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Erwachen

Ich erwachte. Mein Kopf tat weh und ich rieb mir die schmerzende Stelle. Meine Hände fühlten sich taub an, ich sah sie mir an. Blut. Erschrocken schaute ich mich um. Ein Zimmer, weiß, nun war es voller Blutflecken. Mein Herz raste. Als ich aufstehen wollte, denn ich saß mehr oder weniger, brannten meine Füße mit jedem Versuch. Als ich an mir herunter sah, bemerkte ich, dass ich lediglich mit einem fest um mich gewickelten, ehemals weißen Stofftuch bekleidet war. Es war mit Blut beschmiert. Als ich mit dem Blick bei meinen Füßen angekommen war, erschrak ich erneut. Sie waren teils blutig und hatten Spuren von einem fest angebundenem Strick. Ich kroch am Boden entlang zur Wand. Ein Fleck der noch nicht blutverschmiert war. Ich presste mich verzweifelt dagegen. Schnaufend erhob ich meine blutigen und stark verkrusteten Hände zu meinem Kopf. Warme Tränen kullerten meine eiskalten Wangen entlang. Ein Geräusch. Panisch schaute ich mich in dem winzigem Zimmer um. Es war ein Fenster dort. Und ein dickes Stück Holz, ebenfalls blutig. Ich stellte mich darauf und schaute hinaus. Ein warmer, genüsslicher Sommerduft kroch in das Zimmer und wärmte leicht meine Wangen. Als ich in den Himmel schaute, sah ich ihn. Ein perfekter Vollmond. Keine Wolke. Kein Baum. Und dann öffnete sich die einzige Tür in dem Zimmer.

Unbekannter Besuch

Ein Mann in schwarz gekleidet ging boshaft lachend in mein Zimmer hinein. War es mein Zimmer? Ich konnte mich an nichts erinnern. An nichts vor diesem Erwachen und an nichts was hätte passiert sein können. Ich wusste nicht mal meinen Namen. "Carlaaa...", säuselte eine tiefe, raue, gruselige Stimme. "Carlaaaaa... Du warst ungezogen.", säuselte sie weiter. Ich konnte nicht sprechen. Wie hörte sich meine Stimme überhaupt an? Wie sah ich denn überhaupt aus? "Alles ist so blutig. Du bist sooo leicht verletzlich. Das erregt mich glatt...", säuselte die Stimme weiter. Was hatte dieser Mensch gerade gesagt? Es erregte ihn, dass ich jeden Moment an inneren Verletzungen sterben könnte? SOWAS ERREGTE IHN? "WAS?", brachte ich heraus. Überrascht eine schöne Stimme zu haben, presste ich mich erneut an die Wand. Aus Angst vor diesem Menschen. "Carla.", sprach er so, als ob ich mich schlecht fühlen sollte. "Was machst du nur. Letzte Nacht warst du mir noch sooo treu ergeben. Und nun sträubst du dich gegen ein bisschen Mitternachtsspaß?", er lächelte verhement. WAS? "Ich... ich blute. Ich habe Schmerzen. Solche Schmerzen.", fing ich an zu wimmern. Sein Lächeln verschwand und er schaute mich böse an. "CARLA! GIB MIR WAS ICH VERLANGE!!", brüllte er und packte mich am Arm. "HÖR AUF, DAS TUT WEH!", kreischte ich wild. Er zog mich kräftig und ich fiel. Er hielt meinen Arm immer noch oben, es schmerzte. Ich keuchte. Dann fing ich erneut an zu kreischen. "LASS LOS!", brüllte ich. Er lachte und lies mich los. Er schmiss mir meinen Arm praktisch zu. Es tat alles weh. Der Mann drehte sich geschickt um und schaute mich von der Tür aus an. "Du bist so zuckersüß, wenn du Schmerzen hast.", murmelte er gespenstig lächelnd und ging aus dem blutigen Zimmer. Er knallte die Tür zu. Erschrocken kroch ich zurück an die Wand. Ich fing erneut an zu wimmern und kugelte mich zusammen.

