„Der Sohn vom Direx?“, hörte Samuel nun schon zum wiederholten Male zwei Personen auf dem Schulflur miteinander reden.
Was war denn mit diesem Sohn?
Bis zu diesem Zeitpunkt hatte Samuel der Mut gefehlt, doch die zwei Mädchen schienen nett zu sein.
Neugierig gesellte er sich zu den zwei Mädchen aus seiner Parallelklasse. Er stellte ihnen seine Frage, wurde ein wenig irritiert angesehen, bekam aber dennoch eine Antwort.
„Der kommt von einem Internat auf unsere Schule. Nach den Ferien. Voraussichtlich in deine Klasse.“, gab Yvonne, eine kleine schwarzhaarige Klatschtante, bereitwillig Auskunft.
Innerlich seufzend ging Samuel wieder seines Weges. Ein neuer? Und dann auch noch der Sohn vom Direx? Na das konnte ja nur ein genauso großer Spießer sein wie sein alter Herr.
Samuel hatte zwar noch nie Probleme mit dem Direktor des weiterführenden Gymnasiums das er besuchte gehabt –hatte es auch nicht vor- aber selbst er hatte inzwischen mitbekommen das dieser sehr streng war.
Seit Herr Möller die Schule leitete waren schon einige Leute geflogen, Lehrer wie Schüler –und Herr Möller war erst ein halbes Jahr zuvor Direktor geworden.
Okay, ihr alter Direktor hatte viel durchgehen lassen –vielleicht zu viel- aber niemand hatte damit gerechnet einen Direktor wie Herrn Möller zu bekommen nachdem ihr alter Direx in den Ruhestand gegangen war.
Samuel war das eigentlich egal, doch auch er hatte die strengere Schulpolitik schon am eigenen Leib erfahren. So hatte er doch wegen eines Kaugummis nachsitzen müssen. Das erste Mal in seinem Leben!
Samuel war ein sehr ruhiger, zurückgezogener Schüler. Er war während seiner Realschulzeit häufig geärgert, sogar gemobbt worden und das hatte seine Spuren hinterlassen, auch wenn sich nun kaum mehr einer an ihm zu stören schien.
Samuel war trotz seiner 17 Jahre nicht besonders groß: 1,70m. Bei dieser Größe hatte er auch nicht die superschlanke Figur, er hatte ein wenig Speck am Bauch, doch das hatte den anderen anscheinend gereicht um ihn zu ärgern, denn heute sah er so aus wie vor zwei Jahren.
Nun war er in der zwölften Klasse und heilfroh, dass seine Mitschüler erwachsener schienen als seine ehemaligen Peiniger.
Trotzdem hatte Samuel sich zurückgezogen, hatte keinem die Chance geben wollen herauszufinden dass er dem gleichen Geschlecht zugetan war und ihn wiederholt zu mobben.
Er hatte sich erst in den Sommerferien nach der mittleren Reife –also knapp eineinhalb Jahre zuvor- selbst eingestanden das er schwul war, doch er hatte noch nie einen Jungen geküsst, geschweige denn Händchen mit einem gehalten oder eine Beziehung geführt.
Seine Jungfräulichkeit hatte Samuel mit fünfzehn im Winterurlaub an ein älteres Mädchen verloren, doch es war nicht die Erfüllung gewesen. Zu diesem Zeitpunkt hatte er das erste Mal Zweifel gehabt und ein halbes Jahr später hatte er es sich endlich eingestehen können.
Nun war er 17, hatte sich allerdings noch niemandem anvertraut.
Wem auch? Seine Eltern waren Archäologen und zurzeit irgendwo in Ägypten und seiner Oma –bei der er viel Zeit verbrachte, auch wenn er im elterlichen Haus lebte- wollte er keinen Infarkt verschaffen. Geschwister hatte Samuel keine und Freunde genauso wenig.
Er machte sich also auf in die 7-tägigen Herbstferien in denen er zu seinen Eltern fliegen würde und dachte nicht weiter über den Jungen nach der ihm schon bald nicht mehr aus dem Kopf gehen sollte.
Mike stand genervt vor dem Internat. Sein Vater hatte darauf bestanden ihn auf „seiner“ Schule anzumelden obwohl er kein Interesse daran gehabt hatte.
Das Internat war toll gewesen. Er hatte viele Freunde gehabt und seine Noten hatten sich auch verbessert, seit er vor zwei Jahren auf dieses geschickt worden war. Er hatte keine Lust bei seinem spießigen Vater zu leben, genauso wenig hatte er Lust sich mit seiner Mutter herumzuschlagen, die dauernd Freunde anschleppte die seine Brüder sein könnten.
Aber er war erst 17 ein halb und außerdem auf das Geld seiner Eltern angewiesen. Mike stammte aus einer sehr reichen Familie, sein Vater könnte ihm einfach den Geldhahn zudrehen, doch wenn er 18 war konnte er endlich auf den Treuhandfond seines Großvaters zugreifen, der ein angesehener Programmierer gewesen war und eine große Firma aufgebaut hatte. Allein auf dem Fond lagen über fünf Millionen Euro und sein Vater hatte ein Vielfaches geerbt.
Mit diesem Geld hatte sein Vater versucht ihm benehmen einzubläuen, doch alles hatte fehlgeschlagen. Mike –wie er genannt wurde, weil er seinen Namen nicht sonderlich mochte- war immer ein Rebell gewesen und sein Vater hatte ihn schließlich auf diese Internat geschickt, auf dem er erfolgreich seinen Realschulabschluss gemacht hatte und nun die zwölfte Klasse besuchte um sein allgemeines Abitur zu machen.
Sein Vater war nun allerdings der Meinung er hätte sich gebessert und da müsste man nicht mehr die teuren Schulgebühren zahlen die man ja so viel besser würde anlegen können. Es war ihm vollkommen egal was Mike davon hielt, doch das war es schon immer gewesen. Hauptsache er selbst stand gut da und seine Autorität wurde nicht untergraben.
Mike stand nun schon eine halbe Stunde vor dem Internat. Er hatte sich von seinen Freunden verabschiedet und schon abgeschlossen, doch der Chauffeur seines Vaters schien es nicht für Nötig zu halten pünktlich zu erscheinen.
Er mochte Uli eigentlich, doch im Moment war er auf niemanden gut zu sprechen.
Eine weitere halbe Stunde verging bis ein Taxi vor ihm hielt und ihn darüber in Kenntnis setzte, dass der Chauffeur eine Autopanne hätte. Mike seufzte. Also würde ihm statt der lustigen Fahrt mit Uli eine langweilige Taxifahrt bevorstehen. Zum Glück würde diese nur fünf Stunden dauern, dachte er pessimistisch, es gab keinen besseren Start in die 7-tägigen Ferien die er mit seinen nervenden Eltern würde verbringen müssen. Super.
Diese Herbstferien waren die schlimmsten die er jemals erlebt hatte. Seine Eltern hatten sich so oft gestritten, dass Samuel sich gefragt hatte ob sie sich vielleicht trennen würden und als er wieder in Deutschland angekommen war hatte er erfahren, dass seine Oma ins Krankenhaus eingeliefert worden war weil sie gestürzt war.
Sie hatte sich eine leichte Gehirnerschütterung geholt, zum Glück nichts anderes. Sie war glimpflich davon gekommen, auch wenn sie noch einige Tage zur Beobachtung im Krankenhaus bleiben sollte, weil zusätzlich ihr Blutdruck zu hoch war.
Wenigstens regnete es, dachte er als er aus dem Bus stieg. Der Himmel war verhangen und es tröpfelte schon den ganzen Morgen über.
Samuel mochte den Regen sehr. Viel lieber als Sonnenschein oder Schnee.
Man konnte dann auf den Fensterscheiben den Tropfen zuschauen, wie sie sich langsam ihren Weg nach unten suchten. Er sollte in der Schule vielleicht lieber aufpassen als den Regentropfen zuzuschauen, doch er konnte den Stoff schon.
Samuel war ein Einserschüler und er hatte nie viel dafür tun müssen. Er war froh, dass er nicht stundenlang an den Mathematikhausaufgaben saß oder dass er ewig Englischvokabeln pauken musste.
Als er in seine Klasse kam wurde er nicht sonderlich beachtet. Steffen, ein schlaksiger Typ der in der ersten Reihe saß begrüßte ihn freundlich, ließ ihn dann zum Glück aber in Ruhe.
Samuel war an diesem Tag wirklich nicht sehr geduldig und würde ihn jemand nerven würde er wohl nicht sehr freundlich reagieren. Auch von Tatjana, der Klassensprecherin, die eine Reihe vor ihm saß bekam er ein freundliches „Hallo“, ehe sie sich wieder ihrer Freundin zuwandte.
Samuel ließ sich in der letzten Reihe am Fenster nieder und stütze den Kopf auf die Arme. Er hatte in dieser Nacht nicht viel schlafen können, hatte noch immer mit der Zeitumstellung zu kämpfen, da er erst am Sonntagmittag mit dem Flieger angekommen war.
Sam verbrachte die zehn Minuten bis zum Unterrichtsbeginn damit vor sich hin zu dösen und den Gesprächen der anderen ein wenig zu lauschen. Tatjana vor ihm berichtete Kim von der Hochzeit auf der sie mit ihrem Freund gewesen sei. Die Braut hätte ein so wunderschönes Kleid getragen und das große Landhaus in dem sie gefeiert hätten wäre so romantisch gewesen.
Samuel hätte der blonden Schönheit fast entgegengeschleudert sie solle die Klappe halten, doch sie war immer freundlich zu ihm und es zwang ihn ja auch niemand zuzuhören. Er war an diesem Tag wirklich leicht reizbar, stellte er genervt fest. Diese Tage hasste er, er mochte es lieber wenn er das alles einfach über sich ergehen lassen konnte, ohne das es ihn auch nur juckte.
Samuel strich sich das schwarze Haar aus den Augen, von dem seine Oma so oft sagte, er solle es schneiden lassen. Für ihn hatte es jedoch genau die richtige Länge, da es ihm in die braunen Augen fiel. So konnte er sich dahinter verstecken und er mochte es wenn es ihm ins Gesicht fiel. Er konnte nichts damit anfangen wenn ein Junge seine Haare Raspel kurz hatte, stand auch nicht auf solche Jungs.
Samuel stand aber auf genau den Typ Junge der in diesem Moment zusammen mit seiner Mathelehrerin den Klassenraum betrat. Frau Ulbricht begrüßte die Klasse und ließ sich den Jungen dann selbst vorstellen.
Der Neue schien mindestens 1,90m groß zu sein und hatte eine muskulöse Statur. Kein Muskelprotz aber dennoch kräftige Oberarme und auch sein Bauch, der von dem engen weißen T-Shirt mit V-Ausschnitt betont wurde, schien nicht untrainiert zu sein.
Der Teenager, der der Sohn des Direktors zu sein schien, trug schwarze Jeans und ebenso schwarze Sneakers. Braune Haare fielen ihm immer wieder ins Gesicht und seine schwarze Cap nahm er erst ab, nachdem Frau Ulbricht ihn dazu aufforderte. Im rechten Ohr hatte er einen schwarzen Tunnel mit etwa 1cm Durchmesser und durch seine linke Augenbraue und die Unterlippe hatte er ebenfalls je ein Piercing. In der Augenbraue einen schwarzen Doppelpfeil und durch die Unterlippe einen Ring.
Samuel wusste nicht ob er es sich einbildete, aber der Neue schien in der rechten Brustwarze ebenfalls ein Piercing zu haben.
Tat das nicht schrecklich weh? Samuel überlief ein Schauer als er daran dachte.
Das war also der Sohn ihres spießigen Direktors?
Samuel hörte schon, wie die Mädchen spekulierten ob er eine Freundin hatte und Samuel fragte sich dasselbe. Doch dieser Mädchentraum konnte nur hetero sein und wenn nicht, würde er es wohl kaum zugeben, so Samuels Gedankengänge.
