Rike genießt die wöchentliche Zeit im Schwimmbad, als sie eines Tages zufällig den kleinen Robin trifft, der mit seinem Vater erstmals dort auftaucht. Sie verstehen sich sofort, sodass sie von nun an „zufällig“ regelmäßig, gemeinsam ihre Bahnen drehen.
Joe verschweigt Rike zunächst absichtlich, dass er unfallbedingt noch nicht selbstständig gehen kann und mit einer leichten Gehbehinderung ab und an im Moment auch noch auf einen Rollstuhl angewiesen ist.
Als Rike ihn erstmals darin sieht, ist sie geschockt und kann diesen Gedanken nicht ertragen.
Noch größer ist die Überraschung, als dieser Schwimmer eines Tages als neuer Mitarbeiter direkt vor ihr steht und sie mit ihm auch noch im wichtigsten Projekt der Firma zusammenarbeiten soll.
Als sich ihre Schwester später auch noch einmischt, ist das Chaos perfekt.
Eine turbulente Story nimmt ihren Lauf ...
Viel Spaß bei dieser Geschichte!
"Meine Geschichten handeln davon, dass jemand – freiwillig oder nicht – seinen Weg neu finden muss. Meine Helden sind dabei oft Alltagshelden, die ihre Ecken und Kanten haben. Ich will den Lesern Mut machen, um Neues zu wagen, andere Ideen zu bekommen oder einfach den Alltag hinter sich zu lassen und … zu träumen."
Liebe Grüße
Michelle Robin
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"Wohin die Reise geht,
hängt nicht davon ab,
woher der Wind weht,
sondern wie man die Segel setzt."
Irischer Segensspruch
Ab wann ist ein Handicap ein Handicap?
Feuchte warme Luft. Wasserdampf. Spritzer. Das erfrischende Nass war Wellness pur. Einmal wöchentlich ins Freizeitbad „H2O - Wasserland“, ein Genuss für Muskeln körperlicher und seelischer Art, wenn es die denn gab. Das Wasser plätscherte und die warmen Tropfen perlten von ihrer Haut.
Eine kuschelige Umarmung kann nicht schöner sein.
Zumindest konnte sie sich im Moment – aus Mangel an Gelegenheit – nichts Sinnlicheres vorstellen ...
Schlechte Laune ade, jetzt ist Entspannungszeit!
Die junge Frau schloss nach einigen Bahnen im Sportbecken entspannt die Augen, lehnte den Kopf zurück und blinzelte ab und an in den Freizeitbereich, in dem sich zumeist einzelne Elternteile mit quirligen Sprösslingen vergnügten. Amüsiert betrachtete sie – in angemessenem Abstand – deren Treiben und ließ sich währenddessen den Rücken vom Wasserschwall einer Massagedüse bearbeiten.
Mein wöchentliches Highlight! Immerhin etwas!
Donnerstag war Rikes persönlicher Entspannungstag im Schwimmbad. Der Tag, bevor sie in der Firma den wöchentlichen Countdown antreten musste. Denn der verhasste Freitag war der Horrortag schlechthin. Das lag allerdings mehr an den Launen des Chefs als an der stressbedingten Auftragslage. Ihre Lieblingskollegin Natalie meinte dann immer, der Chef würde sich vor dem Wochenende mit dem hauseigenen Monsterdrachen fürchten, weswegen er freitags regelmäßig seine Schreianfälle an den weiblichen Mitarbeitern ausließ. Grundlos, wie alle fanden. Aber es war so – seit Jahren. Es schien in dieser Firma zum wöchentlichen Turnus einfach dazuzugehören.
Und eben darum tat eine vorabendliche Erholung vor diesem Chaostag ausgesprochen gut. Natürlich hatte sie sich schon oft überlegt die Arbeitsstelle zu wechseln. Doch im Grunde genommen gefiel ihr die Arbeit ebenso wie die Klientel und die Gegebenheiten vor Ort. So Kleinigkeiten wie freie Zeiteinteilung, freier Kaffee, kostenloser Laptop und Hotels der Extraklasse auf Dienstreisen, zusätzlich eine nicht zu verachtende Gehaltsaufbesserung waren Fakten, die sie nicht ignorieren konnte und damit so manche Widrigkeiten schlichtweg als notwendiges Übel einstufte …
Schweinsäuglein, so nannte sie den korpulenten Chef insgeheim, hat mir gestern nach dem Meeting sogar zugezwinkert.
Eine zustimmende Geste, die er äußerst selten zeigte. Sollte sie sich jetzt darauf etwas einbilden? Anscheinend war er mit ihrer Leistung vor dem Klienten zufrieden gewesen. Morgen war Freitag, der Schreitag, wie er von den Mitarbeiterinnen hinter seinem Rücken genannt wurde.
Besser nicht daran denken, sondern schwimmen.