Eiskalt

Ein pfeifender Wind zischte in das Zimmer und der Stofffetzen um meinem Körper wedelte hin und her. Ich wimmerte und zitterte. Ein lauter Schrei durchfuhr meinen Körper und als ich mich umdrehte, wurde schon die Tür geöffnet. Aus Angst das dies wieder der Mann sei, kroch ich in eine Ecke und wischte mir die Tränen mit den blutigen Händen weg. Ich keuchte leicht und schon kam eine Frau, blasse Haut und helles Haar, herein. Sie schaute mich wutentbrannt an. "WAS GLOTZT DU SO?", kreischte sie. Ich atmete ruckartig ein und die Tränen kullerten wieder meine Wangen hinunter. Ihr Blick wurde weicher und sie setzte sich neben mich. "Das... das tut mir leid. Bitte, entschuldige.", sie strich mir sanft über den Rücken. "Nicht so schlimm...", wisperte ich. Ihre Haut war eisig. Sie erklärte mir ihre Geschichte, nur um mich zu beruhigen.Sie war 20. Ihr helles, kurzes Haar schmeichelte ihrem hübschem Gesicht. Ihr Name war Bly. Blyssm um genau zu sein. Es war ihr Schrei gewesen, der mir das Mark erschüttern lies. Ich bemerkte erst jetzt, als die Tränen meine Sicht nicht mehr verschleierten, dass sie nass war. Sie lag in einem Sumpf, darum war sie auch so dreckig. Der Mann hatte sie rausgeholt. Natürlich war er auch der Mann, der sie dort reingeschmissen hatte. Als sie etwas über mich fragte, konnte ich nicht antworten. "Ich heiße Carla. Wie alt ich bin weiß ich nicht. Ich weiß nichts über mich.", murmelte ich leise. Und dann durchbrach ein weiterer Schrei die eiskalte Nacht. Ein Mädchen kam ins Zimmer, ziemlich klein, giftiger Blick, lange dunkle Haare und fast rabenschwarze Augen. Knurrend kam sie ins Zimmer. Und dann war dort wieder der Mann. Er griff mich und Bly am Arm, zerrte uns in einen Gang und befahl einem ziemlich großen Mann, warscheinlich ein Wachmann, uns zu fesseln. Bly wehrte sich nicht. Also tat ich es ihr gleich. Wir bekamen einen dicken Strick um die Handgelenke gebunden. Als ich Schmerzen hatte und das Gesicht verzog, schnürte der Wachmann etwas lockerer. Dennoch fest genug. Ein weiterer Mann kam aus dem Gang gerannt und führte uns an den Armen ziehend den grauen Betongang entlang. Mit sicherem Griff kamen wir an einer riesigen Holztür an. Er drückte Bly an die Wand und sie blieb stehen. Mich drückte er daneben und schaute mich böse an. Er öffnete die gewaltige Tür und schob uns hinein. Eiskalter Wind fegte mir die nassen Haare aus dem Gesicht. Er schob uns hinaus und ich fiel hin. Blyssm brüllte ihn an. "HELF IHR AUF DU IDIOT!", und er eilte mir zur Stelle. Schon stand ich wieder. Er grummelte Bly etwas zu und schob uns weiter. Wir waren im Freien. Warum lief Bly nicht weg? Warum tat ich es nicht? Ich wartete nur noch auf ein Zeichen von Bly. Doch sie folgte dem Waldweg. An einem riesigem Metallzaun öffnete der Mann die Tür, drückte uns rein und schloss ab. Er ging wieder zurück ins Haus. "Was machen wir hier?", fragte ich Bly leise. "Wir müssen in dieser Nacht draußen bleiben. Als Strafe.", murmelte sie. "Wo sind wir überhaupt?", fragte ich. "Er nennt es sein 'Folterhaus'", antwortete sie leise. Mehr wollte ich nicht wissen.

