Um ehrlich zu sein hatte ich mir nie große Gedanken darüber gemacht, wie es sein würde mein Zuhause zu verlassen. Mein Haus, meine Freunde, meine Verwandten, meine Schule. Doch als es so weit war, wünschte ich mir, ich hätte es getan. Es traf mich hart und unerwartet. Meine Eltern mussten unser Haus in Kalifornien verkaufen. Deshalb zogen wir zum weit entfernten Dallas. Meine Eltern hatten mir noch nicht gesagt, wo wir genau hinzogen. Es war also alles drin. Vom Wohnwagen in irgendeinem Kaff, bis hin zum eigenen Haus im normalen Viertel. Ich hoffte natürlich auf die zweite Möglichkeit. Vielleicht würden wir auch in einer Mietwohnung leben… Naja. Das war jetzt auch egal. Ich musste weg. So oder so. Es war das Schlimmste, was ich je tun musste. Es war ein Tränen schwerer Abschied gewesen. Meine Freunde waren bis dahin immer für mich da gewesen. Doch ab diesem Zeitpunkt konnten sie das nicht mehr. Ich würde sehr, sehr, sehr weit weg ziehen. Ich würde sie höchstens in den Ferien sehen können. Natürlich würden wir telefonieren, aber trotzdem war es mehr als schwer, mich von ihnen zu verabschieden. Doch ich hatte keine Wahl. Meine beste Freundin Ana war so geschockt, dass sie schon einen Plan aushecken wollte, wie sie mich entführen und dort behalten konnte. Ich musste sie schweren Herzens davon überzeugen, dass ich gehen musste. Ich war gerade 17 geworden und hatte bereits meinen Führerschein. Ich hatte noch kein eigenes Auto. Bei unserer Abreise waren alle gekommen, um sich zu verabschieden. Ich war sehr gerührt. Ich umarmte jeden einzelnen mindestens 5 Minuten. Es war schrecklich, zusehen zu müssen, wie wir uns mit dem Auto immer weiter von ihnen entfernten. Ich seufzte, als ich sie nicht mehr sehen konnte und starrte gedankenverloren aus dem Fenster. »Bist du auch schon so gespannt auf unser neues Haus? « Alex sah mich aufgeregt an. Das war normal nicht ihre Art. Normalerweise zickte sie mich an und machte mir weis, wie sehr sie mich doch hasste. Und so was nennt sich meine Schwester! Aber wenn sie aufgeregt war, vergaß sie manchmal, dass sie mich nicht ausstehen konnte. »Eigentlich nicht. Ich hoffe nur, dass es einigermaßen erträglich ist. « Ich war nicht in der richtigen Stimmung um mich mit meiner älteren Schwester zu befassen und mit ihr Smalltalk zu halten. »Ich hoffe einfach nur, dass es dort viele heiße Typen gibt. « Ja, das sah ihr ähnlich. Hauptsache sie hatte ihren Spaß. Alex war 19 und brachte fast jeden Tag einen neuen Typen mit nach Hause. Sie war eine richtig verwöhnte Barbie, die alles bekam, was sie wollte, wenn sie ein paar Mal mit den Wimpern klimperte. Sie war ziemlich groß, hatte lange schöne Beine, lange haselnussbraune Haare, die ihr lockig bis zur Mitte ihres Rückens fielen, schöne volle Lippen, tolle blaue Augen, eine Top Figur und schöne pralle Brüste. Der Traum aller Männer! Kein Wunder, dass sie jeden Tag einen Neuen anschleppte. Sie konnte es sich gar nicht leisten einen festen Freund zu haben. Das wäre eh nicht gut gegangen. Ich war im Gegensatz zu ihr relativ normal. 1,65m groß, normale Figur, normales Gesicht, dunkelbraune, glatte Haare, die mir bis knapp über die Schultern fielen und eine recht gut bestückte Oberweite. Ich war nicht ganz so beliebt wie meine Schwester, was mir allerdings wenig ausmachte. Was mir allerdings etwas ausmachte, war die Tatsache, dass meine Mom immer wieder ungewollt darauf herum ritt. Es verging kein einziger Tag, an dem sie mich nicht fragte, ob ich nicht mal mit Alex weggehen möchte. Vielleicht lerne ich ja dann jemanden kennen. Man! Kann die sich nicht um ihren eigenen Kram kümmern? Bei ihr und Dad lief es einfach zu perfekt. Deshalb glaubte sie wohl manchmal, das müsste bei mir auch so sein. War es aber nicht und ich hatte deshalb noch lange keine Depressionen. Natürlich regte sie sich auch über die Sprunghaftigkeit ihrer Erstgeborenen auf. Meinem Dad war das allerdings alles so ziemlich egal. Solange er seinen Frieden hatte, durften wir tun und lassen was wir wollten. Er war der Ruhepol unserer Familie. Ich war ihm in dieser Sache ziemlich ähnlich. Meine Mom und Alex waren dagegen immer viel zu schnell auf 180 und immer gestresst. Deshalb schienen sich meine Eltern auch so gut zu verstehen. Sie glichen sich aus. Gegensätze ziehen sich ja bekanntlich an. Bei Alex und mir schien das allerdings nicht so ganz zuzutreffen. Aber egal. Ich brauchte sie nicht, und sie brauchte mich nicht um glücklich zu leben. »Erica! Könntest du bitte die Musik leiser stellen? Ich versuche mich hier auf den Verkehr zu konzentrieren! « Mein Vater hasste laute Musik beim Autofahren, meine Mutter hingegen liebte es. Auch wenn sie selber fuhr. Manchmal hätte man glauben können, sie wäre noch ein Teenager. »Steve, du weißt ganz genau wie sehr ich diesen Song liebe! « Und damit fing sie laut an mit zu grölen. Alex stimmte direkt mit ein. Ich hielt mir lediglich die Ohren zu, denn das Gejammer konnte man sich wirklich nicht anhören. Ich war mir sicher, dass mein Vater das Gleiche gemacht hätte wenn er nicht am Steuer gesessen hätte. Er tat mir jetzt schon leid! Ich lehnte mich zurück und schloss die Augen, während ich mir immer noch die Ohren zu hielt. Irgendwann muss ich eingeschlafen sein, denn als ich geweckt wurde, waren wir anscheinend schon angekommen. »Verdammt Lisa, jetzt wach endlich auf und steig aus sonst kannst du heute Nacht hier im Wagen pennen! « Alex knallte die Tür hinter sich zu und ging auf ein Haus zu, das direkt vor unserem Wagen stand. Gott sei dank! Ein Haus! Und was für eins. Es war riesig und umringt von Tannen. Ich schnallte mich ab und stieg aus dem Wagen. Es war ein kleines Stück vom Wagen bis zum Haus. Meine Eltern und Alex waren schon an der Haustür und warteten auf mich. Ich sah mich um. Wir waren wohl über einen Waldweg hierher gekommen. Ich konnte weit und breit keine Hauptstraße erkennen. Das Haus musste mitten im Wald liegen. In Dallas! Ungewöhnlich. Na ja. Auch egal! Auf mich machte es auf jeden Fall einen recht netten Eindruck…ach was! Es war genial! Viel besser als unser altes Haus. Ich folgte meiner Familie ins Haus hinein. Innen war es genauso prachtvoll, wie es von Außen schien. Und einfach nur riesig! Ich ging den anderen hinterher. Sie führten mich erst durch den kompletten unteren Stock, dann durch den oberen. Wir legten fest, wer wo schlief. Doch etwas machte mich stutzig. Mein Zimmer war schon eingerichtet und es roch unheimlich gut. Vielleicht war das noch von den Vorbesitzern zurück geblieben. Ich beschloss meine Taschen abzustellen und dann erst einmal runter zu gehen um mir den Rest des Hauses anzusehen. Ich lief die Treppe hinunter und ging in Richtung Küche. Sie war sehr modern eingerichtet und ziemlich Hell. Das kam wohl von der Tür die nach draußen in den Garten führte. Es war eine Schiebetür aus Glas und der Rahmen war aus Eisen gefertigt. Ich ging nach draußen. Es war angenehm warm hier. Der Garten war definitiv nicht zu übertreffen. Er war mehr als riesig. Es war eher ein Feld oder eine Weide. Rundherum wurde er von einem schönen Blumenfeld geschmückt und ungefähr in der Mitte stand ein überdimensionaler Brunnen. Wow! Dahinter konnte ich eine Hängematte ausmachen, die zwischen zwei Bäumen gespannt war. Ich lächelte. Ich liebte Hängematten. Ich ging darauf zu, auch wenn ich mir nicht ganz sicher war, ob ich dort noch vor Sonnenuntergang ankommen würde. Allerdings stellte sich heraus, dass es doch nicht so weit entfernt war als gedacht. Ich legte mich auf die Matte und schaukelte hin und her. Die Bäume dienten als schöner Schatten und ich genoss die Ruhe um mich herum. Dann fiel mir etwas ein. Wie konnten sich meine Eltern überhaupt so ein Haus mit so einem prachtvollen Garten leisten? Sie mussten doch schon unser altes Haus verkaufen. Und das war, zugegebener Maßen, nicht halb so wertvoll wie dieses. Irgendetwas stimmte hier doch nicht. Ich beschloss meine Eltern zur Rede zu stellen und machte mich auf den Weg zurück ins Haus. Es war tatsächlich schon dunkel geworden. Wir mussten wohl ziemlich spät angekommen sein. Als ich in der Küche stand und die Tür hinter mir zuzog, roch ich etwas Köstliches. Ich merkte wie sich mein Magen meldete. Ich hatte schließlich schon lange nichts mehr gegessen. Aber wie konnte meine Mom so schnell einkaufen gefahren sein und gekocht haben? Ich ging um die Kochinsel herum und sah in den Ofen. Braten! Lecker! Aber wie hatte sie das geschafft? Langsam wurde mir die ganze Sache zu hoch und ich suchte meine Eltern auf. Als ich gerade nach oben gehen wollte, traf ich eine Frau an, die genau so aussah wie die Hausmädchen in Filmen. Hausmädchen? Wir hatten ein Hausmädchen? Nein, das konnte nicht sein. Ich sah ihr verdutzt hinter her, während sie hastig in die Küche lief. Wahrscheinlich um den Braten aus dem Ofen zu holen. Ich lief die Treppen hoch und klopfte an die Tür meiner Eltern. Mein Vater öffnete die Tür. »Komm rein Schatz! « Ich ging ins Zimmer und traf meine Mom an, die schon fleißig am Auspacken war. Sie nahm die ordentlich gefalteten Sachen meines Vaters aus der Tasche und legte sie genauso ordentlich in den riesigen Schrank aus Buchenholz neben der Zimmertür. Ich sah ihr einige Augenblicke dabei zu, bis ich mich wieder zu meinem Vater wandte. »Sag mal…wie könnt ihr euch das alles hier überhaupt leisten? Ich meine, wir mussten unser altes Haus verkaufen und jetzt ziehen wir in so eine Villa? Das gibt doch keinen Sinn! « Steve seufzte. Ich nannte meine Eltern gelegentlich beim Vornamen. Ich weiß selbst nicht wieso. »Ach weißt du Lisa, das ist alles ein bisschen komplizierter. «
»Na schön, dann ist das eben so. Ich will es trotzdem wissen! «
»Wir reden später darüber, okay? Jetzt mach dich lieber selbst mal ans Auspacken. « Er schob mich vorwärts zurück auf den Flur und zog die Tür zu. Mit offenem Mund stand ich da und konnte nicht fassen, dass mich mein eigener Vater gerade aus seinem Zimmer geschmissen hatte. Ich schüttelte fassungslos den Kopf und ging in die Richtung, in der mein Zimmer lag. Ich öffnete die Tür und schrie laut auf. Ich schlug mir mit der Hand vor den Mund und starrte den Grund für meinen Schrei an. Vor mir stand ein halbnackter, fremder Typ und sah mich etwas erstaunt an. Er hatte lediglich ein paar Jeans an. Als ich wieder klar denken konnte, betrachtete ich ihn näher. Oh mein Gott! War der heiß! Er sah perfekter als perfekt aus. Sein Körper war unglaublich muskulös und sein Gesicht…Ich kann es gar nicht richtig beschreiben! Es war einfach himmlisch. Diese vollen Lippen, die perfekte Nase, diese leuchtend blauen Augen und diese tollen schwarzen Haare, die nach allen Richtungen ab standen! Er war einfach genauso, wie man sich einen Engel vorstellte. Ich starrte ihn weiterhin an, während er immer breiter grinste. »Dir müssen wohl die Taschen gehören, die hier herum standen. «
»Ähm…ja…genau…ich…das…« Ich hatte keine Ahnung was ich sagen sollte.
»Ich schätze, du musst dir ein anderes Zimmer suchen Kleines! Das war meines, ist meines und wird auch meines bleiben! «
»Oh…aber…was machst du überhaupt hier? «
»Ich wohne hier? « Das klang als wäre es ziemlich offensichtlich.
»Aber…wir wohnen doch jetzt hier. « Ich klang nicht sehr überzeugt von dem, was ich hier sagte. Ich wusste es! Wir hatten uns wohl doch in der Adresse geirrt! »Kann sein, aber auf jeden Fall nicht alleine. Du musst dann zu dem Sandkastenfreund meines Vaters gehören. Ihr solltet ja alle hier einziehen. Na ja…auf jeden Fall welcome to the Dallas palace! « Er musste über seinen eigenen Joke lachen und legte dabei eine Reihe perfekter, weißer Zähne frei. Alles an ihm schien perfekt zu sein.
»Sandkastenfreund? Welcher Sandkastenfreund? «
»Na der Sandkastenfreund meines Vaters und seine Familie! Ihr seid doch die Eliots oder? «
»Ja! Ich hatte nur keine Ahnung von dem ganzen Sandkasten-Freundschafts-Ding und so. Ich dachte, wir ziehen in irgendein Haus in Dallas und damit hat sich die Sache. Scheint wohl als wäre ich da nicht so ganz auf dem neusten Stand. « Er sah mich einfach nur an und grinste dämlich. Bei jedem Anderen hätte es echt scheiße ausgesehen, doch bei ihm sah es fantastisch aus. Er betrachtete mich von oben bis unten und hielt dieses zum dahin schmelzende Grinsen aufrecht. Ich wurde nervös unter seinem forschenden Blick und senkte meinen verlegen. Anscheinend war mein Schrei doch nicht so ungehört gewesen wie gedacht. Alex kam genervt aus ihrem Zimmer und kam auf mich zu. Sie blieb neben mir stehen. »Sag mal spinnst du? Warum kreischst du hier herum als würdest du abgeschlachtet werden…« Dann drehte sie den Kopf in seine Richtung und richtete sich geschockt auf. Ich muss nicht erwähnen, dass er immer noch halb nackt war, oder? Auf jeden Fall sah sie ungefähr genauso dumm aus der Wäsche wie ich. Doch dann verwandelte sich ihr Ausdruck und ihre Körperhaltung. Oh man! Ich wusste schon genau was sie dachte. Schon wieder jemand, den sie aufreißen konnte. Sie grinste ihn an und er grinste immer noch zurück. »Hi! Wer bist du denn? « Sie betrachtete ihn jetzt genauso, wie er mich kurz zuvor. »Jason! Und du? « Jason. Was für ein toller Name! Und noch passend dazu. »Alex! Was machst du hier in ihrem Zimmer? « Sie klang ziemlich ungläubig. In ihren Augen war es ja unmöglich, dass ich so einen geilen Typen aufreißen könnte. Eingebildete Ziege! »Das ist mein Zimmer. Nicht ihres. « Jetzt sah sie verwundert zu mir und wieder zurück. »Du…wohnst hier? Aber wir sind doch gerade hier eingezogen. «
»Oh man. Wisst ihr was? Fragt doch einfach eure Eltern wenn ihr keinen Plan habt wo ihr hier gelandet seid. Ich nehme mal an, dass ihr die Töchter dieses…Sandkastenfreundes seid. « Bei dem Wort Sandkastenfreund wiegte er genervt den Kopf hin und her. »Sandkastenfreund? « Jason und ich seufzten beide gleichzeitig und schüttelten dabei den Kopf. »Ich werd mir dann mal ein neues Zimmer suchen gehen. Bis dann. Ach und Alex…versuch erst gar nicht unsere Eltern auf die Sache anzusprechen. Sie haben mich auch schon abgewimmelt. « Damit drehte ich mich um und nahm meine Taschen. Ich stellte sie im Flur ab und ging noch einmal zurück. »Sag mal…welches Zimmer ist eigentlich noch frei? « Jason zeigte von sich aus nach links, was von meiner Seite aus rechts war. »Das direkt neben mir. Es sei denn, jemand von euch hat sich dort schon eingenistet. « Ich wusste, dass es frei war. Ich wollte nämlich genau dort nicht hin. Denn es war genau neben Alex` Zimmer. Ich hatte es absichtlich übersprungen, um nicht jede Nacht ihre Eskapaden mitbekommen zu müssen. Jetzt war ich genau zwischen Jasons und Alex` Zimmer. Na toll! Das konnte ja noch was werden. Das Zimmer meiner Eltern war ein paar Zimmer weiter hinten und somit weit genug von uns entfernt. Ich schleppte meine Taschen ins Zimmer und warf sie aufs Bett. Hier roch es auch nicht halb so gut wie nebenan. Ich seufzte. Es roch wirklich gut in seinem Zimmer. Er musste selbst wohl genauso gut riechen wie er aussah. Ich ließ mich aufs Bett fallen und starrte an die Decke. Was für ein Start!
2.
Nach einigen Minuten nutzlosem dahin Starren ging ich schließlich nach unten ins Esszimmer. Alle saßen schon versammelt am Tisch und unterhielten sich. Doch es waren deutlich mehr als erwartet. Rechts neben meinem Vater saß meine Mom, neben ihr saß Alex, neben ihr saß ein Junge, der mindestens 26 war oder so. Doch er sah ziemlich normal aus. Nichts im vergleich zu Jason, der neben ihm saß. Links neben meinem Vater, am Tisch Ende, saß ein Mann, der ungefähr im gleichen Alter wie mein Dad war. Das musste wohl Jasons Vater sein. Er sah auch nicht gerade übel aus. Besser gesagt hatte er die gleichen Gesichtszüge wie sein Sohn. Doch durch sein Alter wirkte er nicht so attraktiv wie sein Sohn. Neben Ihm und gegenüber von meinem Vater saß wahrscheinlich seine Frau. Sie war auch eher normal. Neben ihr und damit gegenüber von meiner mom saß ein Mädchen. Sie musste die Tochter der Frau sein, denn sie sahen sich ebenfalls ziemlich ähnlich. Man war das verwirrend. Neben ihr Saßen zwei kleine Jungs, vielleicht 11 Jahre alt, und zankten miteinander. Sie mussten Zwillinge sein. Und neben ihnen war der einzige freie Platz. Ich schlenderte zum Tisch und setzte mich hin. Ich saß natürlich direkt vor Jason. Na super! Wie sollte ich da essen können? »Ach, da bist du ja. Luther, das ist Lisa, unsere jüngste Tochter. Lisa, das ist Luther Stone. Ich kenne ihn schon seid ich klein war. Er hat uns angeboten bei ihm einzuziehen. Ich hatte ihm von unserer Lage erzählt. Naja…also ich würde sagen ich stell dir sie alle mal vor. Neben dir sitzen Clive und Ethan Bennett. Sie sind Zwillinge und 10 Jahre alt. Neben Ethan sitzt Lillian Bennett. Sie ist so alt wie du und die Tochter von Eve Stone. « Als er Eve erwähnte zeigte er auf die Frau neben Lillian. » Neben ihr sitzt mein Freund Luther Stone. Sie ist seine Frau. Die Zwillinge und Lillian sind die Kinder von Eve. Neben Alex sitzt Nathan Bennett. Er ist 24 und ebenfalls der Sohn von Eve. Und neben ihm sitzt Jason Stone. Er ist 20 und der einzige Sohn von Luther. « Oh man! Und das sollte ich mir alles merken? Wer`s glaubt…»Ähm…okaaay! Ich versuch`s mal zu behalten. « Ein gewisser Jemand vor mir versuchte gerade ein Lachen zu unterdrücken, was nur bedingt funktionierte. Ich sah ihn böse an. Er schmunzelte weiterhin. Er schien sich ja köstlich zu amüsieren.
Während wir aßen unterhielten sich alle untereinander. Nur ich blieb stumm. Ich beobachtete die ganzen Leute und fragte mich ob es gut gehen würde wenn wir mit 4, 5, 6, 7, 8, 9, 10, 11 Menschen in einem Haus lebten. Es war zwar ein riesiges Haus, aber trotzdem. Nach dem Essen verzog ich mich direkt in mein neues Zimmer und hoffte wenigstens diese Nacht meine Ruhe zu haben. Ich zog mein Nachthemd an, das zugegebener Maßen etwas kurz geworden war, nahm mein Wasch- und Duschzeug und huschte über den Flur ins Bad. Ich hatte das Glück direkt gegenüber zu hausen. Ich schloss die Tür ab und sprang unter die Dusche. Das heiße Wasser prasselte beruhigend auf mich herab. Ich genoss es und fing langsam an mich zu entspannen. Ich ließ mir extra viel Zeit. Als ich endlich fertig war, wickelte ich mich in ein Handtuch, rubbelte mir die Haare einigermaßen trocken und verschwand wieder auf den Flur. Das duschen hatte mich wirklich müde gemacht und ich wollte eigentlich nur noch ins bett. Eigentlich. Doch, wie sollte es anders sein, traf ich auf dem Flur auf meinen Nachbarn. Er kam gerade die Treppe rauf geschlendert und pfiff fröhlich vor sich hin. Als er mich sah wurde aus dem fröhlichen Pfeifen ein anzügliches. Boah, hatte der Kerl vielleicht Nerven. Ich verdrehte genervt die Augen und ging auf mein Zimmer zu. Er grinste breit und trat neben mich. Er lehnte sich lässig an die Wand, strich sich mit der Hand durchs Haar und steckte beide Hände in die Hosentaschen. Er sah mich an, als würde er sich gerade fragen, was er mit mir anstellen würde. Ungefähr so als würde man eine Pflanze ansehen und sich fragen wo man sie hinstellen sollte. Ich zog eine Augenbraue nach oben und sah ihn abwartend an. Oh man. Es viel mir wirklich schwer ihn anzusehen ohne nervös zu werden. Ich hatte immer das Gefühl, als wäre er lediglich eine Halluzination. Als wäre er einfach nur aus meinen kühnsten Träumen entsprungen. Er unterbrach meine wirren Gedankengänge. »Sag mal…hast du Lust mit uns ein wenig zu chillen? Wir wollen uns Horrorfilme reinziehen. Unten im Partykeller. «, fragte er schließlich.
»Wer sind wir? «
»Nathan, Lillian, Alex und ich! «
»Ähm…eigentlich wollte ich gerade ins Bett gehen. «
»Schlafen kannst du noch die ganze Nacht. Komm schon. « Oh oh. Jetzt setzte er sein Engelsgesicht auf. Er lächelte mich an. Na toll. Da zog mein schönes, warmes, kuscheliges Bett an mir vorbei ohne mich aufzuladen. Ich seufzte tief. »Na gut. Ich zieh mich schnell um dann komm ich mit. « Sein Lächeln wurde triumphierend breiter. »Ich warte hier auf dich. Und beeil dich. « Klar doch. Immer. Ich ging in mein Zimmer, blieb einige Sekunden kopfschüttelnd stehen und ging dann wehmütig zu meinem Bett. Ich setzte mich hin und strich über die Bettdecke. »Tja, du musst wohl noch ein wenig auf mich warten! « Wieder seufzte ich und stand auf. Ich ließ mein Handtuch fallen und ging zum Schrank. Ich zog frische Unterwäsche an, ein weißes Top und Shorts. Dann verließ ich mein Zimmer auch schon wieder. Wie versprochen stand Jason im Flur und wartete. Ich ging resigniert auf ihn zu. Er lief vor mir her, da ich mich noch nicht so gut auskannte in diesem riesigen Haus. Wir liefen immer nur Treppen nach unten. Es schien gar kein Ende zu geben. Doch dann waren wir endlich am Ziel. Der Raum war ziemlich groß. Ziemlich gut geeignet als Partyraum. Ganz hinten war eine Art VIP-Lounge. Ein großes Sofa, das auch um die Ecke ging und davor an der Wand hing ein riesiger Plasma Fernseher. Puh. Das sah ziemlich exquisit aus. Wir gingen auf die Couch zu. Die anderen waren schon alle versammelt und Nathan fummelte vorne am DVD-Player herum. Wir setzten uns zu den Mädchen. Ich saß neben Lillian und Jason. Das konnte ja noch was werden. Es war ziemlich dunkel. Alex saß zwischen Lillian und Nathan. Nach ein paar Minuten hatte Nathan den Film endlich zum laufen gebracht. Er kam zu uns und setzte sich neben Alex. Ich erkannte den Film schon nach wenigen Augenblicken. Final Destination 2. Klasse. Ich hatte ihn schon mindestens 10 Mal gesehen und wusste schon genau wer, wie, wann und wo gekillt wurde. Ich sprach schon leise einige Szenen mit. »Wie oft hast du den schon gesehen? «, flüsterte Jason mir ins Ohr, um die anderen nicht zu stören. Die Mädchen schrien allerdings sowieso immer auf wenn irgendjemand geschlachtet wurde. Man o man. Memmen. »Ungefähr 10 mal. « Ich flüsterte zurück. »Ich auch. Aber Nathan wollte ihn unbedingt noch mal sehen. Was soll`s. Alex krallt sich bestimmt an ihm fest. Das gefällt ihm sicherlich. « Ich nickte wissend mit dem Kopf. »Jetzt verfällt sie gleich in Panik, verhakt sich in diesen Haken, will aus dem Fahrstuhl raus, kann sich nicht befreien, die Fahrstuhltür geht zu, ihr Kopf wird eingeklemmt, der Fahrstuhl fährt weiter nach oben, die anderen zwei wollen ihr helfen was ihr allerdings nicht viel nützt, da ihr Kopf trotzdem abgerissen wird. «
»So sieht`s aus! « Jason lachte leise über meine Beschreibung der Szene. Ich stimmte mit ein. »Schade, dass du nicht erschreckst, da hab ich ja Niemanden der sich an mich kuschelt. « Er sah weiterhin nach vorne und grinste während er das sagte. Ich schielte ihn warnend von der Seite an. Das war ja nicht zum Aushalten. Obwohl…so schlecht fand ich die Idee gar nicht. Um ehrlich zu sein hätte ich mich sogar liebend gern an ihn gekuschelt, doch das konnte ich ja nicht einfach so tun. Also blieb ich steif sitzen wo ich saß und sah mir den Rest vom Film an. Alex Schrei ließ mich hochfahren. Ich musste wohl eingeschlafen sein. Kein Wunder. Ich kannte ja alles schon. Es war der Schluss des Filmes gewesen sein. Als der Grill explodierte mit samt Jungen, denn der Abspann lief bereits. Dann merkte ich erst, auf wem ich eingeschlafen war. Ich musste halb auf Jason gelegen haben, denn der lag genau dort wo ich gelegen hatte. Und schlief ebenfalls. Er sah so süß aus, wenn er schlief. Zum knutschen. Naja, eigentlich sah er immer zum Knutschen aus. Der Gedanke daran ließ mich lächeln. Nathan rappelte sich auf und schaltete den DVD-Player und den Fernseher aus. »Also ich geh jetzt ins Bett. Wer will kann ja hier bleiben. Mir auch egal. « Damit drehte er sich um und verschwand. Alex lief ihm hinterher. Lillian gähnte herzhaft und rappelte sich ebenfalls auf. Sie ging schlafwandelnd hinter ihnen her. Nun war ich also alleine hier unten. Ok, not exactly. Ich konnte ihn aber jetzt auch nicht allein hier unten liegen lassen. Ich lehnte mich zurück und sah ihm einfach beim Schlafen zu. Wie bekloppt. Was machte ich hier eigentlich? Ich hatte keine Verpflichtung ihm gegenüber. Ich konnte tun und lassen was ich wollte. Langsam wurden mir die Augen wieder schwer und ich musste mir große Mühe geben nicht direkt tot umzukippen, doch es half nichts. Irgendwann flog ich sachte ins Reich der Träume.
