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Prolog




Was hatte er sich nur dabei gedacht, er hätte bei der Kapsel bleiben sollen, er hätte warten sollen verdammt nochmal.
Waren es drei oder vier Stunden die er jetzt schon in diesem seltsamen Wald herum irrte und sich an allen möglichen Pflanzen die Haut zerschnitt?
Es hatte keinen Sinn! Er blieb stehen, schloss die Augen und atmete tief durch, dann öffnete er die Augen wieder und schaute sich um.
Die Fauna und Flora die sich um ihn herum erstreckte wirkte auf ihn einschüchternd und ungewohnt.
Spiralförmige Bäume, kleine geflügelte Lebewesen mit riesigen Augen, große Birnenförmige Früchte in denen Tiere schwammen die aussahen wie Fische.
Sollten Wälder so aussehen? Jedes Mal wenn er versuchte sich zu erinnern, hinderte ihn eine Wand in seinem Bewusstsein auf die Information zuzugreifen.
Er wusste nur intuitiv dass, er hier noch nie gewesen sein konnte. Die Luft war seltsam feucht und er hatte Schwierigkeiten zu atmen. Außerdem fiel ihm das Laufen viel zu leicht, seine Knie schossen beim Gehen in die Luft als würde er zu viel Kraft aufwenden.
Er konnte sich nicht erinnern, jedoch war er sich sicher, dass hier etwas nicht stimmte.
Er wollte dieses seltsame Bild der Natur um ihn herum mit einem anderen vergleichen, mit einer Erinnerung auf die er nicht zugreifen konnte.
Das letzte woran er sich erinnerte, war, dass er in dieser unbequemen Kapsel aufgewacht war, sie hatte ein kleines Fenster gehabt, sodass er sehen konnte, dass er sich wohl Unterwasser befunden hatte.
Dann hatte er den grünen Knopf, der über seinem Kopf wie verrückt geblinkt hatte, gedrückt, und die Kapsel, mit ihm darin , war wie ein Kanonengeschoss in die Höhe befördert worden und hatte die Wasseroberfläche druchbrochen.
Sein Flug endete als er und seine enge Behausung auf einen Strand knallten, wobei die Kapsel aufsprang und er rollend, aber unbeschädigt, nach Außen befördert wurde.
Als er sich dann aufgerappelt hatte, untersuchte er kurz die Überreste seiner Kapsel, nur um festzustellen, dass außer den Worten „Demian 00004“ nichts zu finden war, womit er im Geringsten etwas anfangen konnte.
Er erinnerte sich an absolut gar nichts, nicht an seinen Namen nicht an seine Vergangenheit, schon gar nicht an seine Kindheit oder den Ort von dem er wirklich herkam.
Und statt zu warten, dass ihn dort an dem übersichtlichen Strand jemand fand, war er in den, beunruhigend dicht durchwachsenen, Wald getorkelt.
Nun war er hoffnungslos verloren, und nichts schien einen Sinn zu ergeben.
Sollte er vielleicht einfach versuchen zurück zu den Überresten der Kapsel zu gehen?
Ach, was machte er sich vor, er wusste nicht einmal zwischen welchen zwei seltsam geformten Bäumen er zuletzt gestolpert war.
Wenigstens war es angenehm warm und die Lebewesen um ihn herum machten bis jetzt keine Anstalten ihn zu zerfleischen.
Er ging frustriert weiter, vielleicht würde er, wenn er es schaffte sich lange genug geradeaus zu halten, auf jemanden stoßen, vielleicht auf ein kleines Dorf.
Plötzlich schossen ihm Bilder von Häusern und Menschen vor Augen.
Abrupt blieb er stehen und versuchte aufgeregt den Moment weiter auszureizen und noch mehr Bilder hervorzurufen... doch er stieß wieder auf eine weiße Wand, und zu allem Überfluss trat nun auch noch ein stechender Schmerz in seinem Kopf ein.
Wieder setzte er sich in Bewegung, inzwischen hing der enge graue Anzug in dem er aufgewacht war nur noch in Fetzen von seiner Haut und bot kaum noch Schutz vor den Dornen die an manchen der bunten Pflanzen wuchsen.
Nach einer weiteren gefühlten Stunde, die er durch pinken Farn, gestolpert war, entdeckte er durch die Bäume endlich etwas, dass aussah wie eine Lichtung.
Erleichtert rannte er in das Licht der orangenen Sonne, die nun nicht mehr von den Blättern der riesigen Bäume versteckt wurde.
Er lief, bis er ungefähr in der Mitte der riesigen Lichtung angekommen war, dabei genoss er sich endlich wieder frei bewegen zu können, er ließ sich auf den weichen Boden fallen und atmete den Duft der roten feuchten Erde tief ein.
Erschöpft rollte er sich auf den Rücken und machte sich lang.
Lange lag er dort und schaute nachdenklich in den Himmel. Das ganze kam ihm vor wie ein unheimlicher Traum, und er realisierte langsam, dass er nicht aufwachen würde.
Er schloss die Augen und dachte nach. Was wenn es hier niemandem außer ihm gab, oder was, wenn es jemanden gab der ihn verletzen oder töten würde, wenn er ihn fand, oder was, wenn er etwas giftiges aß und einen qualvollen Tot starb, wobei sein Gesicht eine Farbe annehmen würde, die zu den Pflanzen und Tieren dieser verrückten Welt passen würde.
Nein!

dachte er. Er hatte zwar keinen Schimmer wie das ganze begonnen hatte, aber er war überzeugt, so konnte es nicht enden.
Er musste sich zusammenreißen, er musste versuchen sich zu beruhigen und zu sammeln. Seine Gedanken wurden durch ein seltsames Geräusch unterbrochen, es war etwas anderes als das Summen der Insekten und das Rauschen des Windes in den Bäumen, er lauschte.
Es war wie ein Knacken, nein, mehr wie ein Knistern.
Vorsichtig setzte er sich auf. Egal was es war es wurde von etwas oder jemandem, das sich hinter ihm befand verursacht.
Er sah über die Schulter, sehr darauf bedacht keine raschen Bewegungen zu machen.
Ein riesiges Tier kauerte drei Meter von ihm entfernt auf dem Boden.
Sein Blut gefror und er hielt den Atem an.
Das Tier bewegte sich, und er brauchte einen Moment um zu erkennen, dass es den Kopf gesenkt hatte und ihn wahrscheinlich nicht bemerkt hatte.
Es war rot und hatte lange Vorderbeine, oder waren es Arme?, die mit gelben Streifen überseht waren.
Mit so etwas wie Händen, die mit langen Krallen bestückt waren, schien es etwas im Boden zu suchen, langsam kam es auf ihn zu.
Jetzt wo es etwas näher kam, konnte er erkennen, dass es den Boden aufgrub, ab und zu hob es dabei eine Ladung roter Erde zu dem blauen Schnabelförmigen Mund und fraß sie auf nachdem es sie mit Zähnen, die er nicht entdecken konnte, kaute, wobei es dieses unheimliche Knistern erzeugte.
Er saß dem Tier nun direkt gegenüber, es war nur eine Frage der Zeit, bis es ihn bemerken würde.
Die langen Krallen die bei jeder Bewegung das Sonnenlicht reflektierten, machten, während er dort bewegungslos saß, keinen sehr beruhigenden Eindruck auf ihn.
Er wagte es nicht sich zu bewegen, krampfhaft versuchte er seine, ohnehin schon erschwerte Atmung, zu verlangsamen.
Bevor er einen genialen Plan aushecken konnte, mit dessen Hilfe er aus dieser heiklen Situation entfliehen konnte, warf das Tier den Kopf hoch und erhob sich auf seine kräftigen Hinterbeine.
Er schlug sofort die Hände über den Kopf und schloss die Augen, bangend wartete er auf die scharfen Krallen die seinen Bauch aufschlitzen- und auf den riesigen Schnabel der seinen Schädel, wie eine Walnuss, aufknacken würde.
Doch, nichts von dem passierte, es passierte rein gar nichts.
Er hörte nichts und nachdem er noch einen langen Augenblick, in seiner Abwehrposition kniete und abwartete, öffnete er schließlich die Augen.
Das Tier hatte ihm den Rücken zugedreht und den Hals zu seiner vollen Länge ausgestreckt.
Nun ragte auch noch etwas, dass aussah wie ein gelber rotgesprenkelter, Fächer auf seinem Kopf empor und drehte sich von einer Seite zur anderen, als würde es, wie eine Satellitenschüssel, ein bestimmtes Signal empfangen.
Es machte den Eindruck als würde es etwas bemerkt haben, was sich in der Ferne, auf der anderen Seite der Lichtung abspielte.
Er richtete sich ein wenig auf und machte sich daran, nun da das Tier abgelenkt war, rückwärts auf Knien davon zu kriechen.
Doch jetzt musste auch er innehalten, denn wieder hörte er etwas, dieses Mal ein dumpfes Klopfen, dass immer lauter wurde, seine Knie und Hände fingen an zu zittern, oder war es der Boden der sich bewegte?
Es wurde so stark, dass er das Gleichgewicht verlor und auf die Seite kippte, sodass sein Kopf in dem gelben Gras landete.
Nun, da sein Ohr in unmittelbarer Nähe zum Boden lag, erkannte er, endlich das Geräusch.
Es war kein Klopfen, es war Getrampel, er hob wieder den Kopf und erkannte in der Ferne, gut 100 Meter entfernt von ihm, eine panische Herde rotgefärbter Tiere die in rasendem Tempo auf ihn zu galoppiert kamen.
Viel zu spät sprang er auf, gerade als das Tier, ohne ihn eines Blickes zu würdigen, mit einem langen Satz haarscharf an ihm vorbei sprang und ihn damit wieder auf den Boden beförderte.
Nur wenige Meter von ihm entfernt sah er wie seine Artgenossen mit vor Angst geweiteten Augen, sich näherten, wobei sie aneinander stießen und furchtbare angsterfüllte Geräusche von sich gaben.
Er rappelte sich auf, drehte sich auf dem Absatz um und rannte, obwohl es unmöglich war der Herde auszuweichen oder ihr davon zu laufen.
Es war vergebens die Gruppe war nun zu nah und er konnte sich auf dem vibrierenden Boden nicht mehr halten.
Er fiel und folgte dem Impuls sich zu einer Kugel zusammen zu rollen.
Es dauerte nicht lange bis sie ihn aufgeholt hatten.
Hunderte von Pranken streiften ihn hart und schleuderten ihn hin und her, es fühlte sich wie eine Ewigkeit an, in der er die Zähne zusammenbiss und versuchte seinen Kopf zu schützen und gleichzeitig die Arme fest um die Knie verankert zu lassen.
Er hörte Knochen brechen als auf ihn getreten wurde, sein Mund füllte sich mit Blut, und er rang nach Luft, dann endlich ließ der Schmerz nach und es wurde schwarz um ihn herum.