Vollmond wärmt nicht

Es war kalt. Eiskalt um genau zu sein. Ich zitterte und Blyssm schaute starr zum Mond hinauf. Als ich mich auf den Boden kauerte um zu schlafen, huschten meine Blicke immer wieder zur Tür, ich hoffte sie würde sich öffnen. Vergeblich. Am nächsten morgen, Blyssm schaute in den Himmel, öffnete sich die metallene Tür. Ein Mann kam herein und zog Blyssm heraus. Nur Blyssm. Sie lächelte abartig verführerisch und ging mit. Er hielt sie nicht mal fest. Ich fing an zu schreien. Warum war ich hier? Warum wusste ich nicht, was vorher geschehen war? WARUM? Als Bly zurück kam, waren ihre Hände entfesselt. Sie schloss die Tür auf und holte mich heraus. Im Gehen flüsterte sie mir zu: "Ich werde den Strick abmachen, wenn ich anfange zu schreien, rennst du in den Wald zu einer Eiche. Zur ersten, die du siehst. Ich werde dir später folgen!", ich nickte stumm. Dann kam dort dieses Mädchen wieder. Diese kleine, mit dem giftigen Blick, den schwarzen, langen Haaren und den fast rabenartigen Augen. Sie zischelte. "Na...KLEINE?", sie lachte boshaft. Bly flüsterte mir ihren Namen zu. 'Raven' also. Das passte zu ihrem Aussehen. Und bevor ich mich versah, wurde ich schon zu Boden geschleudert, Blyssm stand schützend vor mir und knurrte Raven an. Tränen liefen über meine eiskalten Wangen. Sie brannten auf meiner ausgekühlten Haut. Ich wimmerte und kroch zu einem Baum in der Nähe. Warum war kein Wärter da, wenn man einen brauchte? Ich wollte schreien, wollte sagen, dass sie aufhören sollten, doch kein Ton entwich meinen Lippen. Mit zitternden Händen hielt ich mir die Ohren zu. Wollte nichts hören, wollte nichts sehen. Sterben. Das wäre schön gewesen. Der Wind pfiff wieder durch den Stofffetzen und wehte meine Haare ins Gesicht. Ich hörte einen Schrei. Einen dumpfen Aufschlag und dann war es still. Ich wagte es nicht, die Augen aufzumachen, die ich zugekniffen hatte. Ich hatte zu große Angst, dass vor mir Bly liegen würde. Blutig. Anstatt die Augen aufzumachen, fing ich stärker an zu weinen. Die Tränen brannten sich in meine Wangen ein, so fühlte es sich jedenfalls an. Mit zitternden Händen wischte ich mir die Tränen weg. Der Vollmond durchbrach die Wolken erneut. Ein zartrosa Ton war in der ferne des Horizontes zu sehen. Dort hinten würde ich gerne sein. Weit weg.

Was soll das?

