Weihnachtsgold
und
Lichterglanz
Ramona Stolle
Ein Adventskalenderbuch
für kleine und große
Leserinnen und Leser
Originalausgabe Dezember 2015
Umschlaggestaltung: Ramona Stolle
Umschlagbild: Pixabay
Bilder: Pixabay
Copyright©RamonaStolle
Es wird weihnachtlich
Dort steht der wunderbare Baum
Er ist der Kinder schönster Traum
Sein Kleid ist purer Lichterglanz
Dort treffen Engel sich zum Tanz
Sie wiegen sich voll Heiterkeit
Auf grünen Zweigen weit und breit
Erzählen sie von jener Nacht
Die uns das Weihnachtsgold gebracht
Endlich war es soweit. Oma zog in das Zimmer neben David ein und genau gegenüber lag Annas Zimmer. Die Geschwister hatten sich lange darauf gefreut, dass Oma nun immer bei ihnen sein konnte. Und jetzt zur allerschönsten Zeit im Jahr, zur Weihnachtszeit, hatte Oma es sich bei Mama und Papa und David und Anna so richtig gemütlich gemacht.
Eines Tages stand Oma im Flur und rief Anna und David zu sich. Sie hielt in jeder Hand eine Tasche.
„Ich war einkaufen Kinder“, schnaufte sie, „bringt doch bitte die Sachen in die Küche.“
David und Anna halfen ihr sofort.
„Du hättest anrufen können“, sagte Anna, „wir wären dir entgegengekommen, dann hättest du nicht so schwer tragen müssen.“
„Ach, Anna“, lächelte Oma, zog ihren Mantel aus und hing ihn an die Garderobe, „ich komme mit den neumodischen Sachen nicht zurecht. Mein Handy liegt irgendwo in meinem Zimmer.“
„Oma“, mischte sich David ein, „ich erklär dir das mit dem Telefonieren nochmal. Es ist doch toll, dass es solche Sachen wie Handys gibt. Nutze es doch!“
„Du hast Recht“, nickte Oma ihm zu, „das machen wir aber später. Nun kommt erstmal mit in mein Zimmer. Ich hab euch etwas mitgebracht.“
Omas Taschen lagen auf dem Küchentisch und sie ließ alles, was sie bis eben ausgepackt hatte, einfach liegen. Sie griff nur nach diesem einen wichtigen Ding, das sie den Kindern zeigen wollte.
„Der ist für euch“, sagte sie ganz ruhig und geheimnisvoll. David und Anna sahen sich fragend an. Ein Adventskalender! Ein Adventskalender? Einer für Zwei?
Oma ging fröhlich mit dem Adventskalender in der Hand aus der Küche. Die Tür zu ihrem Zimmer quietschte leise, als sie sie öffnete. Oma trat ein und die Kinder folgten ihr. Das Zimmer war weihnachtlich geschmückt. Anna hatte goldene Sterne aus Stanniolpapier gebastelt, die jetzt an der Fensterscheibe klebten. David hatte in der Schule Kerzen selbst gegossen. Eine dicke rote Kerze hatte er Mama geschenkt, eine kleine silberne Kerze hatte er auf seinem Nachttisch stehen. Die schönste Kerze aber, die große silberne Kerze mit den goldenen Sternen, die hatte er Oma geschenkt. Sie stand mitten auf dem Tisch und Oma hatte feine Tannenzweige um sie herumgelegt.
„Setzt euch zu mir“, sprach Oma und David und Anna setzten sich auf die kleine gemütliche Couch mit den vielen Kissen. Oma saß in ihrem Schaukelstuhl und wippte sehr zufrieden vor und zurück. Erwartungsvoll sahen die Kinder sie an.
„Ihr wundert euch, weil es nur ein einziger Adventskalender ist“, hauchte sie sehr leise, aber die Kinder verstanden jedes Wort. „Da ist auch keine Schokolade drin und keine Figuren oder Parfum oder so ein Zeugs.“
„Ich finde ihn schön“, unterbrach Anna sie, „es ist ein Winterwald mit überall Glitzer drauf!“
„Ja, es ist ein sehr hübsches Bild“, kicherte Oma, „aber es ist noch viel, viel mehr. Hier sind Geschichten drin! Geschichten, die euch vom Geist der Weihnacht erzählen.“
„Hinter jeder Tür steht eine Geschichte“, staunte David, „obwohl die Türen so klein sind.“
„Das ist vielleicht mit Zwergenschrift geschrieben“, warf Anna ein.