Eden



Kapitel 1. Eden

Es war wieder Nacht geworden in Nim als Eden mit ihren Einkäufen in die Bahn stieg.

Ihre Hände schmerzten von dem Gewicht der Tüten die sie mit ihren Fingern fest umschloss.
Wie immer hatte sie sich, beim einpacken, verschätzt und die beiden Tüten waren hoffnungslos überfüllt.
In einem unruhigen Rhythmus verlagerte sie das Gewicht von einem Finger auf den anderen.
Als die Türen sich hinter ihrem Rücken geräuschlos schlossen und das vertraute Rauschen der sich in Bewegung setzenden Bahn erklang, hob sie ihren Kopf und schaute sich um.

Wie immer um diese Zeit drängten sich erschöpfte Fahrgäste aneinander, mit leerem Blick warteten sie darauf der stickigen Luft und jene mit der sie, sie teilten zu entfliehen und sich nach einem langen Arbeitstag in ihr Bett fallen zu lassen.
Auch Eden hatte den Tag damit verbracht in dem Restaurant von Max, ihrem Pflegevater, zu arbeiten, sie kellnerte gerne dort doch der Job war anstrengend und es lief nicht gut.
Das Restaurant verlor zusehends an Beliebtheit und es gab praktisch nichts was sie dagegen tun konnten.
Sie dachte an Max, der heute beschlossen hatte nicht nach Hause zu kommen, wie er dort wahrscheinlich deprimiert an seinem Schreibtisch saß, den schweren Kopf in die Hände gestützt . Eden wusste, dass er das Restaurant verkaufen wollte, wahrscheinlich versuchte er Penny so weit es ging aus dem Weg zu gehen.
Das Restaurant war ihr Traum gewesen und Penny, Edens Pflegemutter, wollte versuchen ihn so lange wie möglich am Leben zu erhalten.
Durch gesenkte Lieder ließ sie ihren Blick schweifen und untersuchte ihre Umgebung.
Sie ignorierte die hell erleuchtete Stadt, die in demFenster immer weiter in die Ferne glitt, ignorierte das Wasser das von den Schienen hochgeschossen wurde und von außen an die Scheiben klatschte.
Sie suchte nach etwas Bestimmtem, etwas ungewöhnlichem.
Sie suchte nach einem Menschen.
Und tatsächlich fand sie zwischen den ganzen langhaarigen Gestalten einen kurzen blonden Schopf.
Er gehörte einem Mann, der sich Mühe gab in der Masse der blauhaarigen Kio unterzugehen.
Sie hatte ihn noch nie gesehen und nahm an, dass er auf der Durchreise war und den umliegenden Menschensiedlungen Nims nicht angehörte.
Unruhig spielte er mit seinen Händen und versuchte verkrampft seinen Blick auf das Fenster zu richten, obwohl in dem dunkel der Nacht draußen nun fast nichts mehr zu erkennen war.
Ein wenig enttäuscht wandte sie den Blick ab, er war nicht der Mensch den sie suchte und den sie so sehr vermisste.
Nicht der Mensch der auf unerklärliche Weise einfach aus ihrem Leben verschwunden war.
Sie wollte nicht daran denken, seit Tagen tat sie fast nichts anderes.
Erschöpft kippte sie ihren Kopf in den Nacken und betrachtete ihr Spiegelbild in dem gläsernen Dach des Wagons.
Die kurzen zerzausten Haare des Mädchens das ihr entgegenblickte fingen gerade am Haaransatz an, von einem tiefen ultramarinblau in ein kaltes schneeweiß, zu wechseln.
Bald würde ein Sturm kommen.
Einige der Umstehenden Kio deren Haare den gleichen beunruhigenden Ton annahmen zogen ihre Mäntel zu und blickten besorgt in Richtung Himmel.
Auf dem Dach landeten schon geräuschlos die ersten Tropfen.
Eden war nicht so dumm die Stürme zu unterschätzen die am Anfang des Jahres ihr Land heimsuchten, nur weil etwas häufig vorkam war es noch lange nicht harmlos.
Sie dachte an ihre Schwester Nia, die wieder einmal eine Nacht in der Stadt bei „Freunden“ verbrachte.
Auch, wenn sie keine Blutgeschwister waren standen sie sich sehr nahe, und Eden machte sich sorgen um sie.
Früher waren sie diese Strecke zusammengefahren, doch in letzter Zeit ließ sich Nia kaum noch zuhause blicken.
Ihre Schwester leugnete es doch Eden wusste, dass sie sich sehr oft mit einem Kio herumtrieb.
Wie ihre Eltern war Nia ein Mensch und es war äußerst ungewöhnlich, dass ein Kio sich so intensiv für sie interessierte.
Seit Lio das erste Mal das Restaurant ihres Vaters betreten hatte, konnten die beiden nicht voneinander lassen.
Ihre seltsame Beziehung wurde misstrauisch beäugt, und besonders die Menschen zweifelten an Lios Absichten.
Wie konnte es sein, dass ein Kio einen Menschen so nah an sich heran ließ?
Auch Eden dachte häufig darüber nach und vertraute der Sache nicht.
Sie dachte daran, dass Lorna, ihre verrückte alte Nachbarin, immer sagte, dass es Nia Unglück brächte, dass ihre Eltern ihr den Namen des Planeten gegeben hatten auf dem sie leben.
Nia.
Sie dachte daran ob es vielleicht stimmte.
Wie ihre Mutter, bezweifelte sie, dass Nia bei Lio sicher war.
Ihre Schwester hatte sich einfach angewöhnt niemandem genau zu sagen wohin sie ging, wenn sie nach der Arbeit in Richtung Stadtzentrum tänzelte.
Bestimmt kam sie morgen früh mit glasigen Augen für ein kurzes Frühstück und eine gepfefferte Predigt ihrer Mutter nach Hause, nur um gleich wieder zu verschwinden.
Eden seufzte, wahrscheinlich machte sie sich zu viele Gedanken, Nia war immerhin 20 und damit 3 Jahre älter als sie, sie konnte auf sich selbst aufpassen.
Nachdenklich betrachtete sie ihre hellblauen Augen in der beschlagenen Scheibe.
Vielleicht sollte sie mit Nia reden.
Es war schon lange her, dass sie sich richtig unterhalten hatten.
Früher hatten sie sich jede Nacht im Flüsterton Geheimnisse erzählt und solange geredet bis eine von ihnen so laut aufgelacht hatte, dass die Tür aufsprang und Penny sie mit drohendem Finger ermahnte zu schlafen.
Damals wussten sie noch alles voneinander.
Morgen früh würde sie mit ihr reden.
Entschlossen richtete sie ihren Blick wieder nach vorne.
Sie war so in Gedanken versunken gewesen, dass sie nicht bemerkt hatte, dass der Mensch ausgestiegen war und stattdessen ein junger Kio auf seinem Sitzplatz saß und sie neugierig beäugte.
Hatte er die ganze Zeit schon hergesehen?
Eden wusste, dass sie für andere Kio interessant wirkte und hatte sich an neugierige Blicke gewöhnt.
Sie sah äußerst ungewöhnlich aus für eine ihrer Spezies und unterschied sich nicht nur im Aussehen von ihren Artgenossen.
Ihre Haare wuchsen auch nach dem Alter von 14 Jahren noch.
Bis jetzt hatte sie noch keinen Kio getroffen der das von sich behaupten konnte.
Um sich von ihnen zu unterscheiden und um bei den Menschen, bei denen sie lebte, nicht so stark aufzufallen, hatte sie sich die Haare kurz geschnitten.
So war es nicht so stark sichtbar, wenn ihre Haare bei einem starken Wetter oder Stimmungsumschwung die Farbe änderten.
Den Kio waren ihre Haare heilig, sie liessen sie bis zum Alter von 14 Jahren wachsen,
solange bis sie ihre entgültige Länge erreicht hatten, dann schnitten sie, sie nie wieder ab.
Den meisten reichten ihre Haare bis zum Bauchnabel.
Die Länge der Haare war ein Schönheitsideal, und sie wussten sie mit den kompliziertesten Frisuren in Szene zu setzten.
Was Eden noch von den anderen unterschied war ihre Größe, sie war weitaus kleiner und schmächtiger als die meisten ihrer Artgenossen, ihre Haut war nicht so glatt und hart und zog auch nicht so viel Wasser an wie die, der anderen Kio.
Ihre Art brauchte permanente Feuchtigkeitsversorgung um nicht auszutrocknen, daher zog ihre Haut große Mengen Wasser vom Boden und aus der Luft an, sodass sich ein konzentrierter Film um die Haut der Unterarme, Füße und Waden in der Luft bildete.
Ihre Kleidung war darauf konzipiert ebenfalls Wasser anzuziehen, welches dort eher in groben Tropfen in der Luft um den Stoff schwebte.
Die meisten Kio waren barfuß und mit nackten Waden und Unterarmen unterwegs um die Zufuhr von Wasser noch zu unterstützen.
Auch wenn Eden die neugierigen Blicke gewohnt war, waren sie ihr dennoch unangenehm.
Sie betrachtete sich als ein schwaches Exemplar ihrer Spezies und sie war der Ansicht, dass ihre biologischen Eltern, die sie nie kennengelernt hatte, sie aus diesem Grunde weggegeben hatten, in die Obhut von Menschen, die bei den Kio so unbeliebt waren wie verdorbenes Fleisch.
Hatten sie, sie bestrafen wollen?

