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Kapitel 1 Das mysteriöse Buch

Kapitel 1 Das mysteriöse Buch

Marion liebte Bücher und Orte wo man sie haufenweise fand. Wenn sie in der Stadt unterwegs war, führte ihr Weg stets an einer Buchhandlung vorbei. Und wenn sie eine große Bücherwelt betrat, dann war es als tauchte sie in ein Labyrinth der Phantasie ein,  wie eine Zuflucht im Auge des Orkans, ein Ruheort um  Kraft zu tanken. Bücher waren ihr Lebenselixier und Orte wo sie zu finden waren , zogen sie unwiderstehlich an.

So auch als sie zufällig auf einen Flohmarkt traf. Sie war schon lange nicht mehr auf einem richtigen Flohmarkt gewesen, das heißt ein Flohmarkt wie sie ihn noch von früher kannte. Keine geldgierigen Semihändler sondern ausschließlich private Leute von nebenan die ihren verstaubten Plunder verkauften und Kinder die sich auf Decken tummelten und erwartungsvoll in die Gesichter der Vorbeiströmenden schauten.

Gemütlich saßen Nachbarn an Tapezier - und Gartentischen, tranken Tee aus Thermosflaschen und feilschten um Preise. Bratwurstduft lag in der Luft und selbstgebackene Kuchen und Kaffee aus riesigen Kaffeespendern wechselten die Besitzer. Man hörte Menschen lachen und plaudern und Marion ließ sich von der Atmosphäre einsaugen und mitziehen.

Sogleich entdeckte sie Bücher und verlor sich in Raum und Zeit. Sie durchwühlte Kisten und Kartons und blickte auf Titel die wie bunte Mosaiksteine nebeneinander ausgelegt waren. Ein freundlicher Mann mit Rauschebart schenkte ihr eine Stofftasche und schon bald landeten allerlei Bücher darin. Sie dachte an ihre Bücherwände daheim. In jedem Zimmer hatte sie welche und manche Besucher zeigten sich erstaunt über ihre vielen Exemplare. Jetzt würden noch einige dazu kommen.

Sie folgte dem Hauptstrom, wechselte die Seiten, bog in Nebenstraßen von aufgebauten Ständen ab und Bücher über Bücher boten sich ihr an.
Abseits des Mainstream bemerkte sie einen Stand nur mit Büchern. Ein korpulenter Inder hatte es sich auf einem Sofa gemütlich gemacht und las Zeitung. Um ihm herum waren Berge gestapelt. Junge Leute die wie Studenten aussahen, wühlten in Ihnen herum. Marion erinnerte die Szene an einem Schlussverkauf wo Hausfrauen sich um die besten Angebote eine Schlacht lieferten. Sie mischte sich unter sie.

Die Kolektion war nicht sortiert und es blieb einem nichts anderes übrig als irgendwo zu beginnen und sein Glück zu versuchen. Marion interessierte sich für brasilianische Autoren und achtete deshalb sorgfältig auf portugiesisch klingende Namen. Ausserdem waren ihre Augen wachsam, wenn es ums Schauspielen geht. Sie spielte in einer Laiengruppe , was ihr unendlich viel Spass machte. Sie hatte schon mit dem Gedanken gespielt eine professionelle Schauspielschule zu besuchen. Bisher fehlte ihr noch der Mut und das Zutrauen in die eigenen Fähigkeiten. Sie war einfach noch nicht so weit.

Sie schob einen dicken Wälzer zur Seite und schaute verdattert auf das darunter liegende Buch. Peter Peter stand in grünen Buchstaben oben auf dem Cover und unten in ebenfalls leuchtend grün: Schwarzer Peter. Das war schon merkwürdig genug. Aber was sie verwirrte war das Coverbild in der Mitte.

Ein Haus im Abenddunkel, das aussah wie ihr eigenes Haus. Absolut identisch befand sie nach eingehender Betrachtung. Sie war verdutzt und starrte auf das unheimliche Bild. Auch die Umgebung stimmte. Die beiden Bäume rechts und links vom Haus. Der Garten, der geschlängelte Weg zum Tor und die Hecke mit dem abgestorbenen Teil. Sie war verblüfft das selbst kleine Details auf dem Bild korrekt waren. Die orangene Regentonne, das Muster der Steinplatten auf dem Weg, das gusseiserne Gartentor mit der Sonne in der Mitte. Wie konnte das sein? Ist jemand an ihrem Haus vorbeigekommen, hat Fotos davon gemacht und daraus dann ein Cover für ein Buch kreiert? Die Perspektive war aus einem oberen Stockwerk eines Hauses von der anderen Straßenseite. Man konnte die Vorderseite und die Längsseite ihres Hauses sehen. Selbst die Gardinen waren detailgetreu wiedergegeben. Sie überlegte wann sie die Gardinen angebracht hatte. Das war noch gar nicht so lange her. Vielleicht ein halbes Jahr. Sie drehte das Buch um. Die Rückseite war völlig schwarz gehalten. Sie schlug das Buch auf um das Erscheinungsdatum zu suchen und wurde wieder überrascht. Die Geschichte startete sofort. Es gab kein Vorblatt mit Inhaltsangabe, Impressum oder ähnliche Angaben. Keine ISBN Nummer oder Hinweise zum Autoren. Ein Selbstdruck dachte sie. Jemand hat das Buch in Auftrag gegeben. Vielleicht gibt es nur wenige Exemplare.

Sie wendete sich wieder dem Cover zu. Oben im ersten Stock war die Gardine ein Stückchen zur Seite geschoben und man konnte die Silhouette einer Frau erkennen. Bin ich das etwa? Es könnte durchaus sein. Es fröstelte sie bei dem Gedanken.

Unten auf der gegenüberliegenden Seite war die Laterne zu sehen die ein magisches Licht verstrahlte. Im Lichtschein stand ein Mann. Er trug eine rote Jacke und eine weite Bluejeans. Er hatte die Hand von sich gestreckt und starrte darauf. In seiner hohlen Hand lag etwas, aber man konnte es nicht erkennen. Irgendetwas metallisches vielleicht? Das Bild bereitete ihr Unbehagen." Was kostet dies hier "?, fragte sie in Richtung Inder. Der Inder lächelte......

 

 

 

 

 

 

 

Kapitel 2 Die ersten Seiten

Kapitel 2 Die ersten Seiten

Der Nachhauseweg würde 45 Minuten in Anspruch nehmen. Sie hatte die Stofftasche über ihr Knie gehängt und spürte angenehm das Gewicht der Bücher an ihrem Schienbein. Sie schlug das andere Bein darüber und benutzte so den aufragenden Oberschenkel als Buchablage.

Sie betrachtete erneut das unheimliche Cover. Wer steckte hinter diesem Buch? Peter Peter? Das konnte nur ein Synonym sein. Zu Hause würde sie googeln um vielleicht einen Hinweis zu finden. Vielleicht gab es noch mehr Exemplare und andere die das Buch schon gelesen hatten. Sie schlug die erste Seite auf.

Der Anfang war im Stil einer Kamerafahrt geschrieben. Man wurde in eine Straße geführt und es ging auf ein Haus zu, durch ein Gartentor, durch die Haustür und dann die Treppe hoch. Sogleich schnellte ihr Puls in die Höhe. War das schon ihr Haus das beschrieben wurde? Es wurden nicht all zuviele Details genannt und die  Beschreibung war eher allgemein gehalten. Es konnte jedes Haus sein. Sei nicht albern, mahnte sie sich selber. Sie las weiter. Es ging den Flur entlang in ein Zimmer.  Nah am Fenster stand ein Stuhl. Eine Frau saß darauf, gefesselt und geknebelt. Sie atmete schwer durch die Nase. Ihre Augen waren vor Angst aufgerissen. Sie warf den Kopf hin und her und versuchte auf die Tür zu schauen, aber ihr Stuhl war in Richtung Fenster aufgestellt. Sie versuchte den Stuhl zu verrücken. Damit hatte sie ihre Schwierigkeiten, denn sie war übergewichtig und schwerfällig. Schritte. Jemand kam die Treppe hoch. Die Frau auf dem Stuhl wurde aufgeregter und zerrte wie wild an ihren Fesseln. Sie hatte Todesangst und wimmerte durch den Knebel.

Die schweren Schritte waren jetzt an der Tür angelangt. Dann war nichts zu hören. Das machte die Frau noch rasender. Sie konnte nichts sehen und ihre Phantasie peitschte ihre Angst ins Unermessliche an.

Der Mann der in der Tür stand blickte auf die wehrlose Frau. Er war erregt. Anscheinend hatte er schon einen genauen Fahrplan im Kopf was jetzt passieren würde und warme Wogen der Vorfreude mischten sich in seine Euphorie. Langsam ging er auf die Frau zu. Er trug einen grünleuchtenen Rucksack den er im Gehen abstreifte und hinter der Frau auf den Boden fielen ließ. Es schepperte. Irgendwelche schweren Sachen waren in dem Rucksack. Die Frau stöhnte und gab andere unbeschreibliche Laute von sich. Er strich ihr durch das Haar als wollte er sie beruhigen und tatsächlich wurde die Frau ein wenig ruhiger.

Der Mann holte sich einen anderen Stuhl aus der Ecke und setzte sich hinter der Frau. Er beugte sich vor und sein Mund kam ganz nah an ihrem rechten Ohr heran. Mit einem Mal war ein Messer in seiner Hand. Mit der Spitze des Messer fuhr er über ihren Körper und ermahnte die Frau sich ganz still zu verhalten sonst würde er ihr weh tun. Der Frau fiel das sichtlich schwer. Sie atmete angestrengt und laut durch die Nase und ihr Ausatmungsgeräusch zerbröckelte in zittrige Schnauflaute.

Sein Mund berührte ihr Ohr als er anfing ganz leise auf sie einzureden. Er beschrieb ihr die Gegenstände die er in seinem Rucksack aufbewahrte. Das war wie ein Funken an einer Zündschnur. Die Frau konnte nicht mehr an sich halten und verfiel in eine ihr bisher noch nie erfahrene Panik. Adrenalin explodierte in ihren Adern. Mit dieser rasenden Energie gelang ihr das was vorher noch nicht möglich war. Sie flog regelrecht mit dem Stuhl in Richtung Fenster. Sie schlug mit dem Hals auf den Fenstersims und brach sich das Genick. Sie war sofort tot.