Samuel gab sich innerlich eine Ohrfeige. Es machte nichts ob er schwul war oder nicht, denn selbst wenn, wer würde denn bitte mit jemandem wie ihm zusammen sein wollen?
Und sowieso würde Samuel eine Beziehung haben würde er sich wohl oder übel outen müssen und das war nichts, das er in naher Zukunft vorhatte.
Mike war genervt. Seine Ferien waren wie immer wenn er auf seine Eltern traf schrecklich gewesen, doch in der Zeit in der Schule war, war sein alter Herr wenigstens nicht allzu häufig zu Hause und seine Mutter wohnte sowieso nicht im selben Haus wie sein Vater.
Die beiden waren nur noch auf dem Papier verheiratet und Mike war froh darüber, denn als seine Mutter noch bei ihnen gelebt hatte war ihm jeden Tag fast das Trommelfell geplatzt, da die beiden sich so laut gestritten hatten.
Nun stand Mike vor seiner neuen Klasse und sollte sich vorstellen. Zwanzig neugierige Augenpaare hefteten sich auf ihn, doch es machte ihm nichts aus, das sie ihn alle einer genauen Musterung unterzogen.
Mike wusste, dass er attraktiv war. Bekam es regelmäßig gesagt, wenn er von einem Mädchen angemacht wurde.
Seine Lehrerin –Frau Ulbricht, wie er aufgeschnappt hatte- hatte sich bei ihm schon allein dadurch unbeliebt gemacht, das sie Mathe und Wirtschaft unterrichtete, aber spätestens als sie ihn dazu aufgefordert hatte sein Cap abzusetzen war sie bei ihm völlig unten durch gewesen.
Mike ließ seinen Blick durch die Reihen seiner neuen Mitschüler gleiten und stellte genervt fest, dass die meisten Mädchen fast sabberten. Na toll.
„Also. Ich bin Michael Möller, aber wehe jemand kommt auf die Idee mich wirklich so zu nennen. Bitte einfach nur Mike.“, machte er klar.
Sollte er erwähnen dass er der Sohn des Rektors war? Nö, hatte wahrscheinlich sowieso schon die Runde gemacht. Mike überlegte was noch erwähnenswert war, fuhr langsam fort.
„Ich bin 17 und war vorher zwei Jahre auf einem Internat. Hat jemand sonst noch Fragen?“, es war ein Fehler das Mike das gefragt hatte, was er spätestens daran erkannte, dass fast gleichzeitig die Finger zweier Mädchen aus der zweitletzten Reihe in die Höhe schossen.
Ihre Frage war einfach und seiner Meinung nach eher unangebracht, aber so hatte er wenigstens die Möglichkeit gleich eine Bombe platzen zu lassen. Das braunhaarige Mädchen, das erwähnte dass es Kim hieß, fragte also ob Mike eine Freundin hätte und der Arm des blonden Mädchens neben ihr sank wieder.
„Nein, ich habe keine Freundin und werde auch nie wieder eine haben. Der Grund dafür ist einfach und Jungs ich hoffe ihr fallt nicht von den Stühlen wenn ich euch mitteile, das ich schwul bin.“ Einige der Jungs sahen ihn pikiert an und einige Mädchen sahen Mike teils erstaunt, teils traurig an.
Die meisten schienen es relativ gelassen zu sehen, doch auch die Lehrerin musste erst einmal schlucken, ehe sie den Neuen anwies sich einen Platz auszusuchen.
Das war der Moment in dem sich Mikes Augen zum ersten Mal mit denen eines Jungen in der letzten Reihe kreuzten. Mike war einen Moment wie gefangen von den warmen braunen Augen die ihm entgegen strahlten, sich aber einige Sekunden später hektisch umblickten.
Mike musste nicht lange überlegen und ging zielstrebig auf den ihm unbekannten Jungen zu um sich neben ihn fallen zu lassen. Er sah ihn interessiert an. Er war um einiges kleiner als er und schien ein wenig zu viel auf den Hüften zu haben, aber der Junge gefiel ihm auf Anhieb gut und Mike wusste schon zu diesem Zeitpunkt, dass er diesen Jungen wollte.
Der Kleine schien jedoch kein Interesse daran zu haben mit ihm in Kontakt zu treten, denn er starrte stur geradeaus, zu der Mathelehrerin die einige Formeln an die Tafel geschrieben hatte.
„Hey, ich bin Mike.“, flüsterte der attraktive Junge neben Samuel, doch dieser war fest entschlossen kein Interesse zu zeigen. Er hatte ja nicht ahnen können, dass dieser Junge tatsächlich schwul war, doch es änderte nichts.
„Samuel.“, zischte er nur und hoffte das sein Nebensitzer sich damit zu Frieden geben würde und ihn in Ruhe ließ.
Mike musste Grinsen. Sein neuer Nebensitzer schien nicht wirklich angetan von der Idee sich mit ihm zu unterhalten, wie es schien. Aber Mike war kein Mensch der leicht aufgab und er stand auch ein wenig auf die Kratzbürstige Masche.
War der Junge neben ihm hetero? Nein. Das konnte nicht sein, denn Mike hatte sich den Blickkontakt zwischen ihnen nicht eingebildet. Und wenn in dem Jungen neben ihm ein verborgener schwuler steckte, würde er ihn schon aus ihm herauskitzeln. Mike hatte schon so manchen hetero umgedreht und er konnte sich in diesem Moment nichts Spannenderes vorstellen als den Jungen neben sich für sich zu gewinnen.
„Sammy also.“, murmelte der große Teenager neben Samuel und diesem lief es heiß den Rücken hinunter bei diesem Spitznamen. Aus Mikes Mund klang das irgendwie liebevoll, auch wenn er sich nicht vorstellen konnte warum.
Wollte er ihn nur ärgern? Entsprechend barsch zu diesem Gedanken fiel seine Antwort aus: „Nenn mich nicht so! Ich heiße Samuel!“.
Mike musste wieder grinsen, als nach einigen Augenblicken die Erwiderung Samuels an seine Ohren drang. Dieser Name schien ihm nicht zu gefallen. Perfekt um ihn zu provozieren und ihn aus der Reserve zu locken, dachte er sich gemein grinsend.
Der Kleine gefiel ihm mit jeder Sekunde besser und er hatte sowieso schon immer etwas gegen diese ganzen abgemagerten Burschen gehabt, die in der Gegend herumrannten. Etwas mehr auf den Hüften war bestimmt sehr angenehm, endlich mal etwas zum Anfassen. Außerdem gefiel es Mike sehr gut, dass Samuel ihn zum Grinsen bringen konnte, denn das schaffte nicht jeder.
Mike war den Rest der Stunde in seinen Fantasien darüber, was er alles mit seinem Sammy anstellen würde, versunken, bemerkte aber trotzdem die Blicke, die Samuel ihm immer wieder nervös zuwarf und das dieser mit seinem Stuhl so weit wie möglich Richtung Fenster gerutscht war.
Hatte Samuel vielleicht doch etwas gegen Schwule? Diesen Gedanken wollte Mike jedoch gar nicht richtig zulassen.
Nein. Er würde seinen Sammy bekommen, denn er bekam meistens was er wollte.
Samuel hasste den Namen Sammy schon beim ersten Mal als Mike ihn ausgesprochen hatte, denn er erinnerte ihn an seine Schwäche. Die Schwäche, dass er kurz davor war Mike zu berühren um herauszufinden, ob seine Oberarme wirklich so muskulös waren wie sie aussahen und ob die kleinen Härchen an seinen Armen ihn kitzeln würden wenn er darüber strich.
Samuel schalt sich selbst einen Idioten. Mike würde sich niemals auf jemanden wie ihn einlassen. Sie spielten in verschiedenen Ligen und er war nicht so dumm zu glauben, dass Mike das nicht auch sah.
Der braunhaarige Schönling wollte ihn nur ärgern. Wahrscheinlich hatte er keine Lust etwas zu lernen, bekam seine Noten hinterhergeschmissen weil sein Daddy die Schule unter seiner Fuchtel hatte. Samuel war nur der kleine hässliche den man ein bisschen aufzog und dann keines Blickes mehr würdigte.
Obwohl Samuel das von Anfang an gewusst hatte schmerzte ihn der Gedanke ein wenig.
Er war froh, dass Mike ihn bis zur großen Pause zufrieden ließ, denn Samuel hatte genug damit zu tun sich seiner Ausstrahlung zu widersetzen. Wie Samuel sich schon gedacht hatte wurde Mike in der 20-minütigen Pause von seinen neuen Mitschülern belagert. Die zwei Pausen zuvor hatte niemand die Gelegenheit dazu gehabt, denn die Lehrer hatten Mike jeweils zu sich gerufen und die ganzen fünf Minuten ehe der Unterricht weiter ging mit ihm geredet.
Jedes Mal schien Mike genervter wieder zu seinem Platz neben Samuel zurückgekehrt zu sein, doch er hatte nichts gesagt und auch Samuel hatte nicht nachgefragt. Warum auch?
Als die 9 Teenagerinnen sich alle auf Mike stürzten und die meisten Jungs nach draußen in den Flur gingen um sich mit Freunden zu treffen oder eine zu rauchen, hatte Samuel das Gebrabbel der oberflächlichen Damen schon nach den ersten zwei Sätzen satt und stand auf um sich zu den Toiletten zu begeben. Die ersten zwei Sätze die Kim nämlich von sich gegeben hatte waren folgende gewesen: „Du bist wirklich schwul? Oh mein Gott, ich wollte schon immer einen schwulen Freund.“.
Mike war die Reaktion Kims gewohnt, so hatten einige Mädchen ihn auch im Internat begrüßt. Eine hatte sogar gewollt, das sie sich mit ihm ein Zimmer teilte, da sein eigentlicher Zimmerbewohner sich zuerst gestäubt hatte mit einem schwulen das Zimmer zu teilen.
Jannik hatte dann aber dank ihm schnell herausgefunden, dass er ebenfalls schwul war. Es hatte jedoch nicht lange gedauert, bis Janniks Vater ihn dann schließlich vom Internat genommen hatte, als er sie zusammen im Bett erwischt hatte.
Mike hatte danach ein Einzelzimmer gehabt und das war auch gut so gewesen. Er hatte Jannik nicht hinterher getrauert, er war nur ein Zeitvertreib gewesen, doch der Junge der sich in diesem Moment durch die Klassenzimmertür stahl war nicht nur ein Zeitvertreib. Er war mehr.
Samuel war derjenige, der schon seit zwei Stunden die wildesten Fantasien in seinem Kopf verursachte.
Mike würde gerne den Mund seines Sammys küssen. Würde gerne mit seiner Zunge spielen und ihm danach einige Knutschflecke verpassen, damit jeder sah, dass dieser süße Junge zu ihm gehörte.
Mike hatte nie an Liebe auf den ersten Blick geglaubt, aber seit ihrem ersten Blickkontakt war dieser Junge interessanter für ihn als alles war er je zuvor gesehen hatte.
Er würgte ein rothaariges Mädchen ab und entschuldigte sich kurz, bevor er auf den Flur trat um Samuel zu folgen. Er wurde das Gefühl nicht los, dass sein Sammy sich noch enorm gegen ihn wehren würde.
Mike stellte nach ein paar Augenblicken in denen er Sammy unauffällig gefolgt war fest, dass dieser kein besonders großes Selbstvertrauen zu besitzen schien. Samuel schlich mit gesenktem Kopf den Flur entlang, wich jedem aus der ihm im Weg stand und den Personen die ihn grüßten ließ er nur ein kleines Nicken zu teil werden.
Es war fast schon traurig, stellte Mike betrübt fest.
Was war ihm passiert, dass er so wenig Selbstbewusstsein hatte?
