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Gewaltige, schwarze Rauchschwaden türmten sich über der Stadt auf. Sirenen hallten durch die nahezu leergefegten Straßen die sich ürplötzlich mit Militärfahrzeugen und Soldaten füllten. Zu dem Rufen von Befehlen, Motorgeräuschen und dem jaulen der Sirenen gesellte sich nun auch das Geräusch rotierender Rotorblätter eines Hubschraubers.

Nathalia rannte eine dunkle Gasse entlang. Ihr sonst so langes, rotes Haar war bis auf wenige Zentimeter vollig verbrannt. Ihre Kleidung war zerfetzt und ihr Körper wies ettliche Brandwunden auf. Sie hielt ihren blutenden linken Oberarm umklammert. Panisch sah sie sich immer wieder um. Die Geräusche schienen immer näher zu kommen.
Sie stolperte über einen losen Pflasterstein und schlug sich zu allem Übel auch noch die Knie auf. Doch so sehr ihr Körper auch schmerzte, sie musste weiter. Sie konnte nicht zulassen, dass die sie wieder an diesen fürchterlichen Ort brachten.
Doch als sie sich wieder aufrichtete fuhr ihr das Entsetzen durch Mark und Bein. Eine Sackgasse! Sie war blind vor Panik in eine Sackgasse gelaufen! War ihre Flucht nun völlig umsonst gewesen? Nathalia sah sich gehetzt um. Was nun? Umkehren konnte sie nicht mehr, das Militär war ihr schon dicht auf den Fersen. Eine Flucht nach Oben war auch nicht möglich! Sie war gefangen.
Da fiel ihr ein Müllcontainer ins Auge. So aussichtsloß das Unterfangen auch sein mochte, es war ihre letzte und einzige Chance! Also eilte sie so schnell sie konnte zu dem Container, packte den Griff und zog den Deckel auf, als ihr plötzlich ein starker Luftstoß von unten entgegen bließ. Nathalia blickte hinab und ihr Herz machte einen Sprung. Es war ein U-Bahn Schacht!
Schnell ließ sie sich auf ihre blutenden Knie nieder und zog mit all ihrer verbliebenen Kraft an dem Gitter. Der Himmel schien ihr gnädig gestimmt zu sein, denn es ließ sich öffnen! Schnell schob sie ihre Beine durch die Öffnung, doch sie fand nirgends Halt und rutschte ab. Gerade noch konnte sie sich mit den Händen am Rand der Öffnung festhalten, doch nahezu im selben Moment krachte das Gitter herab und schlug ihr hart auf die Finger. Die Kraft verließ sie und sie stürzte in die Tiefe!
Nathalia schlug heftig auf den Schienen auf. Alles drehte sich und jeder Zentimeter ihres Körpers brannte vor Schmerzen. Ihr Herz raste wie wild und ihr Kopf pochte schmerzaft. Es schien als würde ihr kein einziger ihrer Muskeln mehr gehorchen wollen und so lag sie einen Moment lang einfach nur da, das einzige dass sich bewegte war ihr Brustkorb der sich viel zu schnell hob und senkte.
Mit aller Kraft versuchte sie sich aufzusetzen, doch sie schaffte es jediglich ihren Kopf etwas anzuheben. In ihren Ohren rauschte es laut und da nahm sie verschwommen etwas wahr: Ein helles Licht- und es kam auf sie zu!
Ihre Kraft verließ sie und ihr Kopf knallte wieder zurück zu Boden. Nun war es also wirklich zu Ende. Der Hauch eines Lächelns umspielte Nathalias Lippen. Doch, es war allemal besser von einer U-Bahn überrollt zu werden, als wieder zurückgebracht zu werden an diesen schrecklichen Ort. Und so hüllte die Schwärze sie endlich ein.

