Ein unvergesslicher Abend...
von MissFree
Es war ein Freitagabend. Wie jede Woche hatte ich mich eineinhalb Stunden im Kick-box-Training ausgepowert, hatte mich unter der heißen Dusche entspannt, hatte mich angezogen, geschminkt und frisiert.
Nun stand ich ausgeh fertig vor dem Ganzkörperspiegel in meinem Zimmer und betrachte kritisch mein Erscheinungsbild. Meine langen, blonden Haare, die ich heute ausgiebig mit dem Lockenstab bearbeitet hatte, fielen über meine Schultern. Unter den perfekt zu der Haarfarbe passenden Augenbrauen glitzerten zwei farbintensive grüne Augen mit dunklen Sprenkeln. Ich liebte meine Augen. Sie waren einfach ein Highlight. Vor allem jetzt, schwarz umrandet, mit goldenem Schimmer auf den Augenlidern und mit Wimpern die perfekt schwarz getuscht waren. Meine vollen, roten Lippen verzogen sich zu einem breiten Grinsen, so dass eine Reihe weißer, gerader Zähne zum Vorschein kamen. Ja, ich konnte mich wirklich nicht beklagen.
Mein Blick wand sich meinem Körper zu. Der absolute Blickfang war mein Dekolleté. Unter dem lila Top wurde es von einem BH zurecht gepusht und auf der Haut schimmerte der bronzene Body-Puder, ein Geschenk meiner Patentante. Mit diesem Dekolleté würde ich sicher wieder einmal auffallen. Und das genoss ich in vollen Zügen.
Der schwarze Bolero, der über der Brust gebunden wurde, lenkte noch mehr Aufmerksamkeit auf meinen wunderschön geformten Busen. Mein ganzer Stolz.
Schließlich glitt mein Blick weiter nach unten zu meinen kurzen Beinen, die in einer knallengen schwarzen Röhrenjeans steckten. Von den zehn Zentimeter Pumps wurden sie nicht nur optisch verlängert, sondern sahen auch noch dünner aus. Ein Vorteil der Pumps war natürlich auch, dass sie meinen hart antrainierten Knackpopo betonten.
Noch einmal musterte ich mich von oben bis unten, bevor ich mir selbst eine Kusshand zuwarf und mich einmal um mich selbst drehte. Ich wand mich von meinem Spiegelbild ab, bevor mir noch die vielen kleinen Macken auffielen, für die ich meinen Körper hassen könnte. Zum Beispiel meine hässliche Knollennase, die ich mit aller Kraft ignorierte, wenn ich in den Spiegel sah. Oder meine kurzen, zu dicken Beine. Vor allem die Oberschenkel waren mir ein Dorn im Auge. Trotz all dem Sport wurden sie einfach nicht dünner, genau wie mein Bauch. Der war zwar schön flach, doch würde ich mir nach all dem harten Training ein Six-pack wünschen. Natürlich nicht SO ausgeprägt, aber ansatzweise wäre es doch ganz schön.
Was ich an meinem Körper jedoch mit Abstand am meisten hasste waren meine Füße. Sie waren einfach hässlich. Okay, Füße sind nie schön, aber meine sind ganz besonders abstoßend. Ich könnte nie so genau sagen warum, aber ich fand sie schrecklich. Wahrscheinlich lag es daran, dass meine Zehen so krumm waren.
Angewidert schüttelte ich den Kopf, um das Bild schnell aus meinem Kopf zu bekommen. Da meldete sich mein ICQ mit dem typischen „Aho!“. Aha, eine Nachricht von Jan: 'Hey Mia, kommt ihr heute Abend auch?'
'Klar, du weist ich bin immer am Start ;)' Tippte ich schnell ein.
Mh, Jan war echt eine Sahneschnitte. Ich grinste. Er sah nun mal verdammt gut aus. Groß, breite Schultern, sportlich. Oh, er hatte ein super Body, Kick-boxer eben. Wie auch seine beiden Kumpels Flo und Alex. Die drei kannten sich aus dem Kick-box-Verein. Derselbe in dem ich auch trainierte, aber nicht so wie die Jungs auf Kämpfe, sondern einfach nur, weil Kick-boxen ein super Fitnesssport war.
Kick-boxer waren einfach heiß, total durchtrainiert. Aber Jan hatte dazu noch diese unglaublich roten, vollen Lippen. Mit denen konnte er sicher super küssen. Aber das würde ich nicht herausfinden, denn er hatte eine Freundin und war zu meinem Erstaunen sehr monogam. Aber selbst wenn er das nicht wäre, könnte ich das seiner Freundin nicht antun. Auch wenn ich sonst nicht so rücksichtsvoll war, bei meinen Eroberungen, aber Nici war nun mal auch eine Freundin von mir.
Und die beiden waren meistens ziemlich glücklich. Egal wie heiß Jan war, er war tabu.
':D klar weis ich das, wollt mich nur vergewissern. Wann geht ihr los?' antwortete er.
Mit einem Blick auf die Uhr bemerkte ich, dass es höchste Zeit war mich fertig zu machen. Mit 'mit dem nächsten Bus, ich muss los. Wir sehen uns später :-*' verabschiedete ich mich aus dem ICQ und schaltete den PC aus.
In aller Eile schmiss ich Geldbeutel, Schlüssel, Handy mit Ohrstöpsel für die Heimfahrt und mein kleinen Waschbeutel in die schwarze Umhängetasche, die mein Outfit abrundete.
Meinen kleinen Waschbeutel hatte ich immer dabei, für den Fall, dass ich nicht zu Hause übernachtete. Das kam eigentlich ziemlich oft vor. Deswegen hatte ich immer eine Zahnbürste, Deo, Parfüm, Make-up und Wimperntusche dabei. Für den Fall der Fälle.
Ich wollte gerade aus dem Zimmer, als meine Mum die Tür öffnete. An ihrem Outfit sah ich gleich, dass sie und mein Dad heute Abend auch ausgehen würden. Meine Mum war toll und verdammt hübsch für ihr Alter. Oft hatte ich mir gewünscht, ich hätte ihre hohen Wangenknochen geerbt, aber ich hatte nicht so viel Glück. Meine Mum war auch ziemlich klein und für meinen Geschmack ein bisschen zu dick. Aber sie war auch keine zwanzig mehr. Für eine Mutter war sie immer gut gekleidet, nicht zu modern aber immer für den Anlass perfekt. Außerdem war sie immer toll geschminkt. Andauernd hörte ich von meinen Freunden, wie hübsch meine Mum war und auch wenn ich mich immer wieder gespielt darüber aufregte, hatten sie Recht. Meine Mum war hübsch. „Schätzchen, wir gehen. Was machst du heute Abend?“ fragte sich mich lächelnd.
