Thymath - Länder
Thymath - Städte, etc.
Kapitel 11
Kartha war mitten in der Nacht in Trähnen ausgebrochen.
Endlich hatte sie die Kontrolle über ihren Körper wieder. Es war fürchterlich gewesen! Aerim'daé hatte ihren Körper mit seinen Händen zum zittern gebracht, vor Lust und Verlangen, wie es schien, doch in wirklichkeit hatte sie weder das eine, noch das andere verspürt, nur die Angst vor dem Prinzen! Innerlich hatte sie geschrien, geweint und darum gefleht, er möge doch endlich aufhören.
Dann hatte er Kartha in ihre Schlafkammer bringen lassen, wo sie regungslos auf dem Bett liegen geblieben war, wach, ohne Kontrolle über ihren eigenen Körper. Bis sie diese endlich wieder erlangt hatte und mit schmerzenden Muskeln in den lang ersehnten Trähnen ausgebrochen war.
Kartha zuckte erschrocken zusammen, als die Türklinke langsam hinunter gedrückt wurde.
Sie zog das dünne, leinerne Tüch hoch und stellte sich schlafend.
Durch die halb geöffneten Lider sah sie, wie eine dunkle Gestalt das Zimmer betrat und sich leise an Kartha's Bett heran stahl. Sie schloss die Augen ganz, spürrte jedoch deutlich noch die Anwesenheit der Gestalt.
Plötzlich wurde sie von zwei Armen mühelos und sanft empor gehoben. Irgendwoher, so schien es Kartha, kannte sie die Wärme, welche die beiden starken Arme und den festen Körper des Mannes umgab.
Dann wurden ihr zwei warme Finger sachte auf die halb geöffneten Lippen gelegt und eine vertraute Stimme sprach einige Worte in einer fremden Sprache.
Kartha's Herz machte einen Sprung, als sie diese Stimme hörte und sie öffnete die Augen.
Sie sah gerade noch, wie Nor's Körper plötzlich durchsichtig wurde und ganz verschwand, doch sie spürrte noch immer seinen Körper, warm, voller Zärtlichkeit.
Sie öffnete den Mund um etwas zu sagen, als sich eine unsichtbare, warme Hand über ihren Mund legte und sie daran hinderte. Da fiel ihr auf, dass es nicht nur sein Körper war, welchen sie nicht mehr sehen konnte, sondern auch ihr eigener!
Kartha ärgerte sich innerlich, gerade erst hatte sie die Kontrolle über ihren Körper wieder erlangt und schon hatte sie keinen Körper mehr! Dann war sie verblüfft, wie sie auf ihre eigene Unsichtbarkeit reagierte.
Nor zog die Hand zurück und fast in demselben Augenblick spürte Kartha seine Lippen.
Er presste seinen Mund gierig auf den ihren, als sie ihren willig öffnete, nahm er, was ihm dargeboten wurde.
Ihm wurde klar, wo sie waren, er ließ von ihr ab und schritt mit ihr aus dem Zimmer, die Gänge entlang, vorbei an den unzähligen Wachen und hinaus aus der Burg!
Kartha hätte am liebsten vor Freude laut gelacht, als sie die klare Nachtluft in ihren Lungen gespürrt hatte, doch noch waren sie nicht in Sicherheit. Nor trug sie durch Yon'Aeth hindurch tief in den El'derendi hinein, bis an eine kleine Lichtung, auf der ein Pferd an einen Baum angebundnen war.
Nor machte sich und Kartha wieder sichtbar und setzte sie ab, doch nur um sie gegen einen Baum zu drücken und ihren Mund wieder in Besitz zu nehmen. Er beugte sich tiefer und küsste ihren Hals.
Kartha fiel ein, was mit Enor geschehen war, nachdem-.
"Nor, nein!" Sie schob ihn an den Schultern von sich. "Bitte nicht.", fügte sie leise hinzu und sah zu Boden.
Nor ging zu seinem Pferd. Wie hatte so etwas geschehen können? Weshalb hatte er das getahn? Und dann auch noch jetzt, wo dieser Wüstenbewohner ihr doch erst das Herz gebrochen hatte?
Er löste die Leine vom Pferd und saß auf. Dann half er Kartha schweigend in den Sattel.
Fila sah an sich herab. Sie trug ein blutrotes, langes Kleid mit Ellenbogenlangen, seidenen und ebenfalls blutfarbenen Handschuhen.
Gaéndil stand neben ihr, schwanz gekleidet, mit einem roten Umhang. Hinter ihnen standen Dvargen zu hunderten, Zeugen der Trauung, vor ihnen stand ein Priester des Gottes Torn, dem Gott der Dvargen.
Fila hob die Hand, ein für sie gefertigter, silberner Gelenkring zierte ihren Zeigefinger. Sie setzte die messerscharfe Spitze des Ringes dort an, wo sich Gaendils Kehlkopf befand. Ihr Herz begann wild zu schlagen, als sie den Finger langsam hinunter bis zum Schlüsselbein gleiten ließ sodass ein langer Schnitt zurück blieb.
Sie leckte das Blut von der Spitze ihres Ringes. Der Geschmack seines Blutes machte sie unglaublich wild. Sie legte die in rote Seide gehüllten Arme um seinen Nacken und fuhr genüsslich mit der Zunge über den Schnitt, um sein Blut, welches aus der Wunde quoll zu schmecken. Sie hatte die Augen geschlossen um den Geschmack bis aufs letzte auszukosten, jeden Tropfen, welcher ihre Zunge benetzte zu genießen.
Schließlich richtete sie sich wieder auf und sah zu, wie Gaéndil ihre Hand hob und ihr den Handschuh abstriff. Er zog einen Dolch unter seinem Mantel hervor, einen mit Edelsteinen Besetzen Zeremonie-Dolch.
