Mein Name ist Leilah, Leilah Thatch ich bin Gefängnispsychologin. Ich habe schon viele Pazienten gehabt und die kuriosesten und traurigsten Geshichten erzählt bekommen, doch eine ganz bestimmte Geschichte werde ich wohl niemals vergessen un diese Geschichte werde ich nun erzählen:
Ich war noch ganz neu im Gefängnis eingestellt und hatte gerade mal drei Pazienten gehabt. Ich traf etwas frühzeitig am Arbeitsplatz ein und so ging ich erstmal in die Personalküche und machte mir einen Kaffe. Meine Kolegin Ayleen kam kurz nach mir auch an. Sie stöhnte und griff zu der Tasse Kaffe die ich ihr anbot. "Ich muss heute wieder zu diesem Vergewaltiger. Urg, glaub mir der Kerl ist echt wiederlich, zieht mich jedesmal förmlich mit deinen Augen aus und wenn er mal was sagt- urg, dass willst du garnicht wissen!" Sie nahm einen großen schluck Kaffe. "Warum sie dem nicht einen männlichen Psychologen zugeteilt haben, dass würde mich mal wirklich interessieren! Zu wem wirst du denn heute überhaupt geschickt?" Ich stellte die Tasse beiseite und kramte die Akte aus meiner Tasche heraus. "Marius Nathan Porter.", las ich den Namen aus der Akte vor. Ayleen verschluckte sich fast. "Ist das nicht dieser ganz neue?! Unglaublich, dass sie dir den zugeteilt haben, als Anfängerin." Da riss sie mir auch schon die Akte aus der Hand und blätterte interessiert durch. "Sieht ja unheimlich gut aus für sein Alter! Warum müssen immer die guten Männer so nen Knacks an der Waffel haben?!" Ich nahm die Akte wieder an mich. "Du solltest soetwas nicht sagen!", sagte ich während ich die Akte wieder verstauute. "Was?! Nach alledem was der Kerl getan hat nimmst du ihn auch noch in Schutz?!" Ich rollte mit den Augen. "Ich meine nur, dass man die Leute nicht beurteilen sollte bevor man sie überhaupt kennt." Ayleen schnaubte belustigt aus. "Das ist Typisch Frischling, glaub mir, du wirst es schon noch selbst rusfinden, dass man manche Menschen sehr wohl beurteilen kann bevor man sie kennt!" Sie trank ihre Tasse aus und verschwand mit einen "Ich muss dann mal" wieder aus der Küche.
Ich sah ihr mit einem Kopfschütteln hinterher. Die Frau redete einfach zu viel.
Ein Blick auf die Uhr und ich sah, dass ich auch los musste. Ich packte meine Aktentasche, trank den letzten Schluck Kaffe und eilte aus der Küche. Auf dem Weg gingen mir Ayleens Worte durch den Kopf. Ja es war in der Tat schrecklich was dieser Mann getan hatte, doch trotzalledem war es schon immer eins meiner Prinzipien gewesen Leute nicht zu verurteilen, auch wenn es einem manchmal schwer fiel.
Ich begrüßte den Wärter der an der Tür stand und ging in den Raum hinein. Ich mochte diese Zimmer nicht. Sie waren so kalt und irgendwie erdrückend, aber ich würde mich schon daran gewöhnen. Der Patient war noch nicht da. Ich setzte mich schonmal auf meinen Platz und bereitete mein iktiergerät Notizblock und die Akte vor.
Da öffnete sich die Tür und ein Wärter kam mit dem Gefangenen hinein. Er sah tatsächlich sehr gut aus für sein Alter. Sein Haar war kurz und dunkelblond, er war groß, schlank und gut gebaut.
Der Wärter brachte ihn zu seinem Platz. Ich nickte ihm kurz zu bevor er sich stumm zur Tür begab und dort auch stehenblieb.
Ich atmete tief durch und setzte mir meine Lesebrille auf. Mit einer Hand öffnete ich die Akte und mit der anderen schaltete ich das Diktiergerät ein.
"Ihr Name ist Marius Nathan Porter, ist das richtig?" Anstelle zu antworten sah er mir nur in die Augen, was mich völlig aus dem Konzept brachte, denn seine Augen waren dunkelgrün und ausergewöhnlich schön.
"Gut, ähm-", versuchte ich den Faden wieder aufzunehmen. "Möchten sie mir nicht ein bischen von sich erzählen?" Doch er schwieg weiterhin. Er senkte nur den Blick und starrte auf die Handschellen an seinen Handgelenken. Ich ließ ihm zeit um zu anworten und wurde immer nervöser. Doch da kam nichts, er saß einfach nur da und starrte auf die Handschellen.
"Wieso haben sie das getan? Was hat sie dazu verannlasst?" Ich hätte mir am liebsten mit der Hand gegen die Stirn geschlagen, soetwas unproffesionelles! Doch diese Fragen waren mir schon die ganze Zeit im Kopf herumgeschwirrt, was ginge wohl im Kopf eines solchen Menschen vor sich?!
Nervös sah ich ihn weiter an. Es schien sich nichts zu tun. Doch da löste sich etwas glitzerndes von seiner Wange und fiel zu Boden. Eine Träne? Weinte er etwa? Ich konnte seine Augen nicht richtig erkennen, da ihm die Haare davorr hingen. Ich schluckte, ich wusste nicht wieso, aber irgendwie tat er mir plötzlich leid.
"Ich-", sagte er mit heiserer Stimme und riss mich aus meinen Gedanken. Er hob den Kopf und sah mir wieder in die Augen. Ja, er hatte geweint und noch immer waren seine grünen, schönen Augen mit Tränen gefüllt.
