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Anekdoten aus Korsika Als ich noch Urlauberin auf Korsika war FAN oder Musiktherapie "made in Corsica"

Mein Vater war ein echter I Surghjenti-Fan, einer korsischen traditionellen Musikgruppe aus dem Süden der Insel Korsika.
Aus dem korsischen Radio hatten wir einige ihrer Lieder aufgenommen, aber die Qualität war immer so schlecht, dass mein Vater einfach die Kassetten kaufen wollte, vor allen Dingen, die mit seinem Lieblingslied „Paesucciu“ (dt. Dörfchen, aus dem Album GRANA DI VITA, 1986).
In Bastia und Umgebung fanden wir aber diese Kassette im Handel nicht mehr, doch man gab uns den Rat, in Portu Vechjiu in einem Plattenladen nachzufragen, da die Gruppe aus der Gegend dort stammt.
Also machten wir uns auf den Weg in den Süden. Im dortigen Plattengeschäft dann erklärte man uns, dass dieses Album im Moment im Handel ausverkauft sei, aber der Gründer der Gruppe stamme aus Muratellu und er betrieb dort die Dorfbar. Wir sollten doch einfach mal bei ihm selber anfragen, vielleicht könne er uns weiterhelfen.
Also gesagt getan, fuhren wir nach Muratellu, wo wir in die einzige Dorfbar einkehrten und ich mal wieder dolmetschen musste. Ich erklärte dem Herrn Wirt das Anliegen meines Vaters und er stellte sich als der Gründer der Gruppe vor. Er war ganz gerührt davon, dass wir von so weit herkamen und, dass wir seine Musik so mochten, vor allen Dingen „Paesucciu“, welches er ja selber geschrieben und komponiert hatte. Er sagte uns, dass er ganz erfreut darüber sei, dass wir die korsische Kultur nach draußen tragen und versprach uns das Lied zu beschaffen, sobald er wieder ins Aufnahmestudio kam. Wir ließen ihm unsere Adresse da und nach rührendem Abschied, ging es zurück.
Wieder in Deutschland, bekamen wir nach einem Monat Post aus Korsika, ein Paket mit zahlreichen Kassetten, auf denen sich die ganzen Alben der Gruppe mit allen seltenen Liedern befanden ... auch denen, die es überhaupt nicht mehr im Handel gab ... Herr V. hatte noch einige Worte beigelegt „nochmals herzlichen Dank für die Verbreitung und die Anbetung unserer Kultur und Musik, herzlichst, N.V.".
Mein Vater war überglücklich, und ich antwortete mit einem Dankschreiben, ich hoffe in verständigem Französisch. Tag ein Tag aus spielten wir die Kassetten ab, ­ von denen ich noch Kopien machte, wegen ihrer Seltenheit und die Originale wie ein Huhn ihr Ei hütete.
1992 wurde mein Vater schwer krank. Während er in der Klinik lag, erfuhren wir, dass I Surghjenti bald ein neues Album heraus bringen würde: SOTT'A U TURCHINU. Mein Vater bat mich, die Reise nach Korsika allein anzutreten und ihm das Album mitzubringen.
Vor Ort besorgte ich das neue Album, aber als ich die Kassette einlegte und die extrem schwer melancholischen, dramatischen Lieder vernahm, wurde mir mulmig ... das klang wie ein Requiem, und es ist wahrhaftig sein Requiem geworden.
Leider war ihm nicht mehr genug Zeit geblieben, um die neuen Lieder auch nur einmal zu hören.
Auf seiner Beerdigung ließ ich sein Lieblingslied „Paesucciu“ ertönen, denn die neusten Lieder waren so schwer und traurig, dass sie mir fast den Verstand raubten.
Auch heute noch schnürt sich mir der Hals zu, wenn ich eins der Lieder dieses Albums höre... aber wenn es mir so richtig schlecht geht, dann stelle ich sie extra an und alles bricht heraus ... und endet mit Befreiung und Erleichterung
das nennt man „Musiktherapie“
danke Euch, liebe I Surghjenti
© Miluna Tuani

Impressum

Texte: Miluna Tuani
Übersetzung: Miluna Tuani
Tag der Veröffentlichung: 18.07.2012

Alle Rechte vorbehalten

Widmung:
Papa Nuahr & I Surghjenti

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