Als ich die Augen öffnete, lag ich alleine auf dem Sofa. Ich war mit einer Wolldecke zugedeckt worden und das schwache Licht der Lampe, die neben dem Tisch stand, drang zu mir rüber. Ich setzte mich auf und streckte mich. Ich zuckte zusammen als ich Jason sah, der nun ganz dicht vor mir saß, als ich mich aufgesetzt hatte. Er grinste mich entschuldigend an. »Was…was machst du hier? « Ich war überrascht. »Und was mach ich hier? « Ich sah mich irritiert um. Dann fiel mir alles wieder ein. Ich musste wohl tatsächlich wieder eingeschlafen sein. »Als ich aufwachte lagst du schlafend auf mir. Ich hab dich hier hingelegt und zugedeckt. Eigentlich wollte ich hoch gehen, aber du sahst so süß aus. « Ich wurde rot. Hatte ich das nicht auch gedacht? »Ähm…okay. Dann würde ich sagen, gehen wir jetzt hoch. Ich bin ja jetzt wach. « Ich sah ihn auffordernd an. Doch er dachte gar nicht dran aufzustehen. »Hm…vielleicht könnten wir ja auch noch ein bisschen bleiben. « Er kam langsam näher. Ich hielt still. Mein Herz fing an zu rasen und meine Hände zitterten. Seine Lippen kamen den Meinen immer näher. Doch bevor sie sich berührten kam Nathan herein. »Hey ihr zwei! Habt ihr hier übernachtet? Warum seid ihr immer noch hier unten? « Er winkte uns zu sich raus. »Kommt schon! Es gibt Frühstück. Ich hab euch schon überall gesucht. « Er blieb abwartend in der Tür stehen und sah uns erwartungsvoll an. Ich stieß die Wolldecke weg und stand auf. Ich sah mich nicht mehr um als ich zu Nathan ging. Der lächelte mich an und sah dann wieder zu Jason. Der hatte sich anscheinend auch aufgerappelt, denn Nathan sah ziemlich zufrieden aus. Ich wäre auch beleidigt, wenn ich die ganzen Treppen bis hier her umsonst gelaufen wäre. Naja, er hatte ja Erfolg. Ich spürte wie Jason dicht hinter mir stehen blieb. Das vermachte mir lediglich eine ziemliche Gänsehaut. Nathan ging wieder nach oben und ich folgte ihm. Jason blieb mir ebenfalls dicht auf den Fersen. Er strich mir unauffällig über den Rücken während wir die Treppen nach oben stiegen. Ich war ziemlich nervös. Wer wäre das nicht unter seinen Berührungen? Als wir endlich oben waren gingen wir direkt ins Esszimmer. Dort saßen mal wieder alle zusammen und frühstückten. Nathan setzte sich wieder neben Alex. Doch diesmal war mein Platz besetzt und alle saßen so, dass nur noch zwei Plätze nebeneinander frei waren. Was für ein Zufall! Jason setzte sich neben Nathan und ich musste mich wohl oder übel neben ihn setzen. »Ich hab sie gefunden! Sie waren unten im Partyraum. « Nathan klang ziemlich stolz. »Wir sind gestern dort eingeschlafen. «, erklärte Jason, grinste seltsam und nahm sich Essen. Ich sah ihn vorwurfsvoll an, denn es klang, als hätten wir noch ganz andere Dinge dort unten getan... Dann machte ich mich auch ans Essen. Alle sahen mich an. Oh man, wie peinlich. Ich wurde rot unter ihren Blicken und versuchte so zu tun, als hätte ich es nicht bemerkt. Als sich allmählich die Gespräche wieder auftaten, entspannte ich mich wieder. Doch das hielt nicht lange an. Ich spürte wie Jason seine rechte Hand auf mein Bein legte. Sofort versteifte ich mich wieder. Seine Hand bewegte sich keinen Millimeter von der Stelle, bis ich aufstand. »Ich geh mich mal fertig machen. « Damit verschwand ich in mein Zimmer, ohne noch einmal zu Jason zu schauen. Ich war mir sicher, dass er wieder dämlich grinste. Als ich in meinem Zimmer angekommen war, atmete ich erst einmal erleichtert auf. Was für ein Start in den Tag! Ich suchte mir frische Kleider und mein Waschzeug und verschwand im Bad. Ich zog meine alten Sachen aus und ließ sie achtlos auf den Boden fallen. Dann ließ ich Badewasser in die Wanne laufen und putzte mir in der Zwischenzeit die Zähne. Ich stellte das Wasser ab und stieg in die Wanne. Es tat richtig gut. Das Wasser war schön heiß, so wie ich es gern hatte. Ich entspannte mich, legte beide Beine auf den Rand der Badewanne, rutschte weiter nach unten und schloss genüsslich die Augen. Als ich kurz davor war einzuschlafen kam jemand ins Badezimmer. Oh Gott! Ich hatte doch tatsächlich vergessen abzusperren. Oh nein. Als ich sah, WER da rein gekommen war, erstarrte ich völlig. Er sah mich grinsend und mit hochgezogenen Augenbrauen an. Ich konnte mich nicht bewegen. »Schöne Beine! « Er musste schmunzeln. Mein Mund stand offen und meine Augen waren weit aufgerissen. Dann endlich zog ich die Beine an und tauchte blitzschnell unter. Ich hielt die Luft an und kniff die Augen fest zusammen. Ich konnte nichts hören, nichts sehen…und nicht atmen! Das merkte ich schnell und musste wohl oder übel auftauchen. Ich schnappte nach Luft. Jason stand ans Doppelwaschbecken gelehnt und sah mich an als wäre ich nicht mehr ganz richtig im Kopf. »Was war das denn? Ein verunglückter Suizid Versuch oder was? « Er grinste schon wieder so dämlich. Ich blitze ihn böse an. Was bildete er sich eigentlich ein? »Sag mal, geht’s dir noch ganz gut? Was hast du hier zu suchen? Siehst du nicht, dass ich am Baden bin? Hau ab! Und zwar sofort! « Ich zog scharf die Luft ein. »Nö. Wieso sollte ich? Ist doch ein toller Anblick. « Mein Mund klappte wieder auf. Was hatte er da gerade gesagt? »Ich glaub mein Schwein pfeift! RAUS!«
»Nein! «
»Oh doch! «
»Oh nein!«
»Wenn du nicht sofort verschwindest, dann…«
»Was dann? Kommst du dann raus und schlägst mich? « Der Typ wollte mich tatsächlich verarschen. »Bestimmt nicht! Aber dann werde ich schreien! « Drohen war immer am besten um jemanden loszuwerden. Doch leider half es recht wenig bei Jason. Im Gegenteil. Es spornte ihn an mich weiter zu reizen und zu ärgern. Er ging rückwärts zur Tür und…und schloss ab! Er schloss tatsächlich die Tür ab! Oh oh. Er kam langsam näher. Seine Bewegungen ähnelten denen einer Raubkatze, die auf Beutefang war. Im wahrsten Sinne des Wortes. Er kniete sich vor den Rand der Wanne und legte seine Arme und seinen Kopf darauf. Sein Gesicht war wieder viel zu nah an meinem dran. Ich konnte nicht zurück sonst…naja…hätte er alles gesehen. Langsam wurde mir die Sache zu heiß. Ich wurde immer nervöser. Er sah mir tief in die Augen. Er sah aus, als wollte er etwas aus meinem Blick lesen. Doch das Einzige, was er hätte lesen können, war Unbehagen und Nervosität. Blödmann! »Du bist echt hübsch! « Jetzt war ich völlig perplex. Was sollte das denn jetzt? Es klang viel zu aufrichtig in meinen Ohren. Zu ehrlich. Ich zog erst eine Augenbraue nach oben. Dann legte ich verwirrt und misstrauig die Stirn in Falten. Und dann geschah es. Blitzschnell hob er den Kopf und küsste mich. Ich riss die Augen auf. Oh.Mein.Gott! Er küsste mich wild und leidenschaftlich. Langsam fing ich an es zu genießen und mich dem Kuss hinzugeben. Er zog mich an sich. Ich muss nicht erwähnen, dass ich nass war, oder? Es war ihm anscheinend so ziemlich egal. Und mir erst! Ich schlang meine Arme um ihn und zog ihn ebenfalls an mich. Er zog mich halb aus der Wanne. Nein! Er zog mich komplett aus der Wanne! Ich fiel natürlich auf ihn. Endlich erwachte ich aus meiner Trance und löste mich erschrocken von seinen Lippen. Ich griff schnell neben mich zum Handtuch, stand auf und wickelte mich schnell darin ein. »Ich…was…nein!...oh man! « Ich strich mir mit der Hand durch die nassen Haare. »Was ist denn los? « Er stand auf und trat auf mich zu. Ich wich zurück und wäre dabei fast wieder in die Wanne gefallen, wenn Jason mich nicht festgehalten hätte und an sich gezogen hätte. Ich prallte gegen ihn und lehnte nun an seiner Brust. Er strich mir über den Kopf, über die Wange, den Hals. Seine Berührungen hinterließen eine heiße Spur auf meiner Haut. Was machte er nur mit mir? »Ich muss gehen! « Ich wandte mich aus seinen Armen und lief zur Tür. Ich schloss sie mit zittrigen Händen auf und lief in mein Zimmer.
3.
Ich stand da wie angewurzelt, konnte mich nicht bewegen, nicht denken geschweige denn atmen. Ich war eine Statue! Nichts funktionierte mehr. Mein Hirn war aus. Einfach ausgeknipst wie ein Lichtschalter. Es dauerte ziemlich lange bis ich wieder einigermaßen klar denken konnte. Was war das denn bitte? Ich musste mir das eingebildet haben. Es gab keine logische Erklärung. Jemand wie Jason wäre niemals auf die Idee gekommen mich zu küssen! Nie, Nie, NIE! Ich war halb am verzweifeln. Das war so peinlich. Ich konnte ihm nie wieder unter die Augen treten. Ich konnte mir schon bildlich vorstellen, wie er mich auslachte, weil ich einfach abgehauen war. Oh nein! Wie sollte ich hier auf Dauer leben können, wenn er mir jeden Tag über den Weg laufen würde. Ich ließ mich auf den Boden plumpsen und starrte vor mich hin. Ich bemerkte erst gar nicht, dass die Tür auf ging und jemand neben mich trat. Als der jenige meine Kleider vor mich fallen ließ, sah ich erschrocken auf. Ich wurde bleich. Die Art wie er mich ansah, war beängstigend. In seinem Blick lag Frustration, Enttäuschung und noch irgendwas, was ich nicht richtig deuten konnte. Er sah mich noch einige Minuten an, dann verschwand er ohne ein Wort zu sagen. Was war das denn? Ich sah ihm irritiert hinterher. Langsam stand ich auf und zog mich an. Dann ging ich zurück ins Bad und Föhnte mir die Haare. Ich war so irritiert, dass ich schon nicht mehr genau wusste warum. Hört sich seltsam an, war aber so. Als meine Haare trocken waren, ging ich nach unten. Vor seiner Tür blieb ich noch einmal stehen. Was machte ich eigentlich hier? Ich schüttelte den Kopf um wieder klar denken zu können und ging nach unten. Auf dem Flur traf ich auf die Zwillinge und Lillian. »Hi Lisa. Na wie geht’s? « Lilly lächelte mich fröhlich an. Ich musste automatisch zurück lächeln. »Ganz gut. Was macht ihr denn so? «
»Och die Zwillinge und ich wollten gerade in den Garten. Kommst du mit? Ich glaub unsere Eltern sind auch dort. Ist schönes Wetter heute. «
»Okay. « Ich ging hinter den Dreien her in den Garten. Meine und ihre Eltern waren tatsächlich auf der Terrasse und aßen Kuchen. Es sah ziemlich gemütlich aus. Nathan und Alex waren ebenfalls dort und unterhielten sich. Sie schienen sich ziemlich gut zu verstehen. Nur komisch, dass Alex sich nicht so mit Jason beschäftigte. Der sah nämlich 10 Mal besser aus als Nathan. Und der sah nicht gerade schlecht aus. Naja. Vielleicht hatte sie sich ja schon ihren Korb abgeholt. Doch das konnte nicht sein. Sie sah viel besser aus als ich und trotzdem hatte er mich geküsst. Das ergab keinen Sinn. Auf jeden Fall nicht für mich. Wir nahmen Platz und nahmen uns ein Stück Kuchen. »Sag mal…was hast du eigentlich mit Jason angestellt? «, fragte Lilly. Ich verschluckte mich an meinem Stück Kuchen. Was?
»Ähm…was hast du gesagt? «
»Was du mit Jason angestellt hast? Der ist ziemlich komisch drauf. «
»Und wie kommst du darauf, dass ich etwas damit zu tun habe? «
»Naja…seit heute Morgen hat er sich nicht mehr blicken lassen. Also seit dem Frühstück. Und wir anderen waren immer zusammen. Da bleibst nur noch du. « Sie lächelte immer noch. Ich sah sie geschockt an. Was sollte ich jetzt sagen? »Also…eigentlich…hab ich ihn seitdem auch nicht mehr gesehen. « Hoffentlich flog die Lüge in meiner Stimme nicht auf. »Ganz sicher? «
»Ganz sicher! « Bitte lieber Gott! Lass sie es nicht merken! BITTE!
»Na gut. Dann weiß ich´s auch nicht. « Dabei beließ sie es auch. Danke! Langsam verzogen sich alle wieder irgendwo ins Haus. »Ich geh jetzt auch mal rein. Kommst du mit? «
»Nein. Ich bleib noch ein wenig hier. «
»Okay. Bis dann! «
»Ja. « Ich wartete bis Lilly drin war und ging dann zur überdachten Hängematte. Ich legte mich hinein und trieb mich mit der Hand am Boden an. Als ich genug Schwung hatte, schloss ich die Augen und rollte mich zusammen. Es war sehr gemütlich. Als ich die Augen öffnete schreckte ich hoch. Es regnete! Es regnete tatsächlich und vor mir stand Jason und betrachtete mich. Er musste schon länger hier stehen, denn er war schon total durchnässt. Jetzt bemerkte ich erst, dass es nicht nur regnete, es stürmte und donnerte. Es war ein riesiges Unwetter. Wie war es möglich, dass ich das nicht bemerkt hatte? Die Hängematte war zwar überdacht, aber trotzdem. Ich sah mich irritiert um. Jason stand immer noch da und rührte sich nicht. »Wir…wir sollten wohl besser rein gehen. Die andern machen sich bestimmt schon Sorgen. « Als er meine Stimme hörte, merkte man wie erleichtert er war. Seine Schultern entspannten sich, er atmete erleichtert auf und schloss die Augen. » Ja. Ich glaube das sollten wir. « Was war denn mit dem los? Sein Verhalten war mehr als seltsam. »Bei 3 rennen wir, okay? «, schlug ich vor. Ich saß immer noch unter dem Schutz der Matte. »In Ordnung. Allerdings ist es bei mir eh egal. Ich bin schon komplett nass. Also. Soll ich dich tragen? Dann wirst du zwar ein wenig nass, bist aber schneller im Haus. « Er kam näher. »Nein ich glaub das ist nicht…« Doch bevor ich den Satz beenden konnte, nahm er mich schon auf die Arme und rannte los. Als er mit mir auf den Armen auf die Terrasse sprang, fing er an zu lachen. Ich stimmte mit ein. Natürlich war ich jetzt auch total nass. »Ein Satz mit X, das war wohl nix! « Er sah mich an, als käme ich vom Mars, doch dann musste er wieder anfangen zu lachen. Es war zauberhaft. Er sah einfach aus wie ein Engel. Ich betrachtete ihn von oben bis unten. Er hatte nicht einmal eine Jacke an. Durch die nassen Sachen wurden seine Muskeln abgezeichnet. Ich biss mir auf die Lippen. Oh man. Das war ja nicht zum Aushalten. »Was? «, fragte er und riss mich aus meinen Gedanken.
»Was…äh… Nichts! Wieso? « Er sah mich irritiert an. »Wir sollten rein gehen und uns frische Sachen anziehen. « Dieser seltsame Unterton gefiel mir gar nicht. Und sein Blick passte haargenau dazu. Es war der Selbe frustrierte Ausdruck wie an dem Morgen. Er stand auf und ging ins Haus. Er blieb noch kurz stehen und wandte sich zu mir um, um mir noch etwas zu sagen. Doch er hielt inne und verschwand wieder. Wie konnte von einem Moment auf den anderen aus Freude Frustration werden? Ich wurde einfach nicht schlau aus ihm. Vielleicht würde ich es irgendwann, wenn ich länger hier wohnen würde, doch mein Gefühl sagte mir, dass ich wohl nie aus ihm schlau werden würde. Am Tag unserer Ankunft, war er noch der größte Macho im ganzen Haus gewesen, und seit unserem Abenteuer im Badezimmer wirkte er irgendwie niedergeschlagen. Langsam rappelte ich mich auf und ging ebenfalls ins Haus. Ich lief nach oben in mein Zimmer und sah auf die Uhr. Es war bereits 20 Uhr. Ich beschloss heute mal früh ins Bett zu gehen, zog gleich mein Nachthemd an und lies mich in die Laken fallen.
Ich spürte etwas Warmes, Hartes vor mir liegen. Ich war noch halb am Schlafen. Ich schlug die Augen auf und erstickte mit der Hand den Schrei der sich meine Kehle hinauf kroch. Jason lag neben mir und schlief friedlich. Wie kam er hier her? Ich fing an ihn zu betrachten. Er sah zuckersüß aus wenn er schlief. Ich musste kichern. Was tat ich hier eigentlich? Erschrocken über meine eigene Reaktion schüttelte ich den Kopf. Als ich gerade zur anderen Seite des Bettes krabbeln wollte um abzuhauen, hielt mich eine starke Hand zurück und zog mich zu sich. Mein Gesicht war nun wenige Millimeter vor seinem. Er öffnete die Augen und sah mich einfach nur an ohne etwas zu sagen. Mein Atem stockte und mein Herz fing wieder an zu rasen. Was machte er nur mit mir? »Bleib! Bitte! « Jetzt war ich sprachlos. Seine Stimme klang fast schon flehend. Was hatte er bitteschön vor? Er wollte mich manipulieren. So musste es sein. Er wollte mich ins Bett kriegen und mehr nicht. Okay, ich war schon im Bett, aber ihr wisst wie ich das meine. Dann sprudelte alles aus mir heraus. »Nein! Hör auf damit! Ich will das nicht! Warum bist du hier? Hier in MEINEM Bett? Was soll das? Und überhaupt, was sollte das gestern, hm? Was willst du von mir? Nein! Spar dir die Antwort! Ich weiß es auch so! Du willst mich ins Bett kriegen, weil du denkst du könntest jede haben. Und dann lässt du mich fallen und tust so als wäre nichts gewesen. Dann schnappst du dir wahrscheinlich noch Alex. Der macht das allerdings wenig aus. Du bist wahrscheinlich in der Hinsicht genauso drauf wie sie. Aber so ist das nicht. Mich kriegst du nicht! « Jetzt sah er wirklich geschockt aus. Seine Stirn lag in Falten, seine Augen waren empört aufgerissen und sein Mund zu einer harten Linie geformt. Er betrachtete mein Gesicht »Denkst du das wirklich? « Seine Stimme war ganz ruhig, Jetzt war ich wieder an der Reihe perplex zu sein. »Natürlich! Was willst du denn sonst? « Das hätte ich lieber nicht sagen sollen. Er legte seine Lippen sanft auf meine. Und wenn ich sage sanft, dann meine ich auch sanft. Er küsste mich zärtlich und liebevoll. Es war ganz anders als beim ersten Mal. Es war noch viel schöner. Ich ließ es zu. Als sich unsere Lippen trafen, schaltete sich mein Gehirn mal wieder vollkommen aus. Er zog mich noch näher zu sich heran. Ich lag nun an seine Brust gepresst da und gab mich seinem Kuss hin. Oh man. Eben hatte ich noch gesagt, dass ich das nicht mit mir machen lassen würde, und dann… Seine Hand lag auf meinem Rücken und strich sanft mein Rückgrad hinab. Seine Zunge liebkoste meine und strich hin und wieder sanft über meine Lippen. Göttlich! Einfach nur göttlich. Er tat nichts weiter als mich zu küssen. Wollte er mir etwa etwas beweisen? In dem Moment war es mir egal. Das einzige was zählte war, dass er mich nicht mehr losließ. Mehr wollte ich gar nicht. Als er sich von meinen Lippen löste, wurde ich schlagartig aus meinem Traum gerissen. »Glaubst du mir nun? «
»Ich würde gerne. Aber...ich weiß nicht. Weißt du…wärst du von Anfang an so einfühlsam gewesen, wäre es für mich vielleicht einfacher dir zu glauben. Aber am ersten Tag warst du echt ein Macho. Und seit gestern Morgen bist du total anders. Was bitteschön soll ich davon halten? Ich meine, außer, dass du einen Hintergedanken dabei hast. «
»Das ist etwas komplizierter. Ich kann es dir nicht sagen. Du würdest mir sowieso nicht glauben. « Ich sah ihn einfach nur an. Jetzt mal ganz ehrlich. Blättert einfach mal so zum Spaß zurück und vergleicht mal sein Verhalten vom ersten Tag, mit diesem Verhalten. Kommt euch das nicht etwas suspekt vor? Ich seufzte tief und sackte innerlich zusammen. Ohne nachzudenken legte ich meinen Kopf an seine Brust, schlang meinen Arm um ihn und schloss die Augen. Er roch unwahrscheinlich gut. Viel zu gut. Ich sog seinen Duft ein und genoss seine Wärme. Und wie warm er war. Nein…er war total heiß! »Du bist ganz heiß! Hast du Fieber? « Ich sah ihn besorgt an. »Nein…ich bin manchmal einfach so heiß. Keine Ahnung wieso. « Es klang wenig überzeugend. Zumindest der letzte Teil. »Aha. Und das soll ich dir jetzt glauben? «
»Es ist so. «
»Na gut. Von mir aus. «
»Ich glaube wir sollten uns langsam mal unten blicken lassen. Sonst kommen sie noch auf dumme Gedanken. « Er grinste schief.
»Ja. Das glaub ich auch. « Damit lösten wir uns von einander und stiegen aus dem Bett. Jason ging in sein eigenes Zimmer und ich zog mich um und verschwand im Bad. Als ich fertig war ging ich nach unten. Lilly, die Zwillinge und Jason saßen bereits am Tisch und frühstückten. Die anderen waren entweder noch nicht oder nicht mehr anwesend. Ich tippte auf nicht mehr. Es war schließlich schon 10 Uhr. Ich setzte mich neben Lillian und nahm mir einen Bagel. Ich liebte Bagels. »Na? Gut geschlafen? « Ihre gute Laune war richtig ansteckend. »Ja. Eigentlich richtig gut. « Jason sah nach unten auf seinen Teller und grinste breit. Boah. Was bildete der sich eigentlich ein? Dachte er, dass er für alle guten Dinge verantwortlich war? Ich sah ihn böse an. Doch als er mich sah, musste er sich erst recht das Lachen verkneifen. »Was gibt’s denn so Lustiges? Ich will auch mit lachen! « Lilly sah gespannt von mir zu Jason und wieder zurück. Sie war definitiv viel zu neugierig für meinen Geschmack.
»Ähm…nichts. Keine Ahnung was an dem Satz so lustig war. « Ich betonte das Wort lustig extra scharf. Jetzt sah er mich gespielt unschuldig an. Ich funkelte ihn nur an. »Maaaan. Seid ihr Spaß Verderber. « Lilly sah gekränkt auf ihren Teller und zerrupfte ihren Bagel. Ich musste lächeln. Sie war wirklich süß. Für ihre 17 Jahre, wohl bemerkt genauso alt wie ich, verhielt sie sich manchmal richtig kindisch.
