein Schluchzen entweicht meiner Kehle.
„Ich weiß das wir die Zeit nicht wieder zurück drehen können, aber bitte versuche uns zu verzeihen.“ Bittet er mich leise.
„Ich weiß nicht ob ich das kann.“ Gebe ich zu.
„Ich weiß deine Mum scheint abweisend und kühl, aber ihr war schon immer klar, das du Cath für etwas Größeres wie Bantry geschaffen bist. Gina war diejenige wo wir uns sicher waren das sie hier bleiben würde, sie war die Einzige an die sich klammern konnte als Alex und du weg waren. Sie hat so sehr darunter gelitten.“ Er nimmt mein Gesicht in seine Hände. „Dein Grandpa hat so sehr gelitten. Ich habe so sehr gelitten und ich weiß, das Alex gegangen ist lag an mir und meinem Sturkopf.“
„Dad.“ Sage ich leise und ich sehe die Wunden der Vergangenheit in seinen Augen.
Wir haben uns alle eine sehr lange Zeit gegenseitig das Leben schwer gemacht…
Aber bin ich bereit das hinter mir zu lassen?
Kann ich verzeihen?
„Rede mit ihm…“ sage ich behutsam „… Er ist wie du, ein Sturkopf und ein Dickschädel, aber ich denke du wirst nie wieder eine Möglichkeit bekommen wenn du sie jetzt nicht an den Hörnern packst.“ Ich nicke ihm leicht zu.
„Wahrscheinlich hast du Recht.“ Er wischt sich über die Augen. „Ich werde mich mit ihm hinsetzen…“ er sieht mich an „… aber ich kann es nicht heute.“
„Das verlange ich auch nicht…“ ich lege meine Hand auf seine Wange und er legt seine Hand auf meine „… aber tue es bevor es wirklich zu spät ist.“
Er nickt leicht, ich nehme meine Hand runter und nehme mir einen Helm aus dem Regal.
„Was hast du denn jetzt vor?“ mein Dad sieht mich erstaunt an.
„Ich will mal testen ob Storm immer noch auf mich hört.“ Ich sehe zu ihm und trete in Storms Box.
„Sei bitte vorsichtig.“ Bittet er mich und reicht mir den Sattel.
„Ganz ruhig mein Großer.“ Rede ich Storm gut zu und lege den Sattel auf ihn um ihn fest zu ziehen.
Ich führe ihn nach draußen und setze auf.
Wow, was ein erhabenes Gefühl… endlich wieder auf dem Rücken eines Pferdes, nein meines Pferdes zu sitzen.
„Cath?“ mein Dad sieht mich fragend an.
„Was?“ ich sehe zu ihm und er sieht mich mit einem weichen Blick an.
„Meinst du, du kannst mir verzeihen?“ fragt er vorsichtig.
„Ich denke schon, aber bitte verlange nicht dass alles auf einmal wieder gut ist.“ Bitte ich ihn.
„Nein, das verlange ich nicht.“ Er sieht erleichtert aus und lächelt ein wenig. „Bist du in einer Stunde zurück? Der Tierarzt kommt zu den jährlichen Impfungen.“
Ich nicke ihm zu und setze mich langsam mit Storm in Bewegung. Ich gewöhne mich einen Moment an ihn bevor ich ihm die Sporen gebe und mit ihm über die Felder presche als sei der Teufel hinter mir her.
Ich schließe meine Augen…
´Das ist mein Irland` schießt es mir durch den Kopf.
Nach einer knappen Stunde reite ich im vollen Galopp auf die Stallungen zu, bremse kurz vorher ab und gleite aus dem Sattel.
„Wow, das sah mal richtig gut aus.“ Eine dunkle Stimme ertönt hinter mir und ich fahre herum.
Einen Moment mustere ich den Mann und lege meinen Kopf schief. Er ist groß gewachsen und sehr durch trainiert, seine dunkelbraunen Haare sehen ein wenig wirr aus und sein drei tage Bart lässt ihn verwegen wirken. Seine braunen Augen mustern mich und ganz plötzlich fällt es mir wie Schuppen von den Augen.
„Nick?“ frage ich leise und er lächelt.
„Cathy…“ er macht einen Schritt auf mich zu und Sekunden später finde ich mich in seinen Armen wieder „… Ich dachte mein Dad sieht Hirngespinste.“ Er gibt mir einen Kuss auf die Stirn und sieht mich an. „Es ist so wahnsinnig schön dich zu sehen.“
„Ich freue mich auch, dein Dad hat gar nicht gesagt das du wieder in Bantry bist.“ Ich nehme meinen Helm ab und sehe an mir runter.
Na Wahnsinn, ich biete ja ein tolles Bild, Jogginghose, XXL Pullover, Turnschuhe und verwuschelte Haare…
Wirklich ganz entzückend!
„Ich bin erst ein paar Monate wieder da, er tut sich schwer damit zu verstehen dass ich gehen musste um zurück zu kommen.“ Er lächelt als sich unsere Blicke treffen.
„Du siehst toll aus.“ Grinst er.
„Ja, ganz bestimmt.“ Erwidere ich lachend.
„So, magst du Storm kurz rein bringen…“ er sieht zu Storm und ich sehe ihn fragend an.
„Du bist der Tierarzt?“ frage ich erstaunt.
„Darf ich mich vorstellen, Dr. med. vet. Nicholas Adam O’Neill. Amtstierarzt des County Cork, Bezirk Bantry. Es ist mir ein Vergnügen.“ Er macht eine Verbeugung und ich lache auf.
„Es freut mich sehr Dr. O’Neill.“ Ich reiche ihm meine Hand und führe Storm in den Stall.
„Und du?“ er klappt seinen Koffer aus und ich beruhige Strom und nehme ihm seinen Sattel ab.
„Dr. med. Cathlyn Marie McLoughlin, Pädiatrie, Fachgebiet Sozialpädiatrie am McLean Hospital in Boston.” Ich mache einen Knicks und er lächelt.
„Ich wusste immer dass du es schaffst.“ Er strahlt und eine angenehme Wärme erfasst mein Herz.
Er verabreicht Strom seine üblichen Impfungen und ich entlasse ihn auf die Weide.
„Warum bist du hier?“ Nicholas lehnt sich an den Zaun und sieht mich an während ich das Gatter schließe.
„Mein Grandpa ist gestorben und um einen Erbanspruch zu haben wurden Alex und ich verdonnert vier Wochen hier zu bleiben.“ Ich lehne mich ebenfalls an den Zaun.
„Oh, das klingt schwer nach Vergangenheitsbewältigung.“ Er schnaubt leise.
„Ich hätte mir damals so sehr gewünscht dass du hier gewesen wärst.“ Gebe ich leise zu.
„Ich kann dir gar nicht sagen wie oft ich es mir gewünscht habe…“ er nimmt meine Hand „… Ich hätte alles getan um dich aufzuhalten.“
„Vielleicht war es gut dass ich gegangen bin…“ denke ich laut nach und sehe auf unsere Hände, es fühlt sich so vertraut an.
„Nein, ich hätte alles dafür gegeben wenn du hier geblieben wärst.“ Sagt er leise und ich sehe ihn an.
„Ich konnte es nicht länger ertragen das Stadtgespräch zu sein.“ Sage ich resigniert. „Ich fühlte mich verloren.“
Er zieht mich schwungvoll in seine Arme und ich lege meinen Kopf auf seine Brust, es geht so eine männliche Ausstrahlung von ihm aus und nach ein paar Sekunden sehe ich auf in seine warmen brauen Augen.
„Du warst nie verloren. Das mit dir und Sean wäre nicht gut gegangen…“ er küsst sanft meine Stirn und sie Wärme die von diesem Kuss ausgeht durchströmt meinen ganzen Körper.
„Das habe ich heute schon mal gehört.“ Erwidere ich leise.
Warum haben es alle gesehen und keiner hat den Mund auf gemacht?
Ich war 19 und verliebt bis über beide Ohren… und keiner hat mich auf das Offensichtliche hingewiesen.
„Ich hätte dich nie so verletzen können.“ Flüstert er und ich sehe erstaunt auf. Einen Moment sehen wir uns in die Augen ehe ich mich abwende.
Ich bin nicht gut darin menschliche Nähe zuzulassen, ich bin eher sehr schlecht darin weil ich jedem männlichen Wesen sofort das Schlimmste zutraue.
Ich trete einen kleinen Schritt zurück.
„Und Cathy? Bist du zwischenzeitlich verheiratet und hast den Stall voll Kinder den du dir immer gewünscht hast?“ er übergeht meine Unsicherheit und ich sehe ihn erstaunt an.
„Nein, hat sich bisher nicht ergeben. Du kennst das ja… Studium, nebenbei Arbeiten und die Arbeit im Krankenhaus, da bleibt so etwas schon gern mal auf der Strecke. Und selbst?“ frage ich und merke wie ich unwillkürlich die Luft anhalte.
„Ich bin verlobt…“ er zwinkert mir zu „… trotz des Studiums, den Assistenzen in den verschiedenen Kliniken, den die Weiterbildung zum Amtstierarzt habe ich es geschafft jemanden zu finden.“
„Liebst du sie?“ frage ich und mein Herz krampft sich zusammen.
„Ich denke ja.“ Sagt er, ich wundere mich ein wenig über seine Ausdruckweise.
„Wie lange kennt ihr euch schon?“ ich versuche meiner Stimme einen normalen Klang zu geben. Ich weiß nicht warum es mich so stört das er verlobt ist… immerhin hatten wir nie etwas mit einander.
Wahrscheinlich stört es mich einfach nur das wir nicht mehr beste Freunde sind und alles voneinander wissen.
„Seit zwei Jahren so richtig. Sag mal was machst du heute Abend?“ er grinst schelmisch.
„Warum?“ antworte ich mich einer Gegenfrage.
„Na weißt du, ich gehe heute Abend mit ihr und ein paar Freunden ins O’Neills und ich würde mich freuen wenn du auch kommen würdest.“ Er lächelt und ich schüttele unsicher meinen Kopf.
„Eher nicht, morgen ist die Beerdigung und ich muss annehmbar aussehen.“ Ich sehe ihn entschuldigend an.
„Sehen wir uns dann am Freitag?“ er grinst schelmisch und er sieht ein wenig aus wie sein Dad.
„Mal sehen.“ Antworte ich ausweichend.
„Komm schon Cath, mein Dad will dich singen hören.“ Er lacht leise.
„Er wird mich nicht singen hören.“ Sage ich sicher.
„Das werden wir noch sehen, ich habe ja noch 4 Wochen um dich zu überzeugen.“ Er zwinkert mir zu. „So ich muss los. Bis Freitag kleine Cathy.“ Er lächelt ruft seinen Hund zu sich, der sich bisher im Stall versteckt hatte und ich bleibe allein zurück.
Ich atme tief durch, es war schön ihn wieder zu sehen und es war toll zu wissen das er was aus seinem Leben gemacht hat.
Langsam gehe ich zurück zum Haus, ich öffne die Hintertür und sehe Georgina am Herd stehen.
Sie dreht sich um als sie die Tür hört und sieht mich unschlüssig an. „Möchtest du mit uns Essen?“ fragt sie unsicher.
„Nein danke.“ Sage ich so höflich wie möglich und gehe die Treppe hoch. Ich gehe in mein Zimmer und nehme mein Handy zur Hand. Ich wähle Lilly an und sie geht nach dem dritten Klingeln ran.
„Na, Süße! Wie ist es?“ fragt sie noch bevor ich meinen Mund überhaupt aufmachen kann.
„Es ist Irland…“ sage ich und hole tief Luft „… Lilly du musst ein Schatz sein und zum Personaldirektor gehen. Ich muss vier Wochen hier bleiben…“ dann erkläre ich alles und sie ist verwirrt und erstaunt über die Bedingungen meines Grandpas.
Was soll ich da erst sagen?
„Und schon Schatten aus der Vergangenheit begegnet?“ nachdem sie sich von dem Schock erholt hat ist sie ziemlich schnell wieder bei ihrem Lieblingsthema: Männer.
„Na, ja Sean ließ sich nicht vermeiden…“ stöhne ich.
„Ach der… Ganz ehrlich der ist bei deiner Schwester schon ganz gut aufgehoben.“ Feixt sie.
„Sie haben einen Sohn, er heißt Ben und ist denke ich 6 oder 7.“ Sage ich.
„Wow… nicht schlecht.“ Lacht sie „Und sonst, nun erzähl schon.“
„Ich habe heute auch Nick wieder gesehen.“ Ich lächle bei dem Gedanken an ihn.
„Deinen besten Freund Nick?“ fragt sie verwundert.
„Ja, er ist Amtstierarzt des Countys und hat heute die Pferde geimpft.“ Erkläre ich ihr.
„Na dann, ran an den Mann.“ Lachte sie erneut.
„Lilly, er ist verlobt und wir sind nur Freunde.“ Sage ich und merke wieder wie sehr mich das stört.
´Man, du hast echt einen Schuss Cath McLoughlin. ` ermahne ich mich selbst.
„Oh.“ Sagt Lilly nur „Du Süße, ich muss jetzt los, ich weiß ja nicht wie spät das bei dir ist, aber bei uns ist es halb neun und ich muss in einer halben Stunde auf Station sein.“
„Kein Problem, ich melde mich wieder.“ Verspreche ich ihr und wir legen beide auf.
Ich gehe unter die Dusche und ziehe mir eine Jeans und einen Pullover an, dazu ziehe ich mir meine schweren Boots an die noch im Schrank stehen und binde meine Haare locker zusammen. Ich gehe in den Flur und klopfe an Alex seine Tür.
Einen Moment später erscheint er in der Tür und lächelt als er mich sieht.
„Wir sollten los uns was für die Beerdigung kaufen.“ Gebe ich zu und er nickt, augenscheinlich hat er es genau wie vergessen etwas einzupacken, obwohl es bei mir wohl eher daran liegt das Lilly meine Tasche gepackt hat.
„Ich bin in 5 Minuten am Auto.“ Sagt er und ich nicke.
„Deins oder meins?“ grinse ich.
„Das der Leihwagenfirma.“ Erwidert er lapidar und ich greife auf die Kommode neben der Tür in meinem Zimmer und nehme meinen in die Hand.
„Also meins.“ Lache ich und gehe runter.
Als ich unten ankomme kommt Ben auf mich zu gelaufen.
„Hallo Cathlyn.“ Grüßt er mich fröhlich.
„Hallo Ben.“ Grüße ich zurück „Du kannst ruhig Cath sagen.“ Ich zwinkere ihm zu.
„Ben kommst du bitte deine Schulaufgaben fertig machen.“ Ruft ihn Georgina und ich lächle ihn an.
„Na lauf schon, deine Mum wartet.“
„Du Cath?“ er sieht mich fragend an „Meinst du, wenn du wieder da bist kannst du mit mir spielen?“ seine hellblauen Augen sehen mich bittend an.
Hinter ihm erscheint Georgina und ich merke wie unangenehm ihr die Situation ist.
„Ben, hör bitte damit auf, nicht jeder der hier wohnt muss mit dir spielen.“ Sagt sie in einem nachsichtigen Ton und Ben sieht von mir zu ihr.
„Ach was, was magst du denn spielen?“ ich sehe ihn lächelnd an.
„Ich puzzle so gern, aber das Puzzle was ich jetzt habe ist so riesig…“ er unterstreicht seine Worte mit einer ausladende Geste „… das bekomme ich nicht einmal mit Mum hin.“
„Also gut, wenn ich wieder da bin, dann schaue ich es mir an. Okay?“ sage ich und seine Augen beginnen zu strahlen.
„Au ja.“ Freut er sich und läuft in die Küche.
„Du musst das nicht tun.“ Sagt Georgina leise.
„Ich weiß.“ Ich nehme meinen Mantel von Harken und trete in den Hof.
Jetzt wo ich alles bei Tageslicht sehe, wird mir bewusst dass sich hier viel verändert hat. Alles wurde vor nicht allzu langer Zeit neu gestrichen und um das Haus herum ist ein wunderschöner Garten. Viele der Blumen beginnen zu blühen und es sieht wirklich schön aus, in der Auffahrt liegt jetzt Kies und alle anderen Wege sind mit Bruchplatten ausgelegt. Alles in allem sieht es gepflegt und sehr gut in Schuss aus.
„So wir können.“ Alex nimmt die zwei Stufen die von der Veranda führen mit einem Satz und legt seinen Arm um mich.
Wir gehen zum Auto und fahren in die Innenstadt, wenn man es als solche bezeichnen möchte. Es gibt nur ein Geschäft, wo ich mir annähernd vorstellen kann, etwas Passendes für eine Beerdigung zu bekommen. Ich parke am Straßenrand und wir betreten das Morgans. Eine Frau kommt sofort zu uns.
„Kann ich ihnen helfen?“ sie sieht uns fragend an.
´Wahrscheinlich ist sie froh hier mal einen Kunden zu haben. ` schießt es mir durch den Kopf.
„Ich brauche einen schwarzen Anzug.“ Sagt Alex und ich nicke ihm zu.
„Ich sehe mich derweil um.“ Sage ich an die Verkäuferin gewandt.
Sie bringt Alex in die entsprechende Ecke des Ladens und ich sehe mich um.
„Cathlyn?“ fragt eine weibliche Stimme und ich drehe mich langsam um, ich mustere die junge Frau die vor mir steht und denke angestrengt nach.
„Abbygail.“ Sage ich nach einer Weile.
„Ich kann es nicht fassen.“ Sie nimmt mich in den Arm.
Abby war früher viel auf unserem Hof zum Reiten, sie ist 2 Jahre jünger wie ich und ich kann es nicht glauben dass sie immer noch wie früher aussieht. Ihre hellblonden kinnlangen Haare umrahmen ihr Gesicht und ihre grau blauen Augen sehen mich musternd an. Sie ist immer noch ein Stück größer wie ich, mit fast 1,80 m ist sie eine wahre Riesin, aber sie sieht gut aus, wirklich gut. Es scheint das sie hier in Bantry wirklich glücklich ist.
„Ich auch nicht.“ Sage ich grinsend.
„Es tut mir so wahnsinnig leid mit Seamus.“ Sagt sie mitfühlend.
„Danke.“ Gebe ich zurück.
„Und wie lange bist du hier?“ sie strahlt, sie hat immer schon gestrahlt, ich kenne sie eigentlich nur strahlend.
„Bis zum 15. Juni.“ Sage ich und sie sieht mich staunend an.
„Dann musst du Freitag aber unbedingt ins O’Neills kommen.“ Sie zwinkert mir zu und ich lache.
„Ich werde es mir wirklich überlegen.“
„So Miss, ihr Bruder hat jetzt was Passendes gefunden. An was denken sie denn?“ die Verkäuferin ist zurück und ich sehe Abby entschuldigend an.
„Kein Problem!“ sie winkt mir zu. „Wir sehen uns Freitag.“ Fügt sie lachend hinzu.
Ich drehe mich lächelnd zu der Verkäuferin um „Haben sie ein schwarzes Etuikleid in 38 und vielleicht schwarze Pumps? Ich glaube damit bin ich ausgerüstet.“ Ich sehe sie fragend an und sie kommt mit drei Kleidern zurück.
Das erste passt auf Anhieb und ich nehme es mit, auch Schuhe werden schnell gefunden und schon eine halbe Stunde nachdem wir den Laden betreten haben sind wir fertig.
Langsam lenke ich das Auto durch die Straßen, vorbei am kleinen Rathausplatz, an der Kirche, an der Grundschule und an den vielen Häusern die mir so vertraut vorkommen.
„Was machst du jetzt wenn wir “nach Hause“ kommen?“ Alex sieht mich fragend an.
„Ich habe Ben versprochen mit ihm zu puzzeln.“ Gebe ich zu und er sieht mich erstaunt an.
„Echt?“ fragt er unsinniger Weise nach.
„Ja er hat mich gefragt und du weißt wie weich ich bei kleinen Jungs werde.“ Ich grinse leicht und er nickt zustimmend.
„Ja, ja Jesse kann dich ja auch in einer Millisekunde um den Finger wickeln.“ Gibt er mir Recht.
Bevor die Auffahrt zur Ranch kommt biege ich rechts ab und fahre bis runter zum Wasser.
„Alex, ich habe mit Dad gesprochen...“ setze ich an und er sieht mich leicht gequält an „… Ich kann ihm glauben das es ihm leid tut. Alex er weiß das du wegen ihm gegangen bist und er macht sich wirklich Vorwürfe.“ Sage ich und warte auf seine Reaktion.
„Und warum sagt er mir das nicht selber und schickt dich vor?“ spöttisch zucken seine Augenbrauen.
„Er weiß nicht dass ich mit dir rede und ich denke es wäre nicht einmal in seinem Sinne…“ gebe ich zu „… Alex er ist genau so ein Sturkopf wie du, ich habe ihm gesagt dass er mit dir reden muss und ich denke wirklich er wird es tun. Bitte Alex hör ihm wenigstens zu.“ Bitte ich ihn.
Ich weiß nicht warum ich meinem Dad plötzlich Schützenhilfe leisten will, aber ich weiß Alex fehlt Dad besonders.
„Ich tue mein Bestes.“ Verspricht er mir und sieht auf das Meer hinaus. „Ich habe mit Mum gesprochen als du weg warst…“ beginnt er und nun sehe ich ihn erstaunt an. „… Sie hat versucht es mir zu erklären…“ er hebt seine Hände als er sieht das ich was sagen will „… Ich will damit nicht sagen dass ich es verstanden habe, aber wenn ich mit Dad rede, dann solltest du mit Mum und Georgina reden. Wer weiß schon ob wie jemals wieder kommen…“ er atmet tief ein „… Wahrscheinlich erst wenn einer der Beiden tot ist und dann ist es zu spät um noch zu reden.“ Sinniert er.
„Was ist denn mit dir?“ ich kann mir ein Grinsen nicht verkneifen. „So tiefgründig heute?“
„Hier mein Vorschlag Kitty Cath…“ er dreht sich zu mir „Ich versuche wirklich Dad zu verstehen und mit ihm auszukommen und du gibst dir Mühe Mum und Georgina ein ganz kleines Stück entgegen zu kommen. Deal?“ erhält mir seine Hand hin.
„Okay.“ Sage ich schließlich „Dem alten Seamus soll ja keiner Vorwerfen das er, nicht genau das hier, hat kommen sehen.“ Ich zwinkere ihm zu.
Eine Weile sehen wir den Wellen zu und es hat etwas so tief beruhigendes das ich mich wirklich entspannter fühle als wir wieder auf dem Hof ankommen.
Kaum ausgestiegen kommt Ben aus dem Haus gehopst und ich muss lächeln, wir oft sind Georgina und ich so die Treppen runter gehüpft…
„Hallo Cath!“ er winkt mir zu.
„Hey Kleiner, ich bringe nur eben meine Sachen hoch. Ist das Puzzle in seinem Zimmer?“ frage ich ihn und nehme den Kleidersack aus dem Auto.
„Ja, ich warte auf dich. Kommst du auch Alex?“ er sieht zu Alex und dieser lacht.
„Sorry Ben, aber ich bin wirklich schlecht im puzzeln.“ Er sieht ihn entschuldigend an.
„Macht ja nix.“ Sagt dieser leichthin und hüpft vor uns die Treppen wieder hoch.
Ich bringe mein Kleid hoch und ziehe mir ein bequemes T-Shirt an, dann gehe ich nach unten uns muss fest stellen das ich gar nicht weiß wo Ben sein Zimmer ist, im nächsten Augenblick wird eine Tür aufgerissen und er schaut mich mit strahlenden Augen an.
So leicht erledigen sich einige Sachen…
Er zieht mich in sein Zimmer und setzt sich neben ein großes Puzzle auf den Fußboden, lächelnd setze ich mich zu ihm und wir beginnen.
Es macht Spaß mit ihm zu puzzeln, es ist wirklich ein riesiges Puzzle, er hat nicht übertrieben. Ich denke so an die 10.000 Teile und das wo ich weiß dass es Georgina nie so mit Puzzeln hatte. Bei jedem Teil das passt freut es sich wie ein Schneekönig und feiert mich als seine Heldin.
„Ben? Es gibt Abendbrot.“ Georgina steht in der Tür und Ben sieht mit einer Flunsch zu ihr.
„Hey Kleiner, wir machen weiter. Versprochen.“ Ich sehe ihn lächelnd an.
„Wirklich versprochen?“ er sieht mich skeptisch an.
„Ganz ehrlich.“ Ich hebe meine Hand zum Schwur und rappele mich auf.
„Hände waschen Mister.“ Ruft ihm Georgina hinterher und er biegt ab ins Bad.
„Danke.“ Sagt sie fast schüchtern.
„Hmm.“ Ich nicke leicht und gehe an ihr vorbei in den Flur.
„Cath?“ Ben kommt aus dem Bad und sieht mich fragend an.
„Na was?“ lächele ich.
„Magst du mir nachher was vorlesen wenn ich zu Bett muss?“ bittend sehen mich seine kindlichen Augen an und ich nicke. „Isst du denn jetzt auch mit uns?“ fragt er weiter und ich sehe zu Alex der gerade die Treppe runter kommt, dieser nickt also tue ich es ihm gleich.
Beim Abendbrot redet hauptsächlich Ben und unterhält uns somit alle. Sean wagt es immer noch nicht mir in die Augen zu sehen und ich bin froh dass meine Mum und mein Dad bei sich essen.
Nach dem Abendbrot gehe ich hoch und surfe ein wenig im Internet. Vorsichtig klopft es gegen 20 Uhr an meine Tür und kurz darauf steht Ben in der Tür.
„Kommst du?“ er grinst und ich klappe meinen Laptop zu. Er nimmt mich an die Hand und wir gehen in sein Zimmer.
„Welches Buch?“ ich sehe in das Bücherregal.
„Das hier.“ Er hält mir ein altes, schon zig Mal geklebtes Buch entgegen. Ich sehe auf den Titel und muss grinsen: Die Feen von Irland. Georgina und ich haben dieses Buch als Kinder geliebt. Ich setzte mich auf seine Bettkante und decke ihn zu. Ich lese ihm die Geschichte von der kleinen Naturelfe vor die sich an den Klippen von Moher verirrt und nur durch ein kleines Licht zurück nach Hause geführt wird. Als ich fertig bin schläft er tief und fest und ich streiche ihm eine Strähne seines blonden Haares aus dem Gesicht.
„Gute Nacht Kleiner.“ Sage ich leise, lege das Buch auf den Nachttisch und knipse die Lampe aus.
Ich will gerade wieder nach oben gehen, als ich Georgina in der Küche stehen sehe. Ich sehe sie an, sie sieht traurig und niedergeschlagen aus… und ganz plötzlich tut es mir leid, nachdem mir alle gesagt haben dass es mit mir und Sean nie gut gegangen wäre, beginne ich es selber einzusehen. Klar, hätte ich mir wirklich andere Umstände gewünscht, aber wie mein Dad schon sagte, sie sind jetzt fast 10 Jahre verheiratet…
Wer weiß wie lange ich und Sean ausgehalten hätten und ob ich wirklich glücklich geworden wäre.
Ich atme tief ein und sie sieht auf, ihre blauen Augen erinnern mich an die von Ben, nur strahlen Bens eine solche Lebensfreude und Lebenslust aus und ihre sind fast tonlos.
Ich trete auf sie zu und ziehe sie in meine Arme.
Es ist als ob alles ganz plötzlich von ihr abfällt, sie umschließt mich und fängt an zu schluchzen. Sie weint so herzzerreißend das es mir in der Seele weh tut. Klar ich habe mir immer gewünscht sie würde einmal so leiden wie ich gelitten haben, aber jetzt wo ich weiß das sie es getan hat tut es mir irgendwie leid, sie ist ja immerhin meine kleine Schwester.
„Hey.“ Sage ich leise und versuche sie zu beruhigen.
„Es tut mir so wahnsinnig leid.“ Schluchzt sie. „Ich habe dir so sehr weh getan und ich fand es so schrecklich dass du wegen mir gegangen bist.“
„Gina.“ Sage ich sanft und sie klammert sich noch fester an mich.
Sean kommt aus dem Wohnzimmer um zu schauen was los ist, als er uns beide sieht geht er aber wieder zurück.
„Cathy, ich liebe dich so sehr.“ Schluchzt Gina und ich sehe sie an.
„Ich liebe Dich auch.“ Sage ich und merke, dass ich sie immer, egal wie sehr ich mir gewünscht habe sie zu hassen, geliebt habe und lieben werde.
Wir setzten uns an den Küchentisch und sie kann sich kaum beruhigen.
„Gina.“ Sage ich wieder sanft und sie greift nach meiner Hand.
„Etwas sollst du wissen…“ sie schnieft „… Sean und ich haben damals nur so schnell geheiratet weil ich schwanger war. Ansonsten hätten wir gewartet, aber ich war 18 und schwanger, es erschien uns die einzige Lösung.“
Ich sehe sie erstaunt an.
„Ich habe das Baby im 7. Monat verloren.“ Sagt sie und dicke Tränen laufen über ihre Wangen. „Das es Ben gibt ist ein Wunder, ich hatte 5 Fehlgeburten ehe er auf die Welt kam.“ Gesteht sie mir leise und ich schlucke schwer.
Warum dachte ich nur sie hat hier alles viel einfacher?
„Das tut mir leid.“ Sage ich geschockt.
„Vielleicht war das meine Strafe weil ich meiner Schwester etwas so Schlimmes angetan habe.“ Sie schnäuzt sich.
„Nein Gina, so etwas darfst du nicht einmal denken.“ Ich nehme ihre Hände in meine.
„Ich weiß nicht wie ich das jemals wieder gut machen kann. Ich weiß es nicht und es bricht mir das Herz.“ Sie sieht mich so unendlich traurig an.
„Gina, wir brauchen einfach ein bisschen Zeit.“ Sage ich zuversichtlich.
Ich meines es wirklich so, vielleicht hat Seamus wirklich das erreicht was er wollte, wir reden endlich mit einander.
„Weißt du Cath, als du weg warst und dann auch Alex ging dann lag Mums ganze Hoffnung auf mir, ich kann ihr nichts Recht machen, sie vergleicht mich ständig mit dir oder ihm. Auf der einen Seite versucht sie mich vor allem zu beschützen und auf der anderen Seite lässt sie mich nicht aus eurem Schatten heraus treten. Grandpa hat so sehr darunter gelitten das seine Cath nicht mehr da war. Er hat deine ganzen Karten immer fein säuberlich in ein Album geklebt und sie mit dem Tag und der Uhrzeit des Eintreffens versehen. Und ich wusste immer ich bin Schuld daran…“ sie steht auf und reicht mir ein schwarzes Album. „Aber er hat mir nie Vorwürfe gemacht, er hat immer gesagt alle McLoughlins müssen hinaus in die Welt fliegen um ihre Erfahrungen zu sammeln, irgendwann, und sei es in einer Urne, finden sie den Weg nach Hause.“ Sie sieht mich an und ich streiche über den schwarzen Ledereinband.
„Danke Gina.“ Sage ich gerührt.
„Ich danke dir.“ Sagt sie und steht auf „Wir sollten schlafen gehen, wir müssen morgen früh um 9 Uhr an der Kirche sein.“
„Hmm.“ Ich nicke, nehme sie noch mal kurz in den Arm und steige dann die Treppe hoch.
Ich setze mich auf mein Bett und schlage das Album auf. Auf der ersten Seite ist meine erste Karte aus Boston, daneben steht fein säuberlich
13. August 2002 14:35 Uhr
- Meiner kleinen, süßen Cathy geht es gut, sie ist gut in Boston angekommen. Ich vermisse sie hier und Storm der sture Bock reagiert nicht auf meine Befehle -


