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Die Prinzessin und der Bauer

Es war einmal eine junge Prinzessin. Diese junge Prinzessin war wunderschön und jeder Mann, der ihr über den Weg lief war unfähig ein Wort in ihrer Gegenwart auszusprechen. Die Prinzessin Agathe war sich sehr wohl ihrer Wirkung auf ihre Umwelt bewusst und sie liebte das Gefühl, das sie beschlich wenn alle Augen auf sie gerichtet waren.

Doch ihre Eltern waren sehr verzweifelt und besorgt. War ihre Tochter doch so bildhübsch. Und doch schien es manches Mal, als besäße sie keinerlei Herzensbildung.

Verächtlich rümpfte die Prinzessin Agathe ihre kleine Nase, die mit ihrem perfekten Gesicht noch perfekter abgestimmt war, wenn sie ein Mädchen erblickte, das nicht so schön war wie sie. Bestenfalls hatte sie ein mitleidiges Lächeln über, doch meistens nicht einmal das. Bei Männern verhielt es sich nicht anders und keiner wurde ihren Ansprüchen gerecht.

Was jedoch niemand wusste war, dass Prinzessin Agathe in der Tiefe ihres Herzens eine unerträgliche Traurigkeit verspürte, Tag für Tag. Sekunde für Sekunde.

Wie gerne hätte sie einen lieben Freund, den sie aufrichtig und von Herzen lieben konnte. Doch nichts schien ihr ferner als das, denn es hatte fast den Anschein, als gäbe es in ihrem Lande keinen schönen Mann. Und einen Mann, der nicht schön war, den konnte sie nicht lieben.

So blieb die kleine Prinzessin alleine, begleitet von steter Betrübtheit.

Sie saß oftmals an ihrem Fenster und beobachtete die vielen anderen Frauen, die zwar nicht so schön waren wie sie, aber dennoch einen Mann an ihrer Seite hatten und sehr glücklich aussahen.

So manches Mal stellte sie sich vor, wie es sich anfühlen musste so glücklich zu sein.

 

Eines Nachts aber, da glaubte sie, diesem Gefühl zu begegnen. In ihrem Traum ritt sie durch einen düsteren Wald, der vollends in Nebel getaucht war. Und sie ritt und ritt auf ihrem Pferde und doch wusste sie nicht wo ihr Ziel sein sollte. Es schien, als würde sie für immer so weiter reiten müssen und als gäbe es kein Ende. Sie spürte keine Furcht, viel mehr eine gähnende Leere in ihrer Seele und wie sehr sehnte sie sich doch danach etwas zu fühlen.

 

Auf einmal jedoch, da kam ein helles Licht geradewegs auf sie zu. Es näherte sich geschwind. Prinzessin Agathe kniff die Augen zusammen und schimpfte, denn dieses Licht war so hell, dass es schmerzte.

Doch als sie ihm näherkam stellte sie fest, dass es sich verändert hatte. Es war nun nicht mehr hell und nicht mehr schmerzhaft, sondern es entfaltete sich in seiner ganzen Pracht. Die Prinzessin ritt in das Lichtlein hinein und fühlte sich fest umschlossen von ihm. Ein starkes Empfinden von Sicherheit und Wärme drang in ihr Herzchen ein. Das letzte was sie spürte war, dass sich auf ihrem angespannten Gesicht ein Lächeln abzeichnete.

 

 

Dann erwachte sie und weinte bitterlich in ihr großes Kissen hinein. Wie sehr wünschte sie sich das Licht zurück, oh, was würde sie dafür geben um noch ein einziges Mal von ihm umarmt zu werden.

Es klopfte und gleich darauf trat ihr Vater, der König hinein.

Er befahl ihr mit Strenge in der Stimme aufzustehen und sich etwas schönes anzuziehen, denn so eben war ein Gast aus dem Nachbarlande eingetroffen.

Sie wusste nicht weshalb, doch irgendetwas in ihr ließ die Prinzessin erwartungsvoll werden.

 

In dem prachtvollsten Kleid, das in ihrem Besitz war, trat sie schließlich dem Fremden gegenüber, bei dem es sich um einen Bauen handelte. Doch als sie ihn sah, seufzte sie enttäuscht auf und hatte Mühe ihre königlichen Tränen zurück zu halten.