Nach dem Essen beschloss ich mir die Umgebung ein wenig anzusehen. »Ich geh mal ein Weilchen spazieren « Lilly sah mich irgendwie komisch an, als ich das sagte. Sie erwiderte nichts darauf. Ihr Blick war so…ernst! Ja genau. Ernst! Ich hatte Lilly bis jetzt noch nicht ernst erlebt. Naja…egal. Ich ging trotzdem raus. Ich musste ja auch mal die Umgebung kennen lernen, in der ich ab sofort leben sollte. Ich ging die lange Einfahrt nach unten und an unserem Auto vorbei. Meine Eltern mussten wohl mit den Stones mitgefahren sein. Der Weg bis zur nächsten Straße war wirklich lang. Ich ging mindestens 10 Minuten. Und dann war ich immer noch nicht an einer Hauptstraße, sondern auf einem Waldweg. Und auch der schien kein baldiges Ende zu finden. Ich beschloss einfach mal durch den Wald zu schlendern. Er lag etwas unterhalb des »Dallas Palace«, so wie Jason das Haus genannt hatte. Ich war nicht gerne im Wald. Aber heute wollte ich unbedingt mal raus. Ich meine raus aus der ganzen Umgebung. Als ich so durch den Wald schlenderte, hörte ich den Geräuschen der Natur zu. Die zwitschernden Vögel, das Rauschen der Bäume im Wind und den anderen Tieren, die man im Wald so fand. Urplötzlich, schoss von hinten eine Gestalt auf mich zu, hielt mir die Hand vor den Mund und zog mich hinter einen Riesigen Baumstamm. Der Schock saß so tief, dass ich wahrscheinlich nicht mal geschrien hätte, wenn er mir nicht den Mund zugehalten hätte. Der Fremde lauschte nach irgendetwas. Ich hatte nicht das Gefühl, dass er mir etwas antun wollte. Irgendwie fühlte ich mich sicher. Ich wurde an den fremden Körper gedrückt. Er strahlte eine ziemliche Wärme aus. Nein! Hitze! Meines Erachtens war dieser Körper zu heiß. Irgendwie erinnerte mich das an jemanden…Natürlich! An Jason! Der hatte sich doch auch so schrecklich heiß angefühlt. Ich war mittlerweile wieder relativ entspannt, und als sich sein Körper ebenfalls entspannte, ließ er mich los. Ich drehte mich zu ihm um. Natürlich war es Jason. »Was sollte das denn? « Ich sah ihn abwartend an, die Stirn in Falten gelegt. »Es tut mir Leid, aber…egal. Aber versprich mir nicht mehr allein in den Wald zu gehen! Okay? « Er packte mich an den Schultern. »Und wieso sollte ich? «
»Versprich es mir einfach! «, beharrte er nachdrücklich. Ich sah ihn lange einfach nur an. »Na gut. « Er zog mich an sich und umarmte mich. »Danke! « Er flüsterte das Wort nur und trotzdem war es ziemlich eindringlich. Er wirkte echt erleichtert. Was sollte das ganze Theater? Ich lehnte mich an ihn. »Wirst du mir noch sagen, worum es eigentlich geht? «
»Vielleicht. « Er küsste mich aufs Haar und nahm mich bei der Hand. Er zog mich zurück in Richtung Haus.
4.
Als wir wieder zurück waren, brachte er mich noch in mein Zimmer. »Also? Was war das da eben? «
»Hör zu! Ich kann es dir noch nicht sagen, okay? Es geht nicht. Ich muss jetzt sowieso los. Mein Vater und ich müssen noch was erledigen. Bis nachher. «
»Aber…« Da war er auch schon weg. Was bildete der Typ sich eigentlich ein? Erst verschafft er mir 'nen halben Herzinfarkt, und dann haut er ohne jegliche Erklärung ab! Boah, langsam ging er mir echt auf den Zeiger! Ich schüttelte den Kopf und ging gelangweilt in meinem Zimmer auf und ab. Ich war ja schon ziemlich neugierig, wo er noch hin musste. Noch dazu mit seinem Vater. Er war schließlich schon 20, hatte hundertpro 'nen Führerschein und konnte bestimmt gut alleine auf sich aufpassen. Ich schlich leise den Flur entlang, damit mich ja niemand erwischte. Ich ging erst nach unten, um mir etwas zum Essen zu schnappen. Ich aß nur 'ne Banane und trank etwas Apfelsaft. Dann schlich ich mich wieder nach oben. Ich ging nicht wieder zurück in mein Zimmer. Nein! Ich ging zu Jason`s Tür, schaute mich noch mal um, sodass ich sicher sein konnte, dass mich niemand erwischte, und betrat den Raum. Es roch immer noch so unwiderstehlich gut. Eben einfach nach ihm! Oh man, hör auf mit dem Schwachsinn! Verschwinde von hier bevor dich jemand erwischt! Jaja…mein Engelchen meldete sich sehr gerne bei mir um mich möglichst von allen bösen Taten abzuhalten. Vergiss es! Ich seh' mich ja nur mal um! Tja…und mein Teufelchen redete sich alles schön und versuchte genau das Gegenteil zu erreichen. Und das Ende vom Lied war, dass ich vollkommen unentschlossen zwischen den Fronten stand. Super! Wofür brauchte man eigentlich diese dämlichen Teufelchen und Engelchen. Die waren doch eh nie einer Meinung, und du wusstest eh wer was von deinen Aktionen hielt. Ich entschied mich erst einmal auf die Seite des Teufelchens zu springen und mich ein wenig umzuschauen. Ich schlenderte so durchs Zimmer und sah mir alles an was er so dastehen hatte. Ich schielte immer wieder zum modernen Kleiderschrank, aber ich kämpfte gegen das Verlangen an einfach hinzugehen, ihn auf zu machen und mir irgendwelche Kleider raus zu nehmen. Das war echt unter meiner Würde! Das kam natürlich wieder von meinem Engelchen. Auf dem Bett lag zufällig ein T-Shirt. Wie praktisch, dachte mein Teufelchen. Ich ging zum Bett und setzte mich neben das T-Shirt. Ich sah nur ab und zu mal zu ihm runter. Wenn mir irgendjemand zugesehen hätte, hätte er mich für verrückt und dämlich erklärt. Naja. Auch egal. Ungefähr 5 Minuten schweigendes Anstarren eines Kleiderstücks später, hielt ich es nicht mehr aus. Ich nahm es und sog seinen herrlichen Geruch ein. Ich verdrehte genüsslich die Augen und atmete schwer aus, weil ich den Geruch am liebsten für immer behalten hätte. Ich lies mich rückwärts aufs Bett fallen. Ich schnupperte immer noch an dem verdammten T-Shirt. Also ich muss schon zugeben, dass ich ab da völlig abgedriftet war. Ich kam mir vor wie in einer billigen Soap. Egal. Ich roch weiter…und weiter…und weiter…und weiter. Ich rollte mich schließlich ohne nachzudenken auf dem Bett zusammen und glitt langsam und natürlich ungewollt in den Schlaf. Das T-Shirt hatte ich immer noch in der Hand. Irgendwann bemerkte ich, dass sich jemand neben mich gelegt hatte. Noch bevor ich die Augen wieder aufschlug, wusste ich was los war. Ich riss die Augen auf und starrte in Jason`s grinsendes Gesicht. Als er meinen Gesichtsausdruck sah grinste er noch breiter. »Was…wie…oh oh! « Ich sah langsam, wirklich gaaaanz langsam auf das T-Shirt, das immer noch in meiner Hand lag. Jetzt wurde ich rot. Richtig rot! Knall rot! Tomaten rot! Was musste er nur von mir denken? Ich traute mich nicht mehr ihn anzusehen, geschweige denn mich zu bewegen. Also starrte ich weiter auf das T-Shirt. »Also meinetwegen kannst du es behalten. « Ich hörte förmlich das Schmunzeln in seiner Stimme. Oh nein! OH NEIN! »Ähm…nein…tut…tut mir leid ich…vergiss es! « Ich stand blitzschnell auf um den Raum zu verlassen. Leider etwas zu schnell! Mir wurde schwarz vor Augen und ich fiel geradewegs wieder aufs Bett zurück. »Alles in Ordnung? « Jason sah mich ziemlich besorgt an. »Ja ja. Geht schon. « Bis auf die ganze Sache mit dem T-Shirt und so war alles bestens… »Ich glaube du solltest weiter schlafen. Du bist ziemlich müde. «
»Genau. Und deshalb verschwinde ich jetzt auch wieder. « Ich machte wieder Anstalten aufzustehen, doch er hielt mich am Arm fest und zog mich zurück. Direkt auf ihn drauf. »Ich meinte eigentlich, du solltest hier weiter schlafen. « Er grinste wieder so heimtückisch. Ich hätte ja gern etwas erwidert, aber erstens, war ich viel zu dicht bei ihm um einen klaren Gedanken zu fassen, und zweitens, weil er mich noch näher ran zog und küsste. Ooooooohhhhh! Und WIE er mich küsste! Erst zärtlich, und dann schon fast Besitz ergreifend. Ich gab mich dem Kuss voll und ganz hin. Er war wie mein persönlicher Magnet.
Er fuhr mir über den Rücken und durch die Haare. Dann rollte er mich auf den Rücken, sodass er nun auf mir lag. Er breitete meine Arme neben Meinem Kopf aus und hielt sie fest. Dabei löste er sich nicht von meinen Lippen. Er drückte sich an mich. Seine Hände schlossen sich um meine. Ich glaub in dem Moment hätte ich alles mit mir machen lassen. Hauptsache ER tat es. Wie gesagt. Nur in dem Moment. Denn als er anfing meinen Hals zu küssen, erwachte ich langsam aus meiner schönen Traumwelt. »Stopp! « Er sah mich an. Ich wusste nicht recht was ich sagen sollte. »Ich…ich kann das nicht! «
»Warum nicht? « Es klang sehr leise und vor allem verzweifelt. Oh nein! Jetzt hatte er schon wieder diesen frustrierten Ausdruck in den Augen. Er stützte sich neben mir ab und sah mir eindringlich in die Augen. »Du musst mir sagen was ich falsch mache. Sonst kann ich es nicht besser machen. « Ich zog beide Augenbrauen hoch und sah ihn verwundert an. »Äh…nichts. Du machst eigentlich alles richtig. Aber…später wirst du das nicht mehr. « Jetzt sah er mich verwundert an. »Wie meinst du das? «
»Na…ich kenn Typen wie dich. Sie tun alles um ihr Ziel zu erreichen, und wenn sie es dann geschafft haben, werden die Zielobjekte fallen gelassen. Und da hab ich keine Lust drauf. Das hab ich dir doch schon mal gesagt. « Er seufzte und legt sich neben mich. Nun lagen wir stumm nebeneinander und starrten an die Decke. Ich linste ab und zu mal zu ihm rüber. Sein Gesicht blieb immer gleich. Man sah ihm an, dass er über die Dinge nachdachte, die ich ihm gesagt hatte. Und das war auch gut so. Langsam wurde es echt kalt hier drin. Ich fing an nur ganz leicht zu zittern, es war eher ein leichtes vibrieren, das ich selbst kaum merkte. Deshalb war ich auch so verwundert, als Jason die Decke über uns ausbreitete und mich an seinen warmen Körper zog. Jetzt war es wieder schön kuschelig warm. Ich schmiegte mich an ihn und schloss die Augen. »Schlaf jetzt! « Er flüsterte die Worte nur. Doch an seinem Körper fiel es mir nicht schwer seiner Aufforderung zu folgen.
»Was machst du denn hier? « Ich öffnete die Augen, um zu sehen mit wem Jason redete. Er stand an der Tür und natürlich genau vor der anderen Person.
»Ich wollte nur mal sehen wies dir geht! « Okay. Das war definitiv eine Frauenstimme. »Verschwinde! Du weißt genau, dass du nicht herkommen sollst! « Jason flüsterte nur, wahrscheinlich damit ich nichts mitbekomme.
»Wann hab ich jemals das gemacht, was ich soll? Komm schon. So abgetan kannst du doch gar nicht sein. «
»Hau ab! Sofort! « Die Frau fing an zu schnurren wie eine Katze. Und ich meine wirklich wie eine Katze! Es hörte sich seltsam an. Für mich klang es irgendwie bedrohlich. Ich bekam eine Gänsehaut am ganzen Körper. »Wenn du nicht sofort verschwindest, schmeiß ich dich bis zur nächsten Hauptstraße. « Er schien das ernst zu meinen was er da gerade sagte. »Warum flüsterst du überhaupt? « Die Frau wagte einen kurzen Blick über Jasons Schulter und traf genau meinen. Ich saß inzwischen aufrecht im Bett. »Wer ist das? « Oh. Das klang mehr als angewidert. Jason sah in meine Richtung. »Das geht dich nichts an! Und jetzt hau ab! « Jason schob die Frau weiter in den Flur und schloss die Tür. »Tut mir leid. Du solltest das eigentlich gar nicht mitkriegen. «
»Wer war das? «
»Eine alte Bekannte. « Sein Unterton gefiel mir gar nicht. »Eine Bekannte? « Ich klang mehr als ungläubig. Mir war schon klar WAS für eine BEKANNTE er meinte. »Ja. Ich hab ihr gesagt sie soll hier nicht mehr auftauchen, aber sie hält sich einfach nicht dran. « Er schüttelte genervt den Kopf. »Naja. Geht mich ja nichts an mit wem du ins Bett steigst. « Ich meinte das eigentlich ziemlich ernst, aber ich merkte wie sich die Eifersucht ganz langsam in mir ausbreitete. Jason sah mich schockiert an. Was war denn jetzt schon wieder? »Du denkst wir…nein! « Er war sichtlich empört darüber, dass ich es überhaupt in Erwägung gezogen hatte. »Komm schon. Ich hab euch schon am Gespräch durchschaut. Auf jeden Fall steht sie auf dich. « Hör auf damit dich selbst eifersüchtig zu machen! »Vergiss es einfach okay? «, sagte er genervt und fuhr sich mit der Hand übers Gesicht.
»Na gut. « Ich hätte zwar gerne noch mehr gewusst, aber erstens war das viel zu persönlich, und zweitens wäre ich nachher nur noch mehr eifersüchtig. Aber was hatte ich erwartet? Dass er sich mit niemand anderem abgibt als mit mir? Um ehrlich zu sein…ja. Genau das hatte ich erwartet. Oder besser gehofft. Denn bei jemandem, der so gut aussah wie Jason, war es schwer zu erwarten. »Ich glaub ich geh dann auch mal wieder. Ich war schon viel zu lange hier. « Den letzten Satz sagte ich eher zu mir selbst, als zu ihm. Ich stand auf und ging zur Tür. Doch Jason stand immer davor, und versperrte mir so den Weg. Er machte auch keine Anstalten weg zu gehen. Er betrachtete mich von oben bis unten. Irgendwie war mir das peinlich. Ich konnte ihm nicht in die Augen sehen und senkte so den Blick. Ich wurde rot. Er schien es zu merken, denn er fing leise an zu lachen. »Warum wirst du denn rot? « Das war so 'ne typisch rhetorische Frage. Er wusste genau warum. »Ähm…keine Ahnung. Könntest du bitte von der Tür weg gehen, damit ich raus kann? « Ich sah immer noch nach unten. »Aber klar doch. « Er ging tatsächlich von der Tür weg. Allerdings nicht in die Richtungen, die ich bevorzugt hätte. Er ging nach vorne und stand ZIEMLICH dicht vor mir. Viel zu dicht! Er strich mir über die Arme. Ich bekam eine mega Gänsehaut. Ich brannte! Was tat er da schon wieder? Er zog mich an den Schultern noch näher an sich heran, hob mein Kinn an und sah mich eindringlich an. Er hatte ein seltsames Glitzern in den Augen. Er lächelte leicht. »Bitte…nicht! « Ich klang verzweifelt. Sein Lächeln verschwand und jetzt sah er genauso verzweifelt aus wie ich. »Warum? « Seine Worte waren lediglich ein Hauchen, und trotzdem so eindringlich wie sein Blick. Ohne nachzudenken schloss ich die Arme um ihn und legte meinen Kopf an seine Brust. Dieses ewige Hin und Her machte mich noch ganz verrückt. »Ich werde dich ab jetzt in Ruhe lassen. « Ich riss erschrocken die Augen auf. Was hatte er gerade gesagt? »Wenn du es nicht erträgst in meiner Nähe zu sein, muss ich das akzeptieren. Du bist schließlich nicht die Erste. « Letzteres klang, als wär es eher an sich selbst gerichtet. Ich umarmte ihn noch fester und drückte mich an ihn. Ich wollte ja eigentlich gar nicht, dass er sich von mir fern hielt. Und was hieß hier ich fühlte mich in seiner Nähe nicht wohl und ich wäre nicht die Erste? »Wie meinst du das? « Meine Stimme brach am Ende ab und es war eher ein Jammern und ein verzweifeltes Krächzen. »Ich merke, dass du dich nicht wohl fühlst wenn du bei mir bist. Aber es sollte mich nicht wundern. « Jetzt war ich irritiert. Wie zum Teufel meinte er das? Er schien das auch noch wirklich zu denken. Wer konnte sich in seiner Nähe schon nicht wohl fühlen? Er strahlte diese verdammt anziehende Wärme aus. Und ich meine nicht nur seine Körpertemperatur. Er wandte sich aus unserer Umarmung und verließ den Raum ohne etwas zu sagen. Ich stand da wie angewurzelt und starrte ihm hinterher.
5.
Ich sah ihn drei Wochen nicht wieder. Ich fragte Lilly oft wo er war, doch sie sagte immer, dass er ihr nicht gesagt hätte, wo er hin wollte. Doch ihr Blick war besorgt und traurig, und der Unterton in ihrer Stimme ließ mich wissen, dass sie genau wusste wo er war. Er hatte ihr wahrscheinlich befohlen mir kein Wort zu sagen. Von Tag zu Tag wurde es schlimmer. Ich hielt es fast nicht aus. Manchmal rief einer meiner Freunde an. Meine beste Freundin Ana merkte sofort, dass etwas nicht stimmte. »Was ist los, hm? « Sie klang fast wie meine Mutter. »Nichts. « Doch natürlich beließ sie es nicht dabei und fragte mich aus. Ich erzählte ihr vom Haus und natürlich von meinem Hauptproblem. Sie zeigte viel Verständnis und gab mir irgendwelche Tipps, von denen ich wusste, dass sie nichts helfen würden. Das brachte mich immer zum Lächeln. Doch wenn ich aufgelegt hatte, kam die Traurigkeit wieder. Eines Abends war es sogar so schlimm, dass ich anfing zu heulen. Und wenn ich anfange zu heulen, musste es wirklich schlimm sein. Um ehrlich zu sein hatte ich noch nicht einmal den blassesten Schimmer, warum ich heulte. Deshalb musste ich noch mehr weinen. Es war echt die Hölle. An dem Abend, beschloss ich mal wieder raus zu gehen. Ich konnte schließlich nicht die ganze Zeit im Haus hocken und warten bis er wieder kam. Sein Vater war übrigens ebenfalls weg. Das machte mich irgendwie stutzig. Warum musste er überall mir seinem Vater hin gehen? Und warum gingen die anderen nicht mit? Egal. Irgendwann würde ich es sowieso erfahren.
Ich ging die komplette Waldstraße entlang, bis ich zu einer Kreuzung kam. Eine Straße führte noch tiefer in den Wald, eine auf ein Feld und eine sah aus als würde sie zu einer größeren Straße führen, deshalb nahm ich diese. Ich ging ungefähr eine viertel Stunde, bis ich auf eine größere Straße kam. Doch es war immer noch keine Hauptstraße. Ich fragte mich wie weit es noch war. Rechts sah ich eine kleine Gaststätte. Ich beschloss dort jemanden zu fragen, wie ich in die Stadt oder wenigstens in ein Dorf kam. Die Gaststätte sah von außen ziemlich düster aus. Irgendwie unheimlich…Ich betrat das Haus und erschrak einmal. Es war stockdunkel, Zigarettenrauch stand in der Luft und ziemlich viele Leute unterhielten sich. Der Raum war überfüllt von irgendwelchen fremden Leuten, die mir irgendwie komisch vorkamen. Und vor allem waren sie alle so unglaublich schön. So wie Jason. Aber sie strahlten etwas Unangenehmes aus. Nicht so wie Jason. Oder doch? Es erinnerte mich irgendwie an ihn, aber irgendwie war er doch anders. Ich war etwas verwirrt über meine seltsamen Gedanken. Ich ging weiter nach vorne zum Tresen. Es war zwar irre dunkel, aber ich konnte noch genug erkennen. Alle starrten mich an. bestimmt weil ich nicht so schön war wie sie selbst. Das konnte ich verstehen. Ich stellte mich vor den Tresen und sah zum Barkeeper. »Entschuldigen Sie? Können sie mir sagen wie weit es noch bis zur nächsten Stadt oder zum nächsten Dorf ist? « Er sah mich mit hochgezogener Augenbraue an und seufzte dann resigniert. »An deiner Stelle würde ich mit dem Auto fahren, Schätzchen. Du müsstest noch mindestens 1 Stunde gehen. « Er sprach übertrieben langsam und gelangweilt. Aber die Stimme war göttlich. »Okay. Trotzdem danke. « Als ich mich umdrehte erschrak ich und stieß mit dem Rücken gegen den Tresen. Drei riesige Männer standen vor mir und grinsten mich an. Ich spürte die Gefahr, die von ihnen ausging. Der Mittlere kam näher. Ich wich automatisch zurück. Er drückte sein Knie in meinen Bauch und mich damit gegen den Tresen. Warum sagte niemand etwas? Warum half mir niemand? Ich sah mich um. Alle sahen uns an. Aber sie sahen eher aus als würden sie fernsehen. Ich war total schockiert. Wo war ich hier nur hingeraten? Warum war ich nicht einfach weiter oder zurück gegangen? Der Kerl war nun ganz nah vor meinem Gesicht. Er roch an meinem Hals. Was machte er da? Was sollte das denn? Ich geriet leicht in Panik. »Geh weg von mir! « Ich wollte eigentlich drohend klingen, doch meine Stimme versagte mir den Dienst. Er dachte nicht im Traum daran von mir zu lassen und lachte leise in sich hinein. Sein Lachen vermachte mir eine Gänsehaut. Er strich mir eine Haarsträhne aus dem Gesicht und betrachtete es. »Du bist ein hübsches kleines Menschenmädchen. « Hä? Was sollte ich bitte sonst sein? Ein Hase? Das klang nach einem ziemlich schlechten Film. Er packte mich an der Taille und warf mich über seine rechte Schulter. Ich stieß einen Schreckensschrei aus. Ich zappelte wie ein Tier und schlug um mich. Er ging am Tresen vorbei in ein Hinterzimmer. Oh oh. Das konnte nicht gut ausgehen. Die anderen zwei blieben vor der Tür stehen. Sie sollten wohl Wache halten. Ich stand kurz davor zu Hyperventilieren. Der Typ schleuderte mich von seiner Schulter auf ein Bett. Oh Gott! Hilf mir! Er kettete mich mit Handschellen an den Gitterrahmen des Bettes. Ich versuchte mich zu wehren und fing an zu schreien. Doch es half nichts. Er war viel stärker als ich und hielt mir den Mund zu. Dann nahm er auch noch Klebeband und klebte meinen Mund zu. Ich war total hilflos. Die Tränen kullerten mir über die Wangen. Es schien ihn ziemlich zu amüsieren, denn sein Grinsen wurde immer breiter. Er legte sich über mich und fing an meinen Hals zu küssen. Doch die Art, wie er es tat war irgendwie seltsam. Er leckte genüsslich über meine Haut und lachte leise. Er knöpfte meine Bluse auf und wanderte mit dem Mund zu meinem Dekoltè. Plötzlich ging eine Tür auf, die ich vorher noch nicht einmal bemerkt hatte. Es war nicht die Tür, durch die wir gekommen waren. Diese war rechts neben dem Bett. Ich konnte nicht sehen wer da rein gekommen war, da dieser Bastard immer noch auf mir lag. Ich konnte allerdings hören, dass derjenige nicht gerade erfreut war über die Situation. »Caleb! Hast du den Verstand verloren? Geh sofort runter von ihr sonst lass ich dich…« Er hielt inne. Als ich seine Stimme erkannte, erschrak ich. »Wieso sollte ich? Ich will doch nur ein bisschen Spaß! « Das war zu viel. Caleb, so schien dieser Bastard zu heißen, wurde mit voller Wucht gegen die Wand geschleudert. Ich sah ihm kurz ins Gesicht. Seine Augen waren eigenartig schwarz und seine Eckzähne viel zu lang. Oh mein Gott! Er sah ziemlich wütend aus. Dann sprang er wieder auf die Beine und verschwand durch die Tür, vor der er
seine Wachen aufgestellt hatte. Jetzt sah ich zum ersten Mal in das Gesicht des anderen. Ich wusste, dass es Jason war. Ich hatte seine Stimme sofort erkannt. Ich danke dir lieber Gott! Als er mich erkannte riss er die Augen auf und stürzte auf mich zu. Ich zuckte unwillkürlich zusammen. Er riss die Handschellen und das Klebeband ab. Moment…er RISS die HANDSCHELLEN ab? Ich sah ihn mit offenem Mund an. Doch er bemerkte es nicht einmal und zog mich an sich. »Es tut mir so leid! «
»Du kannst doch nichts dafür. « Ich lehnte mich an ihn. Seine Wärme entspannte mich irgendwie. »Wie hast du das gemacht? «
»Was? « Er schien wirklich keine Ahnung zu haben.
»Du hast gerade eben Handschellen vom Bett abgerissen. Wie? « Jetzt schien er erst zu begreifen, was er getan hatte. Sein ganzer Körper spannte sich an. »Keine Ahnung. Vielleicht ein Adrenalinstoß. « Und schon wieder verriet ihn sein seltsamer Unterton. »Hör auf mich anzulügen. Das tust du jetzt schon lang genug. Sag mir endlich die Wahrheit! « Meine Stimme war hart und wurde immer lauter. Er löste sich ein Stück von mir und sah mich an. Es war ihm anzusehen, dass er wieder mit sich rang. Warum war es so schwer mir die Wahrheit zu sagen? War es so schlimm wenn ich bescheid wusste? »Ich kann nicht. « Seine Stimme versagte und klang frustriert wie eh und je. Ich seufzte tief. Er wischte mir die Tränen vom Gesicht und küsste mich auf die Stirn. »Später werde ich dir alles erklären. Aber jetzt geht es noch nicht. « Er betrachtete mich. Sein Blick blieb auf meiner offenen Bluse hängen und wurde hart. Er knöpfte mir langsam die Knöpfe wieder zu und sah mich nicht an. Ich legte meine Hände auf Seine. Jetzt sah er mich wieder an. Ich betrachtete ihn ebenfalls. Er sah irgendwie anders aus als sonst. Ich beugte mich zu ihm und küsste ihn. Das war das erste Mal, dass ich IHN küsste. Ich hatte einfach keine Kraft mehr mich von ihm fernzuhalten. Es war mir egal was danach passieren würde. Ich drückte mich an ihn und schlang meine Arme um ihn. Seine Hände waren immer noch an den Knöpfen meiner Bluse. Ich vergrub meine Hände in seinen Haaren und küsste ihn drängend. Doch er drückte mich von sich. »Was ist? «, fragte ich atemlos.