Als es hell wurde, ich lag übrigens immer noch zitternd und weinend an dem Baum, rüttelte jemand unsanft an meiner Schulter. Die Sicht vom Tränenschleier stark eingeschränkt, erkannte ich nur Umrisse. Silbernes Haar fiel in langen Strähnen vom leicht eckigen Gesicht. Graue, starre Augen musterten mein Gesicht. Volle, blutrote Lippen formten sich zu einem leichten Lächeln. "Geht es Ihnen gut?", sprach er mit leichtem Akzent. Ich schüttelte nur schwach den Kopf. Als ich an seinem leicht muskulösen Körper vorbei sah, war dort Blut. Wo waren Raven und Blyssm? Und woher kam dieser Mann auf einmal?"Mein Name ist Jy.""Ich..ich bin Carla.", murmelte ich.Irgendetwas an ihm erschien mir merkwürdig. War es das silberne Haar, was unnatürlich glatt von seinen Schultern fiel? Es ging ihm bis zur Hüfte. Oder waren es die grauen, fast silbernen Augen, die einen so starren Blick hatten? Was war es nur, was mich so verunsicherte? Er hob mich auf seine Arme und schritt sicher den Wald entlang. "Haben Sie den Kampf mitbekommen ? Zwei Mädchen. Haben sich schlimm gefetzt. Eine lag heute früh tot am Boden. Haben Sie das mitbekommen?", fragte er leicht verunsichert. Ich zuckte die Schultern. "Waren Sie bei Bewusstsein? Sie waren immerhin hautnah dabei.", er schaute mich an. Ich zitterte. Meine Lippen bebten. "Bly.. Meine Freundin, sie... sie hat sich auf Raven gestürzt, die irgendwas von mir wollte. Als beide sich angeknurrt und angefaucht h-haben, hab ich die Augen zugemacht. Ich wollte das alles nicht sehen!", ich fing an zu weinen. "Schh...", sagte er beruhigend und ich lehnte meinen Kopf gegen seine Brust. "Also haben Sie den Kampf nicht gesehen?", versicherte er sich. "Nein.. nur etwas gehört. Schreie, Krachen, dumpfe Auf-Aufschläge.", stotterte ich vor mich hin. Erst jetzt bemerkte ich, dass mir mal wieder kalt war, ich zitterte am ganzen Körper, meine Lippen bebten und der Tränenschleier verbarg meine Sicht hinter dickem Nebel. Er führte mich in ein Gebäude. Moment! Ich erinnerte mich an einige Minuten zuvor. Einer von den beiden ist tot. War es Bly? Was ist das überhaupt für ein Gebäude? "NEIN! ICH WILL DA NICHT REIN!", ich fing an zu kreischen und zappelte wild in seinen Armen herum. "Ist gut..Beruhige dich!..schhschh." - "LASS MICH LOS!"!!", brüllte ich ihn an. Er blieb abrupt stehen. Beruhigt lies ich mich in seine Arme fallen und schnaufte. "Warum?", flüsterte er. Sein Atem, süß wie Ahornsirup, blies mir ins Gesicht. "Ich... weiß nicht.", murmelte ich und er lachte. Ein kleines Glockenspiel. Ich wurde schlagartig müde. Was ist das? Was war es, was mich so müde machte? Sein Atem? Er war süß... sooo süß. Und sein Duft erst. Er roch nach Meer. Nach einem süßen Meer mit Blumen. Mit Rosen! Nein, mit Lilien! Mit Blumen! Mit allen, die so süßlich rochen. So perfekt. Und schon glitt ich in den Schlaf.

Liebe riecht anders

Ich blieb lange bei Jy. Er war, auf dem zweiten Blick, wunderschön. Das silberne Haar... Er wollte mir nicht sagen, wer von den Mädchen tot war. Er wusste immerhin nicht, wer Raven oder Blyssm war. Irgendwann, ich hatte ernsthaft wieder Gefühle, glaubte ich mich in Jy verliebt zu haben. Er lächelte mich immer an... immer. Nach geraumer Zeit, es war vielleicht ein Jahr vergangen, waren wir ein glückliches Paar. Jedenfalls dachte ich das. Ich saß auf einem der schönen Stühle. Sie waren braun mit goldenem Rand. Er stand vor mir, kniete sich dann hin. Er hielt mein Gesicht in seinen Händen, sie waren warm. Langsam zog er mich näher. Er schloss die Augen und setzte zu einem Kuss an. Es war der süßeste zwischen uns. "Ich weiß wer deine Eltern sind.", murmelte er irgendwann. "Wer?", flüsterte ich. "Cly und Danylle", hauchte er. Ich entriss mich seinen Händen. "Woher?", fragte ich laut. Ein zaghaftes Klopfen an der Tür. Jy rief lächelnd "Herein CLY UND DANYLLE VILLS!!", er grinste. "Mum? Dad?", murmelte ich tränenerstickt. Ich war so nah am Wasser gebaut. Cly, also mein Vater, hatte ungefähr kinnlanges schokoladenbraunes Haar. Seine Augen waren eisblau und am Rand dunkelblau. Dads Gesicht war ein wenig eckig, aber er war schön. Seine Lippen, zu einem Lächeln geformt, waren blass.

