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Seit je her lag dem Mensch daran, in die Zukunft zu sehen. Schon in Zeiten der wilden Urgetiere hätte so mancher Dinosaurier einiges dafür gegeben mit einer Zeitmaschine einen Blick zu riskieren. Hätten sie es gekonnt wäre vermutlich was anderes geschehen.

So hat sich Veronika schon immer gewünscht, sie könnte einfach so, auf den Flugplatz fahren, an den Schalter gehen, einen bestimmten Ort in einem anderen Jahrhundert raus suchen. Dann ein Ticket kaufen, um kurze Zeit später in der Wartehalle mit ein Paar andren darauf zu warten in die Zukunft oder in die Vergangenheit zu fliegen.

Zukunftsräume einer 13-jährigen. Sie wählte in der Schule extra eine „AG“ dafür aus. „EXPERIMENTA `2030“ - wurde von ihrem Lieblingslehrer, Herrn Dr. Simmersfeld geleitet. Er hatte Nerven wie „breite Nudeln“ und einen Gang wie „Schmidtchen Schleicher“. Sein Wissen glich einem Hochrechner im Pentagon und das Beste, er war Single, noch zu haben. Sein lächeln strahlt Güte und Wärme aus, er ist ein Mann des Vertrauens. Es gab nichts, wirklich gar nichts was man ihm nicht hätte anvertrauen können und so wendete sich Veronika vertrauensvoll an ihren heimlichen Schwarm.

Sie erzählte ihm, von ihren Vorstellungen eine Zeitmaschine zu erfinden. Sofort - so redete sie sich ein, wolle sie beginnen, aber dieses Mal sollte es ganz was anderes werden. Anders als einst schon ihre Pioniere aus den Büchern, vor ihr die Dinge gestalteten, sollte es werden!

Sie erzählte, wie sie es sich vorstellte, dass es eine Art Fahrrad sein sollte. Aber ihr Lehrer blockte sofort ab, ein Wink mit der Hand und all ihre Freuden waren dahin. An diesem Tag ging sie mit schwerem Herzen zu Bett, las noch eine kleine Passage in ihrem Buch „Wissenschaften von gestern und heute“, betrachtete die Bilder der vorsintflutlichten Träume ihrer Vorfahren und schlief dann mit dem Buch auf dem Kopf ein. Etwa eine halbe Stunde später, nahm ihre Mutter Liz, ihr das Buch wieder ab.

Betrachtete die aufgeschlagene Seite, schüttelte den Roten Lockenschopf, legte ein Lesezeichen ein und schlug das Buch leise zu. Vorsichtig strich sie Vroni (so durften sie nur ihre Eltern nennen) über Ihr kupferrotes, seidig, glänzendes Haar und drückte auf den Schalter der Nachttischlampe. Der Lichtkegel aus dem Flur wies ihr den Weg nach draußen und während sie die Türe schloss, hörte sie wie Vroni schon wieder in ihre Traumwelt abgetaucht zu fantasieren begann.

Leise brummend, erzählte sie von ihrem Fahrrad, dass vorne ein überdimensional großes Rad haben würde. Man vorwärts trippeln musste, aber nach hinten fuhr. Liz musste unwillkürlich lächeln, meine Tochter brabbelte sie vor sich hin, wie sollte es auch anders sein?

6.15 Uhr der Wecker reist Veronika aus ihrer Fantasie und noch ganz benommen reibt sie sich die Augen. Der Traum der Nacht macht sich bemerkbar, erschrocken fährt sie aus ihrem Kissen hoch und blickt sich im Zimmer um. Ihre Mutti ruft sie schon zum x-ten Mal und Veronika kapiert noch immer nicht, wo sie ist und was heute eigentlich so anders ist als sonst?

Als Liz dann im Zimmer ihrer Tochter steht, um nachzusehen warum ihre kleine heute nicht in die Puschen kommt, stellt sie fest, das diese sehr verdutzt in ihrem Bett sitzt und wie ins Nichts vor sich hinstarrt. „Was ist denn bloß los mit dir, bist du krank, warum kommst du nicht, wenn ich dich rufe“? Veronika starrt ihre Mutter an und weis noch immer nicht was sie sagen soll, außer:

„Wo - ist mein „PERPEDOUM PEDALIUM“?

Es ist weg Mutti, einfach weg. Mit traurigem Unterton, jemand hat es geklaut! Sie sprang dabei aus dem Bett und kniete sich auf den Boden, um unter genau diesem zu suchen. Nichts, Mutti - hast du es gesehen? War jemand hier und hat es mitgenommen?

Verzweifelt sieht sie ihre Mutter Liz fragend an, nein meine Süße, was meinst du denn und was zum Geier ist denn ein „PERPEDOUM PEDALIUM“?

Fragen über Fragen, an diesem schönen Mittwochmorgen. Vroni greift nach ihrer Jeans und huscht hinein, dann zerrt sie ein frisches T-Shirt mit der Aufschrift,
KERNKRAFT NEIN DANKE<<
>>IN GEDENKEN ALLER OPFER
VON REAKTORUNFÄLLEN<<



aus dem Schrank, streift es über ihr kleines Köpfchen, reist den Pferdeschwanz durch den Halsausschnitt das man meinen könnte sie wolle ihn gleich abreisen und krallt sich ihre Turnschuhe. Im vorbei huschen drückt sie Liz gegen den Türrahmen und sagt: „keine Zeit Mutti, ich hab dafür jetzt echt keine Zeit – muss sofort los“!

