Ein einziger unbedachter, wenn auch sehr schöner, Moment hat mein ganzes bisheriges Leben auf den Kopf gestellt und noch habe ich nicht die geringste Ahnung wie ich damit umgehen soll.
Kurz zu mir, ich heiße Lillian Jensen, ich bin 27 Jahre alt und ich bin Architektin in der Firma meines großen Bruders. Ich habe gleich zwei große Brüder und alle sind immer so besorgt um mich.
Unsere Eltern starben als ich 22 Jahre alt war und seitdem sind die zwei noch schlimmer geworden. Ich liebe sie wirklich sehr und ich bin dankbar dass sie sich um mich sorgen, aber manchmal wird es mir fast zuviel.
Marc, mein ältester Bruder ist 35 und bei ihm arbeite ich auch und Lars ist mit seinen 30 der kleinste meiner Großen. Er ist Baumanager und er ist mit Abstand derjenige der mich am besten 24 Stunden am Tag um sich haben möchte.
Ich habe eine schöne, große Wohnung in Frederiksberg, einem kleinem Stadtteil von Kopenhagen die ich mit meiner besten Freundin Louise teile. Wir sind wie Feuer und Wasser, aber ich glaube genau deswegen verstehen wir uns so gut.
Vor knapp 4 Monaten geriet meine kleine, heile Welt ins wanken und ich habe immer noch nicht die geringste Ahnung was ich tun soll.
Nur Lou weiß die ganze Wahrheit und sie redet mir seit drei Wochen ins Gewissen endlich die Karten auf den Tisch zu legen.
Aber ich kann nicht...
Warum nicht?
Weil ich es eben einfach nicht kann, ich kann nicht alles für einen Mann auf Spiel setzen, oder doch?
„Lilly bist du das?“ Lou kam wie eine Rakete aus der Küche geschossen, gerade als ich den Schlüssel im Schloss herum gedreht hatte.
„Wohnt sonst noch jemand hier?“ Ich kann mir gerade so ein lachen verkneifen, sie sieht mich nur leicht verstört an.
Ja so ist sie, immer ein wenig verpeilt, ich frage mich wirklich wie sie in ihrem Beruf als Kindergärtnerin zu Recht kommt. Aber ich denke da kommt ihr ihre Klatsche manchmal gerade Recht.
„Und wie war es heute im Büro?“ Ich zog mir meine Schuhe aus und zog eine Augenbraue hoch.
„So schlimm?“ Sie lacht laut auf und ich hänge meine Jacke auf.
„Du hast nicht die geringste Ahnung.“ Ich lasse mich neben sie auf die Couch fallen und sie streicht mir über den Arm.
„Dir ist schon klar, dass du langsam mal die Karten auf den Tisch legen musst, oder?“ Ich brauche sie nicht anzusehen, ich weiß auch so dass sie mir einen wunderbar durchdringenden Blick schenkt.
„Lou mal ganz ehrlich…“ nun sehe ich sie doch an „Was soll ich Marc sagen? Sorry, ich bin zwar in keiner Beziehung aber ich bin in der 15. Woche schwanger und ach ja noch was das Baby ist von Mads. Ja richtig, der Mads, der Freund von Lars. Du weißt schon der, der mit Linda verheiratet ist.“ Ich sehe sie verzweifelt an, immer wenn ich es ausspreche kommt es mir noch unwirklicher vor.
Ja ich habe mit einem verheirateten Mann geschlafen und das nicht nur einmal, jetzt muss ich die Konsequenzen tragen. Das ist leichter gesagt als getan, aber ich habe mich für das Kind entschieden und stehe zu meiner Entscheidung. Mit Mads habe ich noch nicht gesprochen… ich gehe ihm aus dem Weg.
„Lilly wie lange willst du das geheim halten?“ Lous braune Augen funkeln mich an.
Gott wie oft haben wir dieses Gespräch in den letzten 6 Wochen geführt? 100 Mal oder vielleicht schon 200 Mal? Kein Ahnung, ich weiß nur wir drehen uns im Kreis und das ist nicht schön.
„Lou ich weiß es nicht, Okay?“ Ich flehe sie an endlich still zu sein.