Ein Mann in Uniform betrat das Büro, den Hut unter den Arm geklemmt salutierte er. Der Mann dem der Gruß galt saß an einem Mahagoni-Schreibtisch, gekleidet in eine prunkvolle Uniform. Die Lippen unter dem Schnauzbart hatter er zu einem strengen Strich zusammengepresst und die blauen Augen schauten kalt und eisern drein.
"Erstatten sie mir Bericht Leutnant.", sagte er knapp und drehte sich samt drehbahren Sessels zur Seite richung Fenster wo man nicht allzuweit entfernt schwarze, dicke Rauchwolken aufsteigen sehen konnte.
"Jawohl, General Richter.", der junge Leutnant schien leicht nervös zu sein. "Sektor 1 ist dem Feuer erlegen, Sir! Es konnte allerdings verhindert werden, dass das Feuer auf die umliegenden Bereiche übergreifen konnte."
Der General stützte die Ellbogen auf die Armlehnen und faltete nachdenklich die Hände unter dem Kinn. "Wie viele Tote?", fragte er sachlich. Die Antwort ließ auch nicht lange auf sich warten: "Es sind erstaunlich wenige umgekommen Sir. Ein Wissenschaftler, vier Soldaten und nur zwei der Versuchsobjekte." Der General verzog den Mund ein wenig als er letzteres hörte. "Welche Versuchsobjekte hat es erwischt, Leunant?" Der Leutnant öffnete die Akte die er mitgebracht hatte und warf einen Blick hinein. "Es sind S1-FA-047 und S1-FA-157. Beide weiblich, General." "Das ist ein verlust den wir verkraften können. Sie hatten beide keine besonders mächtigen Fähigkeiten. Ganz im gegensatz du den drei Flüchtlingen.", der Stimme des Generals war eindeutig zu entnehmen wie aufgebracht er über die Flucht der Versuchsobjekte war.
"W-wir waren in der Lage Objekt S1-FA-011 ausfindig zu machen. Es befindet sich bereits wieder in unserem Besitz und wird schon bald wieder von seinen Wunden genesen sein. Leider sind Versuchsobjekt S1-FA-113 und S1-FA-114 noch immer auf freiem Fuß und scheinen unauffindbar, Sir." "Unauffindbar?! Was ist mit den Sendern die wir ihnen in den Oberarm eingeplanzt haben?!" Der Leutnant holte eine kleine Schachtel hervor und öffnete sie. Er trat einen Schrit vor und stellte sie auf den Mahagoni-Tisch, darin befanden sich zwei silberne Plättchen. "Sie haben sich derer entledigt, General."
Nun war es um die Beherrschung des Generals geschehen, er schlug so heftig mit der Faust auf den Tisch, dass der junge Leutnant zusammenzuckte. "Raus!", brüllte der General. "Gehen sie mir aus den Augen und finden sie diese verdammten 'Fallen Angels'!"
Vollig verängstigt von dem Wutausbruch des Generals eilte der Leutnant aus dem Büro.
Der General rieb sich die Schläfen. "Verdammte Biester.", murmelte er. Da klopfte es auch schon wieder an der Tür. Nach forscher Aufforderung betrat ein dünner Mann in weißem Kittel und Brille das Büro. "Ah, Ferdinand.", sagte der General. "Ich hoffe du hast bessere Neuigkeiten." Der etwas wirr aussehende Mann nickte leicht. "Die DNA Forschung an den Versuchsobjekten macht wie immer Fortschritte, auch wenn uns der Durchbruch noch immer nicht gelungen ist.", sagte er. Der General zog eine Augenbraue nach Oben, ein eindeuiges Zeichen dass er nicht sehr beindruckt war. Der Wissenschafter sprach schnell weiter: "Und das Serum für die Hunde ist bereit, mit ihrer Erlaubnis würde ich es gerne an ihnen Testen." Der General nickte zufrieden. "Das solltest du so schnell wie möglich tun. Ich hoffe, dass es wirkt. Es wäre enorm hilfreich für die Suche nach den Flüchtlingen."
Er begann sich wieder die Schläfen zu massieren. "Ferdinand, diese Biester bringen mich noch an den Rande des Wahnsinns. Mit den uns heute gegebenen Mitteln, wie können wir da noch immer nicht im Stande sein ihre Wundergene mit den unseren zu kreuzen?" "Diese Frage habe ich mir auch schon oft gestellt, mein General.", entgegnete der Wissenschafter. "Es ist mir wirklich ein Rätsel. Sie geben ihre Gene nichteinmal an ihren Nachwuchs weiter. Es scheint mir manchmal als seien sie wirklich die Reinkarnationen gefallener Engel, so wie es sich im allgemeinen Volk erzählt wird."
"Sei nicht albern, Ferdinand."

