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Ich gestehe

Ich gestehe!

Bekenntnisse eines Serienmörders


Ein Monolog für einen Schauspieler


1. Szene

1. Szene
Szenenbild: ein leerer Raum (Gefängniszelle) Bett, Tisch, Stuhl
Nur Spot auf Gesicht des Darstellers

Das Böse zeigt sich. Ungeschminkt. Das Ergebnis eines Schönheitschirurgen. Und wie Sie sehen, Pfusch auf ganzer Linie. Er würde es natürlich heute abstreiten. Leider ist es ihm nicht mehr vergönnt. Ich habe ihm bewiesen, dass andere Leute ihr Handwerkszeug besser verstehen. Es ging ganz schnell. Bis heute weiß er Nichteinmal, das er tot ist. Man muss eben nur die richtige Technik beherrschen. Und ich beherrsche sie aus dem Effeff. Stümpereien kann ich mir nicht leisten. Schließlich hat man ja einen Ruf zu verlieren. Diskretion steht für mich an erster Stelle. Ich bin der, der im Dunkeln, in der Anonymität agiert. Ein gesunder Ehrgeiz, Disziplin und Präzision, dass macht einen Fachmann aus. Mit stahlhartem Blick die Lage studieren, ranpirschen und dann eiskalt zuschlagen. Das Opfer spürt höchstens noch einen Windhauch, den Odem des Todes. Gefühle kann ich mir dabei nicht leisten. Ein schlechtes Gewissen? Fehlanzeige. Schauen Sie genau in dieses Gesicht. Wenn Sie es einmal wiedersehen sollten, könnte – nein – wird es das letzte Gesicht sein, was Sie zu Lebzeiten noch sehen werden. Und ich werde Ihnen sehr nahe kommen. Näher als ihnen lieb sein dürfte. Aber ich brauche sie, diese Nähe. Denn das Messer muss wie Butter in ihren Leib eindringen. Das verhindert das unnötige Auslaufen von Blut. Ich liebe es sauber und geräuschlos. Bei mir gibt es kein Wimmern, kein Jaulen oder ewiges Stöhnen, bis endlich Ruhe ist und ich in den wohlverdienten Feierabend gehen kann. Ein Stich ins Herz – Exitus. Plan und Durchführung in einer Hand. Ich bin Einzelkämpfer. Soloselbstständiger. Ein Künstler meines Faches. Eine Koryphäe. Das Beste vom Besten, was man für sein gut angelegtes Geld bekommen kann. Schauen Sie ganz tief in meine Augen. In diese todbringenden Augen.
(Der Spot wird kleiner, bis nur noch die Augen zu sehen sind)

Und nun zu Ihnen. Was hat Sie heute Abend hergeführt? Neugierde? Eine Todessehnsucht? Oder nur das bloße Verlangen, einen Künstler bei seiner Arbeit über die Schulter zu schauen? Ich spüre Unruhe im Saal. Da fragt sich jetzt wohl so mancher, wer ihm da die Karten besorgt hat?
„Du Schatz, ich habe zwei Karten für einen lustigen Kabarettabend. Kommst du mit? Tolle Plätze, ganz weit vorne. So nah am Geschehen, da kriegt man sogar die Spucke des Kabarettisten ab.“
Na meine Herren? War es nicht so oder so ähnlich? Da kriecht aber jetzt ein ganz komisches Gefühl bei einigen hoch. Im Saal ist doch gar nicht so heiß. Warum schwitzen Sie dann?
Aber aber, bleiben Sie doch sitzen. Entspannen Sie sich. Atmen Sie mal tief ein und aus. Oh, da schlägt aber irgendwo ein Herz ganz schön laut. Ach das ist nur die Aufregung. Keine Angst, privat bin ich sehr umgänglich. Ich verstehe sogar Spaß. Ich trenne privat und beruflich ganz fein säuberlich. Und sehen Sie vielleicht ein Messer in meiner Hand? Na sehen Sie. – Aber täuschen Sie sich nicht. Keiner meiner Toten hat je das Messer kommen sehen. Pro Auftrag benutze ich natürlich stets ein neues Messer. Schon alleine aus hygienischen Gründen. Ich meine, ein Messer im Herz reicht doch. Da muss man nicht auch noch zusätzlich eine Blutvergiftung bekommen. Ich bin Ästhet und kein Metzger.
Aber genug der Eigenwerbung. Reden wir nicht mehr von mir, sprechen wir von ihnen. Wie finden Sie mich eigentlich? Haben Sie sich so einen Serienmörder vorgestellt? Oder fehlt es Ihnen da an Vergleichen. Ich vermute mal, die wenigsten von Ihnen haben welche unter ihren näheren Bekannten. Aber weiß man es? Ich habe ja auch einen engen Bekanntenkreis. Also sicher kann man sich da nie sein. Vielleicht haben sie ja unwissend einmal einen zu sich eingeladen. Zum Geburtstag. Oder singt mit Ihnen im Kirchenchor. Ein Kegelbruder ihres Mannes. Der Mann ihrer Sekretärin, mit der Sie ein Verhältnis haben. Die Welt ist so klein. Und so Böse. Und wenn dieser Abend zu Ende sein wird, ist es auch schon richtig dunkel.
(Singt)
Fürchtet euch nicht ... (Licht fadet langsam aus)

2. Szene

2. Szene
(Die Bühne ist erleuchtet. Der Darsteller sitzt am Tisch und schreibt. Daneben ein großer Stapel mit losen Blättern).

(Schreibt) Es lief alles sehr gut. Bis meine Frau meinte: „Du schaffst das nicht mehr allein. Die Kinder sehen dich ja kaum noch. Stell einen Lehrjungen ein.“
Und damit begannen die Probleme.
(Schaut ins Publikum)
Na ja, Sie sehen ja selbst, wo es mich hingebracht hat. Diese sechs Quadratmeter sind nun mein neues Zuhause. Eine Stunde pro Tag darf ich in den Innenhof und mit Gleichgesinnten Reise nach Jerusalem spielen – allerdings ohne Stühle. Einmal im Monat kommt meine Frau zu Besuch und wir dürfen ins sogenannte Ehezimmer. Da sind wir für uns. Ohne Wachen und machen dann ... na ja, was es halt so zu besprechen gibt und worauf wir uns sonst noch so verständigen können. Und wenn sie

Impressum

Verlag: BookRix GmbH & Co. KG

Tag der Veröffentlichung: 29.10.2022
ISBN: 978-3-7554-2426-0

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