Mir treten Tränen in den Augen, erst jetzt erfasse ich wirklich das mein Grandpa nicht mehr lebt, die ganze Zeit hier war ich so beschäftigt damit alles in mir auf einen Kampf einzustellen das ich nicht eine Sekunde daran gedacht habe das er wirklich tot ist.
Ich überblättere ein paar Seiten, diese hier zeigt den Hafen von Boston mit unzähligen Segelbooten
03. Januar 2003 10:20 Uhr
- Meine kleine, süße Cathy wurde in Cambridge angenommen, ich bin so stolz auf sie. Sie hat sich zwei Jobs suchen müssen, aber ich bin mir sicher sie schafft es. Sean hätte sie nur aufgehalten. Geo hat ihr Baby verloren, die Stimmung in diesem Haus ist unerträglich, am Liebsten würde ich zu ihr fliegen. Ich vermisse sie. Storm hört immer noch nicht -


Ich lächle unter Tränen, er war stolz auf mich und mein Herz macht einen kleinen Satz. Immer habe ich mir gewünscht er wäre stolz auf mich und jetzt weiß ich das er es wirklich war.
Ich blättere fast nach ganz hinten.
Die Karte zeigt die hell beleuchtete Skyline von Boston.
31. April 2009 12:45 Uhr
- Meine kleine, süße Cathy ist eine Frau Dr. med. Wahnsinn meine Kleine hat es echt geschafft, ich bin sofort zu Elin und habe ihr von unserer wunderbaren Enkeltochter berichtet. Sie schreibt dass Alex seine eigene Firma aufgemacht hat und er richtig gut ist. Es ist schön dass die Beiden sich haben, Alex ist ein guter Junge, er wird es weit bringen. Storm hat sich heute von Dr. Nicholas reiten lassen, der Junge ist echt fast ein Tierarzt, nicht zu fassen… ich glaube ich werde alt. -


Dr. Nicholas ich muss grinsen und streiche über die saubere Schrift meines Grandpas.
„Du fehlst mir.“ Flüstere ich.
Dann schlage ich die letzte Seite auf, als letztes hat er eine Weihnachtskarte bekommen.
22. Dezember 2011 17:18 Uhr (es schneit)
- Meine kleine, süße Cathy schreibt sie ist glücklich in Boston, aber ich glaube ihr nicht. Das Mädchen wir niemals richtig glücklich sein wenn sie nicht irischen Boden unter dem Füßen hat. Sie gehört hierher. Heute habe ich die Diagnose Lymphdrüsenkrebs bekommen, die geben mir noch 6 Wochen, ich war viel zu lange nicht beim Arzt. Ich werde es Oli und Rose nicht sagen, ich will nicht dass sie die ganze Zeit um mich herum schwirren, ich brauch so etwas nicht. Ich habe heute lange mit Adam gesprochen und wir werden in der ersten Januarwoche mein Testament aufsetzen. -