Er folgte ihm bis zu den Toiletten und betrat diese kurz nach ihm. Samuel blickte ihn erschrocken an als die Tür zufiel und verschwand gleich darauf in einer der Kabinen.
Mike blieb unentschlossen stehen, beschloss zu warten. Wenige Augenblicke später öffnete sich die Tür wieder und zwei weitere Jungs betraten die Männertoiletten.
Einen kannte Mike, hatte ihn in seiner Klasse entdecken können. Der andere ging nicht in seine Klasse, wirkte etwas Jünger. Als sie ihn an einen Heizkörper gelehnt stehen sahen blieben sie stehen. Beide schienen zu den „coolen“ zu gehören, das sagten Mike seine Menschenkenntnisse und die Art wie die beiden ihn musterten. Doch er hatte wohl Glück, denn bei keinem von den beiden konnte er Feindseligkeiten ausmachen.
„Ich bin Louis.“, stellte sich sein Klassenkamerad vor. Er zeigte auf den Jungen neben ihm und fuhr fort, „Das ist mein Cousin Dennis. Er geht in die Stufe unter uns.“ Dennis nickte ihm zu was Mike erwiderte. Kurz schwiegen alle, dann sprach Louis wieder. Seine blauen Augen blitzten amüsiert.
„Und bei dem Vater traust du dich schwul zu sein?“, fragte er grinsend und auch auf Dennis Gesicht machte sich ein Lächeln breit.
Mike blieb regungslos. Die beiden schauten ihn verunsichert an, dachten wohl sie hätten ihn beleidigt, doch dann erwiderte Mike etwas. „Glaubst du er würde gut mit Enkelkindern umgehen? Ich wollte das den armen Kleinen ersparen.“, Mike grinste und die beiden Teenager ihm gegenüber mussten losprusten.
Wenig später hatten die Beiden sich wieder beruhigt und klatschten bei ihm ein.
„Du bist echt in Ordnung.“, erklärte Louis ehe er mit seinem Cousin wieder aus der Tür verschwand. Hatten die beiden nicht auf die Toilette gemusst? Ach, es konnte ihm ja egal sein.
Seufzend schaute Mike auf die Tür, hinter der sein Sammy steckte. „Du versteckst dich aber nicht vor mir, oder?“, vermutete er wild drauf los, wollte den Süßen nicht davonkommen lassen.
Samuel saß auf dem heruntergeklappten Toilettendeckel und wurde rot als Mike mit seiner Vermutung ins Schwarze traf.
Was machte er da draußen? Wollte er ihn verarschen?
Suchte er vielleicht Anschluss? Aber dann hätte er doch nur im Klassenzimmer bleiben müssen. Oder mit Louis gehen können.
Der schwarzhaarige Schönling war einer der Top-Mädchenschwärme an der Schule und hatte viele Freunde. Überraschenderweise war er dabei auch ziemlich freundlich. Er hatte ihn zumindest noch nie schräg von der Seite angesehen oder ein unfreundliches Wort an ihn verloren.
Mike war bei ihm an der falschen Adresse wenn es um Kontakte ging und Samuel wurde das Gefühl nicht los, das Mike ihm nicht deswegen auf die Toiletten gefolgt war.
„Jetzt komm schon raus. Ich beiß auch nicht.“, vernahm Samuel nun wieder. Mike klang amüsiert und Samuel verzog genervt das Gesicht. Schön wenn er so gut unterhalten wurde. Wirklich toll.
Er schwieg weiterhin hartnäckig. „Hast du was gegen schwule?“, fragte Mike nun ernst und Samuel erstarrte. Warum sollte er etwas gegen schwule haben? Er war es doch selbst!
Aber das wusste Mike zu seinem Glück ja nicht.
„Nein.“, brachte Samuel relativ ruhig hervor. Seine Stimme klang gedämpft, da er sich noch immer in der Kabine versteckte.
„Ist halt ein bisschen so rüber gekommen.“, erwiderte Mike gelassen. Er ging aufs Ganze.
„Bist du auch schwul?“, fragte er auf alles gefasst. „Nein.“, kam es bissig von Samuel, der wegen der Lüge rote Wangen bekam. Scheiße, was sollte diese Fragerei?
„Bi?“, fragte Mike weiter, immer im Bewusstsein, dass Samuel jeden Moment auf ihn losgehen könnte, auch wenn er keine Chance haben würde. Doch dann hätte er wenigstens einen Grund ihn zu Boden zu ringen, dachte er sich grinsend, in Gedanken wieder bei allen möglichen Bettaktivitäten.
„Ich steh nicht auf Jungs.“, Samuels Worte klangen nicht halb so barsch wie beabsichtigt. Mike musste lächeln. Wirklich nicht?
„Hast du ne Freundin?“, fragte Mike weiter, konnte es einfach nicht lassen. Er wollte dass Samuel aus der Kabine kam. Er wollte ihn ansehen.
Sein Sammy sah bestimmt irre süß aus wenn er wütend war. „Nein.“, erwiderte Samuel. Langsam nervte Mike ihn gewaltig, auch wenn er gut aussah.
„Als würde ein Mädchen was von einem wie mir wollen.“, rutschte Samuel noch leise heraus. Scheiße. Hoffentlich hatte Mike das nicht verstanden.
Mike wusste nicht was er von Sammys Worten halten sollte. Was wollte er damit sagen? Mike war in der Zwischenzeit an die Kabinentür getreten, kam sich vor wie der Lauscher an der Wand, da er auf jedes Geräusch das Sammy von sich gab hörte, so auch auf die gemurmelten Worte.
„Was soll das heißen?“, fragte Mike nach, nachdem er ein wenig nachgedacht hatte. Samuel hatte wirklich so gut wie kein Selbstwertgefühl und selbst das schien noch übertrieben als Bezeichnung für die Haltung gegenüber sich selbst. Mike seufzte lautlos auf.
Samuel hatte Glück. Er dachte fieberhaft über eine Antwort nach als das Klingeln zum Pausenende erklang. Ein Grinsen schlich sich auf Samuels Gesicht, auch wenn ihm eigentlich nicht zum Grinsen zumute war.
Langsam öffnete er die Kabinentür und begab sich zu den Waschbecken um sich die Hände zu waschen. „Was hast du damit gemeint?“, kam die Frage von Mike, der hinter ihm stand und ihm durch den Spiegel in die Augen schaute. „Mit was denn?“, fragte er.
Vielleicht würde Mike es darauf beruhen lassen wenn er so tat als wüsste er nicht wovon er spreche. Irgendwann musste er sich ja auch dumm vorkommen, oder?
Samuel ignorierte den Nachdenklichen Gesichtsausdruck Mikes und machte sich auf den Weg zu ihrem Klassenzimmer, in dem sie zwei Stunden Geschichte erwarten würde. Mike wollte einfach nicht locker lassen, fragte die vollen zwei Stunden immer wieder nach, doch Samuel hatte Glück, denn in Geschichte schauten sie die vollen zwei Stunde einen Film und begaben sich dafür in einen anderen Raum. Mike hatte sich neben ihn setzten wollen, doch Samuel hatte sich zu Steffen in die erste Reihe geflüchtet und Mike saß nun zwischen Kim und Tatjana.
Als es klingelte verschwand Samuel so schnell er konnte und er hatte Glück, denn Mike wurde von den zwei Mädchen aufgehalten.
Irgendwie erinnerte die Situation Mike an die von der großen Pause, denn Sammy war genauso schnell verschwunden, sogar noch schneller. Mike hatte ihn aufhalten und endlich eine Antwort erhalten wollen, doch als er auf den Flur trat war keine Spur mehr von Sammy zu sehen.
Sie hatten nun eine dreiviertel Stunde frei bevor sie zum Sportunterricht mussten. Er hätte die Pause gerne mit Sammy verbracht, doch er hatte schon einen Termin. Einen Termin beim Schulleiter.
War schon interessant, es war sein erster Tag an der Schule und schon musste er zum Direx, dachte sich Mike genervt.
Louis fragte ob er mit ihm und ein paar anderen etwas essen gehen wollte, doch leider musste er ihnen genauso wie Tatjana und Kim ablehnen.
Seufzend machte Mike sich auf den Weg zu seinem Vater. Die beiden hatten kein besonders gutes Verhältnis und so war Mike entsprechend schlecht gelaunt als er das Büro wieder verließ.
Er machte die Sekretärin von der Seite an weil sie ihm im Weg stand und vor der Sporthalle machte er halt um eine zu rauchen. Mike rauchte normalerweise nicht, aber es war besser er rauchte eine wenn er wieder Streit mit seinem Vater gehabt hatte als zu härteren Drogen zu greifen.
Mike sah Sammy um die Ecke kommen, er sah nicht gut aus und Mike hatte sofort das Bedürfnis ihn zu trösten. Also ging er ihm entgegen und das erste was er bemerkte war, das Samuel einen pikierten Blick auf seine Zigarette warf, was ihn dazu bewegte sie auszutreten.
„Was ist los? Geht´s dir nicht gut?“, fragte Mike während sie weitergingen betont beiläufig.
Es ging Samuel wirklich nicht besonders gut. Er war kurz im Krankenhaus gewesen und seiner Großmutter ging es nicht besonders gut. Irgendetwas mit dem Herzen.
Er machte sich große Sorgen, denn er stand seiner Oma näher als allen anderen. Sie war immer für ihn da gewesen, während seine Eltern immer irgendwo unterwegs gewesen waren. Wenn er sie dann in den Ferien besuchte, oder sie wirklich zuhause sein sollten, interessierten sie sich nicht wirklich für seine Probleme, waren mit ihrer Arbeit beschäftigt und stellten ihn irgendwo ab. Es war schon immer so gewesen, doch es schmerzte ihn immer wieder.
Noch dazu würden sie gleich Sport haben und das konnte er gar nicht ausstehen. Klar, sie hatten Neigungsgruppen, was bedeutete jeder musste sich drei Sportarten aussuchen, die er dann eine Zeitlang haben würde, doch die angebotenen Sachen waren nicht der Burner.
Sie hatten eine Liste bekommen auf denen sie eine Sportart von Schwimmen, Leichtathletik, Tanzen, Fitness und Outdoor aussuchen mussten und zwei weitere von angebotenen Ballsportarten.
Fitness hatte er schon im Sommer hinter sich gebracht und es war schrecklich gewesen. Sie waren zum Aufwärmen gejoggt, dann gerannt und zum Ausklingen waren sie schnell gelaufen.
Die Beschreibung war anders gewesen, doch die anderen hatte es nicht sonderlich gestört. Nur er hatte immer schlapp gemacht und irgendwann hatte er keine Lust mehr gehabt und war zufällig immer beim Sportunterricht nicht anwesend gewesen. Es war zwar nicht die feine englische Art gewesen, aber wofür brauchte man Sport im späteren Leben? Samuel leuchtete das nicht ein, aber die Schule meinte es müsste sein.
Die heutigen zwei Stunden Sport würde er zum ersten Mal Basketball haben und er hoffte, dass er dies halbwegs hinbekommen würde. „Was hast du jetzt für eine Sportart?“, fragte Samuel den großen Teenager der noch immer neben ihm lief und auf eine Antwort gewartet hatte.
Es war eher eine Sicherheitsmaßnahme als Neugier. Was sollte er tun wenn Mike auch noch mit ihm Sportunterricht hätte? Die Umkleide! Oh nein. So ein geiler Körper und er würde bestimmt die Augen nicht davon wenden können. „Basketball. Und du?“
Mike sagte es so als würde er Basketball wirklich mögen, doch das war Samuel egal. Er hatte Basketball gesagt. Nun würde Mike wohl endlich mitbekommen wie hässlich und unsportlich er war und ihn in Ruhe lassen. Irgendwie hatte der Gedanke etwas Beruhigendes an sich, doch Samuels Puls begann zu rasen.
