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Markus, der Drachenbezwinger




Und nun, Ihr lieben großen und kleinen Kinder, möchte ich Euch eine Geschichte erzählen, von einem Helden, der im Elfenreich hochberühmt ist, weil er das Land vor einer großen Gefahr gerettet hat und wieder Frieden in das Elfenland gebracht. Ein Lächeln zaubert sein Name auf jedes Gesicht der Elfen und seine Taten sind der Gegenstand eifriger Erzählungen.

Macht es Euch bequem, meine großen und kleinen Zuhörer. Lasst Euch von mir entführen in das Land Eurer Träume und Fantasien. Hier, ich gebe jedem von Euch eine goldene Zauberkugel. Sehr Ihr sie? Hier fangt! Dir eine und Dir eine und ja, Dir da hinten auch eine. Es ist die Zauberkugel Eurer Fantasie. Dadurch wird alles, was ich erzähle farbig und lebendig. Hat jeder von Euch eine Kugel? Wunderbar. Dann fangen wir an:

Markus lebt in einem kleinen Ort in Deutschland. Ihr staunt? Ihr glaubtet, es sei vor langer, langer Zeit geschehen? Irrtum. Aber unterbrecht mich nicht und lass mich weitererzählen. Den Namen von dem Ort weiß ich nicht mehr. Ja, und er lebt dort mit seinen Eltern.

Wenn ihr ihn seht, dann wird er Euch nicht unbedingt auffallen. Markus ist ein netter Junge, höflich und freundlich zu allen und fleißig in der Schule. Die Menschen mögen ihn, aber niemand kennt sein großes Geheimnis. Und Ihr müsst mir versprechen, dass Ihr es niemandem weitersagt, wenn ich es Euch jetzt verrate.

Markus hat nämlich Freunde im Elfenland. Und immer, wenn diese Hilfe brauchen, schlüpft Markus in seine Silberkleidung, mit der er in kürzester Zeit im Elfenland sein kann um dort seinen Freunden zu helfen.

Nun werdet Ihr sicher verstehen, dass seine Mama ganz furchtbar Angst hätte, wenn sie wüsste, welche Abenteuer und Heldentaten Markus im Elfenland bestehen muss. Sicherlich würde sie ihm verbieten dort hin zu gehen, weil sie zu viel Angst um sein Leben hätte. Markus kann ihr auch nicht sagen, dass er in Wirklichkeit furchtbar stark ist. Dann bekäme sie ja einen noch größeren Schrecken.

Und Markus braucht eine Brille. Aber seine Mama weiß ja nicht, dass der gefährliche Ritter Klabauter dem Markus gelehrt hat, wie er viele andere Fähigkeiten so nutzen kann, dass er, auch ohne etwas richtig zu sehen, trotzdem richtig reagieren kann. Das ist schon ein großer Vorteil, denn es war ihm doch einige Male passiert, als er mit einem Bösewicht kämpfen musste, dass ihm die Brille von der Nase gefallen ist. Und da wurde das Kämpfen oft sehr schwierig und gefährlich, wie Ihr Euch sicher vorstellen könnt. Aber jetzt übt er oft mit verbundenen Augen und kann viele Dinge sogar Nachts im Dunkeln schon viel besser erkennen, als andere Leute dies überhaupt bei Tage können.

Damals, als Markus die Tochter des Elfenkönigs gerettet hatte, haben ihm die Elfen zum Danke einen Silberanzug gewebt. Er ist aus ganz feinem Elfenmaterial. Wenn man ihn zusammenfaltet, dann passt er leicht in jede Hosentasche. Ja, sogar in eine Streichholzschachtel. Aber, wenn er ihn auseinanderfaltet, dann kann er ihn anziehen und er passt ihm ganz genau. Und dieser Anzug macht ihn unverwundbar. Ja, so feine Sachen können die Elfen im Elfenland machen.

Die Elfen kommen meistens Nachts, wenn sie seine Hilfe brauchen und meistens ist es Uiee, die Elfenbotin, die ihn holt. Die bindet ihm dann eine Glocke an den Zeh und läutet daran so lange, bis er aufwacht. Markus braucht die Glocke, damit er ins Elfenland reisen kann – und damit er überhaupt aufwacht.

Eines Nachts nun klingelte es an seinem großen Zeh Sturm! Markus war ziemlich müde gewesen. Er hatte an dem Tag viel mit seinem Papa gespielt. Es war lustig, wenn er daran dachte, dass er dabei nicht zu stark sein durfte, damit sein Papa nicht erschrickt und denkt er wäre ein Monster. Und so hat er Papa viel gewinnen lassen. Aber müde war er doch geworden.

