Rahima stand trotz ihrer Müdigkeit und Kopfschmerzen früh auf und weckte ihre Mutter, sowie ihre beiden jüngeren Geschwister, die allesamt neben ihr auf dem Boden schliefen.
Zum Frühstück gab es wie immer Reis mit Bohnen. Eigentlich konnte Rahima diesen Fraß nicht mehr sehen, aber es war das Einzige was sich ihre Familie von ihrem mickrigen Lohn leisten konnte. Anders kannte sie es auch gar nicht. In den zwölf Jahren die Rahima nun schon lebte, hatte sich nahezu nichts an ihrem Alltag verändert. Im Gegenteil, als ihr Vater an seiner kurzen, aber schweren Krankheit gestorben war, hatte sich ihre ohnehin schwierige Lebenssituation noch verschlechtert.
Nach dem Frühstück schnappte sich Rahima ihren dreijährigen und somit jüngsten Bruder, und band ihn sich gekonnt mit einem großen Tuch auf den Rücken, damit er noch etwas schlafen konnte. Danach machte sich die kleine Familie auf den Weg, um den altersschwachen Lastwagen rechtzeitig zu erwischen, der sie zur nahe gelegenen Kaffeeplantage fuhr. Zusammengepfärcht auf der Ladefläche stehend, erreichten sie die Plantage und stiegen aus.
Rahimas Kopf schmerzte und ihre Knochen schienen zu protestieren, als sie von der Ladefläche sprang und sich bei der provisorischen Anmeldehütte ihren Pflücksack holte. Doch sie hatte keine Wahl, wenn sie nicht arbeiten würde, müsste ihre ganze Familie darunter leiden.
Sie kämpfte sich durch die matschigen Felder um zu dem Bereich zu kommen in welchem sie heute die reifen Kaffeefrüchte pflücken mussten. Schon nach kurzer Zeit bemerkte Rahima, dass ihre Füße brannten. Sie verzog das Gesicht- immer wenn die Flugzeuge über die Plantagen geflogen waren und ihre seltsame Flüssigkeit über die Pflanzen versprüht hatten, fingen ihre rissigen Füße und Hände zu jucken an.
Trotz des erschöpfenden Marsches begannen sie sofort mit ihrer Arbeit, pflückten die roten Früchte von den Ästen und füllten damit ihre Säcke. Nach einer Weile begann Rahimas kleiner Bruder auf ihrem Rücken zu quengeln. Obwohl sie größte Bedenken hatte, den Jungen auf den weichen, mit der chemischen Flüssigkeit durchtränkten, Boden zu setzen, ließ sie ihn widerwillig auf die Erde gleiten.
Irgendwann stimmten die Arbeiter in der Nähe ein bekanntes Volkslied an, in das Rahima und ihre Mutter bald einstiegen. Das war eine der wenigen Freuden, die sie bei der Arbeit hatten. Doch plötzlich verstummte Rahima und hielt sich die Hand an die Nase. Als sie ihre Finger sah, leuchteten diese rot- sie hatte Nasenbluten! Das Mädchen zog das grobe Tuch aus ihrer Tasche und versuchte den Blutfluss damit zu stillen. In letzter Zeit hatte sie auffallend oft starkes Nasenbluten. Doch sie konnte sich nicht allzulange damit aufhalten, schließlich bezahlte man sie nach der Menge der gesammelten Früchte und auch nur dann, wenn sie ein Mindestgewicht gepflückt hatten. Um das zu erreichen, konnte sie sich keine allzulange Pause erlauben. Ihre Mutter fragte sie besorgt nach ihrem Befinden, doch Rahima behauptete, dass alles in Ordnung sei. Sie wusste, dass ihre Mutter sich immer Sorgen um ihre Gesundheit machte. Daher log Rahima oft, wenn es ihr nicht gut ging, da sie ohnehin kein Geld für einen Arztbesuch hatten.
Heute dauerte es ungewöhnlich lange, bis der Blutfluss endlich versiegte. Ohne weiter darüber nachzudenken, konzentrierte sich Rahima wieder auf ihre Arbeit und pflückte fleißig die roten Kaffeefrüchte von den Pflanzen.
Erst spät am Abend brachte die kleine Familie die letzten Säcke zum Wiegen. Rahima hatte es gerade noch geschafft, genügend Früchte für den heutigen Tag zu sammeln. Mit einem erleichterten Lächeln nahm sie die 135 Rupien entgegen (entspricht ca 2,20 ¤ ).
Als sie wieder Zuhause waren, sank die Stimmung plötzlich erheblich, da Rahimas Kopfschmerzen immer heftiger wurden. Ihre Mutter legte ihr einen heißen Lappen auf die Stirn, doch dieser half nicht im geringsten. Sie wand sich vor Schmerzen hin und her und so sehr sie sich auch bemühte, sie konnte ihrer Familie den Anblick ihrer Pein nicht ersparen. Hilfesuchend klammerte sie sich an ihre Mutter und begann zu weinen.
Rahima starb noch in der selben Nacht. Ein Arztbesuch hätte sie vielleicht retten können, doch dafür fehlte der kleinen Familie das nötige Geld.
Ich möchte mit dieser kleinen Geschichte zum Nachdenken anregen und die Leser dazu bewegen, öfter auch mal im Laden zu den 'Fairtrade' Produkten zu greifen.
Hier sind ein paar solcher Marken:
Deutschland und Österreich: TransFair,
in der Schweiz: Max Havelaar.
BanaFair e.V. für Bananen,
Rugmark für Teppiche aus Indien
oder das Flowerlabel vom Flower Label Program e.V
Tag der Veröffentlichung: 01.10.2010
Alle Rechte vorbehalten