Danylle, sie bestand darauf das ich sie Dany nannte, hatte hingegen helles, fast weißblondes Haar. Ihre Augen waren in einem hellem grün. Ihr Gesicht war leicht rundlich. Danys Lippen waren voll und ein wenig heller als blutrot. Als mein Blick zurück zu ihren Augen wanderte, rollten große Tränen das makellose Gesicht hinab. Ich fiel beiden in die Arme. Jy hatte einen so merkwürdigen Blick im Gesicht, es sah aus wie tiefster Hass. Sie lebten später nicht bei uns im Haus, sondern in einem das in der Stadt Grych war. Weit entfernt. Sie erzählten mir wie ich in das 'Folterhaus' kam, wieso ich überhaupt dorthin kam. Cly fing an."Nun. Du warst 15. Du bist mitlerweile 17, Liebes. Der Mann, der dich dort festhielt, einer meiner besten Agenten war er.", er schüttelte seinen Kopf. "Er sagte, er würde dich zur Schule bringen. Natürlich hatte ich ihm vertraut und gab dich in seine Obhut. Ich konnte ja nicht ahnen, was er wirklich plante! Als du am Abend nicht wiedergekehrt bist, und er erst Recht nicht, machten wir uns Sorgen. Wir suchten in seinem Büro nach Antworten. Doch das, was uns in die Hände fiel, lies uns erzittern. Ein Plan zu einem Gebäude. Er hat geplant es in drei Etagen bauen zu lassen. Die Oberste ist im Auftrag gewesen. Wir ahnten das Schlimmste. Wir haben sogar schon geglaubt, du lebst gar nicht mehr! Das Gebäude war ein Folterhaus. Wo Kinder, die er tiefgründig hasste, gefoltert werden konnten. Wir hätten nie gedacht, dass er auch zu sexuellen Mitteln greift. Dass er dich angefasst hat...", ein angewiderter Blick entwich seiner Mine. "Mein Schätzchen. Als ihr am nächsten Tag nicht zurück wart, suchten wir verzweifelt die Adresse. Doch sie war nirgends mehr zu finden. Genau wie die Pläne. Er war also in der Nacht im Büro gewesen und hatte alles beseitigt. Im Schredder fanden wir einen Ausweis. SEINEN Ausweis. Er war gefälscht. Und wir hatten ihm geglaubt. Als die Polizei kam, schien alles aussichtslos. Wir hatten immerhin keine Beweise, weder Adressen oder ähnliches. So mussten wir weiterleben, in der Ungewissheit ob dein so reines Herz noch schlagen würde.", seine Augen leuchteten traurig. Ich fiel ihm in die Arme. Dany, ihre Stimme war sanft, begann ebenfalls zu sprechen. "Wir haben von dem Agent einen Anruf bekommen, ob du zuhause wärst. Wir verneinten. Er legte sofort auf. Wir hatten gehört wie einige Damen seine Aufmerksamkeit forderten. Na, der hat sich sicherlich amüsiert da!", sie schüttelte angewidert den Kopf. "Und dann, vor ein paar Wochen hatte dieser nette Knabe uns angerufen. Er war ins Folterhaus rein und hatte deine Daten geholt.", Jy lächelte. Doch in seinen Augen war ein angewiderter Blick. Was war nur plötzlich los mit ihm? Ein stickiger Geruch kroch in meine Nase und lies mich in Ohnmacht fallen.