Nathalia öffnete die Augen. Sie sah noch immer ganz verschwommen. Da war eine Gestalt vor ihr, hinter der Silhouete flackerte ein warmes, weiches Licht.
"Wo bin ich?", fragte sie mit kratziger Stimme. "Bin ich Tot?" Die Gestalt legte ihr eine angenehm kühle Hand auf die Stirn.
"Du bist nicht tot, meine Liebe.", sagte die Person. Es war eine Frau. Nathalia stöhnte leicht und schloss für einen Moment die Augen. "Sie hat eine sehr starke Selbstheilung.", ertönte die Stimme eines Mannes etwas weiter weg. "Ja, sie scheint ein besonders mächtiger 'Angel' zu sein." Nathalia öffnete erneut die Augen. Das Bild wurde klarer. Sie war in einem Raum mit groben Steinwänden, dürftig eingerichtet. Das flackernde Licht kam von Kerzen, welche vereinzelt im Raum standen. Und da war die Frau die gesprochen hatte. Sie saß neben dem Bett auf dem sie lag. Sie schien mitte vierzig zu sein, ihr Haar war lockig und rötlich-braun. Sie hatte ein warmes Lächeln aufgesetzt. Etwas weiter hinten stand ein Mann neben der Tür an die Wand gelehnt. Er sah etwas wild aus mit seinem drei Tage Bart.
"Was ist passiert?", fragte Nathalia. Die Frau nahm beruhigend ihre Hand. "Es ist alles in Ordnung, du bist in Sicherheit. Wir haben dich im U-Bahn Schacht gefunden, du hattest das Bewusstsein verloren."
Nathalia fasste sich an den noch leicht schmerzenden Kopf. eine Bandage war darum gewickelt, auch an Armen und Beinen hatte sie welche. "Die können wir schon bald abnehmen.", sagte die Frau. "So schnell wie dein Körper sich selbst heilt." "Ihr wisst was ich bin?" "Kindchen!", sagte die Frau gespielt beleidigt und stämmte die Hände in die Hüften. "Weder bin ich blind noch schwer von Begriff. Ein normaler Mensch wäre schon längst gestorben bei den Verletzungen die du hattest."
Plötzlich setzte sich Nathalia auf und griff nach der Hand der Frau. "Bitte, ich flehe sie an! Bitte bringen sie mich nicht zurück in das Labor!" Sie drückte Nathalia sanft zurück ins Bett. "Wir haben nichts dergleichen vor, glaube mir." "Aber, wer seid ihr?" Die Frau zeigte auf den Mann neben der Tür. "Das ist Ryan, er ist auch ein 'Angel'. Lass dich von seinem Äußeren nicht täuschen. Er sieht zwar ziemlich wild aus, ist aber ein echt netter Kerl, wenn auch manchmal etwas stolz." Sie sah ihn leicht schräg an und er sah genervt zur Seite. "Und ich bin Amelia - ein gewöhnlicher Mensch. Wir gehören zu einer geheimen Rebellen-Vereinigung die sich gegen das Militär stellt und deren Ansicht sie hätten das Recht mit 'Angels' machen zu können was sie wollen."
Nathalia war überwältigt. Niemals hätte sie sich träumen lassen, dass es Personen gab die sich für sie einsetzten, für sie alle. Plötzlich schreckte sie zum zweiten mal hoch. "Keerin!", rief sie panisch. "Was ist los?", fragte Amelia erschrocken. "Keerin! Ich musss ihn suchen! Wir sind zusammen geflohen, aber wir haben uns aus den Augen verloren, ich muss raus und ihn suchen." Sie stand auf und machte einen Schritt in Richting Tür, doch auch wenn ihre Wunden fast verheilt waren, so war ihr Korper noch lange nicht stark genug und ihr knickten die Beine weg. Ryan war augenblicklich zur Stelle und fing sie auf. "Du wirst nirgendwo hingehen!", sagte er bestimmt und half ihr wieder ins Bett. "Da draußen wimmelt es im Moment von Soldaten und du bist noch lange nicht wohlauf."
Nathalia brach in Tränen aus. Keerin. Wie es ihm wohl ging, war er überhaupt davon gekommen?
Auch wenn sie in den Jahren im Labor nicht oft die Gelegenheit gehabt hatten ein paar Worte zu wechseln, so wussten sie doch beide dass sie etwas Starkes verband, fast so als hätten sie sich in einem früherem Leben schon gekannt. Und jetzt war er ganz allein auf sich gestellt oder vielleicht noch schlimmer: Vielleicht war er schon längst wieder zurück im Sektor!

Fortsetzung folgt...

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Tag der Veröffentlichung: 03.08.2010

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