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Die kleine Prinzessin Umeko




Ihre Kindheit




In einem fernen, unbekannten Land, lebte einst vor langer, langer Zeit einmal eine kleine Prinzessin Namens Umeko. Sie hatte zahlreiche Geschwister und da ihr Vater nicht so viel Geld besaß, um für jedes einen eigenen Hauslehrer zu bestellen, gab es nur einen gemeinsamen Unterricht für alle, ob groß oder klein. Es kam nicht selten vor, dass sich Umeko während dieser öden Stunden am Vormittag langweilte, denn der Professor war schon reichlich betagt und wiederholte jeden seiner Sätze dreimal. Manchmal vergaß er auch einfach, was er sagen wollte, oder wunderte sich, was er hier überhaupt zu suchen hatte. Alle Beschwerden der älteren Kinder halfen nichts, denn Professor Eisenbart unterrichtete bereits ihren Vater, den König, sowie dessen Vater zuvor und hatte sich so eine Stellung auf Lebenszeit erdient. Niemand beging mehr den Fehler, sich in die vorderen Reihen des Unterrichtsraumes zu setzten, denn der gute Mann besaß die eigentümliche Angewohnheit, bei gewissen harten P-Lauten, sein Gebiss in hohem Bogen auszuspeien, was regelmäßig zu Heiterkeitsausbrüchen unter den anwesenden Schülern führte. Da sie noch nicht groß genug war, um aus den hohen Fenstern sehen zu können, verlegte sich die Prinzessin darauf, zum Zeitvertreib in der Nase zu bohren und die in den Untiefen ihrer kleinen Nase geernteten Popel heimlich mit ihren Fingerchen auf ihre Geschwister zu schnipsen. Dieses unverwerfliche kleine Hobby begann allerdings langsam aufzufallen, als sie sich, um auch die weiter entfernt sitzenden Leidensgenossen erreichen zu können, ganz offen eines hölzernen Spielzeugkatapults bediente. Von diesem Moment an wurde sie separiert und peinlich genau beobachtet. Sie musste sich also etwas anderes einfallen lassen, womit sie ihre Mitschüler beglücken konnte. Auf diese Weise entdeckte sie schon früh ihr erstes großes Talent, das Pupsen. Mit ein bisschen Training brachte Umeko es fertig, vollkommen lautlos Gase entweichen zu lassen, die selbst hart gesottenen Leimsiedern die Tränen in die Augen zu treiben vermochten. Die Wirkung auf ihre zart besaitete königliche Verwandtschaft war indes buchstäblich umwerfend. Jedes Mal kam es zu regelrechten Massenohnmachtsanfällen, mit anschließenden mehrwöchigen Luftkuraufenthalten für die bemitleidenswerten Opfer. Umeko saß jedoch immer so unschuldig da, als könne sie kein Wässerchen trüben. So wurde denn die heimtückische Urheberschaft zunächst dem senilen Professor Eisenbart zugeschrieben. Aufgrund der hohen Verluste unter seinen Kindern, was die Anzahl der versäumten Unterrichtsstunden betraf, sah sich der König schließlich doch dazu gezwungen, seinen geliebten alten Lehrer in die wohlverdiente Pensionierung zu schicken und sich nach einem Ersatz umzutun. Alsbald fand er diesen in Gestalt eines agilen, gebildeten jungen Mannes, der voller Enthusiasmus und mit dem Herz am rechten Fleck, die vakante Stellung antrat. Der neue Professor stellte sich als absoluter Glücksfall für die vielen Prinzen und Prinzessinnen heraus, die von nun an mit großer Freude und Interesse den unterschiedlichen Lektionen des jungen Mannes lauschten. Sogar Umeko langweilte sich nicht mehr und folgte von nun an aufmerksam dem Unterrichtsgeschehen. Damit hörten auch die Gasattacken schlagartig auf, was als endgültiger Beweis für die zuvor gehegte Vermutung gewertet wurde. Zur Überraschung aller stellte sich die kleine Umeko als überaus klug und intelligent heraus. Als sie der neue Professor einmal fragte, wie sie sich denn ihre Zukunft vorstelle, sprang sie auf und rief voller Überzeugung: „ich werde einmal Königin in einem mächtigen, großen und berühmten Land.“ Alle ihre Geschwister lachten sie aus, denn ihr eigenes Königreich war eher unbedeutend und klein. Prinzessinnen gab es viele, somit würde die Mitgift entsprechend mickrig ausfallen. Welcher Prinz, eines von ihr beschriebenen Landes, würde sich davon wohl hinter dem Ofen hervorlocken lassen. Die Befragte nahm das Gelächter gelassen hin, blies, zum Zeichen ihrer Verachtung, etwas Luft durch ihre hocherhobene kleine Nase und setze sich wieder.