„Wie immer eigentlich. Wir gehen ins Q, da spielt heute Undercover“
„Okay, wann und wie kommst du nach Hause?“
„Oh, ich weis noch nicht. Entweder mit dem letzten Bus oder morgen früh mit dem ersten“. Ich wusste, sie hörte so etwas nicht gern, trotzdem war sie ziemlich locker. Sie verdrehte gespielt die Augen und fing mit der üblichen Leiher an: „Okay. ABER immer schön anständig sein...“ genervt vollendete ich ihre Predigt, da ich sie schon auswendig kannte. „...nicht betrinken, nicht mit Fremden nach Hause gehen und gaaaaaanz wichtig: immer schön die Hose anlassen. Schon klar Mama, ich weis Bescheid. Ich muss los, bye!“ Ich drückte ihr einen Kuss auf die Wange und stürmte die Treppe runter. Wenn ich den Bus bekommen wollte, musste ich mich echt beeilen.
Verträumt, wie immer, lief ich durch unser kleines Städtchen zur Bushaltestelle. Eigentlich war hier nie viel los, doch ab nächster Woche waren wieder überall die kleinen, netten Sommerfeste. Auch etwas was ich am Sommer liebte, die Feste hier in unserem Städtchen. Jeder kannte jeden und man trank das ein oder andere zusammen. Es wurde nie langweilig.
Genau richtig erreichte ich die Bushaltestelle und stieg in den schon ziemlich vollen Bus. Hinten in der letzten Reihe saßen meine drei besten Freundinnen und hielten mir einen Platz frei. Mit einer kurzen Umarmung begrüße ich Julia, Sophie und Marié und ließ mich dann auf den freien Platz fallen. Die drei führten eine angeregte Diskussion über die Jungs, die sie heute Abend aufreißen wollten. Ich hielt mich da erst mal noch dezent raus und betrachtete die drei. Sie waren alle hübsch und um ehrlich zu sein fühlte ich mich oft wie das hässliche Entlein, wenn wir zu viert unterwegs waren. Sophie war klein und zierlich, naja das heißt so groß wie ich, winzige eins sechzig. Aber sie war viel, viel dünner als ich. Sie wog vielleicht 40 Kilo oder so. Jedenfalls liefen ihr die Jungs reihenweise hinterher, denn sie war nicht nur dünn, sondern hatte ein hübsches Gesicht, blonde Haare mit denen sie einfach alles machen konnte und einen super Stil. Auch wenn ich persönlich nicht so rum laufen würde, sah sie immer top aus. Sie war eine Partymaus. Sie liebt die Aufmerksamkeit in der Disco oder auf Partys. Sie stand fast immer im Mittelpunkt und könnte jeden Abend einen anderen Kerl haben, was sie ganz toll fand, nur wollte sie nie etwas Festes.
Aber mit ihr konnte ich super reden. Auch wenn ich zwischen meinen Freundinnen keine Unterschiede machen wollte, war sie die beste meiner besten Freundinnen.
Marié war mit Abstand die Größte von uns, aber auch sie war wunderschön dünn und sehr sportlich, nicht so zerbrechlich wie Sophie. Marié hatte einen dunkellila gefärbten Lockenbusch auf dem Kopf und hatte tolle, volle Lippen. Sie sah einfach toll aus. Ich beneidete sie immer um ihre hammer langen, dünnen Beine, die sie trotz des engen Busses überschlagen hatte. Marié war die Verrückte von uns. Total aufgedreht und immer gut gelaunt. Sie war für jeden Spaß zu haben. Das fand ich einfach super, wir hatten schon soviel Scheiß zusammen gemacht. Mit ihr wurde es nie langweilig.
Julia dagegen war eher ruhig und erwachsen. Sie trank nie so viel wie wir anderen und ging nicht so oft aus wie wir. Außerdem war sie die Einzige von uns, die einen festen Freund hatte. Was kein Wunder war, denn auch sie war sehr hübsch. Wie Sophie und ich nicht besonders groß und auch nicht so dünn wie Sophie und Marié. Sie hatte vielleicht ein paar Kilo mehr auf den Rippen wie ich, aber sie hatte total dünne Beine. Zugegeben wenn man genau darauf achtete, sah das komisch aus, aber ich fand im Großen und Ganzen passte es ganz gut zu ihr. Julia hatte wunderschöne lange, braune Haare. Eine Strähne drehte sie immer um den Zeigefinger, das war ihre Denkerpose. Oft machten wir uns darüber lustig, aber das nahm sie uns nie böse.
Sie hatte ein ziemlich gewöhnliches Gesicht mit unzähligen Sommersprossen. Das gefiel mir. Sie tanzten, wenn sie lachte. Das sah süß aus. Ja,süß war das richtige Wort für Julia.
Insgesamt waren wir vier die perfekte Mischung. Wir hatten alle total verschiedene Persönlichkeiten und trotzdem verstanden wir uns super. Zusammen konnten wir feiern, Spaß haben oder auch einfach nur mal reden. Ich war so dankbar für diese Freundinnen. Wie so oft grinste ich vor mich hin und merkte es nicht mal, als mich Sophie aus meinen Gedanken riss: „Und, Mia auf wen hast du ein Auge geworfen?“
„Ach, du weist ich lege mich da ungern fest!“ lachte ich und die anderen stimmten mit ein. An der nächsten Haltestelle stiegen Jan, Flo und Alex ein. Im Schlepptau hatten sie natürlich Jans Freundin Nici. Echt ein hübsches Mädchen. Sie hatte eine normale tolle, Figur, braune Haut und wunderschöne braune Locken. Doch heute waren ihre braunen Augen wieder leicht gerötet und geschwollen. Julia und ich sahen uns verschwörerisch an und hatten den gleichen Gedanken 'Sie haben sich wieder gestritten'. So glücklich waren Jan und Nici wohl doch nicht. Es kam öfter vor, dass sie wegen ihm heulte. Meistens weil er zu viel getrunken hatte oder weil er wieder mit irgendwelchen Mädchen geflirtet hat. Klar, konnte ich verstehen, dass sie eifersüchtig war, aber Jan würde sie nie betrügen. Beziehungen konnten echt nerven, da war ich doch froh, dass ich keine solchen Probleme hatte.
