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für dich



In der mitte
die margerite
bin ich
weiß und klein
komme und gehe ich
und bring’ dir
jeden tag
ein blütenblättchen
damit ich mich nicht
verlier’


meine alte mutter
steht an der tür
blütenweiß
fragt sie
mir löcher
in den bauch


meine hirnschale
langsam leert sie sich
hölzern
ab und zu
blick ich zurück
und doch
vermisse
ich
nichts



die zeit ist blau



ich sitze
auf fernen gedanken
und träume
manchmal kommen königsfische vorbei
sie flüstern mir drei namen zu
die ich nicht kenne

die zeit ist blau
blau
wie das meer
gestern blitzte sie auf
morgen vergesse ich sie

die zeit
ist blau
ich muss mich nicht erinnern



mutterliebe



sommerhitze
ernte
harte erde
winterweiße wäsche
feuerstelle in der küche
handarbeit
schalten und walten
trösten
beschützen
meiner mutter hände
nun halte
ich
dich




dunkle flecken



in kleinen schritten
wandere ich
von einem ort zum anderen
manchmal
wenn ich stehen bleibe
wartest auch du
bis ich wieder weiter weiß

du siehst mich an
du denkst
an dunkle flecken
du denkst
an das was fehlt

doch dunkle flecken
sind überall
bei dir
und
bei mir

deine lebenszeile
schreib sie dir hinter das ohr
behalte sie im auge
schmecke sie auf der zunge
hol sie aus der vergangenheit
als lesezeichen
und lege sie dir ins herz

wo blieb ich stehen
erinnere mich
mein engel


menschenalter




blaue gesänge
im mondmeer
im augenblick
das kleine glück



in tausend jahren noch
weinen sie in ihren gräbern
niemand vergisst


aus der hirtenflöte strömt
ein augenlied
herüber
aus vergangenen tagen


Gehen und bleiben, vergessen und erinnern


Meine Augen verstecken sich am Horizont.
Sie jagen das Gestern
und verschlingen das Morgen,
dann wirft ihnen die Dunkelheit drei Blitze entgegen,
die die Augäpfel verätzen.
Mein Schlund würgt der Angst die Spucke weg
bis der Fleischwolf dein Echo frisst
und mit Eisenzähnen die letzten Wortknochen zermalmt
und in einen Krater wirft,
ohne Auffangnetz.
Mein Herz fängt für seine Kammer gläserne Träume,
es sitzt mit der Taube auf dem Sonnenbaum,
nachts steuert es seine Barke in die Finsternis.
Doch am Morgen kommen die Adler und ziehen mit ihren Schwingen
meine Mundwinkel hoch.

Impressum

Texte: milena Bilder: Walter Schnetzer
Tag der Veröffentlichung: 21.01.2009

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