Mike fand es toll, das sein Sammy bei ihm in Sport war, denn das bedeutete dass er auch mit ihm in einer Umkleide sein würde. Interessant. Mike würde also etwas zu sehen bekommen was seine Fantasien schüren würde.
Louis war ebenfalls in ihrem Neigungsfach und mit ihm fast alle Jungen der Klasse. Doch Mike hatte nur Augen für seinen Sammy und als dieser sein T-Shirt auszog atmete er hörbar ein.
Nein, er konnte nicht verstehen warum der Zwerg so wenig Selbstwertgefühl hatte. Klar er hatte einen kleinen Bauch, doch wen störte es? Ihn jedenfalls nicht!
Mike bemühte sich unauffällig zu Sammy zu schauen, doch die Jungs schienen unbewusst auf ihn zu schielen, zu beobachten ob er sie bespannte. Schnell zog auch er sich an, wollte sich schließlich nicht schon am ersten Tag zum Feind machen, sah aber gerade noch wie Samuel sich seine kurze Sporthose über den hübschen Hintern zog.
Mike gefiel bis zu diesem Zeitpunkt alles an seinem kleinen Sammy. Sein Aussehen, seine Art und die Abweisende Haltung ihm gegenüber. Er fand ihn interessant und er wusste schon nun wie er den restlichen Tag verbringen würde.
Mike wartete und machte sich dann zusammen mit seinem Sammy auf den Weg in den abgetrennten Hallenteil. Es stand schon ein Wagen mit Bällen bereit und Mike holte sich einen guten heraus. Sie hatten Glück, denn sie waren fast die ersten.
Der Lehrer hatte weiße kurze Haare, war braungebrannt und Besitzer einer lauten, befehlsgewöhnten Stimme. Erinnerte ihn irgendwie an seinen Vater -also der Teil mit der Stimme.
Mike hatte früher im Verein Basketball gespielt. Er war recht groß, hatte also gute Voraussetzungen mitgebracht und es hatte ihm wirklich Spaß gemacht, doch dann hatte er ins Internat gehen müssen. Der Basketballverein war das einzige gewesen was er regelmäßig besucht hatte und was ihm wirklich etwas bedeutet hatte.
Mike musste sich unbedingt wieder dort sehen lassen, notierte er sich im Kopf.
Samuel schien nicht recht zu wissen welchen Ball er nehmen sollte, schnappte sich einen den Mike zuvor zur Seite hatte weil zu wenig Luft darin war. Er musste grinsen; schon wieder.
Sein Zwerg schien keine Ahnung von Basketball zu haben, was Mike sein ratloser Gesichtsausdruck bestätigte. Kurzerhand ging er zu Samuel, nahm den schlechten Ball und drückte ihm seinen eigenen in die Hände um sich selbst einen neuen zu besorgen.
Er sah Samuels bösen Blick noch, wandte sich aber ab, damit dieser sein Grinsen nicht sah, denn das hätte bestimmt Ärger gegeben.
Samuel stand seit er Mike halb nackt gesehen hatte neben sich. Der große Teenager hatte wirklich ein Brustwarzenpiercing und er hatte sich gefragt ob es Mike wohl gefallen würde wenn er mit den Ring spielte, an ihm saugte.
Samuel schüttelte zum wiederholten Male den Kopf, versuchte die Bilder daraus zu verdrängen, die ihm Mike immer wieder in Boxershorts zeigten.
Mike hatte ein Tattoo am Oberarm, ein kleines tribal Tattoo, soweit er das beurteilen konnte. Auf der Schulter hatte Samuel den Teil eines anderen Tattoos gesehen, das bedeutend größer sein musste und auf dem Rücken zu sein schien.
Wie viele Tattoos Mike wohl hatte? Samuel wurde warm. Er stand auf Männer mit Tattoos, wollte selbst eines haben, doch er hatte nie gewusst was er für den Rest seines Lebens auf dem Körper tragen wollte.
Samuel wurde aus seinen Gedanken gerissen, als Herr Grundig sie aufforderte sich zu versammeln und ihnen die Grundlegenden Dinge erklärte.
Es waren nahezu alle Jungs aus seiner Klasse und zusätzlich einige aus den Parallelklassen anwesend. Auch etwa fünf Mädchen hatten den Weg zu ihnen gefunden. Eine schien Ahnung zu haben, war auch ziemlich groß, doch die anderen hatten diesen Kurs wohl aus dem gleichen Grund wie er gewählt: Er hatte Basketball nur genommen, weil er es sich nicht so schwierig vorgestellt hatte.
Aber im Laufe der Stunde wurde ihm klar, dass er wohl wieder schwänzen müssen würde, denn er machte sich zum Affen.
Der etwas kleinere Junge traf weder den Korb noch konnte er den orangenen Ball wirklich prellen.
Er war schon zum zweiten Mal über seine eigenen Füße gestolpert, als ihm eine Hand angeboten wurde. Mike stand vor Samuel und streckte ihm seine kräftige Hand entgegen, die ihn ohne Schwierigkeiten in die Höhe zog.
Schnell zog Samuel seine Hand zurück, da er ein seltsames kribbeln gespürt hatte. Wurde er krank?
„Brauchst du Hilfe?“, fragte der junge Mann, der ihn so aus der Fassung brachte. Samuel hätte sich Ohrfeigen könne als er Mikes immer noch amüsierte Miene betrachtete.
An der Garage in ihrer Einfahrt war ein Basketballkorb befestigt und sie hatten auch irgendwo einen Basketball herumliegen, hätte er diese zwei Objekte auch nur eines Blickes gewürdigt, ehe er sich für diese Sportart entschieden hatte, hätte er herausgefunden, dass Basketball und er sich nie verstehen würden.
Es wäre so einfach gewesen dieser Blamage zu entrinnen, doch er hatte sich vom Namen täuschen lassen, nun musste er mit seiner Entscheidung leben.
Samuel blicke Mike wütend an. „Nein, danke.“, fuhr er diesen an, ehe er sich auf die Suche nach seinem Ball machte, denn er beim Sturz verloren hatte.
„Sammy.“, rief ihn Mike zurück und dieser wollte sich zuerst nicht umdrehen, konnte dem Drang aber nicht widerstehen und schaute in das grinsende Gesicht seines Nebensitzers.
Bedeutsam hob Mike einen Ball in die Höhe, ehe er fragte ob Samuel etwas vermisse.
Erst da bemerkte Samuel, dass Mike einen weiteren Ball mit dem Fuß hielt. Mit großen Schritten lief Samuel auf Mike zu, entriss ihm mit einem barschen „Danke.“, denn Ball und da der Lehrer zum Unterrichtsschluss in seine Trillerpfeife geblasen hatte, räumte er diesen wieder auf, ehe er sich auf den Weg in die Umkleidekabine machte.
Diesmal widerstand Samuel dem Drang –wenn auch nur knapp- Mike zu bespannen und machte sich als erster auf den Heimweg.
„Wohin gehst du?“, wurde er gefragt und Samuel schreckte aus seinen Gedanken, schaute überrascht zu Mike, der neben ihm ging, ehe er zu Boden blickte, konnte er noch genau das belustigte Gesicht Mikes sehen, als er sich so dämlich angestellt hatte. „Heim.“, brachte er leise hervor.
Doch eigentlich wollte er nicht in das leere Haus gehen, das sich zu Hause schimpfte. Normalerweise wäre er in einem solchen Fall zu seiner Oma gegangen, bei der er mehr zu Hause war als in seinem Elternhaus. Wer fühlte sich schon wohl ganz allein in einem großen Haus?
Samuel beschloss zu seiner Oma zu gehen. Sie würde sich bestimmt freuen, auch wenn es ihr nicht so gut ging. Samuel musste ja nicht lange bleiben, redete er sich selbst zu.
„Soll ich dich mitnehmen?“, fragte Mike ihn gutgelaunt. Irritiert schaute Samuel ihn an. „Womit denn? Roller?“. Mike grinste, offenbarte schließlich: „Chauffeur.“. Natürlich. Das war ja klar gewesen.
Mike sah nicht nur unglaublich scharf aus; nein, er hatte auch einen Chauffeur und somit ein reiches Elternhaus. Hätte er sich ja auch denken können. Einer wie Mike hatte alles und bekam alles.
„Nein, danke. Ist nicht weit. Ich laufe.“, lehnte er leise ab.
Als wäre Samuel sich nicht schon so Minderwertig vorgekommen. Seine Eltern waren auch gut verdienend und sie würden wohl nie Geldsorgen haben, aber es war nicht so viel, dass sie sich einen Chauffeur hätten leisten können.
„Biste sicher? Wäre mir eine Freude.“, ließ Mike nicht locker und Samuel war froh, dass das Krankenhaus wirklich nicht weit von seiner Schule entfernt lag. Höchstens zehn Minuten zu Fuß.
„Nein. Kein Interesse.“, Samuels Stimme wurde immer barscher und er hatte keine Lust mehr sich mit Mike herumzuschlagen, legte einfach einen Schritt zu und bog um die Ecke, während Mike zum Parkplatz lief.
Doch Samuels Gedanken wollten einfach nicht von Mike lassen. Scheiße!
Nachdenklich sah Mike dem Jungen nach der ihn einfach stehen lassen hatte. Das war ihm auch nicht oft passiert. Sein Sammy schien ihm noch immer nicht über den Weg zu trauen.
Basketball spielen konnte er auf jeden Fall nicht, dachte er sich grinsend. Ob er ihm Nachhilfe anbieten sollte? Vielleicht entwickelte sich ja dann etwas daraus?
Mike würde sich hinter seinen Sammy stellen können, dessen Oberkörper umfassen und seine Hände über die des kleineren legen um ihm beim Körbewerfen zu helfen. Aber Mike befürchtete, dass Samuel nicht einmal über seinen Vorschlag nachdenken würde ehe er ihn abschmettern würde.
Mike wurde von einem Hupen aus seinen Gedanken gerissen. Uli wurde ungeduldig. „Na, wie war dein erster Schultag?“, wurde er von dem dunkelhäutigen Mann empfangen. „Hmm. Naja, ging so.“, erwiderte er in Gedanken noch immer beim Nachhilfeunterricht für Sammy.
Der Gedanke ließ ihn einfach nicht los, genauso wie die Bilder dazu und egal wie sein Sammy reagieren würde, er würde ihn am nächsten Tag fragen.
Zu Hause angekommen wärmte Mike sich etwas aus dem Kühlschrank auf. Spagetti mit Tomatensoße. Kaum hatte er sich mit einem Glas Cola und seinem Essen an den Tisch gesetzt kam seine Mutter in die Küche.
Was machte sie hier? Bestimmt hatte sie wieder Geld erbettelt, denn eigentlich wohnte sie in einer größeren Stadt etwa eine halbe Stunde entfernt. Zu seinem Leidwesen kam sie aber immer öfter vorbei. Angeblich um ihn zu sehen, doch meistens würdigte sie ihn keines Blickes.
„Na mein Kleiner? Wie war dein Tag? Hast du ein nettes Mädchen kennen gelernt?“, fragte seine Mutter betont freundlich und Mike war augenblicklich der Appetit vergangen.
„Ich hab dir schon tausendmal erklärt, dass ich kein Mädchen mehr mit nach Hause bringen werde. Ich bin schwul.“, machte er seiner Mutter klar, die seien kleinen Ausbruch mit einem Lächeln zu überspielen versuchte. „Ach, das ist doch nur eine Phase.“, mischte sich nun auch sein Vater ein, der im Türrahmen erschien, „Das wird schon wieder.“.
Mike schüttelte den Kopf. Sein Vater hatte erst getobt, als er ihm vor zwei Jahren erklärt hatte, dass er schwul war und hatte ihn enterben wollen, was sich aber mit der Zeit gelegt hatte. Inzwischen glaubte er an eine Phase.