Gleich fingen allerlei Gespräche an: Nici quatschte mit Julia, die sie von uns vier am meisten leiden konnte. Nici und Sohpie hingegen standen auf Kriegsfuß und das nur, weil Sophie in der 5. Klasse mal mit Jan zusammen war, dabei war das doch nur eine dumme „Kindergarten-Beziehung“. Mit Marié hatte Nici nicht viel zu tun und ich saß am weitesten weg. Alex schmiss sich wie immer an Sophie ran. Es war kein Geheimnis, dass sie beiden ein Tächtel-Mächtel hatten. Marié hingegen ignorierte Alex gekonnt, da sie sich nicht mehr verstanden nachdem sie einmal heftig rum gemacht haben und redet mit Jan über irgendeine Mathearbeit. Ich wand mich Flo zu, der vor mir Platz genommen hatte. Von den drei Jungs mochte ich ihn am liebsten. Er war süß und unglaublich nett. Mit ihm konnte ich super über alle möglichen Dinge reden. Er sah auch gar nicht schlecht aus, nun ja, er war ziemlich unscheinbar. Erst beim zweiten Mal hinsehen fiel er auf. Wie auch Jan, war Flo groß und hatte breite Schultern, nur nicht ganz so breit. Flo war im Allgemeinen dünner, nicht abgemagert oder so, nur einfach dünner und gut trainiert. Er hatte ein total süßes Lächeln, bei dem seine Augen zu kleinen Schlitzen wurden. Das gefiel mir bei ihm am besten. Ansonsten gab es nichts Besonderes an ihm. Er hatte kurze dunkelblonde Haare, leicht abstehende Ohren und schlichte braune Augen, aber er hatte eine super Persönlichkeit. Er war wohl einer der wenigen Jungs, mit denen ich reden konnte ohne irgendwelche sexuellen Spannungen. Das kam wirklich nicht oft vor. Wenn ich mit Jungs redete, flirtete ich meistens. Das lag in meiner Natur. Das konnte ich gut und machte Spaß, vor allem, weil sie meistens anbissen. Aber bei Flo war das anders. Er war einfach nur ein toller Kumpel. Gerade als wir wieder auf das heikle Thema 'Führerschein' zu sprechen kamen, mussten wir aussteigen. Flo war der älteste von uns. Seit 3 Monaten war er 18 und hatte immer noch nicht seinen Führerschein. Zwar hatte er schon lange Fahrstunden und auch schon ein Auto, aber den Führerschein hatte er noch nicht. Er behauptete ja immer er hätte keine Zeit für mehr Fahrstunden, ich allerdings war der Meinung, dass er einfach schlecht fuhr.
„Weis jemand wie viel es Eintritt kostet?“ bezog Sophie uns alle wieder ins Gespräch mit ein.
„Vier Euro, wie immer. Warum? Bist du schon wieder Pleite?“ scherzte Alex und Sophie wurde rot. Geld war bei ihr einfach nicht lange sicher. Das wenige Taschengeld, das sie bekam, ging bei unseren Partyplänen meistens schnell drauf. Zum Glück musste ich mir da nie Gedanken drum machen. Von meinen Freunden bekam ich am meisten Taschengeld und war so meistens flüssig. Allerdings wussten meine Freundinnen das immer und deswegen pumpten sie mich ständig an. „Sophie, mich musst du gar nicht so angucken. Du schuldest mir eh noch was!“ antwortete ich schnell auf ihren Hundeblick. „Okay, okay. Vier Euro bekomm ich noch zusammen, den restlichen Abend muss ich mich dann wohl durch schnorren.“ Das war für gewöhnlich kein Problem für sie. Immer gab es irgendeinen Typ, der ihr was bezahlte, das Gute wenn Frau gut aussieht.
Ich harkte mich bei ihr unter, sah mich um, ob Alex in der Nähe war, dann bombardierte ich sie mit Fragen: „Und hat Alex heute eine Chance bei dir?“ Ich war so schrecklich neugierig. Obwohl die Frage eigentlich unnötig war, es verging kaum ein Abend an dem zwischen den beiden nichts lief.
„Mh, heute nicht. Ich hab da jemand anderen an der Angel, aber darüber haben wir doch vorhin im Bus schon geredet.“
Mist. „Ohja, sorry ich war total in Gedanken, wer is es den?“ misstrauisch sah sie mich an, aber ich konnte ihr ja nicht sagen, dass ich in Gedanken meine Freundinnen beurteilt hatte.
Ein strahlendes Lächeln trat auf ihr Gesicht „Jorden!“. Ungläubig und geschockt sah ich sie an. „Süße, komm das ist nicht dein Ernst, das ist nicht mal sein richtiger Name. Außerdem ist er viel zu alt für dich. Er ist zwanzig!“ Da fing sie an zu lachen „Ja, ja Mia seit wann stört es dich, wenn der Mann älter ist? Zudem benimmt er sich nicht wie zwanzig“ mein Blick wurde ernst „Das ist ja noch viel schlimmer!“ Wir sahen uns an und mussten los lachen. Ich fand Jorden zwar schrecklich, aber ich wollte ihr da nicht rein reden, schließlich tat sie das bei mir auch nie. Außerdem hätte es eh kein Sinn gehabt sie belehren zu wollen, sie war eigensinnig und stur. Genau wie ich.
„Und wer ist heute dein Opfer? Flo? Oder etwa wieder Alex?“ nahm sie das unvermeidliche Thema wieder auf.
„Du weist, Alex war der größte Fehler meines Lebens und Flo, naja seine Freundschaft ist mir viel zu wichtig.“
„Wichtiger als Sex?“ misstrauisch sah sie mich an. Gespielt schockiert antworte ich: „Auch komm sooo schlimm bin ich nun wirklich nicht, ich hab doch nur gern Spaß“ Wieder musste wir los lachen. Vor dem Eingang war wie immer eine lange Schlange. Die anderen standen schon weiter vorne und wir gesellten uns einfach ganz frech zu ihnen. Während Sophie gleich wieder auf Alexs Flirterei einging, dachte ich an die Nacht mit Alex.
Es war Silvester und wir haben alle zusammen gefeiert. Es war total witzig und wir waren alle ziemlich betrunken. Und was soll ich sagen, bei gut aussehenden Jungs mit heißem Body werde ich einfach immer schwach. Und Alex sah einfach verdammt gut aus. Er war ziemlich klein, trotzdem noch fünf Zentimeter größer als ich, hatte blonde, kurze Löckchen und ein hübsches Gesicht. Dazu noch der durchtrainierte Kickboxer-Body, da konnte ich einfach nicht anders. Leider, denn auch an diesem Abend hatten Sophie und Alex wieder wild rum geknutscht. Es war schon fast Morgen und Alex und ich waren die Einzigen, die noch wach waren und da kam das eine zum anderen und wir hatten ziemlich wilden heißen Sex. Extrem guten Sex. Auch wenn ich es im Nachhinein sehr bereue, vor allem weil ich Sophie damit ziemlich vor den Kopf gestoßen hatte, muss ich sagen, es war eine der besten Nächte, die ich je hatte.
Allerdings war die Freundschaft zwischen uns danach ziemlich am Arsch. Wir waren zwar immer noch in derselben Clique, doch trotzdem reden wir kaum miteinander. Aus dieser Sache habe ich wirklich gelernt. Ich werde wohl nie wieder mit einem meiner Freunde schlafen, wenn ich total betrunken bin und von vorn herein nicht geklärt ist, wie die Sache ausgeht.
Eigentlich machte ich mir um Sex keine großen Gedanken. Ich war nicht eins der Mädchen, die um ihr erstes Mal eine riesige Sache machten. Mein erstes Mal war ziemlich beschissen. Es war mit meinem Ex-Freund, zu dem Zeitpunkt als wir Sex hatten, war er aber schon mein Ex. Wir hatten uns lange nicht gesehen und haben uns letztes Jahr auf einem der Sommerfeste in unserem Städtchen wieder getroffen. Wir hatten zusammen was getrunken, wohl zu viel und er hatte seinen Bus verpasst. Aus reiner Höflichkeit hatte ich ihm angeboten bei mir zu übernachten. Als wir dann nach ein paar Drinks zu mir sind ist es passiert. Es war alles andere als toll, absolut unromantisch, eben nicht so, wie man sich als Mädchen sein erstes Mal vorstellt. Aber wie gesagt darum machte ich mir nicht besonders viele Gedanken. Man lebt nur einmal und da hatte ich eben Spaß. Natürlich war ich kein Flittchen, das jedes Wochenende mit jemand anderem schlief, auch wenn ich das mühelos hin bekommen hätte. Nein. Oft war es nur so, dass ich mit einem Kerl nach Hause ging, aber nur bei ihm schlief und nicht mit ihm.