Ich starre auf die Zeilen, er war so krank und hat es keinem gesagt?
Ich will das Buch zu klappen als mir ein Eintrag auf der allerletzten Seite auffällt.
Liebste Cath!
Wenn du das hier leist, dann weiß ich, ich bin gegangen und endlich wieder bei meiner Elin. Aber ich weiß auch dass du wieder in Irland bist und dich zumindestens mit Gina wieder vertragen hast, denn ihr habe ich dieses Buch zur Aufbewahrung überlassen.
Meine kleine, süße Cath… wahrscheinlich hörst du das nicht mehr so gerne, verzeihe einem alten, sterbenden Mann. Ich möchte das du weißt, das du für mich nie ganz weg warst, du bist jeden Tag in meinem Herzen bei mir gewesen und ich weiß ich werde für immer in deinem Herzen sein. Niemals sollst du auch nur eine Sekunde denken ich bin oder war böse auf dich, nein kleine, süße Cathy ich könnte dir nie böse sein.
Ich bin stolz dich als Enkeltochter zu haben! Ich bin auf alle meine Enkelkinder unheimlich stolz, jeder hat sein Leben gemeistert und ihr seit an Enttäuschungen nicht zerbrochen sondern habt euch wie ein Phönix aus der Asche erhoben. Ihr seid alle echte McLoughlins, ich danke Gott jeden Tag für euch.
Du, Alex und Gina seid mein, Olivers und Rosemarys Vermächtnis an die Nachwelt und ich bin so frei zu sagen.
Wir haben euch super hin bekommen!
Bitte tue mir nur einen einzigen Gefallen, ich bitte dich als dein sterbender Großvater darum (ich weiß das ist gemein) versöhnt euch, nimm Alex an die Hand und macht endlich euren Frieden. Gelitten habt ihr alle lange genug…
Ich liebe Dich kleine, süße Cathy!
In ewiger Liebe
Seamus


Die Tränen laufen in Sturzbächen über mein Gesicht, ich lege das Album beiseite und drücke mein Gesicht ins Kissen.
Er ist wirklich tot, er ist gegangen und er war nie böse auf mich. Nie wieder werde ich seine raue Stimme hören wenn er mich kleine, süße Cathy nennt…
Nie wieder…
Trauer und Erleichterung stürzen auf mich ein und irgendwann schlafe ich unter Tränen ein.
„Cath?“ eine schwache Stimme dringt zu mir durch und ich drehe mich müde zu ihr um. Alex steht in der Tür und kommt zu meinem Bett.
„Hey Kitty Cath.“ Er sieht mich an und nimmt mich in den Arm. „Du musst dich fertig machen.“ Er haucht mir einen Kuss auf die Stirn.
„Alex…“ ich merke wie die Tränen erneut zu laufen beginnen.
„Hey Kitty Cath, was ist denn los?“ er sieht mich an und nimmt mich tröstend in den Arm.
Ich greife nach dem Album und schlage die letzte Seite auf, seine Augen weiten sich beim lesen und schließlich hat auch er Tränen in den Augen.
„Ich kann es nicht glauben.“ Sagt er leise.
Ich setze mich nun auf und schwinge meine Beine aus dem Bett.
„Er hat uns wirklich geliebt.“ Schluchze ich.
„Er liebt uns immer noch.“ Alex wischt sich seine Tränen weg „Mach dich fertig, ich hole dich in 30 Minuten.“ Erneut küsst er mich auf die Stirn und geht wieder raus.
Ich gehe ins Bad und nehme eine kurze Dusche, dann flechte ich mir einen Zopf und stecke ihn hoch, einzelne Strähnen wollen mir einfach nicht gehorchen und mehr wie einmal lasse ich weinend die Bürste sinken. Als ich befinde dass es so einfach reichen muss gehe ich ins Zimmer und ziehe das Kleid über, ich streiche es glatt, schlüpfe in meine Strumpfhose und in meine Pumps. Ich setzte mich auf die Bettkante und sehe zum Meer, es liegt heute fast Still da und die Sonne strahlt vom wolkenlosen Himmel… Das Wetter passt nicht zu einer Beerdigung aber es passt zu seinem Leben. Unser Grandpa konnte eine solche Ruhe ausstrahlen das es schon fast stoisch wirkte.
Als Alex kommt harke ich mich bei ihm unter und wir gehen runter in die Küche. Gina blickt auf und kommt zu mir.
„Geht es?“ fragt sie vorsichtig.
„Ja.“ Sage ich leise und drücke sie an mich „Hast du es gelesen?“ frage ich leise und sie nickt an meiner Schulter.
Meine Mum kommt durch die Haustür und Alex und ich sehen uns an. Ich lasse Gina los und gehe auf sie zu, langsam ziehe ich sie in meine Arme und sie beginnt zu weinen.
Mein Dad betritt nun ebenfalls die große Küche und Alex nimmt ihn in seine Arme und ich sehe wie meinem Dad eine Träne über die Wange läuft.
Mein sonst so starker, unverwundbar erscheinender Dad weint…
„Danke Cath.“ Sagt meine Mum leise und ich nicke leicht.
„Wir müssen los.“ Sagt Gina leise und wir alle gehen in den Hof. Wir besteigen drei Autos und ich fahre wieder bei Alex mit.
„Er hat es geschafft.“ Sagt Alex leise und ich wische ihm eine Träne weg.
„Ja, er hat das Unmögliche möglich gemacht.“ Ich sehe zum Himmel und lächle leicht. „Der alte Sturkopf.“ Flüstere ich.
Als wir an der Kirche aussteigen sind schon eine ganze Menge Leute da und wir werden mit Argusaugen beobachtet.
Der Gottesdienst ist wirklich schön und mein Dad hält eine kleine Rede, zu meiner eigenen Überraschung stehe ich nach ihm auf und gehe zum Rednerpult.
„Ich danke euch allen das ihr gekommen seid, ich denke fast kein Mensch kannte ihn so gut wie ich. Ich wohne schon eine lange Zeit nicht mehr hier, aber in meinem herzen war er jeden tag bei mir, er hat mich uns Alex hierher zurück geführt und ich danke ihm. Grandpa ich liebe dich so sehr…“ ich breche ab und versuche meine Tränen noch eine kleinen Moment zu unterdrücken „In unserer Familie ist vieles nicht so gelaufen wie man es sich für eine Familie wünscht, aber wir alle sind, um es mit den Worten von meinem Grandpa zu sagen, wie Phönix aus der Asche auferstanden. Es hat uns stärker gemacht und ich bin mir sicher wir werden mit unseren Niederlagen stärker. Mum, Dad & Gina ich liebe euch, ich habe nie aufgehört euch zu lieben und werde nie aufhören. Alex, mein Seelenverwandter, ich danke dir und ich weiß nur durch dich hat Grandpa immer gewusst ich bin in den besten Händen, in den Händen meines großen Bruders. Seamus McLoughlin, ein raubeiniger Ire wie er im Buche stand mit einem Herz so groß das er jeden anderen daneben blass aussehen lässt. Ich danke dir Grandpa! Bestell Grandma liebe Grüße!“ ich kann meine Tränen nun nicht mehr aufhalten und gehe zurück zu der Reihe wo meine Familie sitzt. Mein Dad nimmt mich in den Arm und ich setze mich zwischen ihn und meine Mum. Dann stehen Alex, mein Dad und Sean auf und tragen den Sarg nach draußen während meine Mum, Gina und ich ihnen als erste folgen.
Die Grabrede ist kurz und als wir jeder eine weiße Rose auf den Sarg gelegt haben wird er hinab gelassen. Ich kann nicht aufhören zu weinen, so gerne würde ich ihn noch einmal sehen, ich möchte ihm danken das er mein Leben zu dem Leben gemacht hat welches ich jetzt habe…
Wir halten uns alle an den Händen und ich lehne meinen Kopf, nach Trost suchend, an Alex seine Schulter. Ben sucht dann Schutz bei mir und Gina sieht ihm hinterher und lächelt unter Tränen als sie sieht wie er sein Gesicht an meinen Bauch drückt. Ich streichele ihm sanft über seinen blonden Haarschopf und merke wie seine Tränen mein Kleid durchnässen. Ich denke er weiß ziemlich gut was los ist aber er kann mit den Gefühlen einfach noch nicht umgehen, ich meine er ist 6.
Wie kann man auch nur ansatzweise erwarten dass er damit umgehen kann?
Nicht einmal wir sind in der Lage dazu…
Nachdem wir unzählige Kondolenzbekundungen über uns haben ergehen lassen steht plötzlich Nick vor mir.
Er nimmt mich in seine Arme und zieht mich ein Stück weg.
„Du bist so großartig Cath.“ Sagt er liebevoll und wischt mir eine Träne weg. Seine Berührung kribbelt auf meiner Haut und ich sehe ihn mit verweinten Augen an.
„Danke.“ Sage ich gerührt.
Mittlerweile stehen wir ein ganzen Stück abseits, er hält mich in seinen starken Armen und ich kann nur daran denken wie geborgen ich mich fühle. Nach einer Weile sehe ich auf und er sieht mich prüfend an.
„Ich komme nachher noch mal vorbei.“ Bietet er sich an als Alex nach mir winkt.
„Danke.“ Schluchze ich erneut, er zieht mich kurz in seine Arme und haucht mir einen sanften Kuss auf die Stirn. Ich gehe zurück zu Alex und nehme die Hand meines Dads.
Als wir wieder zu Hause sind, werden wir wie üblich zu einer Beerdigung mit Aufläufen, Kuchen und anderen Sachen quasi überschüttet. Als ich merke dass es Ben alles zu viel wird gehe ich mit ihm einen Moment in den Garten.
„Ist es schlimm das ich Grandpa so sehr vermisse das es mir hier weh tut?“ er deutet auf sein Herz und sieht mich mit großen Augen an.
„Nein Kleiner, uns allen tut das Herz weh. Wir alle haben Grandpa sehr geliebt.“ Gebe ich zu.
Ich halte nicht viel davon Kinder anzulügen, im Beruf nicht und im Privaten schon gar nicht.
„Bleibst du jetzt für immer hier? Mummy hat mir immer so viel von dir und Alex erzählt, ich möchte das ihr bleibt.“ Er sieht mich traurig an.
„Weißt du Ben, ich bin Ärztin und viele Kinder warten auf mich damit ich sie wieder gesund machen kann und Alex hat selber einen kleinen Jungen und ein Mädchen und die beiden brauchen auch ihren Daddy.“ Sage ich und er sieht mich weiterhin mit seinen großen Augen an.
„Ich will nicht dass ihr geht.“ Schluchzt er und ich drücke ihn an mich.
„Wir bleiben ja noch eine Weile.“ Versuche ich ihn zu trösten. Wir setzen uns auf die alte Hollywoodschaukel und sehen auf das immer noch spiegelglatte Meer.
„Ist Grandpa wirklich weg?“ fragt er mich nach einer kurzen Weile und sieht zu mir auf.
„Nein, er wird nie ganz weg sein…“ ich nehme sein Gesicht in meine Hände „… er wird immer hier drinnen…“ ich lege eine Hand auf sein Herz und eine auf meins „… bei uns sein. Bei jedem Schritt den wir gehen, immer wenn wir traurig sind und auch immer wenn wir fröhlich sind.“ Verspreche ich ihm.
Eine halbe Stunde später kommt Gina und nimmt mir den mittlerweile schlafenden Ben ab.
„Er hat dich sehr lieb.“ Sagt sie leise und ich streiche ihm über den Kopf.
„Ich ihn auch.“ Sage ich und sie lächelt.
„Sind alle weg?“ frage ich hoffungsvoll.
„Ja, die letzten sind jetzt bei Mum und Dad. Alex bringt ein paar ältere Damen nach Hause und Sean versucht das Essen irgendwo unter zu bringen.“ Sie grinst schief.
Ich sehe in die Ferne, die Sonne ist noch nicht ganz unter gegangen und der Himmel erstrahlt in allen erdenklichen Farben.
„Ich werde noch kurz ausreiten.“ Sage ich zu ihr und halte ihr die Tür auf.
„Sei vorsichtig Cath.“ Bittet sie mich.
„Ich bin immer vorsichtig.“ Sage ich nachsichtig lächelnd.
„Wer´s glaubt.“ Erwidert sie und ich gehe in mein Zimmer, ich ziehe mir eine Jeans, meine Reitstiefel und einen dicken Pulli an.
Als ich in den Stall komme, nehme ich mir einen Sattel und mache Storm fertig, als ich meinen Helm nicht finden kann beschließe ich dass mein Basecap es eben heute auch mal tun muss.
Kaum auf der Koppel presche ich los, der Wind in meinen Haaren, die Tränen auf meinem Gesicht und immer der Sonne entgegen.
Am Strand werde ich langsamer und lege mich erschöpft und von Weinkrämpfen geschüttelt der Länge nach auf Storm.
„Was machst du hier?“ ertönt eine mir bekannte Stimme und als ich aufsehe, sehe ich in Nicks Gesicht.
Er hilft mir von Storm runter und nimmt mich in den Arm.
„Alles wird gut.“ Flüstert er mir ins Ohr und ich kann nur schluchzen.
Er nimmt mein Gesicht in seine Hände, sieht mich einen Moment an und dann legen sich seine Lippen ganz sachte auf meine. Seine Lippen sind warm und salzig von der Meeresluft, ein angenehm beruhigendes Gefühl breitet sich in mir aus und ich seufze leise. Ich möchte nicht dass dieser Kuss endet, es fühlt sich an wie ankommen. Ankommen in einer mir unbekannten Welt…
Dennoch löst er sich von mir und wir stehen unschlüssig vor einander.
„Das hätte ich viel früher tun müssen.“ Sagt er leise und schüttelt seinen Kopf.
„Nick…“ setze ich an, doch er legt seinen Zeigefinger auf meine Lippen.
Er zieht mich zu sich und wir setzten uns in den Sand.
„Manchmal ist einfach die falsche Zeit zu der alles passt.“ Sagt er leise.
„Was meinst du?“ frage ich ebenso leise.
„Ach nichts.“ Er küsst mich auf die Stirn.
Ich bin verwirrt von den Gefühlen der letzten Tage, in meinem Kopf ergibt alles kein stimmiges Bild.
„Nick… Was sind wir? Was ist das mit uns?“ frage ich leise.
Er denkt einen Moment nach „Wir sind Freunde.“ Sagt er ebenso leise und ich kuschele mich an seine Brust.
Damit kann ich leben… alles andere wäre in meinem jetzigen Zustand auch nicht tragbar.
Als mich nach Hause bringt und wir Storm fertig gemacht haben drückt er mir einen sanften Kuss auf die Stirn.
„Wir sehen uns übermorgen.“ Er zwinkert mir zu und ich betrete das Haus.
„War das Nick?“ Alex sieht mich überrascht an und ich nicke.
„Er hat mich nach Hause gebracht.“ Ich ziehe meine Stiefel aus und stelle sie unter die Graderobe.
„Wie geht es ihm? Ich habe ihn kurz auf der Beerdigung gesehen.“ Alex sitzt zusammen mit Gina und Sean am Küchentisch und ich setze mich zu ihnen.
„Gut, er wohnt jetzt wieder hier. Er ist der Amtstierarzt.“ Ich nehme mir ein Glas und schenke mir Rotwein ein.
„Ich habe gehört er ist verlobt.“ Gina sieht mich an und ich nicke.
„Ja, er will sie mir auf Freitag unbedingt vorstellen, wir sollen ins O’Neills kommen.“ Ich sehe grinsend zu Alex und er lacht leise. Gina sieht verständnislos zwischen uns hin und her.
„Paddy hat gesagt wir bekommen den ganzen Abend Freigetränke wenn Kitty Cath singt.“ Erklärt er ihr und sie lächelt.
„Dann sollten wir auch mitkommen, das kann ich mir nicht entgehen lassen.“ Sie lehnt sich in ihrem Stuhl zurück.
„Wer sagt euch denn dass ich singen werde?“ ich ziehe eine Augenbraue hoch und alle drei lachen.
„Weil du Nick noch nie hast einen Wunsch abschlagen können.“ Sagt Sean und ich sehe zu ihm.
„Ach ja…“ ich halte seinem Blick Stand und merke auf einmal das da keine Wut mehr ist, ich bin erschöpft vom ewigen wütend sein. „… Dann solltet ihr wetten.“ Grinse ich.
Die Iren an sich sind ein sehr Wettfreudiges Völkchen und auch meine Familie macht da keine Ausnahme, sofort sind sich die Drei einig und schlagen ein. Ich nehme mein Rotweinglas und drehe es in meinen Händen.
Habe ich Nick wirklich noch nie einen Wunsch abgeschlagen?
Warum fühle ich immer noch seine Lippen auf meinen?
´Du bist verwirrt. ` rede ich mir ein und entspanne mich wieder ein wenig.
„Was ist los Cath?“ Alex sieht mich besorgt an.
„Die Tage hier waren anstrengend.“ Sage ich ausweichend.
„Oh ja.“ Pflichtet er mir bei.
„Ich vermisse Seamus jeden Tag…“ sagt Sean plötzlich und wir sehen alle zu ihm „… Er hat mir alles gezeigt was ich über Pferde weiß, ich bin immer zu ihm gegangen wenn ich nicht weiter wusste und er war immer da wenn ich ihn brauchte.“ Erzählt er und Gina nimmt seine Hand.
„Er hat mir das Reiten bei gebracht da war ich 3…“ sage nun ich leise „… Mum hat fast einen Herzinfarkt bekommen als sie sah dass er mich auf eine riesige Tinker Stute gesetzt hatte. Ohne Sattel, ohne Helm…“ ich lächle leicht „Alles nur neumodischer Schnick Schnack.“
„Ja, das braucht man nicht.“ Ahmt Alex unseren Grandpa nach.
Wir schwelgen noch lange in Erinnerungen an ihn und kommen erst weit nach Mitternacht ins Bett.
Trotzdem bin ich am nächsten morgen schon früh wach, ich gehe duschen und ziehe mich an. Heute ist mein erster Tag bei McLoughlin Enterprises…
Ich bin für die nächsten 3 Wochen Sekretärin… Ich muss nicht die Verantwortung tragen die ich jeden Tag als Ärztin tragen muss.
Nachdem ich für mich entschieden habe, dass eine dunkelblaue Jeans und eine hellgrüne leichte Bluse, genau das Richtige fürs Büro ist, trete ich in den Flur.
„Alex! Aufstehen!“ hämmere ich an seine Tür und gehe die Treppe runter, meine Haare fliegen hinter mir her, weil ich sie heute mal offen gelassen habe.
„Guten Morgen!“ rufe ich gut gelaunt in die Küche und Gina sieht mich müde an.
„Ganz ehrlich Cath. Wie kannst du jetzt schon wieder so gut drauf sein?“ sie gähnt herzhaft und schmiert Ben sein Pausenbrot.
„Guten Morgen Kleiner.“ Ich struvele Ben durch seine blonden Haare. „Ganz einfach Gina, ich bin es gewohnt 20 Stunden am Stück zu arbeiten und dann nur eine kurze Pause zu haben. Schlaf wird überbewertet.“ Ich angle mir einen Toast und setze mich zu Ben.
„Und Ben. Was hast du heute in der Schule?“ ich sehe ihn fragend an und greife mir eine Tasse Kaffee die auf dem Tisch steht.
„Also wir haben als erstes Mathematik, das mag ich…“ er denkt nach „Dann haben mir Zeichnen, dann Lesen, Sport und Heimatkunde.“ Zählt er auf.
„Wow Kleiner, das klingt ja nach einem spannenden Tag.“ Grinse ich ihn an.
„So Ben holst du deine Schultasche? Dad ist in 5 Minuten hier und dann müsst ihr los.“ Weißt Gina ihn an und er steht auf und gibt ihr seinen Teller.
Kaum ist Ben draußen kommt Sean rein.
„Wo ist denn mein Kaffee?“ er sieht sich suchend um.
Schuldbewusst hebe ich die Tasse hoch.
„Wenn das deiner war, Sorry.“ Ich kaue auf meinem Toast herum „Ich brauche meine Koffeindosis einfach.“ Füge ich schulterzuckend hinzu.
„Kein Problem.“ Gina gießt ihm neuen ein und er trinkt ihn hastig.
„Bin soweit.“ Ben winkt uns zu und er und Sean gehen zur Vordertür.
„Viel Spaß im Büro, ich komme in meiner Mittagspause mal vorbei.“ Ruft er uns zu und Gina setzt sich zu mir.
5 Minuten später leistet uns auch Alex Gesellschaft und wir frühstücken in aller Ruhe. Dann fahren wir zum Büro von McLoughlin Enterprises. Es ist ein merkwürdiges Gefühl als ich hinter dem Schreibtisch gegenüber von Ginas Platz nehme. Ich höre wie im Hauptbüro Alex und mein Dad anfangen über seine Vermarktungsstrategie zu diskutieren und sehe wie meine Mum ein Kundengespräch führt. Gina hat mich kurz eingewiesen und während sie sich um die Rechnungen kümmert, werde ich mich dem Telefondienst widmen.
Was ich niemals für möglich gehalten habe passiert tatsächlich, wir arbeiten alle Hand in Hand und es funktioniert…
Am Nachmittag widme ich mich Ben und unserem Puzzelprojekt, er ist so ein lieber kleiner Kerl und ich kann es nicht fassen wie sehr er mich an mich und Gina als Kinder erinnert.
Am Freitag machen wir um 13 Uhr das Büro zu und fahren alle zusammen nach Hause, ich habe mich heute angeboten für alle zu kochen und fahre noch kurz zum Supermarkt. Es ist eine so ungewohnte Situation dass wir alle zusammen am Tisch sitzen, lachen und erzählen.
Am Abend sitze ich gemütlich im Wohnzimmer und schaue mir mit Ben seine Kindersendung an.
„Hey Ben. Grandma und Grandpa warten drüben auf dich.“ Gina sieht ihn an und er springt auf.
„Darf ich da schlafen?“ er sieht seine Mum bittend an.
„Aber sicher doch, sie freuen sich auf dich.“ Sie zwinkert ihm zu. Als er aus dem Zimmer stürmt sieht sie mich grinsend an.
„So Cath, wir haben es jetzt 19:30 Uhr, in 1 ½ Stunden erwarte ich dich fertig gemacht und abfahrbereit.“ Sie winkt mir zu und ich sehe ihr verdattert hinterher.
„Wer hat denn gesagt dass ich mitkomme?“ rufe ich ihr nach.
„Meine innere Eingebung.“ Ruft sie zurück.
Ich lache auf, sehe noch ein wenig dem kleinen Kobold im Fernsehen zu und beschließe dann mich fertig zu machen.
Ich gehe in mein Zimmer und genehmige mir ein Bad, an manchen Tagen gönne ich mir einfach mal diesen Luxus.
Ich schlinge das Badetuch fest um mich und gehe zu meinem Kleiderschrank, also in diesem Punkt hat Lilly ganze Arbeit beim packen geleistet. Ich nehme einen dunkelblauen Jeansrock und ein enges weißes Poloshirt aus dem Schrank und nach einigem Suchen finde ich meine weißen Ballerinas. Dann mache ich mich daran meine Haare zu frisieren, nach 20 Minuten gebe ich auf, kämme sie durch und stecke sie mir hoch. Viele meiner kleinen Löckchen bleiben auf der Strecke, aber damit kann ich leben. Ich schminke mich ein wenig, ziehe mich an und nehme vorsichtshalber meine dunkelblaue Sweatjacke mit. Ein Blick auf die Uhr verrät mir dass ich langsam nach unten gehen sollte. Gerade als ich aus meinem Zimmer komme, geht bei Alex die Tür auf und er sieht mich grinsend an. Er trägt eine verwaschene Jeans und ein türkises T-Shirt, es ist ungewohnt ihn so zu sehen, da ich ihn fast ausschließlich in Anzügen kenne.
„Na Hallo Kitty Cath.“ Sagt er grinsend und ich lache.
„Selber, wusste gar nicht dass du noch Jeanshosen besitzt.“ Feixe ich.
„Ja, ich besitze tatsächlich noch welche.“ Er nimmt mich in den Arm und wir gehen die Treppe runter.
„Wow Cath, du siehst wirklich hübsch aus.“ Gina strahlt mich an, sie trägt ein geblümtes Kleid und sieht auch wirklich gut aus.
„Du bist auch wirklich hübsch.“ Sage ich und sie winkt ab.
„Nein mal ganz ehrlich, wie hast du es geschafft so dünn zu werden?“ sie schüttelt leicht mit dem Kopf.
„Training und bei meinen Arbeitszeiten vergisst man ganz gerne mal eine Mahlzeit, oder auch zwei.“ Ich zwinkere ihr zu.
Sean spielt den Chauffeur für uns und als wir das O’Neills betreten winkt mich Nick gleich zu sich.
„Hey Schönheit!“ er nimmt mich in den Arm.
Er trägt auch eine verwaschene Jeans und dazu ein weißes kurzärmeliges Hemd. Er sieht braun gebrannt aus und sein Strahlen ist wirklich ansteckend.
„Also modemäßig macht ihr zusammen echt was her.“ Grinst Alex und begrüßt Nick ebenfalls.
Wir setzen uns mit an seinen Tisch und ich erkenn ein paar Gesichter wieder und es wird sich unterhalten, die Guinness werden über den Tisch geschoben und ich habe mich selten so amüsiert.
„Los kleine Cathy!“ Paddy packt mich am Arm und zieht mich zur kleinen Bühne. Ein junger Mann hat gerade sein Bestes bei All Summer long gegeben und ich wehr mich mit Händen und Füßen gegen Paddy.
„Für einen alten gebrechlichen Mann.“ Er sieht mich bittend an.
Ich schnaube. „Also gebrechlich siehst du nicht gerade aus.“ Widerspreche ich ihm.
„Ach das täuscht.“ Er drückt mir ein Micro in die Hand.
„So wie früher immer?“ er zwinkert mir zu und die ersten Takte von You raise me up erklingen. Ich atme tief durch, werfe Gina und Alex einen Blick zu der töten könnte und bedenke natürlich auch Nick mit einem solchen.
Ich beginne etwas unsicher zu singen, aber schnell lege ich meine Unsicherheit ab und meine Stimme wird kräftiger. Alle im Pub gehen mit und es ist ein wirklich schönes Gefühl wieder auf dieser kleinen Bühne zu stehen.
Ich schließe meine Augen und ich glaube das erste Mal verstehe ich das Lied wirklich voll und ganz.
„You raise me up, so I can stand on mountains. You raise me up, to walk on stormy seas. I am strong, when I am on your shoulders. You raise me up... To more than I can be…” (Du ermutigst mich, sodass ich auf dem Gipfel der Berge stehen kann. Du ermutigst mich, sodass ich stürmische Meere bezwingen kann. Ich bin stark, wenn ich an deinen Schultern ruhe. Du ermutigst mich zu mehr, als ich je sein kann...)

