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Normaly Day




„Katina? Das muss zu Tisch 13!“ rief Dimitri und schob mir einen Teller Rührei zu.
„Amésos!“ gab ich zurück und band meine Schürze schnell zu.

Ich nahm das Essen und rannte fast zu Nummer 13.
Mit einem gekünstelten Lächeln stellte ich dem Kunden das gewünschte hin, und ging schwer atmend zum Schalter.

„Dimitri?“
“Ne?“
„Signomi, dass ich zu spät bin ...“ murmelte ich, und wischte mir den Schweiß von der Stirn.
„Kein Próvlima. Wenns nicht öfter vorkommt!“ Das Grinsen war kaum zu überhören.

Der Tag verlief wie jeder andere auch.

Den hungrigen Leuten das Essen austeilen und von alten Schulkameraden, ausgelacht werden.
In der Pause konnte ich mich wenigstens etwas ablenken, indem ich in meinen geliebten Büchern las.

Deswegen war ich heute früh auch zu spät gekommen:
Ich hatte mich einfach festgelesen.

„Katina, du kannst heute früher gehen. Der Chef muss noch weg“ rief Dimitri mir aus der Küche zu, und ich musste lachen.
„Hat ‚der Chef’ den eine Verabredung von der die beste Filenáda nichts wissen darf?“ fragte ich.

„Kála ... vielleicht? Du musst ihn dir wirklich mal ansehen. Ein Prachtexemplar! So einen tollen Schwulen hast du deinen Lebtag noch nicht gesehen!“ verträumt sah Dimitri aus dem Fenster, bevor er schwungvoll über die Tresen sprang, und sich vor mir verbeugte.

„Dimitri?“
„Ne?“
„Könntest du mir vielleicht schon heute mein Gehalt zahlen? Crowner hat die Miete erhöht ...“ Schuldbewusst sah ich ihn an. Seine einzige Reaktion war ein Lächeln und einen Griff in die Kasse.

„Fysiká. Musst halt bis nächsten Monat damit auskommen“ antwortete er mit gerunzelter Stirn.
„Das schaff ich schon. Ich bin schließlich E'Kathêrina Galanis!“ Voller Enthusiasmus schlug ich mir mit der Hand auf die Brust.
„Auf dein Wort!“

"Gonni“ ertönte die Stimme des Straßenbahnfahrers aus den Lautsprechern, und augenblicklich öffnete sich die Tür der völlig überfüllten Trambahn.

Ich versuchte mich herauszuquetschen und als ich draußen war und gerade meinen Fuß wegzog, schloss sich die Tür.
Puuh, Glück gehabt!
Einmal soll sich ein Tourist den Fuß eingeklemmt haben, und jetzt nur noch eine Synthese haben.

Uuhääh, ochi efcharisto!

Es war ungefähr halb sechs, und trotzdem unerträglich heiß.
Der Asphalt glänzte und die Pfützen von gestern waren auch schon wieder verschwunden.
Der Himmel war schon in ein sanftes Abendrot getaucht und die wenigen Wolken variierten zwischen pink und orange. Einige Möwen flogen über den Markt am anderen Ende der Straße und versuchten ein paar Fische zu ergattern. Ich hörte ein lautes „Määh“ und sah noch wie mein Cousin Spyros seine Schafe durch den Ort trieb. Ein paar Fahrradfahrer klingelten, andere warteten geduldig bis die Herde von 50 Tieren an ihnen vorbeigelaufen war.

Ich fand Tembi wunderschön.
Unsere kleine Stadt im nordosten Griechenlands, war zum Teil hochmodern, zum Teil noch so wie vor fünfzig Jahren.
Ich lebte in Letztgenannten Abschnitt, wohnte direkt neben dem Meer und liebte es Abends dort entlang zu spazieren, die Möwen zu füttern, zu lesen und ein oder zwei Delphine zu entdecken.
Haupstächlich weil ich das „Nachtleben“ nicht wirklich mochte.
Ich schlief lieber in der Nacht und arbeitete Nachmittags.
Vormittags fuhr ich manchmal ins Land hinein um meine Großmutter und meinen Großvater zu besuchen.
Einige Verwandten lebten auch in Athen.
Doch ich war die einzige die dick war.
Und mit dick, meine ich richtig dick.
Vielleicht denken sich manche, die das hier lesen: „Ach, die ist bestimmt dünn, und denkt so wie die meisten Mädchen auf der Welt“, doch so ist es nicht.
In der Schule hatte ich nur Dimitri, und das nur, weil er auch anders war: Schwul.
Und in so einem kleinen Ort wie Tembi wird so etwas nicht gern gesehen.
Zwar war ich nur in der Schule der Außenseiter, doch das zieht sich über das ganze Leben.
Vielleicht etwas übertrieben soetwas mit zweiundzwanzig zu sagen ...

