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Ich bin ich

Mein Name lautet Lucianius. Fragt mich nicht woher dieser Name stammt oder was in meine Eltern gefahren war, als sie ihn mir gaben. Sofern ich sie noch nicht einmal kenne. Soweit stimmt dies nicht, ich dürfte meine Eltern kennen, jedoch verließen sie mich oder gaben mich her oder vielleicht starben sie sogar, als ich noch ein Baby war. Also besitze ich keine Erinnerungen an sie, daher kann ich sie leider nicht fragen, was mit ihnen los war, als sie mich mit diesem Namen segneten oder straften, je nachdem wie man es auffasst. Mich nervt es jedoch, jeder Person meinen Namen buchstabieren zu müssen. Für alle die mich kennen bin ich einfach nur Lucian, zwar immer noch ungewöhnlich aber besser als mein voller Name.
Zu allem Übel habe ich auch vor kurzem das Alter von 18 Jahren erreicht, das heißt, dass ich Lebe wohl zu meinem jugendlichen Dasein sagen muss und anfangen mich wie eine Erwachsener zu benehmen, da nun das Leben voller Verantwortung vor mir liegt. Gott klingt das anstrengend und langweilig, vor allem langweilig. Schon bei dem reinen Gedanken daran, schlafe ich vor Langeweile ein. Wie ihr euch vielleicht denken könnt oder auch nicht, je nachdem was ihr für ein helles Köpfchen oder eben nicht seid, dass ich nicht gerade der brave Junge von nebenan bin. Viel eher beschreibt man mich als ein Unruhestifter oder auch als Nichtsnutz, ab und an habe ich auch schon die Bezeichnung frecher Bengel gehört, nun ja meist waren dies die alten Damen von neben an, aber was solls?
Bis auf meinen Hang zur Unruhe, bin ich wohl auch ziemlich hitzköpfig und ein wenig stur. Ja, ich bin der vollsten Überzeugung, dass Wände dazu da sind, um mit dem Kopf hindurch zu rennen, Nebenwirkung davon sind zwar Beulen und ab und an auch Schrammen, aber ich bin davon überzeugt, das es noch keinem Mann geschadet hat, ab und an eine Beule zu tragen. Auch wenn ich mit dieser Meinung so ziemlich alleine Dastehe. Aber wie so vieles, ist mir dies so egal wie nur etwas.
Da wären wir auch schon bei dem nächsten Punkt: Gleichgültigkeit. Oh ja ich bin gleichgültig, sehr sogar. Und wisst ihr was? Es ist mir egal was ihr davon haltet oder halten werdet. Was sollte mich die Meinung oder das Handeln anderer Menschen interessieren? Es wurde schon viel zu oft bewiesen, dass andere schlechte Entscheidungen treffen. Da sollte ich wenigstens soviel Rückgrat haben und für meine miesen Handlungen selbst gerade stehen. Wobei gerade stehen wieder etwas zu weit vorgegriffen ist. Nennen wir es so, ich weiß dass ich Mist baue und schlechte Entscheidungen treffen kann, dessen bin ich mir sehr bewusst, aber sobald es anderen Personen bewusst wird, bin ich schon zu weit weg, als dass sie mir etwas antun könnten. Nein, ich bin keineswegs feige, nur schlau. Sollte ich auf frischer Tat ertappt werden, werde ich auch die Bestrafung in vollem Ausmaß über mich ergehen lassen, nur ist dies bis jetzt noch keinem gelungen.
Des Weiteren bin ich ein ziemlicher Realist, wenn auch ein zynischer. Ja in mir fließt eine sehr zynische und auch ein wenig Schadenfrohe Ader. Wieso sollte ich nicht lachen, wenn andere Menschen einfach zu blöd sind, um etwas auf die Reihe zu bekommen?
Auch wenn ich gut mit Intelligenz beschenkt worden bin, setzte ich diese meist nur für mich und meinen Vorteil ein, dies bezieht sich wieder auf die Blödheit der vorher besagten Menschen. Es ist einfach viel zu simpel einen jeden von euch um den Finger zu wickeln. Ihr glaubt mir nicht? Na dann wartet ab, ich weiß dass ich es schaffe.