Entnervt erwiderte sie den Blick des fremden Kio.
Sie erkannte an dem intensiven Ausdruck in seinen Augen, dass er nicht nur an ihrem außergewöhnlichem Aussehen interessiert war.
Nun lächelte er sie herausfordernd an, und als ob das nicht schon genügt hätte, lud er sie mit einem Finger ein zu ihm zu kommen.
Sie war nicht in der Stimmung sich auf das Spiel eines unreifen Kio einzulassen und, dass die Griffe der Tüten ihr allmählich in die Finger schnitten verbesserte ihre Laune nicht gerade.

Als sie nicht reagierte stand er langsam auf und kam lässig auf sie zu.
Gereizt starrte sie ihn an.
Als er fast so nah war, dass sie, wie sie belustigt überlegte, ihm ins Gesicht spucken konnte, flackerte die große Creoriröhre über ihren Köpfen und tauchte sie kurz darauf in absolute Dunkelheit.
Nun trat zur Wirkung was Eden am meisten von allen Kio und Menschen dieses Planeten unterschied:
Ihre Nachtsicht.
Sie sah wie die umstehenden sich ein wenig verängstigt mit weit aufgerissenen Augen umschauten.
Dann schaute sie in das Gesicht ihres jungen Verehrers.
Er starrte sie völlig entsetzt an, auch seine Augen waren geweitet, doch seine waren es aus Schock.
Eden wusste, dass ihre Augen in der Dunkelheit wie kleine silberne Sicheln leuchteten.
Die anderen Passagiere schenkten ihr nur kurz ihre Aufmerksamkeit bevor sie wieder unsicher in der Finsternis herumtasteten und unterdrückte Flüche vor sich hin murmelten.
Sie dachten höchstwahrscheinlich, dass es sich bei ihren Augen um irgendein technisches Gerät, kleine Lämpchen eines Schlüsselanhängers oder Ähnlichem handelte.
Leider konnte Eden den verängstigten Ausdruck auf dem Gesicht des Kio nur wenige Sekunden genießen.
Das Licht erstrahlte wieder und erhellte das innere des Wagens.
Die Fahrgäste seufzten erleichtert auf und entspannten sich wieder.
Der Kio schaute sie verwirrt an, er schien sich nicht ganz sicher zu sein über das was er gesehen hatte.
Um seine Verwirrung zum Höhepunkt zu bringen schenkte sie ihm ein breites Grinsen und lief, die Tüten fest umschlossen, an ihm vorbei gerade als die Bahn zum Stehen kam.
Sie wartete, dass die gläsernen Türen leise nach oben glitten bevor sie leichten Schrittes ausstieg und mit der Dunkelheit der Nacht verschmolz.
Als die Bahn an ihr vorbeiglitt warf sie ihm noch einen freundlichen Blick über die Schulter zu.
Ihr war bewusst, dass sie sich den anderen Kio gegenüber unhöflich und arrogant verhielt, aber dadurch, dass sie mit Menschen aufgewachsen war hatte sie nichts anderes gelernt als diese Leute zu verachten.
Eden bewegte sich nicht gerne unter ihrer Mitte.
Sie behandelten die Menschen wie Dreck und mieden sie.
Neuerdings gingen bei ihnen Gerüchte herum, Gerüchte über eine Seuche, die die Menschen verbreiteten und die für die Unfruchtbarkeit iher Art verantwortlich sein sollte.
Seit Monaten versuchten die menschlichen Wissenschaftler zu beweisen, dass die Menschen nicht verantwortlich für die Unfruchtbarkeit der Kio sein konnten.
Diese mysteriöse Krankheit gab es schon in der Zeit bevor die Menschen auf Nia angekommen waren.
Nur wurde sie in den letzten 150 Jahren so stark, dass nur noch c.a. 20 % noch in der Lage waren sich fortzupflanzen.

Es war fast 500 Jahre her, dass die Menschen von der Erde auf diesem Planeten Obhut gesucht hatten, und immer noch waren sie bei den Kio unwillkommen und fremd.
Doch die Menschen hatten keine Wahl, die Erde gab es nicht mehr und Nia war der einzige bekannte Planet der, der Erde am ehesten entsprach und für ihr Überleben geeignet war.
Natürlich mussten sie sich in den Wäldern um die Städte herum ansiedeln, weil es dort durch die Pflanzen nicht so extrem feucht war.
Die Kio durchfluteten ihr Städte regelmäßig mit groben Wassermengen aus dem Meer, neben dem sie ihre Städte grundsätzlich erbauten.
Ihre Häuser standen häufig in kleinen Flussläufen oder Seen.Für Eden hatten Penny und Max ihr Zimmer so gebaut, dass der Boden wie ein kleiner Teich, 20cm mit Wasser gefüllt war.

Eden ging an dem Haltestellenschild vorbei in Richtung Wald.

Abgesehen von den Lampen die, die Menschen an dem Waldweg zu ihrer Siedlung angebracht hatten, war es dunkel.
Sie genoss die Finsternis doch ärgerte sich gleichzeitig darüber, dass die Stadt die Haltestellen, die nur von Menschen benutzt wurden, so vernachlässigte, dass sie nicht mal beleuchtet wurden.
Max sagte immer, die Menschen könnten sich glücklich schätzen, dass die Bahnen überhaupt an dieser Haltestelle hielten.
Jedoch sagte Max auch, dass die Menschen nicht von der Erde sondern von Meadin abstammten, einem Planeten aus Kindermärchen.
Sie musste lächeln als sie daran dachte, und schaute hoch zum Himmel.
Die beiden Monde Juro und Na, die normalerweise silbrig blau und violett am Himmel erstrahlten, wurden an dieser Nacht von dunklen Wolken verdeckt.
Das Lächeln verschwand aus ihrem Gesicht und sie ging schneller.
Ihre Füße schlugen in einem regelmäßigen Rhythmus auf den kalten Boden auf, sie fragte sich ob sie es nach Hause schaffen würde bevor der Sturm über sie hereinbrach.
Immerhin hatte sie den Waldweg fast erreicht, die Bäume des Waldes der sich links von ihr erstreckte, wogen in dem aufkommenden Wind bedrohlich hin und her.
Plötzlich hörte sie zwischen dem rauschen der Blätter im Wind ein langgezogenes Heulen und eine riesige weiße Gestalt schoss auf sie zu.
Eden ließ die Tüten vor Schreck fallen.
„Laika!“ rief sie erfreut und umarmte glücklich eines der Vorderbeine ihrer großen Russifreundin.
Eden war gerührt, dass Laika kam um sie abzuholen.
Wie es aussah würde sie es doch rechtzeitig schaffen.
Mit einer Schulterhöhe von 2 Metern war sie ein mächtiges und sehr beeindruckendes Tier.
Russi waren sehr treue Tiere, vergleichbar mit den Hunden, die es früher auf dem Planeten der Menschen gab.
Eden hatte Laika in Ehren eines Hundes benannt von dem sie in einem der Geschichtsbücher von Max gelesen hatte.
Die Geschichte eines Hundes der ins Al geschickt wurde und leider nie wiederkehrte.
Eden bewunderte den Mut dieses Hundes.
Laika und Eden hatten eine so starke Bindung, dass es fast schon unheimlich war.
Erwartungsvoll legte Laika sich neben Eden auf den feuchten Boden.
Eden streichelte ihr zärtlich durch das lange weiße Fell was ihr auf Kopf, Rücken, Vorderbeinen und Schwanz wuchs als Schutz vor den starken Monsunregen Creos.
Der Rest des Körpers war unbehaart und zeigte ihre schwarze dicke Haut wie sie Meeressäuger hatten.
Ihre Pfoten bestanden aus drei langen Zehen wie bei Vögeln und waren äußerst stark, perfekt für das Klettern auf Bäumen geeignet.
Ihr Gesicht ähnelte dem von großen Raubkatzen, die es ebenfalls auf der Erde gab, bevor diese von ihrer eigenen Sonne zerstört worden war.

Zügig sammelte Eden den verstreuten Inhalt ihrer Tüten ein und beachtete nicht weiter, dass der Regen langsam ihre Einkäufe aufweichte.
Sie verstaute alles in den Taschen des Sattels den Laika umhatte, richtete sich auf und zog die Kapuze ihres Mantels über den Kopf.
Der Regen war nun so stark, dass Eden die Tropfen, die gewöhnlich um den Stoff ihres Mantels schwebten, nicht mehr von denen des Regens unterscheiden konnte.
Zum Schutz vor dem Regen hatte Laika eines ihrer langen Ohren, das rechte, dass länger war als das andere, wie eine Schale über ihren Kopf und das linke Ohr geklappt.
Ungeduldig wippte sie ihren Kopf vor und zurück um Eden aufzufordern sich zu beeilen.
Eden zog sich in den Sattel, grub ihre Hände in das weiche Fell an Laikas Nacken und hielt sich fest.
Leicht zog sie mit ihrer linken Hand zweimal an dem weißen Fellbüschel.
Ohne zu zögern sprang die junge Russi aufgeregt auf und schoss den erleuchteten Waldweg entlang, Richtung Heimat.