„Kalispera!“ grüßte ich eine nette Nachbarin, die mir freundlich zuwinkte, und dann mit leerer Einkaufstasche Richtung Markt ging.

Beinahe träumend stieg ich die Treppe zu meiner Wohnung hinauf. Ich schloss auf, schmiss die Tür zu, hörte noch schnell die Nachrichten auf meinem Anrufbeantworter ab, und ging duschen, um den strengen Geruch der verschiedenen Gassen, meines Schweißes und des Fisches (vor allem des Fisches) abzuwaschen.

Das Wasser brauste über meinen Körper, und kühlte die Hitze ab. Genießerisch schloss ich die Augen, und ließ das kühle Nass über mein Gesicht laufen.

Als ich fertig war, stellte ich das Wasser ab, stieg aus der Dusche und zog mir eine Jeans und mein rotes Shirt mit „ACHTUNG - ↑ Bücherwurm!“ an.

Eilig rannte ich durch meine Wohnung, schnappte mir mein Lieblingsbuch und ging zum Meer um zu lesen.


Wet




Wie gewohnt setzte ich mich auf einen kleinen Felsen, zog mein linkes Bein an, ließ das rechte ins Wasser tauchen und legte mein Buch auf meine Knie.

Wie von selbst fanden meine Finger die gesuchte Seite, schlugen sie auf, und ich begann in die Welt von „Twilight“ abzutauchen.

Ich sah, wie als wenn ich vor Ort wäre, den grünen Wald, die bunte Lichtung, Edward und Bella wie sie verliebt vor mir sitzen.
Es war ein unglaubliches Gefühl.

Plötzlich ich etwas und vor Schreck ließ ich mein Buch ins Meer fallen.

„Argh!“ murrte ich, und rutschte ins Wasser, um meinen Roman herauszufischen.

Im Wasser spiegelte sich mein Gesicht.
Die schwarzen Haare mit einem Seitenpony, der mir immer nervig in die Augen fiel, die blauen Augen mit schwarzen Punkten, die kleine Stupsnase, meine vollen Lippen und meine Sommersprossen.

Ich wusste nicht, wieso ich als einzige in der Familie Sommersprossen hatte.

„Komm schon!“ rief ich, als [style type="italic"]Twilight [/style]weiter Richtung Mittelmeer getrieben wurde.

Egal, ich war sowieso schon fast komplett nass, also tauchte ich ins kühle Nass, und schwamm zu meinem Buch.
Zwar konnte ich es jetzt nicht mehr lesen, aber trotzdem hatte ich es noch vor der wütenden Möwe, die jetzt vor meiner Nase herumflog gefangen.

Grinsend streckte ich ihr die Zunge raus, und tauchte bis zur Nase unter.
Fasziniert setzte sich der Vogel auf einen schwimmenden Ast und legte den Kopf schief.
Plötzlich spukte ich Wasser auf ihn und die Möwe flog geckernd davon.

„Bei Kronos. Er ist so ein Idiot“ hustete jemand, und verwirrt drehte ich mich zu allen Seiten.
Hinter den Bäumen raschelten ein paar Büsche, und zum Vorschein kam ein Mensch.
Hustend, taumelnd und in eigenartigen alten Blechpanzern kam er aus dem Gebüsch direkt auf meinen eigentlichen Leseplatz zu.

Die rot braunen Haare waren kurz und lockig.
Ein paar Strähnen fielen ihm ins Gesicht und ich merkte, dass sie die selbe Farbe hatten, wie sein Dreitagebart.
Die Muskeln waren selbst unter dem Blechpanzer nicht zu übersehen, die Beine schienen ebenfalls sehr stark.

Neugierig hob ich mich aus dem Wasser und setzte mich an die Klippe.
„Kann ich ihnen irgendwie helfen?“ fragte ich vorsichtig, und wrang meine langen Haare aus.

Erschrocken drehte er sich zu mir um.
Als er mich entdeckte wich er einige Schritte zurück, bis er wieder anfing zu husten.
Toll, der konnte mich also auch nicht leiden.

Genervt schnaubte ich, und stand auf.
„Ti kanete?“ fragte ich, und klopfte ihm ein wenig auf den Rücken.
„Ja, alles in bester Ordnung“ meinte er, richtete sich auf, und schaute mich an.