Wie ich aussehe wollt ihr auch noch wissen? Was gibt es da denn schon viel zu sagen? Ich habe zwei Beine, Arme, Rumpf und Kopf. Zwar bin ich ziemlich muskulös, aber nicht wirklich beleibt und zu schlaksig bin ich auch nicht, eher normal, also von dem her schätze ich, dass ich doch der Norm entspreche. Nun ja dass wars dann auch mit der Norm. Meine Eltern wollten allem Anschein nach nicht nur dass mein Name außergewöhnlich ist, sondern auch mein Aussehen. Meine Haare sind silbern, nein nicht grau wie bei einem alten Mann, sondern silbern, sollte ich auch noch richtig in der Sonne stehen, schimmern und glitzern sie schon fast vor Silbern. Ihr könnt euch nicht vorstellen wie das nerven kann. Meist sind sie etwas länglich, aber nicht zu lang und verstrubbelt sind sie meist auch. Mit der Hand fahre ich mir durch die Haare und dass wars dann auch mit dem Frisieren. Auch meine Augen sind eher von der Norm abgekommen, da ein dunkelblauer Kranz das Türkise mit den silbernen Sprenkeln darin, einschließt. Sollte jemand fragen, ja das sind Kontaktlinsen. Alles andere ist mir zu anstrengend, da ich selbst nicht weiß weshalb ich solch eine Augenfarbe habe. Und nein ich bin nicht braungebrannt, meine Hautfarbe ist gerade so, dass ich nicht zu bleich wirke mit dieser Haarfarbe und gerade noch als normal durchgehe. Wobei wie schon gesagt, sehr normal bin ich auch wieder nicht.
Im Umgang mit Messern oder anderen Wurfgeschossen bin ich sehr geschickt, meine Zielgenauigkeit, lässt meiner Ansicht nach nicht zu wünschen übrig und auch das ein oder andere von manchen Kampfsportarten beherrsche ich. Also kann ich mich bestens verteidigen. Was allerdings nicht zu meinen Stärken zählt ist der Umgang mit Menschen. Dies merkte man mir schon früh an, da ich von einer Pflegefamilie in die nächste kam, bis sich schlussendlich keine mehr finden ließ. Also habe ich nicht wirklich Personen denen ich vertraue oder besser gesagt die mir vertrauen. Aber ich mache keinen großen Hehl daraus, bis jetzt bin ich auch so bestens zu Recht gekommen.
So wars das dann auch über mich?
Ach ja Moment, eines habe ich noch vergessen zu sagen, allem Anschein nach besitze ich magische Fähigkeiten. Sowas wie ein Magier und dann doch nicht. Es ist kompliziert und da ich es selbst erst seit wenigen Augenblicken weiß, kann ich euch nicht mehr dazu sagen. Nur dass mein Realismus wieder voll durchscheinen will, um alles abzustreiten und einen Lachanfall zu bekommen, aufgrund der Absurdität. Und genau da beginnt meine Geschichte.
Wollt ihr mehr darüber wissen? Vielleicht verrate ich es euch ja, aber nur wenn mir der Sinn danach steht.

Verrückt? Ich oder Sie?

Ihr seid also tatsächlich gekommen, um mehr von der Geschichte zu hören? Hätte ich nicht gedacht, dass euch das Leben eines nichtsnutzigen Unnormalo so interessiert. Aber gut wenn ihr es unbedingt wollt erzähle ich eben ein wenig weiter.
Wo waren wir stehen geblieben? Ach ja, ich würde ja allem Anschein nach magische Fähigkeiten besitzen. Ihr findet es absurd? Tja dann sage ich nur willkommen im Club. Ich weiß dass ich nicht normal bin, aber dennoch muss man mir deswegen nicht so einen Bären aufbinden. Ich meine Hallo? Magische Fähigkeiten? Gibt es sonst noch Wünsche für deren Tagtraum?
