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Ich liebe die Frauen, ich bete sie an, ich vergöttere sie, diese herrlichen Wesen, die nicht aus Fleisch gemacht zu scheinen, sondern als kosmische Sphärenerscheinungen neben uns Männern durchs Leben schweben.
Leider beruht diese Liebe auf wenig Gegenseitigkeit. Es scheint als wäre ich Usama bin Laden, Adolf Hitler und George W. Bush in einer Person. Ich sammele mehr Körbe in einem Monat als Dirk Nowitzki im ganzen Leben. Ein Rekord, der in keiner offiziellen Statistik auftaucht. Gott sei dank.

Doch vor einem Monat sollte sich alles ändern. In der Mensa stolperte ich in Christiane aus meinem Sportkurs. Schien der falsche Zeitpunkt zu sein, denn sie transportierte gerade ein Tablett mit Spaghetti Bolognese zu ihrem Sitzplatz. Ihr früher weißes Shirt schimmerte nun in schillerndesten Brauntönen.
»Scheiße», fluchte sie. »Kannst Du nicht aufpassen. So kann ich mich nicht in meinem Seminar blicken lassen.»
So nah war ich noch nie einer Frau gekommen, außer Mama. Die Gelegenheit griff ich beim Schopf.
»Bist Du solo? », fragte ich unschuldig.
»Eine schlechtere Anmache habe ich noch nie erlebt», fauchte sie mich an. »Das geht Dich nichts an.»
»Also ja, darf ich Dich heute Abend als Entschuldigung für meinen Fauxpas zum Essen ausführen. Du darfst das Lokal aussuchen. Geld spielt keine Rolle. Schließlich geht es um unsere Liebe, die bei romantischem Kerzenschein lichterloh entflammen wird.»
»Du bist ein Schwätzer. Höchstens, wenn Du mich zu einem viergängigen Menu im Clichy einlädst», grinste sie abfällig.
»Gut, heute Abend acht Uhr?», fragte ich.
»Du Bist wahnsinnig, das kostet über hundert Euro. Gut, ich komme Aber bild Dir bloß nicht ein, dass Du bei mir landen könntest. Ich sage nur zu, weil ich nicht nein sagen kann.»
Den Nachmittag schwänzte ich die Uni und traf die notwendigen Vorbereitungen, kaufte rote Rosen, schokoladige Pralinen und beschwatzte den alten Akkordeonspieler aus der Fußgängerzone uns Gesellschaft zu leisten.
Als Christiane im festlichen Abendkleid das Restaurant betrat, spielte Paolo virtuos „I wanna know what love is“ durch alle Register seiner Klapperkiste und intonierte den Song mit leicht spanischen Akzent zutiefst emotional. Kellner und Gäste weinten und klatschten frenetisch Beifall. Christine wirkte verlegen. Erst recht, als sie Rosen und Pralinen auf ihrem Platz entdeckte.
»Findest Du das nicht total übertrieben? Ich habe mich gerade von meinem Freund getrennt, ich bin noch nicht bereit für eine neue Beziehung. Und dass wir zusammenpassen, bezweifele ich», flüsterte sie.
Hatte sie wirklich „noch nicht bereit“ gesagt? Da ging doch was. Ich bestellte das Menu. Kostete nur achtzig Euro. Lecker war das Schicki-Micki-Futter nicht. Aber was tut man nicht alles für die Liebe. Und unser Gespräch offenbarte viele Gemeinsamkeiten.
»Welche Filme magst Du? »
»Herr der Ringe und die Narnia-Verflimungen haben mich umgehauen, wirklich cool.»
»Die Schlachtszenen liebe ich auch. Es dürfte nur ein wenig mehr Blut fließen», stimmte ich zu.
Schweigen.
»Und welche Bücher magst Du. Ich finde Walt-Disneys lustige Taschenbücher hammergeil. Wenn Donald gegen die Dampfwalze kämpft ist das ganz großes Kino.»
»Ähm ja», murmelte sie. »Kann ich nicht so viel mit anfangen. Ich mag gerne Klassiker wie Goethe. Der Werther ist doch total modern.»
»Sag ich doch. Disney hat eine Wilhelm-Tell-Version herausgebracht. Ist besser als das Original»
»Du ich glaube, wir passen überhaupt…»
»Erzähl mal: Was ist Dein liebstes Urlaubsziel? Hör mal, ich habe eine fantastische Idee. Lass uns über das Wochenende zusammen weg fahren. Vielleicht ans Meer. Wir beide im Zelt, das wär doch was. Deinen Ex hast Du sofort vergessen.»
Christiane schien wirklich begeistert zu sein, denn sie verdrehte die Augen.
»Zelten, das würde Dir so passen», schien ihr meine Dreistigkeit zu gefallen. »Mit Dir würde ich höchstens ins Fährhaus auf Sylt fahren. Übernachtung für 500 Euro, und Einzelzimmer! »
Ich überschlug meine Finanzen. Wenn ich den Dispo ausreizte, wäre das machbar.
»Okay, ich buche zwei Zimmer in diesem Fährhaus.»
»Das war doch ein Scherz», raufte sie die Haare.
»Kneifen gilt nicht», drängte ich.
»Na gut», stöhnte sie. »Ich kann halt nicht nein sagen. Aber denke bloß nicht, dass zwischen uns etwas laufen wird.»
Jetzt war ich mir sicher: Im Urlaub würde ihre Liebe keimen, zu einem zarten Pflänzchen erwachsen und in voller Pracht erblühen.
Ich pumpte Mama an, überzog mein Konto bis zum Anschlag und buchte unser Liebesnest. Beim Preis wurde mir schon ein wenig schummrig.
Wir reisten am Freitag getrennt an. Ich mit dem Auto, sie mit der Bahn, denn die Ärmste litt unter Motorphobie. »Ich krieg Panik, wenn ich in so eine Blechbüchse steigen muss», sagte sie.