Das ist besser für die Psyche. Schmunzelnd zu diesem Gedankengang genoss sie die Leichtigkeit im Wasser und schwamm in der Wärme mit ihm davon. Zum Glück war es an ihrem persönlichen Relaxtag nie so überfüllt wie sonst. Diesen Geheimtipp hatte sie einer Nachbarin zu verdanken, sodass dieser Abend seit einem Jahr ihr persönlicher Badetag war. Arme nach vorne und mit Tempo Marsch!
Muskelarbeit, statt sitzender Routine im Büro. Sie drehte sich um und wollte gerade die letzte Bahn in Rückenlage beenden, als Rike überraschend gegen etwas stieß, das sehr hart an ihren Kopf donnerte.
Aua!
Spontan tauchte sie unter, um dem plötzlichen Widerstand auszuweichen.
„Oh!“ Ein kleiner Junge guckte genauso überrascht wie die Erwachsene.
„Tschuldigung“, nuschelte der Übeltäter, der ihre Bahn gekreuzt hatte. Rike lächelte schmerzverzerrt. Ihr schwante eine Monsterbeule nach dieser Attacke. Zumindest fühlte es sich bereits so an. Der Vierjährige, der sich wacker im tiefen Sportbecken über Wasser hielt, verzog betroffen das Gesicht. Er hatte wohl ebenso wenig mit jemandem gerechnet, der rückwärts so überraschend in seine Richtung schwamm.
Und woher soll ich wissen, dass solche Knirpse bereits allein im Sportbecken unterwegs sind? Kann der Zwerg überhaupt schon schwimmen?
In dem Moment tauchte neben ihnen ein Männerkopf aus dem Nass auf.
„Robin? Alles gut?“
Wow, was ist denn das für eine göttliche Stimme?
Der Junge nickte zerknirscht. „Ich glaube die Frau hat sich wehgetan.“ Dabei hangelte er nach dem Brett, das er bei dem Zusammenstoß losgelassen hatte.
Zumindest tut es ihm leid, also war er doch kein burschikoser Draufgänger, der mutwillig Opfer im Schwimmerbecken attackiert.
Ein markantes Gesicht mit strähnig-nassen Haaren blickte zu ihr, als wolle er sich für das Benehmen des Sprösslings entschuldigen. Sie schüttelte leicht den Kopf.
So schlimm ist es nun auch wieder nicht.
Außerdem würde die Beule so oder so kommen. Der Retter kam zu spät. Da half auch kein Eingreifen eines Erwachsenen mehr. Sie verbiss sich ihren Schmerz und ging nicht näher darauf ein.
„Alles gut!“, wiederholte sie stattdessen. „Wir sind uns in die Quere gekommen …“
Der Mann mit den dunklen Haaren, die ihm irgendwie wirr in die Stirn hingen, schien erleichtert.
Befürchtet er einen Frontalangriff, weil sein Zwerg mich attackiert hat?
Sie lächelte entwaffnend und betrachtete den kleinen Wasserfrosch neben sich, der mit eifrigem Beinschlag über Wasser blieb. Seine Schwimmkünste riefen insgeheim Begeisterung hervor.
Der Knirps ist wirklich fit im Schwimmen.
Vielen Kindern in dem Alter gelang das noch nicht einmal im Ansatz im Nichtschwimmerbecken.
„Aber das ist ja klasse, dass du schon schwimmen kannst“, wandte sie sich an den Kleinen.
Meine Nichten sind bestimmt doppelt so alt, tragen immer noch sichernde Schwimmflügel, ohne den Boden unter den Füßen verlieren zu wollen.
Jeder Schwimmbadbesuch glich einem theatralischen Staatsakt. Sirenen verstummten gegen deren Organ, wenn ein Wassertropfen sie berührte. Ein Großkampftag für die Ohren jeglicher Begleiter. Freiwillige für diesen Job waren rar, weswegen die Mädchen auch noch nicht schwimmen konnten.
Robin, der die gleichen dunklen Haare des Mannes hatte, feixte. Er lächelte die ihm unbekannte, blonde Frau an.
„Das kann ich schon lange“, erwiderte er stolz und hob demonstrativ die Hand, um es zu beweisen. Sein Schwimmbrett schwamm neben ihm und seine kleinen Arme paddelten im Wasser. Im Prinzip brauchte er das Brett nicht. Es war offensichtlich, dass er sich bereits alleine und sicher über Wasser halten konnte. Anscheinend hatte er das Schwimmbrett für andere akrobatische Experimente benötigt. Rike lachte. In dem Moment klatschte das Wasser in unmittelbarer Nähe und ein Jugendlicher landete mit Kopfsprung im Nass. Nicht nur Tröpfchenschauer, sondern eine wahre Bugwelle ging auf sie nieder.
„Hier darf man nicht reinbringen“, meinte Naseweis mit einem kleinen Sprachfehler. Der Pfiff des Bademeisters ertönte sofort, um die Teenager vor weiterer Eskalation zur Räson zu rufen. Robin hob die Hand und zeigte auf das Schild an der Wand, wo bildlich ein Verbotsschild angebracht war.