Carla allein

Als ich wach wurde, saß niemand neben mir. "MUM DAD?", kreischte ich wild. Doch niemand öffnete die Tür. Niemand kam herein. Niemand antwortete mir."JY? JY HÖRST DU MICH?", rief ich in den stillen Raum. Ich machte Anstalten aus dem Bett zu kommen, letzendlich knallte ich auf den Boden. "JY?", brüllte ich. Doch niemand antwortete. Als ich die Tür öffnete, den Flur entlang rannte, in das Wohnzimmer ging und dort nach ihm suchte, fand ich nichts. GAR NICHTS. Kein Papier mit einer Entschuldigung , wo er denn sei. Nichts. Ein ungutes Gefühl machte sich in mir breit. Ich war, seit er mich von dem Ort der Schande weggeholt hatte, nicht mehr allein gewesen. Mein Herz raste und mein Atem verließ nur noch stoßweise meine Lunge. Tränen liefen über meine Wange, über die alten unsichtbaren Brandmale von heißen Tränen auf eiskalter Haut. Ich schluckte schwer. Ein Kloß in meinem Hals. Mein Blut rauschte wie Ferraris meine Adern entlang und hinterließ dabei ein Gefühl von ... von was ? Es war... als ob ich keine Angst hätte, nein etwas anderes. Etwas, was mich todunglücklich machte. Dass ich allein war? Nein, das war es nicht. Es fehlte etwas. Es schmerzte, als mein Ferrariblut durch meine Adern rauschte. Mit mehr als 200km/h, wie es sich anfühlte. Der Blutrausch fügte mir Schwindel zu. Jy kam viel zu spät in unser gemeinsames Haus. "Wo warst du?", murmelte ich leise. "Nirgends. Unwichtig. Nichtig.", flüsterte er. Ich glaubte ihm nicht ganz. Doch dann schlief ich ein. Irgendwann... ich gähnte ein paar mal. Wachte auf und blickte in seine starren, grauen Augen. Ein Schauer lief mir den Rücken runter. Es war kalt. Ich kuschelte mich in die Decke. Kuschelte mich bei ihm an die Brust. Die Nacht blieb er wach. So lange bis ich beruhigt schlafen konnte. Allein sein tat mir nicht gut. Das hatten wir beide deutlich gemerkt. Doch irgendwas kam mir trotzdem anders vor. Betrügen würde er mich doch niemals...oder?

Zweifel

Tage voller Zweifel, würde Jy mich betrügen? Mein kleiner Engel auf Erden? Ich schluckte schwer. Wir saßen vor meinen Eltern und ich ließ mir nichts anmerken. Cly und Dany alberten wie ein junges Pärchen herum. Ein wenig peinlich, aber sie liebten sich. Mir war es allmählich auch egal das Jy sich dauernd vom Tisch verabschiedete, um 10 Minuten irgendwo zu verbleiben und dann wiederzukommen. Das wiederholte sich so oft, dass ich bei 20 aufhörte, zu zählen. "Entschuldigt mich erneut.", murmelte er, schloss die Tür auf und knallte sie beim rausgehen zu. Ich schnitt ein Brötchen auf und bemerkte erst viel zu spät dass es vollgeblutet war. Ich hatte mir fünfmal in die Hand geschnitten, gar nicht gemerkt, wo das Messer war. Es war total blutig. Mir wurde übel. Dann...plötzlich. Mir stieg das Wasser in die Augen, es brannte, es machte mich blind. Minuten in Dunkelheit saß ich still da. Meine Augen kniff ich zusammen, es brannte immer noch.In Gedanken kippte ich um, in Wirklichkeit saß ich stumm da. Mechanisch stand ich auf, ging ruhig in mein Zimmer, schloss mich ein und fiel um. Ich knallte auf den steinharten Boden, schrie einfach in die Dunkelheit hinein und verwischte aus Versehen das Blut in meinem Gesicht. Meine Hand brannte, meine Augen brannten, alles tat weh. Alles brannte. Als endlich nichts mehr weh tat, Jy stand vor meiner Zimmertür, setzte ich mich auf und öffnete meine Augen. Eine verschleierte Sicht, verschleiert durch die vielen Tränen. Ein Gefühl von Hass durchstieg meinen Körper. Der Hass brodelte in mir auf, lies mich Schimpfwörter ausspucken, lies den Zweifel in meinem Körper nach außen. Der Hass hatte mich besiegt. Dieses Gefühl... es stieg weiter in mir hoch, blieb in meinem Hals stecken und ich schnappte verzweifelt nach Luft. LUFT LUFT LUFT! Kreischte mein Inneres. Doch das einzige, was ich bemerkte war, wie mein Herz sich verlangsamte. Es durfte jetzt nicht aufgeben! Das Blut rann meine Hand hinunter, tropfte auf den elfenbeinfarbenen Teppich und hinterließ lästige Flecken. Das bemerkte ich nur am Rande des Geschehens. Ich schnappte weiterhin nach Luft, ich sah warscheinlich aus wie ein halbtoter Fisch. Ich wälzte mich auf dem Boden herum, schrie, sofern man es so nennen konnte. Ein erstickender Laut entfloh meiner Kehle. Ich wollte schlucken, wollte dieses kratzige Gefühl aus meinem Hals haben, doch mein Mund war trocken. Luftschnappend, warscheinlich bald erstickend, rappelte ich mich auf und öffnete das Fenster. Ich steckte meinen Kopf hinaus, schwankte, als ich mich auf den Stuhl stellte und fiel beinahe hinaus. Ich schnappte immer noch nach Luft. Ein Laut, als müsse ich erbrechen, kam aus meinem Mund. Der Laut kam wieder, wieder und nochmal. Jy brüllte mich durch die Tür an, doch ich verstand keine seiner Worte. Ich war hier beschäftigt. Immerhin war ich am Ersticken! Der Kloß lößte sich, beinahe erbrach ich dabei. Ich schnappte nach Luft, und die Luft durchfuhr meinen Körper.