Meine Reaktion auf das Ganze könnt ihr euch wahrscheinlich denken. Ja genau, ich habe gelacht. Lauthals. So sehr habe ich in meinem ganzen Leben noch nicht gelacht. Nun ja es mag zwar ein wenig kurz sein, mit den gerade erklommenen 18 Jahren, dennoch war es ein Leben voller Erinnerungen. Und in keiner Erinnerung habe ich so gelacht, das könnt ihr mir glauben. Die ernsten Gesichter der beiden Personen, welche mir mittgeteilt hatten, dass ich magische Kräfte besitze, machten die Situation nicht besser. Im Gegenteil, ich lachte noch mehr. Mittlerweile klang es wohl eher wie die Lache eines Verrückten. Aber hey, man teilte mir gerade mit, dass ich zaubern konnte, so wie Merlin. Von dem Her wer sagte mir also dass ich nicht doch verrückt war?
Das alles konnte sich ja auch nur in meinem kranken Hirn abspielen und wie es nicht anders kommen konnte, begann ich noch mehr zu lachen. Wisst ihr was? So viel und auch so krank zu lachen, kann ganz schön auf die Bauchmuskeln gehen. Ich befürchte jetzt schon einen schrecklichen Muskelkater morgen zu bekommen. Muskelkater kann wirklich lästig sein, zumindest ich für meinen Teil, kann ihn gar nicht leiden. Aber Moment, ich komme vom Thema ab. Ja, das ist auch so eine Eigenheit meinerseits, ich wechsele gerne das Thema während ein anderes noch nicht einmal zu Ende ist. Aber was solls? Wen interessierts? Mich jeden Fall nicht.
Zurück zur Geschichte.
Irgendwann war ich dermaßen in hysterisches Gelächter ausgebrochen, dass mir schon anfing die Luft aus zu gehen. Bevor ich aber endgültig an fehlendem Sauerstoff krepierte, wurde ich von einer der beiden Witzgestalten gerettet. Als sie, deren Namen ich leider vergessen hatte, auch wenn ich mir nicht besonders viel Mühe gegeben hatte ihn mir zu merken, auf mich zu kam, dachte ich schon, sie würde versuchen mich zu beruhigen, jedoch war alles was ich bekam ein Tritt in die Magengrube. Und eines muss ich ihr lassen, trotz ihrer Größe hatte sie einen Wahnsinns Tritt drauf. Nach Luft ringend und taumelnd schwankte ich ein paar kleine Schritte zurück, dabei umfasste meine rechte Hand meinen Bauch, da es doch noch ganz schön wehtat. Aber ich wäre kein Mann, wenn ich dies nicht aushalten würde. Zudem hatte ich schon schlimmere Prügel kassiert.
Zwei, drei Schritte war ich zurück gewankt, bevor ich schlussendlich wieder gerade stand und meinen Kopf hob. Sie war wieder zu der anderen Witzfigur zurückgekehrt und beide sahen mich mit ihren versteinerten, nichts aussagenden Blicken an. Wenn mir die Meinung anderer etwas bedeutet hätte, dann wäre jetzt spätestens der Zeitpunkt gewesen, in dem ich Panik geschoben hätte. Aber wie ihr ja alle wisst, ist mir dies herzlichst egal. Genau aus diesem Grund, konnte ich meinem Gesicht seine übliche und geliebte desinteressierte Mine aufsetzen und blickte die beiden ebenso an.
Im Gegensatz zu den beiden war mein Gesicht nicht unter einer großen Kapuze verdeckt, welche schon fast die Hälfte ihrer Gesichter in Schatten hüllte. Ich konnte nur Teile ihrer Gesichter ausmachen und konnte nicht wirklich einschätzen was sie dachten. Im Gegensatz dazu war ich ja schon fast wie ein offenes Buch, auch wenn ich gerne Poker spielte und ein verdammt gutes PokerFace drauf hatte. Aber es ging einfach ums Prinzip. Daher griff ich nach hinten und stülpte mir die Kapuze meiner Jacke über den Kopf, zwar war sie nicht so übertrieben groß wie die der anderen, aber es schaffte doch mehr Gleichheit. Okay, ich fand es eher witzig die beiden nachzuahmen, aber ein bisschen Selbstgefälligkeit und Schadenfreude konnte nicht schaden. Mir zumindest nicht, von den anderen beiden wusste ich es nicht.