Also zahlte ich ihre Zugfahrt und gondelte per Mitfahrzentrale gen Norden. Am Abend waren wir vereint. Christiane spülte ihr Lachsschnittchen mit Sekt hinunter; ich durfte ihre Petersiliengarnitur verspeisen, mehr gab mein Geldbeutel nicht her.
Doch ich kam voran: Während sie hinreißend von den Geranien auf ihrem Balkon erzählte, näherte sich ihre Hand bis auf zwanzig Zentimeter meinem Bein. Strike. Doch als ich sie greifen und exstatisch streicheln wollte, wehrte sie mich mit Schmerz verzerrten Gesichtsausdruck ab.
»Sorry, ich habe eine Berührungsphobie. Wenn mich jemand anpackt, kriege ich Pickel.»


Sie wurde wirklich hart vom Schicksal gebeutelt. Ich entschuldigte mich. Aber sie verabschiedete sich rasch, um sich vom Reisestress zu erholen. An der Hotelbar sprach sie mit einem ziemlich ekligen Typen im Nadelstreifenanzug, mit dem sie Arm in Arm im Aufzug verschwand. Schien Arzt zu sein. Über die wundersame Heilung war ich doch überrascht. Ich wollte ihr gratulieren, doch leider bekam ich Chris das ganze Wochenende nicht mehr zu sehen.

An ihrer Zimmertür hing ein „Bitte-nicht-stören-Schild“. Irgendwie war ich darüber aber froh, denn es schienen weitere Phobien bei Chris ausgebrochen zu sein. Anders konnte ich mir das schmerzvolle Stöhnen, das aus ihrem Raum drang, nicht erklären. Ich vertrieb mir die Zeit am Strand mit Micky und Pluto-Abenteuern und durchwühlte die Mülleimer an der Promenade nach Essbarem. War aber alles in allem ein fantastisches Abenteuer.
Erst beim Auschecken traf ich sie wieder.
»Danke für das geile Wochenende», flötete sie. »Du bist ein Mann mit Stil. Ich könnte mich glatt an Dich gewöhnen. Wohin lädst Du mich als nächstes ein?»
Das ging runter wie Honig. Dennoch: Mein Konto ließ zur Zeit keine amourösen Abenteuer zu.
Ich warf ihr einen Kussmund zu und sagte: »Baby, lass uns eine Beziehungspause einlegen. Ich melde mich bei Dir.»


Seit diesem Wochenende werde ich in meiner Computer-AG als großer Herzensbrecher verehrt und bewundert. Ich überlege echt, das Studium zu schmeißen und mich als Flirttrainer selbstständig zu machen. Es ist wirklich einfach, Frauen das zu bieten, was sie glücklich macht.

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Tag der Veröffentlichung: 14.12.2008

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