Seine Augen waren Atemberaubend!
Das Blau glich dem des Meeres mit kleinen Meeresgrünen Punkten darin.
Der dunkelblaue Ring um die Iris und Pupille rundeten das alles noch ab. Sie waren perfekt ... !

Vermutlich hatte ich ihn eine ganze Weile angestarrt, denn er runzelte die Stirn, als ich nur den Kopf schüttelte, um wieder reine Gedanken zu bekommen.

„Haben sie meine Frage mitbekommen?“
„Ähm, könnten sie sie wiederholen? Eventuell ...“
„Wo bin ich hier?“ fragte er, und strich sich die Blätter aus den braunen Haaren.
„Tembi“ antwortete ich und starrte ihn abwesend an.
Da fiel mir wieder die Frage von vorhin ein.

„Darf ich fragen, wieso sie so ... angezogen sind?“ fragte ich ihn, und wies unauffällig auf die Rüstungähnlichen Blechplatten an seinem Oberkörper, sowie den eisernen Unterarmbändern an seinen Armen.

„Das ... war eine Wette?“ schlug er vor, und auf meinem Gesicht kam ein Lächeln zum Vorschein.
„Wo haben sie das Kostüm her? Sieht ziemlich original aus!“ fragte ich, und inspizierte jedes Detail des Panzers.
Darauf waren kleine Plättchen eingemeißelt die wie Schuppen aussahen.
„Oh, wie unhöflich mich nicht vorzustellen! Ich bin E’Kâtherina Galanis. Und Sie?“
Keine Antwort kam von meinem Gegenüber.
Fragend zog ich die Augenbrauen hoch.
Sein Blick wirkte grübelnd.
„Ähm ... Nikos ... Ne“ antworte er, und kratze sich am Kopf.
„Nikos? Nur Nikos?“ fragte ich nach und legte den Kopf schief.
Ein Nicken seinerseits.

Niedergeschlagen bemerkte ich die schon jetzt untergehende Sonne.
Wahrscheinlich sollte ich jetzt nach Hause gehen.
Ich sammelte mein Handtuch, meine Tasche ein, schmiss mein Buch in den Müll, und machte mich auf den Heimweg.

„Dürfte ich fragen wohin sie gehen?“ ertönte Nikos' Stimme hinter mir.
„Wie wäre es mit: „Nach Hause“? Ich hatte nicht vor die Nacht am Strand zu verbringen. Die Nächte sind dort immer sehr kalt“ erklärte ich, und drehte mich wieder Richtung Gehweg.
„Dürfte ... ich vielleicht mitkommen?“
„Ach, und wieso?“ fragte ich mit einem Grinsen.

„Ich habe mich verirrt. Sehr verirrt. Und ... ich habe keine Unterkunf für die Nacht“ erklärte er und zuckte mit den Schultern.
„Eigentlich lasse ich keine Fremden in meine Wohnung“ Ich legte meinen Finger an meine Lippen und tat so, als würde ich überlegen. Sein bittender Blick ließ mich jedoch innehalten.
Schluckend gab ich nach.
„Zuerst sollten wir ihnen mal neue Klamotten geben. So fallen sieviel zu sehr auf!“
„Gehen wir doch zum du über!“ meinte er, statt zu antworten und hielt mir seine Hand hin.
Sofort ergriff ich sie, und schüttelte.
„Ich glaube ich habe noch Sachen von meinem Bruder im Schrank. Falls sie nicht passen sollten, müssen wir wohl einkaufen gehen. Hast du Geld dabei, Nikos?“ fragte ich ihn doch er verneinte.

Nervös bis ich mir auf die Unterlippe und rechnete den Betrag der Miete von meinem Lohn ab, und merkte, dass ich dann nur noch 150 Evros übrig hatte. Verdammt!

Erst da fielen mir die ganzen Schürfwunden an seinen Oberarmen auf.
„Wie ist das denn passiert? Dass sollte man sofort reinigen lassen, dass kann sonst böse Enden!“ meinte ich, und überlegte ob ich noch Desinifizionsmittel daheim hatte.
“Das war wohl im Wald ...“

Impressum

Texte: Alle Personen außer die Griechischen Götter entspringen meiner Phantasie. Das Cover stammt aus dem Internet, und wurde NICHT von mir erstellt (Außer die Schrift usw natürlich)!
Tag der Veröffentlichung: 02.06.2011

Alle Rechte vorbehalten

Widmung:
Liebe ist unberechenbar ...

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