Er küsste zärtlich ihre Fingerspitzen, dann setzte er die Klinge zwischen zeigefinger und Daumen an und schnitt tief bis zum kleinen Finger. Dann hob er die Hand höher und nahm ihr Blut mit Lippen und Zunge auf.
Ein Diener brachte eine silberne Schüssel herbei, gefüllt mit Säuglingsblut. Was nun folgte war ein Zeichen der Treue an den Gott Torn. Fila zog einen ledernen Beutel hervor, daraus kam eine Gläserne Phiole zum Vorschen. Sie öffnete eben diese und ließ den Inhalt langsam in das Blut in der Schüssel hineintröpfeln.
Jeder Tropfen glitzerte wie ein kleiner Diamant. Das Wasser der Göttin war nun entweiht. Fila wusste, das die Göttin gelitten hatte, als sie gesehen hatte, wie der Säugling für diese Entweihung getötet worden war. Und sie hatte es gesehen! Davon war Fila überzeugt, denn sie hatte die Anwesenheit Alajah's deutlich gespürrt, so wie ihr Entsetzen und ihre Trauer.
Sie tauchte zwei Finger in das Blut und strich es über die Lippen Gaéndil's. Dann waren es seine Finger, welche das Säüglingsblut auf eben diese Weise auf ihre Lippen strichen.
Fila legte die Arme um seinen Hals und küsste ihn, kostete das Blut auf seinen Lippen, so unschuldig, rein und das Wasser der Göttin.
Als sie von seinen Lippen abließ und ihm in die Augen sah, war es ihr Ehemann, welcher vor ihr stand.
Schwarz wie die Nacht und schnell wie der Wind, preschte der Wolf durch die Vollmondnacht. Er rannte, weil er es genoss. Allein, zwischen hoch aufragenden Stämmen von mächtigen Bäumen, im silbernen Licht des Mondes.
Der Wind wehte und strich durch die Bäume, entlocke ihnen leise Töne, die von uralten Zeiten berichteten. Kleine Kreaturen, deren Augen in der Nacht leuchteten, zogen sich zurück, um aus dem sicheren Versteck der kraftvollen, schwarzen Gestalt nachzusehen, die den feinen Nebelschleier zerteilte, der über den Waldboden waberte.
Er wusste, dass sie da waren, konnte ihre Anwesenheit riechen, hörte das angstvolle Schlagen ihrer kleinen Herzen.
Er gehörte keinem Rudel an. Sein einziger Begleiter war die Einsamkeit.
Doch selbst die grenzenlose Freiheit und berauschende Geschwindigkeit vermochten die Unruhe nicht zu stillen, die in ihm schwelte. Seine Magie leitete ihn durch die ewigen Weiten des El'derendi's, da war etwas, das ihn antrieb, etwas wichtiges, worauf ihn seine Magie zusteuern ließ. Seit vielen Sonnenläufen schon jagte er dieser unsichtbaren Spur hinterher und doch war er noch nicht dort angelangt, wo es ihn hinzog.
Es schien, als würde es stetig seinen Aufenthaltsort wechseln, vor zwei Sonnenläufen noch war er diesem etwas immer näher gekommen und dann war es des Nachts plötzlich nach Westen gezogen.
Seine goldenen Augen leuchteten, die feine Nase hatte er schnuppernd in die Luft gehalten.
Er stand auf einem Felsen, welcher bis Über die Baumkronen ragte. Dort oben auf dem hochsten Punkt, wo den Mond zum greifen nahe schien, hob er den Kopf und stieß seinen Ruf aus. Den Ruf an den Himmel, an die schwarze Nacht.
Das Echo des Heulens drang durch die Nacht, fragend, nach antworten verlangend.
Doch er bekam keine Antwort. Trotz der Stille wusste er jedoch eines ganz genau:
Sein Schicksal wartete auf ihn!
Erneut warf der einsame Wolf mit den goldenen Augen den Kopf zurück und rief. Jetzt bebte die Erde. Weit hinten am Horizont zuckte ein gleißenter Blitz über den schwarzen umrissen des Waldes auf. In dem Schein, der kurz den Himmel erhellte, nicht länger als ein Herzschlag, war die Antwort zu sehen.
Ein Adler flog nach Nordost, zwischen den beiden Burgen der Elfen, Nu'un Dajaar und Yon'Delondas.
Der Wolf knurrte zufrieden. Plötzlich stieg weißer Rauch auf, blaues Licht erstrahlte. Und der Wolf wurde zum Mann.
Der Anker war ausgeworfen. Cyntha stieg an Deck, sie hatte ein wenig geschlafen. Als sie hinaus ins Freie stieg, stockte ihr der Atem und sie musste sich an der Tür festhalten, dass ihre Knie nicht einknickten. Es war wahnsinn! Was auch immer sie sich vorgestellt hatte, wie die Guasa-Klippen aussehen mögen, das was sie nun zu sehen bekam, übertraf alles!
riesige Klippen ragten rund um den großen See herum in die Höhe, sie waren gigantisch und doch waren sie nicht der eigendliche Grund für Cyntha's Staunen. Tausende, aus seltsamen Material geflochene Behausungen, hingen dort an diesen gewaltigen Klippen, verbunden mit unzähligen hängebrücken, Strickleitern und Planken, über welche hunderte schwarzhaarige Leute schritten.
Cyntha trat an das Geländer der Windsbraut. Der See unter ihnen war kristallklar, selbst viele Längen entfernt konnte man noch den Grund des See's sehen. Etwas entfernt sah Cyntha etwas dunkles im Wasser. Es bewegte sich nicht, es sah auch nicht aus, wie ein Lebewesen, eher wie eine Felslandschaft tief unter dem Wasser.
Sie setzte einen Fuß auf das Hölzerne Gelänter des Schiffes und stieg ganz hinauf, stand aufrecht, ohne Angst zu haben das Gleichgewicht zu verlieren. Sie wollte gerade in das Wasser springen, als sie jemand an der Taille packte und sanft vom Geländer herunter hob.