Wieder wurde ich aus meinen Gedanken gerissen. Julia stieß mich leicht in die Seite um mir klar zu machen, dass wir gleich dran waren. Obwohl ich erst 16 war, musste ich meinen Ausweis nie zeigen, das heißt ich weigerte mich einfach und das ging erstaunlich gut.
Ich gab dem Kassierer vier Euro, bekam wie üblich meinen 18ner-Stempel und ging rein. Das Q war ein ziemlich cooler Laden, das heißt der Einzige in der Nähe. Es war ein bisschen abgesifft, aber im Großen und Ganzen ganz okay. Die Getränke waren billig, oft spielten Bands, ansonsten hatten sie gute DJ´s und die Polizei war auch nicht oft hier. Klar bekam man hier Drogen, wenn man es drauf anlegte, aber das war eigentlich nicht meine Szene. Alkohol reichte mit als Rauschmittel ganz gut aus.
Als wir vollzählig waren, machten wir uns auf den Weg zur Bar, um erst mal einen „Willkommens- Drink“ zu nehmen. Das war so zusagen unser Ritual - eine Runde „Ficken- Das Partygetränk“ und dann verstreuten wir uns meistens in den unterschiedlichen Räumen des Q´s.
„Auf ein tollen Abend!“ lautete wie immer unser Trinkspruch, Ficken war ein Likör und war wegen seines Namens sehr bekannt und beliebt. Es schmeckte leicht nach Beeren, hatte aber den typischen Schnaps Nachgeschmack.
Wie immer machten sich Jan und Nici ziemlich schnell aus dem Staub, nur hoffentlich um rum zu knutschen und nicht um sich wieder zu streiten. Julia machte sich auf die Suche nach ihrem Freund Chris, Marié verschwand zu ihrer „Zweit-Clique“ und Alex versuchte wie immer Sophie rum zu kriegen. Also blieben noch Flo und ich. Eine Unterhaltung wäre zwar möglich, doch hatte ich keine große Lust so rum zu schreien, deswegen sah ich der Band beim Aufbauen ihrer Instrumente zu. Gleichzeitig checkte ich natürlich die Bandmitglieder ab.
Musiker waren meiner Meinung nach extrem heiß. Mein Ex- Freund Tom spielte auch in einer Band als Bassist, allerdings hatte die Band erst einmal im Q gespielt, als Vorband. Die Band war zwar ganz gut, aber genügte dem anspruchsvollen Publikum im Q nicht. Sie spielten öfter auf den kleinen Sommerfesten.
Undercover war eine ziemlich bekannt Rock-Band. Sie bestand aus vier Männern, alle zwischen 19 und 25. Mit geübtem Blick sah ich mir jeden genau an. Da gab es den Drummer. Er war meines Wissens der Älteste mit 25 und hieß Nino. Er war circa eins fünfundsechzig groß, hatte kurze, schwarze, hoch gestylte Haare, viele Ohrringe und ein tollen Oberkörper. Oft spielte er oben ohne und brachte damit die Mädels zum kreischen. Dann gab es da noch den unscheinbaren Gitarrist. Ich wusste weder wie er hieß, noch wie alt er war. Er sah auch nicht besonders gut aus, war groß und trug die typischen „Rocker-Klamotten“ - ausgewaschene Jeans, Chucks und Band-Shirt. So waren fast alle Mitglieder Band gekleidet, typische 'Rocker' eben, genau mein Geschmack. Eigentlich war ich in Sachen Jungs nicht besonders wählerisch. Er musste nur gepflegt und sympathisch sein, ich musste mich gut mit ihm unterhalten können und er musste mich zum lachen bringen, und das war nicht besonders schwer.
Der Leadsänger der Band trat auf die Bühne und stimmte noch einmal sein Gitarre, als mich Flo fragte: „Ey, willst du was trinken?“ ich nickte ihm kurz zu und er versuchte den Barkeeper auf sich aufmerksam zu machen. Flo musste mich nicht fragen was ich trinken wollte, er wusste das schon ganz genau. Wieder widmete ich meine Aufmerksamkeit der Band. Der Sänger hieß Joe, er war verdammt heiß und er spielte Gitarre, genau mein Ding. Schon öfter hatte ich mit ihm geredet, aber nie lang. Meistens war er im Stress, wenn ich ihn antraf. Wie immer strich er sich die langen schwarzen Haare aus dem Gesicht und sah sich im Publikum um. Unsere Blicke trafen sind und er hob als Zeichen der Wiedererkennung die Hand. Daraufhin schenkte ich ihm mein verführerisches Lächeln und er zwinkerte mir zu. Sah für heute Abend doch gar nicht schlecht aus dachte ich, als Flo mir mein Vodka-O in die Hand drückte. Wieder stießen wir an.
„Stehst du etwa auf den Sänger?“
War ich so leicht zu durchschauen? Meine Wangen wurden warm, oh wie ich das hasste.
„Ohäm, wie kommst du drauf?“ stotterte ich. Oh man, sonst war ich doch auch nicht auf den Mund gefallen.
„Naja, du starrst ihn die ganze Zeit an“. Flo lachte mich aus, aber ich konnte ihm ja nicht sagen, dass ich gerade dabei war die ganze Band abzuchecken. Aber das musste jetzt warten.
Gerade als ich mich mit einer dummen Ausrede rechtfertigen wollte, begann die Band zu spielen und Flo hätte meine Antwort eh nicht gehört.
Ganz ohne Worte fragte Flo, ob ich mit auf die Tanzfläche wollte. Es lief perfekte Musik zum Pogen. Kurz nickte ich, dann zog ich mein Vodka auf ex runter. Ja ich war in vielen Hinsichten absolut unmädchenhaft.
Bei guter, lauter Rockmusik konnte ich einfach nicht still rum stehen. Da musste ich einfach auf die Tanzfläche und abgehen. Flo griff meine Hand und führte mich durch die springende Menge vor die Bühne. Nie ist mir aufgefallen, wie weich und zärtlich seine Hände waren, doch die Menge riss uns mit und so blieb keine Zeit weiter darüber nach zu denken.
Ich ließ mich von der Musik und wahrscheinlich auch vom Alkohol treiben. Im Takt der Musik sprang ich mit der Menge auf und ab, hin und her und wieder auf und ab. Es war berauschend, wie immer. Ich liebe die Musik. Zwar konnte ich kein Instrument spielen, da ich viel zu untalentiert war, aber trotzdem liebte ich die unterschiedlichen Klänge und Rhythmen.