„Hey.“ Sie erkennt meine Gefühlslage und nimmt mich in den Arm.
„Weißt du was das schlimmste ist?“ Mit Tränen in den Augen sehe ich zu ihr auf.
„Na?“ sie streicht mir eine Strähne meines braunen langen Haares hinter das Ohr.
„Ich liebe ihn.“ Sage ich leise, mehr zu mir selbst als zu ihr.
„Oh Lilly.“ Sie zieht mich wieder in ihre Arme.
„Das Leben ist Scheiße.“ Schniefe ich und drücke mich an sie.
Ja das Leben so wie ich es kannte ist jetzt vorbei, das wird mir jeden Tag mehr bewusst. Ich werde bald eine Mama sein… Es klingt immer noch so fremdartig in meinen Ohren. Ich eine Mama.
Ich wollte immer Kinder haben, habe immer von einer kleinen Familie geträumt, aber jetzt sitze ich in der Patsche, denn ich werde eine Mama ohne den Papa sein. Der Papa meines Kindes ist verheiratet und das Schlimmste ist das ich sie kenne, ich kenne sie genau wie ihn schon fast mein ganzes Leben.
Ich sehe Lou in die Augen, plötzlich wird mir klar das ich es nicht ewig geheim halten kann, ich muss mit Marc sprechen, auch auf die Gefahr hin das er danach kein Wort mehr mit mir wechselt.
„Lou ich muss es Marc sagen.“ Ich spreche ganz leise und sie nickt nur.
„Soll ich ihn anrufen?“ Schon als sie das fragt hat sie das Telefon in der Hand und ich sehe sie kurz an.
Ich habe solche Angst…
1 Jahr zuvor
„Lou bitte komm endlich!“ Ich bin kurz vor einem Nervenzusammenbruch, man Lou hatte mal wieder die Ruhe weg und ich werde noch wahnsinnig.
„Bleib ruhig!“ Lässig kommt sie angeschlendert und zieht sich ihre Winterjacke an.
Ich habe gerade den Türgriff in der Hand als es klingelt, verwirrt öffne ich die Tür und sehe in Mads sein trauriges Gesicht.
„Hey Mads.“ Ich nehme ihn in den Arm.
„Hey.“ Seine Stimme klingt leise und heiser.
„Was ist denn los?“ Ich nehme seine Hand und er stöhnt leise.
„Ach nichts, ihr wolltet gerade los.“ Er sieht von mir zu Lou, beide sind wir dick eingepackt das wir mit Freunden zum Eislaufen verabredet sind. Aber nichts ist wichtiger wie ein Freund in Not.
„Ach was…“ ich winke ab und sehe zu Lou „Gehst du vor? Ich komme nach.“ Ich sehe sie bittend an und sie sieht zu Mads und nickt.
„Klar doch.“ Sie nimmt ihn ebenfalls in den Arm und läuft dann die Treppe hinunter, während ich meine Jacke wieder aufhänge und Mads seine Jacke abnehme.
„Also was ist los?“ Ich ziehe ihn zur Couch und wir setzen uns.
„Linda hat mich verlassen.“ Er sieht auf seine Hände.
„Warum denn das?“ Ich bin wie versteinert, die beiden sind schon seit Ewigkeiten zusammen und mir fällt kein Grund ein warum sie sich trennen sollten.
„Sie meint sie braucht Freiraum.“ Nun schaut er auf und ich nehme ihn fest in meine Arme.
„Hey alles wird gut. Du bist ein toller Mann und wenn sie das nicht zu schätzen weiß dann ist sie dumm.“ Ich zwinge ihn mich anzuschauen. Seine braunen Augen sehen mich so verzweifelt an. Ich streiche über seine Wange.
„Sie ist dumm.“ Wiederhole ich mich.
„Lill.“ Seine Stimme bricht.
Oh jetzt bitte nicht weinen, mit einem weinenden Mads kann ich nicht umgehen.
„Mads.“ Was soll ich sagen?