die letzten Takte erklingen und ich lasse das Mikrofon sinken.
Die Leute applaudieren und ich winke Paddy zu mir.
„Eine Runde bitte für Tisch 7, wenn ich mich recht erinnere habe ich jetzt Freigetränke.“ Ich zwinkere ihm zu du gehe zu unserem Tisch. Abby strahlt mich an und ich wundere mich einen kleinen Moment, aber wir sind ja hier in Bantry… da bleibt so etwas nicht aus.
„Du war phantastisch!“ Alex drückt mir einen Kuss auf die Stirn und Gina verbeugt sich vor mir.
„Ihr spinnt doch alle.“ Wehre ich ab, es war schlimm genug zu singen, aber ich möchte jetzt ohne darüber zu reden meine Freigetränke genießen.
„Hey Abby.“ Begrüße ich sie lächelnd.
„Ihr kennt euch?“ Nick sieht uns fragend an.
„Ja klar, sie war früher immer bei uns zum Reiten.“ Erkläre ich ihm.
„Und woher kennt ihr euch?“ ich sehe zwischen den beiden hin und her, ich kann mich nicht daran erinnern dass die beiden Mal auf dem Hof oder so zusammen gekommen sind.
„Abby ist meine Verlobte.“ Sagt Nick und ich starre ihn an.
„Oh wow, herzlichen Glückwunsch.“ Sage ich ein paar Sekunden später.
„Danke.“ Sagt Abby und schenkt mir wieder eines ihrer Strahlen die einen ganzen Raum erhellen.
Ich fühle mich als hätte mir jemand den Boden unter den Füßen weg gezogen, einfach so und ohne Vorwarnung. Ich falle und falle und warte nur auf den dumpfen Aufprall…
Paddy bringt das Guinness und ich stürze meines hinunter.
Als ich drei weitere runter gekippt habe sieht mich Alex prüfend an.
„Alles Okay Kitty Cath?“ fragt er besorgt.
„Ja.“ Nuschele ich und konzentriere mich auf ein Gespräch mit einem alten Freund.
„Na Cath, was hältst du davon wenn wir tanzen?“ Sean nimmt mich an die Hand und zieht mich auf die jetzt schon hoffnungslos überfüllte Tanzfläche. Erst wehre ich mich gegen den Druck durch seine Hand an meinem Rücken, dann sehe ich ihn an. Das erste Mal seit über 10 Jahren sind wir uns so nah. Ich sehe in seine Augen, ich erkenne seine Liebe zu Gina, zu Ben und ich erkenne dass es mit uns niemals gut gegangen wäre.
„Ich weiß es Cath, ich hätte dich davon abgehalten dein Leben zu leben.“ Sagt er leise und ich sehe ihn erstaunt an. „Ich kann es in deinen Augen sehen.“ Fügt er hinzu und ich lege bei dem nächsten etwas langsameren Lied meinen Kopf erschöpft an seine Schulter.
„Noch was Cath, er hat 9 Jahre darauf gewartet das du zurück kommst…“ er nickt in Nick seine Richtung „… Er musste irgendwann weiter machen.“ Ich höre die Bedauerung in seiner Stimme.
„Ach was, Nick und ich sind nur Freunde.“ Sage ich und versuche möglichst lässig zu klingen.
Sean sieht mich kurz an, aber er schweigt...
Reden ist Silber, Schweigen ist Gold. Zumindestens in diesem Moment ist nichts so wahr wie dieser Spruch.
Etliche Guinness später torkele ich an Alex seinem Arm aus dem O’Neills. Irgendwie sind da einige Lücken in meiner Erinnerung aber an eines erinnere ich mich noch ziemlich genau: „Gute Nacht Bantry!“ ich stehe auf der Straße vor dem Pub und verbeuge mich. Alex, Gina und Sean bekommen sich vor lachen schon gar nicht mehr ein und haben alle Mühe mich ins Auto zu bugsieren.
Als der nächste Morgen nach einer viel zu kurzen Nacht kommt, bereue ich jedes einzelne Guinness denn die Kopfschmerzen machen mich wahnsinnig.
„Aspirin?“ ich stehe in der Küche im Türrahmen gelehnt und Alex, Gina und Sean sehen mich feixend an.
„Na, Katerstimmung?“ Alex kann sich sein lachen kaum noch verkneifen.
„Witzig.“ Ich lasse mich auf den Stuhl fallen. „War gestern noch was, was ich wissen sollte?“ ich sehe zerknirscht in die Runde.
„Nein, alles gut.“ Sagen alle drei und ich sehe sie skeptisch an.
Endlich gibt mir Gina mein gefordertes Aspirin und ich nehme gleich 3 Stück. Sicher ist sicher. Ich versuche eine Kleinigkeit zu frühstücken aber kapituliere nach einem halben Toast.
Am Nachmittag machen wir einen Ausflug nach Whiddy Island, eine kleine Insel direkt vor Bantry im Atlantik. Es ist schön die Erinnerungen an die Kindheit aufleben zu lassen und unsere Salzfabrik zu besuchen. Es hat sich viel seit damals getan und ich kann es nicht fassen was aus der Firma geworden ist.
Ben genießt es sichtlich Zeit mit uns allen zu verbringen und kann sich gar nicht entscheiden zu wem er zuerst gehen soll, mit wen er gehen soll und wen er fragt wenn er was möchte. Wir grillen am Abend und es ist, abgesehen von dem Kater, ein fast perfekter Tag.
Am Sonntag machen wir einen Tagesausflug zu den Cliffs of Moher. Ich habe diesen Ort schon immer geliebt und es ist ein so erhabenes Gefühl wieder auf diesen majestätischen Klippen zu stehen.
„Das ist so wunderschön.“ Ich sehe zu Alex und er nickt leicht.
„Das ist der schönste Ausblick auf der ganzen Welt.“ Pflichtet er mir bei.
„Irland ist irgendwie immer noch unsere Heimat.“ Ich umarme ihn von hinten und lege meinen Kopf an seinen Rücken.
„Das wird es immer sein.“ Sagt er leise.
Es ist windig und die Wellen brechen sich mit Getöse unten an den Klippen. Wir stehen eine ganze Weile einfach nur da und genießen dieses Naturschauspiel. Als mein Handy in meiner Hosentasche klingelt gehe ich verwundert ran.
- Nummer unbekannt -
Steht auf dem Display.
„Ja?“ ich halte mir mein freies Ohr zu um etwas zu verstehen.
„Hey Cath, ich bin es… Nick.“ Ertönt eine mir sehr bekannte Stimme. „Wo bist du denn?“ fragt er und ich suche ein wenig Schutz hinter der Steinmauer die zum Schutz der Touristen aufgestellt wurde.
„Moher.“ Sage ich nur.
„Wunderschön dort, ich war schon lange nicht mehr da.“ Gibt er zu.
„Was verschafft mir denn die Ehre deines Anrufes?“ frage ich ihn nun.
„Ich wollte fragen ob du am Dienstag Lust hast mit uns Bowlen zu gehen?“ ich kann förmlich sehen wie er grinst, ich bin eine oberlausige Bowlerin. Noch mehr stört mich der Gedanke daran ihn mit Abby zu sehen...
„Tut mir leid, zum ersten mache ich mich nicht zum Gespött der Leute und ich habe was vor.“ Sage ich ausweichend.
„Was denn?“ ertönt es nun.
´Verdammt…. Schnell Cath denk nach! `
„Ich habe Alex versprochen ihm mit einer wichtigen Sache zu helfen.“ Druckse ich herum.
´Was ist denn das bitteschön? ` schalle ich mich selbst.
„Cath bitte.“ Sagt er bittend.
„Nein tut mir leid, ich muss jetzt… Gina winkt nach mir.“ Ich lege schnell auf und mein Herz schlägt so heftig in meiner Brust als wäre ich gerade 2 km gelaufen.
„Wer war das?“ Alex kommt zu mir.
„Niemand.“ Ich stelle mein Handy auf lautlos und stecke es in die Tasche zurück.
„Du hast ja ganz rote Wangen.“ Zieht Alex mich auf und ich schlage leicht nach ihm. Er läuft voraus zu unserer Familie und ich folge ihm.
Als ich am Abend Ben seine Geschichte vor gelesen habe gehe ich hoch in mein Zimmer, ich gehe an den Kleiderschrank und nehme die alte verstaubte Kiste aus dem untersten Fach.
Ich setze mich im Schneidersitz aufs Bett und puste über den Deckel, kleine Staubflocken erfüllen die ganze Luft und tanzen im Schein der untergehenden Sonne. Ein leichtes Kribbeln breitet sich in meiner Nase aus und ich muss niesen.
Das erste was mir in die Hände fällt ist ein Bild von mir und Nick, wir sind beide 18, es war der Tag unseres Abschlusses. Ich streiche über das Bild, wir beide stehen in unseren Schuluniformen vor unserer alten Schule und sehen uns an. Meine Haare waren damals noch viel länger und ich hielt nichts davon mir einen Zopf zu machen, sie wirbeln in wirren großen Locken um meinen Kopf. Nick trägt seine Haare auf dem Bild ebenfalls länger und ich kann mich noch genau daran erinnern wie er mich angesehen hat in diesem Moment. Ein Schauer läuft über meinen Rücken…
OH MEIN GOTT…
Ich schließe meine Augen und lasse mich rücklings aufs Bett fallen. Das mit mir und Sean wäre schon aus einem Grund nicht gut gegangen… ich war schon damals und bin es noch heute in Nicholas O’Neill verliebt. Ich habe mich nur Hals über Kopf in die Sache mit Sean gestürzt weil Nick plötzlich verschwunden war.
„Oh nein.“ Sage ich leise und rolle mich zusammen.
Das ist mit dass Schlimmste was mich hätte treffen können. Ich liebe Nick!
Wahrscheinlich liebe ich schon seitdem ich 10 Jahre alt bin und er ist mit Abby, der Abby der ich reiten bei gebracht habe, verlobt.
Ich starre an die Decke über mir und versuche mich zu beruhigen.
„Komm schon Cath, du bist auch über Sean hinweg gekommen und du dachtest du liebst ihn.“ Rede ich mir gut zu.
´Aber du hast ihn eigentlich nie wirklich geliebt. ` gibt eine kleine Stimme in meinem Kopf ihren Senf dazu.
Ich setze mich auf und suche nach mehr Fotos, schlussendlich habe ich eine ganze Hand voll Fotos von mir und Nick in der Hand. Was mir jetzt erst auffällt, auf keinem Einzigen schauen wir in die Kamera, immer schauen wir uns an. Egal ob wir 7, 12 oder 15 sind. Es gibt einfach kein Bild auf dem wir in die Kamera sehen…
Irgendwann schlafe ich auf dem Bett voll Fotos ein, ich habe stundenlang versucht heraus zu finden wann es passiert ist, aber eine Antwort konnte mir keines der Bilder geben.
„Aufstehen Schlafmütze.“ Alex klopft und kommt rein.
Müde komme ich hoch und sehe mich in dem Durcheinander um welches um mich herum herrscht.
Alex setzt sich auf mein Bett, während ich meine Zähen putze und mich anziehe.
„Na, zu welchem Entschluss bist du gekommen?“ er sieht mich an als ich aus dem Bad komme.
Ich seufze tief. „Das es am 15. Juni unumgänglich ist das ich schnell wieder nach Boston komme.“ Sage ich ausweichend und ziehe eine hellblaue Bluse über meinen BH.
„Kitty Cath.“ Setzt er an und steht auf.
„Nein Alex, diese Sache habe ich ausnahmsweise mal ganz alleine verbockt.“ Ich grinse schief „Die muss ich allein, im wahrsten Sinne des Wortes, ausbaden.“
„Rede wenigstens mit ihm.“ Sagt er und will meine Hand nehmen.
„Alex, er ist mit Abby verlobt die beiden wollen im September heiraten. Ich kann nicht mein Glück über ihres stellen.“ Ich nehme meine Strickjacke und gehe in den Flur „Kommst du?“ ich sehe mich nach ihm um und er steht kopfschüttelnd auf.
In den nächsten drei Wochen spielt sich alles so unheimlich gut ein, das man niemals denken würde es war nicht immer so. Alex schafft es den Umsatz von McLoughlin Enterprise in die Höhe zu treiben, ich nehme Kundentermine wahr, helfe Gina bei den Rechnungen oder mache Kundentermine mit meiner Mum. Am Nachmittag unternehme ich viel mit Ben, ich bringe ihm reiten bei oder wir puzzeln. Es ist ein komisches Gefühl sich plötzlich in seiner Heimat wieder heimisch zu fühlen.
Am Donnerstag den 13. Juni haben wir einen Termin bei Mr. Lancaster, lächelnd empfängt uns alle und bittet uns in sein Büro.
„Es freut mich zu sehen dass Seamus erreicht hat was er wollte.“ Er deutet uns an Platz zu nehmen.
„Ich sehe alle Auflagen als erfüllt an…“ sagt er zufrieden und reicht jedem von uns einen Umschlag.
Wir alle öffnen ihn und halten einen Scheck über 398.000 ¤ in den Händen.
„Ich werde euch am Montag gleich die 50.000 ¤ überweisen.“ Gina sieht uns an.
Was haben wir die letzten Tage nicht darüber diskutiert…
„Bitte Gina, leg sie für Ben an.“ Sage ich eindringlich und sie sieht mich mit großen Augen an. „Ermögliche ihm sein Studium oder erfülle ihm damit seinen größten Wunsch, ich möchte es nicht.“ Ich winke ab.
„Ich auch nicht Gina.“ Alex sieht sie an und ihr laufen vor Rührung Tränen übers Gesicht.
„Danke.“ Sagt sie leise und Alex und ich lächeln.
„Etwas habe ich hier noch für dich Cathlyn.“ Mr. Lancaster holt eine Schatulle aus seinem Schreibtisch und reicht sie mir. Verwundert öffne ich sie und der Gladdagh Ring meiner Grandma blinkt mich an. Ich schlage meine freie Hand vor den Mund.
„Du sollst ihn tragen.“ Sagt Mr. Lancaster und ich nehme ihn mit zittrigen Fingern aus dem Etui und stecke ihn mit an die linke Hand. Es passt wie angegossen.
„So, damit wäre mein Auftrag beendet.“ Er strahlt uns an und wir verabschieden uns von ihm.
Als wir alle draußen in der Sonne stehen, sehe ich zum Himmel.
„Danke.“ Flüstere ich fast lautlos.
Gina nimmt meine Hand und sieht mich an, dann sieht auch sie zum Himmel „Danke.“ Flüstert auch sie.
Wir fahren alle nach Hause und Alex und ich buchen uns einen Flug für den nächsten Nachmittag. Wir werden gemeinsam von hier nach Dublin fliegen und dann besteigt er seine Maschine nach Saint John und ich meine nach Boston.
In den letzten drei Wochen hat sich mein Herz jeden Tag aufs Neue gequält…
Warum habe ich es nur nicht früher gesehen?
Wie wäre mein Leben verlaufen?
Wären wir glücklich geworden?
Hätten wir vielleicht schon Kinder?
Und jedes Mal bin ich schlussendlich an dem Punkt angelangt an dem er mit Abby verlobt ist und ich ihn vergessen muss…
Am späten Nachmittag sind ich und Ben mit dem Puzzle fertig. Er strahlt mich an.
„Danke Cath.“ er nimmt mich in seine kleine Arme.
„Dafür nicht Kleiner.“ Sage ich gerührt.
Sofort läuft er los und holt alle damit sie sich unser Meisterwerk anschauen können.
Diese eine Sache habe ich wenigstens vernünftig zu Ende gebracht…
Die Stimmung beim Abendessen ist locker und wir lachen alle zusammen viel. Dad lobt Alex für seine ausgezeichnete Arbeit und Gina versichert mir dass sie mich ganz schrecklich im Büro vermissen wird.
„Ich bin froh wenn ich endlich wieder im Krankenhaus arbeiten kann. Mir fehlt es.“ Gebe ich zu.
„Möchtest du irgendwann Mal eine eigene Praxis?“ mein Dad sieht mich fragend an.
„Ja, lieber heute als morgen, aber das ist in Boston nicht so einfach. Ich stehe auf der Warteliste und jetzt kann ich auch die finanziellen Mittel angeben.“ Ich zucke leicht mit den Schultern.
„Was haltet ihr davon wenn wir unseren letzten Abend im O’Neills begießen?“ Sean sieht uns grinsend an.
„Komm schon Kitty Cath, dein letzter Abend.“ Alex feixt. Die letzten beiden Freitage war er mit Sean allein los und sie haben sich einen Männerabend gegönnt.
Gina sieht mich an und ich nicke schließlich…
´Was soll’s, morgen bin ich weg. ` denk ich missmutig.
„Gut, in 30 Minuten am Auto.“ Sagt Sean im Kommando-Ton und wir stehen alle auf.
„Mum? Dad?“ Gina sieht zu unseren Eltern.
„Kein Sorge wir nehmen Ben mit.“ Meine Mum zwinkert ihr zu.
In meinem Zimmer angekommen muss ich tatsächlich noch einmal an meine sorgfältig gepackten Koffer. Nachdem ich einfach blind rein gegriffen habe stehe ich kurze Zeit später in einem weißen kurzen Sommerkleid und meinen weißen Ballerinas vor dem Spiegel. Meine Haare fallen mir lockig bis zur Mitte meines Rückens und ich trage ein wenig Make up auf.
Als ich tatsächlich 30 Minuten später am Auto bin sieht mich Sean anerkennend an.
„Also das hätte ich nicht erwartet.“ Gibt er zu und hält mir die Tür auf.
„Sag mal Alex wofür hast du die 30 Minuten gebraucht? Du hast ja immer noch die Shorts und das T-Shirt von vorhin an.“ Sean seiht ihn kopfschüttelnd an und Alex steigt zu mir nach hinten auf die Rückbank.
Als Gina dann kommt können wir endlich los und das O’Neills ist mal wieder voll und laut.
Wir setzen uns an den Tisch zu Nick und den anderen und ich versuche seinem Blick aus dem Weg zu gehen.
„So Kitty Cath…“ Alex zieht mich hoch „… Ich wünsche mir für mich und alle unsere Freunde das du noch einmal singst.“
„Oh nein.“ Wehre ich mich und setze mich wieder.
„Komm schon Cath!“ Gina sieht mich bittend an.
„Nein, ich mache mich doch nicht immer alleine zum Clown.“ Ich zeige ihr einen Vogel „Wenn einer von euch singt, dann singe ich.“ Sage ich bestimmt.
„Gut.“ Nick steht auf und geht zur Karaoke Bühne.
Ich sehe ihm verwundert hinterher.
Das ist jetzt nicht sein Ernst, oder?
Er drückt ein paar Knöpfe und zwinkert mir zu.
Dann setzt die Musik ein und ich erkenne das Lied, No more Heroes von Westlife… was habe ich diesen Song geliebt. Er lief in meinem CD-Player rauf und runter.
Dann beginnt er zu singen und ich bekomme eine Gänsehaut. Er singt toll… oder mein Gehirn ist vernebelt.
Aber so wie ihn alle anschauen singt er wirklich richtig gut.
„When the waves are crashing down, pulling you to sorrow, I will sail you back to shore. When there are no more heroes. Over under, near or far. I’ll be right beside you. Standing here with open arms. When there are no more heroes. And through it all, when you’re tired and you stumble I will carry you. When starlight falls, my love will guide you home. You’ll never be alone. When there are no more heroes. It was you who showed me how. Brought me back to glory. Through hopelessness and darkest days, it was breath you gave me…” (Wenn die Wellen über dir zusammen stürzen und dein Kummer dich hinunter zieht, dann werde ich mit dir zurück an Land segeln. Auch wenn es keine Helden mehr gibt. Über, unter, nah und fern. Ich bin immer an deiner Seite. Ich werde immer mit offenen Armen hier stehen. Auch wenn es keine Helden mehr gibt. Wenn du müde bist und stolperst, dann werde ich dich tragen. Wenn die Sterne vom Himmel fallen, wird meine Liebe dich nach Hause geleiten. Du wirst niemals allein sein. Auch wenn es keine Helden mehr gibt. Du hast mir gezeigt wie es geht, du hast mich zurück in die Herrlichkeit geführt… Durch die Hoffnungslosigkeit und meine dunkelsten Tage. Du hast mir leben eingehaucht.)