Mörder

Ein, zwei Wochen vergingen, meine Eltern besuchten uns regelmäßig und ich schirmte mich von Jy ab. Er schaute immer so hasserfüllt,wenn er Cly und Dany sah. Das tat mir immer wieder im Herzen weh. Als ich eines Tages wieder allein, jedenfalls glaubte ich dies, zuhause nach Essen suchte, überfiel mich ein Schrei. Ich stürmte aus der Küche. Das Blut im Flur roch ich nur. Ich hatte es noch nicht entdeckt. Dort stand Jy. Mit einem blutigen Messer in der Hand. Seine starren Augen blickten mich an, ein Knurren durchfuhr seine Kehle. Ich schaute um die Ecke, der Leib meines Vaters lag da. "NEIN", kreischte ich, drückte ihn beiseite und warf mich auf den inzwischen eiskalten Leib. Ich schnaufte, dann sah ich erst den reglosen Körper meiner Mutter. "WAS?", ich kreischte. Ich rannte so schnell ich konnte in mein Zimmer. So schnell, wie ich noch in der Lage war. Ich schmiss mich auf das Bett, weinte. Weinte Tage lang, so fühlte es sich jedenfalls an. Doch es waren nur Stunden. Stunden der Einsamkeit. Stunden voller Hass. Als ich aus dem Fenster schaute, sah ich .. Bly? Als sie hochguckte, erspähte sie mich. Sie kam sofort ins Haus, erschrocken über das, was sich abgespielt hatte. "Raven ist tot", murmelte sie und lächelte. Als sie bemerkte, wer diese zwei Menschen waren, umarmte sie mich kräftig. "Ich... ich muss es ihm heimzahlen.", murmelte ich. "Schätzchen", so hatte mein Dad mich genannt. "Wie?", fragte sie nach einer schweigsamen Sekunde. "Tod", murmelte ich. Ich schritt langsam herunter, ging in den blutgebadeten Flur, stellte mich vor ihn. Ein Messer, rasiermesserscharf, in meiner Hand.

Erzählersicht

Sie nahm das Messer. Ein paar salzige Tränen fielen auf die rostfreie Klinge. Sie platzierte die Spitze an dem Platz, wo ihr längst versteinertes Herz hätte sein müssen. Ihre Gefühle schalteten sich aus, ihr Gehör ebenfalls. Alles was sie sah, war blutrot. Er hatte alle getötet. Und nun würde sie sich töten. Er würde seelische Schmerzen haben. Der Gedanke gefiel ihr. Ein verschwunden geglaubtes Lächeln huschte über ihre Lippen. Mit einem Ruck stieß sie das Messer in ihr Herz. "NEIN!", hörte sie ihn schreien. Doch das war ihr egal. Er sollte leiden. Das warme Blut lief ihre Hand hinunter. Ihre Knie gaben nach, mit dem Kopf voran fiel sie auf den steinharten Boden. "NEIN!", schrie er erneut und eilte ihr zu. "Arschloch", glitt ihr über die Lippen. Ein letzter mühsamer Gedanke. Er würde jetzt leiden. So wie sie es getan hatte. Das Lächeln kam wieder. Und das versteinerte Herz zerbrach. Sie war tot.Gestorben bei Vollmond.

Impressum

Tag der Veröffentlichung: 18.07.2010

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