»Ich will nicht, dass du das nur machst, weil du denkst du seist mir etwas schuldig oder so. So kommt es mir nämlich vor. Und außerdem ist das hier nicht der richtige Ort. « Er schob mich noch weiter weg und knöpfte schnell die restlichen Knöpfe zu. Bevor ich irgendetwas erwidern konnte, zog er mich vom Bett und durch die Tür durch die er gekommen war. Dann bog er nach rechts ab und verließ mit mir das Gebäude. Wir standen auf einem Parkplatz. Jason zog mich zu einem ziemlich teuer aussehenden Audi. Natürlich! Immer nur das Teuerste… Er stieg auf der Fahrerseite ein und lies mich einfach stehen. Aber ich wollte nicht hier bleiben, bei diesen seltsamen Leuten. Also stieg ich auf der Beifahrerseite ein und schnallte mich an. Er fuhr vom Parkplatz und wieder zurück in Richtung Haus. Während der Fahrt sprachen wir kein Wort miteinander. Es war mir so peinlich. Was hatte ich mir eigentlich dabei gedacht ihn einfach zu küssen…Ich durfte gar nicht darüber nachdenken, denn dann wurde mir noch unwohler. Und was hatte er mit schuldig sein gemeint? Als wir ankamen stieg er nicht aus. »Geh rein! Ich muss wieder zurück. « Ich sah ihn besorgt an. »Warum warst du überhaupt dort? Und warum musst du wieder zurück? «
»Mein Vater ist noch dort und wir haben noch etwas zu klären. « Er sah mich nicht an und seine Stimme war ruhig. »Kommst du gleich zurück? « Ich hörte die Panik in meiner Stimme. Jetzt sah er mich an. »Ja. « Dieses geflüsterte Wort lies mir einen Stein vom Herzen fallen. Ich stieg widerstrebend aus dem Wagen und sah zu, wie er wieder davon fuhr. Ich seufzte und betrat das Haus.
6.
Ich lief nervös im Zimmer auf und ab und kaute auf meinen Fingern. Es kam mir wie eine Ewigkeit vor, während ich auf seine Rückkehr wartete. Als ich hörte, wie die Haustür aufging, stürmte ich auf den Flur und lief zur Treppe. Ich blieb stehen und sah nach unten. Jason und Luther betraten das Haus und Luther ging in Richtung Küche. Jason blieb stehen und sah zu mir hoch. Ich lächelte ihn an und war einfach nur froh, dass er wieder da war. Er seufzte und kam langsam die Treppen nach oben. Eine Stufe unter mir blieb er stehen und sah mich an. Ich fiel ihm förmlich um den Hals. Er hob mich kurz hoch und ging weiter nach oben. Als er mich wieder auf die Füße setzte ließ ich ihn dennoch nicht los. Ich hielt ihn weiter fest umschlungen und hatte auch eigentlich nicht vor ihn so schnell wieder los zu lassen. Er lachte leise. »Sollen wir hier im Flur stehen bleiben oder gehen wir endlich in dein Zimmer? « Ich lächelte. Die Art wie er das sagte war betörend. Ich ließ von ihm ab, nahm seine Hand und zog ihn ins Zimmer. Ich schloss die Tür und fiel ihm direkt wieder um den Hals. Aber diesmal küsste ich ihn auch noch. Oh man. Warum hatte ich das nicht schon viel früher gemacht? Ich hatte keine Ahnung! Er erwiderte den Kuss und drückte mich gegen die Wand neben der Tür. Er presste seinen Körper gegen meinen und berührte mich überall. »Warum hast du deine Meinung so plötzlich geändert? «, fragte er aber löste sich nicht ganz von meinen Lippen. »Mmh…keine…Ahnung. «, erwiderte ich zwischen unseren leidenschaftlichen Küssen. Ich wusste nur, dass ich ihn wollte! Ich versuchte ihn noch näher ran zu ziehen, doch das war nicht mehr möglich. Er fing an meinen Hals zu küssen und berührte meine Haut so sanft wie es nur ging. Ich schloss die Augen und genoss den Moment. Meine Hände vergruben sich in seinen Haaren und mein Körper beugte sich zu ihm hin. Als sich seine Lippen wieder auf meine legten, schlang er die Arme um meine Taille und zog mich zum Bett. Er knöpfte meine Bluse auf und schob sie Von meinen Schultern. Er stieß gegen das Bett und lies sich drauf fallen. Und ich fiel direkt auf ihn. Jetzt fing ich auch an sein Hemd aufzuknöpfen. Plötzlich hielt er mich an den Handgelenken fest und sah mich ernst an. »Was? « Was hatte ich denn jetzt schon wieder falsch gemacht? »Du machst das auch wirklich nicht, weil du denkst, dass ich das verlange oder sonst was? « Jetzt fing er schon wieder damit an. Ich setzte mich auf, saß allerdings immer noch auf ihm. »Nein! Ich will das! « Meine Stimme klang fest und meine Augen sollten das eigentlich auch zeigen. Aber irgendwie hatte ich das Gefühl, dass er mir das nicht abnahm. Er schob mich von sich runter und setzte sich ebenfalls aufrecht hin. »Ich weiß nicht so recht, was ich von deinem Meinungswechsel halten soll. Erst sagst du mir, du wirst nicht auf mich reinfallen oder mir verfallen, und dann fällst du mir um den Hals? Du musst zugeben, das ist schon etwas seltsam. « Ja, schon. Irgendwie klang es schon merkwürdig. Aber ich wusste ja auch nicht woran es lag. Aber ich wollte ihn. Vielleicht war es mir klar geworden, als er so lange weg war. Seit ich ihn das erste Mal gesehen hatte, wusste ich, dass uns etwa verband. »Ich weiß nicht warum ich so verbissen war am Anfang. Vielleicht wollte ich es nicht wahr haben. Aber ich weiß jetzt, dass ich dich will! « Okay. Jetzt hatte ich es gesagt. Ich bildete mir ein, dass sein Gesicht sich ein klein wenig aufhellte, als er das hörte. »Du…willst mich? « Er klang irgendwie überrascht. Was bitte war daran so überraschend? Ich meine, bei seinem Aussehen fiel es einem wirklich schwer ihn NICHT zu wollen. Ein Lächeln breitete sich in seinem Gesicht aus und mein Herz machte wieder so einen kleinen Hüpfer. Ich wurde natürlich sofort rot und senkte den Blick. Er legte eine Hand darunter und hob es wieder an, sodass ich ihn wieder ansehen musste. »Ich wusste, dass du irgendwie anders bist. Deshalb hab ich auch überhaupt erst versucht mich anzunähern. « Jetzt verstand ich echt nichts mehr. Anders? Wie anders? Ich verfiel ihm doch genauso wie wahrscheinlich alle anderen ihm verfielen. Ich lächelte über seine Naivität. »Man bist du naiv! Du denkst wirklich, dass dich niemand will? Hast du 'nen Spiegel? « Jetzt sah er mich verwundert an. »Ja hab ich. Aber ich glaube nicht, dass ICH naiv bin. DU denkst doch, dass jede auf mich abfährt. Aber so ist es nicht. Du wirst es bald begreifen. Und dann wirst du auch merken, dass du wirklich etwas Besonderes bist. Er beugte sich zu mir und küsste mich zärtlich. Als sich seine Lippen von meinen trennten, ließ er sich zurück aufs Bett fallen. Ich legte mich neben ihn und kuschelte mich an ihn. Ich hatte schließlich kein Oberteil mehr an, und es war ziemlich kalt hier drin. Sein Körper war immer noch so kuschelig warm und dadurch, dass er ebenfalls kein Hemd an hatte, war es noch kuscheliger. »Was hast du die ganze Zeit gemacht? «
»Ich war in der Gaststätte mit meinem Vater und hab wichtige Dinge verhandelt. «
»Also bist du so was wie ein wichtiger Geschäftsmann? « Er lachte leise. »Ja, so was ähnliches. «
»Und warum hat das solange gedauert? Und warum seid ihr nicht zwischendurch zurückgekommen? «
»Wir haben dort übernachtet. Es war wirklich wichtig. «
»Und wer war dieser Typ? « Beim Gedanken an diesen Bastard wurde mir kotzübel. »Das war Caleb. « Er biss die Zähne zusammen und sprach den Namen wie ein Schimpfwort aus. Seine Arme schlossen sich unwillkürlich noch fester um mich. »Bevor er verschwand, hab ich sein Gesicht gesehen. Seine Augen waren unnatürlich schwarz und seine Eckzähne waren total lang und spitz. Es war beängstigend. « Er versteifte sich und antwortete nicht. »Was ist los? «
»Nichts! « Es klang hart und kühl und machte mir Angst. »Was ist er? « Er sagte immer noch nichts. »Es ist spät du solltest jetzt schlafen. « Sein Tonfall war ernst. Ich stützte mich auf und sah ihn ernst an. » Sag mir endlich die Wahrheit! Ich will das jetzt wissen. «
»Morgen! «
»Ach Morgen Morgen Morgen! Immer nur Morgen! Ich will es JETZT wissen! « Er drückte mich zurück aufs Bett und setzte sich auf. »Ich werde es dir aber JETZT noch nicht sagen! « Er legte sich halb auf mich und machte langsam meinen Gürtel auf. Ich schluckte. Was hatte er denn jetzt wieder vor? Wollte er vom Thema ablenken? Er knöpfte meine Jeans auf und zog sie mir aus. Dann warf er sie zu Boden und legte mir die Decke über den Körper. »Schlaf jetzt! « Er beugte sich über mich und gab mir einen zärtlichen Kuss. Dann ging er zur Tür, knöpfte sich das Hemd zu, drehte sich noch einmal zu mir um und verschwand auf den Flur. Ich sah ihm hinterher und seufzte. Warum musste jedes unserer Treffen so enden. Ich dachte noch eine Weile über alles nach, bevor ich in einen tiefen Schlaf glitt.
»Woran denkst du? « Lilly sah mich besorgt an. Wir waren gerade im Garten und sonnten uns auf den Liegestühlen. »An nichts! Wieso? «
»Du siehst so nachdenklich aus. Hast du irgendwas? « Ich zwang mich zu einem Lächeln und drehte den Kopf zu ihr. »Es ist wirklich nichts. Ich hab mir nur überlegt heute mal in die nächste Stadt zu fahren. Ich brauch unbedingt neue Kleider. « Um ehrlich zu sein hasste ich Shoppen. Immer dieses An- und Ausziehen in diesen mega engen Kabinen machte mich wahnsinnig. Aber ich musste sie irgendwie ablenken. »Shoppen? Ich bin dabei! « Sie strahlte übers ganze Gesicht und ich musste lächeln. Ich hatte nicht damit gerechnet, dass ich sie so schnell zum Schweigen bringen konnte. Es war wirklich einfach. Ich drehte den Kopf wieder gen Himmel und schloss die Augen. »Also ich geh jetzt rein. Ich zieh mich um und dann können wir von mir aus los. « Ich nickte kurz und hörte noch wie sie die Tür aufschob und das Haus betrat. Ich beschloss allerdings noch liegen zu bleiben und genoss die Wärme der Sonne. Irgendwie hatte ich plötzlich das Gefühl, es würde noch wärmer werden. Ich ließ mich aber nicht davon beeindrucken und blieb schön liegen. Als sich allerdings ein Schatten über mich legte und eine warme Hand über meinen Arm fuhr riss ich erschrocken die Augen auf. Jason stand hinter der Liege und grinste von oben auf mich herab. »Na? Schon brauner geworden? « Er grinste immer noch so dämlich. Ich streckte ihm wie eine Fünfjährige die Zunge raus und schloss demonstrativ die Augen. Der Schatten verschwand, allerdings nur um kurze Zeit später wieder aufzutauchen. Ich wurde misstrauig und öffnete die Augen. Jason stand nun komplett über mir und hielt einen Eimer Wasser in der Hand. Ich schoss nach oben und riss die Augen auf. »Ich warne dich! Wenn du das machst, dann…«
»Was dann? Dann bist du nass würde ich sagen. « Er lachte leise über seine offensichtliche Feststellung. »Haha. Sehr witzig. Jetzt stell das Ding ab! « Ich sah ihn fordernd an. »Und wieso sollte ich das tun? «
»Weil…weil…deshalb! « Er grinste immer noch. Ich sah ihn böse an. Es schien ihm sichtlich Spaß zu machen mich zu ärgern. »Vielleicht überlege ich es mir noch…das mit dem wegstellen. Aber nur, wenn du was für mich tust. « Oh. Das klang nicht gut. »Und was bitte schön? « Ich klang etwas genervt und gereizt.
»Ich will dich entführen. Und zwar jetzt. « Er stellte den Eimer ab, griff unter meine Kniekehlen und Schultern und hob mich auf seine Arme. »Hey! Lass mich sofort wieder runter! Ich bin immer noch beleidigt wegen gestern. « Ich zog einen Schmollmund und verschränkte die Arme vor der Brust. Er schmunzelte die ganze Zeit über. Er machte natürlich nicht die geringsten Anstalten mich loszulassen. Er trug mich ins Haus. Auf dem Weg trafen wir auf Lilly, die uns fragende Blicke zuwarf. »Was macht ihr denn da? Wolltest du nicht mit mir shoppen gehen? « Oh. Das hatte ich ja total vergessen. »Daraus wird leider nichts. Ich entführ sie nämlich jetzt gerade. « Er ging einfach an ihr vorbei und ließ sie verdattert stehen. »Wenigstens muss ich jetzt nicht durch die Stadt latschen und irgendwelche Sachen anprobieren. « Er lachte leise. Er kannte seine Schwester wohl ziemlich gut. Auch wenn sie nicht wirklich seine Schwester war. Er lief nach oben in mein Zimmer und warf mir Kleider zu. »Zieh die an. Und komm nach unten an die Haustür. Und wehe du kommst nicht, dann verschlepp ich dich wieder. « Er ging zur Tür und verließ den Raum. Zögerlich zog ich die Sachen an, die er mir gegeben hatte und ging nach unten. Es half ja eh nichts. »Da bist du ja! Also doch auf die friedliche Tour was? « Dieses Grinsen ließ mich fast verrückt werden. Ich äffte ihn nach und zog eine Grimasse. Jetzt musste er laut los lachen und hielt mir die Haustür auf. »Ladys First! « In den Worten konnte man immer noch sein Lachen hören. Ich ging nach draußen und wartete. Er schob mich in Richtung Audi. Wir stiegen ein und fuhren los.
7.
Wir fuhren die ewig lange Waldstraße entlang, bis wir doch tatsächlich auf eine Hauptstraße trafen. Ich war echt beeindruckt…»Wohin fahren wir eigentlich? «
»Keine Ahnung! «
»Was? Du entführst mich und weißt nicht wohin? «
»Mir fällt schon noch was ein. « Er grinste vor sich hin und sah weiter auf die Straße. Das konnte doch wohl nicht sein Ernst sein! »Tja…ich kenn mich hier nicht aus, also kann ich auch keine Vorschläge machen. « Ich grinste ihn nun genauso an, allerdings im ironischen Sinne. Ich verdrehte die Augen und sah ebenfalls auf die Straße. Irgendwie gefiel mir die Tatsache ja, mit ihm allein zu sein. Außerdem hatte er mir noch viel zu erzählen…»Du wolltest mir doch noch was erklären! « Ich sah weiterhin auf die Straße und wartete auf seine Antwort. Im Augenwinkel sah ich wie er sich anspannte. Doch schließlich seufzte er und bog nach links auf einen Feldweg. Was hatte er denn jetzt wieder vor? Wir fuhren den kompletten Feldweg entlang. Am Ende fiel er steil bergab und bot eine wunderschöne Aussicht aufs Meer. Ein Strand! Ich liebte Strände! Ich lächelte freudig. Er hielt am Rand des Strandes und stieg aus. Ich tat es ihm nach und ging sofort über den Sand. Die Sonne brannte heiß auf die hellen Körnchen und ließen ihn etwas schimmern. Es war ein wunderschöner Anblick. Das Wasser war von einem sehr hellen Blau und die Wellen liefen am Rand aus. Es waren keine hohen Wellen, aber ihr Klang hatte etwas Beruhigendes. Ich zog meine Sandalen aus und lief barfuß weiter. Der Sand war ziemlich heiß und ich zwang mich dazu nicht wie eine Irre herum zu hüpfen. Ich sah hinter mich und sah Jason gedankenversunken in meine Richtung schlendern. Er sah vor sich in den Sand. Ich lief weiter ins Wasser hinein und hob meinen Rock. Jetzt wusste ich auch wieso er mir einen Rock gegeben hatte und er hatte doch gewusst wohin wir gingen. Die Wellen schlugen mir bis über meine Knie. Das kühle Wasser tat wirklich gut. Zwei warme Hände umfassten meine Taille und zogen mich an einen noch wärmeren Körper. Stand er etwa mit den Kleidern im Wasser? Also auf jeden Fall hatte er noch seine Jeans an. Er küsste meinen Hals und hielt mich fest umschlungen. Ich schloss die Augen und genoss den Moment. Doch dann ließ er mich los. Ich drehte mich um. Er war verschwunden. Wie konnte er so schnell verschwinden? Und außerdem war der Strand viel zu groß! Ich sah mich um. Er war weg! Einfach weg! »Jason? Jason! Was hast du denn jetzt schon wieder vor? « Plötzlich zog mich Jemand unter Wasser und wieder hoch. Ich schrie laut auf. »Hast du sie noch alle? « Jason lachte sich halb tot. Ich fand das gar nicht lustig. »Du hast mir einen riesigen Schrecken eingejagt! « Ich zog einen Schmollmund und verschränkte die Arme vor der Brust. Er lachte sich immer noch kaputt. Seine Kleider waren komplett nass. Der hatte sie doch nicht mehr alle! Aber irgendwie gefiel er mir so durchnässt…Toll! Jetzt hatte ich mich selbst schon zum Schmunzeln gebracht! Meine Haare klebten nass an meinen Wangen und an meinem Top. Ich hatte Gott sei dank noch den Bikini angelassen. Ich zog mein Top und meinen Rock aus und lief zurück zum Strand. Allerdings nur um sie dort abzulegen. Denn sofort stürzte ich mich wieder ins Wasser und tauchte ab. Ich schwamm ziemlich weit raus. Jason tat dies natürlich auch und irgendwie sah es so aus, als ob er sich ein Wettschwimmen mit mir abhalten würde. Ich war schon immer eine sehr gute Schwimmerin gewesen, deshalb war er nie schneller als ich. Aber irgendwann war auch meine Ausdauer am Ende und ich wollte zurück schwimmen. »Warte! « Er hielt mich am Arm zurück und sah aufmerksam zum Strand. Wir waren ziemlich weit raus geschwommen und ich konnte absolut nichts erkennen. »Was ist denn? «
»Wir können jetzt noch nicht zurück! «
»Warum? « Er seufzte und sah mich an.
»Wir haben Besuch bekommen. « Er sah wieder zum Strand.
»Und wer bitte BESUCHT uns? Ich seh' niemanden. «
»Geschäftsleute meines Vaters. Ich erkläre es dir später. « Er schwamm zurück, ohne auf mich zu achten. Was bildete der sich eigentlich immer ein? Warum wich er meinen Fragen immer so scheiße geschickt aus. GESCHÄFTSLEUTE! Sicher! Die kommen auch einfach mal so an den Strand um IHN zu BESUCHEN. Ich schwamm ihm hinterher. Wir stiegen aus dem Wasser und gingen auf die Männer zu. Jason behielt mich hinter sich, und ich wusste auch sofort wieso. Caleb war auch unter den Männern! Ich erschauderte und sah schnell weg. Die Männer waren alle wunderschön, aber strahlten etwas extrem unheimliches aus. Ich fühlte mich unwohl und blieb immer schön hinter Jason. Ich spürte die Blicke der Fremden auf mir und sah stets zu Boden. »Was wollt ihr? « Jason sah sie abwartend an. »Hm…Dich? « Eine wunderschöne Frau trat hinter einem der Typen hervor. Es waren übrigens 5, wenn ich richtig gezählt hatte. Die Frau hatte ein rotes, eng anliegendes Minikleid an und eine Sonnenbrille auf. Sie grinste Jason schief an. Ich wurde sofort neidisch auf ihre weiblichen Kurven. Sie hatte eine Top-Figur und sinnliche, rote Lippen. Ihre blonden Haare fielen ihr lockig bis zur Mitte ihres Rückens. Sie wehten leicht im Wind. Ihre Bewegungen waren anmutig, trotz High Heels im Sand. Sie trat näher an Jason und betrachtete ihn. »Mit Kleidern ins Wasser? Sexy! « Ich biss die Zähne zusammen und starrte sie wütend an. Endlich bemerkte sie mich und betrachtete mich skeptisch. »Mit Begleitung? Zu blöd. « Sie sah mich arrogant an und dann wieder schmachtend zu Jason. Ich wurde immer wütender. Was fiel der eigentlich ein? »Ein Mensch? Ich dachte du hättest deine Probleme mit diesen Wesen? « Was faselte sie da? War es denn so unnormal ein MENSCH zu sein? »Halt die Klappe Claire! « Jason sprach durch die Zähne und blitzte die Frau an, die anscheinend Claire hieß. Und langsam ging mir ein Licht auf. Es war die BEKANNTE von damals. Ich hatte sie nicht richtig erkannt, da Jason vor ihr gestanden hatte und mir die Sicht zu ihr versperrt hatte. »Und wegen IHR «, sie nickte angewidert mit dem Kopf zu mir, »lässt du dir den Spaß mit MIR durch die Lappen gehen? « Sie lachte kurz auf und schüttelte ungläubig den Kopf. Ich konnte es nicht fassen! »Ist sie deine menschliche Nutte oder was? « Jason zischte laut in ihre Richtung. Sie zuckte vor ihm zurück und sah ihn erschrocken an. Ich tat es ihr nach und wich automatisch einen Schritt zurück. Jason warf mir einen entschuldigenden Seitenblick zu und sah wieder warnend zu Claire. »Warum bist du überhaupt hier? Und warum brauchst du gleich 5 Bodyguards? « Claire sah zu den Typen und schürzte die Lippen. »Hm…weiß nicht? «
»Hast du etwa ANGST vor mir? «, fragte Jason sie spöttig.
»Bestimmt nicht! Aber mein Vater hat mich geschickt um dich zu holen. Und wenn du dich geweigert hättest…naja…ich denke den Rest kannst du dir denken. « Sie lächelte Jason mit einem Himmels-Lächeln an. Ich erschauderte. Ich wollte gar nicht an DEN REST denken! »Tzz! Und was will er von mir? «
»Keine Ahnung! Das hat er nicht gesagt. Komm einfach mit. Deine Nutte kommt einfach mit mir. «
»HÖR AUF SIE SO ZU NENNEN, SONST WIRD ES DAS LETZTE SEIN WAS DU SAGST! « Jason schrie sie mit scharfer Stimme an. Ich war ziemlich überrascht. Sie seufzte nur gelangweilt und drehte sich zu den Typen. Sie ging an ihnen vorbei, und sie folgten ihr. »Entweder du kommst freiwillig mit, oder ich werde dich zwingen. Oder besser, meine Schnuckies werden dich zwingen! « Die Typen grinsten dämlich und drehten sich auffordernd zu Jason. Der sah ziemlich genervt aus und seufzte. »Na gut! « Er nahm mich fest in den Arm. »Du fährst mit meinem Wagen zurück. Ich muss leider mit ihr mitgehen! « Er strich mir liebevoll die Haare aus dem Gesicht. »Aber…ich will nicht, dass du mit ihr gehst! « Ich sah ihn gekränkt an. »Ich muss! Es ist was Geschäftliches. « Ich seufzte und sah ihn mit zusammengezogenen Augenbrauen an. »Dann komm ich mit! «
»Das geht nicht! Glaub mir. Ich bin so schnell wie möglich wieder bei dir. « Er küsste mich auf die Stirn und gab mir seine Schüssel, die ganz nass geworden waren. Ich sah erst zu den Schlüsseln, dann zu Jason und wieder zurück. Doch dann nahm ich sie widerwillig an und löste mich von ihm. Ich nahm meinen Rock und mein Top, ging zum Audi und sah immer wieder zurück zu Jason. Ich sah wie Claire in eine der 2 Limousinen einstieg und Jason in die Andere. Ich stieg in den Audi und fuhr los.
Ich sah, wohin die Limos abbogen und folgte ihnen unauffällig. Sie führten mich direkt zu der Gaststätte. Ich bekam eine unheimliche Gänsehaut und war unentschlossen, ob ich tatsächlich wieder rein gehen sollte. Aber ich wollte wissen, was sie taten. Ich folgte ihnen zum Hintereingang, allerdings immer so, dass mich auch ja keiner entdecken konnte. Weit entfernt und versteckt! Sie gingen einen langen Flur entlang und dann nach rechts durch eine Tür. Ich blieb stehen und wartete, bis die Tür zu war. Ich schlich mich näher ran und lauschte an der Wand. »…Rises hat vor, den nächsten Krieger zu wählen. Und du sollst die Nummer 1 sein. Wir werden das natürlich zu verhindern wissen. Ich glaube es ist Zeit dein Verhalten zu ändern, mein Junge. « Krieger? Rises? Wer war das denn? Verhalten ändern? Ich verstand nur Bahnhof. »Ich werde mein Verhalten nicht ändern, Vlad! Ich will ganz normal leben und nicht zu der Kreatur werden, die ich sein sollte. Ich hab gelernt es zu kontrollieren. Und das werfe ich jetzt mit Sicherheit nicht weg, nur weil DU meinst ICH wäre derjenige, den Rises für den Krieg auswählt. « Das war Jason! Was? Ich verstand kein Wort! Kreatur? Was meinte er damit? Kontrolliert? Ich hoffte, noch mehr zu erfahren, doch genau in diesem Moment hörte ich Schritte im Raum, die ganz eindeutig auf die Tür zukamen. Ich lief wieder um die Ecke und lauschte. Mein Herz raste. Die Tür wurde geöffnet und jemand trat nach draußen. Doch es waren keine weiteren Schritte zu hören. Ich hielt die Luft an und starrte geradeaus an die Wand. Doch dann hörte ich, wie die Tür wieder geschlossen wurde und spähte vorsichtig um die Ecke. Es war niemand mehr zu sehen. Doch um ehrlich zu sein, hatte ich keine Lust mehr wieder fast aufzufliegen. Und wer weiß…vielleicht wartete er ja nur darauf, dass ich wieder zur Tür lief. Deshalb machte ich mich wieder auf den Weg nach draußen.
8.