„Nein, das ist keine Phase und ich hab sogar einen süßen Typen kennen gelernt.“, gab Mike preis. „Ach, jetzt red doch nicht so einen Quatsch. Such dir endlich ein nettes Mädchen. Wie wär´s mit dieser Tatjana. Die ist doch Klassensprecherin.“, schlug sein Vater vor und Mike platze der Kragen. Sein Vater hatte sich anscheinend schon über passendende Freundinnen in seiner Klasse kundig gemacht.
Wutschäumend, aber ohne ein Wort zu sagen, da das sowieso nichts gebracht hätte, lief Mike schnellen Schrittes aus der Küche, hinauf in sein Zimmer und ließ schnelle Schläge auf seinen Schwarzen Boxsack niederprasseln, hörte erst auf als er nicht mehr konnte und seine Knöchel brannten.
Seine Eltern gingen ihm auf die Nerven. Keiner der beiden wollte ihn wirklich akzeptieren wie er war und das tat weh. Aber was sollt er erwarten von einem spießigen Schuldirektor und einer mit Plastik ausgestopften Barbiepuppe? Als Mike sich wieder halbwegs beruhigt hatte suchte er sich die Nummer eines früheren Teamkollegen heraus um nachzuhaken wann das nächste Training wäre. Er hatte Glück und Fabian erklärte ihm dass das Training eine Stunde später in der Sporthalle stattfinden würde, in der auch Mikes Schule den Sportunterricht abhielt.
Samuel hatte selten Angst. Er hatte Respekt vor vielen Dingen, zum Beispiel Schlägertypen, großen Höhen und Insekten.
Doch nun hatte er Angst. Samuel hatte fürchterliche Angst um seine Oma, denn als er im Krankenhaus angekommen war, hatte sich ihr Zustand rapide verschlechtert. Sie hatte ihm erklärt, dass die Ärzte am nächsten Tag ihr Herz anhalten und dann wieder zum Schlagen bringen würden.
Samuel hatte nicht viel davon verstanden, seine Gedanken hatten sich einzig und allein darum gedreht was wäre wenn seine Oma sterben würde. Seine Oma war wie ein bester Freund.
Die sonst so taffe Frau hatte ihm erklärt, dass das Ganze am nächsten Tag passieren sollte und Samuel hatte keinen Schlaf bekommen.
Er hatte sich den Tag noch mit Hausaufgaben vertrieben und war gegen 23Uhr ins Bett gegangen, doch er hatte die gesamte Nacht nur etwa eine Stunde geschlafen. Er hatte sich hin und her gewälzt und um vier Uhr war er schließlich aufgestanden und hatte gefrühstückt.
Ruhelos war Samuel im Haus herumgetigert, hatte sich schließlich für die Schule fertig gemacht und war eine Stunde zu früh zur Bushaltestelle aufgebrochen.
Das alles rächte sich nun, war er doch sowieso ein Mensch der seinen Schlaf brauchte, denn Samuel schlief im Matheunterricht immer wieder ein, hatte Glück, dass er in der letzten Reihe saß und ihre Lehrerin ihn nicht entdeckte.
Mike hatte ihm am Morgen besorgte Blicke zugeworfen als er ins Klassenzimmer geschlurft war und sich wie ein nasser Sack auf seinen Platz fallen lassen hatte. Auf Mikes versuche ein Gespräch aufzubauen reagierte er nicht, legte seinen Kopf nur auf den Tisch und schaute aus dem Fenster.
Samuel musste unbedingt Kaffee besorgen, schoss ihm durch den Kopf, als auch in Deutsch seine Augen immer wieder zufielen.
Mike weckte ihn zur großen Pause auf und Samuel verzog sich ohne nach rechts oder links zu schauen in die Bücherei. Er suchte sich eine Couch, zog die Kapuze seines Hoodies über den Kopf und kuschelte sich in den weichen Stoff.
Es kamen Samuel wie Sekunden vor als er sanft gerüttelt wurde. „Ich hab die Kaffee besorgt. Du hast noch acht Minuten.“, sagte Mike mit einem Blick auf seine Armbanduhr und Samuel dachte er würde noch träumen, kam nur langsam wieder in die Wirklichkeit zurück.
Benommen setzte er sich auf und nahm Mike den Becher mit Kaffee aus der Hand. Ihm war kalt und der Becher wärmte seine Hände langsam.
„Danke.“, brachte er heraus, fuhr sich durch die Haare, streifte sich gleichzeitig die Kapuze vom Kopf.
„Hast wohl nicht viel Schlaf bekommen.“, murmelte Mike nur als Antwort. Samuel sparte sich eine Erwiderung und erhob sich um gemeinsam mit Mike den Weg zum Klassenzimmer anzutreten. Langsam liefen sie nebeneinander her, Samuel schlürfte den Kaffee und musste sich darauf konzentrieren nicht über seine eigenen Füße zu stolpern.
Mike machte sich Sorgen um Sammy. Warum war er so müde? Trieb ihn etwas um? War etwas passiert?
Egal was es war Mike wollte es wissen, denn ihn interessierte alles was mit Samuel zu tun hatte. Mike war froh, dass der kleinere wenigstens den Kaffee angenommen hatte nachdem er am Morgen so abweisend gewesen war.
Mike hatte beobachten können wie Samuel sich in die Bücherei verkrochen hatte und war dann zum nächsten Kaffeeautomaten gegangen um Samuel etwas Gutes zu tun. Aber einen Kaffeeautomaten hatte er erst einmal finden müssen und so hatte er fast die ganze Pause dafür benötigt, ehe er von Dennis Hilfe bekommen hatte.
Er hatte Samuel einige Minuten beobachtet, wie er Friedlich in einem der Sofas gesessen und geschlafen hatte, nachdem er erfolgreich den Kaffee an der Aufsicht habenden Lehrerin vorbeigeschmuggelt hatte.
Sein Sammy hatte einen festen Schlaf, denn er hatte ihn erst mit kräftigem Rütteln zum Aufwachen bewegen können. Zum Glück würden sie nur noch eine Stunde Englisch hinter sich bringen müssen, da ihre Spanischlehrerin sich in den Ferien etwas gebrochen hatte und kein Vertretungslehrer verfügbar war.
Englisch war sein zweitschlimmstes Fach gleich hinter Spanisch. Mike war einfach zu faul um sich hinzusetzen und Vokabeln zu pauken, wo er doch besseres mit seiner Zeit anfangen konnte.
Außerdem hatte sein Vater neben Geschichte und Deutsch auch Englisch studiert und es war eine kleine Rebellion gegen ihn seine Vokabeln nicht zu lernen.
Der Kaffee schien nicht viel geholfen zu haben, denn Mike musste seinen Nebensitzer immer wieder anstupsen, damit dieser nicht wieder ins Traumreich abdriftete. Vielleicht war das widerliche Zeug aus den Automaten ja gar kein Kaffee?
Nach Unterrichtsschluss packte Samuel seine Sachen wie in Zeitlupe in seinen Rucksack und machte sich ebenso langsam auf den Weg nach draußen.
Mike schlenderte neben ihm her, hatte Angst sein Zwerg könnte die Treppe hinunterstürzen –und wollte noch ein wenig in seiner Nähe bleiben.
Samuel wollte sich schon von Mike verabschieden, als dieser ihn wieder fragte ob sie ihn mitnehmen sollten.
Samuel überlegte kurz. „Ich will aber ins Krankenhaus.“, brachte der kleinere hervor, doch Mike erwiderte, dass dies kein Problem sei, ignorierte den inneren Drang Samuel genauer zu fragen.
Nun kannte er auch den Grund für die schlaflose Nacht: Jemand von Samuels nahestehenden Personen war im Krankenhaus. Was hätte Mike dafür gegeben das Samuel mit ihm über seine Sorgen redete; ihm vertraute.
„Danke.“, brachte Samuel nur hervor. Beide stiegen auf die Rückbank des silbernen Mercedes und Mike stellte Uli und Samuel gegenseitig vor.
Uli begrüßte seinen Kleinen freundlich und frage wohin es denn gehen sollte. Die Fahrt verließ relativ friedlich, was wohl auch daran lag dass das Krankenhaus nur fünf Minuten entfernt lag.
Bevor Mike ausstieg frage Mike ihn ob sie auf ihn warten sollten. „Ich…Nein. Es wird wahrscheinlich nicht lang dauern, aber ich nehm dann den Bus. Danke für´s mitnehmen.“, bedanke er sich höflich ehe er ausstieg.
Mike schaute ihm hinterher. In der Jeans wurde Samuels Hintern schön betont. Er würde diesem gerne mal einen Klaps verpassen, dachte er sich in Gedanken versunken. Uli fragte ob er nach Hause fahren sollte, doch Mike wies ihn an einen Parkplatz zu suchen.
Schließlich fanden sie einen von dem Mike den Eingang im Blick behalten konnten.
„Dein Vater sagte ich soll nach dem Jungen Ausschau halten den du so gut findest. Ich schätze ich habe ihn gefunden.“, kommentierte Uli und Mike schaute dem dunkelhäutigen Mann in die Augen, wusste, dass er nichts sagen musste und auch, dass Uli seinem hinterhältigen Vater nichts stecken würde.
Mike nahm sich vor eine halbe Stunde zu warten, wusste aber im innersten das er so lange warten würde bis sein Sammy das weiße Gebäude wieder verlassen hatte.
Es dauerte nur knapp zehn Minuten ehe Samuel wieder das Gebäude verließ.
Seine Oma hatte geschlafen, aber die Krankenschwester hatte ihm versichert dass es ihr bald besser gehen würde.
Nun würde Samuel sich erst einmal aufs Ohr hauen, denn sonst wäre er nicht zu gebrauchen. Er wollte zwar nicht wieder ins leere Haus, aber es ging schließlich nicht anders.
Er wollte sich schon auf zu Bushaltestelle machen als ein Hupen ihn auf den Mercedes aufmerksam machte in dem er nur kurz zuvor gesessen hatte.
Mike stieg kurz aus und machte ihn zusätzlich auf ihn aufmerksam, winkte ihn zu sich.
Samuel ging mit schnellen Schritten zum silbernen Wagen und stieg auf der rechten Seite ein. „Ihr hättet wirklich…“, wollte Samuel sagen, wurde jedoch von Mike unterbrochen, der ihm eine Hand auf den Oberschenkel legte und ihn fragte wo er wohne.
Perplex gab Samuel seine Adresse preis und Uli murmelte vor sich hin, dass dies sogar auf dem Weg liegen würde. Samuel hatte gewusst dass der Direktor nicht weit von ihm wohnte, ihm wurde aber erst in dem Moment klar, das Mike ja auch dort lebte.
Uli fuhr also los und Mike, der seine Hand noch immer auf Samuels Oberschenkel liegen hatte, und er schwiegen. Es war kein peinliches Schweigen, eher hingen beiden ihren Gedanken nach und Samuel genoss den Körperkontakt, wofür er sich Ohrfeigen wollte, aber doch nicht widerstehen konnte.
Als sie vor Samuels Elternhaus parkten fragte Mike ob er noch mit rein kommen sollte. Samuel wollte ihm nichts abschlagen, Mike war an diesem Tag so freundlich zu ihm gewesen, auch wenn er ihn am Morgen so grob behandelt hatte. Also zuckte er nur mit den Schultern und Mike nahm das als ein „Ja.“ und sagte Uli er solle nach Hause fahren.
Schweigend liefen die Beiden zum Haus und Samuel kramte in seiner Jackentasche nach dem Haustürschlüssel. Drinnen angekommen zogen beide ihre Schuhe aus und ließen ihre Taschen im Flur liegen.
„Ich kann nicht wirklich kochen, aber wir können und ne Pizza in den Ofen schmeißen wenn du Hunger hast.“, bot Samuel an, seine Wangen färbten sich leicht rosa.