Ja, und so schlief er ziemlich fest, als es klingelte und er wurde auch nicht gleich wach. Das ist natürlich nicht so gut für einen Helden. Schließlicht erwartet man doch eigentlich, dass er immer für Heldentaten und zum Schutze der Schwachen bereit sein sollte. Nun, Markus brauchte in dieser Nacht länger um wach zu werden und eigentlich hätte er lieber weitergeschlafen und wäre gerne erst am nächsten Morgen ein Held gewesen. - Aber da kam er bei Uiee schlecht an, denn die war es nämlich, die da wie wild an seinem Zeh klingelte.

„Ja, ja. Ist ja schon gut. Was gibt es denn?“ murmelte er verschlafen. Eigentlich war er sonst sehr viel freundlicher zu den Elfen, denn er hatte sie wirklich sehr gerne und Aiee, die Königstochter war seine kleine Freundin geworden.

„Markus! Markus! Du musst rasch kommen und uns helfen. Ein riesiger Drache fliegt über unser Land und zerstört es und unsere Ritter kommen gegen ihn nicht an. Er vernichtet sie mit seinem Feuer oder mit seinem riesigen Schwanz. Und jetzt hat das Volk Aiee geraubt und will sie dem Drachen opfern, weil sie hoffen, dass er dann das Land verschont. Komm rasch!“

Na, was meint Ihr, wie schnell Markus munter war? Seine Aiee in Gefahr! Zack, war er aus dem Bett. Aber dann brauchte er doch eine Weile, ehe er seinen Silberanzug gefunden hatte. Er nahm sich vor jetzt endlich doch mal etwas ordentlicher zu werden und die Sachen immer wieder an den gleichen Platz zu räumen. Der Silberanzug war ja so klein, dass man ihn schwer finden konnte, wenn man nicht mehr wusste, wo man ihn hingelegt hatte. Und ein Held, der zu spät kommt, weil er seinen Heldenanzug nicht findet, ist ja nun wirklich nicht toll.

Schließlich fand er ihn in der Tasche seiner Hose, die er bereits zum Waschen weggelegt hatte. Und wer ihn jetzt hätte beobachten können, nun, der hätte ganz schön gestaunt, wie er das winzige Stück Stoff immer mehr auseinanderfaltete und dann anzog. Und anschließend kam wieder die Glocke über den Zeh, denn ohne Glocke konnte er nicht fliegen. Uiee streute etwas Elfenstaub über Zeh und Glocke, und ab ging es in Elfenland. Ins Elfenland kommt man schnell, wenn man den Zugang kennt und Glocke und Elfenstaub besitzt. Sonst kann man ein ganzes Leben lang suchen und wird es nicht finden.

In Nullkommaplötzlich war Markus deshalb auf dem Ankunftsplatz in der Nähe des Schlosses. Asha, sein Reittier, ein wunderschönes Einhorn, wartete bereits auf ihn. Sie begrüßten sich freudig. Er schwang sich auf seinen Rücken und ab ging es mit Sturmgeschwindigkeit zum Schloss.

Was meint ihr, was das für die Bevölkerung für eine Freude war, als sie Markus, ihren Helden, angeritten kommen sahen. Schnell wurde das Burgtor geöffnet und der König sprang so schnell von seinem Thron auf, um Markus zu begrüßen, dass er auf seine lange Robe trat und auf die Nase fiel.

Werdet Ihr wohl still sein!? Man darf nicht lachen, wenn ein König fällt. Außerdem stand er gleich wieder auf und konnte Markus gerade noch rechtzeitig begrüßen und sie umarmten sich freudig.

Nun müsst ihr nicht denken, dass man so einfach einen König umarmen darf. Auch nicht im Elfenland. Aber Markus hatte schon so viele Heldentaten begangen, dass die Beiden gute freunde geworden waren. Der König hätte es gerne gesehen, wenn Markus sein Schwiegersohn geworden wäre. Doch dafür fand sich Markus nun doch noch ein wenig zu jung. Und außerdem war er kein Elf und konnte nicht dauernd im Elfenland leben.