Polternd, hüpfend und laut flitzt sie die Treppe hinunter. Auf der letzten Stufe sitzend, rein in die Socken und Schuhe und ab durch die Tür. Es vergeht keine halbe Minute da klingelt sie auch schon wieder Sturm, wie ein verwirrter Professor stand sie so vor der Tür.

Liz öffnete Kopfschüttelnd um ihr den Hausschlüssel und die Schultasche zu reichen. „Mann, oh Mann, oh Mann“, sagte Liz, „was bist du nur für ein Schussel – irgendwann vergisst du noch deinen Kopf, sei froh dass er angewachsen ist, sonst würde er jeden Morgen allein zur Schule rollen müssen“.

Beide lächelten auf verschiedene weise, die eine hitzig mit gerümpfter Nase und die andere hetzend mit hochgezogenen Augenbrauen und in Falten gelegter Stirn. „Was würde ich ohne dich bloß machen“ sagt Vroni „wie gut, das ich dich hab“. Sie drückt ihrer Mutti noch einen schnellen Knutscher auf die Wange, wünscht einen guten Tag und rennt zur Schule.

Rein in den Raum, in dem das verflixte „PERPEDOUM PEDALIUM“ stehen müsste, aber auch da steht natürlich nichts, außer ihrem Schwarm - Herrn Dr. Simmersfeld.

Keuchend und puderrot steht Veronika nun so vor ihm, der Hals trocken, die Hände sowie das Gesicht schweißnass, T-Shirt morgens um 7 durchgeschwitzt als wäre sie einen Marathon gelaufen.

Guten Morgen Veronika, begrüßt sie der Lehrer, was`n los? Du bist ja fix & fertig! Er geht ans Waschbecken, füllt ein Glas aus seinem Laborschrank mit frischem Wasser und reicht es ihr. Langsam wird ihr Atem ruhiger und sie trinkt in kleinen Zügen ein Paar schlucke Wasser.

Dann erzählt sie ihm vom „PERPEDOUM PEDALIUM“ und dass es jemand gestohlen hat. Dr. Simmersfeld widmete seine ganze Aufmerksamkeit der Schülerin und horchte angestrengt und mit nervösem Blick seiner besten Forscherin zu. Dann verschränkt er seine Arme und beginnt im Raum auf und ab zu gehen. Veronika hat die Erklärung nun beendet, stellt sich so vor ihm auf, das er nicht weiter in seinem Takt gehen kann. Er bleibt also stehen und sagt:

Nein Veronika, also Diebe, Diebe hat es hier keine. Ein „PERPEDOUM PEDALIUM“, habe ich auch noch nicht gesehen und ich bin mir auch nicht sicher ob es ein solches „Ding“ überhaupt gibt. Ich habe jedenfalls noch nie eines gesehen. Kann mir nicht einmal vorstellen, dass es in Fahrt kommt und schon überhaupt nicht, dass damit eine Fahrt in eine Zukunft gelingen soll. Dem nach müssten wir es vielleicht erfinden und es bauen, zeichne einen Plan wie du dir das Ding vorstellst!

Den Rest des Tages war mit Veronika nicht wirklich etwas anzufangen, sie saß in ihrer Schulbank, war nicht anwesend und befand sich in einem Zustand den man nur mit „Trunkenheit am Steuer“, vergleichen konnte. Egal welches Fach, oder welchen Lehrer man heute über Veronika ausgefragt hätte, es wäre das Selbe heraus gekommen. Veronika ist unaufmerksam, zerstreut, lebt in ihrer eigenen Welt!

Es ist kurz vor halb eins und die Schule ist fast zu Ende, eine Viertelstunde noch und es würde der Gong erklingen. Doch Veronika kann nach einem Blick auf die Uhr einfach nicht länger warten, wirft scheppernd ihren Stuhl zu Boden, steht auf, schnappt sich den Schulranzen, lässt erstaunte Schüler, sowie eine Lehrerin zurück und stürmt aus dem Klassenzimmer.

Frau Frings ruft ihr noch nach, wollte klären was denn das nun wieder sollte? Aber Veronika war schon ums Eck, hörte nicht, wie ihre Lehrerin ihr nachgerufen hatte.

Gedanken tobten wie Purzelbäume durch ihren Kopf, die Zeichnung die sie in den Pausen angefertigt hatte wollte in die Tat umgesetzt werden und das „PERPEDOUM PEDALIUM“ rief nach dem ersten Probelauf!

Mit schnellen Schritten und angespannter Miene, huschte sie die Gänge der Schule entlang, rempelte an den verschiedensten Ecken an, rannte fast Herrn Dr. Simmersfeld um, der wie sie auch den Tag über nichts anderes mehr im Kopf hatte, als das - „PERPEDOUM PEDALIUM“. Hubs, machten beide gleichzeitig und jeder wollte dem anderen den Vorrang geben, um in die >Heiligen Hallen

Impressum

Texte: Alle Rechte bleiben bei mir
Tag der Veröffentlichung: 02.04.2011

Alle Rechte vorbehalten

Widmung:
In Gedenken aller Opfer von REAKTOR-UNFÄLLEN Tschernobyl & Fukushima

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