"Bist du verrückt geworden?" Es war Kast gewesen, der sie vom Geländer geholt hatte und der nun sprach. Doch er klang bei weitem nicht so streng, wie er beabsichtigt hatte. In seiner Stimme lag eindeutig Sorge und sogar ein wenig Angst um sie, was ihr ein leichtes Lächeln entlockte. Kast sah dasauf ein wenig verwirrt drein, doch er sprach weiter. "Wer weiß, was diese seltsamen Klippenbewohner in ihren Gewässern zu halten Pflegen!?" Cyntha mied verlegen seinen Blick. "Du hast Recht, es war unvorsichtig von mir."
Kast wurde bewusst, dass er sie immernoch an der Taillie festhielt und dass sich ihre Körper viel zu nahe waren. Er zog rasch seine Hände zurück und hakte die Daumen in den Gürtel ein. "Es ist schon kurz vor Sonnenuntergang, wir werden bis morgen früh warten."
Als Kast sich nochmal vergewissert hatte, dass sie nicht in den See springen würde, brummte er zufrieden, wandte sich ab und verschwand.
Cyntha hatte kürzlich ihre Leidenschaft zu Wind und Höhen entdeckt und so kam es, dass sie sich an den Seilen empor zog und bis zum leeren Auskuck hinaufkletterte. Sie stieg hinein und sah in die Ferne, wo der Fluss glitzerte. Wind zerzauste ihre grüne Haarpracht, wehte sie um ihr hübsches Gesicht und entlockte ihr ein Lächeln.
Sie setzte sich auf den Rand des Krähennests und ließ die Füße in der Luft hängen. So blieb sie sitzen, während der Wind an ihrem Haar riss, die Sonne unter ging und den Himmel in romantisches orange tauchte. Dann war es Dunkel, Sterne funkelten am Himmelszelt und der Mond schien silbern herab. Allmählich erloschen die letzten Lichter in den seltsamen Bauten der Klippenbewohner und es wurde immer ruhiger um sie herum.
Leise, unglaublich schnell und geschickt kletterte Cyntha wieder herab und ballancierte auf dem hölzernen Geländer des Schiffes, atmete die klare Nachtluft.
Sie hörte leise einige Tropfen in das ruhige Wasser fallen und spazierte an Deck entlang, die komplette Mannschaft befand sich schon seit einer halben Ewichkeit unter Deck.
Tropfen?
Wo war dieses Tropfen hergekommen?
Sie stutzte, blieb stehen, wollte sich gerade umdrehen um an die Rehling zu treten, um nachzusehen, was dieses Tropfen verursacht hatte, doch noch bevor sie sich auch nur ansatzweise umgedreht hatte, wurde ihr ein Arm grob um den Oberkörper geschlungen und eine große Hand fest auf den Mund gedrückt.
Jetzt konnte sie das Tropfen wieder hören, Wasser welches nun auf die hölzernen Planken tröpfelte, von Wasser getränkten Kleidern und Haaren.
Schwarze Gestalten kletterten über die Rehling an Deck und schritten lautlos auf sie zu.
Cyntha sträubte sich gegen den Mann, der sie eisern fest hielt, doch es nützte nichts. Er sprach leise einige Worte in einer fremden Sprache und die schwarzen Gestalten verschwanden durch die hölzerne Tür, welche unter Deck führte. Cyntha wollte Kast warnen, wollte schreien, doch die Hand, die grob auf ihre zarten Lippen gedrückt wurde dämpfte ihre Schreie.
Wenig später kamen die Gestalten mit der gesamten überwältigten Mannschaft der Windsbraut zurück an Deck.
Cyntha wurde zum Mast gezerrt und mit einem Strick um die Handgelenke dort angebunden. Der Mann, der sie Festgehalten hatte und die anderen Schehmen entzündeten Fackeln. nun sah Cyntha, es waren allesamt Männer und Frauen mit schwarzen Haaren, die auf das Schiff gekommen waren.
Klippenbewohner!
Der Mann der vor Cyntha stand hatte kurzes Haar, mit einem schmalen, handlangen, geflochtenen Zopf im Nacken. Er hatte grüne Augen, die sie streng musterten und einen ebenfalls schwarzen drei Tage Bart, welcher die scharfen, festen Gesichtszüge noch wilder und ihn selbst gefährlicher wirken ließen.
Er hob die Fackel höher und als sein Blick auf Cynthas Haare fiel, risser die Augen entsetzt auf.
"Enámo Tatagnar!", rief er seinen Artgenossen zu, ein raunen ging durch die Menge. Dann packte er Cyntha grob am Kinn um ihr Gesicht zu ihm zu drehen. Er sah ihr in die Augen. "Meno hárad tu eles tus vailarunda ajat!?", sprach er, eindeutig zu ihr und kreuselte verächtlich die Lippen. "Tatagnar.", fügte er deutlich angewiedert hinzu.
Was sprach dieser Mann da? Cyntha hatte solche Worte noch nie gehört, sie konnte auch nicht erahnen, was sie bedeuten mochten, doch sie konnte aus dem Tonfall schließen, dass der Mann sie abgruntief verachtete.
Cyntha blickte zu Boden. Sie wusste nicht, was sie tun oder sagen sollte. Der Mann verstärkte seinen Griff um ihr Kinn und riss es in die Höhe, sodass sie ihn direkt ansehen musste. "Meno hárad tu ajat!", schrie er so plötzlich, dass sie erschrocken und entsetzt zusammenzucke. Als sie ihm keine Antwort gab, ließ er ihr Kinn los und versetzte ihr mit seinem Handrücken eine Schallende Ohrfeige. Cynthas Kopf flog zur Seite, ihre Wange pochte und brannte höllisch.
Kast ließ im selben Moment einen wütenden Brüller los und versuchte sich aus den Griffen der Beiden Muskulösen Männer, die ihn festhielten zu befreien.