Der König erzählte ihn nun die ganze Geschichte. Markus wurde zornig. „Wie konntest du erlauben, dass man Aiee opfert?“

„Markus, was sollte ich tun?“ fragte der König händeringend. „Ein König muss Opfer bringen für sein Volk. Und wir wissen doch aus der Geschichte, dass man in solchen Fällen eine Jungfrau, zuallererst die Königstochter, opfern muss. Aiee hat das auch so gesehen.“

„Von wegen opfern! Ich hole Aiee zurück und wehe dem, der sich mir in den Weg stellt!“ rief Markus wutentbrannt. „Los, bringt mir meine Rüstung und meine Waffen und meinen Reisebeutel.“

Was meint ihr, wie die kleinen Elfen sprangen?! Blitzschnell hatte Markus seine Sachen. Das war die Rüstung aus feinstem Elfenstahl. Ganz in Silber und ganz leicht. Dann sein Schwert. Ebenfalls aus Elfenstahl, wie auch sein Schild. Und dann nahm er auch immer noch seinen Beutel mit, in dem er die verschiedensten Dinge aufbewahrte, die er vielleicht auf seinen Reisen gebrauchen konnte. Er war aus Elfenstoff und eigentlich sah er fast leer aus, weil alle Dinge, die er mit nahm, in dem Sack ganz klein und leicht wurden und erst wieder groß, wenn er sie herausholte.

Ruckzuck hatte er sich die Rüstung angezogen und schon sprang er aus dem Schloss. Mit einem Satz war er auf Aishas Rücken und das Einhorn wusste sofort wohin es geht und galoppierte in rasendem Tempo los.

Aber es sah schlimm aus. Wahrscheinlich würde er zu spät kommen. In der Ferne sah er eine große Staubwolke. Dort tobte wahrscheinlich die Schlacht mit dem Drachen. Hoffentlich war Aiee nichts passiert. - Überhaupt, was für eine verrückte Idee! Als würde ein Drachen durch solch eine kleine Elfin satt werden.

Ja, als er näher kam, vernahm er ein großes Fauchen, Schwerterklirren und die Schmerzensschreie der Elfenmänner. Anscheinend war dem Drachen das Opfer nicht ausreichend gewesen. In Markus stiegen Angst und Wut hoch. Warum hatte man ihn nicht früher geholt? Ach so, er war ja nicht wach geworden und man konnte auch nicht zu jeder Zeit vom Elfenland zu den Menschen und umgekehrt. Hoffentlich konnte er Aiee noch retten. Er versuchte erst gar nicht sich vorzustellen, dass er zu spät kommen könnte. Es gab für ihn nur den einen Gedanken: Aiee retten!

Markus kam nun an den Rand einer Schlucht. In der Schlucht konnte er einen riesigen Drachen erkennen, der wie mit silbernen und goldenen Schuppen bedeckt war, die im Sonnenlicht glitzerten und leuchteten. Viele Ritter und Pferde lage verstreut in einiger Entfernung um ihn. Markus konnte miterleben, wie der Drache mit seinem Schwanz einige Ritter, die ihn angreifen wollten, zur Seite fegte, so dass sie meterweit flogen. Aus seinem riesigen Maul schickte er ihnen eine mächtige Feuerwolke nach.

Nun wendete der Drache sein Haupt Aiee zu, die an die Felswand gekettet war. Ja, es war tatsächlich Aiee. Und jetzt begann der Drache auf Aiee zuzukriechen.

„Nein!“ schrie Markus, so laut er konnte und jagte mit Asha den Abhang hinunter in die Schlucht. „Nicht!“

Der Drache drehte sich unwillig nach ihm um. Markus jagte, so schnelle r konnte, am Drachen vorbei zu Aiee. Noch während er vom Einhorn sprang hatte er bereits sein Elfenschwert gezogen, mit dem er stärksten Stahl durchtrennen konnte. Einige kurze schnelle Hiebe und Aiee war frei und fiel ihm um den Hals. Ihr wisst ja, dass Elfen nicht sehr groß sind und so war Markus dort, obwohl er ja noch ein Kind war, ziemlich groß.

Aber Markus musste sich um den Drachen kümmern und löste sich deshalb schnell aus der Umarmung. <Hob sie auf und setzte sie auf Asha und befahl seinem Einhorn, schnellstens aus der Nähe des Drachen mit Aiee zu verschwinden, damit die Beiden nicht verbrannt würden. Dann drehte er sich um, um sich dem Drachen zum Kampfe zu stellen! - Aber da sah er etwas!

Ihr müsst wissen, dass Markus auch sehr schön zeichnen kann und Maler sehen viele Dinge, die andere Menschen leicht übersehen. Dazu kommt ja noch, wie ihr wisst, sein Training beim Ritter Klabauter.

Markus merkte jedenfalls gleich, dass da etwas nicht stimmte. Er sah die Augen des Drachen. Sie waren wunderschön und blickten ganz weich und traurig. Nein, Markus wusste, dass er diesen schönen Drachen nicht töten konnte.