Klar, das kann der Kleine auch erkennen. Sie nickte ihm zu. „Ich glaube der Bademeister hat es schon gesehen.“
Ein guter Moment, um sich zu verabschieden. Schließlich war sie zum Schwimmen gekommen und wollte die letzten Minuten lieber noch etwas für ihre fehlende Fitness tun. Robins Begleiter war ihr im Weg, sodass sie um ihn herum schwamm. Schweigend betrachtete er die blonde Frau, als sie vorbei glitt. Sein Blick ging ihr durch und durch. Als sie nach zwei weiteren Bahnen die Augen durch das Freizeitbad schweifen ließ, erspähte sie die beiden im Spaßbereich wenige Meter entfernt. Robin kletterte gerade auf einem schwimmenden übergroßen Dinosaurier, den der Betreiber den Kindern im Kinderbecken zur Verfügung stellte. Die Sprösslinge kletterten darauf herum, ritten spielerisch auf ihm und konnten sich am Schwanz oder den Pfoten ins Wasser gleiten lassen. Ein Heidenspaß für Aktive und Zuschauer. Robin war bereits hoch oben am Kopf des Dinos angekommen und kreischte vor Vergnügen, als ein schwereres Kind von unten ebenfalls hinauf wollte. Das Tier schwankte. Der kleine Robin rutschte ab und fiel mit einem Platsch ins Wasser. Den Kopf wieder über Wasser lachte er aus vollem Halse. Das Element Wasser schien ihm zu gefallen.
Am Beckenrand, wenige Meter von Rike entfernt, lehnte sein Begleiter und winkte ihr freudig zu. Sie schwamm langsam in seine Richtung, um auch noch ein paar Minuten dem Treiben der Kinder im niedrigeren Wasserpegel zuzusehen. Ein Schmunzeln ließ seine Augen glänzen, als sie näher kam.
„Genug geschwommen?“, wollte er in dunklem Timbre wissen.
Verflixt, was für eine erotische Stimme.
Sie schluckte über ihre eigene Feststellung und antwortete nicht. Das war ihr vorhin auch schon aufgefallen. Ein angenehmes Prickeln kroch über ihren Rücken. Sie nickte nur, blieb zwei Meter von ihm entfernt und paddelte noch etwas mit ihren Beinen, den Blick demonstrativ auf den Dinosaurier gerichtet, um seinem Blick auszuweichen und ihren Herzschlag wieder in normale Gefilde zu befördern.
„Ein schönes Schwimmbad. Wir sind das erste Mal heute hier“, warf er ein, als wolle er den Kontakt nicht abreißen lassen. Ihr Atem ging irgendwie automatisch schneller, als sie erneut den Klang seiner Stimme vernahm.
Was ist hier los?
Sie kannte den Typen doch überhaupt nicht.
Aber seine Stimme ist ... Wow, es ist Premiere, dass ich auf einen Klang so heftig reagiere …
Das Prickeln wurde ein Kribbeln, das vom Rücken über ihren ganzen Körper kroch.
Das habe ich noch nie erlebt. Tolles Gefühl, da könnte ich mich dran gewöhnen.
Sie grinste innerlich bei ihren eigenen Gedanken.
„Hier kann ich den Kleinen gut im Blick behalten. Meistens sind die Freizeitbäder so verwinkelt gebaut, da muss ich ihm ständig hinterherlaufen. Hier kann ich das vom Becken aus tun.“
Sie nickte sprachunfähig mit klopfendem Herzen.
Kann ich überhaupt noch sprechen?
Das war ihr noch gar nicht aufgefallen, dass sich alles vom Becken beobachten lässt, da alle Becken irgendwie miteinander verbunden waren. Sportbecken, Freizeitbereich und sogar das Außenbecken.
Logisch, ohne Kind brauche ich so etwas nicht weiter zu berücksichtigen. Und die einzigen bekannten Kinder sind keine Wasserratten, sodass sich das Thema Schwimmbadbesuch mit Anhang von alleine erledigt.
„Robin scheint der geborene Wassermann zu sein“, warf sie ein, vielleicht nur, damit das Gespräch nicht abflaute. Er nickte und seine Augen strahlten dabei. Sie bekam eine richtig wohltuende Gänsehaut, als sie das bemerkte. Er liebte seinen Sohn, das war unverkennbar.
Plötzlich zeigte sich ein charmantes Grinsen auf seinem Gesicht. „Er ist sogar Wassermann vom Sternzeichen her. Also muss er ja schwimmen können, sagt er immer.“ Sie lachten beide über diese Kinderlogik.
„Zugegeben ist es hier meist auch voller, nur donnerstags scheint es eine Ausnahme zu sein.“
Seine linke Augenbraue hob sich, als wäre er interessiert über die Info. Die dunklen Augen musterten sie eingehend, als sie fortfuhr: „Ich bin jeden Donnerstag hier … weil ich auf den Andrang in den Umkleidekabinen verzichten kann. Das ist nicht so mein Ding.“
Warum verrate ich diesem fremden Typen jetzt meinen persönlichen Geheimtipp aus dem Bekanntenkreis?