"Satána etras tiús a, Tatagnar!" Cyntha wollte etwas sagen, wollte erklären, dass sie ihn nicht verstand, doch sie brachte keinen Ton hervor. Dann trat eine Frau mit langem, wallendem Haar an die Seite des Mannes. Sie blickte mit ihren hellblauen Augen missstrauisch zu Cyntha, dann sprach sie zu dem Mann: "Mento trellas eja iungo Lalunga nenon, eja yonto nenon men anterdámes to sisimo." Der Mann nickte und wandte sich wieder an Cyntha. "Was- wollt- ir hier, du Hexe- und Männer?!", kam es stockend aus seinem Munde.
Hexe? Er hielt sie für eine Hexe? Endlich fand Cyntha ihre Stimme wieder. "Ich bin keine Hexe!" Dämlicher Hangul! Dachte sie sich noch. Die Taue schnitten ihr tief in die Haut. "Hast Haare- mit Frarbe wie Gras! Musst böse- Hexe sein, wenn du Farbe von Haaren- ändern kannst!" Er wirkte trotz seinem fast lächerlichem stockendem Gerede unglaublich bedrohlich und behielt stetig diesen misstrauischen und drohenden Ton bei. Er sah sie mit bedrohlich zusammengekniffenen Augen an und sprach weiter. "Bist- jung und hübsch. Zauberst, dass sich unreines- denken in Köpfe von Männern, wenn- sie Hexe- ansehen!" Cynthas Mund klappte entsetzt auf. Männer auf unreine Gedanken bringen, tat sie das?
"Ich bin eine Manandar, eine Meeresbewohnerin. Wir haben nunmal außergewöhnliche Haarfarben. Ganz im gegenteil zu euch. Und das macht mich noch lange nicht zur Hexe!" Der Klippenlandbewohner sah immernoch misstrauisch drein, doch Cyntha sah eine Spur begehren in deinem Blick. Dies bestetigte ihre Befürchtung, dass dieser Mann die Bemerkung mit den unreinen Gedanken nicht so einfach aus der Luft gegriffen hatte.
"Glaube nicht wirklich!Wir bringen Piraten und-" Er schien einen Moment zu überlegen, "tatagnar zu hohen Raat." Cyntha konnte sich wohl denken, dass dieses Wort Hexe bedeutete und sah den Mann böse an, wärend er sie vom Mast losband. Dann packte er sie grob am Oberarm und zerrte sie hinüber zur Rehling. "Springen!", befahl er und sie sprangen in das kalte, schwarze Wasser. Cyntha streckte einen Moment den Kopf unter Wasser und atmete einige Male durch die Kiemen, was ihr unglaublich gut tat. Dann hob sie den Kopf und sah zu, wie die gesamte Besatzung mit den Klippenbewohnern zusammen ebenfalls in das Wasser sprangen. "Da hin!", sagte der Mann, der Cyntha noch immer fest hielt und nickte zum nahegelegendsten Ufer. Dann hatten sie das sandige Ufer erreicht, welches jedoch schon nach wenigen Längen endete. Denn dort ragten die riesigen Klippen in die Höhe.
Der Mann zerrte sie zu einer Strickleiter, welche von weit über ihren Köpfen irgendwo an den Klippen befestigt war und bis zu dem Sandigen Boden herrab hing. Cyntha wurde in Richtung Strickleiter gestoßen. Sie griff nach einer der kalten, hölzernen Sprossen und begann auf zu steigen. Kurz darauf gelangte sie an einen Felsvorsprung, von dem aus jeweils eine Brücke rechts und links weiter führten. Die Strickleiter endete hier. Als der Klippenbewohner ebenfalls dort angekommen war, zerrte er Cyntha grob über die rechte Brücke. Es ging über Strickleitern und hölzerne Terrassen, Brücken und Treppen, bis sie schließlich fast ganz oben am Rand der Klippen angelangt waren. Hier war ein großer, bewundernswerter Turm in den Fels gehauen. Rund und einschüchternd ragte er zwischen dem goben gestein heraus, ein wahres Meisterwerk der Steinmetze, welche diesen Turm errichtet hatten. Oder war vielleicht Magie im Spiel?
Sie betraten eben dieses riesige Gemäuer, schritten durch seine endlosen, kalten Gänge, welche größtenteils nur mit Fackeln und Feuerschüsseln erhellt wurden. Der Turm war zwar riesig gewesen, doch befanden sie sich im jetzigen Augenblick sicherlich nicht mehr darin, das wurde Cyntha nach und nach klar. Das Innenleben dieses Turmes weitete sich bestimmt in den ganzen Klippen aus. Nun kam sich Cyntha nicht mehr vor wie in einem alten Gemäuer, sie befand sich in einer Stadt, sicherlich waren diese Gänge auf irgendeine Weise mit den Wohnbauten der Klippenlandbewohnern verbunden. Vielleicht zogen sich diese Gänge sogar durch ganz Klippenland.
Schließlich betraten sie einen stockdunklen, kalten Raum. Die Klippenlandbewohner ließen die Piraten zum ersten mal alleine und schlossen die Türen hinter sich. Alleine? Waren sie das wirklich?
Kapitel 12
Ein leises Gemurmel der Piraten war zu hören. Kast bahnte sich einen Weg durch die raunende Menge. "Cyntha?!", rief er leise. War sie wohlauf? Sie hatte mit dem finsteren Klippenlandbewohner voraus laufen müssen. Kast war beunruhigt. Vielleicht hatte ihr dieser dreckige Hund etwas angetan.
Plötzlich spürte er ihren warmen Körper an dem seinen, als sie die Arme um ihn schlang und ihr Gesicht in seinem Hemd vergrub. Kast war überglücklich sie gefunden zu haben. Er legte beruhigend die Hand auf ihren Kopf. Ihr Haar war wunderbar weich, wie Seide und es verströmte einen leichten Duft nach Meer und Seerosen. "Hat dir dieser Bastard etwas getahn?" erkundigte sich Kast leise und spürte, wie sie leicht den Kopf schüttelte, ohne die Stirn von seiner Brust zu nehmen.