Seine Stimme hallt im Pub wieder als er das letzte No more Heroes singt und ich kann nicht anders wie ihn anzustarren. Das ganze Lied über hat er nur mich angesehen und mein Herz zerspringt fast. Alex legt seine Hand auf meinen Arm und holt mich so in die Realität zurück. Die Realität ist, das er in 3 Monaten Abby heiraten wird die ihn gerade jetzt selig anhimmelt.
„Du bist dran.“ Schubst sie mich lächelnd.
Ich stehe auf und Nick gibt mir das Mikrofon in die Hand. Unsere Hände berühren sich einen kurzen Moment und es durchzuckt mich wie ein Blitz. Ich trete an den Touchscreen und drücke schließlich auf Someone like you.
Die Musik setzt langsam ein und ich versuche ihn nicht anzusehen aber immer wieder bleiben meine Blicke an ihm hängen. Ich versinke in seinen warmen braunen Augen und muss mich konzentrieren das hier irgendwie über die Bühne zu bringen.
„I heard that you're settled down. That you found a girl and you're married now. I heard that your dreams came true. Guess she gave you things, I didn't give to you. Old friend why are you so shy, Ain't like you to hold back or hide from the light. I hate to turn up out of the blue uninvited but I couldn't stay away. I couldn't fight it I had hoped you'd see my face and that you'd be reminded that for me it isn't over. Never mind I'll find someone like you, I wish nothing but the best for you two. Don't forget me I beg I'll remember you said: Sometimes it lasts in love but sometimes it hurts instead. You know how the time flies, only yesterday was the time of our lives. We were born and raised in a summer haze bound by the surprise of our glory days. Nothing compares, No worries or cares. Regrets and mistakes they're memories made. Who would have known how bitter-sweet this would taste…Sometimes it lasts in love but sometimes it hurts instead.” (Ich habe gehört dass du dich nieder gelassen hast, dass du ein Mädchen gefunden hast und jetzt verheiratet bist. Ich habe gehört dass sich deine Träume erfüllt haben. Ich schätze sie kann dir geben was ich nicht konnte. Alter Freund warum bist du so schüchtern? Jemand wie du sollte sich nicht zurück halten und vor dem Licht verstecken. Ich weiß ich hätte nicht aus heiterem Himmel auftauchen sollen, aber ich konnte nicht weg bleiben. Ich hoffte, du würdest mein Gesicht sehen und dich dann daran erinnern, dass es für mich eben noch nicht vorbei ist. Schon gut, ich werde jemanden wie dich finden. Ich wünsche euch beiden nur das Beste. Vergiss mich nicht, ich flehe dich an. Ich erinnere mich daran, dass du sagtest: Manchmal bleibt die Liebe, aber manchmal tut es einfach nur weh. Du weißt, wie schnell die Zeit vergeht, erst gestern noch hatten wir die tollste Zeit unseres Lebens. Wir wurden geboren und wuchsen mit Überraschungen und glorreichen Tagen in einem Sommernebel auf. Nichts ist vergleichbar. Kein Kummer, keine Sorgen… Reue und Fehler, daraus sind Erinnerungen gemacht. Wer hätte gedacht, wie bittersüß dies irgendwann einmal schmecken würde… Manchmal bleibt die Liebe, aber manchmal tut es einfach nur weh.)