Als ich den Schlüssel im Schloss hörte stürmte ich zur Haustür. Jason hatte die Tür schon geschlossen und lächelte mich an. Aber seine Augen waren müde…traurig…einfach nicht so glücklich wie sein Lächeln. Ich lächelte zurück und zog ihn an der Hand in mein Zimmer. »Wir müssen reden. « Ich merkte wie er sich versteifte. Doch ich musste es wissen. Alles! Ich setzte mich aufs Bett, doch er blieb stehen. Ich sah ihm an, dass er wusste was ich wissen wollte. »Erzähl mir alles! « Er seufzte, machte aber keine Anstalten mehr nach einer Ausrede zu suchen. »Na gut. Aber ich glaube, wenn du alles weißt, wirst du mich hassen. Aber ich denke jetzt ist es wirklich notwendig. Ich bin nicht der, für den du mich hältst. Ich bin kein Mensch! « Okay…obwohl ich es irgendwie schon geahnt hatte, dass er so was sagen würde, war ich geschockt. Er war kein Mensch…er war kein Mensch! Diese erste Information musste ich erst verdauen. »Ich bin ein…es klingt jetzt seltsam…aber ich bin ein Engel! « Jetzt musste ich unwillkürlich lächeln. »Allerdings…bin ich ein schwarzer Engel. Es gibt weiße und schwarze Engel. Die weißen Engel sind da, um die Menschen zu schützen…vor uns! « Mein Lächeln war verschwunden. »Wir sind schlecht. Wir verkörpern das Chaos. Seit tausenden von Jahren herrscht Krieg zwischen den Engeln. Doch unsere Rasse war schlau. Wir erschufen Wesen, die die Drecksarbeit für uns erledigen sollten. Und zusätzlich unseren Job als Welt-Zerstörer übernehmen. Vampire! « Jetzt atmete ich schwer. Hatte er gerade Vampire gesagt? »Aber die weißen Engel wussten sich schnell zu helfen und erschufen das Gegenstück zu den Vampiren. Werwölfe! Sie töten die Vampire, die auf der Erde ihr Unwesen treiben. Aber Vampire und Werwölfe sind nicht die einzigen Kreaturen, die sich bekämpfen. Wir erschufen weitere Kreaturen, und die weißen Engel erschufen weitere Gegenstücke. Wir erschufen Dämonen, sie Feen. Wir erschufen Geister, was jetzt seltsam klingt, sie erschufen Elfen. Wir erschufen Guhle, sie erschufen Phönixe. Wir erschufen Drachen, sie erschufen Einhörner. Doch Drachen und Einhörner gibt es längst nicht mehr. Der letzte Drache wurde vom letzten Einhorn getötet, und damit gab es keine Verwendung mehr für die Einhörner. Und somit starb auch das letzte Einhorn. Ich weiß, dass das alles jetzt sehr schnell geht, aber ich muss es einfach loswerden, sonst werde ich noch verrückt! « Er raufte sich die Haare und schloss die Augen während er vor mir hin- und herlief. »Schon in Ordnung. Ich hab mir wahrscheinlich eh nicht alles gemerkt. Aber wieso starb das Einhorn, wenn es doch noch andere…BÖSE Kreaturen gab? «
»Einhörner waren nur für die Drachen zuständig so zusagen, Phönixe nur für Guhle und so weiter. Soll ich weiter erzählen? «
»Auf jeden Fall! «
»Okay. Natürlich haben wir auch einen König, genau wie die weißen Engel. Vlad ruft die Kriegstruppen zusammen und bestimmt, wer kämpft und wer noch nicht dafür bereit ist. König der weißen Engel ist Rises. Er hat die gleichen Aufgaben wie Vlad. Vlad ist der Sohn des Teufels, und Rises der Sohn Gottes. Es klingt sehr seltsam ich weiß. Aber es ist so. «
»Okay. Jetzt kenne ich die Geschichte, aber was ist mit der Gegenwart? « Ich musste irgendwie auf das Thema deuten, über das er sich mit Vlad unterhalten hatte. »Es wird wieder zum Krieg kommen. Grundsätzlich hat er nie geendet, doch ich spreche von einem richtigen Krieg. Nicht im Verborgenen. Wir werden Menschen töten. Die Erde wird ein Schlachtfeld werden. Wir werden keine Rücksicht auf euch nehmen. Und ich hasse uns dafür. « Er sah angewidert unter sich. Man sah ihm an, dass er sich für das hasste, was er war. Er sah sich als Monster, als mordende Kreatur ohne Seele. »Ich weiß, dass du nicht so bist. Du wirst keine Menschen umbringen! « Er sah mich verwundert an. »Rises hat mich im Auge. Er will mich als Kriegsführer seiner Armee. Er weiß, dass ich mich nicht normal verhalte für meine Rasse. Ich will kein Monster sein! Genauso wenig wie mein Vater. Claire ist ein Vampir! Sie will mich immer wieder umstimmen, mich endlich meiner Natur zu ergeben und das tun, was ich eigentlich tun müsste. Chaos verbreiten, Menschen und Tiere töten, Spaß daran haben und das natürlich alles mit ihr gemeinsam. Mein Vater und ich versuchen immer wieder Vlad dazu zubringen, keinen Krieg anzufechten. Doch er ist total besessen davon. Er wird alles tun, um mich für sich zu behalten. Doch ich werde nicht kämpfen, zumindest nicht FÜR ihn. «
»Was ist mit deiner Körperwärme? «
»Das hängt mit dem Engelsfieber zusammen. «
»Du bist krank? « Jetzt musste er lachen. »Nein! Ich bin heiß. Das nennt man bei uns Engelsfieber. Es gibt auch Zeiten, da bin ich eiskalt. Das nennen wir Engelsstarre! Die weißen Engel haben das auch. «
»Wann ändert sich das? «
»Das kommt auf unsere Stimmung an. Wenn wir frustriert oder traurig sind, haben wir die Engelsstarre. Sind wir glücklich und zufrieden, haben wir das Engelsfieber. Und…Menschen meiden die Nähe von uns schwarzen Engeln. « Er sah mich forschend an und seine Stimme wurde leiser und vorsichtiger. »Deshalb hat meine Stimmung immer so geschwankt. Ich dachte ich hätte jemanden gefunden, der meine Nähe nicht meidet, und dann bist du doch auf Distanz gegangen. Dabei habe ich mich so unglaublich von dir angezogen gefühlt. Von der ersten Sekunde an. Ich war überglücklich, als du gesagt hast, dass du mich doch willst. « Ich lächelte verlegen. »Ich werde nicht zulassen, dass dir jemand wehtut! « Er kam auf mich zu und zog mich hoch. Er betrachtete mich eingehend mit einem Lächeln auf den Lippen und schob mir eine Haarsträhne hinters Ohr. Mein Herz raste und tanzte, und machte zwischendurch noch ein paar Hüpfer. Er senkte den Kopf und legte seine Lippen sanft auf meine. Er küsste mich sanft und zog mich fest an sich. Meine Beine drohten nachzugeben, doch er hielt mich aufrecht. Ich fühlte mich so frei und vergaß alles um mich herum. Ich hatte das Gefühl zu fliegen, an einen Ort, an dem nur wir zwei existierten.
Es klopfte an meiner Tür. Ich seufzte und stand auf. Jason war schon längst gegangen. Er sagte, er müsste noch etwas mit seinem Vater besprechen. Als ich die Tür öffnete, erstarrte ich. Claire stand vor mir und lächelte mich böse an. »Was willst du hier? « Meine Stimme zitterte, denn ich wusste, dass sie ein Vampir war. Sie kam auf mich zu und ich ging unwillkürlich immer weiter zurück. Sie schloss die Tür hinter sich, ohne den Blick abzuwenden. »Wer hat dich rein gelassen? « Ihr Grinsen wurde immer breiter. Sie kam immer näher, ohne auch nur einen Ton zu sagen. Ich spürte die Wand hinter mir und bekam eine fürchterliche Gänsehaut. Als sie ganz dicht vor mir stand, sagte sie lediglich einen Satz. »Du wirst ihn mir nicht wegnehmen! « Und dann fiel ich in völlige Dunkelheit.
Als ich aufwachte, sah ich nichts als Schwärze. Alles um mich herum war dunkel. Kein einziger Lichtschimmer drang zu mir durch. Ich fing an zu realisieren, was geschehen war. Claire war zu mir gekommen. Und dann wurde alles dunkel. Ich spürte, dass ich auf kaltem, hartem Steinboden lag. Wie…in einem Keller! Ich setzte mich vorsichtig auf und tastete um mich herum, auf der Suche nach etwas, das mir verraten konnte, wo ich mich befand. Doch ich fand absolut nichts. Ich krabbelte langsam nach vorne, um die Wand zu finden. Und ich fand sie. Sie war ungefähr einen Meter vor mir. Ich tastete mich nach oben und drückte mich dagegen. Dann tastete ich mich an der Wand entlang, auf der Suche nach einer Tür. Und auch diese fand ich nach einiger Zeit. Sie befand sich an der gegenüber liegenden Wand. Doch sie war verschlossen. Um ehrlich zu sein, hatte ich auch nichts anderes erwartet. Ich lauschte an der Tür. Alles war still. Ich ließ mich an der Tür runterrutschen und zog meine Beine an meinen Körper. Ich würde wohl noch eine Weile hier festsitzen.
Als ich hörte, wie jemand den Schlüssel im Schloss umdrehte, krabbelte ich schnell zurück und hielt den Atem an. Das Licht, das durch die Tür strömte ließ mich blinzeln. Ich konnte die Augen so schnell nicht öffnen. Doch als ich es endlich fertig brachte, erstarrte ich. Vor mir stand Caleb! Mein Herz hörte kurz auf zu schlagen. So kam es mir zumindest vor. »Na? Endlich wach? « In seiner Stimme konnte ich den Hohn raus hören. Er machte sich über mich lustig. Er kam herein und sah sich im Raum um. Ich tat es ihm unwillkürlich nach. Der Raum war vollkommen leer. Keine Fenster, keine Lampe, NICHTS! »Hm…ganz schön kalt hier drin. Ich glaub ich muss dich etwas aufwärmen. « Ich krabbelte schnell rückwärts an die Wand und drückte mich an ihr hoch. Doch er war schneller. Er stand direkt vor mir. Ich drückte mich so fest gegen die Wand, dass sich ein Stein in der Wand in meinen Rücken bohrte. Ich fühlte, wie das warme Blut meinen Rücken runter lief. Calebs Gesichtsausdruck veränderte sich. Seine Augen wurden schwarz und seine Eckzähne wurden unnatürlich lang. Er war also auch ein Vampir! Jetzt erinnerte ich mich auch wieder an den Tag, als ich ihm das erste Mal begegnet war. Mein Atem ging schneller und ich riss die Augen vor Panik weit auf. Caleb grinste breit und öffnete den Mund. Er konnte seinen Kiefer wie eine Schlange aushängen und fauchte in meine Richtung. Seine Augen begangen zu leuchten. Ich versuchte nach einem Ausweg zu suchen, doch ich fand keinen. Er würde mich töten. Jetzt und hier. Er würde mich aussaugen, bis ich keinen Tropfen Blut mehr in mir hätte. Ich presste die Augen fest zusammen und wartete auf den Schmerz des Bisses. Doch er kam nicht. Stattdessen hörte ich Claires Zischen. »Cal! Was soll das? Hab ich dir nicht gesagt, du sollst sie in Ruhe lassen? Sie gehört mir, verstanden? « Calebs Augen nahmen wieder ihre eigentliche Farbe an und seine Eckzähne wieder ihre normale Länge. Er drehte sich zu ihr um. »Warum? Ich will ihr Blut! Schon seit unserer ersten Begegnung. Sie riecht so gut! « Er drehte den Kopf wieder in meine Richtung und roch an meinem Hals. Ich drehte angewidert den Kopf von ihm weg. Als ich Claires hohes Fauchen und Zischen vernahm, zuckte ich zusammen. Es hörte sich an wie ein Schrei. Caleb verdrehte die Augen und verließ ohne ein weiteres Wort das Zimmer. Oder besser mein Verließ! Claire kam mit schnellen Schritten auf mich zu und schlug mir ins Gesicht. Dabei waren ihre Krallen ausgefahren und zerkratzten meine komplette linke Gesichtshälfte. Es fing an zu bluten, doch bevor sie in Versuchung kommen konnte, verließ auch sie den Raum und schloss ihn ab. Ich stand wie betäubt da und spürte wie mir Tränen in die Augen schossen. Sie liefen mir stumm über die Wangen und tropften auf mein T-Shirt. Ich ließ mich auf den Boden sinken und kauerte mich zusammen. Mein Gesicht brannte wie die Hölle.
Alle paar Stunden kam einer, um mir etwas zum Essen zu bringen. Ich verlor allmählich mein Zeitgefühl. Ich konnte nicht mehr wirklich sagen, wie lange ich schon hier war. Vielleicht 2 Tage, vielleicht 5…
Eines Tages, hörte ich seltsame Geräusche vor der Tür. Ich Stand auf, ich hatte mir inzwischen alles an dem Raum eingeprägt, und ging zur Tür um mehr zu hören. »Ihr habt ihn also endlich gefunden. Hm…da wird unsere kleine Schlampe wohl etwas Gesellschaft bekommen. Schafft ihn rein! « Ich ging nach hinten und hockte mich auf den Boden. Die Tür wurde aufgestoßen und jemand wurde in den Raum geworfen. Dann war die Tür wieder zu und alles stockdunkel. Doch dann wurde es hell. Der Fremde hielt seine offene Hand nach oben und ich konnte die Flamme erkennen, die immer größer wurde. Sie kam aus seiner bloßen Hand. Ich starrte sie mit offenem Mund an. »Hallo. Ich hoffe du fällst nicht gleich in Ohnmacht. Aber ich hasse die Dunkelheit. « Allmählich beruhigte ich mich wieder. Es durfte mich schließlich nichts mehr überraschen. Ich sah in sein Gesicht. Es war wunderschön und lächelte mich freundlich und entschuldigend an. Er hatte blonde kurze Haare und große blaue Augen. Er betrachtete mich eingehend und sah mir schließlich fragend in die Augen. »Sie hat mich entführt…Claire! « Er sah mich mitfühlend an und schüttelte seufzend den Kopf. »Sie sind so grausam. «, sagte er schließlich.
»Wie meinst du das? «
»Schwarze Engel! Und ihre Sippschaft. Sie verbreiten so viel Chaos…sie sind so schrecklich böse. Ich bin froh, dass ich zur anderen Seite gehöre. «
»Also bist du…ein weißer Engel? «
»Ja. Ich bin Jamie. Ich stehe für das Gute. « Er lachte und legte dabei eine Reihe strahlend weißer Zähne frei. Seine Stimme war ebenfalls wunderschön. Das hatten Engel wohl so an sich. Er kam zu mir rüber und setzte sich neben mich. Dann schnipste er mit dem Finger und eine Lampe erschien direkt neben ihm. Er zündete sie mit dem Feuer in seiner Hand an und schnipste ein weiteres Mal. Diesmal erschien eine Lampe neben mir. Er beugte sich über mich und entzündete auch diese. Er roch mindestens genauso gut wie Jason. Er war mir ziemlich nah. Ich fühlte mich plötzlich so sicher. So beschützt. Es war ein komisches Gefühl. »Sie hasst mich am meisten. Ich bin sozusagen Rises rechte Hand und versuche schon seit einer Ewigkeit Jason Stone auf unsere Seite zu ziehen. Er ist anders. Genau wie sein Vater. Ich weiß zwar nicht ob du irgendein Wort von dem Verstehst, was ich dir gerade erzähle, aber deswegen hat sie mich hierher verfrachtet. «
»Mich hat sie auch wegen Jason entführt. Sie will ihn für sich. «
»Du hast etwas mit Jason? Aber...du bist doch ein Mensch! Wie...? «
»Ich weiß es nicht. Ich fühle mich wohl in seiner Nähe. Ich weiß, dass es anscheinend ungewöhnlich ist für einen Menschen. Aber ich habe nicht das Bedürfnis mich von ihm fern zu halten. «
»Das ist seltsam…normal ziehen nur wir euch Menschen an. « Er grinste mich an. Ich musste kichern. »Wie heißt du eigentlich «
»Lisa. Lisa Eliot. Wir sind vor kurzem zu den Stones gezogen. « Er nickte und lehnte sich gegen die Wand. Ich betrachtete ihn lange. Er zog mich tatsächlich irgendwie an. Er drehte den Kopf zu mir und lächelte leicht. Ich sah schnell weg. Irgendwie war es mir peinlich. Ich himmelte ihn ja förmlich an. Im wahrsten Sinne des Wortes…
»Wie geht es Jason eigentlich? «
»Ganz gut. «
»Das ist gut. Weiß er schon…also…dass…? «
»…Rises ihn als Anführer seiner Armee will? Ja. Und Vlad will ihn mit allen Mitteln daran hindern auf eure Seite zu kommen. «
»Das hab ich mir schon so gedacht. Und was meint Jason dazu? «
»Er hat gesagt er würde nicht kämpfen. Zumindest nicht für Vlad! «
»Na das hört sich doch gut an. « Er schien sich keine großen Sorgen zu machen. Als wüsste er, dass er nicht lange hier bleiben muss. »Hör zu. « Er kam näher und sprach jetzt sehr leise. »Wir bleiben nicht mehr lange hier drin. Keine Angst. « Er lehnte sich wieder zurück und lächelte mich verschwörerisch an. Ich schüttelte ungläubig den Kopf und lehnte mich wieder gegen die Wand. Plötzlich spürte ich den stechenden Schmerz in meinem Rücken wieder und stöhnte leise auf. »Was hast du? «
»Nichts. «
»Natürlich hast du was. Oh, du hast ja eine Wunde am Rücken!« Er sah erst mein T-Shirt an und dann mich. Er schob es etwas nach oben und betrachtete die Wunde. ER zog scharf die Luft ein. »Das sieht schmerzhaft aus. Wie ist das passiert? «
»Ich hab mich gegen die Wand gedrückt und ein Stein muss sich in meinen Rücken gebohrt haben als…ach egal. «
»Nein! Sag schon! «
»Als Caleb mich angreifen wollte. «
»Dieses…warte! « Er hielt seine Hand über die Wunde und sah mir in die Augen. Ich konnte den Blick nicht abwenden. Dann spürte ich, wie der Schmerz nachließ und die Wunde verschwand. Ich holte tief Luft und atmete tief aus. »Wie…? «
»Eines unserer Talente! « Er lächelte mich wieder an. Seine Hand lag immer noch auf meinem Rücken. Ich merkte wie ich rot wurde. Er legte den Kopf schief und sah mich eindringlich an. »Was ist denn? «, fragte er neugierig.
»Nichts. Vergiss es. « Ich sah unter mich. »Dein Gesicht ist ja genauso demoliert. « Er schnalzte missbilligend mit der Zunge und hielt die andere Hand über meine linke Gesichtshälfte. Wieder sah er mich eindringlich an und ich hatte keine Chance den Blick abzuwenden. Jetzt waren wir uns sehr nah. ZU nah. Die Wunde heilte und ich spürte nichts mehr. Doch auch diesmal ließ er die Hand nicht sinken. Dann fiel mir etwas auf. »Deine Hände! Sie sind heiß! «
»Ja. Das haben wir…«
»Ja, ich weiß was es ist und was es bedeutet.«
»Das hängt wohl mit dir zusammen. « Und dann geschah es. Er presste seine Lippen auf meine. Ich konnte mich gar nicht dagegen wehren. Und ich wollte es auch nicht. Ich vergaß alles um mich herum. Es war alles so unwirklich. Er hob mich auf seinen Schoß ohne die Lippen von meinen zu lösen. Der Kuss wurde immer wilder. Ich war wie hypnotisiert. Ich konnte nicht mehr klar denken. Alles drehte sich. Doch dann wurde alles wieder ganz klar. Ich entzog mich ihm und stand blitzartig auf. Mein Herz raste. Was taten wir hier? »Ich…nein…wir…es…ich glaub es nicht! « Er sah mich verwundert an. »Es tut mir wirklich Leid wenn…«
»Nein! Vergiss es. Das hier ist einfach nie passiert, okay? «
»Ist es aber. Und ich bereue es nicht. Du hast eine sehr faszinierende Aura. Zum ersten Mal zieht MICH jemand an. « Ich setzte mich in die gegenüber liegenden Ecke und schlang die Arme um die Beine. Ich spürt eine seltsam vertraute Zuneigung zu ihm. Doch ich musste die ganze Zeit an Jason denken. Wieder drehte sich alles in meinem Kopf. »Du hast bereits ernsthafte Gefühle für ihn, nicht? « Darauf war ich nicht gefasst. Ich machte den Mund auf um etwas zu erwidern, doch ich hatte selbst keine Ahnung. Aber konnte ich es denn noch leugnen, nach allem, was passiert war?
9.
Ein lauter Knall ließ mich aufschrecken. Vor der Tür war großes Toben angesagt. Ich krabbelte von der Tür weg. Ich bemerkte wie Jamie sich langsam aufrappelte und zur Mitte des Raumes ging. Er blieb stehen…und wartete. Ich starrte weiterhin zur Tür. Jamie seufzte genervt und verschränkte die Arme vor der Brust. Ich konnte nicht anders und sah ihn verwundert und verwirrt an. In dem Moment wurde die Tür gesprengt und ein prolliger Typ mit grinsender Visage kam rein. »Na endlich! Was hat denn da so lang gedauert? «
»Sorry, aber schneller ging’s nicht. Und außerdem hattest du ja ziemlich nette Gesellschaft so wies aussieht. « Er gaffte mich an als ob ich zum Verkauf stehen würde. »Na und? Und wenn schon. Das heißt noch lange nicht, dass ich hier verrotten will, bis ihr eure Ärsche mal hoch bekommt und fortbewegt. Mit oder ohne nette GESELLSCHAFT! « Okay…er war wirklich äußerst genervt und gereizt. Plötzlich kam er auf mich zu und sah mir fest in die Augen. »Karè! « Danach merkte ich nur noch wie ich zusammen sackte und mich jemand auffing. Dann kam die völlige Dunkelheit.
Mein Schädel klopfte und brummte als hätte ich 10 Tage Dauersaufen veranstaltet. Auch wenn ich nicht wirklich weiß wie sich das anfühlt, aber ich konnte mir es in etwa so vorstellen. Es war schrecklich. Ich öffnete die Augen und hielt meinen Kopf fest, aus Angst er könnte jeden Augenblick explodieren. Ich sah mich um. Ich war nicht in dem dreckigen dunklen Kellerloch. Ich war aber auch nicht in meinem Zimmer. Ich kannte diesen Ort nicht. Ich lag in einem großen Bett in einem großen hellen Zimmer. Ich stand auf und hielt mir immer noch den Kopf. Mir wurde sofort schwindelig und ich sackte zurück aufs Bett. Ich versuchte es erneut mit etwas mehr Erfolg. Ich ging langsam zur Tür und öffnete sie einen Spalt. Ich lugte nach draußen auf einen langen Flur. Ich öffnete die Tür noch ein Stück weiter und schlüpfte nach draußen.
Ich ging eine große Treppe nach unten und horchte. »Diesmal haste aber wirklich nen guten Fang gemacht, was? « Gelächter. »Hör auf mit dem Schwachsinn Li und mach dir lieber mal Gedanken um unsre Armee. Du weißt, dass Rises langsam ungeduldig wird. Er will Vorschläge. Und Vorführungen. Boah wenn ich nur schon an die Vorführschlacht denke könnt ich schon grad kotzen. « Das war Jamies Stimme. »Hey, du bist ein weißer Engel! Du darfst so was nich sagen! « Wieder Gelächter. Es schienen mehrere Männer zu sein. »Ich hab eben gesagt du sollst die blöden Kommentare lassen! VERDAMMT! « Das Verdammt schrie er sehr laut. Das war jetzt irgendwie zweideutig… »Hast du die Liste jetzt schon fertig oder nich? « Uiuiui, der war echt genervt. »Ja…also nein…nich ganz…es fehlen noch 3 oder 4 Engel…und einer davon wäre der Anführer. « Stille… »Hoffentlich kann Rises Jason dazu überreden diese Rolle zu übernehmen. «
»Und was wenn nicht? Wir brauchen Ersatzvorschläge. «
»Aber Rises will nur Jason. Daran können wir auch nichts ändern. Er wird ihn solange bearbeiten bis er zustimmt. Wenn er es wirklich machen würde, wären wir den Bastarden ziemlich überlegen. Er ist absolut der beste Krieger nach Vlad und Rises selbst…Ich hab so was noch nie gesehen…Er könnte der Nachfolger Vlads werden…oder aber auch Rises`…was definitiv besser für die Menschheit wär…« Mir lief es eiskalt den Rücken runter als ich die Bilder vor mir sah…Jason als neuer „Sohn des Teufels“, der die Menschheit…und damit auch mich auslöschen will… »Jetzt mach aber mal en Punkt. Dafür müsste er sich erst einmal für eine Seite entscheiden UND Vlad oder Rises müssten abtreten oder sterben oder sonst was…was so schnell wohl nicht passieren wird…« Inzwischen war ich unten angekommen und ging langsam auf den großen Saal zu, aus dem die Stimmen kamen. Als Jamie mich sah stand er auf und lächelte. Dann wandte er sich wieder den Männern zu. »Okay. Ich denke das war`s fürs Erste. Würdet ihr mich bitte entschuldigen? « Dann kam er auf mich zu und schloss die große Tür des Saals. »Wie geht es dir? « Er sprach sehr leise. »Ganz gut. Mein Kopf brummt etwas…aber es geht. Wo…wo sind wir hier? «
»Auf unserem Anwesen. Also eigentlich Rises Anwesen, aber er hat sich ein neues bauen lassen und uns hier her geschickt. Keine Angst. Du bist hier sicher. « Er strich mir beruhigend über die Wange. »Und wann kann ich zurück? Ich meine…nach Hause? «
»Wann du willst. Ich…hatte allerdings gehofft du würdest noch etwas bleiben und mir Gesellschaft leisten. « Er sah mich bittend an.
»Aber ich muss zu…Jason. Er macht sich bestimmt verdammt Sorgen. Und meine Eltern erst!« Er seufzte ergeben und nickte. »In Ordnung. Aber du wirst wieder schlafen müssen. «
»Wie meinst du das? «
»Wir können dich nicht im wachen Zustand zurück bringen. Niemand darf wissen wo wir leben. Auch du nicht. Tut mir leid. «
»Okay. Bringst du mich zurück? «
»Na klar. « Er lächelte wieder und sah mir fest in die Augen. »Karé! « Und wieder wurde alles dunkel.
10.