Dann schnipste jemand kaum hörbar mit den Fingern. In einem Kamin an der gegenüber liegenden Seite entfachte blitzschnell ein Feuer. Die Flammen leckten munter an den Holzscheiten, als hätten sie dies schon seit Sonnenuntergeng getan. Eine Frau mit einem strengen, schwarzen, von grauen strähnen durchzogenen Haarknoten lehnte neben dem Kamin. Ein junger mann mit schulterlangen, pechschwarzen Haaren lehnte mit dem Rücken an die Kahle Wand links von ihnen. In der Mitte des Raumes stand ein großer Tisch mit drei Stühlen. Drei Stühle. Kast sah sich nach der dritten Person um. Er konnte keine ausmachen, doch als er nach links sah erschrak er fürchterlich. Direkt neben ihm stand ein ihm unbekannter alter Mann, mit schneeweißem Haar und einem langen, ebenfalls weißen Bart, welcher ihm bis über die Hüften reichte. Der Alte lächelte vergnügt und freundlich und sah auf Cyntha herab, welche Kast noch immer in Armen hielt. Kast wurde bewusst, wie dies für die Umstehenden aussehen müsste und lies sie augenblicklich los.
"Was wollt ihr Piraten hier?!", fragte die unsymphatische, ältere Frau. Sie setzte sich an den Tisch und legte erwartungsvoll, wenn auch nicht besonders interressiert die Kuppen der hässlich langen und dünnen Finger aneinander.
"Die Bruderschaft schickt uns .", antwortete Kast schnell und zog aus der Tasche seines Hemdes eine kleine, durchnässte Briefrolle heraus. Einerseits dankte Kast der gütigen Göttin, dass er sie dabei hatte, andererseits fluchte er innerlich, denn die Tinte des Schreibens musste unleserlich verwischt sein. Der Alte neben ihm riss Kast die Rolle aus der Hand. Kast wollte es wieder zurückhohlen, doch das wissende Grinsen des Alten, lies ihn innehalten. Der Greis ging zum Tisch und entrollte das Blatt. Innerlich verkrampfte sich etwas bei Kast. Er bemerkte, dass das Papier nicht mehr tropfte und vor Nässe glänzte und die Tinte war auch unbeschädigt. Unmöglich!
Der Junge Klippenbewohner trat ebenfalls an den Tisch und erhielt das Schreiben von der Frau, welche gerade mit dem Lesen fertig geworden war.
Erst, als auch dieser das Pergament zur Seite gelegt hatte, ergriff der Alte das Wort. "Ich sehe es ist an der Zeit, dass dieser verdammte Splitter entlich fort kommt.", wandte er sich an Kast. "Ihr seid froh, wenn er weg kommt?" Kast war leicht verwirrt, er hatte eher mit widerstand gerechnet. "Selbstverständlich. Für die Dvargen ist der Nachtglassplitter eine mächtige Waffe. Für uns ist er eine unglaubliche Last. Es war ein großer Fehler, dass wir uns vor etlichen Jahren dazu bereiterklärten den Splitter zu verwahren." Der Alte sah ins Nichts, er wirkte, als sei er in Gedanken weit fort, in der Vergangenheit. "Anfangs war nichts, doch nach einigen Mondläufen begann der Splitter zu fordern. Er verlangte Leben. Schlimmer noch er verlangte nach jungem, unschuldigem Leben. Er drohte damit die Klippen zu überfluten, wenn wir ihm nicht alle zwei Mondläufe ein zehn Winter altes, jungfräuliches Mädchen überließen.. Einmal haben wir uns seinem Willen nicht gebeugt und er schickte die schlimmsten Stürme. Wellen schlugen wie riesige, wildgewordene Kreaturen gegen die Klippen.
Die Hälfte der Klippenbewohnern wurden so getötet. Ein großer Teil wurde von den Fluten mitgerissen, der andere verschüttet, als unzählige Tunnel einstürzten. Seit diesem Sonnenlauf sind wir gezwungen zu Gunsten dieses grauenvollen Splitters jeden Mondlauf ein junges, unschuldiges Mädchen in den Guasa zu werfen, wo es grausam von unsichtbaren Händen in die Tiefe gezogen wird!"
Es herrschte bedrückende Stille, als der Alte seine Geschichte beendet hatte. Kast sah zu Cyntha, welche mit trüben Augen den Alten ansah. Sie war blass.
Der Greis stand schwerfällig wieder auf und lief um den Tisch herum. "Allerdings werdet ihr es bei der Suche nach dem Splitter nicht leicht haben. Er befindet sich irgendwo im Guasa. Wir können euch nicht einmal ungefähr sagen, wo er sich befindet." Kast stöhnte leise. "Wie sollen wir den unter dem Wasser danach suchen können?" Cyntha zog Kast nachdem er diese Worte ausgesprochen hatte leicht am Ärmel, doch er beachtete sie nicht, er war innerlich viel zu aufgebracht.
"Manchmal,-", begann der junge Klippenbewohner plötzlich, "-hilft es Freunden Beachtung zu schenken." Im ersten Moment war Kast verwirrt, doch er begriff schnell und er sah zu Cyntha, nun wusste er auch, was sie von ihm gewollt hatte. Es wäre ihm nie von selbst eingefallen.
"Verzeihung. Ich bin es nicht gewohnt eine Manandar in meiner Mannschaft zu haben. Und doch.", jetzt wandte er sich wieder an den jüngsten der drei. "Wenn sich nur eine Person auf die Suche Macht, wird das trotzdem etwas problematisch." "Sicher.", ergriff die Frau wieder das Wort. "Eine Person können wir ihnen zur Verfügung stellen. Doch mehr können wir leider nicht für euch tun." Kast nickte schwerfällig.