„Nein“, lachte Oma, „es sind Bilder darin, aber wenn das Weihnachtsgold wie Staub hernieder rieselt, dann werden sie lebendig und erzählen euch Geschichten.“
„Weihnachtsgold?“ Es waren magische Zeiten angebrochen, seit Oma eingezogen war, das spürten Anna und David genau.
„Weihnachtsgold pusten die Weihnachtsengel vom Himmel herab. So hüllen sie die Welt in den Zauber der Weihnacht ein. Die, die fest an den Weihnachtsmann und seine himmlischen Helfer glauben, die werden auch vom Weihnachtsgold umhüllt und können bestimmt ein kleines Wunder erleben.“
„Und du wirst uns die Geschichten erzählen?“, fragte David und klatschte vor Freude in die Hände.
„Ich mag Gedichte!“, rief Anna dazwischen. „Gedichte sind doch auch Geschichten.“
Oma betrachtete liebevoll den Adventskalender, dann sah sie ihre Enkelkinder an. Beide hatten vor lauter Aufregung glasige Augen und rote Wangen bekommen. Ein bisschen unheimlich war ihnen zumute, aber auch ganz herrlich weihnachtlich.
„Ja“, flüsterte Oma, „wenn ihr das wollt, dann erzähle ich euch jeden Tag eine Geschichte oder ein Gedicht bis zum Heiligen Abend.“
Da flimmerte Weihnachtsgold durchs Zimmer und legte sich sanft nieder.
David und Anna waren sehr glücklich. Es war einfach wundervoll, dass Oma bei ihnen war.
„Ja, Oma“, riefen sie, „ wir wollen jeden Tag eine Geschichte oder ein Gedicht hören!“
Ganz allein und schief und krumm
stand der Tannenbaum herum.
Seine Nadeln hingen schlapp
vom dünnen Geäst herab.
All die schönen großen Tannen
machten sich schon längst von dannen.
Sie verschönten viele Zimmer,
trugen Schmuck und Weihnachtsglimmer.
Nur der kleine Tannenbaum
blieb zurück – man glaubt es kaum.
Niemand holte ihn nach Haus
und schmückte seine Zweige aus.
Leise hörte man ihn klagen:
„Ich werde nie ein Kerzlein tragen.“
Doch hatte er in dieser Nacht
nicht an die Spatzenschar gedacht.
Die kleinen Vögel trugen heiter
die frohe Kunde immer weiter.
Sie luden alle Tiere ein
zu Gast beim Tannenbaum zu sein.
Dort schmückten sie die feinen Zweige
und Fritz, die Maus, spielte die Geige.
Dazu sang laut ein Spatzenchor
vom Christkind und dem Himmelstor.
Das Eichhörnchen setzte zum Schluss
noch auf die Spitze eine Nuss.
Das krumme Ding, man glaubt es kaum,
war nun ein echter Weihnachtstraum.
Herbie saß auf einem Ast der großen Birke und putzte sein Gefieder. Gestern war er in einen großen Schneesturm geraten, sodass es keinen trockenen Flecken mehr auf seinem Körper gegeben hatte. Heute war die Nässe zwar verschwunden, aber das wunderschöne braune Spatzenkleid musste wieder in Ordnung gebracht werden. Er hatte einen dicken roten Schal um seinen Hals geschlungen und trug eine karierte Mütze. Während er seine Bauchfedern glatt strich, trällerte er ein Liedchen. Ab und zu pustete er ein paar Schneeflocken bei Seite, damit sie sich nicht wieder auf seine Federn setzten. Das war ein Wintermorgen ganz nach Herbies Geschmack.
„Tu nicht so", piepste eine feine Stimme, „du kannst ja gar nicht singen."
Eine Meise flog zu ihm herüber und setzte sich in einiger Entfernung auf den Birkenast. Feiner Schneestaub rieselte herab.
„Warum denn nicht?", fragte Herbie erstaunt. „Hast du denn keine Ohren mit denen du hören
Verlag: BookRix GmbH & Co. KG
Texte: Ramona Stolle
Bildmaterialien: Pixabay
Tag der Veröffentlichung: 08.12.2015
ISBN: 978-3-7396-2709-0
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