»Arikaté! « Ich schlug meine Augen auf und wurde von der Sonne geblendet. Ich lag in Jamies Armen und sah in sein besorgtes Gesicht. »Alles in Ordnung? «
»Ja. Mir ist nur etwas schwindelig aber es geht. « Ich sah mich um. Wir standen vor unserer Haustür. Jamie klingelte und wartete. Als ein ziemlich am Ende aussehender Jason aufmacht, setzte mein Herz aus. Er sah uns erschrocken an. »Was…wieso…was hast du mit ihr gemacht? « Er sah wütend zu Jamie und trat auf uns zu. »Jason…halt…er kann gar nichts dafür. Das war Claire. «
»WAS? Gib sie mir! SOFORT! « Jamie reichte mich sozusagen an Jason weiter. »Schon gut. Ich denke ich kann stehen. « Zögerlich setzte er mich ab und wartete auf das was passieren würde. Ich schwankte etwas, doch da ich mich sowieso an Jason klammerte, konnte ich definitiv nicht umfallen. Er zog mich fest an sich und verbarg sein Gesicht in meinen Haaren. Ich genoss den Moment. »Also…ich denke ich geh dann mal. «
»Ja das wär mal wirklich ne äußerst gute Idee! « Jason sprach durch die Zähne. Ich spürte die Anspannung in seinem Körper. »Jason. Bitte! « Ich sah ihn flehend an. Ich wollte nicht, dass er so auf Jamie reagierte. Er hatte mich schließlich heil zurück gebracht. Claire war die Böse. Nicht Jamie. »Tut mir leid, Kleines. Aber ich kenne seine Tricks. Er wickelt jeden um den Finger. «
»Aber er war sehr nett zu mir. Ohne ihn würde ich jetzt immer noch in dem Kellerloch sitzen. «
»KELLERLOCH? Warte wenn ich diese Hexe erwische zerreiß ich sie in Stücke. « Ich hätte nie damit gerechnet, dass er so wütend sein würde weil mich jemand entführt hatte. Er machte mir irgendwie Angst… »Jamie? Warte. Kommst du mich mal wieder besuchen? « Ich drehte mich zu ihm um. Er war schon ziemlich weit weg. »Na klar! Wenn du schon danach fragst… « Dann drehte er sich um und verschwand. Ich sah Jason forschend an. »Geht’s dir soweit gut? «
»DU fragst MICH ob es MIR gut geht? Die Frage müsste ich wohl eher dir stellen. « Er nahm mich wieder in die Arme, hielt mich aber ein Stück vor seinem Körper und betrachtete mich eingehend. »Was ist mit meinen Eltern? Was wissen sie? «, fragte ich besorgt. »Gar nichts. Wir haben ihre Wahrnehmung manipuliert. Sie haben nicht einmal bemerkt, dass du weg warst. «, erklärte mir Jason. Ich seufzte erleichtert. »Ich denke wir sollten mal rein gehen. « Er nahm meine Hand und zog mich ins Haus. Er zog mich in den Garten und legte sich auf die Hängematte. Er zog mich zu sich und hielt mich fest im Arm. Ich schloss die Augen und genoss seine Wärme. Moment mal… »Du bist ja schon wieder ganz heiß! «
»Ja. Weil ich froh bin dich wieder zu haben, was denkst du denn? « Er lachte leise und ich lächelte. »Was genau ist eigentlich passiert? « Ich erzählte ihm alles…bis auf ein paar Details über Jamie und so… »Calebs Grab ist schon geschaufelt. «
»Ach ja? « Ich klang nicht gerade überzeugt. »Oh ja! Der Typ ist so gut wie tot! Und Claire auch! «
»Sie will dich eben für sich haben. «
»Ich hab ihr aber schon tausend Mal weiß gemacht, dass sie mich nicht haben wird! « Irgendwie war ich in dem Moment echt geschmeichelt. Claire sah so umwerfend aus, und trotzdem hatte ICH ihn in dem Moment. Das war irgendwie sehr beruhigend. »Ich werde dich nie wieder alleine lassen! « Mein Herz im normalen Zustand ___^___^___^___^___^___^___
Mein Herz in dem Moment ______^__^________^_____^___^___^_____^____
Jason strich mir die Haare aus dem Gesicht und küsste mich. Mein Herz in DEM Moment _____________________________________________
Es war so unbeschreiblich. Ich stand auf und legte mich in die Wiese. Gott sei dank war dort Schatten. »Was ist los? Hab ich was falsch gemacht? « Immer diese doofe Frage. »Nein. Ich muss nur noch mal kurz Atmen lernen. «
»Wie meinst du das? « War er wirklich so blöd oder tat er nur so. »Ach vergiss es. « Er stand auch auf und legte sich neben mich. Wir starrten in den Himmel. Er war so schön blau und die Wolken strahlend weiß. Einfach schön. Doch als ich den Fehler machte und ein einziges Mal nach links schaute überkam es mich. Ich rollte mich auf ihn und küsste ihn. Man könnte schon fast sagen ich verschlang ihn. Oh man und er küsste so gut…göttlich! Erst war er etwas überrascht doch er lies es mit sich machen. Ich stöhnte und es war mir egal. Ich schob meine Hand unter sein T-Shirt und wanderte immer weiter nach oben. »Warte! « Ich erstarrte. »Was hast du vor? «
»Ist das nicht offensichtlich? «
»Schon…aber…das geht nicht! « Jetzt war ich verwirrt. Und gekränkt. Wollte er mich doch nicht? »Tut…tut mir leid ich…tut mir leid. « Ich stand auf und lief weg.
Tränen sammelten sich in meinen Augen. Es war so peinlich. Ich rannte die Treppen nach oben, wobei ich stolperte und fast wieder runter geflogen wäre, wenn mich nicht ein starker Arm aufgefangen hätte. Dabei kullerte mir wirklich eine Träne über die Wange. Jason sah mich traurig an und wischte sie weg. »Es tut mir leid…wirklich…aber…wir dürfen das nicht. Es geht einfach nicht. Ich bin ein schwarzer Engel. Und du bist ein Mensch. Wenn…wenn wir das tun würden dann…dann…«
»Dann…was? « Ich sah ihn verständnislos an. Seine Miene verhärtete sich und er sprach sehr leise. »Dann wären wir womöglich für immer mit einander verbunden. Das kann ich dir nicht antun. « Was meinte er denn jetzt damit? »Aber...es wär doch schon einmal fast passiert. Du wolltest das doch auch...oder nicht? «, fragte ich gekränkt. »Ja, schon. Aber ich bin froh, dass du es verhindert hast. Ich hatte mich nicht mehr unter Kontrolle. Du musst wissen…ich habe so was noch nie mit einem Menschen…gemacht. Du weißt ja…sie fühlen sich unwohl in unserer Nähe. Weil die Möglichkeit besteht, dass ihr für immer eine Verbindung mit uns eingeht, dir nur durch den Tod aufgehoben werden kann. Dann wärst du von mir abhängig. Und soweit die Gerüchte Stimmen, verlieren diese Menschen ihren Verstand. «
»Oh. Das klingt nicht sehr verlockend. « Ich entzog mich seinem Arm, der mich immer noch festhielt. »Ich glaube, ich muss das erst verarbeiten. « Ich drehte mich um, steuerte mechanisch auf mein Zimmer zu, schloss die Tür leise hinter mir und schmiss mich weinend aufs Bett.
11.
Ich stand wieder am Strand. Die Wellen liefen beruhigend am Ufer aus. Der Wind zerzauste mein Haar, die Sonne strahlte, der Himmel war schön blau. Ein wunderschöner Tag. Jemand umarmte mich von hinten. Ich lehnte mich an ihn und seufzte zufrieden. Jason drehte mich um und küsste mich. Es war so schön. Doch als er seine Lippen von meinen löste und mich ansah, war es nicht mehr Jason. Es war Caleb! »Na? Genießt du den Tag? Ich hoffe es sehr. Denn es wird dein letzter sein! « Dann wurden seine Augen schwarz und seine Eckzähne länger und er biss meinen Hals.
Mit einem lauten Schrei fuhr ich hoch. »Hey, hey, hey! Was ist denn los? « Jason setzte sich auf und strich mir eine Haarsträhne hinters Ohr. »Was machst du hier? « Ich klang noch etwas unsicher. »Ich konnte nicht schlafen. Da wollte ich nach dir sehen. «
»Aha. « Ich hörte mich selbst kaum so leise sprach ich. Ich sah nach unten und versuchte den Klos in meinem Hals zu ignorieren. »Hör zu…es tut mir wirklich leid wegen gestern. Aber ich will dir das einfach nicht antun. « Ich sah ihn immer noch nicht an. »Ich erkläre es dir genauer wenn du mich endlich ansiehst. « Okay. Damit konnte ich leben. Ich wandte ihm langsam den Kopf zu und sah ihn traurig an. »Es gab immer mal wieder Menschen, die sich auf einen von uns eingelassen haben. Und dadurch entstand fast immer eine physische und auch mentale Verbindung, die nie wieder aufgelöst werden konnte, bis einer der beiden starb. Und diese Verbindung hatte zur Folge, dass der andere ebenso starb. Man ist von einander abhängig, in jeder Hinsicht. Ich denke, das Ausmaß muss ich dir nicht weiter erläutern. Denn es ist nicht nur der Tod, den man teilt. Auch Schmerzen und alle anderen Gefühle verwischen und fließen zusammen. Man ist für immer eins. « Ich wusste nicht, was ich dazu sagen sollte. Das alles war zu viel für mich. »Und...wie genau....entsteht diese Art von Verbindung?« Er lachte leise. »Du willst also ganz genau wissen, was wir dazu tun müssten?« Die Art, wie er mich das fragte und wie er mich dabei ansah ließ mir die Röte ins Gesicht schießen und eine unglaubliche Hitze breitete sich in meinen Unterleib aus. Sein wahnsinnig stechender Blick durchbohrte meinen und er hatte ein schiefes Grinsen auf dem wunderschönen Gesicht. Das Atmen viel mir deutlich schwerer. »Ich denke, das war Antwort genug. Die Einzelheiten würden jetzt wohl nicht weiterhelfen...«, antwortete ich atemlos. Er lachte wieder leise. Aber sein Blick veränderte sich leicht. Es lag nun ein Hauch Bedauern darin. »Das denke ich auch. « Ich stand auf und er tat es mir nach. Mit seiner Hand fuhr er mir über die Wange, was mir eine Gänsehaut bereitet, denn diese Geste hätte nicht zärtlicher sein können. Genau wie der Kuss, den er mir auf die Stirn hauchte, bevor er das Zimmer verließ. Ich ging mit einem Seufzen aus dem Zimmer und sofort ins Bad. Ich nahm eine heiße Dusche und putzte mir die Zähne. Dann kämmte und föhnte ich meine Haare und ging nach unten. »Hey! Da bist du ja wieder! Wir haben uns alle so große Sorgen gemacht! « Lilly umarmte mich und betrachtete mich von oben bis unten. »Geht’s dir gut? «
»Ja. Ja…alles bestens. « Doch sie wäre nicht Lilly gewesen, wenn sie die Lüge in meiner Stimme nicht gehört hätte. »Magst du erzählen? «
»Nein. Schon gut. Wo sind denn eigentlich die anderen alle? «
»Die sind alle zum Strand. Deine Eltern und deine Schwester haben ja nichts mitbekommen, genau wie die Zwillinge. Die sind noch zu klein und wissen noch nichts von Jason und Luther und dem ganzen übernatürlichen Kram. Wir andern allerdings schon. Und jetzt wohl auch du. Und was Claire angeht...Sie wird dafür bezahlen, versprochen. «
»Mmh. « Ich zwang mich wieder zu lächeln und ging an ihr vorbei zum Kühlschrank. Ich nahm mir einen Joghurt und aß ihn in Zeitlupe auf. Dann fiel mein Blick auf die Zeitung und die Titelseite.
Verwüstung in New York
Ein Teil der Stadt wurde gestern Abend gegen 22:00 Uhr auf unerklärliche Weise zerstört, als ganze Wohnblöcke und Hochhäuser einstürzten. Die Zahl der Toten und Schwerverletzten ist bis zu diesem Zeitpunkt nicht bekannt. Schätzungen zufolge liegt die Zahl im vierstelligen Bereich. Die Ursache ist noch nicht geklärt. Laut Einsatzkräften vor Ort scheint es sich möglicherweise um Fremdeinwirkung zu handeln, was einen Terroranschlag vermuten lässt…
Mein Gehirn schaltete sofort. Der Krieg wird doch nicht schon angefangen haben? New York war zwar ziemlich weit weg von hier aber... Jason zufolge würde die ganze Welt zum Kriegsfeld werden. Mit anderen Worten…das war erst der Anfang…
12.
»Lisa? Lisa hörst du mir überhaupt zu? « Lilly wedelte mit der Hand vor meinem Gesicht herum und sah mich fragend an. »Was? Äh…klar. «
»Sicher. Und was hab ich gesagt? «
»Ähm….keine Ahnung.« Ich sah sie entschuldigend an und rührte in meinem Kaffee. »Man Lisa. Jason kommt ja gleich wieder. «
»Wie kommst du jetzt auf Jason? «
»Komm schon…als ob es noch was anderes gäbe was dich im Moment interessiert. « Ich seufzte und trank einen Schluck. »Ich denke nicht an Jason…ich denk an jemand anderen. « Lilly kniff die Augen skeptisch zusammen und sah mich prüfend an. »Und wer vernebelt deine Gedanken gerade? «
»Jamie. Er hat mir geholfen als ich bei Claire war. Er ist echt nett. Ich frag mich wo er gerade ist und was er macht…«
»Jamie? Von der anderen Seite? «
»Was? «
»Von den Weißen? «
»Ach so…ja der…«
»Ich kenn ihn zwar nicht besonders gut, aber ich muss sagen du hast wirklich Geschmack…«
»Was soll das denn jetzt heißen? Ich würd ihn nur gern mal wieder sehen. «
»Ja sicher…also wenn du willst kann ich dir ein Date verschaffen…« Sie trank ebenfalls einen Schluck. »Ich will aber kein Date! Ich würd ihn aber schon gern mal wieder treffen…« In dem Moment klingelte es an der Tür. Lilly hüpfte aus der Küche und rief durchs ganze Haus. »Ich koooommeeeeee!!!!! « Ich verdrehte die Augen und trank weiter an meinem Kaffee. »Sieh mal einer an wer da für dich ist. Ist das nicht 'en toller Zufall?! « Lilly strahlte und grinste übers ganze Gesicht und kam mit Jamie im Schlepptau zurück. »Jamie! Wie schön! « Ich stand auf und umarmte ihn gefühlte 2 Stunden. »Ich hab gerade an dich gedacht. Was verschafft mir die Ehre? « Wir setzten uns alle wieder an den Tisch und Lilly machte gerade eine frische Kanne Kaffee fertig. »Ich wollte dich wieder sehen. « Er lächelte mich freundlich an und zwinkerte mir zu. »Freut mich…Hast du was Neues von Claire gehört? «
»So wie´s aussieht ist sie untergetaucht. Sie hat bestimmt schiss vor Jason. Er würde sie wahrscheinlich auch in Stücke zerreißen wenn er sie sehen würde. Verständlich…« Er schenkte mir einen vielsagenden Blick und nippte an der Tasse Kaffee, die Lilly ihm gerade hingestellt hatte. »Ich hab ganz vergessen, dass ich noch was zu erledigen hab…tut mir leid ich muss weg! « Lilly eilte aus der Küche und kurze Zeit später hörte ich die Eingangstür auf und wieder zu gehen. »Na die hatte es aber eilig…naja…wie geht’s dir eigentlich? «, fragte ich ihn. Ich strahlte ihn an und nippte ebenfalls an meiner Tasse. Er beäugte mich von oben bis unten und sah etwas verträumt aus. Ich merkte wie ich rot wurde und schaute nach unten. »Du faszinierst mich immer mehr weißt du das? « Er saß direkt neben mir und strich mir eine Haarsträhne aus dem Gesicht. Er inspizierte mein Gesicht und meine Haare und sonst eigentlich auch alles an mir. Er saß so nahe, dass ich seinen Atem auf meiner Schulter spüren konnte. Mein eigener Atem ging automatisch schneller und ich konnte nicht anders, als ihn anzusehen. Sein Blick glitt zu meinem und gewann noch mehr an Glanz. Er kam immer näher und ich konnte mich einfach nicht dagegen wehren. Er zog mich in seinen Bann und ließ mich nicht wieder los. »Tut mir leid…ich kann einfach nicht anders. « Seine Worte waren lediglich ein Hauchen und seine Lippen nur noch einen halben Zentimeter von meinem entfernt, da hörte ich einen erstickten Laut hinter uns und mein Kopf schnellte herum. In der Tür stand Jason und starrte uns geschockt, enttäuscht und wütend an. »Wie ich sehe störe ich wohl. Tut mir außerordentlich leid! « Er drehte sich um und verschwand schnellen Schrittes nach oben. »Das war nicht meine Absicht. Ich wollte nicht…«
»Schon gut. Ist nicht deine Schuld…sondern meine…« Ich stand auf und folgte Jason nach oben. Ich zögerte etwas, bevor ich schließlich zaghaft an seine Tür klopfte. Als ich keine Antwort bekam rief ich nach ihm und als ich immer noch nichts von ihm hörte, öffnete ich langsam die Tür und trat einen Schritt in sein Zimmer. »Jason? « Er lehnte am Fenster und starrte nach draußen. Ich traute mich nicht näher zu kommen, weil ich Angst hatte er wäre immer noch so wütend wie er eben ausgesehen hatte. Aber er sah eher traurig aus, was mich selbst runter zog. »Ich…weiß ehrlich gesagt nicht, was ich jetzt sagen soll…«
»Dann sag nichts. « Er starrte weiter aus dem Fenster und rührte weder sich noch seinen Blick. »Bist du…bist du böse auf mich? « Ich hörte mich wirklich an wie eine 4 jährige, die gerade eine Tasse hatte fallen lassen und Angst hatte, dass ihre Mutter ihr böse war. Sein Kopf drehte sich langsam zu mir. Endlich sah er mich an, auch wenn mir sein Blick nicht gefiel. »Böse? Nein. Eher enttäuscht. Ich dachte…ich dachte wirklich…ach vergiss es. « Und sein Blick glitt wieder nach draußen. Jetzt ging ich auf ihn zu und stellte mich genau neben ihn um ihn anzusehen. Ich ertrug diesen Ausdruck in seinen Augen nicht mehr. »Jason? Bitte sieh mich an…bitte! « Ich legte ihm eine Hand an die linke Wange und drehte seinen Kopf zu mir. Er lies es ohne Widerstand zu und sah mir unverwandt in die Augen. »Was ist an ihm so toll? « Auf diese Frage war ich nicht vorbereitet. Ich wusste beim besten Willen nichts darauf zu antworten. »Ich will nichts von ihm…falls du das meinst…« Ich hatte meine Hand schon wieder weggezogen und sah nun selbst aus dem Fenster. »Ach nein? Das sah aber ganz anders aus eben. «
»Ich weiß…ich wusste selbst nich was ich da tat. Er wollte mich küssen und ich wusste nicht was ich tun soll…ich war verwirrt. Aber ich will nichts von ihm. « Jetzt sah ich ihn wieder an und war erleichtert, als ich sah, dass sein Blick wieder etwas entspannter war. Wir sagten eine Weile nichts und sahen uns nur an. »Und jetzt? Wie soll`s jetzt weiter gehen…ich meine…mit uns? «, fragte er schließlich.