Demian


Kapitel 2. Demian

Was war das für ein seltsames Gefühl? Waren das Stimmen die er hörte?
Er öffnete die Augen, und wurde von den Strahlen einer orangenen untergehenden Sonne geblendet, er fühlte sich furchtbar, jeder Muskel in seinem Körper schmerzte und er hatte das Bedürfnis sich zu übergeben.
Der harte Boden auf dem er lag bewegte sich leicht und schüttelte ihn durch, es erinnerte ihn qualvoll an die schrecklichen Momente in der Lichtung und an die Tiere die ihn niedergetreten hatten.
War er immer noch dort?
Er versuchte sich aufzustützen doch ein heftiger Schmerz schoss durch seinen linken Arm und er fiel laut keuchend auf den Rücken.
„Unser Held scheint endlich aus seinem Schönheitsschlaf erwacht zu sein.“ Hörte er eine dröhnende tiefe Stimme sagen.
Die Sprache klang fremd und seltsam doch verstand er sie klar und deutlich.
„Du kannst verdammt froh sein, dass wir dich, nach deinem Wahnsinnsauftritt mit den Pandali, nicht einfach haben verrecken lassen.“
Der bösartige Ton in der Stimme des Fremden brachte ihn dazu sich mit seinem rechten Arm erneut aufzusetzen und in die Richtung zu drehen aus der sie kam.
Er fokussierte seine zugeschwollenen Augen und versuchte was er sah einzuordnen.
Er lag scheinbar auf einer unüberdachten Ladefläche eines Gefährts, neben ihm, lag etwas, dass aussah wie ein großer Haufen rotes Fleisch, es roch süßlich und verstärkte die Übelkeit die er verspürte nur noch. Vorne, in einer Kabine saßen 2 Männer mit langen blutroten Haaren. Er konnte sie durch ein großes eingearbeitetes Loch sehen.
Einer von ihnen hatte sich umgedreht und musterte ihn abschätzig.
„Möchtest du uns nicht wenigstens danken, Mensch? Wegen dir haben wir unsere Jagd abbrechen müssen.“
Die Art wie er das Wort „Mensch“ aussprach, verwirrte ihn, er betrachtete das Gesicht des jungen Mannes, tatsächlich sah dieser nicht aus wie ein Mensch.
Seine Haare waren rot doch seine Augenbrauen und Wimpern waren schwarz, seine Stirn wirkte fiel zu hoch und seine Nase war kaum auszumachen.
Er wollte ihm antworten war sich aber nicht sicher ob er die fremdartige Sprache beherrschen würde. Er wagte einen Versuch.
„Seit ihr..., denn keine Menschen?“ Die Worte kamen überraschend flüssig und verständlich aus seinem Mund.
Der Gesichtsausdruck des Mannes wurde zornig, er bleckte die Zähne.
„Was hast du mich genannt, du verseuchter Haufen Dreck?“ brüllte er ihn an.
Er zuckte zusammen, mit so einer Reaktion hatte er nicht gerechnet.
Der Fahrer lachte „ Der scheint ganz schön was auf den Schädel bekommen zu haben, Kron. Lass ihn in Frieden!“
Der Beifahrer drehte sich wieder nach vorne „ Nur, weil dein Sohn sich mit einer von denen abgibt, musst du noch lange nicht so tun, als wären sie unsere Freunde, Saos! Ich kann nicht fassen, dass du mich überredet hast ihn mitzuschleppen. Wenn ich mich angesteckt habe mache ich dich dafür verantwortlich, hörst du? „
„Du glaubst doch nicht wirklich an diesen Schwachsinn, oder?
„Aber dieser hier ist anders Saos!“ Sagte er energisch und warf ihm einen angewiderten Blick über die Schulter zu, dann sagte er leise, „ Er sieht komisch aus, und er trägt keinen Ring. Wer weiß wo der sich rumgetrieben hat.“
„Ja, das ist mir auch schon aufgefallen.“ Sagte der Fahrer nachdenklich.
Mit diesen Worten drehte er sich um und schaute ihn misstrauisch an, er war um einiges älter als sein Begleiter.
„Mensch! Wo ist dein Ring? Wie ist dein Name?“
Der Ausdruck in den Augen des älteren Mannes gefiel ihm überhaupt nicht. Er beschloss zu lügen.
„Meinen Ring habe ich verloren als ich niedergetrampelt wurde, und mein Name ist De..mian.“
„Demian?“ Er drehte sich wieder nach vorne.
„Wahrscheinlich einer dieser alten Menschennamen, du weißt doch wie die sind, mit ihren „Jennifers“ und „Georges“ lächerlich, wenn du mich fragst.“
Demian's Intuition sagte ihm, dass es klug gewesen war, zu lügen. Wer weiß, was sie mit ihm anstellen würden, wenn sie herausfanden woher er wirklich kam.
Ja, woher kam er, denn nun eigentlich? Er rieb sich mit der Hand über das Gesicht, es fühlte sich wund und geschwollen an.
Vorsichtig lehnte er sich mit dem Rücken an die niedrige Wand der Ladefläche und schaute über den Rand.
Wasser schoss an den Seiten und vor allem am Ende des Gefährtes hoch, es sah von seinem Blickwinkel aus, als würden sie fliegen.
Nun bemerkte er auch, dass sie sich rasend schnell bewegten. Er konnte die Straße, oder den kleinen Fluss auf dem sie fuhren nicht sehen.
Um sie herum erstreckte sich ein Wald, ob es der gleiche war, aus dem er gekommen war konnte Demian nicht sagen und allmählich wurde es dunkel, die letzten Strahlen der Sonne tauchten die Bäume in ein tiefes rot.
In der Ferne vor ihnen konnte er vereinzelt Lichter ausmachen, wahrscheinlich näherten sie sich einer Stadt.
Wieder schossen ihm Bilder durch den Kopf, er sah große schwarze Gebäude, die in den Himmel ragten und Menschen die mit Mundschutz durch verrauchte Straßen hasteten.
Der Informationschwall endete wieder abrupt und hinterließ einen heftig stechenden Schmerz in seinem Kopf, er lehnte sich zur Seite und erbrach sich geräuschvoll.
„Das gibt’s doch nicht!“ Ertönte es von vorne.
Während er sich hustend über den Mund wischte, trat der Fahrer in die Bremse.
Sie blieben abrupt stehen, und er wurde nach vorne geschleudert.
Die beiden Männer stiegen aus, öffneten die Klappe der Ladefläche und griffen nach seinen Füßen.
Mit einem Ruck zogen sie ihn raus und schleuderten ihn auf den nassen Boden der Straße.
Der junge Mann trat ihm mit einem nackten, aber erstaunlich harten, Fuß in den Magen.
„Wir retten dein armseliges Leben und du kotzt unsere Jagdbeute voll, jetzt reichts.“ Wieder trat er ihm kräftig in den Magen, dann ging er zurück zu dem Gefährt stieg ein und schlug die Flügeltür mit einem lauten Knall zu.
Demian krümmte sich und versuchte sich aufzusetzen, er befürchtete wieder das Bewusstsein zu verlieren.
Der Mann namens Saos hockte sich vor ihm hin, seine langen Haare fielen ihm vors Gesicht.
Bildete Demian es sich ein oder waren sie nun dunkelblau?
„Hör mal, ich will dir nichts böses.“ Flüsterte er „Wenn du dieser Straße weiter folgst, gelangst du in eine Stadt, kauf dir eine Karte und versuche nach Wenoa zu gelangen dort fragst du nach den Iris die werden dir-“ „Saos, was treibst du?“
Der Mann zuckte zusammen, schnell griff er in seine Brusttasche, und zog etwas kleines blaues heraus, dass er Demian hastig in die Hand drückte. Durch seine langen blauen Haare warf er ihm noch ein ermutigendes Lächeln zu, dann stand er auf und stieg ein.
Als das Gefährt sich in Bewegung setzte, schleuderte es einen Schwall Wasser auf Demian, der nun erneut versuchte aufzustehen.
Als er endlich auf schwachen Beinen zum Stehen kam, betrachtete er was sein Retter ihm in die Hand gedrückt hatte.
Es sah aus wie ein kleines hartes Ei mit einem weißen Fleck, er drückte es leicht, und rieb an dem Fleck, doch das Ei zeigte keine Reaktion. Er schob es sich in die Hand seines gebrochen Armes den er dann mit dem rechten Arm fest an den Oberkörper drückte.
Er betrachtete den Horizont, nun konnte er die Stadt schon deutlich sehen, er würde es nicht vor Anbruch der Dunkelheit schaffen, aber er schätze er würde keine Stunde brauchen.
Rechts von ihm erstreckte sich ein Wald und links von ihm lag ein großer See, der, wie es von hier aussah, wohl bis an den Rand der Stadt reichte.
Er brach torkelnd auf und behielt seine Umgebung dabei gut im Auge. Kaum war er die ersten schmerzhaften Schritte gegangen, fing es heftig an zu regnen.