Er nickte, sein Blick schien sie aufzusaugen. „Danke für den Tipp. Das werde ich mir merken.“
Was meint er damit? Die Info, dass es donnerstags leerer ist oder dass ich hier bin?
Rike wusste es nicht und biss sich auf die Unterlippe. Eine doofe Angewohnheit aus Kindertagen, wenn sie unsicher war oder nachdachte.
„Vermutlich ändert sich das auch bald, wenn ich das so freizügig jedem erzähle … und dann muss ich mir ein neues Schwimmbad suchen.“
Seine Augen funkelten amüsiert. „Ich kann Geheimnisse für mich bewahren. Versprochen!“, kam es nicht weit von ihr entfernt.
Ihre Blicke trafen sich. Seine Augen wirkten wie zwei dunkle Seen. Ein merkwürdiges Gefühl, diesen Vergleich in einem Schwimmbad anzustellen.
Verflixt, was ist nur mit mir los? Ja, er sieht gut aus.
Ein muskulöser Oberkörper zeugte davon, dass er wohl mehr Sport trieb als nur einmal die Woche wenige Alibi-Bahnen zu schwimmen. Zumindest war er schlank, soweit sie das im halbhohen Wasser so feststellen konnte. Der Rest war wegen des Wassers nicht zu erkennen.
Schade eigentlich, dachte sie innerlich grinsend.
Er schmunzelte, als er ihren Blick bemerkte.
Kann er etwa Gedanken lesen? Oder warum lächelt er jetzt auf einmal. Das ist ja megapeinlich.
Plötzlich reichte er ihr die Hand. „Dann sehen wir uns nun vielleicht öfters, wenn wir Donnerstag jetzt auch zum Schwimmtag ausersehen.“
Die Röte schoss ihr ins Gesicht.
Wo ist ein Loch, in dem ich versinken kann?
Sie nickte beschämt, nahm etwas unsicher seine Hand.
Verdammt, was ist denn das jetzt?
Sintflutartige Hitzewellen erreichten sie mit seiner Berührung. Eine Situation, die sie in dieser Form noch nie erlebt hatte. Dieser Typ sprach sie körperlich an, dabei kannte sie ihn überhaupt nicht. Noch nicht und … Besser sie suchte einen schnellen Abgang.
Was muss er sonst denken, wenn ich nach einem solch belanglosen Gespräch zur Tomate mutiere?
Sie tauchte unter, winkte noch einmal und stieg aus dem Becken.
Nichts wie raus hier, bevor alles noch peinlicher wird. Das ist mir ja noch nie passiert …
Sie spürte förmlich seinen Blick durch ihren Badeanzug hindurch und hätte liebend gern gewusst, was er von ihr hielt.
Mut zum Risiko.
Als sie sich umdrehte, blickte er ihr immer noch hinterher, winkte sogar noch einmal.
Sein Blick ist eindeutig. Ihm gefällt, was er sieht. Ob es nun der Badeanzug ist oder eher das, was darin steckt?
Aber ihr Herz klopfte auch nach dem Haare föhnen immer noch viel zu aufgeregt. Okay, der Typ sah nicht schlecht aus, aber er hatte ein Kind und zu einem Kind gehörte normalerweise eine Mutter.
Also, Rike, schalt sie sich, vergiss den Typen. Wenn du ihn zufällig beim Schwimmen noch mal siehst, weißt du, dass er schöne Augen hat und gerne mit seinem Sohn schwimmen geht. Punkt. Mehr muss man von anderen Badegästen auch wirklich nicht wissen!
Verflixt noch mal, wo sind die blöden Schriftstücke hin?
Sie begutachtete noch einmal jeden Zentimeter ihres Schreibtisches, in der Hoffnung etwas übersehen zu haben.
Nein, nichts! Hilfe!
Die wichtigen Mappen waren nicht einmal im Ansatz irgendwie übersehen worden. Bei ihr herrschte am Arbeitsplatz penible Ordnung, einzig, weil es sein konnte, dass der Chef plötzlich seinen Röntgenblick auf das neuste Konzept werfen wollte. Sie durchforstete sogar die Stifte-Schublade, die berechtigterweise diesen Namen trug, und das sollte wirklich etwas heißen. Absolut nichts! Die Dokumentenmappe blieb verschollen.
„Oh Hilfe, der flippt aus, wenn ich es nicht wiederfinde …“
Diesmal muss ich ihm sogar bei einem Anschiss recht geben. Schließlich habe ich viel Zeit in diese Arbeit gesteckt.
Frederike näherte sich einer Panikattacke. Ganz eindeutig. Ihre Hektik nahm zu.
Alles normal, wenn etwas mal außerplanmäßig passiert. Ruhig Brauner, atme tief durch. Sonst flippst du ganz aus!