»Ich weiß nicht…« Ich starrte den Boden an und kam mir sehr naiv vor in dem Moment. Dann umfasste er mit beiden Händen meine Taille und zog mich zu sich. »Du kannst mir nicht ewig weglaufen, Baby! « Ich musste grinsen, weil das so schauspielerisch klang. Und sein schiefes Lächeln brachte meine Beine wieder zum wackeln. Mir wurde sogar etwas schummrig vor Augen und ich musste blinzeln. Er schien sich köstlich darüber zu amüsieren wie ich ihn anhimmelte, denn er konnte mit dem Schmunzeln nicht mehr aufhören. Er nutzte es förmlich aus mich verrückt zu machen, denn seine Hände wanderten von meiner Taille unter mein T-Shirt und den Rücken hoch. Mein Herz fing mal wieder an zu rasen und mein Atmen ging dreimal so schnell wie vorher. Alles was vorher passiert war schien vergessen. Er neigte den Kopf zu meinem Ohr und zog mich noch enger zu sich. »Weißt du eigentlich, dass ich auch ganz anders sein kann? Ich meine…ich kann verdammt gut verführen…Diese Seite mag ich viel lieber als die andere…« Er knabberte an meinem Ohr und küsste meinen Hals. Ich schloss genüsslich die Augen und lehnte mich an ihn. Scheiße, konnte der sexy sein…er war es zwar im Grunde immer aber in DEM Moment war er so heiß, wie ich ihn noch nie erlebt hatte. »Ich dachte…ich dachte wir dürfen das nicht…« Dieser Satz brach die Hitze in der Luft. »Das stimmt auch…« Er ließ etwas von mir ab und seufzte tief. »Aber es macht solch einen Spaß. « Er lächelte gezwungen und der alte Jason war wieder da. Ich seufzte ebenfalls und setzte mich auf sein Bett. »Darf ich heute bei dir schlafen? « Ich sah zu Boden und zog Linien mit dem Fuß. Er lachte leise und kam auf mich zu. »Du darfst alles, Lyrá. «
»Lyrá? «
»Ja, das ist ein Ausdruck der Engel und bedeutet so viel wie “Liebling“.« Sein Lächeln war warm und vielsagend. Ich legte mich aufs Bett und zog Jason zu mir, um
mich an seine Brust zu kuscheln und schloss die Augen. Ich war ziemlich geschmeichelt, dass er mir dieses Kosewort gab. »Du bist wieder so heiß. «
»Ja…weil´s mir gerade ziemlich gut geht. « Er streichelte mir über die Haare und hielt mich fest im Arm. Ich dachte an Jamie, der doch eigentlich noch unten sein musste und sicher wartete. Doch ich war so müde, dass ich nach ein paar Minuten direkt einschlief. Und ich wusste, dass mir nichts passieren konnte, so lange Jason bei mir war…
»Lisa!« Die Stimme flüsterte meinen Namen bestimmend und hallte in meinem Kopf wider. »Lisa!« Sie hörte einfach nicht auf meinen Namen zu rufen. Vor meinem geistigen Auge erschien eine Schattenhafte Kreatur. Ich sah lediglich die Umrisse des männlichen Körpers und…seinen Flügeln! Das Ding hatte Flügel! Er schien mir so unmenschlich, dass ich keine andere Bezeichnung hatte als “Ding“. »Komm zu mir! « Die Stimme war unheimlich und die Gestalt sah auch genauso aus, aber ich hatte einen seltsamen Drang ihr zu gehorchen. Ich bewegte mich auf sie zu. Das Ding streckte eine Hand nach mir aus. »Komm! Komm zu mir! Ja! Bleib nicht stehen! Geh weiter! Komm! « Alles um uns war schwarz und das Ding nahm plötzlich Gestalt an. Es war komplett in schwarz gekleidet und hob sich kein Stück von unserer Umwelt ab. Nur sein Gesicht und seine Hände waren weiß. Die Hände waren zu Klauen gekrümmt und hatten lange schwarze Krallen. Seine Augen glühten so rot, dass es schon in den Augen schmerzte. Doch selbst das konnte mich nicht davon abbringen es anzustarren. Die Flügel hoben sich ebenfalls nicht von der Umwelt ab. Alles war Pech schwarz…Ich schwebte förmlich zu ihm hin. Ich sah, wie sich sein Mund verzerrte und ein triumphierendes Grinsen entstand. Alle Zähne waren lang und spitz. Ich hätte schreiend vor ihm wegrennen müssen, doch ich stand plötzlich unmittelbar vor ihm und rührte mich nicht mehr. Seine Hände schnellten in einer so hohen Geschwindigkeit hervor um mich am Hals zu packen, dass ich es nicht einmal wahrnahm. Ich wehrte mich nicht, als es mir die Luft abschnürte und mir den Boden unter den Füßen wegriss. »Du gehörst mir! Und niemandem sonst! Du wirst ihm niemals verfallen! Er wird dich niemals besitzen! Du gehörst mir! Mir ganz allein! Wenn er dir noch einmal zu nahe kommt, wird er sterben! Nur ich darf dich anfassen! NUR ICH!« Mir wurde noch schwärzer vor Augen, als es ohne hin schon war. Und dann glitt ich in den tiefsten Schlaf, den es gab…
Jason
Der Wald lag in tiefster Stille. Man konnte nicht einmal Vögel oder andere Tiere hören. Als wäre man taub. Mein Gehörsinn war zwar 10-mal so ausgeprägt wie der eines Menschen, aber ich konnte absolut nichts hören. Nicht einmal den Wind. Sie hatte alles, was auch nur im Geringsten hätte zu hören sein müssen, erstummen lassen. Verdammt! Ich durfte es nicht laut aussprechen, aber ich war nah dran. Ich musste diese Hexe zu fassen bekommen. Dann würde sie bezahlen. Ich sprang von meinem Baumversteck und landete lautlos und weich auf dem Waldboden. Ich ging langsam und hochkonzentriert auf den Felsen zu, der im hintersten Teil des Waldes lag. Ich konnte sie nicht einmal riechen…einzig und allein mein Instinkt sagte mir, dass sie sich hier irgendwo verkrochen hatte. Ich war am Felsen angekommen und suchte das uralte Gestein nach verräterischen Spuren ab. Aber ich fand rein gar nichts. Ich ging langsam an der Felswand entlang und suchte nach dem Spalt. Und ich fand ihn auch. Ich presste mein Gewicht gegen den Stein und brachte ihn in Bewegung. Ein Kinderspiel. Selbst das machte absolut keine Geräusche. Sie hat wirklich an alles gedacht…Bei dem Gedanken, wie hilflos und ängstlich sie wohl sein musste, konnte ich nicht anders und grinste so breit, dass ich fast schon anfangen musste laut zu lachen. Ob man das gehört hätte?… Ich lief durch die stockfinstere Höhle und konnte immer noch nichts hören. Das konnte anstrengend werden…Meine Augen sahen trotz Dunkelheit alles perfekt und führten mich durch die langen Gänge. Ich versuchte immer meinem Instinkt zu folgen und kam schlussendlich in einen runden großen Raum. Zu meiner Verblüffung waren Stahltüren in die Felswand, die sich rundum erstreckte, eingebaut. Sechs an der Zahl. Ich sah mir alle genau an und entschloss mich für die, die direkt vor mir lag. Ich blieb vor ihr stehen und betrachtete die Einarbeitung des Stahls ganz genau. Schusssicher. Explosionssicher. Wasser- und Feuerdämmung. Aber sicherlich nicht sicher vor mir…Ich hob meine Hände und fühlte die Kraft, die sich in meinen Fingerspitzen sammelte. Meine Augen glühten und meine Konzentration galt alleine der Tür. Meine Hände wurden eine Sekunde lang eiskalt, nur um Eisstrahlen gegen die Tür zu feuern. Trotz Eis glühten nun auch meine Hände. Das Eis breitete sich ziemlich schnell über die gesamte Front der Tür aus. Ich lies meine Konzentration fallen, als die Tür komplett vereist war. Mit einem gezielten tritt gen Tür brach diese in tausend Brocken und lies mich in das Höhlenzimmer treten. Dort erwartete mich eine geschockte und panische Claire. »Das hast du wohl nicht mit einberechnet, was? « Sie starrte mich an und rührte sich kein bisschen. Zu meiner Überraschung war meine Stimme laut zu hören. Sie hallte in den weiten und hohen Höhlen wider und klang verdammt bedrohend für jemanden, der dachte er wäre hier vor mir sicher. »Wie…« Die Entrüstung in ihrer Stimme amüsierte mich und ich konnte das Schmunzeln nicht mehr zurück halten. »Tja…du solltest mich nicht unterschätzen Claire. Und dein Vater kann dir jetzt auch nicht mehr helfen. Du bist bereits tot! « Innerhalb einer halben Sekunde stand ich unmittelbar vor ihr, packte sie mit einer Hand am Hals und drückte sie die Wand hoch. Sie keuchte und versuchte sich zu befreien, aber sie hatte keine Chance. Ich war dreimal so stark wie sie. »Du hättest es niemals wagen dürfen sie auch nur anzufassen, du Miststück! Nun ja…dafür wirst du nun sowieso nie wieder Gelegenheit haben! Wenn ich mit dir fertig bin, kannst du deiner Verwandtschaft namens Kaminasche einen schönen Gruß von mir ausrichten und ihr schön Gesellschaft leisten. « Doch leider gab es eine winzig kleine Unterbrechung. Unzählige Schüsse fielen und trafen meinen Rücken. Ich keuchte auf und lies Claire los. Sie nutzte die Gelegenheit und tauchte unter mir hinweg um abzuhauen. Ich drehte mich ruckartig um und ab da war ich nicht mehr aufzuhalten. Ich wurde rasend vor Wut. Mein Körper fing an sich zu verändern. All meine Muskeln spannten sich vollends an und meine Augen fingen an zu brennen. Sie glühten und brannten sich förmlich in Claires Wachen. Ich knurrte und kauerte mich zusammen. Meine Hände verformten sich zu hässlichen gefährlichen Klauen und warteten auf meinen Befehl zuzuschlagen. Meine Zähne wurden spitz und lang und mein Mund verzerrte sich zu einer hässlichen Fratze. Das Biest in mir kam zum Vorschein! Ich hörte wie sie schluckten und roch ihre erbärmliche Angst. Ihre Körper zitterten und ihre Arme hatten große Mühe die Waffen zu halten, die bebend auf mich gerichtet waren. Mein Mund verzerrte sich zu einem wissenden Grinsen. Diese Maskottchen waren doch ein Kinderspiel. Als ob sie mich daran hindern könnten Claire endlich in Stücke zu reißen. Ihr Vater war mir dabei sowieso egal. Ich fauchte in Richtung der kleinlauten Männer und war entzückt als alle synchron zusammenzuckten. Alles reine Zeitverschwendung. Claire würde mir nicht mehr entkommen! Mit einem Satz sprang ich auf die hilflosen Männer zu und verpasste allen einen Hieb mit meinen Klauen, der sie sofort außer Gefecht setzte. Wenn sie Glück hatten waren sie nur Schwerverletzt, aber ich bezweifelte, dass es allen so erging. Mit einer Geschwindigkeit, die für das menschliche Auge nicht zu erfassen war, raste ich aus der Höhle. Ich roch sie überall. Sie hatte wahnsinnige Angst. Nein…sie hatte Panik! Ein Genuss für meinen Geruchssinn…Anscheinend fielen ihre Schutzzauber zusammen, die alles verhüllen sollten. Dann wurde ich langsamer, bis ich nur noch schlich. Ich wusste genau wo sie war. Ich bleckte die Zähne und visierte ihr Versteck an. Sie stand an einen Baum gepresst und versuchte nicht zu Atmen. In diesem Moment war sie nicht mehr, als ein kleines Häufchen Elend. Sie war genauso ängstlich wie ihre Maskottchen. Menschen! »Erbärmlich! « Ich musste auflachen. Es schallte durch den Wald und erschuf eine düstere Atmosphäre. Ich hörte wie sie wimmerte, als sie mich hörte, ging auf sie zu und blieb auf der anderen Seite des Baumes stehen. Sie sah sich verzweifelt um. Mein Körper hatte sich wieder normalisiert. Blitzschnell schossen meine Arme um den Baum herum und legten sich um ihren Kopf. Ich schlug ihn mit voller Wucht gegen den Baumstamm und stand plötzlich vor ihr, um ihr wieder den Hals zuzudrücken und grinste sie an. »Weißt du eigentlich wie hässlich du gerade bist? Du bist nichts im Gegensatz zu ihr! Du-bist-NICHTS! Als ob ich jemals irgendwas an dir gefunden hätte….tz. Naives kleines Miststück. « Ich schüttelte verächtlich den Kopf und zog an ihren Haaren, so dass ihr Kopf nach hinten gebogen und ihr Hals freigelegt wurde. »Wie soll ich dich töten? Soll ich dir die Kehle rausreißen? Oder erst deine Gliedmaßen? Oder dich langsam verbrennen lassen? Oder alles in anderer Reihenfolge? «
»Bitte…bitte ich flehe dich an…tu das nicht! BITTE! « Ihr Wimmern fing an mich richtig in Fahrt zu bringen. Je mehr sie jammerte, desto größer wurde die Lust sie zu zerfleischen. »Hast du etwa Angst? « Mein Grinsen wurde immer größer. Jetzt fing sie auch noch an zu heulen. »Noch irgendwelche letzten Worte? « Jetzt veränderte sich ihr Gesichtsausdruck. Sie sah doch tatsächlich wütend aus! »Fahr zur Hölle! «
»Oh…liebend gern…ich meine…da komm ich schließlich her! « Dann beschloss ich es einfach hinter mich zu bringen und entschied mich für die Kehle. »Ich hoffe es hat sich wenigstens gelohnt dafür zu sterben du Schlampe! « Und dann rammte ich meine Zähne in ihren Hals und riss ihr Fleisch heraus. Dann warf ich ihren schlaffen Körper über die Schultern und trug sie zur Lichtung, die nicht weit entfernt lag. Dort ließ ich sie wie einen nassen Sack zu Boden fallen, ließ Feuer durch meine Fingerspitzen jagen und verbrannte ihre Überreste. Die Flamme war ziemlich beeindruckend, da Vampirhaut überaus entzündlich war. Ich sah noch kurz zu, wie ihr Körper zu Asche fiel und verließ dann den Ort des Geschehens. Mein Gesichtsausdruck war nun völlig emotionslos. Mission erfüllt…
13.
Ich betrat das Haus und beschloss erst einmal lange zu duschen. »Hey, Jason. Na? Wo warst du? Oh mein Gott...Warum ist dein Mund so blutverschmiert?« Lillian kam auf mich zu und musterte mich schockiert und besorgt. »Ich musste noch was erledigen. Etwas, was schon längst fällig war…« Ich sah sie vielsagend an und ging geradewegs an ihr vorbei nach oben, ohne ihre Antwort abzuwarten.
Die Dusche tat verdammt gut. Als ich fertig war zog ich mich an, schrubbte mir die Haare etwas trocken und beschloss nach Lisa zu sehen. Ich öffnete die Tür und fand ein leeres Zimmer vor. Dann schaute ich noch in ihrem eigenen Zimmer nach. Ebenfalls leer. Ich setzte meinen Weg nach unten fort und vernahm Stimmen vom Garten. Mein Vater musste dort mit Lillian und den Kindern sitzen. Vielleicht war Lisa ja auch bei ihnen. Aber auch dort war sie nicht. »Weiß einer von euch, wo Lisa ist? « Ich bekam nur Kopfschütteln als Antwort und versuchte es in der Küche. Und wieder 'ne Niete…wo steckte sie bloß? Im Esszimmer war sie auch nicht…blieben nur noch das Wohnzimmer, der Partykeller und unser Musikzimmer, dass sie eigentlich noch gar nicht kannte, soweit ich wusste. Wohnzimmer und Partykeller waren ebenfalls Fehleinschätzungen. Also versuchte ich es mit dem letzten möglichen Ort. Ich ging wieder nach oben durchs Esszimmer und Wohnzimmer und vernahm schon Musik. Jemand spielte auf dem Flügel. Es war eine sehr schöne Melodie. Ich öffnete langsam und leise die Tür und lugte hinein. Lisa saß am Flügel und bemerkte mich nicht. Die Melodie war leise und schön…und dann wurde sie lauter…und lauter…und verzerrt…und ihr Gesichtsausdruck veränderte sich mit der Musik. Als das Stück noch schön war, lag keinerlei Emotion auf ihrem Gesicht. Doch jetzt war es verzerrt und starrte ins Leere. Sie sah seltsam wütend aus. Das Stück hatte keine Melodie mehr und war nur noch laut, schnell und hässlich, als würde sie nur noch auf die Tasten einschlagen. »Lisa! Was wird das? « Ich sah sie verwirrt an. Ihr Kopf schnellte hoch und ihre Finger knallten in die Tasten. Als kein Ton mehr zu hören war, war auch wieder alle Wut aus ihrem Gesicht verschwunden, aber sie sah immer noch seltsam aus. So…leer…»Wann hast du das Zimmer entdeckt? « Sie gab mir keine Antwort, starrte mich nur ohne jeglichen Ausdruck an. »Lisa? Alles in Ordnung? « Ich ging auf sie zu. Sie sprang auf und wich zurück. Immer noch keine Regung in ihrem Gesicht. Alles kalt. Was war nur mit ihr los? »Ist irgendetwas vorgefallen? Bist du sauer, weil ich einfach weg war heute Morgen ohne dir Bescheid zu sagen? « Immer noch nichts. Keine Regung. Langsam machte ich mir echt Sorgen. Ich streckte meine Hand nach ihr aus. Sie schlug sie einfach weg und war plötzlich wieder wütend und…angewidert? »FASS MICH NICHT AN! « Ich starrte sie fassungslos an. Was hatte ich denn bloß getan? »Was hast du denn auf einmal? « Und wieder einmal war nichts mehr in ihrem Gesicht zu lesen. Ihre Augen hatten keinen Glanz mehr. Sie stand da wie...in Trance…Dann ging sie einfach an mir vorbei und verließ das Zimmer. Ihr Gang war genauso seltsam wie ihr Verhalten. Was war denn jetzt los? Ich verstand gar nichts mehr und beschloss total verwirrt mich zu den anderen zu gesellen.
»Jason? Alles in Ordnung mein Sohn? « Mein Dad sah mich besorgt an und wartete auf meine Antwort. »Eigentlich ja…«
»Aber…? « Ich seufzte tief. »Lisa. Sie…ist so komisch…gestern war noch alles in Ordnung…aber eben…Sie schrie mich an ich solle sie nicht anfassen und sah so merkwürdig kalt aus. Irgendwas stimmt nicht mit ihr…« Ich sah nachdenklich auf den Tisch und spielte nervös mit einem Apfel. »Hm…ich weiß was du meinst…sie sah eben ziemlich merkwürdig aus, als sie an mir vorbei ging. Lilly ist das auch aufgefallen. Ihr Blick war so…abwesend und…leer. « Meine Schwester nickte zustimmend. Bei seinen Worten wurde ich immer nervöser und rutschte unruhig auf meinem Stuhl herum. »Was hat sie bloß…? « Ich kaute auf meiner Unterlippe herum und versuchte vergebens eine logische Erklärung für ihr Verhalten zu finden. Irgendetwas musste passiert sein, als ich weg war…Nur was?…
Lisa
»Lisa! « Ich starrte in den Spiegel und wollte wissen was ER mir zu sagen hatte. »Liebling! Ich will, dass du zu mir kommst. Sofort! Ich warte im Wald auf dich. Du wirst mich schon finden…« Ich zögerte keinen Augenblick und verließ das Haus.
Ich ging tief in den Wald und wollte unbedingt zu ihm. Mein Gebieter. Mein Herr. Mein Geliebter! Ich ging immer weiter und weiter. Und dann sah ich ihn. In seiner ganzen Vollkommenheit. Seiner ganzen Pracht! Schwarz…er war vollkommen in Schwarz gehüllt. Er starrte mich mit schwarzen funkelnden Augen an und winkte mich zu sich. Meine Schritte wurden schneller und mein Blick verharrte auf seinem Gesicht. Das Grinsen, das auf seinem Gesicht lag, wurde immer breiter. Seine Zähne blitzten hervor. Er sah verändert aus. Seine Hände waren normal…keine Klauen. Und seine Zähne, bis auf die Eckzähne, nicht mehr spitz und lang. Er war so wunderschön. Er strahlte eine unmenschliche Macht aus. »Geliebte! Endlich! Ich hab schon sehnsüchtig auf dich gewartet. « Er streckte die Hand nach mir aus und ich griff danach. Sie war kalt. Eiskalt. Er zog mich zu sich und betrachtete mich. Sein Lächeln blieb immer beständig. »Du bist so wunderschön. Und du gehörst mir! « Ich nickte mechanisch und starrte sein Gesicht immer noch gebannt an. »Ich gehöre dir mein Gebieter…NUR dir! « Er lachte ein siegessicheres Lachen und strahlte riesige Kraft aus. Dann zog er mich ganz eng an sich und strich durch mein Haar. »Du wirst an meiner Seite bleiben. Für immer! Ich werde dich zu meiner Braut machen! «
»Ja Geliebter! Ich werde deine Braut sein! « Ein Stich traf in mein Herz und ließ mich innerlich auf keuchen. Tu das nicht! Meine innere Stimme…mein inneres ICH versuchte mit aller Kraft mich von ihm loszureißen. Aber sie war zu schwach. Er lachte wieder und senkte seine Lippen zu meinen. NEIN! Ich schrie innerlich und wollte dagegen ankämpfen, doch ich hatte keine Chance. Ich stand voll und ganz unter seinem Einfluss. »VLAD! LASS SIE SOFORT LOS! « Ich registrierte die vertraute Stimme…aber wer…Mein Gebieter stoppte seine Handlung und riss den Kopf nach oben. »Jason! Was für eine Überraschung! « Jason?! Er war hier! ...Aber ich gehörte nur meinem Herrn. NEIN!...doch… »Ich sagte…lass sie los! « Seine Stimme zitterte und er hielt sichtlich an sich, um nicht zu schreien. »Wieso sollte ich? Sie gehört mir! «
»Was redest du da für einen Schwachsinn?! Sie gehört nicht dir! «
»Oh doch! Sie hat eben zugestimmt mich zu heiraten mein Junge! « Jason stand hinter mir. Ich konnte ihn also nicht sehen. Aber die Stille war bedrückend, und ich spürte seinen Blick auf mir. »Sie ist nicht Herr ihrer Sinne. Sie steht neben sich. Sie würde niemals zustimmen dich zu heiraten. Nicht freiwillig! « Die Unsicherheit in seinen Worten war deutlich zu hören. »Natürlich würde sie das! Ich habe Macht! Ich bin schön! Warum glaubst du, sie würde mich nicht heiraten wollen? «
»Weil sie dich doch überhaupt nicht kennt! « Ein Hoffnungsschimmer flackerte in mir auf. NEIN! Ich gehöre nur meinem Geliebten! DAS STIMMT NICHT! Mein Innerer Kampf kostete mich verdammt viel Kraft. Ja ich kämpfte wirklich mit mir selbst. Irgendwann war ich so verwirrt, dass ich nicht mehr wusste, was ich denken sollte. »Lisa, Geliebte…« Bei dem Wort zischte Jason laut. Mein Herr drehte mich zu Jason um, und ich sah ihn mit leerem Blick an. Sein Blick war von vielen verschiedenen Emotionen erfüllt. Wut, Trauer, Hoffnung…»Sag dem kleinen Jungen dort drüben, wie stark unsere Liebe ist. Es war Liebe auf den ersten Blick.« NEIN VERDAMMT! Ich kämpfte gegen die Worte an, die kurz darauf meinen Mund verließen »Es war Liebe auf den ersten Blick, Geliebter! « Bei meinen Worten zuckte mein Innerstes zusammen…genau wie Jason. Er sah mich fassungslos und geschockt an. Ich hatte eine Sperre im Kopf. Ich lief sozusagen gegen eine Wand, wenn ich etwas anderes sagen wollte. »Siehst du Jason? Du hast keine Chance gegen mich! Sie wird mich heiraten! Und du kannst nicht das Geringste dagegen tun. Und vor allem…wirst du sie nie wieder anfassen! Verstanden?! « Jason sah mich immer noch an. »Du wirst sie mir nicht wegnehmen, Vlad! « Sein Blick wanderte wütend zu Vlad, wie mein Herr wohl zu heißen schien. »Oh doch mein Junge…das werde ich. Und du kannst nichts weiter tun als hilflos dabei zuzusehen. « Vlad nahm mir den Boden unter den Füßen weg und nahm mich auf seine Arme. Plötzlich wurde alles um mich herum schwarz und ich fiel in tiefste Dunkelheit.
Jason
Lisa erschlaffte in Vlads Armen und dieser grinste nur siegessicher. »Du verdammter Scheißkerl! Ich werde das nicht zulassen! «
»Oh…wie süß…Spielst du dich gern als Retter auf? Tz…dass ich nicht lache. Aber es tut mir wirklich leid dich enttäuschen zu müssen. Ich werde sie jetzt mit mir nehmen. Also dann… ich hoffe du kommst zu unserer Hochzeit. Du bist selbstverständlich herzlich eingeladen.« Er lachte laut und dreckig und verschwand. Er löste sich einfach in Luft auf…mit ihr…Meiner Lyrahyá…er hatte sie unter Kontrolle. Die Art, wie sie mich angesehen hatte…sie war so hilflos. Sie wusste nicht, was sie tat. Sie hat das alles nicht ernstgemeint. Sie stand unter seinem Einfluss. Ich versuchte mir fortwährend einzureden, dass sie nichts von allem, was sie gesagt hatte ernst meinte. Ich stand noch eine halbe Ewigkeit reglos im Wald. Irgendwann machte ich mich auf den Weg zurück. Und meine Gedanken verursachten ein wirres Chaos in meinem Kopf. Ich würde sie mir zurückholen! Koste es was es wolle!
14.
Lisa
Die Dunkelheit ließ langsam von meinem Geist ab und machte der schmerzenden Helligkeit des Tages Platz. Ich schlug die Augen auf und ließ die Erinnerungen auf mich einstürzen. Es verursachte höllische Kopfschmerzen. Ich schien auf einem weichen Untergrund zu liegen. Ich setzte mich auf und starrte geradewegs in einen entzündeten Kamin. Die Helligkeit des Feuers ließ meine Augen tränen und brennen. Also doch kein Tageslicht. Das bloße Feuer bereitete mir schmerzen. Im Allgemeinen fühlte ich mich äußerst schwach. Der Dauerschwindel blieb beständig und die Kopfschmerzen wurden von Sekunde zu Sekunde stärker. Ich rieb mir über die Schläfe und schloss die Augen. Dann erst nach einer Weile fing ich endlich an mich zu fragen wo zum Teufel ich mich überhaupt befand…
»Ah! Du bist erwacht! Sehr schön! « Ein Mann erschien im Raum und starrte mich durch dringlich an. Mein Herr! Eine Seltsame Macht schoss wie ein Faden durch meinen Körper und meinen Geist. »Ich glaube es ist langsam an der Zeit die Vorbereitungen zu treffen. « Er kam langsam näher. Sein Blick glitt zum Feuer, dessen Flammen daraufhin noch höher und aggressiver empor schlugen. »Aah! « Ich schlug mir die Hände vor die Augen, die noch mehr zu schmerzen anfingen als zuvor. »Keine Sorge. Das wird sich nach einer Weile ganz von selbst legen. Du bist nun in einer anderen Welt meine Liebe. Deine Empfindungen sind hier völlig anders als in deiner. Doch bald wirst du dich daran gewöhnt haben. Die Schwäche wird aus deinen Gliedern weichen und deine Schmerzen ebenso. « Er grinste und entblößte dabei einen scharfen spitzen Eckzahn. Eine Welle durchzog meinen Körper und hinterließ eine Gänsehaut, die sich gewaschen hatte. »Wo bin ich? «
»Du bist in meinem Reich, Liebste! « Ich sah ihn durch zusammengekniffene Augen an und fühlte mich immer unwohler. »Und wieso bin ich hier? « Er lachte in sich hinein. »Sagen wir´s mal so…Du wirst ab jetzt hier leben. Morgen wird bereits die Hochzeit stattfinden. « Seine Worte hallten in meinem dröhnenden Kopf wider und die Erinnerung an das Gespräch im Wald flammte wieder vor meinem inneren Auge auf. »Nein…NEIN!« Ich sprang vom Bett auf, schwankte durch den Schwindel und stürzte zu Boden, der extrem hart für meinen schwachen Körper war. »Oh je…Scheint so als müsste ich deinen Willen wieder etwas mehr unter Kontrolle bringen. « Er kam geschmeidig auf mich zu, zog mich am linken Arm hoch und presste beide Hände gegen meine Schläfen. »Du tust was ich sage und unterliegst absolut und vollkommen meiner Macht! «
»Ja, Geliebter! Ich werde dich heiraten! «
»Na also. Genauso will ich dich ab jetzt haben. Vollkommen…Willenlos! «
Jason
»Wir sollten sie informieren. «
»Nein, Vater! Wir müssen das alleine regeln. « Ich ging ratlos im Zimmer auf und ab und zerbrach mir den Kopf darüber, wie wir Lisa wieder zurückholen konnten ohne den schwarzen Rat mit einzubinden. »Du kannst nicht einfach dort hin spazieren und sagen: So, Lisa kommt jetzt wieder mit mir zurück und dir noch einen schönen Tag, Vlad! Was zur Hölle stellst du dir bitte vor?! «
»Das ist mir auch klar Luther. Aber der Rat wird auf Vlads Seite stehen MÜSSEN! «
»Mein Sohn…« Luther seufzte tief. »Ich weiß, dass du die Sache am liebsten binnen Sekunden beseitigt hättest. Aber du weißt selbst, dass das nicht funktioniert. Wir müssen uns noch überlegen, was wir ihren Eltern sagen wenn sie zurück von ihrer Stadtrundfahrt sind. Und Alex, wenn sie und Nathan zurück vom Shoppen sind. Am besten, wir manipulieren ihre Wahrnehmung. Schon wieder. Was ist mit Lillian? «
»Sie ist mit Eve zum Strand gefahren. Ich hab sie schon angerufen. Sie sind gleich zurück. «
»In Ordnung. Ich würde sagen du und ich, wir gehen zum Rat und erklären die Situation. Wir brauchen Unterstützung. «
»Weißt du was? Du hast Recht. Aber…wir gehen mit Sicherheit nicht zu Vlads Handlangern! Wir müssen wohl oder übel den weißen Rat um Hilfe bitten…«
»Bist du dir sicher? Du weißt was Rises will…«
»Ja, Vater. Das weiß ich. Und genau deshalb bin ich mir absolut sicher, dass wir auf ihre Hilfe vertrauen können. « Mein Vater sah mich lange und nachdenklich an, bis er schließlich zustimmend nickte. »Sei es so. Gehen wir zum weißen Rat! «
Das überdimensional große Tor vor mir erhob sich scheinbar in die unendliche Höhe. Ich stand reglos davor und zögerte nach Rises zu rufen. Aus irgendeinem Grund war ich regelrecht nervös. »Jason! Entweder wir bitten ihn um Rat oder…«
»Ich weiß, Vater! Schon gut. « Ich atmete tief ein und rief ihn. Das Tor öffnete sich schleppend und krächzend und enthüllte das unendliche Licht. Meine Augen waren gut, doch gegen das Unendliche Licht kamen sie bei weitem nicht an. Das tat niemand. Ich musste die Augen zukneifen. Dann ließ es nach und Jamie stand vor mir. »Jason?! Luther?! Was verschafft uns die Ehre? « Er schien sichtlich verblüfft über unsere Anwesenheit. »Wir brauchen die Hilfe des weißen Rates. « Eine scheinbar endlose Stille legte sich erdrückend über uns. »Tretet ein! «
Lisa
»Wie gefällt dir dein neues Gemach, Teuerste? «
»Es ist…angenehm. «
»Nur angenehm? Falls es etwas zu bemängeln gibt, kann ich das binnen Sekunden ändern lassen! «
»Äh…nein, nein. Es ist perfekt. « Ich schenkte Vlad ein schwaches Lächeln und blickte wieder zurück zu Boden. Wortfetzen tummelten sich in meinen Gedanken. Erinnerungen, Wunschdenken, Träume…Nichts ergab wirklich Sinn. Aber alles war so echt. Mein Herzschlag hallte schmerzend in meinen empfindlichen Ohren wider. Verdammt! Ich musste hier weg! So schnell wie möglich. Nur…wie? »Ich habe des Weiteren noch ein Hochzeitsgeschenk für dich! Du wirst sicher hoch erfreut sein…« Ich hörte förmlich das Grinsen in seinen Worten. Ein Geschenk? Was könnte mich in dieser Hölle bitte hoch erfreuen?! Ich hatte zwischenzeitlich gelernt, wie ich Vlad austricksen konnte. Er beeinflusste meinen Willen, wenn ich mich ihm widersetzte. Doch wenn ich so tat, als würde ich immer noch unter seiner Kontrolle stehen, konnte ich, abgesehen von den verwirrten Gedanken, meinen Willen behalten.