Wie er es vorhergesehen hatte, traf er gefühlte 45 Minuten später auf eine gutbefahrene Straße.
Nun, da er die Fahrzeuge näher betrachten konnte, stellte er fest, dass sie über der Straße in der Luft zu schweben schienen, bei genauerem Hinsehen erkannte er, dass Wasser vorne in das Fahrzeug gesogen wurde und auf der unteren Seite mit heftigem Druck wieder befreit wurde, sodass es wenige Zentimeter über den Boden gedrückt wurde.
Zahlreiche große Behausungen erschienen nun um ihn herum und die ersten Fußgänger tauchten auf.
Die meisten der Häuser befanden sich in dem See, der sich weiter erstreckte als Demian es vermutet hätte. Ob sie schwammen oder aus dem Grund des Sees ragten, konnte er nicht sehen.
Es war nun Nacht und Demian war am Ende seiner Kräfte angelangt, völlig durchnässt und schwer nach Luft ringend schleppte er sich in die Richtung, in der sich, wie er vermutete, das Stadtzentrum befand.
Er hielt sich auf der rechten Seite der großen Straße, die Bürgersteige waren mit Wasser bedeckt, und Demian stand knöcheltief in der kalten Flüssigkeit.
Hohe gläserne Gebäude umringten ihn, von den Dächern der meisten Gebäude floss Wasser und und umhüllte es wie einen Schleier. In der Luft schwebten leuchtende Kugeln aus gelbem Licht, die die Straßen erhellten und sich in dem Wasser zu seinen Füßen spiegelten.
Demian musste waten und es verlangsamte und erschwerte seinen Gang. Ab und zu stolperte er und stürzte.
Blauhaarige Fußgänger beobachteten ihn angewidert, und schritten zügig an ihm vorbei, sie trugen seltsame Kleidung, und machten einen kalten arroganten Eindruck.
Er hatte aus den Erlebnissen des Tages gelernt, er würde nicht den Fehler machen sich mit einem von ihnen auseinanderzusetzen,vermied jeglichen Blickkontakt und konzentrierte sich darauf eine Karte zu finden.
Als er, bestimmt zum dreißigsten mal in dieser Nacht, an einem gläsernen Hochhaus vorbei ging, blieb er stehen und machte eine kurze Pause.
Als er sein Spiegelbild in dem dicken Glas sah, erschrak er fürchterlich. Ganz abgesehen davon, dass er sich nicht wiedererkannte, was wohl auf seinen Gedächtnisverlust zurück zuführen war, sah dieser Mann der ihm entgegenblickte, schrecklich aus, sein Gesicht war mit getrocknetem Blut verkrustet, seine Augen geschwollen und blau,außerdem hatte er einen Vollbart und lange mit Staub und Erde bedeckte Haare.
Der Anzug den er getragen hatte als er aus der Kapsel gestiegen war hing nun löchrig und zerfetzt von seinen Hüften und dem linken Arm, seine Brust und sein rechter Arm, waren überseht mit blauen Flecken und kleinen Wunden, außerdem sah er älter aus als er sich fühlte, er schätze sein Spiegelbild auf Ende Zwanzig.
Als er seinen Blick abwandte, sah er so etwas wie einen kleinen Laden etwa Fünfzehn Meter entfernt von ihm auf der anderen Straßenseite.
Aufgeregt humpelte er auf eine nahgelegene Brücke zu die, die beiden Seiten verband.
Die Blauhaarigen Leute wichen ihm aus, und rümpften die Nase bei seinem Anblick. Warum hatten sie alle die gleiche Haarfarbe, fragte er sich.
Er stach unter ihrer Mitte extrem heraus und freute sich darüber, dass es Nacht war, und die Straßen somit dunkler und weniger belebt waren.
Endlich bei dem Laden angekommen stieg er die zwei Stufen zur Eingangstür hoch und trat ein.
Der Laden war nicht beleuchtet doch durch die Lichter der Straße konnte er erkennen, dass es ein sehr kleiner unordentlicher, und vor allem, vollgestopfter, Laden war.
Er sah sich etwas misstrauisch um, lauter kleine Gegenstände die er nicht identifizieren konnte hingen von der Decke, und auf Regalen an den Wänden stapelten sich kleine runde Glaskugeln.
Abgesehen von dem leeren Verkaufstresen war der Laden überseht mit Dingen die er noch nie zuvor gesehen hatte und die er in keinen logischen Kontext einordnen konnte.
Vielleicht, war das doch nicht der richtige Ort um sich eine Karte zu besorgen, außerdem sah es aus als hätte der Laden geschlossen, und er wollte nicht riskieren sich noch einmal für etwas zu schulden kommen zu lassen.
Plötzlich wurde es hell in dem Raum.
„Mein Gott, was ist denn mit Ihnen passiert?“ Demian erstarrte, wieder eine fremdartige Sprache, doch diesmal war es eine andere, wieder verstand er sie problemlos.
Er suchte in der Dunkelheit die Quelle der besorgten Stimme.
Neben der Tür aus der er gerade hereingekommen war, befand sich eine kleine Wendeltreppe, an der er, ohne sie zu entdecken, vorbeigegangen war.
Ein kleiner dicker Mann mit schwindendem rostrotem Haar und einem blauen weiten Morgenmantel, kam die Treppe herunter.
Nach Demians Einschätzung war es ein Mensch und er wirkte nicht so feindselig und gefährlich wie die anderen Bewohner dieser Stadt. Er betrachtete den Mann und die Tasse die er seiner Hand hielt, die offenbar ein dampfendes Gebräu enthielt.
Er konnte an seinem Zeigefinger ein großen silbernen Ring erkennen, der fast den ganzen Finger umhüllte.
„Ich wusste nicht, dass Sie geschlossen haben, es tut mir Leid, ich werde gehen. Wie es aussieht habe ich mich in der Tür geirrt.“ Auch wenn dieser Mann freundlich wirkte, wollte Demian kein Risiko eingehen, er war nicht in der Lage sich, im Falle eines Angriffes, zu verteidigen.
„Was redest du denn da Junge? In so einem Zustand lass ich dich doch nicht auf die Straße!“
Entschlossen stapfte er auf ihn zu und zog in auf einen harten, ungemütlichen Hocker, dann wuselte er durch den Raum und zog, mal hier mal dort, eine Schublade auf und kramte in ihr.
Schließlich kam er mit ein paar Flaschen und einer blauen Frucht zu Demian.
Bevor dieser Anstalten machen konnte sich zu wehren, stopfte der Mann ihm die riesige Frucht in den Mund- sie schmeckte fürchterlich bitter- rupfte ihm die Überreste seines Anzugs vom Körper und begann die Inhalte der Flaschen großzügig auf seine Wunden zu verteilen.
Es brannte höllisch und er drohte an dem Saft der Frucht zu ersticken die seinen Mund füllte. Er versuchte sie sich aus dem Mund zu ziehen doch der Mann hielt seine Arme fest und drückte ihm die Hand auf den Mund um zu verhindern, dass Demian die Frucht ausspuckte.
Endlich versiegte der Strom des bitteren Saftes und nun spürte er wie die Schmerzen allmählich nachließen und nur der bittere Nachgeschmack der mildernden Frucht in seinem Mund übrig blieb.
Der Mann fragte ihn nicht ob die erwünschte Wirkung eingetreten war und untersuchte auch seine Wunden nicht noch einmal sondern verschwand hastig in Richtung Treppe.
Demian untersuchte seine Arme und Beine die Wunden waren auf wundersame Weise nun sauber und verschlossen, abgesehen von den blauen Flecken sah es nicht mehr so aus als wäre er vor wenigen Stunden von einer Herde Ungetüme überrannt worden.
Auch sein Gesicht fühlte sich nicht mehr geschwollen an. Dieser Mann hatte ein Wunder vollbracht. Er fühlte sich wie neu geboren und energiegeladen sprang er auf die Füße.
Ein heftiger Schmerz schoss durch seine Brust und seinen Arm und er zuckte heftig zusammen, anscheinend waren die Knochen, trotz der wundersamen Behandlung, immer noch gebrochen.
Vorsichtig setzte er sich wieder und starrte auf seine Füße, die Erschöpfung die ihn vor kurzem noch geplagt hatte, war wie weggeblasen. Er wollte sich bewegen, wollte raus aus dieser Stadt, aber ohne Klamotten und verletzt, wagte er es nicht den Laden zu verlassen.
Das Geräusch von schnellen Schritten riss ihn aus seinen Gedanken, der alte Mann war zurück und warf ihm einen Bündel Stoff in den Schoß.
Er untersuchte es, und stellte fest, dass es so etwas wie eine weite Dreiviertelhose ein Hemd und ein Umhang waren.
„Warte bevor du das anziehst, Junge! Ich muss mich noch kurz um deinen Brustkorb und deinen Arm kümmern.“ Er zog etwas aus einer Schublade dass aussah wie eine große durchsichtige Plastikfolie.
Vorsichtig trug er es zu Demian rüber. „Das ist Xiushaut!“ Sagte er mit einem stolzen Unterton.
„Ist ganz schön teuer und es ist nicht leicht an so etwas heranzukommen als Mensch..., naja du weißt sicher wovon ich rede.“ Behutsam legte er ihm die Haut um den Brustkorb, wo sie sofort mit seiner eigenen Haut zu verschmelzen begann, Demian spürte wie sie sich an seinen Oberkörper schmiegte und an den Stellen wo er seine gebrochenen Knochen vermutete, drückte sie unangenehm.
Der Mann legte noch eine kleineres Stück auf seinen Arm und sagte dann.
„Das dürfte deine Knochen wieder in die richtige Position bringen, iss jeden Tag eine Lopis und es wird dir im Nu besser gehen.“ Der Mann lächelte ihn ermutigend an und Demian stellte überrascht fest, dass er seinen Arm nun wieder etwas bewegen konnte, in seiner Hand hielt er immer noch das kleine blaue Ei. Der Mann räumte die kleinen Fläschchen und den Rest der wertvollen Haut wieder auf, dann brachte er ihm eine Schüßel mit lauwarmen blaugrünem Wasser und einem Lappen und sagte „So nun wasch dir das Gesicht und zieh dich an, die Kleidung wird dir wohl etwas zu klein sein, aber ich denke das dürfte hinkommen.“
Nachdem Demian sich gewaschen und die Kleidung übergestreift hatte erhob er sich und betrachtete das Ei in seiner Hand. Er beschloss dem Mann zu trauen, denn dachte er, soweit er wusste, hatte er nichts zu verlieren.
Er streckte dem Mann seine geöffnete Hand entgegen. „Können Sie mir sagen, was das hier ist?“
Der Mann beäugte das Ei kurz, dann sagte er mit einer gehobenen Augenbraue „Das ist ein Kopa..., weißt du das etwa nicht? Gib mal her!“ Er nahm es ihm aus der Hand und ging hinüber zum Verkaufstresen, dort holte er eine kleine Maschine hervor, sie hatte ein kleines Loch und ein noch kleineres Display. Nachdem er das Ei in das Loch gelegt hatte, leuchtete der weiße Fleck auf und auf dem Display erschienen fremdartige Zeichen.
Demian lehnte sich vor und las die kleinen Zeichen, er vesrtand, dass es eine Zahl sein sollte, doch sie machte keinen Sinn für ihn.
Ratlos schaute er den kleinen Mann an der etwas erstaunt auf das kleine Display starrte, dann schaute er Demian in die Augen.
„Du weißt also tatsächlich nicht, was das ist? Bursche, hätte ich keine Ehre würde ich dich anlügen! Es war nicht weise von dir, das einem völlig Fremden zu zeigen!“ Entschlossen und mit einem mürrischen Gesichtsausdruck holte er das kleine Ei aus der Maschine und drückte es Demian in die Hand. Er zeigte darauf und murmelte, mehr zu sich selbst als zu Demian „ Das, mein Lieber, ist eine Menge Geld für einen Menschen!“ Dann schaute er ihm in die Augen “Wo hast du es gefunden? Oder hast du es etwa geklaut?“ Misstrauisch und mit einer Augenbraue immer noch erhoben betrachtete er Demian.
„Ein Mann hat es mir gegeben...“ sagte er unsicher, er war nun überhaupt nicht mehr im Klaren darüber, was er sagen konnte ohne in Gefahr zu geraten.
„Nun“ sagte der Mann erleichtert, als hätte dieser eine Satz, ihn von Demians Unschuld überzeugt, „Wer auch immer es war, ist ein Freund von dir! Pass gut darauf auf!“ Er zog hinter der Treppe einen kleinen Tisch hervor und holte noch einen großen gepolsterten Sessel dazu. Dann setze er sich auf den harten Hocker und bot Demian den etwas gemütlicheren Sessel an.
Er ließ sich in den Sessel fallen und genoss das Gefühl einer weichen Polsterung auf seinen angespannten Gliedern.
Der Mann platzierte seine Ellenbogen auf den Tisch und stützte den Kopf in seine Hände dann sagte er munter „So und nun erzählst du mir warum du keinen Ring trägst, und in einem schrecklichen Zustand und mit einem kleinen Vermögen in der Hand um diese Zeit in meinen Laden gestolpert kommst!“