Er schaut mich ganz lange an und plötzlich sehe ich einen Ausdruck in seinem Gesicht als ob er mich das erste Mal in seinem Leben sieht. Ich lege meinen Kopf leicht schief und sehe ihn ebenfalls an. Ich sehe in seine wunderbaren dunkelbraunen Augen, sehe seine für einen Mann ziemlich zierliche Nase und dann sehe ich seine sanft geschwungenen Lippen.
Wow… das muss ich jetzt erst einmal verarbeiten. Mads sieht toll aus und er ist genau mein Typ. Dunkelhaarig, stark und doch sanft.
Ich schlucke.
Das geht nicht!
Er nimmt mein Gesicht ganz vorsichtig in seine Hände und sieht mir weiterhin in die Augen.
Dann kommen seine Lippen meinen ganz nah und plötzlich berühren sie sich. Einen kleinen Moment bleibt mir die Luft weg und ich bin zu keiner Reaktion fähig.
Dann schließlich lege ich meine Arme um seinen Nacken und ziehe ihn dichter zu mir.
Das fühlt sich phantastisch an und ich will nicht dass es endet. Wow ich habe keine Ahnung gehabt was ein Kuss für Gefühle in mir auslösen kann.
Seine Zunge fordert meine zu einem Spiel heraus und ich nehme es gerne an.
Ich habe keine Ahnung wie lange wir uns schon küssen, es kommt mir vor wie eine Ewigkeit, dann löst er sich von mir und wir sehen uns an.
Ich öffne meinen Mund um etwas zu sagen, aber er legt seinen Zeigefinger auf meine Lippen.
Dann zieht er mir meinen Pullover über den Kopf und ich tue es ihm gleich.
Ich will nicht reden…
Nachdem er mir noch weitere Kleidungsstücke ausgezogen hat, sitze ich schließlich nur noch in Unterwäsche vor ihm.
Er beugt sich zu mir und haucht mir einen Kuss auf die Schulter während er langsam den Träger meines BHs herunter gleiten lässt. Er nimmt meine Brust sanft in seine Hand und meine Brustwarze richtet sich vor Erregung sofort auf. Schließlich lässt er auch den zweiten Träger hinunter gleiten und liebkost meine Brüste. Leise stöhne ich auf und ziehe ihn zu mir. Ich sehe ihm tief in die Augen und er befreit sich von seinen Shorts während ich meinen Slip abstreife. Er drückt mich auf die Couch und dringt vorsichtig in mich ein. Ich stöhne erneut auf. Gott es ist atemberaubend und ich sehe ihn an. Noch nie habe ich so viel Liebe in einem Blick gesehen.
Ist das der gleiche Mads, der vor 30 Minuten fast weinend in meinen Armen gelegen hatte?
Er beginnt sich rhythmisch zu bewegen und ich komme ihm mit meinem Becken entgegen. Gott es ist so schön.
Schließlich kommen wir beide zu unseren Höhepunkten und er sinkt über mir zusammen.
Er sieht mir in die Augen und küsst mich.
Ich weiß nicht was ich tun soll…
Ich weiß nicht was ich sagen soll…
„Hey Lill!“ er zieht mich in seine Arme „Du bist wunderbar.“ Er küsst mich liebevoll.
„Mads was machen wir jetzt?“ ich sehe ihn leicht ängstlich an.
„Was meinst du?“ er lächelt leicht, er weiß genau was ich meine.
„Bitte Mads.“ Ich knuffe ihn leicht.
„Weißt du was? Es wäre nicht klug gleich nach meiner Trennung von Linda mit dir zusammen zu kommen. Ich meine wir waren 9 Jahre zusammen und ich denke viele würden es nicht verstehen. Aber Lill, ich liebe Dich.“ Er sieht mich an und ich lächle.
Ich weiß was er meint…
„Ich möchte dich sooft wie möglich sehen und wenn über die Sache mit Linda Gras gewachsen ist dann sagen wir es den Anderen?“ er küsst meine Stirn.
„Ja.“ Hauche ich und ziehe ihn zu mir.
Was ist in den letzten 2 Stunden passiert?
Ach was… es ist mir egal es fühlt sich toll an in seinen Armen zu liegen.
Wir kommen gut klar und sehen uns in den nächsten vier Monaten fast täglich.