Vlad führte mich durch einen dunklen Gang, der nur von vereinzelten Fackeln erhellt wurde. Das Flackern der Flammen verstärkte das Schwindelgefühl, die Kopf- und Augenschmerzen und die Verwirrung meines Geistes auf sadistische Weise. Ich war noch nicht einmal in der Lage mir den Weg zu merken, den wir zurücklegten. Es wurden nach und nach weniger schmerzende Fackeln, bis schließlich alles dunkel wurde. Vor einer schwarzen Tür blieb er stehen und öffnete sie. Er gab mir ein Zeichen einzutreten. Es war immer noch stockfinster. Ich konnte rein gar nichts erkennen, was allerdings meinen Augen gut tat. »Darf ich vorstellen? Dein Geschenk! « Zwei etwas größere Fackeln rechts und links von mir flammten auf und ließen mich zurückzucken. Es tat so furchtbar weh. Und dann sah ich sie. In einem stählernen Käfig kauerten Erica und Steve und sahen mich schwach und ängstlich an. Ich stand kurz davor zu schreien, doch ich schaffte es mit meiner letzten Selbstbeherrschung mir nicht anmerken zu lassen, was das Bild meiner Eltern in diesem unmenschlichen Verlies in mir auslöste. Dieser verdammte Dreckskerl. »Sie werden ab jetzt ebenfalls mit uns zusammen hier leben. Nur…unter etwas anderen Umständen. « Ich stand mit dem Rücken zu diesem widerwärtigen Monster und konnte mir lebhaft vorstellen wie selbstgefällig er gerade grinste. »Sie werden uns dienen. Ich dachte mir es wäre ein angemessenes Hochzeitsgeschenk, wenn du wenigstens deine Eltern um dich herum haben würdest. «
»Sicher, mein Geliebter! Eine wunderbare Idee. « Ich strengte mich an meine Stimme unterwürfig und echt klingen zu lassen. Und ich hoffte, dass er nicht bemerkte, wie sehr die Wut in mir brannte.
15.
Jason
»Was ist dein Anliegen, Sohn der Finsternis? « Rises saß auf seinem gigantischen Thron und betrachtete mich eingehend. Ich wusste nicht recht, wie ich mich verhalten sollte, denn schließlich waren wir natürliche Feinde. Doch ich klammerte mich an der Erinnerung fest, dass Rises mich auf seine Seite ziehen wollte. Wenigstens ein wenig Hoffnung auf seine Hilfe. »Ich brauche deine Hilfe, Rises! « Ich hielt kurz die Luft an, um seine Reaktion abzuwarten. Man wusste ja nie… »So? Meine Hilfe? Wieso gehst du nicht zu deinem Herrn, schwarzer Krieger? « Auf diese Frage hatte ich gewartet. »Weil er es ist, der mich verriet! « Verwunderung machte sich breit auf Rises´ Gesicht. »Nun…verrate mir welch Verrat Vlad an seinem eigenen Krieger begangen hat! Noch dazu seinem besten Krieger…« Rises Blick war vielsagend. Er wusste wohl, dass ich im Bilde war über sein Vorhaben mir gegenüber. »Er hat jemanden entführt, der mir sehr nahe steht. Ein Mädchen, um genau zu sein. Ich kenne seine Gründe nicht. Er will sie heiraten…« Rises lachte laut auf. Verärgerung ließ meine Muskeln anspannen. Wie konnte er über diese Umstände lachen?! »Vlad will also ein Menschenmädchen heiraten?! Noch dazu eines, das mit dir in Verbindung steht. Nun ja, das kann nur heißen, dass er zornig über dich ist, oder dich zu etwas bringen will. Ich nehme an, es bestand zuvor kein Kontakt zwischen dem Mädchen und ihm? «
»Nein. Das hätte ich bemerkt! Sie war immer in meiner Nähe. Und wenn nicht , dann war ich in Vlads Nähe. Seit sie hier ist, wohl bemerkt. « Langsam aber sicher stieg meine Ungeduld und Nervosität. »Nun gut. Wie also soll ich dir nun behilflich sein? «
»Ich muss sie zurückholen. Aber allein werde ich gewiss nicht erfolgreich sein. Ich erbitte deine Begleitung ins Reich der Finsternis! « Es kam mir vor, als würden Stunden vergehen, in denen Rises mich stumm musterte, bis er schließlich antwortete. »Ich soll mich also ins Reich der Finsternis begeben, mich der unendlichen Finsternis aussetzten und mich persönlich gegen Vlad auflehnen, nur um dir dein Menschenmädchen wiederzubringen? Das sind hohe Erwartungen von einem schwarzen Krieger an seinen ewigen Feind! « Das Atmen fiel mir von Minute zu Minute schwerer. Sein Blick verriet mir, was er von mir hören wollte, um meiner Bitte nachzukommen. »Im Gegenzug für deine Hilfe, werde ich als Anführer deiner weißen Kriegsarmee kämpfen. Gegen meine eigene Rasse! Ich werde auf eure Seite wechseln! « Es fiel mir nicht schwer, ihm dies zu versprechen. Ich wollte nie so ein Monster seine, wie ich es hätte sein müssen durch meine Gene. Doch selbst mein Vater war wie ich. Oder besser, ich war wohl genau wie er. »Nun denn. Dieses Angebot hört sich sehr verlockend an. Und es erfüllt meinen langzeitigen Wunsch. Und das, ohne es ausgesprochen zu haben…« Sein Blick war nach wie vor durch dringlich und ein Lächeln legte sich auf seine Lippen.
»Ich hoffe du weißt, auf was du dich da einlässt…« Luther, der die ganze Zeit, in der ich mit Rises gesprochen hatte, schweigsam geblieben war, sah mich besorgt von der Seite an. Ich seufzte resigniert. »Ja, Luther, das weiß ich. Aber was hab denn für eine Wahl? Ich bin in diesem Fall einfach auf ihn angewiesen. Sonst kann mir niemand helfen. Und außerdem, was soll's?! Ich bin niemand, der gern aus Spaß Menschen tötet. Genauso wenig wie du. « In diesem Moment wurde mir etwas bewusst. »Was ist eigentlich mit dir? Ich meine, du wirst doch wohl nicht an Vlads Seite kämpfen, oder? «
»Diese Frage stell ich mir schon, seit du eingewilligt hast, auf der anderen Seite zu kämpfen. Damit hast du dich unfreiwillig gegen mich gestellt, mein Sohn. Die Frage ist nur, ob ich denn noch auf der Seite der Finsternis stehen MÖCHTE. Wir beide kennen die Antwort wohl bereits…« Wir tauschten wissende Blicke. Er würde sich mit mir gegen Vlad und unsere Artgenossen stellen. Das stand unausgesprochen fest. Wir waren in dieser Sache genau gleich. Unnatürlich…
Lisa
»Wie ist das Essen? Entspricht es deinem Geschmack, Teuerste? « Widerwillig kaute ich auf dem Stück Fleisch in meinem Mund und kämpfte um ein Lächeln, das sich ebenfalls widerstrebend auf meinen Mund legte. »Alles bestens! Schmeckt gut…« Diese Augen schienen unendlich dunkel zu sein. Finster…Böse…Tödlich…Er lächelte mich selbstzufrieden an. »Sehr schön! Du wirst dich hier wohlfühlen. Das steht fest. Solange du nichts tust, was mich erzürnen würde…« Ich musste hart schlucken. Hatte er bemerkt, dass sein Bann wieder seine Wirkung verloren hatte? Dass ich das alles nur vor spielte um meinen Willen zu behalten und klar denken zu können? Er stand auf und kam auf mich zu. Mein Herz hämmerte schmerzhaft gegen meine Brust. Er würde es bemerken. Früher oder später. »Es wird Zeit, uns in unsere Gemächer zu begeben. Du siehst sehr müde aus. « Oh Gott. Ich musste in seinem Bett schlafen! »Ja, Geliebter. Ich sollte wohl besser schlafen…« Er reichte mir die Hand, ich ergriff sie und folgte ihm ins Schlafzimmer. Ich war wirklich in der Hölle gelandet…
Diese Nacht war die schlimmste meines bis dahin gelebten Lebens gewesen. Ich hatte in Vlads Armen gelegen. Musste so tun, als hätte ich schlafen können. Doch das war unmöglich gewesen. Ich hatte mich einfach widerlich gefühlt. Ich war froh gewesen, dass er wirklich nur hatte schlafen wollen und nicht noch was anderes mit mir vorhatte…Aber es war die reinste Qual gewesen. Zu wissen, in wessen Armen ich gelegen hatte. Was er alles getan hatte, gerade tat und tun würde. Die Stunden waren mir vorgekommen wie Jahre. Entsetzlich! Die Dunkelheit hatte mir Gänsehaut verschafft, sowie seine Berührungen, die nicht aufgehört hatten.
Jetzt saß ich neben ihm am Tisch, vor uns seine Anhänger. Normalerweise hätte Jason auch dort stehen müssen. Doch Vlad hat ihn praktisch herausgefordert. Mir bangte es vor den Dingen, die noch zwischen den beiden passieren würden. Und das nur wegen mir. Nein, nicht wegen mir…Ich war nur Mittel zum Zweck. Das war mir klar. Ich fragte mich, was Jason wohl gerade tat, und wie es ihm ging…
Jason
»Jason! Es ist was Furchtbares passiert! « Lillian kam auf mich zu gerannt und atmete schwer. »Was meinst du? Ich hab dir doch von Lisa erzählt?! «
»Das mein ich nicht. Ihre Eltern…Sie sind verschwunden! «
»WAS?! Sie sind WEG? Sind sie denn nicht wieder gekommen von ihrer Rundfahrt? « Lillian sah sehr verzweifelt aus und schüttelte den Kopf. » Nein, sind sie nicht. Sie haben angerufen und gesagt sie wären auf dem Rückweg. Das war gestern um 18 Uhr! Du warst ja bis heute bei Rises…Was meinte er eigentlich? «
»Das erzähl ich dir später. Jetzt müssen wir erst Lisas Eltern finden. Und ich hab ein echt beschissenes Gefühl…«
»Ich auch. Wenn du mich fragst, hat Vlad auch hier seine Finger im Spiel. «
»Zu meinem Bedauern stimme ich Lillian da zu…« Luther sah mich mitleidig an. »Ja ich weiß. Wer sollte es auch sonst sein…«
Wir gingen ins Haus und ich erzählte Lillian von meiner Unterhaltung mit Rises. Sie war wenig erbaut davon, dass ich mich gegen Vlad stellen würde. Schließlich war er ein mächtiges Wesen, das sich um niemanden Scherte außer sich selbst. Doch ich musste es tun. Ich konnte Lisa nicht bei ihm lassen.
16.
Um 15 Uhr am nächsten Tag, ging ich zum vereinbarten Treffpunkt im Wald. Rises erwartete mich schon. Nur er und ich würden das Wort gegen Vlad erheben. »Sei gegrüßt, Sohn der Finsternis. Ich hoffe du bist bereit für unsere kleine Reise in die Unterwelt? «
»Ob ich wirklich bereit bin, wird sich wohl erst zeigen, wenn ich Vlad gegenüberstehe…« Mein Zustand war nicht der Beste. Nervös war gar kein Ausdruck… »Das entspricht wohl den Tatsachen. Nun gut! Dann lass uns mal aufbrechen! « Ich ging auf Rises zu. Ein weiterer Unterschied zum weißen Reich war, dass das dunkle Reich nicht auf der Erde zu finden war. Das weiße Reich lag auf einer Insel mitten auf dem Pazifik. Man fand es allerdings nur, wenn man kein Mensch war, oder die Befugnis eines Engels erteilt bekam. Rises legte mir die Hand auf den Kopf und ich schloss die Augen. Der Boden löste sich unter mir auf und mein Bewusstsein entfloh in andere Sphären.
Dunkelheit, die schmerzte. Ein seltsames Gefühl. Somal diese Eigenschaft eigentlich dem Licht vorbehalten war. Meine Augen und mein gesamter restlicher Körper gewöhnten sich allerdings innerhalb von Sekunden daran. Das war wohl ein natürlicher Vorgang. Schließlich gehörte ich praktisch hier her. Ich sah mich um. Rises stand reglos neben mir und wartete wohl auf ein Handeln meinerseits. »Ich kann sie riechen. Und fühlen…Da lang! «
Lisa
Ich stand regungslos vor dem Kleid. Meinem Kleid. Meinem Brautkleid. Meinem SCHWARZEN Brautkleid. Ich versuchte nicht zu hyperventilieren und eine Panikattacke zu verhindern. Drei Frauen kamen herein. Abgemagert sahen sie aus, krank. Sie waren wohl genauso versklavt worden wie meine Eltern…Tränen bahnten sich einen Weg in meine Augen. Ich musste blinzeln, damit sie nicht überquollen. Die Frauen fingen an mir in mein Kleid zu helfen. Wortlos ließ ich es über mich ergehen. Meine Gedanken hingen an meinen Eltern. Sie hatten das alles nicht verdient. Sie sollten jetzt zu Hause sein und ihre Zimmer fertig einrichten…Und ich sollte jetzt bei Jason sein. Ich vermisste ihn so. Eine Träne schaffte ich nicht zu unterdrücken und sie kullerte mir über die rechte Wange. Ich wischte sie schnell weg. Als ich fertig angezogen war, wurde ich aus dem Raum in einen anderen geführt, um meine Haare und den Rest machen zu lassen. Die Zeit verging diesmal viel zu schnell. Ich wusste, ich würde gleich für immer dazu verdammt werden hier zu bleiben und in Gefangenschaft zu leben. Ohne Jason…Vlad hatte 2 Stunden zuvor, als wir seine Anhänger um uns versammelt hatten, verkündet, dass die Hochzeit am selben Tag noch stattfinden würde. Ab diesem Zeitpunkt hatte sich eine eigenartige Taubheit auf mich gelegt. Und jetzt stand ich vor dieser großen Tür, in einem schwarzen Kleid mit schwarzem Schleier und schwarzen Rosen, und wartete darauf den Sohn des Teufels zu heiraten. Fast hätte ich aufgelacht, so lächerlich war diese Tatsache. Und dann ging die Doppeltür auf, und ein langer Weg erstreckte sich vor mir bis zu Vlad, der vor 2 großen Thronen stand, die sich auf einem hohen Podest befanden. Ich sah schon von weitem sein triumphierendes Lächeln. Und dann erklang eine tiefe, dunkle Melodie. Ich wusste, dass ich nun gehen musste, und das war der längste Gang meines bisherigen Daseins.
Jason
Ich folgte dem Geruch, der mich zu Lisa führen würde. Meine Schritte wurden schneller, denn mein Gefühl wurde immer schlimmer. Unzählige Gänge mussten wir entlang laufen, wie durch ein Labyrinth, bis ich vor einer Tür stehen blieb. Ich zögerte nur eine Sekunde, aus Angst vor dem Anblick, der mich dahinter erwarten würde. Doch ich wusste, dass sie genau dort sein würde. Und darauf wartete, dass ich sie holen kam. Und das tat ich auch. Ich lief die Tür praktisch ein, und blieb abrupt stehen. Etwa 20 Meter vor mir stand Vlad und hielt sie im Arm. Sie sah aus wie eine Geistergestalt. Ihr schwarzes Kleid und der Schleier fielen lang auf den Boden und sahen aus, als hätten sie Lisa verschlungen. Vlads Blick glitt zu mir. »Sieh an! Ich hatte nicht erwartet dich so schnell zu sehn, mein Sohn…«
»Ich bin NICHT DEIN Sohn! Und ich werde Lisa wieder mitnehmen! « Mit schnellem Schritt ging ich auf beide zu. Doch dann verschaffte Vlad mir mit einer Armbewegung einen saftigen Schlag und ich flog wieder zurück. Rises trat endlich an meine Seite. »Achso. Jetzt verstehe ich. «, sagte Rises plötzlich leise zu sich selbst. Ich hatte keine Ahnung, was er damit meinte. »Es ist an der Zeit das Mädchen gehen zu lassen, Vlad! «, sagte Rises nun laut. Vlad lachte auf und schlug den Schleier über Lisas Kopf zurück. Ihr Gesicht sah so müde aus… »Dieses hübsche junge Ding gehört jetzt mir alter Freund! Und das steht gleich endgültig fest, wenn sie Ja zu mir sagt…« Er drehte sich wieder zu Lisa und nahm ihr Gesicht in beide Hände. »Du wirst für immer mit mir hierbleiben! An meiner Seite…Sag, dass du mich willst! Sag, dass du mich begehrst und für immer mir gehören willst! Sag JA! « Ich stand mittlerweile wieder auf meinen Füßen und hielt die Luft an. »Tu´s nicht Lisa! Ich flehe dich an! Du bist für immer verloren, wenn du jetzt Ja sagst! BITTE! « Lisa regte sich nicht. Sie stand da und starrte regelrecht durch Vlad hindurch. Aber sie sagte nichts…»Sag es Geliebte…SAG ES! «
»Warum tust du das Vlad?! Was hast du davon? «
»Nun…Ich denke es ist nur fair dir etwas zu nehmen, was dir wichtig ist, nachdem du mir dasselbe angetan hast…« Sein Blick blieb auf Lisa gerichtet. »Was? Was meinst du damit? «
»Du hast meine Tochter getötet. Meine Einzige richtige Tochter! Das musst du nun bezahlen, Jason! Und zwar mit IHR! «
»Vlad, genug jetzt! Lass das Mädchen frei! Sie hat nichts mit den Konflikten unter uns Engeln zu tun! Ich weiß, was du vor hast. Das wird dir nicht gelingen!« Rises ging einen weiteren Schritt auf Vlad zu. Ich wusste immer noch nicht, von was er da redete, beziehungsweise was er wusste und ich nicht. »Nun, ab dem Zeitpunkt, als sie von uns übernatürlichen Wesen wusste, hatte sie sehr wohl etwas damit zu tun. Außerdem, ist sie nur Mittel zum Zweck. Sie wird ihre Aufgabe erfüllen und zwar mit mir! « Meine Wut schäumte bald über. Wie konnte er nur so über sie reden? Und VON WAS redeten die beiden? »Du kannst mich gern herausfordern Vlad…Aber lass sie gehen. « Vlad löste die Hände von Lisas Gesicht und drehte sich zu mir. Lisa bewegte sich fast unmerklich in meine Richtung und sah mich an. Ihre Qual stand deutlich in ihren Augen. Und diese Qual breitete sich nun auch in mir aus. Vlad kam langsam auf mich zu. Im Augenwinkel bemerkte ich, wie sich Lisa kurz und fast unmerklich schüttelte. »Nun, Jason…Wenn du das so siehst…« Wieder schleuderte er mich mit nur einer Handbewegung durch den Raum und ich schlug gegen die Wand. Der Schmerz breitete sich in meinem ganzen Körper aus und ich keuchte auf.
Lisa
»NEIN! « Meine Trance war vorbei. Ich bekam jedes einzelne Detail wieder mit. Auch, wie Vlad Jason durch die Gegend feuerte wie eine leblose Puppe. »Es reicht Vlad! Wie wär’s, wenn du dir einen Gegner aussuchst, der eine Chance gegen dich hat. Zum Beispiel mich…« Rises trat nun endlich zwischen die beiden. Jason sah an ihm vorbei und mich an. Er sah schrecklich machtlos aus…Er versuchte mich anzulächeln, was ihm sichtlich Schmerzen bereitete. Ich wollte zu ihm, aber ich wusste, dass das schlimme Folgen gehabt hätte… Rises breitete die Arme aus, um seine Hände aufeinander zufliegen zu lassen. Ein Schwall an Energie schleuderte auf Vlad zu, und nun war er an der Reihe durch den Raum zu fliegen. Er prallte so heftig gegen den Thron, dass dieser unter seiner Wucht zerbrach. Vlad rappelte sich wieder auf und war ganz plötzlich hinter mir und hielt mich mit einem Arm um die Hüfte im Klammergriff. »Ich würde dir raten, dass nicht noch einmal zu tun. Denn sonst würdest du dieses wehrlose Ding hier verletzen. Ich bezweifele, dass das in deinem Sinne wäre, alter Freund! « Seine zwei letzten Worte spuckte er förmlich durch zusammengebissenen Zähnen aus. »Lass sie endlich gehen du Bastard! « Jason schaffte es sich ebenfalls aufzurappeln und auf uns alle zuzukommen. Und dann zeigte er etwas, was mir wirklich die Luft wegbleiben ließ. Hinter seinem Rücken entfalteten sich schwarze Schwingen mit wunderschönen glänzenden Federn. Langsam breiteten sie sich aus, bis sie ca. 6m von links nach rechts breit waren. Sie sahen so gigantisch aus…Vlads Flügel waren zwar viel gewaltiger, jedoch lange nicht so wunderschön. Jason stand nun neben Rises und sah kampfbereit aus. »Ich würde mir zweimal überlegen, ob ich mich jetzt gegen mich stellen würde an deiner Stelle…Ich könnte ihr binnen Sekunden den Hals umdrehen! « Vlad nahm meinen Kopf in beide Hände und drehte ihn schmerzlich aber langsam nach rechts. »Nein! Hör auf damit! « Jason sah entsetzt aus. Seine Schwingen falteten sich wieder auf dem Rücken zusammen und verschwanden…
17.
Jason
»Gute Entscheidung, Kleiner! « Vlads Augen brannten. Er war verdammt wütend. Ich musste mir schnellstens überlegen, wie ich sie von ihm weg bekam. Vlads Hände drehten ihren Kopf noch ein Stück weiter und sie keuchte auf vor Schmerzen. »Hör sofort auf mit dem Scheiß! Bist du echt so feige und versteckst dich hinter einem Menschen? Einem MÄDCHEN? Erbärmlich! « Vlad grinste mich an. »Ich weiß, wie ich meine Druckmittel verwenden muss…Und sie ist im Moment mein Bestes! « Er drehte seinen Kopf so, dass er mich noch ansah, während er Lisas Wange küsste. Dieser Bastard! Lisa überlief merklich ein Schauer und sie keuchte erneut. Dann ließ er sie abrupt los, schleuderte sie von sich, sodass sie mit dem Kopf auf den Boden knallte, kam schnell auf mich zu bevor ich sie erreichen konnte und packte mich am Hals um mich hochzuheben. Sein Griff war enorm fest und schmerzhaft. Rises packte Vlad am Kragen und zog ihn von mir, sodass auch ich zu Boden fiel. Und dann ging der Kampf zwischen den Beiden los. Aber mein einziges Ziel in diesem Moment, war Lisa zu mir zu holen und sie nie mehr loszulassen.
Lisa
Ich stand auf einer Wiese. Eine weite Wiese. Es gab gar kein Ende. Ich drehte mich dreimal im Kreis. Nichts außer Grüner schöner Wiese und wahnsinnig schönem hellem Sonnenstrahl. Ich breitete die Arme aus und ließ die warme Sonne auf mein Gesicht scheinen. Ein wunderschönes Gefühl. Und dieses Gefühl verstärkte sich, als mir jemand seine starken Arme um die Taille legte und an meinen langen Haaren roch. Ich lehnte mich an seine Brust und sah nach oben in sein Gesicht. Jason lächelte mich an und gab mir einen zärtlichen Kuss auf die Stirn. Ich öffnete den Mund um etwas zu sagen, doch ich blieb Stumm…Die Worte kamen ohne einen Laut aus meinem Mund. Ich löste mich aus Jasons Umarmung und drehte mich zu ihm um. Er lächelte immer noch. Als ich auf ihn zu gehen wollte, bewegte ich mich kein Stück weiter. Irgendetwas stimmte hier ganz und gar nicht. Aber Jasons Lächeln blieb weiterhin. Er schien es nicht zu bemerken, aber er blieb auch weiter stumm stehen. Wieder versuchte ich, mit ihm zu reden. Aber meine Stimme war verschwunden. Und dann entfernte Jason sich immer weiter von mir, ohne dass ich hinterher konnte. Panik stieg in mir auf, während sich die Sonne verfinsterte und das schöne Grün der Wiese dunkel wurde und verdorrte. Jason war inzwischen sehr weit von mir entfernt und ich schrie mir die Seele aus dem Leib, aber es war kein Ton zu hören. Dann ging alles in Flammen auf. Der Himmel brannte, der Boden brannte, Flügel brannten, Jason brannte…
Schreiend setzte ich mich auf. Ich schrie und schrie und schrie. Und ich konnte es hören. Jemand hielt mich fest und murmelte etwas beruhigendes, aber ich konnte nicht aufhören zu schreien, bis mir der Hals weh tat. Meine Brust hob und senkte sich schnell und deutlich. Das nach Luft Schnappen wurde langsam anstrengend und der Griff um meinen Körper fester. Dann erst nahm ich meine Umgebung wahr. Ich war in meinem Zimmer. In Dallas. Der Seufzer, der aus meinem Mund entwich, schien unendlich zu sein. »Geht’s wieder? « Ich sah in das Gesicht, dass zu der Person passte, die mich im Arm hielt. Und dann konnte ich nicht mehr anders als weinen. Jason zog mich noch enger an sich und ich legte meinen Kopf an seine Brust und weinte was das Zeug hielt. Bis es nicht mehr ging. Jason hielt mich nur fest und wiegte mich leicht in seinen Armen. »Es ist vorbei, Lisa. Du bist zu Hause. Bei mir. « Seine Worte ließen mich noch einmal aufschluchzen. Gott war ich erleichtert. Unendlich froh darüber bei ihm zu sein. »Was ist passiert? «
»Rises und Vlad hatten einen ziemlich heftigen Kampf. Ich hab dich hierher zurückbringen wollen, allerdings bin ich zu schwach dafür. Ich musste warten bis Rises kurz Luft schnappen konnte, um uns dort raus zu bringen. Aber der Kampf war noch lange nicht vorbei…« Jason sah mir vielsagend in die Augen. »Du wirst kämpfen, richtig? « Er seufzte resigniert. »Leider werde ich das tun müssen, ja. Allerdings muss ich auf das Zeichen warten…«
»Das Zeichen? «
»Ein Lichtstrahl, der den Himmel für einige Zeit teilt. Dann muss ich sofort zu Rises. Dann werden wir vorbereitet. «
»Nein, nein, nein, nein! Ich will das nicht! Du musst doch bei mir bleiben! «
»Shh, Shh. Es wird alles gut. Ich komme wieder, keine Angst. «
»Woher willst du das wissen? Wer sagt, dass du die Scheiße überlebst? «
»Ich weiß…Aber ich werde zurückkommen. Ich muss zu dir zurück! « Er strich mir mit der linken Hand die Haare aus dem Gesicht und nahm es in beide Hände um mich zu küssen. Es war ein verzweifelter, leidenschaftlicher Kuss. Er, genauso wie ich, legten alle Gefühle, die gerade in uns tobten in diesen wundervollen und doch zerstörerischen Kuss.
Texte: Alle Rechte liegen beim Autor!
Tag der Veröffentlichung: 10.12.2009
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