Demian


Kapitel 3. Demian

Wieder einmal wanderte Demian durch einen ungewöhnlichen Wald, dieser jedoch wirkte nicht so verwildert und bedrohlich, und dieses Mal hatte er einen Pfad dem er folgen konnte.
Erik der Mann, in dessen Laden er glücklicherweise für die Nacht Obhut gefunden hatte, hatte ihm erklärt wie er nach Wenoa gelangen würde und er kannte die Iris und meinte er solle in Wenoa nach ihnen fragen und sagen, dass er Demian geschickt hatte.
Er war, nach Eriks Anweisungen, früh am morgen in eine gläserne Bahn gestiegen und an der Haltestelle Wenoa ausgestiegen.
Nun stand die Sonne schon hoch am Himmel und schien durch die großen Herzförmigen Blätter der Bäume auf ihn herab.
Er fühlte sich schon viel besser und genoss die Wärme der Strahlen auf seinen nun kurzem Schopf und dem rasierten Gesicht.
Nachdem er einige Minuten gegangen war stieß er auf ein Problem. Der Pfad auf dem er gegangen war hatte sich in zwei geteilt, einer führte nach links, der andere nach rechts.
Davon hatte Erik ihm nichts erzählt und auf der Karte die er ihm gegeben hatte war nur ein Weg zu sehen.
Ein großer Baum teilte die beiden Wege und Demian beschloss eine kurze Pause einzulegen.
Er setzte sich auf eine der großen Wurzeln und aß eine der großen blauen Früchte die Erik ihm gegeben hatte und die er „Lopis“ nannte.
Sie milderte die Schmerzen die seine gebrochenen Knochen und Prellungen verursachten.
Er schaute nachdenklich die Gabelung an, er versuchte anhand der Beschaffenheit der Erde, die, die beiden Wege säumte, herauszufinden welcher mehr gebraucht wurde und damit eher zu einer Siedlung führen könnte.
Dann kletterte er mit großer Mühe an die Baumkrone des riesigen Baumes, hoffte auf einen klaren Ausblick über den Wald und wurde enttäuscht, nichts als Bäume wohin das Auge reichte.
Nach knapp einer halben Stunde gab er auf, denn die Pfade waren beinahe identisch, und entschied sich für den linken Weg.
Als er schon einige hundert Meter gegangen war und sich langsam fragte ob es klüger wäre umzukehren, hörte er hinter sich ein lautes Rascheln.
Er schaute sich gehetzt um, er wollte nicht noch einmal von einem riesigen Ungetüm überrascht werden.
Es war nichts zu sehen, also ging er ein kleines Stück in den Wald und untersuchte die blauen Büsche und gezwirbelten Baumstämme die in der Richtung lagen aus der er die Geräuschquelle vermutete. „Hallo? Ist da Jemand?“ fragte er laut um sicher zu gehen, dann lauschte er noch einige Minuten. Vielleicht hatte er es sich eingebildet, oder vielleicht war es nur ein großes Tier gewesen das vor ihm geflüchtet war.
Er ging zurück zu dem Pfad, holte noch einmal seine Karte hervor und untersuchte sie während er weiter den gewundenen Waldweg entlang ging.
Auf der Karte entdeckte er neben der Siedlung einen kleinen See. Nun stellte er überrascht fest, dass der Boden auf dem er lief um einiges feuchter geworden war seit er an der Gabelung gewesen war, er deutete dies als ein gutes Zeichen.
Als er die Karte gerade zusammenfalten wollte landete ein kleines rundes Geschöpf darauf und glotze ihn mit großen Schwarzen Augen, die fast den ganzen haarigen Körper bedeckten, an.
Es war weiß, daumengroß und hatte lange haarige Flügel und einen winzigen haarigen Schnabel.
Demian überlegte nicht lang und schnippte es mit Daumen und Zeigefinger hastig von der Karte.
„Das war keine besonders gute Idee!“ hörte er eine Stimme von weit oben sagen.
Er fluchte und suchte die Baumkronen ab, warum musste alles in dieser Welt so verdammt unerwartet kommen.
Bevor er die Person gefunden hatte, die wahrscheinlich auf irgendeinem Ast in den Bäumen saß, griff ihn das kleine Fellbündel an, es segelte in kleinen Kreisen über ihm herum und hackte auf seinem Gesicht ein und zupfte ihm kleine Haarbüschel vom Kopf.
Er kneifte die Augen zusammen und rannte blind vor dem kleinen Monster weg, jedenfalls versuchte er es denn, es war verflucht schnell.
Ein kurzer Pfiff ertönte und das Surren von Flügeln die, die Luft durchschnitten hörte auf.
Demian blieb stehen und sah sich hektisch um, dann landete eine größere Gestalt vor ihm auf dem Waldweg und richtete sich auf.
Es war eine junge Frau, sie war kleiner als er aber wirkte zu groß für eine Menschenfrau, und wegen dem was Erik ihm erzählt hatte, wusste er, dass es eine Kio sein musste.
Sie hatte kurze rosa Haare und große hellblaue Augen, auf ihrer Schulter saß das kleine Monster mit geschlossenen Augen. Sie war barfuß und trug ein schlichtes grünes Kleid und einen offenen Mantel.
Vorsichtig kam sie auf ihn zu „Ich bin Eden. Erik hat mir schon von dir erzählt, du bist Demian, richtig?“
Demian nickte verwirrt.
Eden machte lächelnd eine Faust und drückte sie ihm an die Stirn, als er keine Reaktion zeigte, wurde ihr Lächeln noch breiter und sie nahm ihre Hand zurück.
Dann blickte sie besorgt an ihm vorbei. „Wir sollten uns beeilen!“
„Wieso?“ fragte Demian skeptisch.
Ernst schaute das fremde Mädchen ihn an „Du wirst verfolgt.“