Immer wieder fing ich den Blick von Joe auf und lächelte ihm zu. Oft hatte ich das Gefühl, er würde nur mich ansehen. Wahrscheinlich hatte ich schon Paranoia.
Nach ein paar Songs tauchten auch die anderen wieder auf. Sophie und Alex tanzten mit. Sophie wie immer sehr sexy. Ihr Blick glitt durch die Menge und checkte, welche männlichen Wesen schon auf sie aufmerksam geworden waren. Immer wieder flog ihr Blick auf die Bühne, aber nicht zu meinem Joe, sondern zu seinem Zwillingsbruder Nick, der Bassist der Band. Er sah seinem Bruder sehr ähnlich. Klar sie waren Zwillinge, doch hatte Nick nicht den typischen Rockerstyle, sondern eher eine Mischung zwischen Rocker und Skater. Nicht unattraktiv musste ich mir eingestehen, doch Sophie konnte ihn haben. Ich wollte Joe. Da musste ich über mich selbst lachen. Was für ein Wunschdenken. Die beiden waren definitiv eine Nummer zu hoch für uns, aber man darf ja träumen.
Mit einem Blick bedeute ich Sophie mit zu kommen. Sie wusste sofort was ich meinte, griff meine Hand und wir gingen Richtung Toilette.
„Woooor, die Band ist der Hammer und Nick ist einfach heiß!“ legte sie los, sobald wir aus dem Lärm heraus waren. Lachend stolperten wir die Treppenstufen zur Damentoilette runter. Wir ernteten böse und belustigte Blicke der Leute, die uns entgegen kamen. Sie dachten sicher, wir wären total besoffen so wie wir lachten.
Es war ein berauschendes Gefühl. Die Musik dröhnte noch in meinen Ohren und ich war wieder einmal richtig glücklich. Dafür liebte ich meine Freunde - für die tollen Abende im Q.
Nachdem wir beide Wasser gelassen hatten, standen wir vor dem Spiegel und frischten unser Make-up auf. Meinen Bolero hatte ich unachtsam in meine Tasche gestopft. Vom Tanzen war mir ganz heiß geworden. Mit einem Taschentuch tupfte ich die Schweißperlen auf meiner Stirn weg.
„Hast du Jorden schon gefunden?“, fragte ich Sophie während sie ihre Wimpern neu tuschte.
„Nein, ich denke er kommt erst später.“ Kritisch betrachtete sie ihr Spiegelbild. „Glaubst du ich hätte eine Chance bei Nick?“, fragte sie ernst.
„Mh, wenn du dir Klopapier in den BH stopfst, vielleicht!“ Laut lachte ich los und auch sie stimmte nach kurzer Empörung in mein Lachen ein. „Du bist gemein!“, meckerte sie und kniff mich leicht in die Seite. „Ich weis, so bin ich nun mal“, gab ich trocken zurück. Natürlich war es gemein von mir sie wegen ihrer mangelnden Oberweite aufzuziehen, aber sie wusste, dass ich sie nicht verletzen wollte.
„Also ich persönlich finde Joe ja viel heißer!“, gab ich meine Bandanalyse zum Besten.
„Ja, ist ganz süß, aber Nick hat so etwas sexy Geheimnisvolles. Er stellt sich nicht so ins Rampenlicht wie Joe“, gab sie mir zu bedenken. Ich grinste. „Ja, ich weis, er passt perfekt zu mir!“
Wieder hackte ich mich bei ihr unter und wir folgten dem Bass der Musik nach oben.
„Komm wir trinken noch was, ich brauche jetzt Alk.“, schrie ich ihr ins Ohr. Mit Sophie an meiner Hand bahnte ich uns einen Weg zur Bar. Auf den Zehenspitzen suchte ich den Barkeeper und den schnellsten Weg etwas zu bestellen, als mein Blick auf Leon fiel.
Leon war ein guter Kumpel von mir, vielleicht auch mehr, das war schwer zu sagen. Er stand völlig lässig in Chucks, Röhrenjeans und kariertem Hemd an der Bar. Er sah sexy aus wie immer, mit seiner braunen Haut, dem strahlend weißen Lächeln und den vollen Lippen. Seine Unterlippe war bestimmt doppelt so groß wie die Oberlippe, aber es passte einfach perfekt in sein hübsches Gesicht. Unwillkürlich erschien ein Lächeln auf meinem Gesicht.
„Leeeeeeeeeeon“. Stürmisch wie ich nun mal war, umarmte ich ihn. Oh dieser Duft. Schnell sog ich soviel Luft ein wie ich konnte. Er roch immer so verführerisch, leicht nach süßlichem Parfüm und einfach nach Leon.
„Hey, Kleine. Bist du schon betrunken?“, grinste er zu mir runter. Er war fast zwanzig Zentimeter größer als ich, doch mit den hohen Schuhen waren wir fast auf Augenhöhe.
„Nein, du etwa? Der Abend hat doch gerade erst angefangen!“
Ungeduldig stieß Sophie mich in die Seite. „Ey, ich dachte wir trinken was?“ Natürlich konnte sie meine spontane Euphorie nicht nachvollziehen. Sie und Leon kannten sich nicht besonders gut. Eigentlich kannte keiner meiner Freunde Leon wirklich gut. Er wohnte zwar im selben Dorf wie Flo, Alex und Jan, hatte aber nichts mit ihnen zu tun. Ich hatte Leon vor circa einem Jahr kennen gelernt, als wir festgestellt hatten, dass wir nach den Sommerferien auf die gleiche Schule gehen würden. Seither waren wir super gut befreundet und nun auch in einer Klasse. Das war toll, denn ich kannte am Anfang des Schuljahres sonst niemand aus der Klasse.
Davor ging ich mit Julia, Sophie, Marié und Jan in die gleiche Klasse des kleinen Gymnasiums in unserem Städtchen. Doch meine Interessen entwickelten sich ganz anders, als die meiner Freunde. Deshalb hatte ich beschlossen ab der zehnten Klasse ein Fachbezogenes Gymnasium zu besuchen. Zufällig das, auf dem Leon schon seit der fünften Klasse war. Seit dem ersten Schultag dieses Schuljahres war Leon mein bester Kumpel und obwohl ich nie wieder etwas mit einem meiner Freunde anfangen wollte, hatte Leon eine unglaubliche Anziehungskraft. Ich fand ihn einfach total sexy.
Mit meinem strahlensten Lächeln drehte ich mich zum Barkeeper um, der sofort auf mich aufmerksam wurde und bestellte noch mal zwei Vodka-O. Beschaffungsprobleme hatten wir im Q noch nie, hier nahm man es mit dem Alter nicht so genau.
Schnell steckte ich die Pfandmarken ein und drehte mich wieder zu den anderen beiden, die sich mit einem kurzen Smalltalk begnügten. Sophie nahm sich einen Becher und verschwand in der Menschenmenge. Gutes Mädchen, sie bemerkte gleich, wenn ich mit jemand allein sein wollte.
Leon prostete mir zu und schon waren wir in ein angeregtes Gespräch verwickelt, was nicht ganz einfach war bei der Lautstärke.