Plötzlich kam ihr die Erleuchtung:
Sie hatte die Mappe obenauf gelegt, damit sie für die Besprechung griffbereit auf dem Schreibtisch lag. Absolut sicher war das. Das war, kurz bevor sie in die Mittagspause in den Hinterhof gegangen war. Eine Apfellänge hatte die Pause gedauert, und da Dokumente nicht von alleine Beine bekamen, musste sie ihr jemand …
„Exzellent!“, rief Degenhard und drückte ihr zwei Mappen mit ihrem Logo in die Hand. „Genauso werden Sie es in einer halben Stunde vorstellen. Bringen Sie mir noch einen Kaffee, Frau Sommer.“ Weg war er.
Puh!
Ihr Zittern war unvermeidbar, als sie die Mappen wieder in der Hand hielt. Erst ein Lob, dann die kalte Dusche.
Okay, dann mache ich dir noch einen Kaffee. Stark und schwarz, wie belieben, Lieblingschef.
„Dann ist er wohl vorhin rein und hat sie sich selbst geschnappt. Glück für dich, mir hat er gestern keinen einzigen Satz stehen lassen. Er wollte wirklich alles geändert haben.“
Natalie feilte trotz dieser Mitteilung entspannt ihre Fingernägel. In Gedanken verfluchte Frederike Herrn Degenhard.
Der Typ ruiniert mich noch völlig. Kann er nicht einen Zettel hinlegen, dass er sich meine Unterlagen mitnimmt?
Gedankenverloren räumte sie die Schublade wieder ein, nachdem sie sie ausgewischt hatte. Wenn das Zeug schon mal draußen war, dann konnte sie auch geputzt werden. Die Putzfeen der Firma übernahmen diesen Job nämlich definitiv nicht.
Dann der Hinweis mit dem Kaffee.
Schließlich hatte er ja eine Privatsekretärin direkt im Nebenraum.
Ist das nicht eigentlich deren Aufgabe Getränke zu servieren …?
„Glückwunsch zu deiner Arbeit“, kommentierte Natalie noch und blies die Nägel vom Staub frei. „Der scheint Gefallen an dir gefunden zu haben. Du hast letzte Woche auch keinen Schreitag gehabt, während er uns alle antanzen ließ.“
Gedankenverloren nickte Frederike.
Stimmt, das scheint wirklich eine Ausnahme gewesen zu sein. Vermutlich würde es dann heute kommen … Wer weiß das schon. Choleriker sind unberechenbar ...
„Ach, dass ich es nicht vergesse. Deine Schwester hat angerufen, ob du vielleicht am Wochenende als Babysitter einspringen könntest. Sie wollte mit ihrem Mann ins Theater.“
Frederikes Gesicht sprach wohl Bände, zumindest zuckte Natalie nur mit den Schultern, was wie eine Entschuldigung wirken sollte.
Privatanrufe sind erstens im Büro tabu und zweitens habe ich für Samstag Konzertkarten, die ich wegen spontaner Babysitterdienste definitiv nicht zurückgeben will.
Sie drehte in Gedanken den Kugelschreiber in ihrer Hand.
Aber vielleicht sind es ja verschiedene Tage und … zugegebenermaßen kann ich mich als Tante ja auch mal wieder nützlich machen. Da hat meine Schwester schon recht. Ich habe mich in den letzten Wochen etwas rargemacht.
„Danke, ich rufe sie nachher zurück. Drück mir die Daumen. Anscheinend kommen heute ein paar Neukunden zum Gespräch. Hoffentlich klappt alles …“
„Bestimmt! Ich denk an dich!“ Natalie zeigte in übertriebener Facebook-Manier den Daumen nach oben. Frederike öffnete nervös die Tür des Großraumbüros, in dem schon einige Damen und Herren im Dresscode saßen. Herr Degenhard grüßte seine Mitarbeiterin noch einmal freundlich, dann durfte Frederike mit der Vorstellung des neuen Projektes beginnen.
Kopf hoch, Souveränität ausstrahlen und … klare Stimme …
Das waren die eisernen Regeln ihrer Ausbildung. Einmal schlucken. Es konnte losgehen. Auf in den Kampf!
Nach einer Stunde lag das Telefonat mit der anstrengendsten Schwester der Welt hinter ihr. Damit würde Rike am Samstagnachmittag auf die Zwillinge aufpassen. Der Abend war kinderfrei und das geplante Pur-Konzert gerettet.
Yippie!
Erleichtert lehnte sie sich zurück.
Okay, aber damit habe ich die Aufgabe mich einen Nachmittag lang mit zwei verwöhnten Mädchen auseinanderzusetzen, die sich derzeit, laut Info der Mutter, schlecht vertragen.
Das hieß: Diskussionen, Tränen, Geschrei und … es war klar, dass ein cooler Nachmittag für eine Erwachsene einige Jahre jenseits der Pubertät anders aussah.
Au Backe und das an meinem freien Wochenende. Das kann nicht gut gehen. Aber vielleicht kann ich mir den Nachmittag doch noch schön gestalten. Vielleicht Kino, Zoo oder ...
Sie überlegte einen Augenblick, dann huschte ein Schmunzeln über ihr Gesicht.
Wie wäre es mit Zirkus? An einem Samstagnachmittag wäre das nicht ideal?