Meine Hände zittern als ich das Mikrofon in den Halter zurück stecke. Kurz sehe ich in das Gesicht von Alex und er sieht mich traurig an, ich denke kein Lied hätte es besser treffen können.
Paddy kommt zu mir und nimmt mich in seine Pranken während die anderen applaudieren.
„Dafür geht heute für dich noch mal alles auf Haus.“ Flüstert er mir zu.
Ich bin sonst wirklich kein Mensch der viel Alkohol trinkt, aber ich brauche jetzt etwas was mich den Schmerz vergessen lässt.
Ich kann ihn nicht ansehen, ich kann es einfach nicht… manchmal tut es einfach nur weh.
Ich konzentriere mich auf Gina, Sean und Alex und die Kurzen werden so schnell getrunken das selbst Paddy glaube ich nicht mehr mitzählt.
„Komm bitte einen Moment mit.“ Nick packt mich am Arm und führt mich sehr bestimmt nach draußen.
„Ich verstehe dich nicht…“ setzt er wütend an.
„Was verstehst du nicht?“ ich sehe ihn verwirrt an.
„Was machst du?“ er schüttelt seinen Kopf und fährt sich durch die Haare.
„Nick, es ist ja nicht so das ich es schon immer wusste, mir ist es erst klar geworden als ich mir die Zeit genommen habe darüber nachzudenken. Glaubst du mir fällt das leicht?“ ich sehe ihn an und schlinge die Arme um mich.
„Cath…“ er zwingt mich ihn anzusehen „… als ich sagte ich hätte alles getan damit du nicht gehst da war das mein Ernst. Als ich sagte ich hätte dich schon viel früher küssen müssen da meinte ich auch das Ernst. Cath, ein Wort von dir und wir können von vorne anfangen.“ Er sieht mich eindringlich an.
Aus einem Impuls heraus und von Alkohol beflügelt beuge ich mich zu ihm und küsse ihn sanft. Ich schließe meine Augen und merke wie er mich in seine Arme zieht. Eine einzelne Träne läuft über meine Wange. Mein gesunder Menschenverstand siegt schlussendlich und ich mache mich von ihm los. Ich entziehe mich seinen warmen, weichen Lippen und sehe ihn an.
„Es tut mir leid Nick. Aber wir können nicht von vorne anfangen, es ist zuviel passiert und ich werde Abby mit Sicherheit nicht das antun was mir angetan wurde, auch wenn ich heute weiß dass es zu meinem Besten war. Ich bin kein solcher Mensch.“ Ich lasse seine Hände los.
„Weißt du an dem ersten Freitag als du hier warst und dich betrunken hast, da hast du mich angesehen und mir gesagt dass du mich liebst. Erinnerst du dich nicht?“ seine Augen sind so flehend und traurig und ich schlucke schwer.
„Nein.“ Sage ich nur und stoße die Tür zum Pub wieder auf.
Auch wenn das nicht der Wahrheit entspricht… ich weiß sehr wohl das ich ihn mit jeder Faser meines Körpers liebe. Aber er hat hier sein Leben und ich habe meins in Boston. Er ist verlobt, er wird heiraten und ich werde schon irgendwie zu Recht kommen.
Ich setze mich wieder an den Tisch und Alex sieht mich prüfend an, ich schüttele nur leicht mit dem Kopf und er schiebt mir ein Glas rüber. Schief grinsend schütte ich es runter, ich will vergessen und wenn Alkohol mir hilft diese Gehirnzellen zu zerstören die für meinen Herzschmerz zuständig sind, dann nehme ich gerne noch 10.
Ich bemerke wohl die bohrenden Blicke von Abby, aber ich versuche zu einfach zu ignorieren… Leichter gesagt wie getan, aber als Nick wieder rein kommt und sie demonstrativ küsst scheint sie sich zu beruhigen. Der Rest des Abends ist komischer Weise etwas verschwommen, irgendwann in einem klaren Moment stehe ich auf der Theke und tanze zu The Pussycat Dolls - Don't Cha lasziv über die ganze Länge.
Nicht gut…
Gar nicht gut…
„So Kitty Cath, ich denke du hast genug für heute!“ Alex holt mich von der Theke und trägt mich nach draußen. Er setzt mich auf den Rücksitz und als wir zu Hause sind trägt er mich ins Bett.
Ich schlafe wie ein Stein und als ich am nächsten Morgen meine Augen öffne sehe ich Gina an meinem Bett sitzen.
„Guten Morgen.“ Sagt sie vorsichtig, ich merke wie mir bei der Erinnerung an den letzten Abend Tränen in die Augen steigen.
Sie nimmt mich in den Arm und legt sich zu mir.
„Was ist passiert?“ fragt sie leise.
„Er hat mich gebeten uns eine Chance zu geben, aber ich habe ihn zu Abby zurück geschickt…“ schluchze ich „Wer bin ich das ich aus dem Nichts auftauche und sein Leben, welches er sich aufgebaut hat, einfach zerstöre?“
„Oh Cath…“ sie küsst meinen Schopf „… Wenn du dein ganzes Leben Rücksicht auf andere nimmst, dann verpasst du womöglich das Beste in deinem Leben.“ Sagt sie sanft „Ich meine, ich habe mich in dieser Hinsicht mit Sicherheit falsch verhalten…“ sie holt tief Luft „… Aber aus meiner jetzigen Sicht würde ich es wieder tun. Ich liebe Sean wirklich und ich weiß er liebt mich. Ich hätte dich gerne nicht so sehr verletzt, aber es gab keinen anderen Weg.“ Sagt sie leise und ich sehe sie an.
„Du hast es Richtig gemacht, das mit mir und Sean wäre niemals gut gegangen, aber woher sollte ich mir das Recht nehmen das von Nick und Abby auch zu behaupten?“ tränenüberströmt sehe ich sie an.
„Ich weiß es nicht.“ Gibt sie zu und ich kuschele mich an sie.
Zwei Stunden später stehe ich mit gepackten Koffern am Flughafen und Alex und ich verabschieden uns.
„Kommt ihr zu Weihnachten?“ meine Mum sieht uns bittend an.
„Versprochen, ich komme mit Ann, Sophie und Jesse.“ Alex nimmt sie in den Arm.
„Und du Cath?“ mein Dad nimmt mich in den Arm.
„Ich muss schauen wie ich Dienst habe, aber ich werde alles versuchen damit ich hier sein kann.“ Verspreche ich.
„Bye.“ Gina sieht mich traurig an.
„Wir telefonieren.“ Sage ich sicher und sie nickt.
Dann beuge ich mich runter zu Ben. „Und du bist immer schön fleißig in der Schule und hörst auf deine Mum und deinen Dad, ja?“ ich sehe ihn prüfend an.
„Wenn du das nächste Mal kommst, dann kaufe ich noch ein größeres Puzzle, dann musst du länger bleiben.“ Sagt er traurig.
„Wie kommst du denn darauf?“ fragt Sean seinen Sohn und dieser sieht ihn ernst an.
„Cath muss doch los weil das Puzzle fertig ist, oder nicht?“ seine kleinen Lippen beben bei den letzten Worten.
„Nein mein Kleiner, weißt du noch ich habe dir erzählt das ich zurück muss weil ich den Kindern im Krankenhaus helfen muss…“ ich sehe ihn an und er nickt „Sie brauchen jetzt ganz dringend meine Hilfe, es hat nichts mit dem Puzzle zu tun.“ Ich drücke ihn am mich und sauge seinen Duft auf. Unschuldig und nach Pfirsich. „Ich habe dich wirklich sehr lieb Kleiner.“ Sage ich und ihm laufen nun die Tränen übers Gesicht.
„Bitte nicht weinen.“ Bitte ich ihn leise und er wischt sich seine Tränen weg.
„Ich hab dich auch lieb.“ Sagt er leise.
Ich sehe zu Alex und er nickt mir zu.
„Ich komme wieder, versprochen.“ Sage ich zu Ben und er lässt sich von Sean auf den Arm nehmen „Bye.“ Sage ich in die Runde und Alex und ich steigen in das Flugzeug. Als wir abheben nimmt er meine Hand in seine und ich merke wie mir Tränen über das Gesicht laufen.
Ich bin sonst nicht so…
Wirklich nicht…
Aber ich weiß mein Herz wird hierbleiben, ich werde als halber Mensch nach Boston zurück kehren.
„Alles wird gut.“ Sagt er leise.
„Nein es wird nie wieder gut… ich kann nur darauf hoffen dass es irgendwann aufhört weh zu tun.“ Erwidere ich.
„Kitty Cath.“ Er zieht mich in seine Arme und ich lächle unter Tränen.
„Wann wirst du es endlich sein lassen mich so zu nennen?“ flüstere ich.
„Niemals.“ Ich kann sehen wie er zaghaft lächelt.
„Mein ganzes Leben war das Glück zum greifen Nah und als ich es endlich begriffen habe, da ist es weg…“ ich sehe ihn traurig an „… ich habe meine Chance verpasst.“
„Es wird eine Chance geben.“ Sagt er sicher.
Den Rest des Fluges sehen wir hinunter auf Irland und am Dubliner Flughafen verabschieden wir uns von einander.
„Pass gut auf dich auf Kitty Cath.“ Er drückt mir einen Kuss auf die Stirn.
„Du auch auf dich.“ Ich mache mich von ihm los und gehe zu meinem Gate.
Ich wünschte mir Molly würde wieder neben mir sitzen, aber ein älterer Herr ist mein Sitznachbar. Die ganze Zeit über höre ich Musik, immer wieder ein und denselben Song…
No more Heroes

.
Als ich in Boston lande erstrahlt die Stadt in ihrem Sommergewand und ich schließe Lilly fest in meine Arme.
„Du hast mir so gefehlt.“ Sagt sie und streicht mir eine Strähne aus dem Gesicht „Geht es dir gut?“ fragt sie besorgt.
Wir haben in den letzten Wochen sehr oft miteinander gesprochen und sie weiß dass es mir nicht gut gehen kann.
„Nein.“ Sage ich deshalb wahrheitsgemäß.
Wir gehen zum Auto und sie fährt mich nach Hause. Als ich mein Appartement betrete merke ich aber das es nicht mehr mein zu Hause ist. Ich trete auf die Terrasse und lasse meinen Blick über den Bostoner Hafen schweifen, es ist ein schöner Anblick aber er macht mich nicht annährend so glücklich wie ich es gerne hätte.
Lilly setzt sich auf eine der Sonnenliegen und beobachtet mich.
„Was ist passiert?“ fragt sie leise und ich erzähle ihr von dem gestrigen Abend. Bestürzt sieht sich mich an.
„Oh Cathy.“ Sie zieht mich zu sich auf die Liege. „Und jetzt?“
„Was und jetzt?“ ich sehe sie an und wische mal wieder meine Tränen beiseite. „Ich bin wieder hier und ich hoffe inständig ich kann morgen wieder arbeiten…“ ich stehe auf „… Ich muss was tun. Ich möchte endlich wieder Patienten behandeln.“
„Ich habe gestern Bescheid gesagt, du kannst morgen Abend wieder auf Station.“ Sie sieht mich nachdenklich an. „Meinst du nicht du solltest erst einmal in Ruhe ankommen?“
„Nein, ich möchte nicht darüber nachdenken müssen…“ gebe ich zu.
Der Rest des Junis, der komplette Juli und der komplette August fliegen an mir vorbei. Ich bin wirklich froh wieder zu arbeiten, obwohl die vier Wochen in Irland sehr schön waren rede ich mit keinem darüber.
Ich muss das mit mir selbst ausmachen.
Anfang September laufe ich auf meinem Abschlussrundgang nach meinem Frühdienst durch die Gänge der Kinderstation, mein Blick fällt in mein Spiegelbild. Meine Haare trage ich nun wieder öfter auf, aber die Ringe unter meinen Augen zeigen deutlich das meine Nächte nicht sehr erholsam sind. Mein Chefarzt kommt mir entgegen und packt mich am Arm.
„Dr. McLoughlin.“ Er sieht mich durchdringend an.
„Was kann ich für sie tun?“ frage ich erschrocken.
„Sie werden den Rest der Woche und das Wochenende frei nehmen, ich kann es nicht mehr verantworten dass sie ohne Pause arbeiten, ihr Engagement in allen Ehren, aber das nimmt ungesunde Ausmaße an.“ Er scannt meinen Gesichtsaudruck und ich nicke leicht.
Streiten hätte sowieso keinen Sinn, ich meine ich bin die Stationsärztin, aber er ist nun einmal der Chefarzt.
„Sie gehen jetzt nach Hause und ich will sie hier erst am Montagmorgen wieder sehen.“ Fügt er hinzu.
Er lässt meinen Arm los und ich gehe in Richtung des Fahrstuhls, Lilly kommt um die Ecke und sieht mich kurz an.
„Hat er dich gefunden?“ fragt sie und mein Gesichtsausdruck scheint alles zu sagen. „Komm schon Cathy, du musst dich mal ausschlafen und zur Ruhe kommen.“ Sie nimmt mich kurz in den Arm und ich steige in den Fahrstuhl.
Ich, diejenige die sonst nie einer Konfrontation aus dem Weg gegangen ist, gehe einfach ohne ein Wort der Widerrede. Lilly nimmt mich alle zwei bis drei Tage ins Gebet, aber die Worte prallen an mir ab. Alles prallt an mir ab, ich lebe in einem kleinen Kokon, gesponnen aus meinen Versuchen mir einzureden dass alles irgendwann besser wird.
Ich fahre hoch in die Umkleideräume und ziehe mich um. Dick eingepackt gehe ich die Treppen runter bis in die Tiefgarage. Ich schließe mein Auto auf und lasse mich hinters Steuer fallen. Es ist Dienstagmorgen um 9 Uhr und es wenig auf den Straßen los, mechanisch fädele ich mich in den Verkehr und folge der Straße nach Hause.
Ich bin müde, wirklich müde… aber ich kann nicht schlafen. Immer wieder sehe ich Nick sein Gesicht, ich sehe ihn zusammen mit Abby und es raubt mir den Schlaf.
Die Fotos von uns liegen in einer Schachtel unter meinem Bett, fast jeden Tag bevor ich schlafe sehe ich sie mir an und frage mich immer noch warum ich es nicht gesehen habe…
An meinem Haus angekommen parke ich direkt davor und fahre hoch in mein Appartement, als ich die Tür aufschließe hebe ich meine Post auf.
Als ich mir einen Brief genauer ansehe rutscht mir mein Herz in die Hose. Die Adresse ist mehrmals durch gestrichen und der erste Poststempel ist von Anfang Juli. Er scheint erst beim 3. Versuch wirklich bei mir angekommen zu sein.
´Er hätte doch einfach meine Familie fragen können. ` Denke ich verbittert.
Mit zittrigen Händen öffne ich den Briefumschlag und nehme die einfache weiße Karte heraus. Vorne drauf sind zwei Tauben in einem Herz.