Obwohl meine Aufmerksamkeit voll und ganz Leon galt, ließ ich meinen Blick immer wieder durch die Menge gleiten und nickte hier und da dem ein oder anderen Bekannten zu. Immer wieder blieb mein Blick an Joe kleben. Die Band war echt fantastisch. Sie brachten den Laden echt zum kochen. Die Leute tanzten, sangen mit und waren einfach gut drauf.
„Mia, ich muss mal Jonas und die andern Jungs suchen. Wir sehen uns später noch mal und trinken eins zusammen!“ Leon schenkte mir dazu ein Lächeln zum davon schmelzen und zwinkerte mir zu. Dieser Mann machte mich einfach verrückt. Ich nickte ihm zu, trank meinen Becher leer und machte mich auf den Weg zurück zur Tanzfläche. Die geile Musik und die super Stimmung musste ich unbedingt noch weiter ausnutzen.
Auf dem Weg vor zur Bühne traf ich noch ein paar Bekannte. Hier und da hielt ich einen kurzen Smalltalk, so fern das bei der Lautstärke möglich war. Schließlich fand ich Flo, Alex, Jan und Nici links vor der Bühne. Nici und Jan wie immer eng umschlugen, Flo und Alex hingegen sprangen wild mit der Menge, als ich mich zu ihnen durch gequetscht hatte.
„So Leute jetzt kommt ein Lied bei dem ihr richtig abgehen könnt!“, kündigte Joe das nächste Lied an. Sofort erkannte ich die ersten Gitarrenklänge von „ich roque“, das bekannte Lied von Sportfreunde Stiller. Erst war ich noch erstaunt, da Undercover normalerweise nur ihre eigenen Songs spielte und kaum Lieder coverten, doch lange konnte ich darüber nicht nachdenken, da zog mich Flo schon mit sich. Das ganze Lied durch sprangen wir mit der Menge und sangen mit. Es war wie ein Rausch.
Plötzlich umfassten mich von hinten zwei Hände um die Taille und zogen mich dicht an einen Männerkörper. Sofort erkannte ich an dem unwiderstehlichen Duft, dass es Leon war. Sofort drehte ich mich in seiner Umarmung um. Seine schokobraunen Augen strahlten mich an. Ich konnte einfach nicht anders, das lächeln wollte einfach nicht aus meinem Gesicht verschwinden. Da begann der Refrain und Leon und ich sprangen zusammen mit dem Takt der Musik, meine Hand ließ er aber nicht los. Es war ein ganz neues Gefühl. Nicht der übliche Rausch aus Musik und Alkohol, da flatterte noch etwas anderes durch meinen Magen. Waren das etwa Schmetterlinge?
Konnte es wirklich sein, dass ich, Mia, die schon haufenweise Jungs das Herz gebrochen hatte, weil ich nur einen kurzen Flirt wollte, verliebt war? Das war absolut verrückt. Leon war mein bester Freund und darum wusste ich zu hundert Prozent, dass er meine Gefühle, sofern ich welche hatte, nicht erwidern würde.
Schließlich erzählten wir uns gegenseitig alles. Ich erzählte ihm von meinen Wochenend-Eroberungen, mit denen er stets Mitleid hatte und er erzähle mir welches Mädchen er gerade besonders heiß fand und welches ihn total abturnte. Natürlich kam da irgendwann mal zur Sprache, dass ich nicht sein Typ war. Klar, damals hatte ich auch behauptet er wäre nicht mein Typ, aber das würde doch jeder in solch einer Situation sagen.
Mir gingen einfach viel zu viele Gedanken durch den Kopf, sodass ich gar nicht bemerkte, wie das Lied zu Ende ging.
„Komm, ich zahl dir was“ schrie Leon mir ins Ohr, während die anderen noch ein Zugabe der Band verlangten.
An der Bar angekommen bemerkte ich, wie ich immer noch Leons Hand hielt. „Vodka-O wie immer?“
„Klar, du weist 'Vodka-O macht alle froh!'“ schrie ich zurück. Er drehte sich Richtung Bar und versuchte die Aufmerksamkeit des Barkeepers auf sich zulenken. Der hatte jedoch alle Hände voll zu tun. Die Band hatte aufgehört zu spielen und jeder wollte sich mit einem Drink erfrischen. Es gab ein wahlloses Gedränge aus verschwitzten Körpern an der Bar, als plötzlich hinter mir jemand laut zum Barkeeper schrie: „Hey Eddy, die Band hat Durst!“.
Da stand Joe in seinem verschwitzten System-of-a-down-Shirt neben mir und strich sich typisch die schwarzen Haare aus dem Gesicht, sodass ich seine meeresblauen Augen sehen konnte. Sein Blick fiel auf mich und musterte mich von oben bis unten. Sein Blick verweilte kurz auf meinem Dekolleté, bis er mir in die Augen sah. „Hey, Mia, nicht war?“ Wow, er wusste noch meinen Namen. Ich musste erst einmal tief ein- und ausatmen, bevor ich antworten konnte: „ Ja, stimmt. Echt hammer Auftritt!“
„Danke, war echt geil da oben auf der Bühne. Du bist ja richtig abgegangen!“. Er lächelte. Verdammt hatte er tolle Zähne. Für mich waren Zähne total wichtig. Hatte ein Junge schöne, weiße, gerade Zähne, hatte er schon mal einen plus Punkt. Wir haben alle unsere Ticks.
„Ja, bei guter Musik kann ich einfach nicht ruhig stehen bleiben.“, gab ich zu. Der Barkeeper, Eddy wie ich nun wusste, hob einen Kasten Bier über das Tresen und übergab ihn Joe, der sich auf den Weg hinter die Bühne machte. Noch einmal sah er über die Schulter und rief mir zu: „War cool mit dir zu plaudern, Mia. Wir sehen uns später sicher noch mal!“. Er zwinkerte mir zu und verschwand in der Menschenmenge.
Als Leon endlich mit zwei Bechern zurückkam, starrte ich immer noch in die Richtung in der Joe verschwunden war. Was war den heute nur mit mir los?
„Lass uns nach nebenan gehen.“ Ohne auf eine Antwort zu warten, zog mich Leon an der Hand in den Nebenraum.
Im Q gab es drei große Räume. Den großen Barraum mit der Bühne, aus dem wir gerade kamen, den kleinen sticken Raucherbereich und den 'Cill-out-Room' in den mich Leon mitzog.
Wie überall im Q war hier gedämpftes Licht mit ein paar Schwarzlichtröhren. Hier waren mehrere Couchgarnituren, die zu einer gemütlichen Atmosphäre führten. In diesem Raum war die Musik nicht so laut, sodass man sich gut unterhalten konnte.
In der hintersten Ecke, unserem Stammplatz, saßen alle anderen, außer Marié, die saß mit ein paar Jungs, die wohl im Jahrgang unter uns waren um einen Tisch, der der Tür am nächsten war. Ich nickte kurz in ihre Richtung. Ein paar der Jungs, die bei ihr saßen, kannte ich, doch hatte ich zu keinem wirklich viel Kontakt.