„Ich hab kein Hunger.“, schlug Mike aus, sah sich neugierig um. Alles war sauber und die Küche sah so aus als wäre sie erst am Vortag eingebaut worden.
„Wo sind deine Eltern?“, fragte Mike neugierig nach während er Samuel, der zwei Gläser und eine Flasche Cola bei sich hatte, nach oben, wohl in sein Zimmer, folgte.
„Ägypten.“, erwiderte Samuel kurz angebunden, fuhr dann aber fort. „Sind beide Archäologen und bei irgendeiner Ausgrabung.“, gab er Preis und Mike saugte die Informationen praktisch in sich auf.
Er wollte seine nächste Frage stellen, wurde dann aber davon abgelenkt das Samuel in sein Zimmer trat. Dieser stellte die Gläser und die Flasche auf seinen kleinen Glastisch, der vor der schwarzen Ledercouch stand. Ansonsten gab es große Regale mit sehr vielen Büchern, einen Schreibtisch, ein großes Bett, einen Drehstuhl, Flachbildfernseher, Play Station; alles was ein Junge so in seinem Zimmer benötigte.
Mikes Blick glitt jedoch immer wieder zu dem großen Bett, auf das Samuel sich hatte fallen lassen und in dem er sich so viel anderes als Schlafen vorstellen konnte. „Bist du hier immer alleine?“, fragte Mike Samuel, der schon wieder zu dösen schien. „Ich geh oft zu meiner Oma, aber die ist am Samstag ins Krankenhaus gekommen und hoffentlich geht es ihr bald besser. Die Krankenschwester hat es zumindest gesagt.“, erwiderte Samuel gähnend.
„Wo ist denn das Badezimmer?“, fragte Mike nach und verschwand dann um sich zu erleichtern, als er eine Beschreibung bekommen hatte.
Mike war kaum drei Minuten weg gewesen und dennoch war Samuel eingeschlafen als er den Raum wieder betrat.
Der Junge kam mit Schlafentzug wohl gar nicht klar, grinste er in sich hinein und nahm sich die Decke von der Couch um seinen süßen Sammy damit zuzudecken.
Gedankenverloren starrte Mike ihn an. Wenn er schlief konnte er ihn schon nicht wütend ansehen, dachte er sich lächelnd.
Die schwarzen Haare hingen Sammy süß ins Gesicht und schmunzelnd strich Mike ihm eine kleine Strähne aus dem Gesicht die ihm in die braunen Augen gefallen wäre, hätte er diese geöffnet. Diese braunen Augen die ihn schon so oft wütend oder genervt angesehen hatten.
Nur am heutigen Nachmittag hatte er diesen Ausdruck nicht in ihnen entdecken können. Samuel schien eher ein wenig dankbar gewesen zu sein.
Ob er wohl nicht gern allein war?
Mike hätte das Haus gern öfter für sich, denn seine Eltern gingen ihm mächtig auf die Nerven.
Sein Zwerg hatte gesagt dass er oft bei seiner Oma war. Er hatte bestimmt Angst um sie wenn sie im Krankenhaus lag.
Ob sie eine freundliche Person war? Ob sie wusste dass Samuel schwul war?
Mike war sich sicher, dass sein Sammy auf ihn stand, oft genug hatte er dessen Blicke auf sich gespürt und auch gegen die Hand, die Mike auf den Oberschenkel des kleineren gelegt hatte, hatte dieser nichts unternommen.
Samuel war sich dessen bestimmt bewusst, er hatte sich aber noch nicht geoutet. Warum eigentlich nicht? Seine Schulkameraden schienen ja sehr tolerant zu sein, zumindest hatte Mike noch keine wirklichen Anfeindungen zu hören bekommen.
Das konnte aber auch daran liegen, dass er nicht so klein wie Samuel und auch etwas muskulöser als dieser war.
Mikes Blick glitt weiter zu dem einfachen dunkelblauen T-Shirt dass Samuel trug. Kein Ausschnitt und Ärmel bis zu den Ellenbogen. Dabei war Samuels Körper seiner Meinung nach noch in Ordnung. Für ihn kein Hindernis, sondern sogar ein Pluspunkt.
Der Rest seines Zwergs wurde von der braunen Decke verborgen die er über ihn gebreitet hatte.
Sollte er gehen oder warten bis Samuel wieder aufgewacht war?
Die Entscheidung war schnell getroffen, schließlich würden zu Hause wieder nervende Personen auf ihn warten, oder spätestens gegen ein Uhr eintreffen.
Mike ging seufzend wieder hinunter und setzte sich mit seiner Schultasche an den Küchentisch um die wenigen Hausaufgaben zu erledigen die ihre Lehrer ihnen aufgetragen hatten. Eine halbe Stunde verging bis Mike seine Hausaufgaben beendet hatte und sein Magen zu knurren begann.
Er überlegte und beschloss, dass sein Zwerg wohl nichts dagegen hätte wenn er sich etwas zu essen besorgte und so verging eine weitere halbe Stunde bis Mike sich ein Brot geschmiert und dieses verzehrt hatte.
So leise wie möglich begab er sich wieder in Samuels Zimmer, sah dass der Kleinere noch immer auf dem Bett lag und schlief. Doch er schien sich bewegt zu haben, denn er lag auf dem Bauch, die Decke unter ihm begraben und das T-Shirt ein wenig nach oben gerutscht.
Sanft lächelnd betrachtete der 17-jährige den schlafenden und zog ihm das T-Shirt wieder hinunter.
Mike berührte –zugegeben absichtlich- die warme, braune Haut Sammys und seine Finger begannen zu kribbeln.
Um nicht etwas Dummes zu tun nahm er seine Finger schnell weg und zog die Decke so gut es ging über den süßen Körper.
Interessiert sah Mike sich im Zimmer um, entdeckte einige Fotos und ging darauf zu. Auf dem ersten war Sam mit einer Schultüte. Schon damals war er ein wenig kräftiger gewesen, stellte Mike schmunzelnd fest.
Auf dem zweiten befand er sich etwa mit 10 neben einer älteren Dame -wohl seiner Oma- und grinste fröhlich in die Kamera.
Das dritte Foto zeigte einen Mann und eine Frau, im mittleren Alter, wohl Samuels Eltern. Auf dem vierten befand sich Samuel mit seinen Eltern, im Hintergrund eine Pyramide.
Samuel schien wohl in den Ferien bei seinen Eltern in Ägypten gewesen zu sein, daher war er also im Herbst so Braun.
Mike mochte es wenn die Jungs an denen er Interessiert war braungebrannt waren. Er konnte sich schon vorstellen wie er seinem Zwerg langsam Jeans und Boxershorts auszog und sie Stellen betrachtet die heller waren als der Rest. Mike verdrängte den Gedanken schnell, ehe es in seiner Hose eng wurde.
Langsam schlenderte Mike zu den Bücherregalen, die den Großteil der Wände des Zimmers verdeckten. Die meisten Titel hörten sich nach Krimis an. Einige Fantasy-Geschichten und auch wenige Englische Bücher. Sogar ein Spanisches Buch konnte er entdecken und als er es aufschlug sah Mike dass Samuel bei den ersten zwei Seiten mit Bleistift immer wieder die deutsche Bedeutung der Wörter an den Rand geschrieben hatte, danach jedoch nicht mehr.
Wahrscheinlich hatte Samuel es aufgegeben, was Mike voll und ganz verstehen konnte.
Ganz unten im Regal fand Mike schließlich einige schwulen Romane und damit war für ihn die sexuelle Ausrichtung seines Zwerges noch einmal bestätigt.
Mit einem Blick der ihm bestätigte, dass Samuel noch immer schlief, griff er nach dem ersten der etwa zehn Bücher und setzte sich bequem auf das schwarze Sofa um interessiert zu lesen.
Samuel erwachte und das erste das er vernahm ein leises Lachen und eine Papierseite die raschelte. Vielleicht eine Buchseite die umgeschlagen wurde?
Doch wer sollte in seinem Zimmer sein und ein Buch lesen?
Verwirrt versuchte Samuel sich daran zu erinnern was geschehen war ehe er eingeschlafen war. Richtig, Mike war bei ihm gewesen.
War er etwa immer noch hier? Samuel richtete sich auf und erblickte tatsächlich Mike, der mit einem Glas Cola in der Hand auf seinem Sofa saß, ein Buch in der Hand hielt, und sich gut zu amüsieren schien.
Verwirrt sah Samuel auf die Digitalanzeige seines Weckers. 18:12Uhr, er hatte also etwa fünf Stunden geschlafen und Mike war die ganze Zeit hier gewesen?
Gerade als Samuel etwas sagen wollte grummelte sein Magen und Mike schaute mit einem Lächeln im Gesicht auf.
Als er sah, das Samuel wach war und ihm seine Haare verwuschelt ins Gesicht fielen wurde das Lächeln zu einem Grinsen und unwillkürlich verzog sich auch Samuels Mund zu einem leichten Lächeln, was er sofort verhinderte als er es bemerkte.
„Du bist immer noch hier?“, fragte Samuel mit verschlafener Stimme, wischte sich über die Augen und fuhr sich durchs Haar.
„Ich dachte du hast bestimmt nichts dagegen und ich hatte keine Lust heim zu gehen.“, immer noch lächelnd erklärte Mike bereitwillig seine Anwesenheit. „Können wir was essen? Ich hab auch Hunger.“
Samuel, der noch immer nicht ganz wach zu sein schien, sah genüsslich zu wie Mike sich streckte und stand dann schnell auf um zu verhindern dass sein Nebensitzer darauf aufmerksam wurde.
Langsam suchte er sich den Weg zum Bad, erleichterte sich und spritze sich kaltes Wasser ins Gesicht, um richtig wach zu werden.
Samuels Haare standen nach allen Seiten ab und widerstanden jedem Versuch sich bändigen zu lassen. Ihm entwich ein frustriertes Stöhnen und er machte sich wieder auf den Weg in sein Zimmer.
Als er zur Tür herein kam sah er auch in welchem Buch Mike nun wieder schmökerte und seine Wangen färbten sich rot. Scheiße, jetzt wusste Mike was Sache war.
„Komm, wir schauen mal ob was Essbares im Haus ist.“, forderte er Mike auf, der nach einigen Augenblicken auch das Buch weglegte und Samuel nach unten folgte.
Krampfhaft versuchte Samuel seine roten Wangen wieder zum Normalzustand zu bewegen, doch es wollte ihm einfach nicht gelingen. „Warst du in den Ferien bei deinen Eltern?“, fragte Mike nach, als sie sich Brote geschmiert und an den Tisch gesetzt hatten.
Samuel sah auf, verwirrt beantwortete er die Frage. „Ja, ich fahre fast jede Ferien zu meinen Eltern, egal wo sie gerade sind. Woher weißt du das?“ „Hab das Foto mit dir und deinen Eltern gesehen. Das mit den Pyramiden im Hintergrund.“, erwiderte Mike nur.
Innerlich lächelnd betrachtete er das angespannte Gesicht Samuels. „Wissen sie das du schwul bist?“, fragte Mike gerade heraus.
Samuel zuckte zusammen und seine Wangen färbten sich von Rot zu dunkelrot. Er sagte nichts und Mike versuchte Entspannung in die Situation zu bringen.
„Also meine Eltern glauben immer noch, dass ich irgendwann zu Tür reinschneien werde und ihnen offenbare das alles nur ein Scherz war und sie doch noch Enkelkinder bekommen werden. Mein Vater hat mich zuerst enterben wollen, dann hielt er es für eine Krankheit und jetzt glaubt er an eine Phase die schon irgendwann vorbeigehen wird.“, berichtete er bereitwillig, „Ich hab ihnen gestern erzählt das ich nen süßen Typ kennen gelernt hab und mein Vater hat den Chauffeur darauf angesetzt mich auszuspionieren. Zum Glück mag Uli mich mehr als meinen Vater.“, erzählte Mike schmunzelnd, als Samuel sich aber versteifte verstummte er.