Der Mann starrte fassungslos auf die Frau. Er beugte sich über sie aber konnte keine Atmung feststellen. Er stupste sie an und schüttelte sie heftig. Er drehte ihr schweres Gewicht um und blickte in ein ausdruckloses entseeltes Gesicht. All seine Erregtheit entwich wie ein zischendes Geräusch und Zorn kroch in ihn herein.

Was fiel ihr ein einfach so zu sterben. Er richtete sich auf taumelte zurück. Jetzt war es an ihm schwer zu atmen. Alles hätte passieren können aber nicht das. Das war Gift für ihn. Das war ein Schlag in seine hässliche innerliche Fratze. Gefühle stiegen in ihm hoch die ihm selbst fremd waren. Er hatte Angst die Kontrolle zu verlieren. Und das war das Allerschlimmste was ihm passieren konnte. Die Kontrolle zu verlieren. Er kannte bisher nur den allzu vertrauten Dr. Jekyll und den ab und zu auftauchenden Mr. Hyde in dessen Haut er sich so wohl fühlte. Aber jetzt drohte er sich in eine dritte Person zu verwandeln, eine Person die er nicht kannte. Ein Monster ohne Kontrolle, ein Vampir im Blutrausch. Der Wunsch zu töten wurde übermächtig in ihm. Er konnte seinen Trieb nicht befriedigen und jetzt brauchte er auf schnellste irgend ein Ventil. Er stürmte die Treppe herunter....

Kapitel 3 Zufall?

Kapitel 3 Zufall?

Marion mochte eigentlich keine Serienmörderromane. Aber diese Geschichte hatte sie gepackt. Nervenzerreissend wurde geschildert wie  der Mann in die Nacht entflieht auf der Suche nach einem Opfer. Das Böse in ihm, zuvor noch kontrolliert, hatte sich in einen wahrhaft ungezügelten Dämon verwandelt. Das Leid dieses Mannes wurde durch die Beschreibungen greifbar und Marion musste sich des öfteren von den Wörtern losreissen um einmal durchzuatmen um dann aufs Neue hineingezogen zu werden in diesen Strudel des Wahnsinns.

Die Perspektive wurde nun aus der Sicht des Psychopathen beschrieben. Besonders beklemmend waren die Wiedergabe seiner Gedanken während der Jagd. Man bekam das Gefühl live dabei zu sein und zu verstehen wie ein wildes Tier Blut riecht, die Fährte aufnimmt und ungehemmt vom Blutrausch vorangetrieben wird. Nach und Nach wird offenbar dass der Mann bis zu diesem Zwischenfall noch nie getötet hatte. Er begnügte sich damit seinen Opfern Angst zu machen und zwar extreme Angst und von dieser Angst hatte er sich genährt. Aber jetzt war etwas passiert. Das Böse in ihm war in einer Art Kokon herangewachsen und hatte nun die Schale aufgebrochen, war herausgekrochen und hatte ungebändigten Hunger. Jetzt wollte er wirklich töten. Die Zeit des Spielens war vorbei.

Er sah mehrere Menschen, doch sie waren zu zweit oder in Gruppen und so unerreichbar für ihn. Er hetzte durch Seitenstraßen und dunkle Gassen, entschlossen dem erst Besten das Leben zu entreissen. Doch er hatte kein Glück und nach zwei leidvollen Stunden konnte er seinen Zustand nicht länger ertragen. Er tötete einen Hund und zerfetzte ihn. 

Marion war von dieser Art der Beschreibung wie benommen. Sie wusste das es solche Menschen gab, die zu bösen Monstern mutieren aber das Gefühl zu haben bei einer solchen Verwandlung dabei zu sein, war beängstigend und verstörend.

Sie musste weiterlesen und blätterte um zum nächten Kapitel. Sie war erleichtert nun von der Polizei und ihren Ermittlungen zu lesen. Die Geschichte spielte in Ingolstadt. Die Kommissare die sich um den Fall kümmerten waren sympathisch und kernig. Besonders der junge Assistent gefiel ihr gut. Er war witzig, hunorvoll und stets positiv. Sein Chef schätze an ihm, dass er in der Lage war auch andere Perspektiven einzunehmen und so immer mit frischen Ideen aufwahrte mit denen er die Sichtweise seines Chefs ergänzte.

Er traute sich auch seinem Chef die Meinung zu sagen und Standpunkte einzunehmen die seinem Vorgesetzten auf die Palme brachten. Kurz gesagt ein interessantes Duo und es machte Spass ihren Gesprächen zuzuhören. Sie machten sich ihre Gedanken warum der Täter seinen Rucksack in dem Haus zurück gelassen hatte, suchten nach dem Motiv und rekonstruierten den Tathergang.

Marion wurde aus der Geschichte plötzlich herausgerissen, als es Zeit war aus dem Bus zu steigen. Sie war zu Hause. Sie lief ein Stück die Hauptstraße entlang, kam am Supermarkt vorbei und überlegte ob sie noch etwas für heute Abend  brauchte. Dann fiel ihr ein dass sie all ihr Geld für die Bücher ausgegeben hatte. Ihre Ec- Karte war schon längst überzogen und kam somit nicht in Frage. Also musste sie erst nach Hause und später nochmal einkaufen.

Sie bog in ihre Straße ein und zückte schon einmal ihre Hausschlüssel heraus. Im Nachbarhaus stand ein Kombi in der Einfahrt. Das Haus war schon längere Zeit nicht bewohnt gewesen. War der Besitzer gerade auf Visite? Frau Martens war letztes Jahr gestorben und ihren Sohn, der das Anwesen geerbt hatte, war ihr nur einmal kurz begegnet.

Die Tür des Kombis war geöffnet und sie konnte ein Paar Kartons im Inneren sehen. Ein großer Koffer stand genau vor dem Nummernschild. Die Wohnungstür stand weit auf. Jemand polterte die Treppe herunter. Ein junger Mann mit Bart, Sonnebrille und Baseballkappe kam schwungvoll aus der Tür. Er hielt inne und schaute sie an.

" Oh, guten Tag " Marion wunderte sich dass er eine Sonnebrille trug. Mittlerweile hatte es sich ziemlich zugezogen und es wurde auch gegen Abend Regen angesagt.

"Schönen guten Tag" gab sie zurück.

" Ich bin glaube ich ihr neuer Nachbar, Ralf Konz " Er streckte die Hand über den Zaun.

" Marion Geissler " Er hatte einen angenehmen Händedruck.

" Ich bring schon mal ein paar kleine Sachen, später kommen dann noch Möbel" lächelte er.

" Kommen Sie aus Frankfurt? " Marion meinte einen kleinen Akzent bemerkt zu haben.

" Nein, ich komme aus Ingolstadt " Ingolstadt, dachte Marion....

 

Kapitel 4 Die Zeichnung im Gesicht

Kapitel 4 Die Zeichnung im Gesicht

 Marion warf die Büchertasche auf das Sofa und platzierte den schwarzen Peter auf ihren super gemütlichen Lesesessel. Sie hatte Teedurst. Behutsam holte sie das verbrauchte Teelicht aus dem Stövchen und entsorgte es in der Küche. Sie schaute vom Küchenfenster in den Hof hinunter. Rolf Konz aus Ingolstadt öffnete gerade das Garagentor und stieg dann in seinen Kombi. Er hatte einen sehr sympathischen Eindruck auf sie gemacht. Seine Stimme war angenehm, sein Äusseres ansprechend, obwohl sie nicht auf Männer mit Bärten stand. Sie liebte es wenn Männer ein Gesicht wie ein Babypopo hatten. Sie dachte an ihren letzten Freund Sven. Morgens nach der Rasur konnte sie gar nicht von ihm lassen und Nachmittags sah er schon wieder aus wie Mecki Messer.

Langsam gondelte ihr neuer Nachbar das Fahrzeug in die Garage. Charmant war er aber Marion beschlich trotzdem ein unangenehmes Gefühl. Das merkwürdige Buch mit ihrem Haus, dann plötzlich ein neuer Nachbar und der kommt auch noch aus Ingolstadt. Die Geschichte. Sie brannte darauf weiter zu lesen. Der Kocher signalisierte seine getane Arbeit und Marion ließ das Wasser in die Teekanne sprudeln. Sie riss einen Beutel mit frischen Teelichtern auf und ein intensiver Erdbeergeruch strömte heraus. Sie kehrte ins Wohnzimmer zurück und zündete noch ein paar Kerzen an. Es wurde schon dämmrig. Verdammt, sie musste noch etwas einkaufen. Aber erst der Tee und eine Dosis vom Peter. Schnell war alles zurecht gemacht und Marion ließ sich in den Sessel plumpsen.

Sie knipste die Stehlampe an und kuschelte sich in ihre wohlige Decke.

Es ging mit dem Psycho weiter. Es kostete sie ein wenig Überwindung sich wieder auf diese kranke Seele einzulassen. Gerne wäre sie noch bei dem sympathischen Ermittlerduo geblieben.

Tief in der Nacht kam er zu Hause an. Er spürte unendlichen Frieden. Er hatte zum ersten Mal getötet und wunderte sich warum er so lange damit gewartet hatte. Das war doch sein Weg, seine Bestimmung. Das war ihm jetzt so klar. Worauf er sich schon sehr gut verstand und es trainiert hatte, konnte er nun zur Vollkommenheit bringen. Vorfreude keimte in ihn auf. Wie müsste es sein, wenn er die Folterinstrumente aus  seinem Rucksack holen und sie wie ein Virtuose kunstvoll einsetzte. Der Rucksack. Schlagartig zerbröselte sein Hochgefühl und Panik breitete sich in ihm aus. Er hatte sein Rucksack in der Wohnung der fetten Blonden vergessen. Was für ein Fehler. Er war sich stets sicher nie Spuren hinterlassen zu haben. Und jetzt dieser Patzer. Das war unverzeihlich. Würde der Inhalt des Rucksacks die Polzei auf seine Fährte bringen?

 Im Kopf ging er die einzelnen Gegenstände durch. Wie eine Dia Show erschienen die Bilder der Todesinstrumente vor seinem geistigen Auge. Da war eigentlich nichts Verfängliches, beruhigte er sich selber. Normale Gegenstände, wenn sie normal benutzt werden. Zeugs was man überall bekommt. Er wurde ruhiger und fasste sich wieder. Das kann man alles ersetzen. Als erstes würde er sich einen Rucksack bestellen. Er müsste wieder grün sein. Es sollte alles wieder so werden wie es war. Er würde von vorne anfangen, aber jetzt richtig und mit Vollgas. Er spielte von nun an in der ersten Liga.