Zielstrebig lief ich zu unserem Stammplatz, eine kleine Zische mit zwei Sofas und zwei Sesseln. Auf dem Tisch standen jede Menge Gläser und Flaschen. Alex und Flo gaben sich wohl mal wieder die Kante. Jan hielt sich immer zurück, wenn Nici dabei war. Er wollte nicht noch mehr Stress wie sonst. Nici saß auf seinem Schoß und spielte mit Jans Haaren. Da nur noch ein Sessel frei war, setzte ich mich einfach auf Leons Schoß.
Von Leons offensichtlichem Desinteresse am Gespräch ließ ich mich nicht beirren und versuchte Anschluss zu bekommen.
„...ich meine ist es denn zu viel verlangt, dass er einmal nicht sturzbesoffen ist?“ heulte sich Julia bei Sophie aus. Aha, Chris war wieder voll und Julia hatte kein Bock für ihn den Babysitter zu spielen. Uninteressant. Ich drehte mich zu dem anderen Sofa auf dem Alex und Flo heftig gestikulierten. „Nein, man. Ich gewinn den Kampf auch in einer höheren Gewichtsklasse.“, motze Alex. Aha, Kick-Boxen. In diesem Fall auch uninteressant. Jan und Nici unterhielten sich gar nicht. Wie immer knutschten sie rum.
Hatten meine Freunde nur langweilige und immer gleich bleibende Gesprächsthemen?
Ich schmollte demonstrativ vor mich hin, als ich eine sanfte Berührung am Rücken spürte. Ganz langsam und sanft fuhren Leons Finger meine Wirbelsäule entlang, bis ich Gänsehaut bekam. Ich schloss die Augen und schauderte. Dieses Gefühl erinnerte mich an früher. Als ich vielleicht drei oder vier Jahre alt war, saß ich ab und an auf dem Schoß meiner Patentante. Dann fuhr sie mit einer Hand unter mein Shirt und strich mit ihren langen Fingernägeln ganz leicht über meine Haut, bis ich Gänsehaut hatte. Wieder breitet sich das bekannte Lächeln auf meinem Gesicht aus. Die Zeit damals war so schön, als ich, der kleine Blonde Engel immer im Mittelpunk meiner Familie stand. Jetzt stand ich im Mittelpunk meiner Freunde. Zumindest bildete ich mir das ein, schließlich hatte im Moment keiner große Lust mit mir zu reden. Aber ich wollte deswegen nicht Trübsal blasen, daher genoss ich Leons Berührungen in vollen Zügen. So gemütlich wie ich da auf seinem Schoß saß, mit geschlossen Augen und vor mich hin träumte, wurde ich so langsam schläfrig.
Schnell machte ich die Augen auf und sah mich um. Alles war wie zuvor. Da es im Q keine Uhr gab, kramte ich in meiner Tasche nach meinem heiß geliebten Sony Ericsson Handy. Ein Blick auf die digitale Uhr verriet mir es war kurz nach Mitternacht.
„Hey Mädels, wie wär´s kommt ihr mit auf die Tanzfläche? Drüben läuft hammer Musik!“, forderte Marié, die sich von ihren Verehrern losgemacht hatte, uns auf. Sophie sprang sofort auf um Julias Geheule zu entkommen. Julia selbst war natürlich dabei um ihrem eigenen Geheule zu entkommen. Die Drei sahen mich fragen an. Auch wenn ich lieber hier sitzen bleiben würde und Leons Zärtlichkeiten genießen wollte, wollte ich keine Spaßverderberin sein. Zudem konnte ich ja wohl nicht hier sitzen und fast einschlafen.
„Jap, ich bin auch dabei. Aber erst mal muss ich noch wohin.“
Die Mädels wussten natürlich was ich meinte und machten sich auf Richtung Damentoilette. „Wir gehen tanzen.“, verabschiedete ich mich von Leon - vorläufig. Schnell hauchte ich ihm noch ein Küsschen auf die Wange, lächelte und warf ihm einen Blick alla „Wir sehen uns noch, Süßer“ zu und verschwand. Als ich mich in der Tür noch mal umsah, starrte er mir immer noch nach. Ein kurzes Zwinkern und ich machte mich auf in die Menge.
Auf der Damentoilette war viel los. Kein Wunder, denn um diese Uhrzeit ging es im Q erst richtig zur Sache. Die fünf Toilettenkabinen waren natürlich besetzt, wie immer, wenn ich dringend mal musste. Meine drei Freundinnen stellten sich natürlich gleich vor den Spiegel und prüften ihr Erscheinungsbild.
„Hat jemand von euch Jorden gesehen?“, wollte Sophie schließlich wissen. Typisch. Ich verdrehte die Augen und erntete böse Blicke von ihr. Schließlich war es aber Marié, die antwortete: „Ja, ich hab ihn vor ner halben Stunde mal gesehen.“. Mit Kajal umrandete sie noch einmal ihre Katzenaugen „Aber Sophie mit dem kannst du heute nicht mehr viel anfangen. Der war rotze voll!“
„Müssen Jungs sich eigentlich immer betrinken?!“ War ja klar, dass Julia auf dieses Thema nicht gut zu sprechen war. Ihr Freund war da keine Ausnahme. Oft genug war Chris so besoffen, dass er nicht mehr alleine nach Hause kam.
Ich spülte, riss die Tür mit Schwung auf und rief:“ Mädels, dann müssen wir uns eben auch betrinken!“ Eine Sekunde starrten sie mich perplex an und lachten dann lauthals los. Auch ich stimmte mit ein, als ich meine Hände wusch.
„Na, los. Vor uns liegt eine lange Nacht und wir lassen es jetzt richtig krachen!“ Mit dieser Kampfansage machten wir uns auf den Weg zur Bar.