Sie lehnte sich begeistert über ihre Idee zurück. Die Alternative wäre ein Schwimmbadbesuch. Aber im Schwimmbad stundenlang im Nichtschwimmerbereich frieren, weil sie sich nicht von den Girlies entfernen durfte?
Nein danke. Außerdem will ich ja auch ein wenig Spaß an der Sache haben … Spaß?
Sie schmunzelte erneut.
Letzten Donnerstag hatte sie wieder Papa und Sohn getroffen. Sie hatten ein Wettschwimmen gemacht und sich über Attraktionen der Stadt ausgetauscht. Offensichtlich waren die beiden vor Kurzem hierher gezogen und kannten sich noch nicht im Stadtgeschehen aus. Nur aufgrund des Gesprächs wusste Rike von dem Zirkus. Die üppigen Plakatwände waren anscheinend nur ihr entgangen …
Sie lächelte, als sie an das Duo dachte. Wie es aussah, buchten die beiden immer den längeren Tarif, denn sie waren immer schon vor ihr im Becken und verließen nach ihr das Schwimmbad. Vom Becken aus konnte der Mann seinen Kleinen beobachten, wie er die Schwimmwelt eroberte. Es war ein großer Vorteil, dass der Vierjährige schwimmtechnisch schon so weit war. Robin war ein ganz lieber Kerl, der sich immer besonders freute, wenn Rike ihn bei seiner Schwimmakrobatik bewunderte. Inzwischen tauchte er schon zwei Meter tief und wollte demnächst sein Bronze-Schwimmabzeichen machen.
Tolle Leistung! Keine Frage.
Sein Vater lächelte zufrieden darüber. Vielleicht war er auch ein wenig stolz auf seinen Junior. Aber niemals kam irgendein überhebliches Gerede aus seinem Mund, was sein Kind alles könne, so wie es Rikes Schwester pausenlos von sich gab. Es schien, als genösse er stillschweigend das Tun seines Jüngsten, wenn dieser vom höchsten Teil des Dinos ins Wasser sprang und dabei vor Vergnügen kreischte. Rike spürte erneut dieses Kribbeln, als sie an ihn dachte. Genau das war ihr bereits mehrmals im Becken in seiner Nähe aufgefallen.
Was für ein Mann! Bestimmt nur wenig älter als sie selbst, aber es schien so, als könnte ihn nichts erschüttern.
Eine Gabe, die Rike an Menschen besonders schätzte. Sie selbst geriet bei Kleinigkeiten viel zu schnell in Panik.
Ein Mensch, der Ruhe und Kraft vermittelt …
Vielleicht war sie in dem Punkt ihrer zehn Jahre älteren Schwester doch sehr ähnlich, die in einem Anfall von Panik sofort in den schrillsten Tönen schrie, wenn etwas nicht nach ihren Vorstellungen klappte. Rike schrie nicht, aber sie bekam sehr leicht den inneren Flattermann und ihre Gedanken liefen dabei dann Amok.
Ihre Schwester Claudia hatte ihren Töchtern als Lebensziel Maulen und Motzen beigebracht, sodass eine permanente Unzufriedenheit deren kompletten Tag begleitete. Rike wusste nicht, warum junge Menschen so unzufrieden mit ihrem eigenen Leben sein konnten.
Samstag ist Zirkustag!
Das hatte sie soeben beschlossen. Das waren zwei Stunden Unterhaltung und Spaß für alle Beteiligten. Etwas anderes als DVD-Junkfood oder popcorngefülltes Kinoprogramm. Um das Meckern nicht schon im Vorfeld zu haben, wollte sie diese Überraschung für sich behalten. Aus purem Eigennutz verschwieg sie demnach das Ausflugsziel, als sie am nächsten Tag bei der Verwandtschaft aufkreuzte.
„Hi Rike, schön, dass du vorbeikommst, die beiden sind gerade wie Furien aufeinander losgegangen und wollten sich ernsthaft gegenseitig die Tapete in ihren Zimmern von Wänden reißen!“
Rike ahnte bereits bei ihrer Ankunft, dass dicke Luft im Hause Sommer-Wind herrschte. Die hysterischen Schreie der Zwillinge waren bis auf die Straße zu hören, als sie in die Einfahrt der exquisiten Villa abbog.
„Hallo Schwägerin!“ Ihr Schwager gab Rike sogar ein Begrüßungsküsschen. Beide Elternteile schienen so schnell wie möglich außer Haus zu wollen.
Eltern auf der Flucht vor den eigenen Kindern. Hilfe!
Vielleicht hatte Rike aus dem Grund nie im Traum an eigene Kinder gedacht. Ihre Schwester war ihr mit ihren ‚Erziehungsprodukten‘ ein abschreckendes Beispiel.
„Na dann. Wir sind fertig … Stell dir vor, wir dürfen bei der Premiere dabei sein und das wollen wir uns nicht entgehen lassen“, rechtfertigte Bernd seinen drängenden Aufbruch. Rike registrierte schmunzelnd, dass seine Frau mit den hohen Absätzen zu kämpfen hatte.