Er knipste das Licht an und schloß reflexartig die Augen. Wie wohl er sich doch im Dunkeln fühlte. Langsam öffnete er wieder die Augen und schaute an sich herunter. Er war voller Blut. Auch seine Hände. Erst jetzt bemerkte er das klebrige Gefühl.

Er torkelte ins Bad. Adrenalin hatte ihn machtvoll voran getrieben, doch jetzt bemerkte er seine körperliche Erschöpfung. Das Badezimmerlicht flackerte auf. Das Wasser lief über seine Hände, während er sein Erscheinungsbild im Spiegel beschaute.
Er wendete sein Kopf hin und her und betrachtete die Zeichnung in seinem Gesicht. Dann begann er zu lachen. Es war das Lachen eines Totenschädels....

 

Kapitel 5 Einkaufen

Kapitel 5 Einkaufen

Marion legte das Buch zur Seite. Ihr Magen knurrte und erinnerte sie daran noch einzukaufen. Im Küchenschrank befanden sich die Umschläge mit dem Geld. Es war Samstag und sie hatte nur noch 20 Euro für diese Woche übrig. Sie musste ja nicht besonderes kochen. Sie liebte eh Nudeln mit Fleischsauce und das würde für heute und morgen reichen. Ausserdem brauchte sie noch Brot und Käse und Joghurt für das Müsli. Sie steckte eine Stofftasche ein und machte sich auf den Weg.

Sie kaufte am Liebsten bei Edeka ein, doch heute war die Zeit knapp und sie wollte das schnell erledigen. Es gab noch einen Supermarkt um die Ecke und den steuerte sie an. Es hatte zu nieseln begonnen. Leider würden schon bald die Bäume ihr Laub abwerfen. Vereinzelt lagen schon die verfärbten matschigen Blätter auf dem Weg. Auch das passte zu dem Cover, dachte Marion.

Sie löste einen Einkaufswagen aus dem Depot und betrat den Supermarkt. In der Gemüseabteilung sah sie einen Mitarbeiter der mit seiner verkümmerten Hand das Sortiment aufräumte. Es war so eine Supermarktkette die in erster Linie Behinderte und Benachteiligte einstellte. Der junge Mann lächelte sie im Vorbeigehen an.

In der Brotabteilung fand sie Brötchen zum Aufbacken und Croissants. Sie bog in den Gang mit den Säften und Getränken ein und sah Bernette kämpfend ihren störrischen Einkaufswagen vorwärts bewegen.

" Bernette". Bernette hielt inne. Marion holte auf.

" Oh meine Liebe, wie schön dich zu sehen." Bernette war Französin und Marions Nachbarin. Marion liebte ihren Akzent und ihre verrückte Art zu leben. Sie war schon über 70, aber alles andere als alt. Bernette ging tanzen, fuhr Rollerskates und hatte noch andere ausgefallene Hobbys.

" Du kaufst ja schon wieder diesen Biomist " Ihre Stimme klang belustigt.

" Ja und obwohl ich im Grunde genommen gar kein Geld dafür habe, aber ich kann nicht anders. Überzeugung ist Überzeugung." Marion erwartete ihren Konter.

" Nein, das ist Deutsch. Nur Deutsche können auf sowas kommen."

" Aber Bernette, ich habe zu Hause einen wunderbaren Bio Bordeaux "

" Ja, aber die Deutschen übertreiben wie immer. Es gibt ja sogar Bio Backpulver. Jetzt sag mir wozu soll das gut sein, he? " Sie schaute Marion mit aufgerissenen Augen an. Marion lachte herzhaft.

" Bernette, ich hab letztens gelesen dass die Erde auf Friedhöfen immer mehr verseucht ist, aber nicht auf Grund von Leichengift sondern dem Gift der sich in Körpern über Jahrzehnte ansammelt durch den ganzen Mist den wir durch unsere Nahrung aufnehmen. Na, was sagst du dazu? "

" Ach das ist doch Unfug, Chérie. Also ich weiß dass ich 100 Prozent biologisch abbaubar bin. Kommst du morgen zu mir zum Essen? Ich muss mal wieder für dich kochen. Du brauchst mal wieder was richtiges zum essen, meine Kleine. Ich mache mir oft große Sorgen um Dich. Du bist so mager. Was macht die Schauspielerei? Das erinnert mich daran mir noch unbedingt dein Stück anzuschauen. Was für eine Rolle hast du nochmal gleich, Liebes ?"  Bernette sah sie mit diesem Blick an den sie so an ihr liebte.

"Ich spiele einen Junkie, nichts besonderes"

" Sag das nicht, du musst mehr Selbstvertrauen haben. Ich weiß du kannst das"

" Du bist lieb Bernette", Marion drückte sie an sich.

" Übrigens", Bernette wechselte in einen verschwörerischen Tonfall. " Du weisst mir was das schon immer unheimlich hier einzukaufen. Diese vielen komischen Leute hier." Sie rollte ihre Augen hin und her. Marion amüsierte sich. "  Bernette schaute sich um, kam näher an Marion heran und flüsterte ihr zu: " Sie haben jetzt einen Zombie hier....

 

 

 

 

 

Kapitel 6 Der Zombie

Kapitel 6 Der Zombie

"Bernette, was redest du da. Was für ein Zombie? " Wenn man Bernette nicht kennt, kann man manchmal schon geschockt sein, was sie so von sich gibt. Als sie z.B Marion das erste Mal von dem neuen Supermarkt erzählte, der überwiegend Behinderte einstellte, und sie mit dem Einkaufswagen durch die Gänge rollte, brachte sie den Vergleich von einer Geisterbahn auf dem Rummelplatz.

" Im Gang mit den Nudeln" flüsterte sie." Ich hab mich so erschrocken. Und so etwas sollte man mit alten Damen nicht machen. Er sieht aus wie ein Zombie, auf seinem Gesicht ist ein Totenschädel gezeichnet!! Ich glaube er hat so eine Krankheit wie Der Tänzer aus Amerika. Ich hab mal so einen schrecklichen Zombiefilm mit ihm gesehen. Aber tanzen konnte er wirklich gut. Das muss man schon sagen."

" Du meinst Michael Jackson" Vor Marions geistigem Auge erschienen ein paar Szenen von "Thriller", dem Musikvideo. Ja, sie erinnerte sich. Michael Jackson hatte so ein Leiden wo die Hautpigmentierung betroffen war. Der Name der Krankkheit fiel ihr aber nicht ein.

" So wie ich dich kenne, kaufst du ja bestimmt noch Bionudeln. Dann wirst du es selbst sehen. " Ihre Augen waren wieder aufgerissen und sie nickte zweimal zur Seite hin zu dem Gang mit den Teigwaren.

" Oh ja, das werde ich jetzt tun und ich wette es ist nicht so schlimm und du übertreibst wieder völlig, Bernette." Marion fing an ihre Sachen aus dem Einkaufswagen in ihren umzupacken. " Was machst du da? " Bernette schaute überrascht aus. " Wir tauschen den Wagen " Bernette wollte protestieren, ließ es aber dann geschehen. Sie machten aus aufeinander zu warten und Marion steuerte den Nachbargang an.

Dieses Mistding ließ sich wirklich unglaublich schlecht lenken. Sie musste aufpassen nicht gegen die Ware zu fahren und bekam mehr schlecht als recht die Kurve. Noch einen kraftvollen Schlenker und sie befand sich im Nudelgang. Eine Mutter mit quengelnden Kindern versperrte ihr die Sicht. Sie navigierte vorbei und sah den Mitarbeiter knieend Ware einräumen. Das musste er sein. Er war von schlanker sportlicher Statur und hatte rotblonde Haare. Sein Gesicht war nicht zu sehen. Das wollte sie sich aber auf jeden Fall ansehen. Also weiter.

Sie ruckelte an ihn heran. Sie stockte in ihrer Bewegung als sie Bernette von der anderen Seite des Ganges einbogen sah. Bernette suchte den Blickkontakt mit ihren riesigen Augen. Marion erschrak. Was würde sie jetzt wieder anstellen?. Bernette gab ihr Zeichen mit den Augen. Niemand konnte so mit den Augen jonglieren wie Bernette. Wie peinlich. Der Mitarbeiter machte so eine leichte Bewegung mit dem Kopf. Er musste sie sehen, wie sie Zeichen machte. Bernette besann sich, drehte um und verschwand wieder. Diese Auffälligkeit musste er einfach bemerkt haben, ließ sich aber nichts anmerken und hantierte weiter mit den Dosen. Marion warf eine Tube Biotomatenmark in den Wagen und wagte sich näher heran. Nur noch zwei Meter. Die Kinder hinter ihr fingen an zu kreischen und die Mutter wurde auch laut. Marion blieb stehen. Würde er sich vielleicht umdrehen um zu schauen was da los ist? Nein, er tat ihr nicht den Gefallen. Seelenruhig arbeitete er weiter.

Die Bionudeln befanden sich auf der Höhe wo er auf der anderen Seite einräumte. Sie erreichte die Stelle und war jetzt ganz nah bei ihm. Sie hatte die Packung mit den Nudeln in der Hand und studierte zur Tarnung die Informationen auf der Rückseite. Was sollte sie jetzt machen? Ihn vieleicht ansprechen? Dann könnte sie sein Gesicht genau betrachten. Normalerweise hatte sie keine Probleme jemanden anzusprechen, doch sie fürchtete ein wenig den Anblick des Mals. Dafür hatte Bernette mit ihrer lebhaften Beschreibung gesorgt.

Sie hatte einen Totenschädel vor Augen der sie angrinste. In diesem einem Moment traf es sie wie ein Schlag. Die Szene im Bad. Der Mann wäscht das Blut von den Händen und schaut in den Spiegel. Ein Totenschädel lacht ihn an. Marion verlor die Kontrolle. Sie wollte nur noch weg von hier. Ihr Adrenalin sprang in den Einkaufswagen über. Der machte einen Satz und sie flog mit ihm in den Mann hinein.....

 

 

Kapitel 7 Der blutende Totenkopf

Kapitel 7 Der blutende Totenkopf

Die Gitterfront des Einkaufswagen prallte mit großer Wucht in seinen Rücken und warf ihn nach vorne. Sein Kopf schlug an eine Regalkante, während er gleichzeitig mit seinen Händen Halt suchte und nur die Dosen fand, die sich seinem Griff entzogen und davon sprangen und auf den Boden schepperten.