„Ach, was habe ich gehofft, dass einmal ein richtiger Mann zu mir käme“, jammerte sie..“ Einen ansehnlichen jungen Herren mit wunderbarem Aussehen habe ich erwartet, den ich mir doch so lange bereits herbei sehne. Doch statt dessen, schau Vater, ist dieser Mann hier wie jeder andere auch. Sein Anblick langweilt mich.“

 

Der König war betrübt, hatte er doch die Hoffnung nicht aufgegeben, eines Tages den Richtigen für seine Tochter zu finden.

„Warten Sie, Prinzessin!“, rief der Bauer aus. „Ich möchte Ihnen beweisen, dass ich Ihnen alle wahrhaftigen Wünsche erfüllen kann, wenn Sie mich bloß lassen!“

Die Prinzessin war verwundert, denn das erste Mal seit langer Zeit hatte ein Mann in ihrem Beisein ein Wort hervor gebracht.

„Alles was Sie machen müssen, ist mir zu gestatten einen ganzen Tag mit Ihnen verbringen zu dürfen.“

Die Prinzessin Agathe war unsicher. Und doch willigte sie schließlich ein, denn er hatte etwas getan was sie in großes Erstaunen versetzt hatte.

 

Und so hielt sie ihr Versprechen und einen ganzen Tag lang verbrachte sie Zeit mit dem Bauern. Sie gingen über herrliche Blumenwiesen, an einen See, in dem sie gemeinsam schwammen.

Schließlich ritten sie zusammen auf dem Pferd der Prinzessin in den Sonnenuntergang hinein.

Prinzessin Agathe war erstaunt, denn sie hatte den einfachen Bauern so lieb gewonnen. Trotz seines hässlichen Bartes und seiner all zu krummen Nase. Er brachte sie zum Lachen und zeigte ihr viele lebenswerte Dinge dieser Welt.

„Ach!“, rief sie am Ende des Tages aus. „Wie hab ich mich töricht verhalten als ich noch verächtlich war gegenüber anderen, nur weil sie nicht schön waren!“

Doch der nette junge Mann legte nur einen Finger auf ihre Lippen und betrachtete sie sanft.

„Nicht Ihre Schuld allein ist es gewesen, Prinzessin. Hatten doch so viele Männer kein einziges Wort herausgebracht in Ihrer Gegenwart. Und wie soll man einen Menschen richtig beurteilen können, wenn sie nicht mit einem sprechen, sondern einem nur die Oberfläche bieten?“

Da lachte die Prinzessin glücklich und gab ihm einen Kuss auf die Lippen.

 

Von nun an verbrachten sie viele lange Tage beisammen und Agathes Eltern, das Königspaar schauten ihnen glücklich vom Fenster aus dabei zu, wie sie manches Mal Arm in Arm über den Hof schritten, oder auf einem Pferd davon ritten.

 

Eines Tages als Prinzessin Agathe und der Bauer auf einer blühenden großen Wiese rasteten und das Pferd Gras fressen ließen, erschien ein Lichtlein. Es war hell und freundlich und tauchte die Umgebung in ein liebevolles Gold.

In diesem Licht winkte eine gute Fee hinaus. „Du wirst dich sicher noch an mich erinnern können, mein liebes Kind, habe ich Recht?“, fragte die Fee wohlwollend lächelnd.

Agathe musste eine Weile überlegen dann strahlte sie.

Denn das Lichtlein hatte sie schon einmal gesehen, und zwar in ihrem Traum.

 

„Es ist schön, dass du auf den richtigen Weg gekommen bist, mein Kind!“, lobte die Fee.

„Nun weißt du, was dein Traum für eine Bedeutung hatte.“

 

Prinzessin Agathe nickte und die Tränen liefen ihr vor Freude über ihre roten Wangen.

 

Kurz darauf gaben die beiden die Hochzeit bekannt. Das ganze Schloss wurde in Erstaunen versetzt, denn niemand hatte es für möglich gehalten, dass die Prinzessin sich jemals für einen Mann entscheiden würde, der nicht schön war.

 

Alle verwandten und Bekannten wurden herzlich eingeladen und die Hochzeit wurde in voller Pracht gefeiert..

 

Prinzessin Agathe und ihr Mann lebten noch lange Jahre glücklich und zufrieden miteinander und niemals rümpfte sie mehr über jemanden die Nase, der nicht so wunderschön war wie sie selber. Denn sie wusste ja was der Traum für eine Bedeutung gehabt hatte.

 

Weißt du es auch?

 

 

 

 

 

 

 

 

Impressum

Tag der Veröffentlichung: 30.04.2013

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