Wir freuen uns euch mit zu teilen das wir am Sonntag den 17. September um 10:00 Uhr in der St. Finbarrs Church in Bantry heiraten werden. Bitte gebt uns Bescheid wenn ihr unsere Gäste sein wollt.
Dr. med. vet. Nicholas Adam O’Neill
&
Abbygail Mary Dooley

 

Ich lasse die Karte sinken und beginne zu weinen, alles zieht sich zusammen und ich habe das Gefühl gleich zu ersticken.
Noch im Flur breche ich zusammen und kauere mich in eine Ecke, die ganze Zeit war mir bewusst das das hier passieren wird, aber nun trifft es mich völlig unvorbereitet. Er wird sie wirklich heiraten und das in 5 Tagen…
Nachdem ich zwei Stunden im Hausflur auf dem Fußboden gelegen habe und das Schluchzen endlich nachlässt nehme ich ein Bad und verkrieche mich in meinem Bett. Noch nie in meinem Leben ist es mir so schlecht gegangen, nicht einmal damals als die Sache mit Sean und Gina passiert ist. Den Mittwoch und den Donnerstag verbringe ich in Jogginghose und Sweatshirt mit starrem Blick auf den ausgeschalteten Fernseher auf der Couch.
Ich will niemanden sehen…
Als mein Handy dann aber so penetrant klingelt, das ich es einfach nicht mehr ignorieren kann, gehe ich erschöpft ran.
„Cathy?“ erkenne ich Alex seine Stimme, in den letzten 3 Monaten hatte ich nicht einmal Zeit ihn anzurufen und ich fühle mich so schuldig.
Zu meinem Gefühl den einzigen Menschen in meinem Leben verloren zu haben den ich wirklich geliebt habe kommt nun das ich den anderen Menschen, meiner Familie, ebenso weh getan habe, weil ich mich einfach nicht melde…
„Oh Alex…“ schluchze ich.
„Hey Kitty Cath…“ versucht er mich zu beruhigen. „Was ist denn los?“ fragt er besorgt.
„Er wird sie übermorgen heiraten. Gott, sie heiraten wirklich.“ Schluchze ich.
„Aber Cath…“ setzt er an, dann schweigt er einen Moment „Du weißt das du das nur verhindern kannst indem du endlich deinen Arsch hoch bekommst und mal für dein Glück kämpfst.“ Sagt er bestimmt. „Es sind nicht immer andere wichtiger, du bist wichtig!“
„Wie stellst du dir das vor?“ weine ich.
Ich sitze im Jogginganzug auf meiner Couch.
Ich habe gerade mal die Kraft mir alle paar Stunden was zu trinken zu holen und zur Toilette zu gehen.
Und ich soll nach Irland fliegen?
Ich schaffe es ja nicht einmal meine Wohnung zu verlassen…
„Das wirst du schon sehen.“ Sagt er und legt auf. Ich starre das Telefon noch eine ganze Weile an, dann gehe ich zurück zu meiner geliebten Couch. Um die Couch herum sind schätzungsweise 200 Tempos verteilt und die Kiste mit den Fotos steht auf dem Tisch. Wütend fahre ich mit der Hand über den Tisch und verteile so die Fotos im ganzen Wohnzimmer.
„Verdammt.“ Fluche ich lautstark und lasse mich wieder in die weichen Kissen fallen. Ich schlafe nicht, ich döse einfach vor mich hin. Ich starre die Wände an, ich starre hinaus und ich starre die Fotos an.
Ich kann nicht mehr, die letzten 3 Monate waren zu hart… mein Herz heilt einfach nicht… Manchmal bleibt die Liebe, aber manchmal tut es einfach nur weh

.
Irgendwann stehe ich auf und schalte das Radio an um die Stimmen in meinem Kopf endlich zum schweigen zu bringen.
„Einen wunderschönen Guten Tag Boston! Die Wetteraussichten für den morgigen Tag sind wunderbar, wenn sich der Nebel endlich verzogen hat wird es auch heute noch ein richtig schöner Abend …“ ertönt ein viel zu gut gelaunte Stimme. Ich starre nach draußen, die Sonne bricht langsam durch die Wolken und taucht alles in einen nebligen Schleier. „… Wie immer am Samstag zwischen 13 und 15 Uhr nehmen wir nun Hörerwünsche an…“ dann verblasst die Stimme und irgendein Lied welches ich nicht kenne ertönt.
Ich habe nicht die Geringste Ahnung wie lange ich schon so da sitze, aber seit 10 Minuten klingelt es ununterbrochen an meiner Tür.
„Verdammt Cathlyn mach die Tür auf oder ich hole die Polizei.“ Ruft Lilly schon bestimmt zum 4. Mal. Ich raffe mich auf und stolpere zur Tür, ich öffne sie nur und schlurfe zurück zur Couch.
„Oh mein Gott.“ Sie betritt hinter mir die Wohnung.
„Lass mich allein Lilly.“ Sage ich müde und setze mich wieder auf die Couch und nehme eines der großen Kissen in den Arm.
„Nichts da, Alex wartet in 2 Stunden am Logan Airport auf dich. Geh duschen,…“ sie zieht mich hoch „… du müffelst, wasch dir die Haare und zieh dir mal was anderes an.“ Bestimmt schubst sie mich ins Bad.
„Sag Alex ich komme nicht.“ Sage ich und will zurück auf meine Couch. Auf meine kleine sichere Insel…
„Du hast ja wohl den Schuss nicht gehört. Ich glaub das nicht! Mach jetzt hin…“ sie ist stärker als sie aussieht und ich finde mich im Bad wieder. Ein Blick in den Spiegel macht meine Situation nicht angenehmer. Meine Haare hängen strähnig runter, meine Augen sind rot und haben Augenränder die schon nicht mehr als solche zu bezeichnen sind.
Ich schäle mich aus meinen Sachen und Lilly nimmt diese sofort mit, ein Wunder das sie sie nicht mit einer Kneifzange anfasst. Ich stelle mich unter die heiße Dusche und bleibe eine Weile mit geschlossenen Augen stehen.
„Beweg deinen Hintern.“ Ermahnt mich Lilly und ich wasche meine Haare und mich selbst, sie reicht mir ungeduldig ein Handtuch und kaum das ich draußen bin zieht sie mich hinter sich her.
„So anziehen.“ Sie deutet auf ein paar Sachen auf meinem Bett.
„Abtrocknen ist schon noch drin, oder?“ ich sehe sie fragend an.
„Mach hin Cath, wir müssen in 30 Minuten los.“ Sie dreht auf dem Absatz um „Ich versuche deine Tempo Fabrik auf zu räumen. Hast du eine Ahnung wie viele Bäume dafür sterben mussten?“ sie sieht mich empört an und ich lächle leicht.
Ich trockne mich ab, schlüpfe in eine dunkelblaue enge Jeans, eine weiße Bluse und einen dunkelgrauen Pullunder. Ich trockne meine Haare und Lilly föhnt sie mir während ich versuche in meinem Gesicht zu retten was zu retten ist.
„Hmm?“ ich sehe sie fragend an.
„Also dafür dass du die letzten 72 Stunden nicht geschlafen hast, ist es annehmbar.“ Sie nimmt mir meine Schminktasche ab und stopft sie in meine Reisetasche. „Deine schwarzen Stiefel stehen an der Garderobe.“ Sie stürmt mir voraus. Ich hetze ihr hinterher und ziehe die Stiefel an als mir auch schon meinen Mantel und meinen Schal in die Hand drückt.
Zwei Minuten später finde ich mich im Hausflur wieder.
„Meine Haare Lilly.“ Sage ich als ich sehe wie sie die Tür abschließt.
„Dafür haben wir keine Zeit und glaub mir deine Haare sehen wesentlich besser aus als noch vor 45 Minuten.“ Sie nimmt mich an die Hand und fährt in einem rasanten tempo zum Flughafen.
„Also wenn sie mich anhalten dann bezahlst du das, das ist dir klar, oder?“ sie sieht mich an als wir die letzte Ausfahrt zum Flughafen abbiegen.
Sie parkt direkt vor den Terminals.
„Du kannst das Auto hier nicht parken.“ Ein Wachmann kommt auf uns zu gelaufen.
„Dann stell ihn bitte woanders hin.“ Sie wirft ihm den Schlüssel meines Wagens zu.
„Was?“ er sieht uns erstaunt an.
„Bitte es geht hier um Leben oder Tod…“ sie sieht in eindringlich an „Ganz ehrlich, wenn ich sie nicht gleich in das Flugzeug nach Dublin verfrachte dann stirbt sie an gebrochenem Herzen und wird zu einem schlimmeren Zombie als du dir vorstellen kannst.“
„Okay, du hast 10 Minuten, dann ist der Wagen weg.“ Er deutet uns mit einer Handbewegung an zu gehen und wir laufen in das Terminal.
„Gate 9.“ Ruft sie und wir laufen los. Vor dem Gate steht schon Alex und nimmt mich erleichtert in den Arm.
„Gott Kitty Cath, du siehst schrecklich aus.“ Er sieht mich geschockt an.
´Na danke. ` ich sehe ihn strafend an.
„Hey Alex du hättest die vor einer Stunde sehen sollen, dagegen sieht sie jetzt wie eine Prinzessin aus.“ Sagt Lilly empört.
„Danke Lilly.“ Er gibt ihr einen Kuss auf die Wange.
Die Dame nimmt mir mein Ticket ab welches mir Alex in die Hand drückt. Es ist wieder der 18:40 Uhr Flug wie bei meiner letzten Reise, aber auch dieses Mal ist keine Molly Peetersen da. Stattdessen sitzt Alex neben mir und sieht mich tadelnd an.
„Warum bist du nicht früher geflogen?“ fragt er mich als wir in der Luft sind.
„Was ist wenn er mich nicht mehr will?“ ich sehe ihn zweifelnd an.
„Das wirst du nur heraus finden wenn du endlich mal die Karten auf den Tisch legst. Wir machen uns echt Sorgen um dich…“ er nimmt meine Hand „… ich habe in den letzten Monaten mindestens einmal die Woche mit Lilly oder Sam telefoniert damit wir wussten wie es dir geht.“ Gesteht er mir.
„Lilly.“ Sage ich mehr zu mir selbst als zu ihm.
„Ja, Lilly, du solltest froh und dankbar sein eine solche Freundin zu haben, sie ist fast wahnsinnig geworden weil du dich selber zerfleischt.“ Er schüttelt mit seinem Kopf.
„Ich kann doch Abby nicht so weh tun.“ Bedenke ich.
Gerade jetzt schreit jede Faser meines Körpers zurück nach Boston zu fliegen und die Sache sein zu lassen, aber da ich kein Kidnapper bin werden wir wohl ob ich will oder nicht weiter Richtung Irland fliegen.
„Cath, ihr seid für einander geschaffen, schon immer und ganz ehrlich Abby passt nicht zu ihm. Stell dir zwei Fragen: Liebst du ihn mit deinem ganzen Herzen, oder nicht? Und willst du ihn oder willst du ihn nicht?“ Er sieht mich prüfend an.
Ich meine in dem Punkt ob Paare zusammen passen oder nicht hatte er ja schon einmal Recht… aber in diesem Fall?
„Sei nicht böse Kitty Cath, aber ich muss ein wenig schlafen, ich bin seit 20 Stunden auf den Beinen.“ Er lehnt sich zurück und ich sehe aus dem Fenster… Wolken die aussehen wie Zuckerwatteberge unter uns, so zum greifen nah und doch unerreichbar.
Ich sehe eine Weile gedankenverloren aus dem Fenster, Stunden kommen mir vor wie Minuten.
´Liebst du ihn mit deinem ganzen Herzen, oder nicht? Willst du ihn oder willst du ihn nicht? ` hallt Alex seine Stimme in meinem Kopf wieder.
Dann hallt etwas anderes in meinem Kopf wieder, Nicks Stimme bei Heroes: Wenn die Sterne vom Himmel fallen, wird meine Liebe dich nach Hause geleiten. Du wirst niemals allein sein

