Aus dem Tagebuch eines Katers
Heute habe ich meine alten Tagebücher wieder entdeckt und ein paar Seiten überflogen. Jetzt – als erwachsener Kater mit reichlicher Lebenserfahrung - kann ich darüber lächeln, aber damals war es schon spannend, aufregend und natürlich mit einer ungewissen Zukunft behaftet.
Wenn ihr möchtet, könnt ihr mich durch die ersten Tage unseres „Exils“ begleiten ...
Tag 1 – Ankunft im Tierheim
So schlimm wie ich dachte ist es nicht. Es gibt Futter und Wasser und eine Toilette ist auch vorhanden. Die Reise in dem Blechkasten war anstrengend, weil ich nicht in Ruhe schlafen konnte. Meine blöde Schwester hat fast die ganze Zeit geschrien. Und schon ohne ihr Geschrei war es sehr laut und hat erbärmlich gestunken.
Und nun schläft sie, anstatt mir bei der Erkundung der Umgebung zu helfen. Ich werde sie mal etwas ärgern und auf sie drauf springen …
Tag 2 – Eroberung einer neuen Welt
Gestern Abend hat sie mich noch verhauen, aber danach haben wir ausgiebig herumgetobt. Heute haben wir alles genauestens untersucht und viel interessantes entdeckt.
Eines ist gemein: meine Schwester kann höher springen als ich – sie erreicht deshalb viel bessere Aussichtsplätze. Außerdem ist sie stärker als ich und wenn ich nicht aufpasse, schubbst sie mich einfach zur Seite oder verprügelt mich.
Ich hätte nicht erwartet, das es im Tierheim so schönen Flatterdinge gibt wie zu Haus. Eigentlich sind die ja der Grund, weshalb wir hier gelandet sind. Wir werden die erstmal noch in Ruhe lassen.
Dann gibt es eine Stelle, aus der manchmal Wasser heraus kommt. Es macht Spaß, dort zu trinken und mit dem Wasser zu spielen. Der neue Mensch macht ab und zu Krach, wenn wir unsere Krallen schärfen.
Anscheinend hat er noch nicht gelernt, das so etwas wichtig ist, wenn man scharfe Krallen haben möchte. Und aus Büchern darf ich nichts herausbeißen.
Tag 3 – eine Basteleinheit
Heute war der neue Mensch sehr beschäftigt. Erst wurden viele interessante Dinge ausgepackt (dabei haben wir mitgeholfen und in den Kartons Verstecken gespielt) und dann ein Metallkasten auf den Tisch gelegt. Dann passierte eine ganze zeitlang nichts und wir haben ein Nickerchen gehalten. Als er dann damit beschäftigt war, Dinge in den Kasten zu tun, haben wir uns in einem unbeobachteten Moment an dem Geschehen beteiligt. Meine Schwester hat einen Fuß angegriffen – richtig professionell mit Krallen und Zähnen. Und ich bin im gleichen Moment mit einem Riesensatz vom Sofa auf den Tisch, dann mit dem Schwung durch eine Öffnung in den Kasten hinein gerutscht und hab grad noch einen Finger erwischt, bevor der weggezogen werden konnte.
Dann hat der neue Mensch mit uns gespielt. Aber er muss noch viel lernen. Wenn er diesen Wischlappen zu hoch herumschwenkt, können wir den nicht fangen, weil wir noch nicht überall hinkommen. Ein Eimer mit viel Wasser gefüllt ist aufgetaucht. Als der neue Mensch meine Schwester von der Eimerkante gehoben hat, habe ich die Chance genutzt und versucht, ein großes nasses Teil aus dem Wasser zu ziehen,. Naja. Ich wäre wohl im Eimer gelandet, wenn er mich nicht so schnell gepackt hätte. Das nasse Teil war ganz schön schwer und ich hab meine Krallen nicht so schnell heraus bekommen. Deswegen konnte ich auch nur in eine der Hände beißen.
Dann hat er Fußböden nass gemacht. Einmal bin ich zu schnell darüber gelaufen, ausgerutscht und auf der Seite liegend auf den Futternapf zu gerutscht. Ich kann jetzt auch im Liegen essen.
Tag 4 – Leider nur ein Ausflug
Nach einer ereignisreichen Nacht durften wir in unseren Transportkorb. Dann kamen wir wieder in diesen stinkenden lauten Blechkasten. Zuerst dachten wir, das es zurück nach Haus geht und unsere Zeit im Exil beendet ist. Wir haben ja alle Flatterdinge nicht beachtet, auch wenn es uns schwer gefallen ist. Obwohl – genau genommen nicht SO schwer, weil wir nicht heran gekommen sind. Aber das muss ja niemand wissen …
Wir waren schnell am Ziel. Wir haben neue Menschen kennen gelernt. Und zwei grüne Vögel mit schwarzen Köpfen. Ich durfte mir die nicht näher ansehen. Dann sind wir wieder zurückgefahren. Ich habe keinen der Vögel mitbekommen.
Später haben noch gut miteinander und mit dem neuen Menschen gespielt. Warum werden Menschen manchmal so laut? Anscheinend wissen sie nicht, dass man nur mit Zähnen und Krallen richtig spielen kann.
Tag 5 - Sprungübungen
Heute war der neue Mensch auf einmal weg. Vielleicht war er böse, weil ich versucht habe, die kleine Bürste aus seinem Mund zu ziehen. Er weiß wohl nicht, dass man so etwas nicht essen kann. Und das ich dann auf seiner Schulter das Gleichgewicht verloren habe, weil er sich so plötzlich bewegt hat und meine Krallen nicht in seiner Überhaut gehalten haben – dafür kann ich nun wirklich nichts.