Nicht nur dies mit den gigantischen Kapuzen war an den beiden seltsam, sondern ihr ganzes Auftreten. Und nein, ich rede jetzt nicht davon, dass sie so Anormal aussehen, wie ich es tue, dank den ach so genialen Genen meiner Eltern. Tja, wie es aussieht schätzt mein Zynismus mein Aussehen genauso sehr wie ich. Gar nicht.
Zurück zu den Hampelmännern. Moment eine davon war eine Frau. Dann halt Hampelfrau. Gab es dieses Wort überhaupt? Ach egal sie waren Verrückte und das kam von einem selbstgefälligen, zynischen Wahnsinnigen.
Die beiden Gestalten hatten also dunkle Kapuzenumhänge an und auch der Rest an ihnen sah aus, als ob sie ein anderes Jahrhundert nachahmen wollten. Dabei sahen sie einfach nur lächerlich aus. Mein rechter Mundwinkel, deutete nun ein kleines hämisches Lächeln an. Im nächsten Moment spürte ich wie mein gesamter Körper rasant gegen die nächste Wand gedrückt würde, auch konnte ich einen ziemlich kräftigen Griff um meine Kehle spüren.
„Jetzt ist Schluss mit deinen Spielchen Kleiner“, knurrte die männliche Figur gereizt vor meinem Gesicht. Man der musste ja so einiges stemmen können, da er mich mit nur einer Hand festhielt und naja, ich spüre keinen Boden unter den Füßen. Auch wenn ich geschickt und auch ziemlich stark war, so würde ich diesem Kerlchen hier nicht nachts in einer abgelegenen, verlassenen Gasse begegnen wollen. Oh Momentchen, dem war ja gerade der Fall. Na so ein Pech aber auch. Wieder grinste ich verschlagen und im selben Augenblick verstärkte sich der Griff um meine Kehle, gefolgt von einem verärgerten Knurren. „Ray!“, dröhnte plötzlich die Stimme der weiblichen Witzfigur in meinen Ohren. Tja nun wusste ich ja den Namen des Bär ähnlichen Mannes.
Ray.
Auch wenn dieser Name nicht wirklich zu diesem stämmigen und brummenden Bären passte. Naja ich musste ja gerade reden, da ich mit Sicherheit zu den Spitzenreitern der ungewöhnlichen Namen zähle.
Da der ach so liebe und süße Ray kurz seinen Blick seiner Gefährtin zuwandte, war er für mich mehr als gut genug abgelenkt. Ich raffinierter Junge, ja ab und an muss man sich auch selbst loben, nutzte die Gelegenheit und zog meine Beine an, um dem Bären damit gegen seine Brust zu stemmen. Als ich in der nächsten Sekunde meine Hände über meinem Sturkopf an die Wand presste, konnte ich mit Schwung Rays Brust einen Stoß versetzen. Der Überraschungseffekt, über meine plötzliche zur Wehrsetzung, brachte den lieben stämmigen Bären aus dem Konzept und so fiel er direkt auf seinen Allerwertesten. Oh ja, so gefiel es mir schon um einiges besser. Mit schadenfrohem Lächeln landete ich elegant auf meinen zwei Beinen und drehte mich in dem Moment der Landung um. So entfernte ich mich von den beiden, wank ihnen mit meinem Handrücken zu. „Hat Spaß gemacht!“, rief ich ihnen noch mit boshaftem Ton zu und ging meines Weges. Zumindest versuchte ich es. Denn im nächsten Augenblick hörte ich den Bass des Bären. „Stehen bleiben! Sofort!“, befahl er mir in aggressivem Ton. Tja, zu schade für ihn auch, dass ich nicht auf Befehle achte.