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Ich rüttele sanft an Alex seine Schulter als ich sehe das wir in 15 Minuten landen.
„Alex…“ sage ich vorsichtig du er öffnet seine Augen.
„Hmm.“ Nuschelt er.
„Er hat Recht.“ Sage ich und lächele.
„Wer hat Recht, wovon redest du?“ er sieht mich verwirrt an.
„Nick, in No more Heroes hat er “Wenn die Sterne vom Himmel fallen, wird meine Liebe dich nach Hause geleiten. Du wirst niemals allein sein.“ gesungen und er hat Recht. Meine Liebe zu ihm führt mich wieder nach Hause. Ich liebe ihn, so wie ich noch nie einen Menschen geliebt habe und ich will ihn, auch auf die Gefahr hin das ich Abby damit verletze.“ Ich bin völlig außer Atem und sitze wie auf glühenden Kohlen. „Ich muss die Hochzeit verhindern.“
„Herzlichen Glückwünsch Kitty Cath!“ Alex sieht mich grinsend an „Und für diese Erleuchtung hast du drei Monate gebraucht? Man ich dachte echt du bist schlau, wenn du in deinem Studium auch so eine Blitzbirne warst wundert es mich dass du schon fertig bist.“ er lacht leise.
„Das ist nicht nett.“ Ich sehe ihn gespielt beleidigt an.
„Du willst also die Hochzeit verhindern?“ er zieht eine Augenbraue hoch.
„Ja, um jeden Preis.“ Sage ich und nicke lebhaft. Ich würde dafür sogar jetzt, hier aus diesem Flugzeug springen…
„Dann haben wir also ein Ziel.“ Er sieht mich an und wieder nicke ich, ihm beipflichtend.
Als wir in Dublin landen herrscht absolutes Chaos, es regnet wie aus Eimern und die Anschlussflüge nach Bantry, Kerry und Cork sind wegen des starken Regens abgesagt.
„Was machen wir denn jetzt?“ ich sehe panisch zu Alex.
„Mitkommen…“ er zieht mich hinter sich her und wir kommen vor einem Leihwagenstand zum stehen, um uns herum an die 50 Menschen die ebenfalls den gleichen Gedanken wie Alex haben.
„Entschuldigen sie bitte, Frau Dr. med. Cathlyn McLoughlin braucht dringend einen Wagen, sie wird zu einer wichtigen OP in Cork erwartet.“ Er sieht mich an und ich nicke der älteren Frau zu. „Deinen Ausweis.“ Zischt mir Alex zu und ich hole meinen Arztpass heraus.
Der Mann neben ihm wirft einen Blick drauf und sieht mich ehrfürchtig an.
„Es tut mir leid, das ist der letzte Wagen…“ sie sieht auf ihren Bildschirm und sieht zu dem Mann der neben Alex steht.
„Ich verzichte gerne, ich kann gut noch ein wenig warten, aber die junge Frau muss ein Leben retten.“ Er reicht Alex den Schlüssel.
„Danke.“ Sage ich gerührt und drücke ihm einen Kuss auf die Wange. Alex unterschreibt die Papiere und wir laufen zum Parkhaus. Als wir endlich im Auto sitzen sehe ich immer wieder auf die Uhr. Es ist jetzt 6 Uhr und selbst wenn wir gut durchkommen werden wir es kaum schaffen
„Du kannst lügen wie gedruckt.“ Ich sehe Alex strafend an als wir aus dem Parkhaus heraus in den Regen fahren.
„Es geht doch fast um Leben und Tod. Es geht um dein Leben.“ Er grinst verschmitzt.
Wir kommen ganz gut voran, aber das Wasser steht schon auf der Straße und Alex kann nicht überall so schnell fahren wie er möchte… der Zeiger bewegt sich langsam aber sicher auf 10 Uhr zu.
„Alex bitte fahre schneller.“ Bitte ich ihn inständig.
„Soll Mum morgen in der Zeitung lesen: Ein Kanadier und eine Amerikanerin beim Versuch die Schallmauer zu durchbrechen ums Leben gekommen? Ehrlich Cath, ich fahre so schnell es geht.“ Er sieht mich an, ich hibbele auf meinem Sitz herum. Ich kann nicht still sitzen, ich muss es ihm sagen bevor er einen Fehler macht…
´Bitte lieber Gott lass mich rechtzeitig da sein!` bete ich still vor mich hin.
„Na den Glauben wieder gefunden.“ Feixt Alex.
„Konzentrier du dich lieber.“ Sage ich nervös.
„Willst du fahren?“ er zieht seine Augenbrauen hoch.
„Nein, es sei denn Mum soll morgen lesen: Zwei Menschen bei einem Verkehrsunfall, verursacht durch unkonzentriertes Fahrverhalten, ums Leben gekommen.“ Ich sehe ihn an und reibe mir müde über die Augen „Nicht zu vergessen zu erwähnen dass die Fahrerin seit 80 Stunden ohne richtigen Schlaf ist.“ Füge ich hinzu und er lacht leise.
Um 10:22 Uhr halten wir mit quietschenden Reifen vor der St. Finbarrs Church und ich springe aus dem Auto. Ich laufe ohne Jacke und zu überlegen die Steinstufen zur großen schweren Holztür hoch und rüttele fest daran. Sie ist verschlossen, sie müssen schon fertig sein…
„Nein.“ Ich umfasse fest den kalten Türknauf.
´Ich bin zu spät! ` gellt es in meinem Kopf.
Ich halte weiter an dem schweren silbernen Türknauf fest und wünsche mir so sehr das die Tür aufgeht und ich das Unvermeidliche noch verhindern kann.
„Bitte nicht.“ Schluchze ich und stemme mich mit meinem ganzen Gewicht gegen die Tür.
„Nein, nein, nein…“ ich zerre, rüttele und ziehe an der Tür aber sie bewegt sich keinen Zentimeter. Ich meine diese Tür hat mit Sicherheit schon mehr Stand gehalten als einer verzweifelten 29jährigen die einem Wunschtraum hinterher jagt. Kraftlos sinke ich im kalten Regen. der mich schon völlig durchnässt hat, auf die Knie.
„Bitte nicht.“ Wimmere ich und schlage mit letzter Kraft mit meinen Händen gegen die Tür. „Ich liebe Dich Nick, ich habe es schon immer und werde es immer.“
„Brauchst du für deine Einsichten immer so lange?“ ertönt eine Stimme neben mir und ich sehe auf in Nicks Gesicht. Milde lächelnd schaut er mich an und lehnt sich gegen die Mauer.
„Nick.“ Ich springe auf und falle ihm um den Hals. „Ich liebe Dich.“ Schluchze ich.
„Ich dich auch, dummer Sturkopf.“ Er küsst mich und obwohl ich friere ist es als würde ein Feuer in meinem Inneren entzündet werden.
Als wir uns lösen begreife ich erst das er am Tag seiner Hochzeit hier in Jeans und Pullover vor mir steht.
„Aber du… ich meine… Abby.“ Stottere ich.
„Was Abby? Ich habe Alex schon vor Wochen erzählt das ich die Hochzeit abgesagt habe weil ich sie nicht liebe. Aber ich wollte dass du selber darauf kommst. Ich habe dir mal gesagt… okay ich habe es gesungen…“ er lacht leise „… das ich immer mit offenen Armen auf dich warten werde.“ Er sieht mich an und ich nicke leicht „Aber den Schritt hierher, zu mir, den musstest du selber machen.“
Alex taucht neben uns auf.
„Du hast das alles gewusst und hast mich so leiden lassen?“ ich sehe ihn strafend an.
„Du musstest es selber erkennen…“ er sieht mich entschuldigend an „… Ansonsten kann es nicht funktionieren.“
„Danke.“ Ich gebe ihm einen Kuss auf die Wange und kuschele mich dann wieder an Nick.
„Ich glaube wir sollten uns mal ein etwas trockneres Plätzchen suchen.“ Nick sieht mich an und ich nicke und klappere mit den Zähnen.
„Pass auf Alex, ich nehme sie mit zu mir, nicht das sie auf die Idee kommt noch mal abzuhauen.“ Er zwinkert ihm zu „Ich bringe sie morgen früh bei deinen Eltern vorbei.“
„Alles klar.“ Alex geht zurück zu unserem Wagen und Nick führt mich zu seinem Jeep.
IM Auto dreht er die Heizung voll auf und ich versuche meine Hände aufzutauen.
Immer und immer wieder sehe ich ihn an um mich zu versichern dass er auch wirklich neben mir sitzt.
Wir halten vor einem alten mit Reet gedeckten Bauernhaus. Ich kenne dieses Haus, es war das erste Haus meiner Großeltern.
„Hier wohnst du?“ frage ich erstaunt.
„Ja ich habe es vor drei Jahren für fast nichts dem alten Seamus abgekauft und baue es seitdem um.“ Er lächelt und hilft mir auszusteigen. Er hält seine Jacke schützend über uns und schließt auf. Wow, das letzte mal war ich als 4 oder 5 jährige in diesem Haus. Die Decken sind jetzt viel Höher und alles besticht durch den klassischen Mix aus den alten Baumaterialien und Chrom, hellem Eichenholz und Leder.
Kaum drinnen zieht er mich in seine Arme.
„Du musst die nassen Sachen los werden, sonst wirst du noch krank.“ Haucht er mir ins Ohr und ich bekomme eine Gänsehaut. „Ich lege Holz im Kamin nach.“ Er geht in ein Zimmer und ich ziehe meine Schuhe aus.
Ein wenig unsicher folge ich ihm und als ich in das Zimmer komme, welches sich als Wohnzimmer entpuppt zieht er sich gerade sein T-Shirt aus und legt es zu seinem Pullover auf den Ofen zum trocknen.
Ich betrachte seine definierten Bauchmuskeln und seine breite Brust. Also das ist mal ein Mann! Er entdeckt mich und kommt auf mich zu, zum wiederholten Male werde ich mir seiner körperlichen Größe und seiner Präsenz bewusst. Er beugt sich zu mir und zieht mir meinen Pullunder über den Kopf, dann beginnt er langsam Knopf für Knopf meine Bluse aufzuknöpfen. Seine Hände gleiten an der Knopfleiste nach unten und er zieht die Bluse aus meinem Hosenbund. Ich sehe ihm dabei die ganze Zeit in die Augen, diese Augen die mich schon mein ganzen Leben faszinieren… einen solchen Braunton habe ich noch nie irgendwo anders in meinem Leben gesehen, das Feuer spiegelt sich darin und sie wirken wie Bernsteine auf die die Sonne scheint. Ich habe noch nie etwas Schöneres gesehen…
Seine Hände öffnen geschickt meinen Gürtel und meinen Hosenknopf und dann gleiten sie über meinen nackten Rücken und hinterlassen eine brennend heiße Spur. Ich öffne nun auch seinen Gürtel und wir versinken in einem Kuss, endlich… oh, welch eine Erlösung. Ich presse meinen Körper an seinen, nehme seine Wärme in mich auf. Er zieht mich auf das Sofa und scheucht seinen Hund von eben jenem.
„Das ist JJ, er wohnt hier auch.“ Sagt er leise und ich sehe den Hund, einen schwarz weißen Border Collie, kurz an und er verzieht sich in seinen Hundekorb.
Er befreit mich von meiner Hose und ich ihn von seiner. Seine Hände erkunden meinen Körper und ich habe das Gefühl in Flammen zu stehen.
Er öffnet meinen BH und streichelt sanft meine Brüste und meine Finger gleiten über seine Brust.
„Darauf warte ich schon mein ganzes Leben.“ Sagt er leise.
„Ich auch.“ Flüstere ich.
Er zieht mich vor die Couch und wir liegen nun auf dem Boden vor dem Kamin. Seine Shorts sind schnell ausgezogen und als er meinen Bauch küsst und mir dabei langsam meinen Slip auszieht denke ich, ich vergehe vor Verlangen. Ich ziehe ihn hoch und er sieht mir tief in die Augen.
„Jetzt ist die richtige Zeit und der richtige Ort.“ Er dringt kraftvoll in mich ein und ich kralle mich an seinem Rücken fest. Ich fühle mich vollkommen, ein Gefühl welches ich in meinem Leben bisher nie hatte. Es ist wundervoll und nie wieder möchte ich es missen.
Eine Stunde später liegen wir eingekuschelt in eine Decke vor dem Kamin, im Schein des Feuers sehe ich dabei zu wie unsere Hände mit einander spielen.
Ich sehe auf den Gladdagh Ring und Nick küsst ihn sanft.
„Cathy?“ fragt er leise.
„Hmm.“ Ich hebe meinen Kopf an und sehe in sein Gesicht, noch nie ist mir ein Gesicht vollkommener erschienen… In seinen Augen liegt eine solche tiefe Liebe, das ich mir sicher bin sie reicht für unser ganzes Leben.
„Werde meine Frau.“ Bittet er mich leise und ich sehe ihn an, dann beginne ich zu lächeln.
„Ich kann mir nichts vorstellen was ich lieber täte.“ Erwidere ich und er zieht mich hoch und küsst mich liebevoll.
JJ kommt an und fängt uns an übers Gesicht zu lecken.
„Ich glaube ich muss ihn mal raus lassen.“ Nick steckt auf und zieht sich seine Shorts an. Ich stehe auch auf und ziehe seinen Pullover an der noch auf dem Ofen liegt, er ist schön warm und kuschelig. Ich ziehe mir auch meinen Slip an und mache mich auf die Suche nach der Küche, denn mein Magen sagt mir das ich dringend was essen sollte.
Als JJ in die Küche kommt schüttelt er sich erst einmal ausgiebig. Ich kreische auf und Nick steht lachend im Türrahmen.
„Was machst du denn da?“ er schaut mir über die Schulter.
„Du hast außer einer Dose Hühnersuppe nichts Essbares in deiner Küche.“ Ich sehe ihn strafend an. „Also mache ich uns Hühnersuppe.“ Ich rühre in dem Topf herum.
„Kannst du kochen?“ er küsst zärtlich meinen Nacken.
„Wenn ich jetzt nein sage, heiratest du mich dann trotzdem?“ ich drehe mich zu ihm um.
„Aber sicher.“ Lacht er leise.
„Keine Angst ich kann kochen, ziemlich gut sogar wenn ich meinen bisherigen Testessern glauben darf.“ Ich zwinkere ihm zu.
„Warte mal.“ Er läuft aus der Küche die kleine Treppe ins Obergeschoss hoch und kommt gerade als ich die Suppe in zwei Suppentassen fülle zurück.
„Es soll später niemand behaupten ich habe es nicht richtig gemacht…“ er geht vor mir in die Knie „Cathlyn Marie McLoughlin willst du meine Frau werden und den Rest deines Lebens mit mir verbringen?“ er sieht mich an und och ziehe ihn lachend hoch.
„Ja Nicholas Adam O’Neill ich möchte deine Frau werden.“ Ich gebe ihm einen Kuss und er steckt mir einen wunderschönen silbernen Ring mit dem Muster der Celtic Knots an.
„Der ist von meiner Mum.“ Sagt er leise und ich küsse ihn erneut. „Nicht das du denkst Abby hatte ihn auch, sie hatte einen anderen Ring, weil dieser hier schon immer nur für dich bestimmt war.“ Er küsst meine Stirn.
Wir essen die Suppe und gehen dann zurück ins Wohnzimmer, wir setzen uns auf die Couch und ich lege meinen Kopf auf seine Brust. Ich höre sein Herz gleichmäßig und stark in seiner Brust schlagen und als sich JJ auf meine Füße legt und sie wärmt, da fühle ich mich mehr zu Hause als irgendwo anders auf der Welt.
„Was machst du jetzt mit deiner Wohnung und deiner arbeit in Boston?“ fragt er plötzlich.
„Hmm, ich denke das McLean lässt mich gehen wenn ich sie bitte, die haben mehr Ärzte in der Warteliste wie manch anderes Krankenhaus und mein Appartement übernimmt bestimmt Lilly, meine beste Freundin.“ Antworte ich ihm.
„Und dann?“ er fährt zärtlich durch meine Locken.
„Dann würde ich sagen kümmere ich mich um meine Anerkennung hier in Irland und nehme das Thema eigene Praxis in die Hand.“ Ich sehe ihn an und er strahlt.
„Du hast also einen Plan…“ grinst er.
„Ja, gerade eben ausgedacht und für gut befunden.“ Lächle ich.
Am nächsten Morgen sind meine Sachen getrocknet und wir fahren zu meinen Eltern die mich und Nick beglückwünschen es endlich geschafft zu haben. Ben strahlt übers ganze Gesicht als ich ihm erzähle dass ich bleibe und auch Gina, meine Mum, mein Dad und Sean freuen sich für mich.
Alex fliegt am Abend zurück, da Ann ihn dringend in der Firma braucht, aber er verspricht mir ein wachsames Auge auf Lilly zu haben.
Schon drei Wochen später heiraten Nick und ich in der St. Finbarrs traditionell irisch. Es ist wunderschön, ich trage ein langes weißes Kleid aus irischer Spitze und einen Kranz aus Wildblumen im Haar, anschließend lässt es Paddy sich nicht nehmen die Feier auszurichten und sogar Abby kommt.
„Ich wünsche euch beiden alles Glück dieser Erde.“ Sie sieht mich prüfend an und ich nehme sie in den Arm.
„Er wäre mit mir nicht glücklich geworden und ich wahrscheinlich auch nicht mit ihm, ihr seid für einander bestimmt.“ Sagt sie leise und ich sehe sie an.
„Es tut mir leid wenn er dich verletzt hat.“ Erwidere ich reumütig.
„Er hat mich nicht verletzt, es war mir klar, schon als ich ihn das erste Mal mit dir zusammen sah…“ sie zwinkert mir zu „Das wart ihr 12 oder 13.“ Sie gibt mir einen Kuss auf die Wange.
Die Feier geht bis in die frühen Morgenstunden und ich fühle mich wie gerädert als wir am nächsten Abend nach Boston fliegen um alle Sachen zu regeln. Lilly freut sich das ich ihr mein Appartement überlasse und erzählt mir von ihren Dates mit dem netten Wachmann vom Flughafen. Als wir eine Woche später zurück fliegen, da fühle ich mich wirklich als würde ich Heim kommen. In unser Heim…
JJ war eine Woche Gast bei meinen Eltern und Ben liebt diesen Hund abgöttisch, ich denke das Gina und Sean nicht mehr lange drum herum kommen Ben auch einen Hund zu kaufen.
Am 22. Oktober habe ich eine Anhörung vor dem Child Care Ausschuss welcher darüber bestimmt ob ich finanzielle Mittel für meine Praxis bekomme, denn meine Zulassung ist anerkannt.
„Dr. O’Neill?“ ein älterer Mann bittet mich in ein Zimmer, meine Hände sind schwitzig, es hängt viel davon ab ob ich Mitglied in der Child Care Assoziation werden kann. Denn wenn ich dieser Organisation angehöre gehöre ich zu einem Irland weitem Netz und habe somit mehr Patienten.
Als ich eintrete weiten sich meine Augen, da sitzt tatsächlich Molly Peetersen am Tisch und sieht mich ebenso überrascht an.
„Cath?“ fragt sie lächelnd und ich reiche ihr die Hand.
„Es ist wirklich schön sie wieder zu sehen Molly.“ Gestehe ich und nehme auf dem angebotenen Stuhl Platz.
„Dr. O’Neill?“ sie sieht mich skeptisch an.
„Sagen wir mal so, Irland hat mir verziehen und mir den Weg zu meiner wahren Liebe gewiesen.“ Sage ich ein wenig melodramatisch aber Mollys Augen beginnen zu strahlen.
„Kennst du die junge Frau Molly?“ der Mann zu ihrer rechten sieht zwischen uns hin und her.
„Ja wir haben uns kurz kennen gelernt, ich denke ich werde das ganze hier ein wenig abkürzen. Dr. Cath O’Neill, willkommen in der Child Care Assoziation.“ Sie strahlt mich an.
„Aber Molly wir müssen die Referenzen der jungen Frau erst einmal besprechen.“ Geht nun der Mann zu ihrer Linken dazwischen.
„Albert, ich kenne diese junge Frau…“ sie zwinkert mir zu „Außerdem bin immer noch ich die Vorsitzende dieses Rates. Wir werden sie aufnehmen und ihr die Mittel zur Verfügung stellen Bantry eine vernünftige Kinderarztpraxis zu bieten.“ Sie sieht die beiden Männer an und diese nicken.
„So Kindchen, ich würde sagen der Papierkram ist in den nächsten Tagen bei dir.“ Sie reicht mir die Hand.
„Vielen Dank, bestellen sie Milly liebe Grüße.“ Nun zwinkere ich und sie lacht leise.
„Das werde ich machen Kindchen.“ Verspricht sie mir und ich trete raus in die kalte Oktoberluft Dublins.
´Das gibt es nicht…` schießt es mir durch den Kopf.
Irland, ein Land voller Überraschungen…
Ich fahre beflügelt nach Hause und Nick ist so stolz auf mich, als die Unterlagen ein paar Tage später eintreffen suchen wir nach Räumlichkeiten für die Praxis und entscheiden uns für ein kleines Haus neben dem ortansässigen Allgemeinarzt. Dr. Maloy kennt mich noch aus Kindertagen und ist froh das ich nun als seine Verstärkung dienen kann.
Kaum das ich die Praxis geöffnet habe muss ich mich schon wieder nach einer Vertretung umsehen, denn der laxe Umgang mit dem Thema Verhütung recht sich sehr schnell. Zu schnell für mich aber Nick ist ganz aus dem Häuschen, am 07. Juli werden unsere Zwillinge Elin Molly und Finlay Seamus geboren.

Epilog
„Wenn du nicht in 5 Minuten hier bist fahren wir ohne Dich!“ Nick steht an der Treppe und ruft unsere Jüngste schon bestimmt zum 10. Mal.
„Dad! Hetz mich nicht!“ ruft sie genervt zurück, sie ist jetzt 16 und wenn auch nur eine ihrer dunkelbraunen Locken nicht richtig sitzt verlässt sie das Haus nicht.
„Mum? Dad? Wann können wir los?“ Elin sieht mich verzweifelt an, sie und Finlay sind jetzt schon 24. Elin ist verheiratet und hat schon einen kleine Sohn. Finlay studiert in Dublin und hat seit einem Jahr eine wirklich liebe Freundin. Es ist Wahnsinn wie die Zeit rennt…
„Frag deine Schwester wann wir endlich los können.“ Antwortet Nick lachend.
„Sophie Rosemary O’Neill! Beweg dich!“ ruft nun Elin ungeduldig und endlich erscheint unsere Jüngste auf der Treppe.
Nick nimmt sie in den Arm und wir gehen zum Auto. Heute stehen vier Autos auf dem Hof und als ich einsteige drehe ich mich zu unserem Haus um. Wir haben das alte Bauernhaus ausgebaut und die Stallungen als Wohnraum erschlossen, denn mit 6 Kindern braucht man viel Platz.
Nach Elin Molly und Finlay Seamus wurde 2 Jahre später Logan Connor geboren, dann kam 1 Jahr später David Patrick, 3 Jahre später kam dann Isabell Jolin und nur 10 Monate später kam Jason Alexander auf die Welt, damit war es eigentlich für uns abgeschlossen aber Mutter Natur bedachte uns 2 Jahre nach unserem eigentlichen Schlusslicht mit Sophie Rosemary. Wir lieben unsere laute, manchmal nicht ganz einfache Familie. Alle Kinder bis auf Sophie sind aus dem Haus, gehen ihren eigenen Wege und leben ihre eigenen Leben. Logan arbeitet zusammen mit dem mittlerweile 31jährigen Ben bei McLoughlin Enterprises. Die beiden werden das Unternehmen zusammen mit Bens Geschwistern Lisa Ann und Jayden Alexander weiter führen.
Als wir endlich mit all unseren Kindern, Enkelkindern und Schwiegerkindern m O’Neills eintreffen weht ein Banner im frischen Septemberwind…

“ Alles Gute zur silbernen Hochzeit Kitty Cath und Nick!“

 

 


Unschwer zu erkennen wer das verbrochen hat… Alex wohnt seit 10 Jahren auch wieder hier, Jesse hat seine Firma in Saint John übernommen und er hat sich hier ein kleines Büro aufgebaut.
Unsere Eltern genießen jeden Tag den sie zusammen mit ihren 14 Enkeln und deren Kindern und Männern und Frauen verbringen können.

Eine Heimat kann dir fremd erscheinen, aber sie bleibt deine Heimat. Sie nimmt dich mit offene Armen auf wenn du es brauchst…

 

Impressum

Texte: me
Bildmaterialien: Google
Tag der Veröffentlichung: 15.08.2012

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