Eden


Kapitel 4. Eden

Eden hastete voran, immer wieder drehte sie sich um, blieb stehen und wartete auf Demian, der nicht hinterher kam. Am liebsten würde sie ihn an die Hand nehmen.
Ihr war bewusst, dass Menschen nicht so athletisch waren wie Mitglieder ihrer Art, doch dieser hier schien besonders schwach zu sein. Er wirkte, trotz seiner Größe und seiner Jugend, nicht so zäh wie die Menschen die sie kannte.
Nach Erik, wusste er nicht woher er kam, noch wer er war und war vor kurzem in einer schlimmen Verfassung gewesen, weil er von einer Horde Pandali überrannt wurde.
Eden musste bei dem Gedanken leicht schmunzeln, Pandali waren harmlose und gutmütige Wesen.
Als sie erneut auf ihn wartete fragte sie „Wie kommt es, dass dich die Pandali überrannt haben? Hast du ihnen einen Schrecken eingejagt?“
Demian holte keuchend auf „Sie wurden von zwei Jägern verfolgt... und wurden auf mich zugetrieben soweit ich weiß.“ Er stützte die Hände in die Knie und holte Luft. „Warum gehst du so schnell? Wer verfolgt uns?“ Eden ging langsam weiter „Wer verfolgt dich, meinst du wohl..und ich weiß es nicht, aber in letzter Zeit verschwinden Menschen in dieser Siedlung, und du bist ein gefundenes Fressen.“ Sie betrachtete ihn belustigt, und er schnaufte wütend. „Wie kommt es, dass deine Art so viel stärker ist als die Menschen? Und ich dachte ihr mögt uns nicht, warum hilfst du mir?“
Sie überlegte, sie wollte jetzt nichts sagen, was noch mehr fragen hervorrufen würde „ Ich würde nicht sagen, dass wir stärker sind als die Menschen. Kio sind zwar von Geburt an körperlich fitter als die Menschen, unsere Haut ist härter und wir haben mehr Kraft. Jedoch ist unser Immunsystem nicht so gut wie das, der Menschen, ihr seid wahre Generalisten und könnt in fast jeder Umgebung überleben. Wir jedoch, brauchen die ständige Zufuhr von Wasser und unsere Haut zieht dieses an wie du siehst.“ Sie zeigte auf die Tropfen die um sie herum in der Luft schwebten. „ Ich bin eine Kio, die als Kind bei Menschen abgeladen wurde ich nehme an es liegt daran, dass ich nicht so stark bin wie die anderen meiner Art. Mir sind die Kio genauso unsympathisch wie jedem in meiner Siedlung, und ich glaube sie entführen Menschen. Du wurdest heute von einem verfolgt und ich denke, wer auch immer es war ist verantwortlich für das Verschwinden der anderen.“ Sie blickte auf. „Wir können nun langsamer gehen.“ „Wieso, werden wir nicht mehr verfolgt?“ Er schaute misstrauisch über seine Schulter. „Nein,... wir sind da!“ Eden ging lächelnd zur Seite und liess ihn einen Blick auf die Behausungen und Straßen werfen die sich nun vor ihnen erstreckten. Die Siedlung war groß, insgesamt gab es drei Siedlungen die zu Nim gehörten und in denen die meisten Menschen lebten. Mit ca. 10000 Einwohnern war Wenoa die größte Menschensiedlung Nims. Nur einige wenige, wie zum Beispiel Erik, zogen es vor in der nassen Stadt und in unmittelbarer Nähe der Kio zu leben.
In Wenoa gab es Einkaufsläden, Schulen, Bibliotheken und so ziemlich alles was die Menschen zum Leben brauchten, jedoch waren die meisten gezwungen in Nim zu arbeiten.
Da die Fahrzeuge der Kio auf den trockenen Straßen in den Siedlungen nicht funktionierten bewegten sie sich auf Tieren, wie den Russi fort.
Eden sah wie Demian hinter ihr erstarrte als er die großen Tiere entdeckte.
„Mach dir keine Gedanken, das sind freundliche und intelligente Geschöpfe.“ Sie lächelte ihn an „Aber mit King solltest du dich lieber nicht noch einmal anlegen!“ Sie stupste sie kleine Fellknäuel auf ihrer Schulter an, das dann glücklich zu schnurren anfing. „Linus sind sehr aggressive Tiere, eigentlich leben sie in Symbiose mit einer Pflanze und kommen daher nicht oft in Kontakt mit Kio oder Menschen, aber der Wald in dem dieser hier geboren wurde, wurde zerstört, also lebt er von meiner Energie...“ Demian runzelte die Stirn.
Als sie ihn durch das komplizierte Straßennetz Wenoas führte fragte sie ihn „ Du erinnerst dich also wirklich an überhaupt nichts?“ Demian schaute sie etwas unglücklich an „ Manchmal sehe und höre ich Dinge von meiner Vergangenheit, aber die sind anders als alles was ich hier sehe!“
Eden fuhr sich nachdenklich durchs Haar und musterte ihn um vielleicht einen Anhaltspunkt seines Herkunftsortes zu finden. Seine Augen weiteten sich. „Deine Haare!!“ schrie er schrill.
Sie schaute ihn erschrocken an „ Was ist mit meinen Haaren? Hab ich etwas auf dem Kopf?“ Sie kämmte sich hastig mit den Fingern durch ihre Kurzhaarfrisur. „Nein, nein sie sind....... blau!!“
Etwas erleichtert nahm sie ihre Hand runter. „ Ja ich schätze das hab ich vergessen zu erwähnen, die Haare meiner Spezies verändert sich je nach starken Wetter- oder Stimmungsumschwüngen. Blau bedeutet meistens, das es regnen wird, aber mach dir keine Sorgen wir sind sowieso bald da.“
„Wegen dem Wetter mach ich mir im Moment bestimmt keine Sorgen.“ murmelte er während er immer noch erstaunt ihre Haare ansah. Wie konnte es sein, dass er so wenig von ihrer Welt wusste?
Sein Misstrauen, die Art wie er sich bewegte, alles an ihm wirkte seltsam auf sie, und sie war nicht die einzige die es zu bemerken schien. Die anderen Menschen um sie herum schauten ihn neugierig an und tuschelten bereits über ihn.
Eden war froh als sie das Haus, das ihren Pflegeeltern gehörte und das am nächsten an dem kleinen See lag, erreicht hatten.
Sie gingen durch den verwachsenen Garten, um den sich schon lange keiner mehr gekümmert hatte, hindurch und sie schob die große Holztür beiseite und trat zuerst in das geräumige Haus.
Demian folgte ihr hadernd und schaute sich sofort um, als würde er erwarten, dass ihn jeden Moment etwas aus dem Nichts anspringen würde.
Sie schloss die Tür hinter ihm und führte ihn in die helle Küche. Dort stand ein großer Holzofen ein Tisch, Stühle und zahlreiche bunte Kräuter hingen von den Wänden. In der Wand waren Löcher eingearbeitet die als Regale dienten, sie griff nach einem Glas und füllte es mit klarem Wasser, dann schnappte sie sich ein paar ihrer Lieblingskräuter und warf sie gefolgt von einem runden Blatt in das Glas. Das Blatt hinderte die Kräuter daran sich beim Trinken in den Mund zu verirren.
Sie reichte es Demian und bereitete sich selbst das gleiche zu, dann setzte sie sich an den großen runden Holztisch und lud ihn mit einer Handbewegung ein, das Gleiche zu tun.
Er setzte sich und schaute sie erwartungsvoll an. „Oh. Also, wenn du möchtest, darfst du, bis du in einer besseren Verfassung bist, bei uns bleiben. Meine Eltern sind zurzeit in der Stadt und arbeiten, sie führen dort ein Restaurant. Sie wissen schon von dir und wir werden versuchen dir zu helfen. Sie werden bald da sein.“Demian nahm einen Schluck von dem Getränk und schüttelte sich. „Magst du es nicht?“ fragte sie und wollte schon aufstehen um ihm ein neues zu machen. „Nein ich hatte nur nicht erwartet, dass es so süß ist“ sagte er etwas entschuldigend. „Naja es ist nur ein wenig Nape mit etwas Cu .... aber natürlich weißt du gar nicht was das ist, tut mir Leid ich hätte es dir wohl sagen sollen.“ „Nein, es ist schon in Ordnung. Vielen Dank für die Obhut und das Getränk!“ Er zwang sich weiter zu trinken und, sie sah wie er ein zweites Schütteln unterdrückte. Sie stand auf und füllte ihm ein zweites Glas Wasser ein, dieses Mal fügte sie keine Kräuter hinzu. Sie stellte es vor ihn auf den Tisch und lehnte sich nachdenklich dagegen. „Du weißt also nicht wer du bist, nicht woher du kommst, du warst in einer Kapsel unter dem Meer und wurdest auf den Strand befördert. Nun offensichtlich bist du kein Mitglied der Gesellschaft von Creo, denn du trägst keinen Ring.
Vielleicht kommst du von den Inselländern aus dem Norden, das würde erklären, warum du so groß und blass bist...“ Demian rümpfte die Nase. „Ich habe Erinnerungen von dunklen Städten ohne Wasser, verpestete Luft und kranke Menschen.“ Eden schaute ihn erstaunt an. „Von so einem Ort habe ich noch nie gehört... trockene Städte? Gab es dort auch Kio?“ Er stütze den Kopf in die Hände. „ Es gab dort keine Kio, um ehrlich zu sein fange ich an zu glauben, dass es nicht auf diesem Planeten war.“ Daran hatte sie natürlich auch schon gedacht, aber er war ein Mensch und die Erde wurde vor ewiger Zeit vernichtet. „Wieso sprichst du dann fließend unsere beiden Sprachen?“ Demian schaute sie an. „Ich weiß es nicht... Warum um alles in der Welt war ich in einer Kapsel im Meer?“ Sie verfielen in Schweigen.
Regen prasselte nun laut gegen die runden Scheiben der Fenster und das Geräusch wurde noch lauter als die Haustür aufgeschoben wurde.
Max kam herein und hing seinen durchnässten Mantel auf, dann ging er auf Demian zu, der sofort aufstand.
Er drückte ihm die Faust an die Stirn und Demian erwiderte die Geste zögerlich.
„Ich bin Max Iris, ich nehme an Eden hat dir schon ein wenig von uns erzählt.“ Er lächelte Demian an. „Ja, vielen Dank, dass ihr mich hier aufnehmt, ein Mann namens Saos hat mir gesagt ich soll zu euch kommen.“ „Saos sagst du... das ist der Vater von Lio nicht war?“ fragte er an Eden gewandt. Sie lächelte mit knirschenden Zähnen. „Nia erzählt diesem Kio zu viel von uns, das wird kein gutes Ende nehmen.“ sagte sie entnervt.
Max legte ihr die Hand auf die Schulter. „Sei nicht so misstrauisch Eden, Saos ist ein guter Mann und ein Freund der Familie.“ Eden rümpfte die Nase und verschränkte ihre Arme, allein bei dem Gedanken an diesen Mann bekam sie Gänsehaut. Wie vertrauenswürdig war ein Mann, der so viel Zeit in eine Freundschaft mit Menschen investierte? Sie verstand nicht warum ihre Eltern und Nia nicht sahen, was sie sah. Sie konnte den Kio nicht trauen, und sie glaubte nicht, dass Saos eine Ausnahme war, egal wie viel Geld er in dem Restaurant ihrer Eltern liess.
Ihr Misstrauen wuchs mit jedem Menschen der aus ihrer Siedlung verschwand. Die meisten waren Freunde ihrer Familie gewesen, eine der einzigen Menschenfamilie die regelmäßigen Kontakt zu einem einflussreichen Kio und seinem Sohn hatte.
In ihrem Hals formte sich ein Kloss als die schmerzhaften Erinnerungen begannen in ihrem Kopf aufzutauchen, sie schluckte. Wieder öffnete sich die Tür und ihre Pflegemutter platzte herein. Ohne ihren Mantel oder ihre durchnässten Stiefel auszuziehen ging sie auf Demian zu, der erneut aufsprang. Sie drückte ihm die Faust an die Stirn und betrachtete ihn besorgt. „Ich bin Penelope. Geht es dir gut mein Junge? Erik hat uns alles erzählt. Du siehst krank aus, setz dich,... setz dich!“
Demian setzte sich wieder und Penny griff aus dem durchsichtigen Lasgel, das in der Wand eingearbeitet war und ihre Lebensmittel konservierte, ein paar Eier und rotes Fleisch. Während sie die pinken Eier aufschlug und sich gleichzeitig die Stiefel abstreifte, sagte sie, „Eden schau in meiner Tasche nach, ich habe etwas für unseren Gast dabei.“ Eden ging rüber zu der Tasche und zog einen großen Ring heraus mit dem sie dann zu Demian ging. „Ich hoffe die Größe stimmt.“ rief Penny über die Schulter zu Demian, der sie unsicher anlächelte. „Lio hat ihn besorgt. Er hat ihn eben im Restaurant vorbeigebracht“ sagte sie zu Max gewannt. Lio war Saos Sohn und ein enger Freund von Nia, zu eng für Edens Geschmack.
Max zeigte Demian den Mechanismus mit dem man den Ring an den Finger binden konnte.
Mit einem lauten Klicken schnappten die 3 kleinen Schlösser ein und die drei runden Steine oberhalb des Ringes leuchteten farbig auf. Eden und Max keuchten gleichzeitig auf.
Demian zuckte zusammen und fragte nervös „Was ist? Hab ich was falsch gemacht.“ Eden ging um den Tisch herum und stellte sich hinter ihn sie zeigte auf die drei kleinen Steine.“Nun.“ erklärte sie etwas durcheinander „Der Ring zeigt die wichtigsten Informationen deiner Identität an er analysiert dein Blut. Der erste Stein hier oben zum Beispiel, zeigt deine Gesundheit an, je gesünder du bist desto blaue leuchtet der Stein und je schlechter es um dich steht desto röter wird er, der Stein kann über 100 Farbschattierungen annehmen. Dieses Lila ist für deine jetzige Verfassung normal, du bist kürzlich schwer verwundet worden und stehst zurzeit unter viel Stress. Der zweite Stein ist besonders für euch Menschen wichtig, denn er zeigt starke Wetterumschwünge und Emotionen an, beides Dinge die, die Kio schon anhand ihrer Haare erkennen können. Außerdem blinkt er im steten Rhythmus deines Pulses.“ Der kleine Stein blinkte schnell in einem klaren Silber, was zeigte, dass Demian extrem angespannt war und der heftige Regen bald nachlassen würde. „Der letzte Stein befähigt die Autoritäten dieses Landes dich zu Orten und zeigt deine Spezies an. Bei den Kio ist er weiß und bei den Menschen golden.“ Demian schaute sie verdutzt an „ Aber meiner ist grün...“
„Das gibt’s doch nicht!“ hörte sie Penny auf einmal laut sagen, sie hatte sich hinter sie gestellt und packte nun Demians Hand um sie näher zu betrachten. „Ist das normal? Ich meine.... ist das schon einmal vorgekommen?“ fragte Demian. Der zweite Stein, der Wetter und Emotion anzeigte, wurde nun hellrosa und blinkte immer schneller. „Dass der Stein eine andere Farbe annimmt ist bis jetzt nur einmal vorgekommen.“ sagte Max und schaute Eden vielsagend an. Sie streckte Demian die Hand hin und zeigte ihm ihren Ring, der dritte Stein leuchtete bei ihr in einem hellen Blau.