8 Monate zuvor
Ein Anruf und meine kleine Welt steht Kopf…
Vor ein paar Minuten hat mich Mads angerufen und mir in einem sachlichen Tonfall erklärt dass Linda wieder da ist. Sie sieht ein dass sie einen Fehler gemacht hat und möchte ihn zurück.
Und er geht zurück…
Ich kann es nicht fassen! Wie groß kann seine Liebe schon gewesen sein?
4 Monate zuvor
„Lou kannst du mir mein Kleid zumachen?“ Abgehetzt laufe ich durch unsere Wohnung, stolpere fast über meine eigenen Schuhe die im Flur liegen und laufe der lachenden Lou in die Arme.
„Komm her Kleine.“ Sie dreht mich ruckartig um und zieht den Reisverschluss meines dunkelblauen Kleides zu.
Schnell laufe ich zurück in mein Zimmer, überprüfe meine Hochsteckfrisur und mein Make up und drehe mich vor dem großen Spiegel. Ich bin 1,73 m und wiege zurzeit exakt 60 kg, nicht zu viel und nicht zu wenig. Das Kleid sitzt wirklich perfekt, ich habe es ja auch extra für diese verdammte Hochzeit gekauft. Es geht mir bis knapp zum Knie und betont meine langen Beine. Zufrieden zwinkere ich meinem Spiegelbild zu und angle mir meine kleine Handtasche vom Bett.
Ich schlüpfe in meine schwarzen Highheels und ziehe meinen schwarzen Blazer über.
„Wow Lilly du siehst toll aus!“ Lou applaudiert mir und ich mache einen Knicks.
„Vielen Dank. Gleichfalls!“ Ich schicke ihr einen Handkuss und sie verschwindet im Bad um sich zu schminken.
Ich kann es nicht fassen, Mads heiratet heute Linda…
Einfach so, wir haben seit Monaten kein Wort miteinander gewechselt, aber ich kann dort nicht einfach nicht auftauchen und versuche gute Miene zum bösen Spiel zu machen.
Hmm vielleicht sollte ich noch ein paar Glücklichpillen kaufen und einwerfen. Bis jetzt geht es mir ganz gut, okay mein Herz schmerzt beim Gedanken an ihn. Aber er hat sich gegen mich und für Linda entschieden und ich muss diese Entscheidung akzeptieren.
Dann klingelt es auch schon. Wenn Marc eines ist, dann pünktlich.
Ich packe Lou am Arm und wir laufen in den Hausflur und die zwei Stockwerke nach unten, mein Bruder steht lässig an eine Limousine gelehnt und ich muss lächeln. Er sieht unverschämt gut aus und ich kann es nicht fassen dass er sich wirklich eine Limousine geliehen hat.
„Darf ich bitten?“ er hält mir seine Hand hin und ich steige in die Limousine, das erste Mal in meinem Leben das ich in so einem Gefährt sitze.
Lou setzt sich neben mich und wir sehen uns grinsend an.
„Na ein Gläschen Sekt?“ Marc zwinkert uns zu und wir lachen.
Er schenkt uns jeder ein Glas Sekt ein und wir stoßen an.
„Auf Mads und Linda.“ Marc sieht zu mir und ich spüre Lous besorgten Blick. Sie hat von Anfang an alles gewusst und macht sich Sorgen um mich.
„Mann wir sind vielleicht ein wenig früh dran.“ Marc lacht auf. Ich sehe auf mein Handy, er hat Recht. Die Trauung soll erst in drei Stunden anfangen.
„Egal, wir werden uns die Zeit schon vertreiben.“ Lou ist wie immer optimistisch und ich bin mir sicher, mit ihr zusammen die Kleider der anderen zu analysieren dürfte sehr lustig werden.
Wir halten vor dem kleinen Hotel etwas außerhalb von Kopenhagen und Marc hilft uns beim Aussteigen, es ist Mitte August und brütend heiß. Die Trauung soll im Hotelgarten statt finden und ich bin gespannt auf alles was mich erwartet.
„Lill?“ Mads kommt zu mir kaum da sich ausgestiegen bin und ich sehe ihn verwirrt an.
„Hallo Mads.“ Ich versuche betont lässig zu klingen.