Das mit mir und den Befehlen ist schon so eine Sache, die bleiben einfach kurz vor meinem Ohr stehen und lösen sich in Luft auf, so habe ich nie die Möglichkeit sie mir anzuhören und zu überlegen ob ich ihnen Folge leiste. So was Dummes aber auch. Aber bis jetzt hat es mir noch nie geschadet ihnen nicht Folge zu leisten, zu mal ich sie nicht einmal höre. Ich tue so oder so nur das wonach mir der Sinn steht. Also ist es auch schon unbedeutend.
Schlagartig nahm ich das Geräusch eines Schusses wahr, der direkt in meiner unmittelbaren Umgebung abgefeuert worden zu schien. Im nächsten Augenblick spürte ich einen Schmerz und wie ich zu Boden sank.

Sturmbeginn oder leichtes Lüftchen?

 Man was bildete sich dieser Muskelprotz denn bitte ein? Was war ich denn bitte? Eine Matratze mal auf jeden Fall nicht, auch wenn ich von ihm wie eine benutzt werde. Um Luft ringend und mit den Gliedmaßen zuckend versuchte ich diesen Bären von mir runter zu bekommen. Aber keine Chance. Nicht eine. Was war der? Ein Fels? Dies wäre sehr gut möglich, da ich mich tatsächlich so fühle als würde ich unter einem Felsbrocken eingeklemmt sein.
Gerade als ich einen erneuten Versuch starten wollte, ihn von mir runter zu bekommen, auch wenn ich wusste, dass es mit höchster Wahrscheinlichkeit sinnlos war, ich aber dennoch zu eigensinnig war um dies zu akzeptieren, bewegte sich der Felsbrocken und ließ mir wieder Luft zum Atmen. Sofort richtete ich mich auf und nahm die Sitzposition mit verschränkten Füßen ein. „Luuuuft“, röchelte ich und sog übertrieben den Sauerstoff um mich ein. Meine Hände lagen auf meiner Kehle und so gestaltete ich dies alles noch melodramatischer.
Da verspürte ich plötzlich einen leichten Stich auf der Brust und als ich hinsah, bemerkte ich, dass die weibliche Witzfigur vor mir hockte und mir ihren Finger in die Brust pikste. „Hey, sei vorsichtiger, bevor du mir mit deinem Fingernagel noch meine zarte Haut verletzt, im Gegensatz zu deinem Bären habe ich nicht so eine Elefanten dicke Haut“, motzte ich sofort. Dies brachte mir jedoch nur einen herablassenden Blick von ihr ein und ein wütendes Schnauben seinerseits.
Na ganz toll, da war ich wirklich an zwei Clowns geraten, die verstanden es ja prima Spaß zu haben.
„Wir haben dich doch gewarnt. Weshalb hörst du nicht auf uns und lässt dich stattdessen fast töten?“, wurde ich sogleich von ihr angefahren. Sie zeigte während dessen an eine Stelle und als ich dies genauer betrachtete, konnte ich erkennen, dass ein riesiges Loch in der Betonwand klaffte, welches zuvor, so glaubte ich zumindest, noch nicht da gewesen war. „Wow, da hatte wohl jemand einen leichten Wutanfall, dabei hat die arme Wand doch gar nichts getan. Warum müssen immer die Guten als erstes dran glauben“, fing ich wieder an melodramatisch zu werden.