"Katjerat!" , rief die Frau und sofort betraten drei bewaffnete Männer, offensichtlich Wachen den Raum. "Eléndes tular Miamtré joncy aen kraisómo." Nachdem sie diese Worte an die Wachen gerichtet hatte, wandte sie sich ein letztes Mal an die Piraten. "Die Wachen werden euch zu eurem Schlafraum geleiten."
Kast nahm Cynthas Hand. Er wollte sie hier auf gar keinen Fall verlieren. Und als er gerade loslaufen wollte, tauchte an Cynthas anderer Seite der junge schwarzhaarige auf und hielt sie am Handgelenk fest.
"Was soll das?!", knurrte Kast. "Ihr wollt diese hübsche, junge Frau doch nicht etwa unter all diesen-,", er schien nach dem richtigen Wort zu suchen, "-Barbaren schlafen lassen." Kast zog nochmal an Cynthas Hand. "Ich werde schon auf sie aufpassen." Der Klippenbewohner hielt sie zurück. "Sie hat etwas komfortableres verdient." Kast sah zu Cyntha herab, man konnte ihr ansehen, dass ihr nicht besonders wohl bei dem gedanken war unter all diesen Männern zu schlafen. Allerdings wollte Kast sie nicht wirklich alleine lassen.
Schließlich gab er nach und verschwand ohne ein weiteres Wort zu sagen.
Das Feuer erlosch aprubt und Cyntha spürrte, dass außer ihr und diesem fremden nun niemand mehr in diesem Raum war. der Alte und die Frau hatten sich in Luft aufgelöst, so wie die behagliche Wärme des Kaminfeuers.
Der Fremde hob Cyntha's Hand und küsste diese zärtlich. Sie spürrte seinen Blick deutlich auf sich ruhen. Konnte er sie sehen? Er führte sie zu dem von Fackeln erleuchteten Gang hinaus. "Würdet ihr mir die Ehre erweisen und mir euren Namen nenen?", wandte er sich an Cyntha, während sie durch die Gänge liefen. "Cyntha.", antwotete sie leicht verlegen. "Ihr seid eine unglaublich hübsche Frau, Cyntha. Ich bin Iven. Ich gehore seit vier Wintern zu dem Hohen Raat." Plötzlich blieb Iven stehen und zog einen Schüssel hervor, mit dem er die Tür zur Rechten öffnete.
Ein rundes Zimmer kam zum Vorschen. Ein Kamin tauchte das Zimmer zusammen mit einem neunarmigen Kerzenständer in ein flackerndes Orange. Ein Bett mit hohen Bettpfosten, umhangen von tranzparenten Tüchern, bedeckt mit seidenen Kissen und Decken stand in der Mitte. Anderes Mobilliar stand rund herum.
Ein Gästezimmer oder ähnliches war dies sicherlich nicht. "Ist das euer Zimmer Iven?" Iven nickte und schloss die Türe hinter sich. "Wo kann ich schlafen?" fragte Cyntha ernst, doch Iven lachte. "Hier natürlich." Er wies zu dem unglaublich schönen Bett. "Ich- ich möchte euch keine Umstände Machen." Iven schüttelte darauf nur leicht den Kopf. "Legt euch hin, ihr seid sicher müde." Cyntha lächelte und strich sich verlegen eine Strähne aus dem Gesicht. Sie war tatsächlich totmüde, also legte sie sich auf das warme, weiche Bett. Kurz darauf war sie auch schon eingeschlafen.
Iven musste lächeln, als er sie so sah. Er trat neben sie an das Bett um sie mit den seidigen Laken zuzudecken. Sie säufzte leise und legte ihre zarte Hand neben ihr Gesicht.
Wunderschön, dachte Iven und ging um das Bett herum. Er zog schnell seine Nachtkleidung an und legte sich ebenfalls in das große Bett. Und doch, er wollte nicht, dass sich die hübsche, junge Manandar unwohl fühlte, darum legte er sich so weit wie möglich an den Rand.
Cyntha gähnte und öffnete die Augen. Helles Licht fiel durch einige Fenster. Es musste bereits Mittag sein. Cyntha fiel auf, dass sie sich nicht in einem runden Zimmer befand, sondern in einem Turm. Denn das "Zimmer" ragte dermaßen in die höhe, dass es Cynrha nicht vergönnt war bis zur Decke zu blicken.
So hoch sie sehen konnte ragten Bücherregale die Wände hinauf. Eine Treppe führte rund herum den Turm hinauf.
Iven war nicht da, doch Cyntha erschrak, als sie die zerwühlten Laken neben sich sah. Hatte er auch in diesem Bett geschlafen?
"Natürlich wo denn sonst!", murmelte Cyntha leise.
"Wie Bitte?" Cyntha zuckte beim Klang von Iven's Stimme leicht zusammen. Er stand auf der vorletzten Stufe der steinernen Treppe, mit einem schwarzen Buch in der Hand.
"Ich- ich- ähm, nichts!", stammelte Cyntha. Iven grinste vergnügt und ging zum Schreibtisch um das in Leder gebundene Buch dort abzulegen. "Die Piraten sind auch erst vor kurzem erwacht. Ich nehme an ihr werdet dann auch bald hinunter zum See steigen und euch auf die Suche nach dem Splitter machen?!" Cyntha nickte und streckte sich. Dann stand sie auf. "Iven, sagt, wie nennt man euch Klippenlandbewohner eigentlich?" Iven lehnte sich gegen die Tischkante. "Nunja, in unserer Sprache, die übrigens Kurgard genannt wird, sind wir Kotúra. Ihr nennt uns Kobolde. Das einzige, was uns jedoch von den Menschen unterscheidet, ist die Art und weise, wie wir leben und natürlich das mit den schwarzen Haaren. Ihr werdet nicht einen reinen Kobold treffen, der keine schwarzen Haare hat, es sei denn er ist vom Alter gezeichnet, wie zum Beispiel Diander, der Alte von heute Nacht."