„Kann ich kurz mit dir reden?“ Er zieht mich am Arm hinter sich her ohne meine Antwort abzuwarten.
„Was hast du vor?“ Ich machte mich los und sehe ihn perplex an.
„Bitte Lill!“ er zieht mich weiter und wir gehen in eines der Zimmer. Sein Zimmer wie ich mit einem Blick auf das Bett und dem Smoking fest stelle. Er schließt die Tür hinter sich ab und sieht mich an.
„Bitte Lill rede mit mir.“ Er setzt sich aufs Bett und fährt sich durch die Haare.
„Was gibt es zu sagen?“ ich bleibe stehen und verschränke die Arme vor der Brust.
„Lill, ich weiß das ich dir weh getan habe und es tut mir leid, aber Linda und ich… ich weiß es doch auch nicht, wir sind so lange zusammen und es war irgendwie immer klar das wir heiraten. Bitte Lill wenn du meinst ich mache einen fehler dann sag ein Wort.“ Er sieht mich bittend an.
Wahrscheinlich brauche ich ihm jetzt nur zu sagen das ich ihn liebe und der ganze Zirkus ist vorbei, aber ich kann nicht… ich habe Angst.
Statt ihm zu antworten gehe ich zu ihm und bleibe wenige Zentimeter vor ihm stehen. Er steht auf, sieht mich an und küsst mich stürmisch. Wir landen beiden rücklings auf dem bett und ich schließe meine Augen. Er schiebt meinen Slip zur Seite und dringt ungestüm in mich ein.
Gott er hat mir so gefehlt… Ich liebe ihn so sehr!
Nachdem wir beide gekommen sind steht er auf und ich richte mein Kleid.
„Ein Wort Lill.“ Er sagt es ganz leise und ich drehe mich zur Tür. Nein er hat Recht, egal wie sehr ich ihn liebe er gehört zu Linda. Er gehörte immer zu ihr und was ich hier gerade getan habe ist unverzeihlich.
Ich schließe die Tür auf und trete in den Flur. Eine einzelne träne läuft mir übers Gesicht und ich wische sie schnell beiseite. Ich gehe langsam die Stufen hinunter in die Lobby und Lou winkt mich zu sich.
Sofort erkennt sie dass etwas passiert sein muss, aber ich winke ab, ich kann nicht mit ihr reden.
Noch nicht!
Nicht jetzt!
Sie nimmt mich in den Arm und an die Hochzeit an sich kann ich mich nicht erinnern. Ich erinnere mich noch wie ich Reis auf das frisch vermählte Paar geworfen habe. Dann bin ich damit beschäftigt Mads aus dem Weg zu gehen. Ich habe Linda etwas angetan für das ich ihr nie wieder unter die Augen treten möchte. Zum Glück haben sich die beiden entschlossen wegen Lindas Job ein wenig nach außerhalb zu ziehen und ich würde ihn nicht sehen müssen wenn ich es nicht will.
Gegen Mitternacht kommen wir wieder nach Hause und ich erzähle alles Lou, sie ist erschüttert aber sie verurteilt mich nicht.
In den nächsten Wochen versuche ich mit dem Gefühlchaos in meinem Inneren zurecht zu kommen und an manchen Tagen gelingt es mir und an anderen eben nicht.
Ich muss zur Routineuntersuchen zu meiner Gynäkologin und was sie mir dann sagt stellt alles auf den Kopf.
„Ich bin schwanger.“ Ich sehe auf in Marcs Gesicht und er sieht mich geschockt an.
„Wie bitte Lill?“ er steht auf und ich erkenne das ich in diesem Moment all sein Vertrauen verloren habe. Ich kenne ihn mein ganzes Leben…
„Ich bekomme ein Baby, ich bin in der 15. Woche.“ Ich sehe zu Boden und wage es nicht ihn anzusehen.
„Weißt du was? So haben dich Mor und Far nicht erzogen, sie wären enttäuscht von dir und ich bin es auch. Du machst erst einmal Urlaub und dann sehen wir weiter.“ Mit diesen Worten steht er auf und geht.
Schluchzend vergrabe ich mein Gesicht in meinen Händen.
Mein urlaub wird länger, viel länger als ein normaler Urlaub.