Bei Eddy bestellten wir eine Runde „Ficken“, was zugegeben im ersten Moment etwas peinlich war, aber bei der zweiten, dritten und vierten Runde machten wir uns darum keine Gedanken mehr. Schließlich folgten wir unserem Plan und stürmten die Tanzfläche. Gerade lief ein Remix des Black Eyed Peas Song „I gotta feeling“. Ein tolles Lied um mit den weiblichen Reizen zu spielen, was wir vier in diesem angetrunken Zustand durchaus gut hinbekamen. Wild shackten wir alles was wir hatten, hielten uns an den Händen und tanzten wie verrückt. Der ein oder andere hätte unseren Tanzstyle durchaus als 'dirty' bezeichnet. Natürlich wurden die Kerle ziemlich schnell auf uns aufmerksam. Hier und da verschenkten wir ein süßes Lächeln und es ging nicht lange, da hatte ein süßer Typ schon die Hände auf Julias Hüften und schwang seine Hüften mit ihr im Takt. Auch Julia, die versuchte ihren betrunken Freund für einen Moment zu vergessen und Marié hatten bald einen Tanzpartner gefunden. Um nicht allein herumtanzen zu müssen, nahm ich es gern an, als sich zwei starke, braune Männerhände um meine Mitte legten. Ohne mich umzudrehen, tanzte ich mit ihm. Seine Hände strichen immer wieder sanft über meine Oberschenkel und blieben schließlich auf meiner Hüfte liegen. Ganz nah zog er mich an seinen Körper, bis zwischen uns keine Luft mehr war. Zusammen im gleichen Rhythmus bewegen sich unsere Hüften. Wir tanzten wild und ohne Verbote. Was ich eigentlich nur selten tat, wenn ich unterwegs war. Normalerweise war ich keins der Mädchen, die ihren Hintern an intimen Stellen von Jungs rieb, aber darüber machte ich mir in diesem Moment gar keine Gedanken. Der Alkohol war mir zu Kopf gestiegen und ich ließ mich ganz in die starken Hände fallen, bis ich plötzlich von genau diesen Händen einmal um mich selbst gedreht wurde. Es ging so schnell, ich hätte fast das Gleichgewicht verloren, doch die Hände fingen mich sicher auf. Noch bevor ich sehen konnte mit wem ich da die ganze Zeit getanzt hatte, lagen seine Lippen auf meinen. Unglaubliche Lippen muss man dazu sagen. Volle, weiche und wunderschön zärtliche Lippen. Bei solchen Lippen konnte ich einfach nicht still halten. Ich ging voll auf die sanften Berührungen ein und verlor mich absolut darin. Die Musik in meinen Ohren wurde zu einem undeutlichen Rauschen und ich verlor jedes Gefühl für Raum und Zeit. Ich spürte nur noch die warme, feste und doch weiche Umarmung, die wunderbaren Lippen auf meinen und die Schmetterlinge, die wild durch meinen Bauch flatterten und mich ganz verrückt machten. Und dann war da noch dieser wunderbar süßliche Duft. Ein Duft, den ich zu hundert Prozent kannte und plötzlich wunderte ich mich, dass ich ihn nicht gleich wieder erkannt hatte. Widerwillig, aber bestimmt beendete ich den Kuss und sah grinsend in die unglaublich schönen, braunen Augen von Leon.
Auch er grinste mich breit an. Warum ist mir nicht schon früher aufgefallen, was für ein atemberaubendes Lächeln er hatte? Noch immer rauschte das Blut in meinen Ohren und ich war unfähig nur einen klaren Gedanken zu fassen. Das Einzige, was ich wollte, waren weitere heiße Küsse von Leon. Stürmisch und wild entschlossen wie ich nun mal war, schnappte ich mir seine Hand und zog ihn durch die tanzende Masse, ohne nach links oder rechts zu sehen und ohne meinen Mädels etwas zu sagen. Ich steuerte auf das Ende des Raumes zu, an die Wand. Ohne große Worte zog ich ihn an mich heran. Mit dem Rücken stand ich zur Wand und legte meine Arme um seinen Hals. Noch einen Blick in seine tollen Augen und seine Lippen fanden wieder meine. Erst waren die Küsse noch zaghaft und zärtlich wie auf der Tanzfläche, doch schon bald wurden unsere Lippen fordernder. Langsam und sehr sanft strich seine Zunge über meine Unterlippe und stieß zärtlich gegen meine Zunge. Ich schmolz dahin wie die Butter in der Sonne. Hatte mich schon einmal jemand SO geküsst? Mit so viel Gefühl und Leidenschaft, so zärtlich und doch so wild. Einfach wunderbar.
Ewig hätte ich dort stehen können, an die Wand gelehnt, Leon so nah, dass kein Millimeter Platz zwischen uns war und mit seinen heißen Küssen, die nicht nur an meine Lippen gingen, sondern auch meinen Hals hoch und runter wanderten. Oh, dieser Mensch macht mich einfach verrückt, dachte ich, als seine Lippen anfingen sanft an meinem Hals zu saugen und zu beißen, zärtlich und sanft wie Leon nun mal war. Meine Finger krallten sich in seine kurzen, braunen Locken und ein leises, heißeres Stöhnen entfuhr meinen Lippen. Seit einem Jahr saß ich jeden Tag in der Schule neben diesem Jungen. Er war quasi mein bester Freund. Ich erzählte ihm so gut wie alles, wie er auch mir. So oft hatten wir uns schon berührt. Ganz ohne diese sexuelle Spannung, die da zwischen uns knisterte und so oft hatten wir zusammen gefeiert. Wie kam es also dazu, dass wir jetzt die Finger nicht mehr voneinander lassen konnten? Ich war total verwirrt, als ich aus irgendeinem Grund die Augen öffnete und vor mir Sophie sah. Genervt drückte ich Leon leicht von mir weg, um mit Sophie reden zu können. Leon verstand meine Geste und stellte sich neben mich an die Wand.
„Ich stör euch zwei ja nur ungern, aber wir gehen auf den nächsten Bus. Kommst du mit?“ fragte sie und sah mich belustigt an. Natürlich wollte ich nicht gehen, das heißt nicht ohne Leon, der gerade eine meiner Locken um seinen Finger drehte. Ein kurzer Seitenblick zu ihm und ich verstand.
„Öhm. Nein, ich schlaf bei Leon. Er wohnt nur zwei Straßen weiter!“ Ich hoffte inständig Sophie hörte die Erregung, die in meiner Stimme mitschwang nicht. Sie lächelte nur und meinte cool: “Alles klar, viel Spaß noch, bye!“ Sobald sie sich umgedreht hatte, zog Leon mich wieder dicht an seinen Körper. Sophie sah sich noch mal um „Mia, ich ruf dich morgen mal an!“. Dazu zwinkerte sie und warf mir eine Kusshand zu. Klar, am nächsten Tag würden wir ausführlich über die Nacht reden. Lächelnd schüttelte ich den Kopf.
„Wollen wir auch gehen?“ flüsterte Leon mir zwischen zwei Küssen ins Ohr. Mein Verlangen nach ihm war so groß, dass ich am liebsten sofort aus dem Q gestürmt wäre, doch SO offensichtlich wollte ich mein Verlangen nach ihm nicht zeigen, daher meine ich nur: „Ist mir egal, entscheide du“. Er hatte wohl auch das starke Verlangen nach mir, denn nach einem letzten kurzen Kuss zog er mich an der Hand durch die Menge Richtung Ausgang.
Hier und da sah ich bekannte Gesichter, doch ich folgte Leon schnell durch die Menge.
Draußen angekommen kramte ich erst mal in meiner Tasche nach meinem Bolero. Die Luft hatte abgekühlt und es wehte eine frische, abendliche Sommerprise. Da mein Shirt etwas feucht vom Schweiß war, schauderte ich kurz. Da nahm mich Leon einfach fest in den Arm. Ich spürte, dass auch sein Shirt vom Schweiß leicht feucht war und doch roch er einfach himmlisch. Tief sog ich seinen Geruch ein und wärmte mich in seiner Umarmung. Mir war gar nicht bewusst wie spät es geworden war, als ich die Kirchuhr drei Uhr nachts schlagen hörte. Ja, das war eine gute Zeit um nach Hause zu gehen. Das dachte wohl auch Leon, denn er löste sich von mir, nahm meine Hand und lief los.
Tag der Veröffentlichung: 04.06.2010
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