Marion starrte entsetzt auf die Szene. Sie konnte nicht begreifen, was passiert war. Wie konnte sie nur so panisch überreagieren? Sie hatte ihre beiden Hände über den Mund gelegt und wartete was passierte.

Der Mann setzte sich hin und fasste sich dabei an die Stirn. Er stöhnte. Unter seiner Hand quoll Blut hervor und lief das Gesicht hinab. Er musste eine gewaltige Platzwunde haben. Marion reagierte.

" Oh das tut mir so leid, entschuldigen Sie bitte" Sie schupste den Einkaufswagen zur Seite und näherte sich ihm. Der Mann schaute sie an und fixierte sie verwundert. " Betty" sagte er mit einer unglaublich sanften Stimme. Er nahm die Hand von der Stirn um sich abzustützen und sich zurecht zu setzten.

Marion sah die grässliche Wunde, die sie verursacht hatte und sie sah die Gesichtszeichnung von der Bernette gesprochen hatte. Man wurde unweigerlich an einen Totenschädel erinnert. Die Pigmentsstörung betraf die Haut um die beiden Augen. Zwei symetrisch beinahe trapezförmige Ausschnitte verliehen ihm dämonische Gesichtszüge. Über der Nase befand sich ein weiterer Fleck. Er war bienenkorbartig. Bei einem Totenschädel war das der Bereich der wo das Fleisch und der Knorpel saßen, die nach dem Tod dann wegschmolzen und die typische Öffnung hinterließen. Um das Bild perfekt abzurunden, sah man noch zwei ebenfalls symetrische Schlieren von den Mundwinkeln zu den Ohren hochziehen. Bei einem Totenschädel sieht man in diesem Bereich ebenfalls eine Aussparung, weil da die Kiefermuskulatur angesetzt war. Marion sah das Bild eines blutenden Totenkopfes.

Sein Blick war unverwandt auf sie gerichtet.
Er schaute so als würde er sie wiedererkennen. Es kam ihr vor als tasteten seine Augen jeden Bereich ihres Gesichtes ab, als würde er sie scannen. Wieso schaut er mich so an, dachte Marion. Sie war sich sicher den Mann noch nie zuvor gesehen zu haben.

" Was ist hier passiert? " Der Marktleiter tauschte auf und hinter ihm sammelten sich weitere Mitarbeiter und Kunden. " Herr Plienatz, stehen sie da nicht rum, holen sie eine Verbandskasten" Der Angesprochene reagierte sofort. " Und jemand soll den Rettungsdienst rufen " bellte er hinterher.

Jemand kam mit einer aufgerissenen Serviettenpackung und reichte einen Schwung davon. Man drückte sie auf die Wunde. Überall standen nun Leute herum und redeten durcheinander. Marion ging ein paar Schritte zurück um Platz zu machen. Der sitzende Mann ließ sie nicht aus den Augen. Bernette trat an ihre Seite und fasste sie an den Arm. " Was hast du angestellt, Chérie? " Bernette redete auf sie ein, doch Marion achtete nicht auf sie. Marion suchte weiterhin seine Augen und obwohl viele Menschen mit ihren Bewegungen dazischen huschten, trafen sich ihre Blicke immer wieder. Es war faszienierend. Sein überraschter Blick hatte sich verwandelt. Nun sah er sie sanft und friedlich an. Es kam Marion vor als würden sich alle Menschen um sie herum entfernen, sozusagen aus dem Raum herausgesogen. Dann kam ein Moment der völligen Stille. Nur sie waren noch da. Aber Marion hatte keine Angst. Obwohl sein Gesicht böse erschien, war sein Blick liebevoll und freundlich, voller Wohlwollen und Güte. Marion war sich sicher. Ein Mensch mit solchen Augen konnte nichts Böses tun.....  

 

Kapitel 8 Das Monster unter dem Bett

Kapitel 8 Das Monster unter dem Bett

Marion brannte darauf das Buch weiter zu lesen. Sie betrachtete das Cover mit dem Mann im Laternenlicht. Bedauerlicherweise konnte man sein Gesicht nicht sehen. War das der Verkäufer mit dem Totenkopf? Die friedlichen Augen des Mannes aus dem Supermarkt passten nicht zu dem Monster aus dem Buch. Aber sprach dieser nicht selber davon dass er sich verwandelte von Dr.Jekyll in Mr.Hyde? In der Geschichte wurde ihr bisher nur Mr.Hyde lebhaft vor Augen geführt. Wie war aber Dr. Jekyll?. Vielleicht so wie der freundliche Mann der blutend auf dem Boden saß und sie sanft ansah? Dieser Gedanke war beunruhigend.

Sie öffnete das Buch und fand die Stelle wo es weiterging. Für einen Moment kam die Versuchung die Seiten durchzublättern, die Geschichte vorzuspulen und Gewissheit zu bekommen. Denn sie fürchtete sich davor selbst in der Geschichte aufzutauchen. Diese Angst keimte in dem Moment in ihr auf, als sie das Cover das erste Mal sah. Der Schock ihr Haus auf dem Bild zu sehen und der Verdacht das sie es war, die durch die Gardine auf die Straße blickte. Am Anfang hatte ihr der Gedanke geholfen dass das ja alles nicht sein konnte. So etwas passierte einfach nicht. Es war realitätsfern und einfach nur verrückt. War das Paranoia und sahen so die Gespenster aus, die plötzlich aus dem Nichts auftauchten? Les endlich weiter. Du willst doch kein Detail verpassen.

Es ging weiter mit den beiden Polizisten von der Mordkommssion. Schnell wurde die Verbindung gefunden zu den parallelen Fällen. Dreimal wurden Frauen in ihrem Haus überfallen, gefesselt und psychisch gefoltert. Aber keinen der Frauen wurde körperlich etwas angetan. In diesem Fall war das anders. Sie kamen mit den Beamten, die sich bisher um diese Fälle gekümmert hatten, in einer Besprechung zusammen. Nun war es Angelegenheit der Mordkommission. Die gesammelten Akten wurden übergeben. Ein Mitarbeiterteam wurde zusammengestellt, Aufgaben verteilt und Ermittlungen in die Wege geleitet.

Kommissar Wegand und sein junger Kollege Jan Koszek suchten die vorhergehenden Opfer auf. Rein äusserlich waren sich die Frauen nicht unbedingt ähnlich. Ein bestimmten Typ von Frau schien der Täter nicht zu verfolgen. Aber irgendeine Gemeinsamkeit musste es geben. Da waren sich die Kommissare sicher und dieses gemeinsame Element versuchten sie aufzuspüren. Sie führten ausführliche Gespräche, tasteten sich in alle möglichen Richtungen vor und schrieben ganze Romane in ihre Notizbücher. Eine der Frauen stach heraus und war auffällig. Sie war kurz angebunden, gab lediglich knappe Antworten und wollte die Polizisten schnell wieder loswerden. Wegand und Koszek waren überzeugt dass sie ihnen etwas vorenthielt oder sogar log. Man wollte sie genauer unter die Lupe nehmen. Immer wieder Szenenwechsel. Man lernt den Täter kennen. Marion konnte kaum atmen als sie las, dass er in einem Supermarkt arbeitete. Das war doch einfach nicht fassbar. Es war der gleiche Laden wie bei ihr um die Ecke. Sein Name wurde erwähnt. Carsten Meyer. Und dann wartete schon der nächste Schock. Er leidet an Vitiligo. Die Totenkopfzeichnung wurde detailliert beschrieben. Jetzt war es Gewissheit. Es konnte nicht anders sein. Ihr wurde schwindelig. Das Buch glitt ihr aus der Hand und fiel auf den Boden. Entsetzen hatte sie gepackt und die schreckliche Wahrheit wie Backpfeiffen ins Gesicht geschlagen. Sie hatte das Monster im Supermarkt gesehen. Er war furchteinflössende Realität. Es war so wie ein kleines Kind das in seinem Zimmer bei Nacht aufschreit, geplagt von einem Alptraum und die besorgte Mutter stürmt in das Zimmer und sie will das Kind beruhigen, nimmt es in den Arm und redet sanft auf das zitternde Bündel Angst ein. Sie blickt es an und fragt nach was geschehen sei. Das Kind krallt sich an das Nachthemd der Mutter und erzählt mit aufgewühlter Stimme von einem schrecklichen Monster das sich in ihr Zimmer geschlichen hat und sich knurrend unter ihrem Bett versteckt hat. Die Mutter lacht auf und wuschelt dem Kind durch das Haar. Monster gibt es nicht und es war nur ein böser Traum der nun vorbei ist. Das Kind war nicht überzeugt. Mama, schau bitte nach, fleht es eingehend. Die Mutter lächelt verständnisvoll. Na gut. Sie erhebt sich ganz langsam und behutsam und immer mit dem Blickkontakt zu ihrem Kind dass mit fahlem Gesicht und verkrampft den Bewegungen seiner Mutter folgt. Sie taucht ab und kniet sich hin, neigt den Kopf und schaut in das Dunkel unter dem Bett. Sie erwartet nichts zu sehen. Doch sie macht etwas aus. Sie kann Konturen wahrnehmen. Irgendetwas ist unter dem Bett. Etwas großes. Und dann blickt sie in rote blutunterlaufende Augen.....

 

 

 

 

 

Kapitel 9 Bekanntschaft mit dem Sterben

Kapitel 9 Bekanntschaft mit dem Sterben

 Marion hatte das Gefühl das eine unsichtbare Hand in sie hineinfuhr, ihren Magen packte und ihn umdrehte. Sie krümmte sich zusammen und fing heftig an zu atmen. Sie versuchte sich nicht zu bewegen. Vielleicht würde nichts weiter passieren. Sie horchte in sich hinein. Ihre Atemgeräusche hörten sich wie ein Blasebalg an. Die Hand hielt weiterhin ihren Magen fest umklammert, ließ nicht los. Sie keuchte. Das Gewicht an der Hand wurde immer schwerer, als würde ihr ein Körper wachsen, der sie zu einem Abgrund zog. Sie krallte sich an dem Sessel fest, der den Anschein machte nach oben zu rutschen. Festhalten, halte dich fest. Sie bewegte sich anscheinend, aber wusste nicht wohin. Sie bewegte sich immer schneller und ihr wurde schrecklich übel. Die Hand ließ nicht los und dann war da eine zweite Hand. Sie streckte sich vor und wollte sich auch irgendwo festhalten. Die anderen Organe begannen zu fliehen, zogen sich zusammen, machten sich kleiner und verhärteten sich um den Griff zu entkommen. Engegefühl, Panik, Blut das in den Kopf flüchtete. Sie würde gleich platzen oder auseinanderreissen. Sie wusste nicht wie lange sie sich noch an dem Sessel festhalten konnte. Ihre Hände wurden taub. Sie wollte schreien, doch ihre Lippen, ihr Mund waren eingefroren. Alles begann sich zu drehen. Die Hand kroch an ihre Kehle und drückte eisenhart zu. Hilfe, bitte helft mir doch, jammerte irgendetwas in ihr, eine Stimme die sich entfernte und unwirklich erschien. Und dann fiel sie, tief und immer tiefer, bis sie in einem Licht aufschlug und eine vertraute Umgebung Konturen annahm.