Ich bewerde mich bei verschiedenen Architekturbüros und finde schlussendlich auch eine neue Stelle, am anderen Ende der Stadt. Ich soll die letzte beiden Woche bevor ich in den Mutterschutz gehe noch arbeiten und dann kann ich ein paar Aufträge von zu Hause aus erledigen. Meine neuen Arbeitgeber kommen mir sehr entgegen was meine Arbeitszeiten und mein Erziehungsurlaub an geht.
Marc hat mit Lars gesprochen und auch er wechselt kein Wort mit mir. Aber beide sind sich wohl einig still schweigen zu bewahren, denn Mads weiß es nicht und ich weiß das sie sich oft sehen.
Ich halte meine schriftliche Kündigung in meinen Händen und atme tief durch ehe ich in den Aufzug trete. Ich will meine Sachen abholen und endlich meinen Weg gehen. Ich bin im 8. Monat, ich habe noch 5 Wochen bis zum errechneten Termin. Mein Blick fällt auf mein Spiegelbild im Fahrstuhl. Ich streichele sanft über meinen Bauch. Ich freue mich auf mein Baby. Ich werde es hin bekommen…
Ich bin nervös und meine Hände sind nass geschwitzt, ich trete Marc das erste Mal seit jenem Abend vor einem halben Jahr wieder unter die Augen. nervös streiche ich mich eine Strähne meines mittlerweile kinnlangen Haares hinter das Ohr.
Ein Pling ertönt und ich bin im 8. Stock angekommen. Ich verlasse den Fahrstuhl und spüre die Blicke meiner früheren Kollegen auf mir, ich mache mir nicht die Mühe sie zu begrüßen. Ich laufe den langen Gang entlang und klopfe an Marcs Bürotür.
„Herein.“ Kommt es von innen und ich drücke langsam die Klinke runter.
Er schaut nicht auf, erst als ich ihm meine Kündigung auf den Tisch lege sieht er erstaunt auf.
„Lill.“ Seine Augen sehen mich kühl an.
„Ich will dir nur meine schriftliche Kündigung geben, ich möchte nicht weiterhin Gehalt von dir bekommen, wenn ich hier nicht mehr arbeite und nie wieder hier arbeiten werde.“ Ich drehe mich zum gehen um.
„Wie geht es dir?“ Fragt er plötzlich leise und ich drehe mich verwundert um.
„Warum interessiert dich das plötzlich?“ Meine Stimme klingt gleichgültig. In den letzten Monaten habe ich mich damit abgefunden von meiner Familie verstoßen worden zu sein.
„Lill komm schon.“ Er steht auf und kommt zu mir.
„Was Lill komm schon? Marc du hast mich hängen lassen, ich weiß wann ich verloren habe und ich habe meine Familie verloren. Und? Ich habe die Verantwortung für ein Kind und wenn ihr mich nicht unterstützt dann muss ich sehen wie ich alleine klar komme.“ Ich bin ganz ruhig, ich habe keine Kraft und keine Lust zu streiten.
In diesem Moment höre ich eine mir bekannte Stimme und ich zucke zusammen.
Nein bitte nicht!
Ich erkenne Lindas lachen und Mads seine tiefe Stimme.
Obwohl ich mit dem Rücken zur offenen Tür stehe höre ich wie sie näher kommen.
„Lill?“ Mads hat mich entdeckt und ich drehe mich langsam um.
Er starrt mich fassungslos an und Linda schüttelt kaum merklich ihren Kopf.
„Wow Lilly ich wusste ja gar nicht das du schwanger bist.“ Sie nimmt mich in den Arm und ich stehe wie versteinert da.
Was macht er hier?
Warum gerade heute?
„Komm mit Linda, ich zeige dir mal ein paar von unseren neuen Entwürfen.“ Marc bugsiert Linda in ein anderes Büro und Mads starrt mich immer noch an.
„Lill?“ er sieht mich an und ich schließe meine Augen. „Lill sag was?“
Was denn????
„Mads…“ ich setzte an aber verstumme. Was soll ich ihm sagen? Ich bekomme ein Kind von dir?