Er hatte wohl zu viel gesagt. „Nein, meine Eltern wissen es nicht. Niemand weiß es und ich wäre dir Dankbar wenn es niemand erfahren würde.“, presste Samuel zwischen den Lippen hervor, stand gleich darauf auf und räumte ihre Teller weg.
Mike schwieg einige Sekunden. „Gar niemand? Warum?“, fragte der muskulöse junge Mann weiter, wollte mehr von Samuel wissen um sich richtig verhalten zu können.
„Meine Eltern sind nie da und meine Oma würde nen Infarkt bekommen.“, berichtete Samuel noch immer angespannt. Ihm missfiel es mit Mike darüber zu sprechen, doch noch viel mehr missfiel es ihm, dass Mike einen süßen Typen kennengelernt hatte.
Wer war das? Wahrscheinlich ein kleiner, schlanker mit blauen Augen und blonden Haaren, dachte Samuel sich bitter. Samuel könnte sich für seine Gedanken Ohrfeigen, doch er war nun mal eifersüchtig, musste er sich gleich darauf eingestehen.
„Hast du sonst niemanden? Freunde oder so?“, fragte Mike weiter nach. Er selbst hatte auch einige Zeit gebraucht und er hatte auch wenige Personen verloren, doch die meisten hatten sich zu ihm bekannt als er sich geoutet hatte.
„Ich hab keine Freunde.“, brachte Samuel hervor, irgendwie war es ihm peinlich mit Mike darüber zu sprechen. „Warum nicht?“, bohrte Mike nach, sah sehr wohl die roten Wangen seines Gegenübers, doch er ignorierte das.
„Ich mag es nicht besonders unter Menschen zu sein.“, brachte er hervor. „Warum?“, schoss ihm entgegen. „Weil ich früher gemobbt wurde!“, langsam wurde Samuel wütend.
Was fiel Mike eigentlich ein ihn so auszuquetschen?
„Ich glaube du gehst jetzt besser.“, brachte Samuel hervor und schob Mike energisch in Richtung Tür. Mike nahm perplex seine Umhängetasche an sich und ließ es geschehen, das Samuel die Tür öffnete und ihn nach draußen bugsierte.
Wäre Mike nicht so überrascht gewesen hätte Samuel das niemals geschafft, doch er war wirklich perplex gewesen.
„Wer ist der süße Junge, denn du so magst?“, rutschte Samuel die Frage raus, ehe er sich stoppen konnte.
Mike begann zu grinsen und antwortet in sanftem Ton. „Er heißt Sammy, steht auf mich und kann eine ganzschöne Kratzbürste sein.“
Das war der Moment in dem der kleinere Samuel Mike die Tür vor der Nase zuschlug.
Mike stand überrascht vor der Holztür. Er hatte nicht damit gerechnet das sein Zwerg ihm mit einem „Ich liebe dich.“ um den Hals fiel, aber etwas dagegen gehabt hätte er nicht, schließlich wurde er sich selbst immer sicherer das er sich in den kleinen schwarzhaarigen Teenager verliebt hatte.
Kurz überlegte er zu klingeln, entschied dann aber, dass es besser wäre wenn er seinem Zwerg ein wenig Zeit für sich gönnen würde. Vielleicht wäre er sich bis zum nächsten Tag seiner Gefühle bewusst, oder würde sich zumindest zu einem Gespräch bereit erklären.
Seufzend machte sich Mike auf den Weg nach Hause.
Samuel stand noch ewig an der Tür und schaute wie gebannt auf das Holz, als würde Mike noch immer vor ihm stehen und ihm sagen das er auf ihn stand.
Der wollte ihn doch verarschen, oder? Es konnte niemals sein, dass dieser Traum von einem schwulen Typen auf ihn stand.
Samuel hielt sich für klein, hässlich und fett; was sollte Mike denn bitteschön in ihm sehen? Oder wollte er ihn nur bloßstellen?
Würde er den anderen erzählen das er schwul war?
Doch Mike hatte nicht so einen Eindruck auf ihn gemacht. Er glaubte nicht, dass er ihm das antun würde.
Aber warum wollte er ihn verarschen?
Samuels Gedanken kreisten noch gefühlte Stunden um Mike, bis er schließlich den Weg in sein Bett und erholsamen Schlaf fand.
Mike betrat am nächsten Tag gespannt das Klassenzimmer. Es war Mittwoch, sie würden bis zur zehnten Stunde Unterricht haben und irgendwann würde sich schon eine passende Gelegenheit ergeben mit seinem Zwerg zu reden.
Inzwischen hatte Mike sich dazu entschlossen seinem kleinen seine Gefühle zu offenbaren, vielleicht würde er dann zugänglicher werden, doch Samuel saß nicht auf seinem Platz. Mike setzte sich geduldig, unterhielt sich ein wenig mit Louis, doch als der Lehrer erschien und sein Zwerg noch immer nicht neben ihm saß begann er sich Sorgen zu machen.
Vielleicht verspätete er sich nur, es konnte ja sein, das er verschlafen hatte, beruhigte er sich selbst, erstickte die aufkeimende Sorge.
Als Samuel jedoch auch nach der großen Pause nicht erschienen war, begann er sich wirklich Sorgen zu machen.
War seinem Sammy etwas passiert? Oder war er krank?
Versteckte er sich womöglich vor ihm?
Sollte ihm aber etwas passiert sein hätte wohl einer der Lehrer etwas gesagt, beruhigte er sich selbst. Mike beschloss nach der Schule auf jeden Fall zu seinem Kleinen zu fahren.
Der große Teenager machte sich große Sorgen, hatte Angst, dass das Fernbleiben des kleineren etwas mit ihm zu tun hatte. Vielleicht hatte Mike ja doch alles falsch interpretiert und Samuel stand nicht auf ihn, zog er alles in Zweifel.
Nach Ende der großen Pause zog er jedoch einen Schlussstrich unter diese Gedanken. Nein, er hatte mit seinen Gedanken Recht und er würde herausfinden was mit Sammy los war, damit verbot er sich weitere Gedanken, was auch halbwegs gelang.
Es war schließlich halb sechs als Mike an der Haustür zu Samuels Elternhaus klingelte.
Sein Vater hatte ihn noch eine Weile aufgehalten und Mike hätte ihn dafür umbringen können. Mike hatte sich nach gefühlten drei Stunden einfach von seinem Vater verabschiedet und hatte gesagt er müsse noch etwas erledigen.
Natürlich hatte dieser Protestiert, doch Mike wurde schon zu diesem Zeitpunkt langsam von seinen Sorgen zerfressen. Es war unerträglich für ihn nicht zu wissen ob etwas mit seinem Kleinen passiert war.
Mike musste drei oder vier Mal klingeln ehe er langsame Schritte im Haus vernahm. Samuel sah müde, geschafft und sehr traurig aus. Seine Augen waren rot geädert und seine Schultern hingen noch mehr hinab als sonst. Mike kam besorgt einen Schritt näher und der kleinere wich nicht zurück.
„Was ist los? Bist du krank? Ist etwas passiert?“, begann Mike nachzufragen und es war als hätte er damit einen Damm brechen lassen, denn plötzlich begann sein Zwerg zu wimmern und zu schluchzen und Tränen rannen ihm aus den Augen.
Mike reagierte schnell und schloss Samuel in seine Arme, ehe er spürte wie dessen Beine nachgaben. Mike hatte keine Mühe mit dem Gewicht seines kleinen, trug ihn mehr ins Haus um die Tür schließen zu können, als das er ihn dirigierte und saß schließlich mit Samuel auf seinem Schoß auf den unteren Treppenstufen. Mike hielt den weinenden Jungen in seinen Armen.
Er hatte keine Ahnung was geschehen war, Samuels Mund verließen nur Schluchzer, doch er genoss es, das sein Sammy sich von ihm trösten ließ. Es vergingen gefühlte Stunden, die in Wirklichkeit wohl nur an die zehn Minuten gewesen waren, ehe Samuel sich langsam wieder aufrichtete und sich über die Wangen strich um diese zu trocknen.
Mike hielt ihm ein Taschentuch hin dass er in seiner Jackentasche gehabt hatte und Samuel nahm es mit roten Wangen an.
Einige Minuten vergingen, ohne dass einer der Beiden jungen Männer sich regte oder etwas sagte, dann fragte Mike doch nach, was geschehen wäre. Samuel schwieg einige Sekunden, rückte dann doch mit belegter, leiser Stimme heraus.
„Heute Morgen haben die aus dem Krankenhaus angerufen, dass mein Oma in der Nacht gestorben wäre… Einfach so.“, der Kleinere machte eine kleine Pause und Mike schloss seine Arme ein wenig fester um Samuels bebenden Körper. „Weißt du, sie ist mir viel näher gestanden als meine Eltern. Sie war mein bester Freund, die Person der ich das meiste anvertrauen konnte und jetzt ist sie weg. Jetzt bin ich allein.“, schluchzte Samuel wieder.
Mike zerbrach es das Herz, als er seinen Sammy so gebrochen vor sich sah. „Du kannst mir auch vertrauen. Ich werde dir immer zuhören wenn du jemanden brauchst.“, offenbarte Mike um seinen kleinen zu trösten. Samuels Reaktion irritierte ihn jedoch, denn er lachte bitter auf.
„Was willst du von mir? Willst du mich fertig machen?“, wurde Mike mit ätzender Stimme entgegengeworfen, doch Samuel blieb auf seinem Schoß sitzen, sah ihm nicht ins Gesicht.
„Nein, natürlich will ich das nicht! Ich hab mich in dich verliebt Sammy.“, brachte Mike stockend hervor. Er hätte nie gedacht, dass es ihm so scherfallen würde diese Worte auszusprechen.
Und wie kam Samuel überhaupt darauf er würde ihn nur verarschen wollen?
Hatten die Menschen die ihn gemobbt hatten sein Selbstwertgefühl so sehr zerstört?
Mike musste plötzlich die Tränen unterdrücken.
Scheiße, was war bloß mit ihm los?
Samuel konnte die Worte nicht glauben die er vernahm, aber warum sollte Mike ihn anlügen?
Was hätte er davon?
Meinte er es vielleicht doch ernst?
Samuel Gedanken flogen durcheinander. Er war so erschöpft. Seit er am Morgen erfahren hatte das seine Oma gestorben war hatte er nur seine Eltern angerufen, die versprochen hatten den nächsten Flieger zu nehmen und geweint.
Er hatte sich so sehr gewünscht, dass jemand kommen, und ihn in die Arme nehmen würde um ihn zu trösten. Samuel hatte sich die ganze Zeit gewünscht, dass Mike kommen würde und nun war er hier und sagte ihm, dass er sich in ihn verliebt hätte.
Samuel konnte ihm nicht glauben, dennoch stand er langsam auf und zog Mike mit nach oben in sein Zimmer. Dort schubste er Mike in einem Anfall von Selbstvertrauen aufs Bett und kuschelte sich an dessen Seite.
Nach einem Überraschungsmoment erhob sich Mike wieder und Samuel dachte schon, dass der größere wieder gehen wollte, doch er täuschte sich.
Mike zog sich seine Schuhe und seine Lederjacke aus, auch seine Weste landete auf dem Boden, ehe er das Deckbett vom Boden aufhob und es über sie breitete, ehe er Samuel wieder in die Arme nahm, ihn eng an sich zog.
Samuel unternahm nichts dagegen als Mike seine kühle Hand unter sein T-Shirt gleiten ließ und auf seinem Rückgrat bettete. In diesem Moment machte es Samuel noch nicht mal etwas aus, das Mike seine Fettpolter spüren könnte. Er fühlte einfach nur Mikes Nähe und die Hand, die einfach nur dalag und ihm signalisieren sollte, dass er nicht allein war.