Sie sah Gesichter die sie kannte. Ihre Schauspielgruppe. Bernie der ihr zuzwinkerte, Susanne die  sich streckte und dehnte, Thomas und Kevin in Sprechübungen vertieft und Siggi der sie ansah und Aufmerksamkeit einforderte. Er machte ihr eine Atemübung vor und forderte sie auf mitzumachen. Sie konzentrierte sich auf ihn, fiel in sein Rhythmus der wechselden Atmung ein. Das tat ihr so gut. Das Gesicht von Siggi verschwamm, löste sich auf. Wohltuende Schwärze. Zeitlose gleichschwingende Luftströmung. Ein und Aus, Ein und Aus und dann kam das Leben in ihr zurück....

Kapitel 10 Ausstieg aus dem Taxi

Kapitel 10 Ausstieg aus dem Taxi

 Marion lag regungslos auf dem Boden neben dem Sessel. Sie versuchte zu begreifen was passiert war. Panik war über sie hergefallen und hat sie schamlos vergewaltigt. Langsam zog sie sich am Sessel hoch und stand mit wackeligen Beinen da. Sie schlurfte zur Treppe und zog sich am Geländer hoch in den ersten Stock ihres Hauses.

Das Bad war kühl und roch angenehm. Sie blickte sich im Spiegel an und begriff nicht was sie dort sah. Das war doch nicht sie selbst, oder? Diese leblosen Augen, das eingefallene, zerbrechlichliche Gesicht. Was war sie nur für ein Mensch? Sie konnte es nicht sagen. Eine Fremde stand dort. Eine schreckliche Erkenntnis kam an die Oberfläche. Sie hatte das Leben einer Toten geführt. Sie konnte sich nicht erinnern, wann sie das letzte Mal in ihrem Leben gewachsen war. Sie war immer noch dieses Wesen aus einer längst vergangenen Kindheit. Sie hatte die Tage, Monate und Jahre verstreichen lassen immer mit der Angst irgendeine wirklich bedeutsame Entscheidung zu treffen. Einen Weg zu wagen. Eine Richtung einzuschlagen. Das Haus hatte sie geerbt und nie gewagt es zu verlassen. Hier war sie groß geworden, immer behütet von ihrer Mama. Ohne Geschwister und ohne Vater. Sie war wie eine Feder gespannt worden, aber nie losgelassen. Wie ein Pfeil in den Bogen gelegt, aber nie abgeschossen worden. Sie erinnerte sich an eine Szene am Frühstückstisches mit ihrer Mutter. Sie saß ihr stets gegenüber. Den Tisch hatte sie schon am Vorabend liebevoll gedeckt. So wie sie es immer  tat.

Marion blickte auf die Frühstücksutensilien die wie ein kunstvolles Arrangement ausgebreitet vor ihr lagen. Sie legte ein Brötchen auf ihr Frühstücksbrettchen. Die Augen ihrer Mutter verfolgten jeder ihrer Bewegungen. Das Messer sägte durch das Brötchen und sie achtete darauf das sie es vorsichtig tat und nicht zu wild. Sie hob die Butterglocke hoch und suchte den passenden Platz dafür auf dem Tisch. Sie folgte dem morgendlichen Ritual. Dabei wusste sie genau wieviel Butter und wieviel Marmelade angebracht war um nicht einen misstrauischen Blick ihrer Mutter zu ernten.

Befand sich etwas Neues auf dem Tisch so war ihre Mutter erst zufrieden, wenn sie davon gekostet hatte.

Sie musste eine bestimmtes Soll essen und ein bestimmtes Soll trinken. Marion ekelte sich vor sich selbst. Wie schwach sie war. Und dass sie sich nie gegen ihre Mutter aufgelehnt hatte. Sie hatte einfach die Pupertät ausgelassen. Sie war ein Opfer und schlüpfte auch immer wieder bereitwillig in dieses Schema.

Es war als säße sie in einem Taxi. Sie war irgendwann vor langer Zeit darin eingestiegen und fuhr durch die Gegend. Neben sich sah sie eine Gestalt sitzen. Sie hatte kein Gesicht und auch die Kleidung hätte sie nicht beschreiben können. Die Gestalt fragte: " Wohin fährst du?" Sie antwortete:" Ich weiß nicht so genau "

" Du weißt nicht wohin du unterwegst bist? " Die dunkle Gestalt schüttelte sich vor Lachen.

Sie traute sich nichts darauf zu erwidern und wartete einfach ab. Das Taxi fuhr durch die Straßen. An Menschen vorbei die lachten, einkauften oder auf das Grün an Ampeln warteten. Da waren Verkäufer die ihre Waren anpreisten, Bands die Musik spielten, Menschen die ihrer Berufung nachgingen.

Ihr Taxi fuhr vorbei und sie nahm all die Menschen kurz wahr, ohne wirklich an ihrem Leben teilzunehmen. Das Taxi fuhr kreuz und quer, hier lang und dort lang, bog in große und kleine Gassen ein und manchmal oder des öfteren kam sie wieder an den gleichen Menschen und Orten vorbei. Sie wusste nicht warum sie in diesem Taxi saß und was ihr Ziel war. Und so ging es immer weiter.

Die Gestalt neben ihr stupste sie an. Sie ließ es sich gefallen. Er schüttelte sie, doch sie war wie benommen.

Dann schlug  er sie mit der flachen Hand brutal ins Gesicht. Sie wurde von der Wucht an die Taxitür geworfen. Entsetzt schaute sie auf das herausfordernde Grinsen dieses schemenhaften Wesens.

Dann veränderte sich etwas in ihr. Sie fühlte eine Wut in sich aufsteigen. Warum fuhr sie nur in diesem blöden Taxi sinnlos durch die Straßen? " Bitte halten Sie an ". Sie schrie die Worte zum Taxifahrer.

Der Wagen stoppte sofort. Es war ein ungewohntes Gefühl, eine Leere. So wie dieses Gefühl was sie jetzt hatte, als sie sich im Spiegel ansah.

Der Motor lief und der Taxifahrer wartete. Sie schaute zur Seite, aber die Gestalt war nicht mehr da. Sie öffnete die Tür und stieg aus.

Sie betrachtete die Tränen die in ihrem Gesicht herunter liefen. Es ist genug, dachte sie. Sie würde von nun an kämpfen, die Opferrolle ablegen. Jetzt musste sie zu diesem Buch zurück, denn Sie hatte einen Entschluß gefasst...

 

 

Kapitel 11 Betty

Kapitel 11 Betty

 Das Buch lag jetzt ganz anders in ihrer Hand. Ein sonderbares Gefühl. War es doch bisher immer so gewesen, dass ein Buch Sie in die Hand nahm. Sie es war die verschlungen wurde. Sie in den Bann einer Geschichte gezogen wurde.

Tatsächlich, es war stets so gewesen, dachte Marion. Sie konnte sich an kein Buch erinnern gegen das sie sich gewehrt hatte, sich gesträubt hatte weiterzulesen oder es enttäuscht zugeklappt zu haben. Sie stellte sich vor wie sie mit kritischer Mine ein Buch las, ein Urteil sprach und es unbefriedigt in eine Ecke schleuderte.

So ein Bild gefiel ihr. Sie fühlte sich kämpferisch, so als wolle sie mit dem Buch in ein Boxring steigen. Dem Buch eins auf die Fresse geben. Sich nicht brav fortziehen lassen, sondern das Buch an die Leine nehmen.

Sie fand die Stelle wo sie aufgehört hatte. Normalerweise würde sie jetzt artig weiter den Zeilen folgen. Doch damit war jetzt Schluß. Sie wollte das Buch jetzt nur noch egoistisch für ihre Zwecke nutzen. Wenn diese Geschichte einen Bezug zur Realität hatte, was sie immer noch nicht recht glauben wollte, dann musste sie den Wissensvorteil für sich nutzen. Sie musste schnell zu der Stelle kommen, wo die Gegenwart anknüpfte.

Sie blätterte langsam vor, las hier und dort. War das Monster durch den Blutrausch erst einmal ruhig gestellt, so baute sich doch schnell wieder Druck auf. Das schien gut beschrieben zu sein. Er wollte Erleichterung, erhielt sie aber nicht. Die Kommissare kamen auf seine Spur. Sie ließen nicht locker, führten unzählige Gespräche mit ihm, beobachteten ihn und bissen sich fest. Instinktiv taten sie genau das Richtige. Er bekam keine Luft zum Atmen.

Sie wollten ihn zu Fehler zwingen. Der arme Kerl. Marion bekam schon wieder ein bißchen Mitleid mit ihm. Schnell löschte sie das Gefühl. Weiter im Text.

Er litt unsägliche Qualen und brauchte unbedingt Erleichterung. Der Zufall kam ihm zu Hilfe. Er versuchte sich mit Fernsehen zu betäuben, zappte von einem Kanal zum nächsten. Stundenlang saß er so vor dem Kasten. Dann stieß er auf eine Serie von der er sich nicht mehr lösen konnte. Mad Men. Marion hatte mal was von dieser Serie gehört, aber noch nie eine Folge gesehen. Eine Frau faszinierte ihn zutiefst. Sie war die Ehefrau des Protagonisten Don Draper. Sie hieß Betty. Das war wie ein Donnerschlag. Er hatte sie Betty genannt, oder? Sie sah die Szene im Supermarkt wieder vor sich. Ja, das passte. Er hatte sie so angesehen, als würde er sie kennen. Sah sie aus wie Betty Draper?