Der Wettbewerb




Als die Jahre vergingen, wuchs die kleine Umeko zu einer wunderschönen und gebildeten jungen Dame heran. Sie war längst Klassenbeste und der Professor hatte alle Mühe, mit ihr mithalten zu können. Sie versäumte es aber trotz allem nicht, ihr heimliches Talent zu pflegen, zu dem sich mit der Zeit noch ein zweites gesellte: sie konnte rülpsen, wie ein alter Brauereigaul. Ihre Lieblingsbeschäftigung war es, sich in der Verkleidung einer Dienstmagd unters einfache Volk zu mischen und bei verschiedenen komischen Wettbewerben mitzueifern. Eines Tages las sie, dass ein bekannter Wirt in der Stadt einen Rülpswettbewerb veranstaltete, wohl um damit den Bierumsatz ein wenig in die Höhe zu treiben. „Da muss ich hin“, dachte sich die schöne Umeko. Sie zog sich um, verbarg ihr wallendes, güldenes Haar unter einer Haube, schmierte sich ein wenig Dreck ins Gesicht und machte sich auf den Weg. Wie sich herausstellte, waren die anderen Bewerber allesamt junge Kerle und gestandene Mannsbilder aus den verschiedenen Berufen der Handwerkszünfte. Als sie sich ganz unbekümmert einreihte, wurde sie ausgelacht und angepöbelt, was denn so ein zartes Weibsbild hier wolle. Daraufhin setzte sie den unschuldigsten Gesichtsausdruck auf, den sie zustande brachte und “pffffffft” ließ einen Fahren, dass der Hofhund des Wirtes, der gerade nichts ahnend vorbeitrottete, winselnd mitten unterm Laufen zusammenbrach. Die ihr am nächsten stehenden Männer, welche gerade noch laut polternd über sie hergezogen waren, schlugen hin, wie gefällte Bäume. Der Rest verzog sich, hustend und mit tränenden Augen in den nahe gelegenen Schweinestall. Als sich die Gase einigermaßen verzogen hatten, traten sie vorsichtig wieder hervor und schoben sich gegenseitig die Schuld für diese unflätige Tat zu. Eine wilde Schlägerei entbrannte und keiner kümmerte sich mehr um die einsame Magd, die sich gerade ihr erstes, frisch gezapftes Bier zu Gemüte führte. Als schließlich der Beginn des Wettbewerbs ausgerufen wurde, erhoben sich alle, die rechtzeitig aus ihrer Ohnmacht erwacht oder einigermaßen unbeschadet aus der Rauferei hervorgegangen waren. Umeko stellte sich ganz hinten an, so dass keiner ihr Beachtung schenkte. Der Schiedsrichter war der zweite Bürgermeister der Stadt, ein kleiner, rundlicher Mann mit lustigen Äuglein und leuchtend roten Backen, die wie polierte Äpfel aussahen. Zum Zeichen seiner Würde trug er eine weiße Perücke mit herabhängenden künstlichen Locken. Die ersten Probanden, die ihr kehliges Lied zum Besten gaben, wurden von der umstehenden Menge verlacht und johlend dem Wirt zugeführt, mit der Empfehlung, sich erst einmal mit Gerstensaft zu stärken. Nach und nach kamen die wirklichen Meister ihrs Faches an die Reihe, welche mit lautem Beifall belohnt wurden und unter kräftigem Schulterklopfen sogar vom Wirt einen Humpen spendiert bekamen. Als vorletztes trat der Lokalmatador an und ließ seiner Speiseröhre “brrrrrröööööaaaaab” einen Orkanartigen Rülpser entweichen, der die Perücke des Schiedsrichters bedrohlich zum flattern brachte. Er wurde schon als Sieger deklariert, da erhob die zierliche Magd ihre Stimme: „wollt ihr nicht noch so lange warten, bis alle Kandidaten an der Reihe waren?“ Alle lachten sich schlapp, doch der Wirt, der immer für einen guten Scherz zu haben war, witterte eine gute Vorstellung und ließ sie vortreten. „Na, dann lass mal hören, ob sich Dein Bäuerchen mit dem eines frisch gestillten Säuglings messen kann“, meinte er und wieherte schenkelklopfend über seinen eigenen Witz. Umeko schloss die Augen und konzentriert sich. Auf einmal öffnete sich ihr lieblicher Mund, dem unter ohrenbetäubendem Getöse “uruaaaaaaaaauuuuhhh” ein Wind entfuhr, der nicht nur die Perücke des Bürgermeisters hinfort wehte, sondern auch das Toupet des Wirtes, der seitlich neben ihm stand, zum abheben brachte. Selbiges flog erst ein wenig durch die Luft und taumelte dann fröhlich zu Boden, wo es direkt auf einem großen Hundehaufen landete. Zuerst herrschte ein paar Sekunden stille. Die Leute trauten ihren Augen und Ohren nicht. Dann brach schließlich ein unbändiger Jubel los. Unter großem Hurra wurde Umeko auf den Schultern der Männer durch die Stadt getragen und als Siegerin gefeiert.