„Viel Spaß! Ich erwarte einen Kurzbericht, wie es war!“ Sie winkte ihnen zum Abschied und die Eltern rauschten mit ihrem BMW-Cabriolet davon. Rike schluckte.
Geld hatte ihre Schwester genug, aber dass sie es in der Familie immer so dekadent zeigen mussten ... Drei Autos, die Villa, zwei Ferienhäuser im Ausland, die exklusiven Urlaube nicht zu vergessen. Bei den Mädchen stachen die neusten technischen Geräte und die exquisiten Markenklamotten sofort ins Auge. Sie selbst hatte zwar einen gut bezahlten Job, aber das musste sie nicht jedem der Nachbarschaft oder gar sich selbst beweisen. Geld zu haben war sicherlich wichtig für den Lebensunterhalt, aber es musste nicht jedem provozierend auf die Nase gebunden werden.
Auf der Hinfahrt hatte sie den Ladys im Auto bereits zweimal gesagt, dass sie leiser sein mussten, wenn sie selbst hinter dem Steuer saß und sicher ans Ziel kommen sollte. Das galt auch bei einer Meinungsverschiedenheit, welcher der aktuellen Top Charts–Interpreten nun der beste sei. Doch plötzlich, als sie den von Fahrzeugen selten genutzten Schleichweg nahmen, ertönte völlig unvermittelt ein markerschütternder Schrei während der Fahrt. Claudia hatte sie bereits Tage zuvor vorgewarnt. Der grelle Schrei war eine neue Marotte als Provokation an die Erwachsenen.
Rike legte daraufhin für die Kids überraschend eine Vollbremsung hin. Es wirkte. Der Ruck in den Gurten zeigte seine Wirkung. Die Schreier verstummten vor Schreck sofort. Rike hätte sich wirklich erschrecken und einen Unfall hervorrufen können, wenn sie nicht von ihrer Schwester von der neuen Schreiakrobatik vorgewarnt gewesen wäre. Der kurze Blick in den Rückspiegel hatte ihr zuvor gezeigt gehabt, dass kein Fahrzeug vor oder hinter ihnen war.
Ein Glück! Die Fahrt hätte sonst für alle auch außerhalb des Autos ein böses Ende nehmen können. Rikes Herz schlug heftig. Einerseits, dass die Mädchen so dreist sein konnten ohne Rücksicht auf andere wie wild loszukreischen, nur um sich durchzusetzen, andererseits, weil sie in ihrem Alter nicht fähig waren, ihren Streit alleine zu klären.
Verdammt noch mal! Dieses idiotische Verhalten war der Gipfel an Unverfrorenheit gegenüber allen Verkehrsteilnehmern!
Rike hoffte, dass ihre „Schocktherapie“ den Mädchen eine Lehre war.
„Mandy und Sandy“, rief ihre Tante laut, als diese immer noch perplex in den Sicherheitsgurten hingen.
„Es gibt zwei Möglichkeiten diesen Nachmittag zu gestalten“, kam es nicht eben leise nach hinten. Der Rückspiegel genügte Rike als Kommunikationsüberträger. „Entweder ihr benehmt euch, dass auch ich Spaß habe und mich nicht in der ganzen Stadt mit euch blamiere oder aber ich kehre um und der Nachmittag ist für euch gestrichen. Dann könnt ihr jeder alleine ohne Handy und Tablet im Zimmer sitzen und euch mit euch selbst beschäftigen. Schreien könnt ihr zu Hause im Zimmer, bis ihr schwarz werdet, aber nicht im Auto, wenn ich fahre. Ich hoffe ihr habt mich endlich verstanden? Es reicht! Das Maß ist voll!“
Die letzten Worte schrie sie fast. Ihre Geduld war erschöpft.
Die Zwillinge wussten, dass Tante Rike ernst machte, wenn sie so etwas ankündigte. Ihre Eltern waren diesbezüglich das krasse Gegenteil.
Schon von Anfang an war das der Fall gewesen. Vielleicht war das der Grund, warum sich Streitereien der Geschwister oft ins Endlose steigerten und es ein permanentes Geschrei auf beiden Seiten gab, ohne irgendeinen Sieger zwischen Eltern oder Kindern. Die Fronten, wer das Ruder in der Hand hatte, waren nie geklärt worden. Dazu kam jetzt noch, dass die gleichaltrigen Mädchen sich untereinander als Rivalinnen betrachteten. Mit verkniffenen Mündern nickten die Zehnjährigen. Sie wussten, dass sie bei ihrer Tante mit dem aufmüpfigen Verhalten nicht durchkamen. Das hatten sie schon mehrmals erlebt.