Der Laptop stand auf ihrem Schreibtisch. Warum braucht das Mistding so lange? Die Seiten bauten sich gemächlich auf und endlich konnte sie die Buchstaben eintippen. Betty Draper. Sie wechselte die Sucheinstellung auf Bilder und klickte. Ein Bild von Betty Draper erschien. Eine elegante blonde Frau im Style von Grace Kelly. Die Ähnlichkeit war frappierend. Ok, ihre Frisur passte nicht, aber die Gesichtszüge und der Blick um so mehr. Kein Wunder das er sie so angeschaut hatte. Merkwürdig. Niemand hatte sie zuvor auf diese Ähnlichkeit angesprochen. Ok, die Serie ist in Deutschland untergegangen. Weltweit ein großer Erfolg, doch hier falsch eingeschätzt und von ZDF zu ZDF Neo verschoben. Von nicht all zu Vielen gesehen.

Carsten Meyer sah in ihr Betty Draper. Wie konnte sie dieses Wissen für sich nutzen? Sie schaute auf diese elegante Frau mit diesem besonderen magischen Blick. Sie sah die Spiegelung ihres Gesichtes auf dem Computerbildschirm und legte die beiden Gesichter übereinander...

 

Kapitel 12 Das Haus gegenüber

Kapitel 12 Das Haus gegenüber

Carsten Meyer hatte ein Ventil gefunden. Betty Draper. Sie fieberte durch seine Tagträume. Er erschuf ein Bild von ihr und ließ es neben sich leben. Sie begleitete ihn, wohnte bei ihm und sprach zu ihm. Die Kommisssare versuchten ihn zu knacken wie eine Nuss. Doch er hielt stand und Betty war an seiner Seite. Die Zeit verging und das Monster in ihm wurde kleiner, verhungerte Stück für Stück. Das Raubtier starb und Carsten fütterte das andere Wesen in ihm und Betty half ihm. Es war wie ein Wunder. Etwas was er nicht mehr für möglich gehalten hatte.

Marion wollte eigentlich schnell durch diese Seiten durch doch wurde gefangen von diesem sanften Wesen das eigenartig anziehend beschrieben wurde. Sie holte diesen Gesichtsausdruck aus ihrer Erinnerung. Diese friedlichen gütigen Augen. Dieser Carsten Meyer war ein Mensch den sie mochte.

Seite für Seite kam sie in der Geschichte voran. Ungeduldig jetzt. Marion wollte endlich sich selbst in der Geschichte auftauchen sehen.

Die Zeit verging und die Wogen glätteten sich. Man konnte Carsten Meyer nichts nachweisen und die Ermittlungen gegen ihn wurden eingestellt. Carsten beschloß neu anzufangen. Er sprach mit seinem Chef und bat um eine Versetzung. Sein Chef war ihm freundlich gesinnt und arrangierte eine Anstellung in einer Filiale in Frankfurt. Es kribbelte in Marions Finger, als sie die Seiten umschlug.

Der Unzug wurde beschrieben. Sein neuer Chef besorgte ihm eine kleine Wohnung. Er hatte eine Bekannte in der Nähe des Supermarktes, die für ihre kleine Anbauwohnung einen neuen Mieter suchte. Er stellte sich vor und die alte Dame mochte ihn auf Anhieb. Sie erzählte viel und Carsten hörte ihr höflich zu. Ihr Mann war an Leukämie gestorben, aber sie hatte drei wunderbare Töchter die sie liebevoll umsorgten. Marion stutze. War das Frau Seeger, die da beschrieben wurde?. Sie wohnte gleich schräg gegenüber. Das Cover fiel ihr wieder ein. Die Perspektive könnte stimmen. Die Sicht von ihrem Haus aus. Der Mann unter der Laterne war Carsten Meyer der gerade nach Hause kam? Die Geschichte kam nun ganz nah an Sie heran.

Es wurde ihr ein wenig kühl und sie zog eine Strickjacke an. Sie ging zum Fenster und zog die Gardine zur Seite. Die Straße war in Dunkel getaucht und die einsame Laterne gegenüber warf ihr Licht wie auf dem Cover. Unheimlich. Im Haus von Frau Seeger flimmerte Licht hinter zugezogenen Gardinen. Die Anbauwohnung konnte man von hier aus nicht sehen.

Marion sah im Dunkeln eine Gestalt herankommen, ein Mann. Er hatte die Hände in seiner Jacke verborgen und sein Blck war nach unten gewandt. Er kam dem Laternenlicht schnell näher. Marion hielt sich an der Gardine fest, instinktiv bereit sie schnell zuzuziehen.

Der Mann wurde langsamer. Das Licht der Laterne streckte die Hand nach ihm aus und man konnte mehr erkennen. Blaue Jeans und rote Jacke. Jetzt kam die Szene des Covers, dachte Marion und ihr Atem stockte. Sie hielt die Luft an, bewegte sich nicht. Sie krallte sich jetzt regelrecht an der Gardine fest, sah das Bild des Covers vor sich und gleichte es mit der Realität ab. Carsten Meyer kramte in seiner Jackentasche herum und holte den Haustürschlüssel hervor. Das musste das Metallische in seiner Hand gewesen sein. Der Schlüssel. Doch die Szene stimmte nicht ganz. Auf dem Cover hielt er seine Hand ausgestreckt und starrte auf das metallische Etwas. Vielleicht nur eine dramtische Übertreibung vom Covergestalter.

Carsten Meyer hielt inne. Der Schlüssel immer noch in seiner Hand. Er drehte leicht den Kopf und schaute in ihre Richtung. Er schaute zu ihr hoch. Marion konnte sich nicht bewegen und nicht atmen. Was würde jetzt passieren. Sie wusste es nicht. So weit war sie im Buch noch nicht. Was wäre wenn er jetzt zu ihrem Haus herübergehen würde?. Marion erschrak bei dem Gedanken. Sie war gar nicht darauf vorbereitet. Das kam jetzt alles zu schnell. Sie wurde von der Geschichte eingeholt. Sie wollte vorbereitet sein. Einen Plan zurecht legen. Sie wollte doch die Agierende sein.

Der Moment schien nicht vergehen zu wollen. Dann löst er den Blick, schloß das Tor auf und verschwand hinter der Hecke.

Marion begann zu zittern. wankend ließ sie die Gardine los und stürzte sich zum Buch zurück...

 

 

Kapitel 13 Quo Vadis?

Kapitel 13 Quo Vadis?

 Wo von hängst das Schicksal einer Person ab? Von Göttern bestimmt, die unsichtbare Fäden herablassen und die Menschen launisch hierhin und dorthin treiben?. Marion konnte an so ewtas unmöglich glauben. Man musste sein Leben doch selbst bestimmen können. Und doch hatte sie oft genug das Gefühl nur Spielball irgendwelcher Mächte im Hintergrund zu sein. Wie hieß noch mal dieser Spruch? Der Wille ist da, aber das Fleisch ist schwach.

Hatte sie denn überhaupt den Willen gegen ein bevorstehendes Schicksal anzukämpfen? Wo war das starke Gefühl , als sie vor ihrem Spiegelbild stand? Diese elektrisierende Erregung kämpfen zu wollen. In sich zusammen gefallen wie ein Kartenhaus. Der Moment, als sie das Coverbild Realität werden sah, raubte ihr jede Hoffnung.

Gebe ich so schnell auf? Sie musste sich jetzt der nächsten Seite stellen. Der Zukunft. Einmal tief durchatmen und umblättern. Carsten Meyer in seiner Wohnung. Er denkt an Sie, hat das Bild vor Augen wie sie hinter der Gardine verborgen auf ihn herab schaute. Sie ist ihm so nah. Er möchte bei ihr sein. Der Wunsch pocht mächtig in ihm. Er beginnt auf und ab zu gehen. Wie ein Panther im Käfig. Er könnte jetzt bei ihr sein. Nur ein paar Meter zu ihrem Haus. Marion erschrak. Nein, er beherrscht sich, möchte alles richtig machen. Er legt sich ein Plan zurecht.

Sie hatte ihn verletzt. Er wollte bei ihr klingeln, sich erst einmal vorstellen und ihr sagen dass alles OK mit ihm wäre. Sie würde bestimmt freundlich sein. Der Plan gefiel ihm. Marion blätterte weiter. Da war die Stelle. Er stand vor ihrer Tür und klingelte. Er war nervös. Marion öffnete und schaute überrascht auf den Mann den sie im Supermarkt das erste Mal gesehen und anschließend über den Haufen gefahren hatte. 

Sie trug einen Jogginganzug und sie hatte die Haare zu einem Pferdeschwanz zusammen gebunden. Sie lief tatsächlich oft so zuhause herum. Marion entschuldigte sich viele Male und er beschwichtigte den Vorfall. Sie bot ihm einen Tee an. Er nahm die Einladung an und betrat das Haus.

Marion bereitete den Tee vor und Carsten betrachtete neugierig ihre vielen Bücher. Marion hatte noch Schokoladenplätzchen da und schnell war der Tisch gedeckt. Sie hatte tatsächlich noch Schokoladenplätzchen im Schrank. Unbehaglich las sie weiter. Sie unterhielten sich und tranken Tee. Carsten noch ein wenig schüchtern und Marion plauderte wie ein Dampfkochtopf.

Dann kippte die Stimmung. Carsten begann von seinen Gefühlen für sie zu erzählen. Marion war verwirrt und ihre Mine verschloß sich. Sie verstummt schlagartig und wusste nicht was sie sagen sollte. Es war ihr unangenehm. Er wollte ihre Hand nehmen und etwas wichtiges sagen. Marion wich entsetzt zurück. " Raus hier ", schrie sie. Er wollte sich entschuldigen, sprach von einem Missverständnis. Marion wollte ihn nur schnell loswerden. Ihre ganze Gestik und Mimik war abweisend.

Dann schlug er zu. Marion fegte über den Tisch und das Teeservice schepperte mit ihr zusammen auf den Boden. Sie blutete aus der Nase und wimmerte. Sie versuchte wegzukriechen, doch er packte sie an den Haaren und zog sie zurück. Er setzte sich auf sie und keuchte schwer. Er verlor die Kontrolle. Der zarte neue Carsten Meyer zerbrach augenblicklich in tausend Stücke und das eingesperrte Monster brach mit aller Gewalt aus ihm heraus. Er nahm seine Faust und zerschlug das Gesicht von Marion zu Brei. Marion bewegte sich schon lange nicht mehr, doch die Faust kam wie ein Amboss auf sie herab und zerschlug das schöne Bild von Betty Draper....