Der Prinz




Als die Prinzessin langsam ins heiratsfähige Alter kam, begab es sich, dass viele Adelige und sogar einige Prinzen aus den Nachbarstaaten an den Hof pilgerten und um ihre Hand anhalten wollten. Ihr fabelhaftes Aussehen und ihre große Klugheit hatten bereits weit über die Landesgrenzen hinaus Berühmtheit erlangt. Doch zum großen Leidwesen des Königs, war ihr kein Kandidat gut genug. Zur gleichen Zeit bekam der Königssohn eines großen und mächtigen, aber fernen Landes, über fahrende Kaufleute, Kunde von der ungewöhnlich schönen und gescheiten Umeko. Er selber war überaus begehrt, dutzende von Prinzessinnen waren ihm bereits vorgeführt worden. Doch auch er hatte bisher alle abblitzen lassen. Da ging er zu seinem Vater und sprach: „mein König, ich will mir mal diese Prinzessin Umeko näher betrachten. Man erzählt sich ja die reinsten Wunderdinge über sie.“ Froh, dass sein Sohn endlich Interesse am Heiraten zu zeigen schien, erlaubte der Vater ihm die lange Reise und wünschte ihm dabei viel Glück. Nach einigen Wochen traf er schließlich am Hof des kleinen Königreiches ein und sprach bei der Prinzessin vor. Diese war jedoch, aufgrund der vielen um sie werbenden jungen Männer, ein wenig hochnäsig geworden und behandelte den weit gereisten Prinzen entsprechend von oben herab. Der dachte bei sich: „eigentlich gefällt mir Umeko ganz gut, doch diese Arroganz ärgert mich. Mal sehen, was passiert, wenn ich den Spieß umdrehe und ihr eine kleine Lektion erteile.“ Laut sagte er: „ach wisst ihr Prinzessin, ihr mögt ja durchaus schön und klug sein, aber das sind meine Bewerberinnen auch alle. Schließlich seid ihr nichts Besonderes. Da ich aber nun schon mal den weiten Weg hergekommen bin, möchte ich Euch einen kleinen Wettbewerb vorschlagen. “Solche Worte hatte die Prinzessen bisher noch von keinem ihrer Heiratskandidaten vernommen. Einerseits fühlte sie sich beleidigt, andererseits waren aber auch ihre Neugierde und ihr Ehrgeiz geweckt und so stimmte sie zu. Der Prinz überlegte: „ich werde etwas wählen, womit dieses grazile, verzogene Prinzesschen garantiert nicht rechnet und aus allen Wolken fallen wird.“ An Umeko gewandt, sprach er mit einem schelmischen Grinsen: „ich fordere Euch zu einem Rülps- und Pupswettbewerb heraus! Falls ich gewinne, darf ich bestimmen, ob wir heiraten, oder nicht.“ Die Angesprochene machte einen höflichen Knicks und meinte selbstbewusst: „gut, wir treffen uns um drei Uhr im Schlossgarten. Ich werde fünf Minister meines Vaters als Schiedsrichter mitbringen.“ Der Prinz war vollkommen verdattert. Mit so einer Reaktion hatte er nie im Leben gerechnet. Doch nun war es verabredet und damit eine Frage der Ehre, zu erscheinen. Pünktlich zur vereinbarten Zeit trafen Wettkämpfer und Schiedsrichter an besagtem Ort zusammen. Zuerst stand der Rülpswettbewerb auf dem Programm. Zwei Humpen Bier wurden bereitgestellt, um die entsprechende Grundlage für eine gelungene Vorstellung zu gewährleisten. Als erstes war die Prinzessin an der Reihe. Sie leerte den Humpen mit ein paar kräftigen Zügen und nahm Aufstellung vor den Ministern. Auch diese trugen, zum Zeichen ihrer Würde, alle lange Perücken. Umeko gab ihr Bestes. Ein “urrruaaaaaaahhhuaaahh” stieß aus den tiefen ihres Magens herauf und brach als