"Ich habe sie geliebt!", sagte er ehrlich und mir bildete sich plötzlich ein Knoten im Hals, am liebsten hätte ich mitgeweint. "Sie war das wichtigste in meinem Leben, darum."
Ich schluckte schwer und versuchte meine Stimme wieder zu finden. "Fangen- fangen sie doch einfach ganz von vorne an, erzählen sie mir die ganze Geschichte." Doch er schüttelte nur den Kopf und sah wieder zu Boden. "Ich kann nicht."
Ich war sichtlich enttäuscht. Doch dann zog er etwas hervor, dass mir garnicht aufgefallen war, als er hereingebracht worden war, ein Stapel beschriebenes Papier. Er reichte es mir mit seinen gefässelten Händen. Mit fragendem Gesichtsausdruck nahm ich den Stapel an mich.
"Ich habe eine Geschichte geschrieben, die dürfe sie interessieren. Lesen sie sie." Dann wandte er sich an den Wärter. "Ich möchte dann bitte wieder in meine Zelle. Ich war noch völlig verdutzt und sah mit offenem Munde zu wie er aufstand und zur Tür ging.
"Bis zum nächsten Mal, Mister Porter!", sagrte ich ein wenig zaghaft. Er blieb einen Moment stehen und nickte. Dann wurde er hinausgebracht.
Noch völlig irritiert ging ich heim und schaltete den Ferneher ein. Ich ging in die Küche, holte mein Essen aus dem Kühlschrank und stellte es in die Mikrowelle. Total in Gedanken versunken kam mir die Zeit bis die Mikrowelle klingelte wie wenige sekunden vor. Ich nahm mein Essen und setzte mich vor den Ferneher. Irgendwie schien nichts interessantes zu laufen und so schaltete ich ihn nach ungefähr einer viertelstunde sinnlosen herumzappens wieder aus. Ich stellte meinen Teller in die Spülmaschiene und ließ mich wieder auf die Couch fallen. Was tun, was tun, fragte ich mich die ganze Zeit. Da fiel mir meine Aktentasche ins Auge und mir fiel die Geschichte ein, die Geschichte die Marius Thatch geschrieben hatte und mir aufgetragen hatte zu lesen. Also ging ich zu meineer Tasche und zog das Manuskript heraus. Als ich den ersten Blick hinein warf war ich überrascht- der Text war mit hand geschrieben, in der schönsten Handschrift die ich jemals gesehen hatte. Ich setzte mich in meinen bequemen Sessel und begann zu lesen:
'Wo die Liebe Hinnfält' An diesen Spruch, den man ja ständig zu hören bekommt habe ich früher nie geglaubt und darum habe ich mir meine Frau auch mehr wegen ihres aussehens und weniger aus Liebe geheiratet. Und so war diese Ehe ja natürlich auch zum Scheitern verurteilt. Zwei Monate war es nun her, dass wir uns endgültig voneinander getrennt hatten. Sie lebte nun bei ihrem neuen Freund ein paar Städte weiter und ich lebte alleine in unserem Haus.
Da saß ich nun alleine auf einer Bank im Park und beobachtete die Leute die vorbei liefen.
"Marius?", hörte ich eine kaum mehr bekannte Stimme fragend rufen. Ich blickte mich um und sah Steve, einen alten bekannte von mir, den ich schon seit zig Jahren nicht mehr gesehen hatte. Ich begrüßte ihn und er setzte sichh zu mir. "Mein Gott ich hab dich ja ewig nicht mehr gesehen, wie geht es dir denn?", fragte er mich und klopfte mir freundschaftlich auf den Rücken. "Ach ganz gut, danke.", antwortete ich knapp. "Hab gehört du hättest geheiratet? Was treibt deine Frau denn gerade?" Ich schnaubte belustigt aus. "Was sie treibt ist gut, warscheinlich treibt sie es gerade mit ihrem neuen Freund. Die Sache hat nicht sehr lange gehalten." Steve sah etwas verdutzt drein. "Oh, da sind wir schon zwei!" Ich sah ihn fragend an. "Meine Frau hat mich auch erst vor kurzem verlassen."
Ich legte ihm die Hand auf die Schulter. "Du schaffst das schon, Steve! Auch wenn ich es nicht verstehen kann, ich dachte sie wäre die richtige für dich..."
Steve schnaubte verächtlich aus. "Du hättest das Weibsbild mal gegen Ende erleben sollen!" Der Gedanke an seine Frau ließ Steve nur mit dem Kopf schütteln.
"Dieses Weib hat mir alles weggenommen: Mein Geld, mein Haus, mein Auto! Das einzige was sie mir zurückgelassen hat ist-"
"Papa!", rief eine Mädchenstimme. Ich drehte mich um und sah dieses junge Ding auf uns zu kommen. Mir stockte der Atem. Ich konnte meinen Blick nicht von ihr wenden. Der Saum ihrer Röcke wehte im Wind. Ihr langes, schwarzes Haar glänzte wie reinste Seide im Sonnenlicht.
Ich schluckte schwer. Was geschah da gerade mit mir?! Dieses Mädchen strahlte etwas aus, dass mich anzuziehen schien wie das Licht die Motte!
"Das ist sie- alles was mir meine Frau gelassen hat. Meine Tochter: Alice."
Sie blieb bei ihrem Vater stehen. "Alice, das ist Marius! Er ist ein alter Freund von mir." Sie wandte sich um und sah mich von unten herab mit ihren großen, dunkelblauen Augen an. "Hallo!", sagte sie und setzte ein freches Lächeln auf.
Tag der Veröffentlichung: 31.05.2010
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