 

 

Kapitel 14 Vorbereitung

Kapitel 14 Vorbereitung

 Den Ausgang der Geschichte musste Marion erst einmal verdauen. Carsten Meyer hatte sie grausam getötet. Wie ein Raubtier ist er über sie hergefallen. Davor hatte sie Angst gehabt. Das genau das passieren würde. Wenn dieses Buch wirklich Realität werden würde, wäre sie in gut 12 Stunden tot.

Das kann doch nicht wahr sein. Das kann doch alles nicht wahr sein, schrie eine Stimme in ihren Kopf. Sie sank in sich zusammen und begann zu wimmern. Dann zu heulen. Hemmungslos flossen die Tränen aus ihr heraus, als würde sie jemand auswringen. Sie zitterte unkontrolliert. Irgendwann schaute sie auf ihre Uhr. Eine Stunde war in diesem Zustand vergangen. Es war kurz nach Mitternacht.

Immer wieder ging sie im Kopf das Geschehen durch. Vom Finden des Buches bis zum grausigen Finale mit ihrem Tod. Zuerst mischten sich die verschiedenen Bilder und kamen wild durcheinander in ihren Sinn. Dann fielen die meisten heraus und es blieben nur einige wenige übrig. Gegen Ende sah sie nur ein Bild ganz klar vor Augen. Sich selbst, die sich wie eine blöde Kuh verhielt. Ahnungslos und in der Opferrolle. Carsten Meyer hatte sich sie als Rettungsanker ausgesucht, bzw Betty Draper. Und sie hatte alles kaputt gemacht und seine Illusion zerstört.

Natürlich das war es. Er wollte eine Betty Draper. Das Aussehen und die Ähnlichkeit würde nicht reichen. Sie müsste wie Betty Draper sein. Und sie war schließlich Schauspielerin. Sie hatte noch genug Zeit sich vorzubereiten.

Zuversicht beschlich sie. Der Laptop fuhr hoch und ungeduldig ließ sie ihre Finger über der Tastatur auf und niedergehen, so als würde sie schon auf die Tasten einhämmern. Es war genügend Zeit vorhanden um sich ein genaues Bild von Betty Draper zu verschaffen. Es gab Foren und Fanseiten en masse und bestimmte Schlüsselszenen konnte man sich auf Youtube ansehen. Sie würde sich in Betty Draper verwandeln und morgen ihre Feuerprobe bestehen...

 

Kapitel 15 Verwandlung

Kapitel 15 Verwandlung

 Marion war bereit. Bis in die Morgenstunden ging es nur um Betty Draper. Unzählige Videos wurden geschaut und durch die wirklich gut gemachten Foren rund um die Serie Mad men, besaß sie einen lückenlosen Lebenslauf und ein psyhologisches Profil der Serienfigur. Hervorstechend war ihre Eleganz. Das makellose geschmackvolle Outfit und die typische 60er Jahre Frisur und die Art und Weise wie sie ihre Zigaretten hielt und rauchte gehörte ebenso dazu wie die unverwechselbare Besonderheiten der Bewegungen und Mimik. Der Schlüssel um all das wiederzugeben fand Marion in ihrer Verletzbarkeit. Betty Draper war in gewisser Hinsicht emotional auf der Stufe eines Kindes stehen geblieben. Eine Szene hatte sie als Schlüsselmoment ausgemacht. Betty Draper passte auf den Sohn ihrer Nachbarin  Glen auf. Der himmelt sie an, macht ihr Komplimente und sucht ihre körperliche Nähe.

Sie läßt das zu und schneidet sogar eine Locke ihres Haares ab, als er sie darum bittet. Später in einem verzweifelten Moment trifft sie Glen auf der Straße und weint sich bei ihm aus. Diese Szene hatte Marion besonders berührt. Diese und anders Szenen gaben ihr ein Gespür für Bettys Verletzbarkeit versteckt hinter vollendeter Eleganz.

Jetzt ging es in den Endspurt. Nach vier Stunden überraschend guten Schlaf, warf sie sich in Schale. Sie besaß ein langes Cocktailkleid, das wirklich elegant aussah.  Eine weisse Bluse und eine rot bestickten Strickjacke passten gut dazu. Mit dem Lockenstab verpasste sie sich eine 60er Jahre Frisur. Sie drehte den Kopf im Spiegel und musste schmunzeln. Sie schlüpfte in die Rolle von Betty Draper. Nachdem die Lippen rot  und ein blasser Teint geschminkt waren, überkam sie ein erotisches Kribbeln. Sie griff nach der Zigarettenschachtel auf dem Schminktisch und fischte sich eine Zigarette heraus. Sven war Raucher und Marion hatte eine halbvolle Schachtel in einer Schublade gefunden.

 Sie saß mit übereinander geschlagenen Beinen vor dem Spiegel, ließ den Arm der die Zigarette hielt auf den linken am Körper angewinkelten Arm ruhen und bließ mit mit gelangweilten Blick den Rauch zur Seite. Nun war das Bild perfekt. Sie war zufrieden und blickte auf ihre Armbanduhr. Es war 11 Uhr 30. Zeit nach unten zu gehen.

In dem Lesesessel lag das Buch das ihr Leben in den letzten 24 Stunden so durcheinander gewürfelt hatte.

Sie nahm es in die Hand. Sie stutzte. Merkwürdig, es schien irgendwie verändert. Als wäre es über Nacht gealtert. Sie ließ die Seiten wie bei einem Daumenkino abblättern. Die Seiten fühlten sich rauher an und hatten einen leichten gelben Ton angenommen. Das Cover machte einen abgegriffenen Eindruck als wäre es in der Zwischenzeit durch 100 Hände gegangen. Sie legte das Buch zurück und warf eine Decke darüber.

Nervös lief sie im Zimmer auf und ab, schaute durchs Fenster, ging in die Küche und wieder zurück. Noch einmal warf sie einen Blick in den Spiegel. Die Zigaretten. Sie hatte die Zigaretten oben vergessen. Schnellen Schrittes eilte sie nach oben, packte die Zigarettenschachtel und machte sich auf den Rückweg. Mitten auf der Treppe schellte es an der Tür. Marion erstarrte in der Bewegung. Es war soweit. Jetzt stand alles auf dem Spiel. In der nächsten Stunde könnte sie tot sein. Sie verdrängte den Gedanken, setzte ihren Weg zur Tür fort. Sie sah den Schatten hinter der Gardine. Carsten Meyer. Sie atmete einmal tief durch und stellte sich vor wie sie kurz davor war eine Bühne zu betreten. Dann öffnete sie Tür.

 

 

 

 

Kapitel 16 final destination

Kapitel 16 final destination

 Carsten Meyer stand vor ihr. Sauber, nett und adrett gekleidet. Eine blaue Anzughose und eine gesteppte Jacke die er offen trug. Darunter ein helblaues Hemd. Die Haare waren ordentlich gekämmt und er hatte sein Gesichtsmal mit Camouflage abgedeckt. Er sah aus als hätte er ein Date. Nur das breite Pflaster, mitten auf der Stirn, passte nicht dazu.

Marion versuchte diesen Gesichtsausdruck von Bettys kindlicher Neugier zu imitieren. Sie hatte es vor dem Spiegel immer wieder geprobt und es gut hinbekommen. Sie wartete darauf dass er etwas sagte.

" Guten Tag, entschuldigen sie die Störung. Können Sie sich an mich erinnern. Gestern, im Supermarkt?"

Er ist nicht gut in Übung Frauen anzusprechen, dachte Marion.

" Oh, natürlich " . Pause. Betty Drapers wohlwollendes Lächeln. " Ich muss mich bei Ihnen entschuldigen. Das war so ungeschickt von mir. Ich hoffe es geht ihnen wieder gut?" Carsten Meyer lächelte verlegen. Das kam sehr symphatisch rüber. Lass dich nicht irreführen. Unter dieser netten Verpackung lauert ein Monster.

"Nein, bitte machen Sie sich keine Gedanken. Sie trifft keine Schuld. Die Einkaufswagen sind wirklich in einem schlechten Zustand. Ich werde dass auch nochmal meinem Chef sagen. Solche Wagen darf man den Kunden nicht zumuten." Er machte eine Pause und überlegte wohl wie er die nächsten Worte sagen wollte. " Ich wollte nur das sie wissen das mit mir alles in Ordung ist, und bitte lassen sie sich wegen diesen Unfall nicht davon abhalten weiterhin bei uns einzukaufen." Er ist richtig süss, dachte Marion. Wäre das jetzt eine Szene aus den 60ern, würde er seine Hut verlegen in den Händen herumdrehen. 

" Oh das haben sie nett gesagt. Danke." So jetzt nicht so schnell weiterreden. Wieder dieser musternde Blick von Betty. ok, jetzt weiter. " Darf ich Sie zum Tee einladen, so als kleine Wiedergutmachung." Jetzt das kokette Spiel mit den Lippen. Marion hatte für dieses Detail etwas länger gebraucht.

" Das ist wirklich freundlich von ihnen, aber ich muss wieder weiter" Er wollte tatsächlich wieder gehen. Marion war verdutzt. Was sollte das. Es lief ganz und gar nicht wie im Buch. Dieser besondere Moment. Marion musste nur warten dass er ging und sie hätte es geschafft. Die Buchszene würde nicht in Erfüllung gehen. Aber stattdessen hörte sie sich selbst sagen: " Bitte warten Sie " Was sage ich da?. Er drehte sich zurück.

" Bitte, vielleicht haben sie nur einen Moment, ich würde Ihnen gerne etwas zeigen." Bist du total irre. Hör auf, aber es war schon zu spät. Sein Gesicht ging darauf ein. " Ok, etwas Zeit habe ich schon noch" Jetzt konnte er es kaum erwarten in die Wohnung zu kommen.