„Sag mir nur eins… „er zwingt mich ihn anzusehen „Ist es von mir?“
Ich nicke kaum merklich mit dem Kopf und stürme an ihn vorbei nach draußen.
„Bleib stehen!“ ruft er mir hinterher, aber ich will nicht stehen bleiben.
Ich will weg!
Die Fahrstuhltüren öffnen sich und ich steige ein und drücke hastig auf den Knopf damit sich die Türen schließen. Kurz bevor Mads den Fahrstuhl erreicht rasten sie endlich ein.
Ich drücke auf das Erdgeschoss und lehne mich gehen die Wand. Ich atme schnell und ungleichmäßig, aber ich bin froh dass ich überhaupt noch atmen kann.
Plötzlich ruckelt der ganze Fahrtstuhl und das Licht geht aus.
Na super!
Ich sinke weinend zu Boden. Ich kann nicht mehr…
Ich schluchze und drücke den Notfallknopf.
Es passiert natürlich erst einmal gar nichts, aber es ist ja nicht das erste Mal das ich in diesem Gottverdammten Fahrstuhl fest sitze…
Plötzlich durchfährt mich ein reißender Schmerz und ich krümme mich. Bitte nicht!
Mein Bauch wird ganz hart und ich versuche zu atmen wie es mir im Geburtsvorbereitungskurs bei gebracht wurde.
Als die Wehe vorüber ist fange ich langsam aber sicher an Panik zu bekommen, aber ich beruhige mich mit der Tatsache dass ja eine Geburt lange dauern kann. Die kurzen Vorwehen habe ich schon einige Tage.
Endlich geht jemand an diese verdammte Notfallklingel.
„Hallo?“ ertönt es blechern aus dem Lautsprecher über den Etagenknöpfen.
„Hallo! Ich hänge fest zwischen dem 5 und 6 Stock.“ Ich kauere mich in eine Ecke.
„Geht es ihnen gut?“ erkundigt sich nun die Stimme.
„Ja.“ Antworte ich automatisch.
Plötzlich beginnen die Presswehen und ich weiß nicht was ich tun soll, ich versuche sie zu veratmen. Gott und wurde bei gebracht das das Stunden dauert und nun soll es so schnell gehen?
Ich will mein Kind nicht im Fahrstuhl zur Welt bringen.
„Hallo!“ Schreie ich fast panisch, die Presswehen folgen so schnell auf einander, das ich kaum Zeit zum durch atmen habe.
„Ist alles in Ordnung?“ fragt die Stimme erneut.
Klinge ich so?
„Nein, ich bekomme mein Baby und zwar sehr bald.“ Ich versuche mich zu beruhigen und in den Bauch zu atmen, aber der Pressdrang wird immer schlimmer. Mit einem Geräusch als ob man eine Wasserbombe auf den Boden wirft platzt meine Fruchtblase und ich beginne zu weinen.
„Ich verbinde sie mit dem Notruf, ein Krankenwagen ist unterwegs.“ Nun klingt die Stimme auch panisch.
Nicht sehr hilfreich!
Ein Arzt meldet sich schließlich und versucht mich zu beruhigen so weit es möglich ist.
Ich habe keine Ahnung wie lange ich schon fest stecke, aber mir kommt es vor wie Stunden, der Arzt versucht mich davon abzubringen zu pressen, aber ich kann nicht mehr dagegen anarbeiten. Ich sitze hier auf dem Boden eines Fahrstuhls und versuche die wahnsinnigen Schmerzen auszuhalten.
Plötzlich geht das Licht an und der Fahrstuhl setzt sich in Bewegung. Ich weine die ganze Zeit und weiß nicht ob ich die Geburt überstehe.
Die Fahrstuhltüren öffnen sich und ein Arzt stürzt auf mich zu.
„Welche Woche?“ er erkennt die Lage und ich versuche ruhig zu atmen. Endlich ist Hilfe da.
„35.“ Sage ich und beginne wieder zu pressen.
„Okay, das Baby kommt gleich.“ Er beugt sich zu mir, untersucht mich kurz und sein Kollege hängt einen Sichtschutz auf, ich habe keinen weiter außer ihm registriert als die Fahrstuhltüren sich öffneten.