Sturmwind aus ihrem kleinen Mund hervor. Tatsächlich flog die falsche Haartracht des ersten Schiedsrichters davon und landete zielgerecht auf dem Haupt einer hinter ihm befindlichen Statue. Die Perücke des zweiten Schiedsrichters begann heftig zu flattern und saß hernach ein wenig windschief auf seinem hochroten Kopf. Der Prinz war für einen Moment wie erstarrt. So etwas hatte er noch nicht erlebt. Schließlich fing er sich wieder und trank auch seinen Humpen leer, zuvor mischte er jedoch unbemerkt ein geheimnisvolles Pülverchen hinein. Als der Prinz seinen mehrere sekundenlangen Rülpser tat, “buraaaaaaahhhhaaaaaauuaaahhb” begann die Luft zu zittern und alle Tiere des Parks nahmen erschrocken reiß aus. Die Perücken der ersten beiden Minister flogen im hohen Bogen über eine Hecke und landeten im Schlossteich, die Haartracht des dritten hob immerhin noch soweit ab, dass sie ein vorbei fliegender Vogel, der sie als passables Baumaterial für sein Nest erachtete, mit den Krallen ergriff und hinfort trug. Nun war es an der Prinzessin, erschrocken zu reagieren, doch sie ließ sich nicht aus dem Konzept bringen. Der Prinz wurde eindeutig zum Sieger des ersten Wettbewerbs erklärt. Nun war das Pupsen an der Reihe und er durfte beginnen. Der Königssohn machte ein Gesicht als würde er stark pressen und brachte “pppraaapffft” einen ganz ordentlichen Furz zustande. Die Schiedsrichter zogen ihre Taschentücher hervor und hielten sie sich hustend vor die Gesichter. Die Prinzessin hingegen verzog keine Miene. Sie hatte sich gut vorbereitet, mit einem Gericht aus Bohnen, Zwiebeln, Knoblauch und Chili. Gleich durfte sie ihr größtes Talent unter Beweis stellen. Der Schiedsrichter gab das Zeichen, doch nichts war zu hören. Der Prinz erkundigte sich, ob denn noch etwas geschehen würde, da lupfte Umeko nur kurz ihr Kleid und ließ die gefährlichen Gase entweichen. Drei der honorigen Minister sackten sofort in sich zusammen, der vierte versuchte zu entkommen, brach aber schon nach wenigen Schritten zusammen. Nur der fünfte schaffte es rechtzeitig, hustend und japsend die Flucht zu ergreifen. Selbst der Prinz geriet bedrohlich ins Wanken und musste sich einige Tränen aus den Augenwinkeln zwinkern. Als er sich einigermaßen erholt hatte, sank er vor Umeko auf die Knie und sprach: „du bist die außergewöhnlichste und großartigste Frau, die mir je begegnet ist. Ich beuge mein Haupt vor Dir. Du hast nicht nur diesen Wettbewerb, sondern den gesamten Wettkampf gewonnen. Ich gestehe, dass ich beim Rülpsen ein wenig geschummelt habe. Bitte verzeihe mir und werde meine Frau.“ Der plötzliche Gefühlsausbruch des Königssohnes, sowie seine Aufrichtigkeit beeindruckten die Prinzessin sehr, so dass sie spontan einwilligte. Unter großem Aufgebot wurde Hochzeit gefeiert und sie zogen in das mächtige, große und berühmte Heimatland des Prinzen. So kam es, dass sich die Vorhersage der kleinen Prinzessin Umeko doch noch erfüllte, als nach einigen Jahren sein betagter Vater verstarb und das Ehepaar zu König und Königin ausgerufen wurde. Die beiden verbrachten noch viele Jahre bis an ihr Lebensende, glücklich, zufrieden, rülpsend und pupsend.




Ende


Impressum

Tag der Veröffentlichung: 29.03.2012

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