„Warum?“, fragte Samuel nach einiger Zeit in der Schweigen geherrscht hatte.
„Warum was…?“, fragte Mike nach, verstand nicht worauf sich die Frage seines Zwerges bezog.
„Warum behauptest du, dass du mich magst?“, brachte Samuel stockend hervor, konnte fast nicht glauben, dass er sich getraut hatte zu fragen.
Was wenn Mike ihn auslachen würde? Oder würde er…
Samuel wurde aus seinen Gedanken gerissen, als Mike ein Stück von ihm rückte, seine Hand jedoch am gleichen Fleck liegen ließ.
„Ich behaupte es nicht, es ist so. Ich hab mich in dich verliebt.“, fast wütend presste Mike diese Worte zwischen den Zähnen hervor. Mike hatte zwar gewusst, dass Sammy ihm nicht zu trauen schien, doch es noch einmal zu hören tat doch weh.
Erschrocken zuckte der kleinere vor der Wut zurück die ihm entgegenschlug.
Womit hatte er Mike wütend gemacht?
Oder hatte er ihn mit seinen Worten verletzt?
Meinte Mike es wirklich ernst?
„Ich…Ich…Es tut mir leid, ich kann das nur nicht wirklich glauben.“, brachte Samuel den Tränen wieder nahe hervor.
„Weil du geärgert worden bist?“, fragte Mike nach, strich mit einem Finger sanft über Samuels Wange, ließ ihn schließlich seinen Arm hinunterfahren und verschränkte seine Finger mit denen des kleineren.
„Ich bin auf der Realschule von der ersten bis zu letzten Minute an von ein paar Kerlen gemobbt worden die den Abschluss später nur mit ach und krach geschafft haben. Sie haben mich geschlagen und mir immer wieder gesagt wie fett ich wäre. Sie haben mir eingeredet, dass ich nicht wert wäre und die Welt ohne mich besser wäre.“, schluchzte Samuel.
Die Erinnerungen an diese Hölle machten ihn fertig.
Sanft küsste Mike die Tränen, die aus den Augen seines kleinen übergelaufen waren weg. Samuels Augen strahlten ihm verwundert entgegen und Mike sah ihm liebevoll entgegen. „Ich hab mich wirklich in dich verliebt und dein Körper ist perfekt so wie er ist.“, meinte Mike ernst.
Samuel schüttelte den Kopf. „Ich bin viel zu dick.“, widersprach er, doch Mike fasste ihn sanft am Kinn und hielt seinen Kopf fest, sah ihm sanft in die Augen.
„Ich finde dich toll so wie du bist und jeder der etwas anderes sagt hat keine Ahnung was sexy ist. Dein Arsch ist geil und ich mag sowieso keine dürren Jungs. So wie du ist genau richtig.“, redete er sanft auf den Jungen ein, der wie erstarrt neben ihm lag und ihn aus großen Augen ansah, ehe er seine Lippen auf Samuels legte.
Samuel wehrte sich nicht und so stupste Mike mit seiner Zungenspitze sanft Samuels Unterlippe an, forderte sanft Einlass.
Es dauerte einige Sekunden, dann erwiderte sein Sammy den Kuss. Atemlos lösten sie sich wieder voneinander, als ihr Sauerstoff aufgebraucht war.
„Ich steh auf dein Piercing.“, murmelte Samuel schüchtern und seine Wangen röteten sich ein wenig mehr als Mike ihn verwundert ansah.
„Hattest du schon mal was mit nem Kerl?“, fragte Mike sanft nach, hoffte dass er der erste Junge im Leben seines Zwergs war. „Nein, aber mit nem Mädchen schon…naja…was halt.“, druckste Samuel herum, doch Mike verstand worauf dieser hinaus wollte.
„Find ich gut.“, murmelte er ehe er Samuel wieder in einen sanften Kuss verwickelte. Mikes Hand die auf dem Rücken seines Sammys gelegen hatte fuhr nun auf dessen Rücken auf und ab, machte schließlich einen Abstecher zum Hinterteil seines Schwarms und hielt sich daran fest.
Diesmal löste Samuel sich von Mike und öffnete den Mund. Gleich darauf schloss er ihn aber errötend wieder. „Was ist?“, fragte Mike nach. „Hattest du schon… was… mit nem…Jungen?“, fragte er Mike schüchtern, konnte ihm nicht in die Augen sehen.
Na das konnte ja noch interessant werden wenn sein kleiner nicht einmal das Wort Sex aussprechen konnte, dachte Mike sich schmunzelnd.
Sanft sah er ins Gesicht des anderen und strich ihm einige Strähnen aus dem Gesicht. „Ja, ich hatte schon Sex mit Jungs. Mit vielen.“, kurz zögerte Mike, fuhr dann aber fort, „Ich hab in meiner ersten Zeit mit nem älteren was gehabt und der hatte schon viel Erfahrung. Danach bin ich wahllos Typen aufreißen gegangen.“.
Mike drehte Samuels Gesicht zu sich, wollte wissen was dieser davon hielt, doch er konnte nur ein wenig Erschrockenheit erkennen. Keinen ekel.
„Mein Dad hat mich auf ein Internat geschickt weil ich am Ende war. Ich hab schlechte Noten gehabt und die Schule geschwänzt, hatte gerade angefangen nachts nicht nach Hause zu kommen. Als er dann auch noch erfahren hat, dass ich Schwul bin war Schluss für ihn und ich musste meine Sachen packen.“, redete Mike einfach weiter.
Diesmal war es Samuel der Mike küsste, doch er unterbrach auch diesen Kuss wieder. „Ich hab mich auch in dich verliebt.“, gab er zu Mike drückte nach einem Schweigemoment wieder seine Lippen auf die des kleineren.
Eine halbe Ewigkeit später knurrte der Magen des kleineren und sie begaben sich in die Küche um etwas Essbares aufzutreiben. Als sie, wieder aneinander gekuschelt im Bett lagen fiel Samuel plötzlich etwas ein und er errötete.
Mike sah das und sah ihn fragend an. Samuel wandte das Gesicht ab, doch Mike ließ das nicht zu, gab ihm einen sanften Kuss auf den Mund.
„Was ist los?“, fragte der Größere sanft nach. „Würdest du…Kannst du… Ziehst du dein T-Shirt für mich aus?“, fragte Samuel schüchtern nach, schaute Mike aber in die Augen.
Dieser zog überrascht eine Augenbraue nach oben, richtete sich aber bereitwillig auf. „Wenn ich dir deins auch ausziehen darf.“, erwiderte er gelassen.
Samuel überlegte fieberhaft ob sich das rentieren würde, kam schließlich zu dem Schluss, dass Mike seine Problemzonen sowieso nicht sehen würde, da sie unter der Decke verborgen wären.
Schließlich nickte er zögerlich und zog zuerst Mike das Shirt aus, ehe dieser es ihm gleichtat. Mike machte ihm allerdings einen Strich durch die Rechnung als er sich wieder unter der Decke verkriechen wollte, denn er zog Samuel auf sich, so dass sich ihre Oberkörper direkt berührten.
Samuel wollte wegrutschen, doch Mike ließ ihn nicht. „Ich bin zu schwer.“, versuchte er es, doch Mike schüttelte nur den Kopf und erwiderte, dass er leicht wie eine Feder sei.
Samuel schüttelte nur den Kopf, wollte aber doch seinem ursprünglichen Plan nachgehen. Er richtete sich ein wenig auf und schaute auf das Brustwarzenpiercing Mikes.
Sanft nahm er den Ring zwischen Zeigefinger und Daumen und beobachtete wie Mike eine Gänsehaut bekam.
Langsam legte er sich wieder zurück und so berührte nun auch seine Brustwarze die von Mike. „Hat das sehr wehgetan?“, fragte er nach und Mike grinste.
„Ja, hat verdammt wehgetan, aber das ist egal wenn du´s geil findest.“, erklärte er und legte seine Arme noch fester um seinen Kleinen, ließ seine rechte Hand auf dessen Hintern ruhen.
In diesem Moment entdeckte der kleinere auch wieder die Teile des Tattoos, die über die Schulter zu sehen waren, doch zu schön war der Körperkontakt mit Mike, als das er ihn dafür lösen würde; schließlich würde er noch genug Zeit bekommen um dessen Körper zu erkunden.
Samuel hauchte einige Küsse auf Mikes Schlüsselbein und legte dann seine Wange auf dessen heiße Haut. Erschöpft fielen Samuel die Augen zu. An diesem Tag war so vieles geschehen, für dessen Verarbeitung er wohl noch Tage brauchen würde.
Auch Mike schloss müde die Augen. Seine Jeans war zwar unbequem, doch um nicht in der Welt würde er den lang ersehnten Körperkontakt zu seinem Zwerg aufgeben. Auf die Beiden würden noch viele Hürden zukommen, doch die erste hatten sie mit Bravour überwunden.
Epilog:
Die Küche der großen Penthouse Wohnung inmitten Münchens war in eine staubige, weiße Wolke gehüllt und es sollte noch weiter gehen, denn Mike und sein Sammy waren dabei eine Pizza zu backen und erst beim Teig angelangt.
Es war jedes Mal dasselbe wenn die Beiden etwas in der Küche zustande bringen wollten. Sie waren inzwischen 32 und doch war ihre kindliche Seite noch extrem ausgeprägt. Man sollte meinen sie sollten langsam erwachsen geworden sein, doch in ihren vier Wänden benahmen sie sich oft kindisch.
Es waren fünfzehn Jahre vergangen seit die Beiden zusammen gekommen waren und es hatte lange
gedauert bis auch Samuel sich offen geoutet hatte.
Bis zu ihrem Abitur nämlich.
Danach hatten sich die Beiden in Hamburg niedergelassen um zu studieren und das Stadtleben zu genießen.
Inzwischen hatten sich die beiden in München niedergelassen, wo Samuel als Professor an der Uni lehrte und Mike die Firma seines Großvaters übernommen hatte. Karrieremäßig hatten beide gute Lose gezogen, doch Privat sah es schlecht aus, auch wenn sie inzwischen viele Freunde hatten.
Mike hatte sich zwar immer mit seinem Vater gestritten, hatte ihn aber dennoch gern gehabt, doch als sie im zweiten Semester studiert hatten starb dieser bei einem Autounfall und Mike erbte die Firma und das gesamte Vermögen, da seine Mutter inzwischen neu verheiratet war.
Mike hatte den jungen Mann in seinem Alter aber nie kennengerlernt und auch keinen Kontakt mehr zu seiner Mutter.
Samuels Eltern waren tatsächlich nach dem Tod seiner Oma gekommen, doch leider war es in der Nacht gewesen in der die beiden jungen Männer zusammen gekommen waren und Samuels Eltern hatten sie im Bett erwischt.
Sein Vater hatte nicht viel dagegen gehabt, doch Samuels Mutter war streng katholisch erzogen worden und hatte Samuel vor die Tür gesetzt.
Der Vater hatte eine Wohnung für diesen organisiert, in der Samuel bis zu seinem Abitur gelebt hatte, ehe sie gemeinsam nach Hamburg gegangen waren.
Samuel hatte manchmal noch Kontakt zu seinem Vater, doch auch dieser stockte immer mehr.
Die beiden hatten das Leben in der Kleinstadt hinter sich gelassen und waren glücklich geworden.
Nach einem langen und holprigen Weg hatten die beiden geheiratet und endlich das Leben gelebt, dass sie sich immer gewünscht hatten.
Texte: alle Rechte bei mir!
Bildmaterialien: http://www.emobucket.com/emo-boys-kissing.html
Tag der Veröffentlichung: 03.06.2013
Alle Rechte vorbehalten
Widmung:
an alle die wissen wie schrecklich das Leben zu einem sein kann