„Darf ich zu ihr?“ Ich erkenne Mads seine Stimme.
„Das geht jetzt nicht.“ Antwortet der Sanitäter und ich schreie auf. Gott es tut so weh!
„Ich bin der Vater.“ Sagt Mads energisch und darf schließlich zu mir.
„Setzen sie sich neben sie und versuchen sie sie zu beruhigen.“ Weist der Arzt ihn an.
„Gott Lill, nur ein Wort…“ er sieht mich unter Tränen an.
„Mads ich liebe Dich.“ Flüstere ich und presse erneut.
„Ich liebe Dich auch!“ er haucht mir einen Kuss auf die Stirn.
„So jetzt noch einmal pressen.“ Der Arzt sieht mich an und ich folge seinen Anweisungen.
Dann durchbricht ein glockenklarer Schrei die Stille und ich atme erleichtert aus, der Schmerz ist endlich vorbei.
„Ein Junge.“ Der Arzt legt ihn mir auf die Brust.
„Wow.“ Mads ist völlig überwältigt und hält mich fest an sie gepresst.
Eine Trage wird herein gebracht und ich werde um gelagert. Der kleine Mann kommt sofort in den Brutkasten und ich werde so schnell wie möglich ins Krankenhaus gebracht.
Mads weicht nicht von meiner Seite, aber ich bin zu erschöpft um mit ihm zu reden.
Im Krankenhaus werde ich sofort versorgt und erst nachdem ich mich etwas ausgeruht habe darf Mads wieder zu mir. Er kommt ins zimmer gestürzt und nimmt mich vorsichtig in den Arm.
„Wie geht es ihm?“ ich sehe ihn ängstlich an.
„Den Kleinen geht es gut, er darf gleich zu dir---„ er streicht mir eine Strähne hinters Ohr „Aber mal ehrlich du hast mir einen Riesenschrecken eingejagt.“ Er küsst mich sanft.
„Mads was sollte ich tun?“ ich sehe ihn verzweifelt an.
„Lill nur ein Wort hätte gereicht. Es war dumm von mir zu Linda zurück zu gehen. Ich habe mit ihr gesprochen, sie stimmt einer Scheidung zu. Lill ich liebe Dich.“ Er nimmt mein Gesicht in seine Hände. „Und unser Sohn braucht einen Namen.“ Er lächelt mich an und ich kann nicht anders wie es zu erwidern.
„Ben.“ Sage ich leise und er strahlt mich an.
„Nur wir beide und Ben. Für immer.“ Er küsst mich erneut.
„Lill kommst du?“ Mads strahlt mich an und ich laufe zu ihm und umarme ihn fest. Heute sind wir bei Marc und seiner Familie zum Essen eingeladen und da es zu Fuß nur 10 Minuten zu ihm sind haben wir beschlossen mit unserer Rasselbande einen Spaziergang zu machen.
„Mama?“ Ben kommt auf mich zu gelaufen und bremst vor mir ab.
„Na was gibt es?“ ich grinse ihn an. Er ist mittlerweile 12 und hat eigentlich nur Flausen im Kopf.
„Kann ich nach dem Essen zu Frederik?“ er sieht mich bittend an und ich nicke leicht.
„Klar, aber zum Abendbrot bist du wieder zu Hause.“ Ich versuche streng zu klingen, scheitere jedoch kläglich.
Ich sehe zu Mads der sich mit Noah und Mia unseren 5 jährigen Zwillingen eine Verfolgungsjagd über die große Wiese liefert und lache. Plötzlich greift jemand nach meiner Hand und ich sehe zu unserem Nesthäkchen Fin der mich anstrahlt als ich ihn ansehe.
Ich bin froh dass alles so gekommen ist wie es gekommen ist. Auch mit Linda haben wir mittlerweile wieder einen guten Kontakt. Sie hat neu geheiratet und uns mittlerweile verziehen.
Kaum zu glauben das Mads und ich seit 11 Jahren verheiratet sind. Ich bereue einige Entscheidungen die ich getroffen habe und habe gelernt dass meine Angst mir nie im Weg stehen sollte!
Tag der Veröffentlichung: 20.03.2012
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