Seit der Bremsattacke zeigte sich eine angenehme Ruhe. Klar war die Überraschung bei ihrer Ankunft groß. Zuerst wollte Mandy schimpfen, dass das doch ein viel zu kleiner Zirkus sei und es viel bessere gäbe, die auch im Fernsehen zu sehen seien. Doch sie ließ es lieber, als sie Rikes Augenaufschlag bemerkte. Tante Rike wäre wirklich fähig und hätte sogar noch nach dem Ticketkauf aber vor der Vorstellung die Heimreise angetreten. Zuzutrauen wäre es ihr nach dieser deutlichen Ansage jedenfalls gewesen.
„Wir können auch in zehn Minuten zu Hause sein. Jedes Gemecker sollte ich euch vom Taschengeld abziehen. Ich werde mal mit Claudi darüber reden …“
Die Idee erschien ihr gar nicht so schlecht.
Die Mädchen haben sowieso viel zu viel Geld zur Verfügung, fand Rike.
Der Schock der beiden Rebellinnen war nicht gespielt. Sie identifizierten sich ausschließlich über Geld und ihre ständigen Neuanschaffungen. Aber wer sich so daneben benahm, der sollte nicht noch belohnt werden. Aber das entsprach Rikes persönlicher Meinung.
Wider Erwarten lief die Zirkusvorstellung recht angenehm. Der Zirkus war klein, aber fein, und sie hatten viel Spaß bei der Vorstellung. Vor allem, weil der Zauberer und der Clown sich Teilnehmer aus dem Publikum aussuchten. Klein mit Hut erschienen die Mädels, weil sie nicht zum Gespött der anderen Zuschauer werden wollten, und machten einige Sketche mit. Tante Rike grinste innerlich. Sieh an, sieh an …
Rike genoss den Zauber der Zirkuswelt, der mit all seinen Facetten schon nach wenigen Minuten auch auf die Zwillinge überging. Entspannt lehnte sie sich auf der harten Sitzbank zurück. Da sie die meiste Zeit mit den Mädchen beschäftigt war, bemerkte sie nicht die amüsiert-blickenden dunkelbraunen Augen, die nur wenige Meter hinter ihr auf sie gerichtet waren …
Mitten in der Nacht läutete das Telefon. Rike blickte verdutzt auf die Uhr, als sie zu später Stunde ihre Wohnung betrat. Bereits mehrmals war die Nummer ihrer Schwester im Display zu sehen.
Hartnäckiger Fall!
Sie schlüpfte aus dem Mantel, hängte ihn an die Garderobe, zog die Schuhe von den Füßen und nahm schließlich ab.
„Rike! Was hast du gemacht?“ Eindeutig ihre Schwester Claudia. Nur sie verstand es, so vorwurfsvoll mit ihrer jüngeren Schwester umzuspringen.
„Ich habe mich ausgezogen“, kam die sachliche Antwort.
„Wie bitte?“
„Du hast gefragt, was ich gemacht habe …“
„Gestern, mit Mandy und Sandy!“
Rike stutzte. Das war schon wieder eine halbe Ewigkeit her. Vermutlich bekam sie jetzt eine Moralpredigt von ihrer älteren Schwester, was sie pädagogisch falsch gemacht hatte. Die erzieherischen Fähigkeiten ihrer Schwester waren einfach die sensationell besten. Welch ein Wunder nach der jahrelangen Erfahrung als Mutter von zwei himmlischen Kindern. Verwunderlich war nur, dass beide Kinder ausgesprochen verwöhnt und egozentrisch ohne Freunde dastanden. Deswegen wurden sämtliche Erwachsenen zu Daueranimateuren herangezogen.
Kein Bedarf. Besser keine Kinder als solche.
Das war jedes Mal ihre Feststellung, wenn sie ihre Nichten erlebte. Irgendwie waren die Eltern viel zu sehr mit sich beschäftigt, um wahrzunehmen, was für habgierige Wesen sie da heranzogen. Gestern im Zirkus war Rike gut mit ihnen ausgekommen, aber sie hatte auch schon schlimmere Zeiten erlebt. Zehn Jahre Nonstop-Verwöhnprogramm hatte Spuren hinterlassen …
„Du hast wirklich gesagt, dass du ihnen kein Taschengeld geben würdest?“, hakte Claudia lauernd nach. Rike schmunzelte.
Daher weht der Wind. Die Zwillinge haben von der Auseinandersetzung erzählt.
„Dabei weißt du genau, dass Kinder schon früh lernen, müssen mit Geld umzugehen. Die Welt ist voller Intrigen und Gemeinheiten, sodass sie lernen müssen, sich zu behaupten, wenn sie beschissen werden.“
Anscheinend hatten die Wogen im Hause Sommer-Wind hochgekocht, wenn ihre Vorbildschwester zu solch einem Vokabular griff.
Aber lernt man Selbstbewusstsein mittels Geld? Kann sich nur im Leben
Verlag: BookRix GmbH & Co. KG Texte: Michelle Robin Alle Rechte vorbehaltenImpressum
Bildmaterialien: Das Foto ist von Pixabay.com
Lektorat: Mit herzlichem Dank vor allem an Divina und Angela! Ich finde euch klasse!
Tag der Veröffentlichung: 11.01.2015
ISBN: 978-3-7396-0765-8