Ich bemerkte zunehmend, dass die beiden immer ungeduldiger wurden und im nächsten Moment lag ich rücklings auf dem Boden, meine Hände jeweils an den Seiten meines Kopfes und die Hampelfrau ragte über mir, sie war auch diejenige, welche meine Hände festhielt. Ihr Druck war zwar fest, aber es tat dennoch nicht weh. Ich hätte mich mit einer geschickten Bewegung befreien können, jedoch wollte ich wissen, wie es weiter ging, daher tat ich vorerst so, als ob ich mich nicht bewegen könnte. „Hör mir gefälligst zu! Du bist in Gefahr und deine Sprüche werden dir da mit Nichten das Leben retten, eher das Gegenteil ist der Fall. Also komm gefälligst mit uns und benimm dich nicht wie ein nerviges Kind! Wir beschützen dich. Ich tue es mit jeder Faser meines Körpers für dich“, spie sie mir im nächsten Augenblick entgegen und dabei berührte ihre Nase fast meine. Dies war das erste Mal, dass ich sie genau betrachten konnte. Da fiel mir auf, dass sie nicht viel jünger als ich aussah, was wohl bedeutete, dass wir uns im selben Alter befanden, auch war sie noch recht hübsch, so fern man auf gewöhnliche Augen stand und nicht so selbstverliebt war, dass man nur auf seine eigenen anormalen Augen stand.
Ich begann ein wenig zügellos zu lächeln und blickte ihr direkt in die Augen. „Also wenn du so etwas von mir gewollt hast, hättest du nur etwas sagen müssen und mich nicht gleich zu Boden werfen brauchen“, war das einzig was ich von mir gab, während ich die Augenbraue auf sinnliche Weise hob.
Da schüttelte sie mich urplötzlich. „Weißt du überhaupt in welcher Lebensgefahr du dich befindest?“, schrie sie mich nun schon fast an, dennoch konnte ich Sorge aus ihrer Stimme heraus hören und dies gefiel mir ganz und gar nicht. Niemand machte sich Sorgen um mich und dies passte mir ganz gut so, da ich so keine Verpflichtungen eingehen musste. Sanft aber bestimmt schob ich sie von mir herunter. „Nein, weiß ich nicht und ehrlich gesagt will ich das auch gar nicht wissen. Wenn ich demnächst sterben soll, von mir aus, ich hab kein Problem damit. Meine Existenz ist nur eine von vielen und mit Sicherheit keine die man benötigt und auch keine der Besten. Aber so lange ich noch lebe, lebe wie ich es will und ihr beiden schreibt mir dies nicht vor. Daher tut mir und vor allem euch den Gefallen und lasst mich in Ruhe“, gab ich nun von mir und stand währenddessen auf. All diese Worte waren aufrichtig gemeint gewesen und dieses mal war kein Anzeichen von Belustigung, Sarkasmus oder Zynismus in meinem Ton zu hören, da ich es ernst meinte. Dies schien man mir anzumerken, denn Ray stand reglos da und sein Blick ruhte ruhig auf mir. Sonst schien er immer Handlungsbereit zu sein, aber meine eindringlich gemeinten Worte schienen ihn vollends aus dem Konzept gebracht zu haben. Sie jedoch saß am Boden und sah zu mir hoch, dabei hatte es ihre Kapuze nach hinten geworfen und langes blondes Haar, welches in einen Pferdeschwanz gebunden war, kam zum Vorschein. Das lange Haar fiel über ihre Schulter und glänzte von den wenigen Sonnenstrahlen, welche die dunkle Gasse durch ließ. Ihr Blick war voll mit Fassungslosigkeit und Trauer. Auch sie schien weder ein noch aus zu wissen. Ich beachtete die beiden jedoch nicht länger, je länger ich hier verweilen würde, desto merkwürdiger würde mit hoher Wahrscheinlichkeit alles werden und seien wir doch ehrlich, mein Leben war so schon verrückt genug.
So drehte ich mich nun um und lief weg, womöglich in meinen Tod, aber vielleicht ja auch nicht. Wer wusste das schon, was auf uns noch alles zu kommen mochte? Ich nicht und dies war auch gut so. In eine ungewisse Zukunft laufend, entfernte ich mich immer weiter von dieser Gasse und jegliche Gedanken verbannte ich aus meinem Kopf, vor allem die, die mit den jüngsten Ereignissen zu tun hatten. Nur eine Frage blieb in meinem Kopf übrig.
Wo sollte ich jetzt hin?

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Tag der Veröffentlichung: 29.01.2016

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