Marion liess ihn eintreten und dachte fieberhaft darüber nach was sie ihm eigentlich zeigen wollte. Was war das jetzt gewesen? So etwas in Richtung Final Destination. Man kann seinem Schicksal doch nicht entrinnen? Marion ging vor ihm her. Zum Glück konnte er jetzt nicht ihren Gesichtsausdruck sehen. Sie versuchte noch mit ihren Gedanken dem gerade Geschehenem zu folgen und hatte keine Aufmerksamkeit für die passende Mimik. Sie kamen ins Wohnzimmer. Marion fasste sich wieder. Sie wollte gerade etwas sagen, doch Carsten Meyer kam ihr zuvor. " Aber bitte kein Tee, das ist nicht nötig". Marion hatte sich schon darauf eingestellt in der Küche zu verschwinden um den Tee zu machen und um sich kurz zu sammeln. Diese Zuflucht stürzte jetzt wie ein Kartenhaus ein. Eine längere Pause enstand. Carsten Meyer blickte zu den Büchern und wartete. Verdammt, was soll ich jetzt machen?. Sie kaute an ihren Unterlippen. Natürlich die Zigaretten.

Sie griff in die Seitentasche ihrer Strickjacke und holte die Schachtel hervor. " Einen Moment bitte, ich habe mein Feuerzeug in der Küche gelassen. Das war eine Lüge. Ihr Feuerzeug steckte auch in der Tasche. Aber so bekam sie eine Atempause. 

In der Küche holte sie eine Zigarette aus der Schachtel. Sie bemerkte ihre Anspannung. Die Zigarette zitterte zwischen ihren Fingern. Sie widerstand der Versuchung sie sofort anzuzünden. Das wollte sie direkt vor seinen Augen mit Bettymanier tun. Sie atmete ein paar mal tief mit Bauchfellatmung. Das half und sie ging zu ihm zurück. Carsten Meyer war näher an die Bücher herangegangen und inspizierte einige Buchtitel.

Marion stellte sich in seine Nähe, aber mit gebührendem Abstand. Sie wartete darauf dass er sich umdrehte. Er blickte zu ihr und kam einen Schritt auf sie zu. " Sie haben wirklich viele Bücher "

Bücher waren auch so ziemlich das Einzigste was Marion vorzeigen konnte. Sie könnte ihm ja auch ihr besonderes Buch zeigen. Aber das wäre verrückt. Hey schauen sie mal. Ich habe hier ein besonderes Buch, das wollte ich ihnen zeigen. Es handelt von uns beiden und wie sie mir gleich den Schädel einschlagen. Was für eine absurde Situation.

Sie vollzug die Prozedur des Zigarettenanzündens und bemerkte das interessierte Zuschauen von Carsten Meyer. Es gefiel ihm. Das war schon mal gut. Sie blies geräuschvoll den ersten Rauchschwall schräg aus ihrem Mund. " Ja das ist so eine Manie von mir." Ein angedeutetes schamhaftes Lächeln von Betty, zusammengespielt mit einem Augenverdreher. Carsten Meyer schaute sie irgendwie amüsiert an. Das war so ein wissendes Lächeln. Hatte er sie etwa durchschaut? Würde er gleich auf sie losstürmen?. Es war überhaupt nicht so gelaufen wie im Buch beschrieben. Die Szene an der Tür mit der Verabschiedung. Sie saßen nicht am Tisch und tranken Tee. Eigentlich machte ihr das Mut, aber da war immer noch der Hintergedanke vom Final Destination.

Egal welchen Weg man auch einschlägt, das Schicksal würde am Ende doch gewinnen. Eine Erregung beschlich Marion. Sie spürte das gleich etwas passieren würde.

" Entschuldigen Sie, aber darf ich sie etwas fragen?" War der Moment jetzt da?. Würde er von seinen Gefühlen zu ihr sprechen? Sie hatte sich die entsprechenden Bettyworte dafür zurechtgelegt.

Sie blies erst den Rauch heraus und sagte: "Aber natürlich".

" Kann es sein dass sie Betty Draper spielen. Ich weiß das klingt verrückt, aber sie wirken wie Betty Draper. Sie sehen ihr nicht nur verdammt ähnlich. So ziemlich alles an Ihnen ist wie Betty Draper. Als würde sie direkt aus der Serie gestiegen sein und vor mir stehen. Das ist ziemlich crazy, wissen sie. Ich meine ich bin ein Riesenfan von Betty Draper. Das ist verrückt. Ich sehe sie gestern zum ersten Mal. Kleine Sternchen sind vor meinen Augen rumgeflogen und dann sah ich ihr Gesicht und ich dachte: Was, Betty Draper? Ich meine, ich hatte so eine Art Gehirnerschütterung. Ich hätte sonst was sehen können. Und darum habe ich sie auch die ganze Zeit so angestarrt. Weil ich es gar nicht glauben konnte. Verstehen Sie. Aber sie hatten das Gesicht von Betty Draper. Und heute sehe ich sie wieder. Und was soll ich sagen. Sie verhalten sich auch noch haargenau wie sie." Er lachte und sah sie mit großen Augen an. " Also, warum sind sie der Zwilling von Betty Draper?" kam seine eindringliche Frage.

Damit hatte Marion nicht gerechnet. Was sollte sie nun darauf antworten. Sie zog wie wild an der Zigarette und verschluckte sich. Sie hustete und entschuldigte sich gleichzeitig. Sie brauchte einen Moment um antworten zu können. " Ja, sie haben Recht. Das muss komisch für sie aussehen. Aber sie müssen wissen ich bin Schauspielerin. Und als sie mich gestern Betty nannten, erinnerte ich mich an die Serie. Nun, ich wurde schon des öfteren mal auf die Ähnlickeit zu Betty Draper angesprochen. Und da kam mir die Idee mal in ihre Rolle zu schlüpfen. So zum Training, wissen Sie. Ich mache das manchmal so um in Form zu bleiben und zu sehen wie die Leute darauf reagieren." Marion war gespannt wie er das aufnehmen würde und durchforschte sein Gesicht. Carsten Meyer überlegte und sein Gesicht wurde finsterer. Er steckte seine Hände in die Seitentasche seiner Hose und blickte eine ganze Zeit nach unten. Oh Gott. Dann schaute er sie mit dunklen Augen an. " War es das was sie mir zeigen wollten?. Das sie eine gute Schauspielerin sind". Er machte eine Pause und blickte wieder schwermütig finster nach unten. Was passiert jetzt hier? Was ist mit ihm los?

" Bitte, verstehen sie das nicht falsch. Ich hatte auch den Eindruck dass es ihnen gefällt und.." Weiter kam sie nicht denn sie blickte in ein zorniges Gesicht. Binnen weniger Sekunden verwandelte er sich in das Bild was sie so fürchtete. Seine Stimme klang jetzt furchterregend zornig.

"Ich habe es so satt. Sie haben ja keine Ahnung welches Leid mir Frauen im Laufe meines Lebens zugefügt haben. Ich wurde verspottet und abgewiesen. Man hat auf meinen Gefühlen herumgetreten und mich wie Dreck behandelt. Ich dachte sie wären anders. Als ich sie gestern sah. Da war was Besonderes in ihrem Blick. Ich hatte das Gefühl sie sehen nicht das Mal in meinem Gesicht sondern blicken dahinter und sahen mich als Mensch. Aber ich habe mich wohl geirrt. Sie wollten nur Schauspielen. Mir die Betty Draper vorspielen. Danke schön. Wollen Sie Applaus?." Die letzten Worte schrie er mit hochrotem Kopf heraus. Seine Aufäpfel hatten die Augenhöhle fast verlassen. Er klatschte laut mit den Händen und Marion wollte sich am liebsten die Ohren zuhalten.

Er war jetzt ganz nahe bei ihr. Sie spürte seine Erregung und seine aufgestaute Wut. Marion brach wie ein Häufchen Elend zusammen. Sie fiel in sich zusammen, kraftlos und ohne Widerstand. Sie zitterte und weinte hemmungslos und löste sich auf.

Bitte, tun sie mir nicht weh,bitte,bitte..Sie wiederholte immer wieder diese Worte, brachte sie schluchzend hervor.

Carsten Meyer war wie zu Stein erstarrt und blickte entsetzt auf sie herab. Dann kam er zu sich, holte ein Taschentuch hervor und kniete sich zu ihr nieder.

Psst, ganz ruhig, ich werde ihnen nicht weh tun. Bitte verzeihen sie mir meinen Ausbruch"

Er tupfte ihre Tränen zärtlich hinweg, aber es kamen immer neue hervor. Er setzte sich neben sie auf den Boden und legte ihren Kopf an seine Schultern. Sie ließ es geschehen. War zu nichts mehr fähig. Er fuhr mit der Hand durch ihr Haar. Dann wiegte er sie bis sie sich beruhigt hatte.

" Gehts wieder?" sprach er jetzt sanft und aufmunternd. Sie nahm sein Taschentuch und schnäuzte hinein.

" Ja" brachte sie schwach hervor. Sie lehnte sich an ihn. Sie hatte bei ihm so ein sicheres Gefühl. So ein starkes Gefühl hatte sie noch nie im Leben verspürt. Das war unglaublich. Sie musste eine Frage loswerden.

" Carsten, ich muss sie etwas fragen. Bitte seien sie nicht verwundert, sondern antworten mir bitte ganz ehrlich" Sie überprüfte seinen Blick. " Versprochen "

" Haben sie je in ihrem Leben einen Hund getötet?

Sie sah die Verwunderung in seinen Augen.

" Ich könnte so etwas nie tun. " Lange Zeit schauten sie sich in die Augen und sie sah sein Wesen ganz deutlich. Sie hatte es schon gestern im Supermarkt gesehen. Doch das Buch hatte sie irregeführt. Sie ist von dem Buch verarscht worden. Zorn stieg in ihr hoch. " Was ist mit dir? Carsten bemerkte die Gefühlsveränderung.

" Nichts, alles ist gut. Mir gehts gut. Ich habe dich richtig eingeschätzt. Ich habe es gestern in deinen Augen gesehen. Und jetzt sehe ich es wieder. Du bist ein ganz besonderer Mensch. Ich bin froh dass ich dir begegnet bin." Sie neigte sich zu ihm hinüber. Ihr Mund war jetzt ganz nah an seinem Mund. Wir sollten das nicht tun, würde Betty Draper jetzt sagen. Aber sie war nicht Betty Draper. Zärtlich nahm sie seine Lippen auf und all was sie spürte ließ sie auf seine Lippen übergehen. Er nahm es auf und stöhnte dabei. Er sog es auf bis auf den letzten Tropfen wie bei einer köstlichen Frucht. Er löste sich von ihren warmen Lippen und sah ihr tief in die Augen: " Danke"

 

 

                                        Ende

 

 

 

 

 

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Tag der Veröffentlichung: 10.12.2018

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