Wir haben einen neuen Schlafplatz voller Kissen und Decken entdeckt. Man kann wunderbar dort spielen und es gibt viele Verstecke.
Ich kann jetzt schon richtig gut vom Boden auf den einen Tisch springen. Manchmal hab ich etwas zu viel Schwung und dann liegen nach einem Sprung Dinge auf dem Boden, die vorher nicht da waren.
Als der neue Mensch dann wieder da war, hab ich ihm das gleich gezeigt. Aber statt sich mit mir über meine Fortschritte zu freuen, war er nicht begeistert und hat mich immer vom Tisch herunter gehoben und auf den Boden gesetzt. Ich habe aber nicht aufgegeben und noch etliche Male versucht, ihn mit meinem neuen Können zu erfreuen.
Tag 6 – Wasser- und andere Spiele
Die vergangene Nacht war sehr unterhaltsam. Der neue Mensch hat stundenlang mit uns gespielt. Er hatte sich im neuen Schlafplatz versteckt, aber wir haben ihn schnell entdeckt. Zuerst haben wir so getan als hätten wir ihn nicht bemerkt und haben über die Kissen Verfolgungsjagd gespielt. Dann hat er sich beteiligt und versucht, uns mit einem kleinen Ding, aus dem Wasser herauskam, zu treffen. Manchmal hat es geklappt, aber meistens waren wir schneller. Als wir dann müde wurden und uns an ihn kuscheln wollten, um das nasse Fell zu trocknen, war er nicht begeistert.
Heute haben wir zu dritt am Metallkasten weiter gespielt. Der stand zwischendurch auf dem Boden und als meine Schwester da entlang gehen wollte, versperrte ihr ein bunter Faden auf Maulhöhe den Weg. Sie hat einmal zugebissen und danach waren es 2 Teile, die herunter hingen. Der Mensch hat auch bewundernd geschaut und etwas wie: „Das gibt es doch nicht – das Lüfterkabel ist glatt durch“ gesagt. Jetzt kann man auch wieder auf und um den neuen Schlafplatz herum toben. Der Teppich ist fast trocken – ich liebe Wasser, aber nasse Füße mag ich nicht so sehr.
Tag 7 – Die Welt ist ungerecht ….
Wir haben heute Nacht wieder mit dem Menschen gespielt – zuerst gab es viel Wasser und viel Spaß. Dann ist das kleine Wasserspritzteil kaputt gegangen. Und wir wurden ausgesperrt. Wir haben noch längere Zeit nach einem Weg unter der Tür hindurch gesucht, aber leider nichts gefunden. Graben hat auch nichts zu Tage gefördert. Und niemand kam zur Hilfe, obwohl wir lange und laut gerufen haben. Der Rest der Nacht war langweilig.
Der neue Mensch lässt sich nicht erziehen. Zum einen – warum muss er unbedingt in Bücher schauen, wenn er mit uns spielen könnte?! Und dann – wie sollen wir uns ohne Krallen an seinen Händen festhalten?! Das geht gar nicht. Andauernd hat er mich und meine Schwester von seinen Händen entfernt und auf den Boden gesetzt. Und wir mussten schauen, wie wir wieder an seine Hände heran kommen. Und geschimpft hat er auch.
Ich bin ja sehr geduldig, aber dann hat es mir gelangt und ich bin über die Sofarückenlehne zu ihm hin gegangen. Und ich hab ihm einen kräftigen Klapps auf den Hinterkopf gegeben. Anstatt sich endlich richtig zu benehmen, hat er noch lauter geschimpft und mich immer auf den Boden gesetzt, sobald ich aufs Sofa gehüpft bin ...
Und eines verstehe ich nicht. Warum hat meine Schwester einen schönen und kurzen Namen bekommen?! Und ich – ich werde vom neuen Menschen KaterkommstduSOFORTdarunter genannt....
Ich kann mich noch gut an unser erstes Zuhause erinnern – es war eine schöne Zeit dort mit allen 5 Geschwistern, Mutter und Vater, einer meiner Omas und vielen Tanten.
Ich weiß jetzt natürlich, das „Flatterdinger“ Gardinen sind und das Menschen es nicht gut finden, wenn eine Katze darin empor klettert (auch wenn es mir immer noch Spaß bringen würde...). Wir kleinen Fellkugeln haben es geliebt, nach den Gardinen zu tatzen, wenn der Wind diese bewegt hat und als wir etwas größer waren, sind wir natürlich auch in den Gardinen hoch geklettert.
Und ich weiß auch, das unser „erster“ Mensch nur mit dem Tierheim gedroht hat – in der Hoffnung, das einmal wohlgeratene Katzen aus uns werden und die Gardinen überleben.
Wir wohnen jetzt schon über 5 Jahre hier und haben eine Übereinkunft in Bezug auf das Zusammenleben mit unserem Menschen geschlossen. Das funktioniert ganz gut und meistens halten sich alle Parteien daran. Einen schönen Namen habe ich auch bekommen – auch wenn der Mensch manchmal nur „du“ zu mir sagt. Ich bin jetzt mehr als doppelt so schwer wie die Katze und wenn es sein muss, verhaue ich sie....
Tag der Veröffentlichung: 22.09.2011
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