Er bot Cyntha eine Schale mit frischem Obst an. Cyntha nahm sie dankend entgegen und biss in eine saftige Frucht. "Was treibt eine so wunderschöne, junge Frau bei einem Haufen ungezogener Freibeuter?" Cyntha stellte leise seufzend die Schale bei Seite und begann Iven zu erzählen, wie es dazu gekommen war.
Ihr fiel auf, dass sie nicht einmal seitdem an die anderen Manandar gedacht hatte. Sie hielten sie jetzt sicher für tot!
"... auf jeden fall ist Kast alles andere, als ein 'ungezogener Freibeuter'." Iven zuckte mit den Schultern. "Soll ich euch bis zum Guasa begleiten?", fragte er schleßlich. "Nein, vielen Dank. Ich komme schon zurecht." Er nickte. "Nun gut. Ich habe euch ein Kleid bringen lassen, falls ihr euch umziehen wollt. Ich meine, vielleicht wollt ihr aus diesen Piratenklamotten raus und euch etwas weiblicheres anziehen." Er nickte ihr noch einmal zu, legte einen silbernen Schlüssel auf den Schreibtisch und verschwand durch die Tür.
Cyntha sah sich um. Ein Kleid? War es das, was sie hoffte? Dieses wunderschöne Gewand, welches
die Piratenfrauen manchmal getragen hatten? Und dann sah sie es, es lag über einen gepolzterten Stuhl. Sie schnappte sich den Schlüssel und schloss die Tür ab, dann wandte sie sich dem wunderschönen Kleid zu.
Es anzuziehen war eine aufwendige prozedur gewesen, doch schließlich stand sie angezogen vor dem Spiegel. Das rote Samt umgab sanft ihre nackten Schultern. Das rote Korsett lag perfekt und korrekt verschnürrt an ihrer schmalen Taille, der Rock umspielte ihre zarten Knöchel. Die Schuhe lagen noch immer an ihrem Platz. Schuhe waren noch nie Cynthas Geschmack gewesen, das Kleid würde im Wasser schon Last genug sein, da brauchte sie nicht auch noch die unnötigen Schuhe anzuziehen.
Sie verließ zufrieden das Zimmer.
Als sie aus dem Turm auf eine Brücke trat und ihr der Wind entgegen bließ, kam ihr eine verrückte Idee. Kurz darauf kletterte sie auch schon das letzte Stück der steilen Klippen empor. Sie rannte am Abhang entlang, bis sie am Ende des längsten Vorsprungs der Klippen angelangt war.
Sie sah hinab. Das Wasser unter ihr war tief. Der Wind riss von hinten an ihrer Haarpracht, ließ die Rock vor ihr flackern. Sie streckte die Arme in die Luft, drehte sich einmal um die eigene Achse. Und wäre fast über den Rand der Klippen gefallen, hätte er sie nicht zurückgehalten und auf sicheren Boden zurückgezogen.
"Vorsicht!", sagte er ruhig. Und doch klang es eher wie ein Befehl denn wie ein guter Rat. "Kast!", sagte Cyntha erstaunt. "Bist du mir gefolgt?" "Zum Glück! Wäre ich dir nicht gefolgt, dann-" "Ich brauche keinen Aufpasser, Kast!", unterbrach Cyntha ihn. "Du hast wunderschön ausgesehen.", sagte Kast leise. Cyntha befreite sich aus seinen Armen und trat einen Schritt zurück, sodass sie nur noch mit den Fußballen auf festen Boden stand. Sie überhörte sein Argument über ihr Aussehen. "Ich bin mir durchaus bewusst, was ich tue!" Und mit diesen Worten stieß sie sich vom Rand der Klippe ab und ließ sich rückwärts hinunterfallen.
Kast versuchte noch sie zu halten, doch er griff ins Leere, starrte ungläubig zu ihr herab. Cyntha fiel in die atemberaubende Tiefe. Das Kleid und ihre Haare flackerten wild umher und sie raste immer schneller auf die Wasseroberfläche zu.
Dann tauchte sie kopfüber in das kühle Wasser ein. Sie tauchte lange umher, froh endlich wieder Wasser in ihren Kiemen zu fühlen. Sie spürrte das Gewicht des Kleides, doch das hielt die nicht davon ab unglaublich schnell durch das Wasser zu tauchen. Nach einer ganzen Weile vernahm sie plötzlich eine weibliche Stimme hinter sich. "Seid ihr die Manandar der Piraten?"
Cyntha drehte sich um. Eine Frau tauchte dort. Langes, schwarzes Haar schwebte ausgebreitet um ihr hübsches, blasses Gesicht und zeugte von ihrer Kotúra abstammung. Sie hatte unglaublich schöne goldene Augen, welche sie mit schwarzer Farbe umrandet hatte. Sie trug ein trägerloses, aus schwarzem Leder gefertigtes Oberteil, das vorne mit schwarzen, überkreuzten Kordeln zusammengehalten wurde. Dann noch eine Hose in eben der selben Farbe, so wie lederne, schwere Stiefel, bis über die Waden zum zuschnüren, welche sie beim schwimmen nicht zu behindern schienen. An den schmalen Handgelenken trug sie breite Lederbänder um diese zu schützen. Auf ihrer rechten Schulter bis hinunter zum Ellenbogen pragte ein seltsames gebilde aus breiten, geschwungenen, schwarzen Linien.
Obwohl sie so feminin, zierlich und zerbrechlich wirkte, sah sie doch unglaublich bedrohlich aus. An ihrem Oberschenkel war ein Dolch befestigt und an ihren Hüften zeugte ein bestimmter Gürtel davon, dass sie für gewöhnlich ein Schwert trug. Sie atmete nicht, hielt sie die Luft an?
"Ja.", antwortete Cyntha. Wie hatte diese Kotura mit ihr gesprochen? Dann hörte Cyntha ihre Stimme wieder, deutlich in ihrem Kopf. Sie bewegte ihre Lippen nicht, sah Cyntha nur in die Augen.