Eden saß nachdenklich auf der halbondförmigen Fensterbank in ihrem Zimmer, draußen hatte der Regen nachgelassen und die Sonne strahlte durch die runden Blätter der Bäume im Garten. Ihr Blick schweifte über den kleinen See der an ihr Grundstück grenzte, ein großer Vogel landete gerade in der Krone des mächtigen Baumes der dem Wasser am nächsten stand. Wie als wären sie durch ein Band verbunden, wusste Eden, dass Laika schon irgendwo versteckt lauerte. Wie erwartet sprang die junge Russi aus einem dichten Busch, auf den Baum und zog sich mit ihren kräftigen Fingern an den geschwungenen Ästen hoch. Der Vogel war jedoch zu gewieft für das noch unerfahrene Raubtier, lange bevor Laika ihn erreicht hatte, streckte er entspannt seine Flügel segelte von dem Baum und überflog den See. Laika schaute ihm sichtlich enttäuscht nach, und Eden musste über die Ausdauer und Motivation ihrer Freundin lächeln. Gerade als sie das Fenster öffnen wollte um sie herbeizurufen und ihr ein paar tröstende Worte zu schenken, öffnete sich die Tür.
Nia trat herein, schloss die Tür hinter sich, stapfte durch das knöchelhohe Wasser in ihrem Zimmer und ließ sich auf das große Bett fallen. Ihre Stiefschwester hatte die natürliche Schönheit ihrer Mutter geerbt sie hatte langes seidenen schwarzes Haar und einen olivfarbenen Hautton, ihre Augen waren blau und wurden von hohen Wangenknochen hervorgehoben. Sie war sogar für einen Menschen klein und hatte eine sehr weibliche Figur um die Eden sie schon immer beneidet hatte.
Nia seufzte laut und drehte ihren Kopf so, dass sie Eden gequält anschauen konnte, die immer noch mit angewinkelten Knien da saß. Bevor Nia ein Wort sagen konnte fragte sie, sie „ Ist Papa mit Demian in die Stadt um ihn zu melden?“ Nia nickte „Ja, sie sind mir auf dem Weg zur Haltestelle begegnet, er ist wirklich ein seltsamer Kerl...“ Eden wandte den Blick ab und nickte stumm. Nia seufzte abermals laut und pustete sich eine Strähne von der Stirn, Eden gab auf und fragte „Was ist Schwesterherz?“ Sie stand von ihrem Fensterplatz auf und legte sich neben ihre Schwester, wie immer folgte ihr King wie ein kleine Magnet und setzte sich auf ihre Stirn.“ Mama ist wütend auf mich, sie sagt ich sei zu viel mit Lio unterwegs.“ Eden schloss die Augen „Du warst also tatsächlich wieder bei ihm...“ Nia setzte sich gereizt auf und Eden tat es ihr gleich. „Jetzt fang nicht schon wieder an, du solltest wissen wie das ist. Warum habt ihr alle so Angst vor einem harmlosen Kio?“ Eden stand auf und ging wieder zum Fenster „ Du weißt ganz genau, was ich denke! Du weißt, dass ich es für sehr gefährlich halte, und du weißt auch warum!“ Nia schaute sie wütend an. „ Er ist anders, E., er weiß was ich bin und er ist gut zu mir. Deine Angst ist unberechtigt, Lio wird mich nicht verlassen sowie..“ Sie verstummte sie wusste, dass sie zu weit gegangen war. Edens Augen füllten sich mit Tränen und sie fauchte ihre Schwester an „Sag es! Nun los ich weiß, dass du es denkst.“ „Sowie Matthew dich verlassen hat.“ zwang sie sich zu sagen. Eden schluckte den Kloss in ihrem Hals hinunter. „Du weißt ganz genau, dass er mich nicht verlassen hat.“ „Vielleicht nicht, aber deine Theorie, dass er entführt wurde ergibt doch etwas weniger Sinn, meinst du nicht?“ Eden ballte die Fäuste „Und was ist mit den anderen? Alles Freunde von uns, Alle einfach verschwunden, nachdem du Lio kennengelernt hast.“ „Vielleicht gefiel es ihnen woanders einfach besser...“ Nia stand auf und ging zur Tür. Bevor sie ging sagte sie noch „ Mama möchte, dass du in einer Stunde in die Stadt fährst und Demian ein wenig herum führst, Papa muss gleich wieder ins Restaurant.“ Eden nickte und wandte sich wieder dem Fenster zu, die Tür schloss sich geräuschlos hinter ihr. Früher war alles anders gewesen, sie waren unzertrennlich gewesen und sie waren ehrlich zueinander gewesen. Nia wurde ihr jeden Tag fremder, sie veränderte sich und Eden konnte sie nicht daran hindern. Du solltest wissen wie das ist die Worte hallten unangenehm in ihrem Kopf wieder. Sie wusste was ihre Schwester damit gemeint hatte, Eden sollte nachempfinden können wie es war, wenn Menschen sich vor ihr fürchteten, weil sie anders war, eine Kio war. Erneut juckten ihre Augen von den Tränen die einen Weg nach draußen suchten. Früher hatte ihre Schwester nie davon geredet, dass sie anders war, sie hatte es sie nie fühlen lassen. Doch Eden war sich sicher, dass Nia wusste sie wünschte sie wäre ein Mensch. Als sie mit Matthew zusammen war, hatte er sie nie anders behandelt im Vergleich zu vielen in der Siedlung. Er hatte sie spüren lassen, dass sie genauso dazugehörte wie jeder einzelne von ihnen. Doch wie viele anderen dachte Nia, dass er sie verlassen hatte und woanders ein neues Leben begonnen hatte. Sie wusste, dass viele davon ausgingen, dass er es mit einer Kio nicht ausgehalten hatte, doch, dass ihre Schwester, die sie besser kannte als jeder andere, das dachte, verletzte sie tief. Eden sah in der Spiegelung im Fenster, dass sich ihre Haare vor Kummer wieder weiß gefärbt hatten und sie schaute weg.
In schmerzhaften Gedanken verloren streichelte sie King über den behaarten kleinen Kopf und er rieb sich an ihrer Fingerkuppe und schnurrte, ein tröstliches Geräusch in einer erdrückenden Stille.

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Tag der Veröffentlichung: 25.01.2012

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