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Spargelmoral




Ein Spargel sprießt am Maienmorgen
doch zaghaft nur. Er macht sich Sorgen.
Er hörte, was man so erzählt
von seinesgleichen, dass man wählt
die weißen, feuchten, frischen, zarten
Gemüsestangen um den harten
Alltag mit einem Lächeln zu bestreiten
und abends querfeldein nach Haus zu reiten.

Dem Spargel scheint die Sache schäbig.
So klagt er laut: „Ach, dafür leb’ ich
ein Leben ohne Luft und Sonne.
Damit im Eigenheim die Wonne
beständig bleibt und stramm. Ich drücke
mich schnell zurück in meine Lücke.“
Dort sitzt bereits die Spargelin und lacht.
„Dein Trieb ist mir willkommen, doch ganz sacht!“

Sein Spargelkopf wird ihm ganz rot
vor Scham. Und in der großen Not
die dieses Treffen ihm beschert
will er entfleuchen, doch verkehrt
wählt er die Richtung seiner Flucht.
Die Spargelfrau weiß jetzt, er sucht
ganz sicher bei ihr Spaß und viel Bewegung.
Der Spargel? Nun, er fügt sich ihrer Regung.


Der Spargel sticht. Und das ist keine Mär.
Jetzt wissen wir es besser als vorher.


Artischocken s/m




Von Stacheln ist sie stets umgeben.
Das macht sie an, das steht ihr gut.
In einem Artischockenleben ist Liebe wild.
Da fließt auch Blut.

Ihr lila Köpfchen weht im Winde
so trügerisch. Ganz weich und zart.
Dass man sie unergründlich finde,
erhofft sie sich. Der Blick ist hart.

Das Herz von ihr bleibt gut verborgen,
was sie im Schilde führt ist klar.
Mit Hieben wird sie’s dir besorgen.
Willst du nicht leiden: Mach dich rar!


Hochmut und Chicoree



Ein Kopfsalat, ein stinknormaler
litt Höllenqualen. - Wirklich! - Da er
verliebt war in den Chicoree.
Man ahnt, was kommt. Der sagte: „Nee!
Ich fang mit keinem Blattsalat
hier etwas an. Ich mag es hart
und kräftig und auch etwas bunter.“
„Dann nimm doch mich!“ schlug da ganz munter
der Lollo Rosso vor.

Der Chicoree war sehr empört.
„Hat mir denn niemand zugehört?
Ich mach’s nicht mit der Garnitur!“
Er wolle Vollgemüse nur.

Die Stimmung starb, man ward nervös.
Nett war das nicht, das war schon bös.

„Ich dräng mich sicherlich nicht auf.
Gemüse gibt es hier zuhauf.“
Hört’ man den Lollo Rosso flüstern.
Schon rutscht er fort und gleitet lüstern
auf zwei beleibte Pastinaken,
sie tollen eifrig durch die Laken.

Wer litt jetzt unter Liebesweh?
Die Endivie!

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Tag der Veröffentlichung: 02.03.2009

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