"Die Piraten warten schon auf dich." Das Schiff war nur noch einige Längen von Cyntha entfernt, doch sie stutzte und wandte sich an die Frau. "Wer bist du?" Ein leichtes Lächeln umspielte die feinen Lippen der Koboldin. "Ich bin Lyale, die Magierin, die dir helfen soll den Splitter zu finden." Cyntha nickte. Dann tauchte sie auf und zog sich an einem der Tauen hinauf, welche zahlreich am Rumpf des Schiffes hingen. Als sie an deck angekommen war, wollte sie sich sogleich unmdrehen und nachsehen, ob Lyale ihr folgte, doch schon wurde sie grob an den Schultern gepackt und geschüttelt.
"Bist du verrückt geworden!?" Cyntha sah an ihm harab, er war ganz nass. "Was-?", wieder wurde sie von Kast geschüttelt. "Ich bin dir nachgesprungen, verdammt! Was fällt dir ein, einfach so von meinen Augen die Klippen hinunter zu springen!?"
Cyntha nahm seine Hände von ihren Schultern. Sie musste sich ernsthaft das Grinsen verkneifen, doch stattdessen wechselte sie einfach das Thema. "Hast du gut geschlafen, Kast?" Er war so verwirrt, dass er sich locker ablenken lies.
"Ich- ähm- nicht so. Und du? Wo hast du denn überhaupt geschlafen?" Cyntha lockerte ihr nasses Haar ein wenig mit den Fingern. "Iven war so freundlich und hat mich in seinem eigenen Bett schlafen gelassen.", antwortete sie ihm. Dann schien es plötzlich als loderte ein wildes Feuer hinter Kasts Augen auf. "Iven? Dieser Schwarzhaarige Mistkerl von diesen drei Hohen?!" "Iven ist kein Mistkerl! Er ist höflich und unglaublich nett!" "Nett, pah!" Kast verschrenkte die Arme vor der Brust. "Hat er dir Komplimente an den Kopf geworfen? Wo hat dieser Kerl denn eigentlich geschlafen, wenn es doch sein Bett war, welches er dir 'freundlicher weise' zur Verfügung gestellt hat? Womöglich auch noch neben dir!?" Cynthas Mund klappte auf, Kast hatte noch nie so mit ihr gesprochen, er schien wirklich wütend zu sein.
"Um ganz ehrlich zu sein-", sie kniff die Augen wütend zusammen. "ja, er hat tatsächlich in eben diesem Bett und somit neben mir geschlafen! Ich wüsste jedoch nicht, was es dich angehen sollte, schließlich bist du weder mein Vater, noch mein Mann!" Mit diesen Worten kehrte sie ihm den Rücken zu und lief fort. Kast blieb noch kurz stehen, rasend vor Wut und Eifersucht. Dann eilte er ihr hinterher.
Er packte sie an der Schulter, riss sie grob herum, zog sie blitzschnell an sich und presste seine Lippen auf die ihren.
Dann ließ er sie los, hakte die Daumen in den Gürtel ein und wartete auf ihre Reaktion.
Cyntha atmete schwer. Sie zitterte plötzlich, brachte keinen Ton hervor. Dann hob sie vorsichtig die Hand und beruhrte mit den Fingerspitzen ihre zarten Lippen. Sie sah ihn mit erschrocken an.
Lyale schritt auf die Manandar und den Piraten zu. Die junge Cyntha stand vor dem großen Piraten, welcher sie gerade an sich gerissen und geküsst hatte.
Sie musste sich ein Grinsen verkneifen. Die junge, kleine, zierliche Meeresfrau und dieser große, grobe Pirat passten perfekt zusammen!
Und doch musste Lyale Cyntha aus dieser peinlichen Lage befreien. Und so trat sie neben die beiden.
"Wir sollten uns an die Arbeit machen." Sie zog Cyntha am Handgelenk fort. Dann stiegen sie auf die Rehling. "Ist alles in Ordnung?", erkundigte sich Lyale. "Ja, danke."
Cyntha sah über ihre Schulter, doch Kast war verschwunden.
Dann einen kurzen Augenblick später, tauchten sie abermals in das kalte Wasser ein.
Sie begannen den Grund des Sees abzusuchen. "Lyale?", fragte Cyntha, als sie gerade über einen kleinen Sandhügel hinweg schwamm. "Hm?", kam es von der Kotúra, sie war vollauf damit beschäftigt Seine aus dem Weg zu räumen. "Wendest du Magie an um so lange unter Wasser zu bleiben?" Lyale hielt in ihrer Arbeit inne und drehte sich zu Cyntha um. Sie nickte. "Ich habe gehört Magierinnen gibt es nur sehr wenige.", wendete sich Cyntha abermals an sie. "Jaah!", kam es von Lyale. "Alle Männer in meiner Familie sind Magier gewesen. Allerdings bin ich die erste weibliche Kotúra, welche von Magie gezeichnet ist. Mein Bruder ist weit aus begabter. Ich würde ihn dir gerne einmal vorstellen, doch leider ist er schon vor zwei Monden fort gegangen." Cyntha schwieg. Lyale wirkte geheimnissvoll und bedrohlich, mit den schwarz ummalten Augen, der blassen Haut, dem schwarzem, langen Haar und den ledernen Kleidern. Und doch vertraute Cyntha ihr voll und ganz und hatte sie schon längst in ihr Herz geschlossen.
"Ich glaube kaum, dass man etwas gefährliches wie den Nachtglassplitter unter Steinen oder Sand versteckt hat.", wechselte Lyale schließlich das Thema. Sie hatte wohl Recht. Da fiel Cyntha etwas ein. "Komm mit!", sie winkte Lyale zu sich und schwamm zielstrebig durch das klare Wasser. "Ich glaube, ich weiß wo er sein könnte. Ist nur eine Vermutung, aber ich habe da gestern etwas gesehen."
Tag der Veröffentlichung: 23.04.2010
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