„Wie schön du bist!“ entfuhr es Markus unwillkürlich. „Wie kann ein so schönes Wesen, so viel Unheil anrichten? Warte! Ich will dich zeichnen.“

Markus steckte unbesorgt sein Schwert in die Scheide und zog aus seinem Reisebeutel sein Zeichenset, das er immer bei sich führte. Irgendwie spürte er, dass er vor dem Drachen keine Angst zu haben brauchte.

Der Drache war nicht näher gekommen, sondern ebenfalls stehen geblieben. Und jetzt begann ihn Markus zu zeichnen. Er strengte sich besonders an den Kopf und die Schönheit der Augen wiederzugeben.

Und während er zeichnete, hörte er plötzlich eine wunderschöne zarte, weiche, singende Stimme: „Aber ich bin doch gar nicht schrecklich. Ich bin ein Glücksdrache.“

Markus war erstaunt: „Warum verbreitest du dann Angst und Schrecken im Land? Zerstörst alles und tötest die Elfen?“

„Das tue ich doch gar nicht.“ hörte er wieder die schöne Stimme. „Aber die Elfen werden immer menschenähnlicher. Und wenn ich über das Land fliege, dann bekommen sie Angst, anstatt sich zu freuen, und wollen mich töten. Natürlich wehre ich mich und wenn Feuer aus meinem Mund kommt, dann kann natürlich auch mal etwas anbrennen. Und wenn die Ritter angreifen, dann wehre ich mich mit meinem Schwanz. Getötet habe ich bisher noch keinen, deshalb kommen aber viele wieder, wenn sie zu sich gekommen sind und greifen mich wieder neu an. Muss ich mich da nicht wehren? Wo würde das Glück der Elfen bleiben, wenn diese die Glücksdrachen töten?“

Inzwischen war Markus mit dem Bild fertig geworden und hörte versonnen zu.

„Bist du fertig?“ fragte der Drache. „Lass mal sehen.“ Er war jetzt näher zu Markus gekommen. Markus zeigte ihm die Zeichnung. Und der Drache betrachtete diese versonnen. „Holla. Das hast du aber gut gemacht. Bin ich tatsächlich so schön?“

„Noch viel schöner.“ erwiderte Markus. „Komm, lass mich auf deinen Rücken.“ bat er den Drachen. „Dann fliegen wir zurück zu König und ich sage dem ganzen Volk, dass du ein Glücksdrache bist und wir ab heute Freunde sind.“

„Das willst du wirklich für mich tun?“ fragte der Drache und vor Freude rollten zwei Tränen aus seinen schönen Augen.

„Aber natürlich.“ Erwiderte Markus. Dann winkte er Aiee und Asha, dass ie kommen sollten, hob Aiee auf den Rücken des Drachen und bat Asha allein zurück zum Schloss zu galoppieren.

„Warte.“ sagte der Drache. „Nimm noch die beiden Tränen mit, die ich vor Glück vergossen habe. Es sind Drachentränen. Die bringen Glück.“

Natürlich hob sie Markus auf und bedankte sich. Eine schenkte er gleich Aiee und später die andere Uiee. Er wusste, er würde sie zu Hause bei seiner Unordnung, doch gleich wieder verlieren und das wäre ja schade. Und er hatte ja sehr viel Glück schon mit seiner Mama und seinem Papa.

Nun flogen sie zum Schloss, während die ersten Ritter sich mühsam von den Schlägen des Drachen erholten und erhoben. Unter ihnen galoppierte Asha. Und so kamen sie zum Schloss. Zuerst hatten die Elfen Angst, als sie den Drachen sagen. Aber die verging schnell, als sie auf dem Drachen ihren Helden Markus zusammen mit der Königstochter Aiee erblickten. Und noch mehr verging die Angst, als sie hörten, dass dies ein Glücksdrache ist und nur ihre eigene Angst das Unglück gebracht hatte. Sie entschuldigten sich beim Drachen und wollten ein Fest feiern. Aber Markus musste sich rasch verabschieden, denn schließlich hatte er am nächsten Tag Schule und wollte wenigstens noch ein wenig schlafen.

Und wenn es Abend sein sollte, wo Ihr meine Geschichte hört, dann wird es auch für Euch Zeit zu schlafen. Gebt mir die Zauberkugeln zurück, oder wenn Ihr noch ein wenig träumen wollt, dann könnt ihr sie noch einige Zeit behalten. Träumt die Welt wunderschön. Wie sie sein kann. Und lasst im Traum die Glücksdrachen ihre Kreise am Himmel ziehen. Gute Nacht.

Impressum

Texte: Ric Gregor W.G. Brack Verlag Courage
Tag der Veröffentlichung: 24.02.2013

Alle Rechte vorbehalten

Widmung:
Allen Menschen gewidmet, die noch träumen können.

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