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Das Fragment


Roman

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Nat-Sirt



Zeit: 206 v. Chr.


„Sssssssst......... Sssssssssssssst...”

Die ängstigenden Geräusche vom Himmel erinnerten Nat-Sirt daran, dass er sich beeilen musste. Um ihn herum waren alle Stimmen der Natur plötzlich erstorben. Kein Vogellaut war mehr zu hören, kein Summen der Insekten, sogar das Zirpen der Grillen war verstummt. Er hetzte durch ein kleines Wäldchen, ohne darauf zu achten, dass seine Beine von Brombeerranken zerkratzt wurden. Wenn er sich während des Laufens immer wieder umdrehte, als würde er verfolgt, peitschten Zweige und kleine äste in sein Gesicht. Kurzatmig blieb er auf einer Lichtung stehen.

Aus dem Augenwinkel hatte er etwas wahr genommen. Nat-Sirt lief ein paar Schritte zurück, bückte sich und schnitt mit zitternder Hand die röhrenförmigen Pilze mit der runden Haube ab. Trotz aller Eile durfte er die Pilze, die hier in einem magischen Kreis wuchsen, nicht stehen lassen. Als angehender Druide wusste er um diese seltene Pflanze, die getrocknet als Heilmittel Verwendung fand, oder bei der Anrufung der Naturgeister eingesetzt wurde.

„Lass' nie Wurz, Pilz und Kraut auf deinem Pfade stehen, wenn du sie nicht in den letzten 360 Schritten gesehen hast, wie eilig du es auch immer haben solltest!” Diesen Lehrsatz hatte er stets befolgt, egal welchen Auftrag er gerade erledigte. Nur so war es möglich, von den seltenen Pflanzen immer genug Vorrat zu haben. Ein Druide musste an so viel mehr denken als ein Mensch, der nur auf sein Tagwerk zu achten hatte. Vor allem die Sammlung der wichtigen seltenen Kräuter durfte auch in Eile nicht vergessen werden.

„Sssssssst........ Sssssssssssssst......”

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Zeit: Sommer 2005


Sein erster Weg führte ihn zu Gehlen. Tristan hatte ihm vor ein paar Tagen ein Gestein überlassen, der ihm für die typische Umgebung des Voralpenlandes merkwürdig vorkam. Gehlen hatte ihm schon „Ferrosilikate” gemeldet, was dieser aber für eine Verschmutzung der Probe hielt.

Professor Gehlen war schon im Labor. Er war meist der Erste und der Letzte im chemischen Labor der Universität. „Dein Fund verwirrt mich,” sagte Gehlen statt eines Grußes zu Tristan. Gehlen war über ein Mikroskop gebeugt, in dem er gerade eine Probe betrachtete. Er stieß sich mit dem rollbaren Laborstuhl flott ab und fuhr mit diesem rückwärts.

„Bitteschön, Herr Kollege.” Mit einer knappen Handbewegung lud er Tristan ein in das Mikroskop zu blicken. Tristan beugte sich vor bis die Augen bequem in die Okulare einblicken konnte. Er schaute nicht täglich in Mikroskope, musste sich also etwas orientieren.

„Na?”, forderte ihn Gehlen zu einem Kommentar auf. Was Tristan sah, war merkwürdig geformter Sandstein. Die Struktur des Sandsteins war irgendwie zertrümmert. Eigentlich ein eindeutiger Hinweis auf ein kraftvolles physisches Ereignis, welches die Struktur deformierte.

„Quarzit. Zustand nach Schockwelle. Teilweise Verglasung.” Tristan konnte nicht glauben, was er da sah. Er blickte zu Gehlen und schaute ihn verwundert an. Dann schaute er wieder ins Mikroskop.

„Jetzt sag mal ehrlich, Herr Kollege,” fing Gehlen wieder an, „wo hast du denn die Probe her?”
„Ist das meine Probe?”, fragte Tristan zurück.
„Ja natürlich, heiliges Doktorenehrenwort!”, antwortete Gehlen.
„Chiemgau, Pfingstfeiertage, pleistozäne und holozäne Moränensedimente,” gab Tristan im Telegrammstil entgeistert von sich.
„Ich kenne zwar einige der geologischen Begriffe, aber manches ist für mich Fachchinesisch. Versuchs nochmal für mich,” bat Gehlen.

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Bibliothek



Am nächsten Tag, es war ein Donnerstag, stand Tristan zur öffnungszeit, Punkt 9 Uhr, am Eingang zur Bamberger Bibliothek.

Tristan hatte zwar den gestern erstanden Bildband durchstudiert, seine Fragen zu dem Volk der Kelten waren aber dadurch nicht weniger, sondern mehr geworden. Er hatte in dem Buch viele Zeichnungen gesehen. Der Leser konnte sich vorstellen, wie das Leben damals war. Aber Tristan wollte noch viel mehr wissen. Vor allem wollte er etwas wissen, was vermutlich in keinem Buch steht, nämlich: Wie erlebten die Kelten den Impakt.

Kaum war geöffnet, trat Tristan ein. Vor ihm befand sich an der Wand eine Tafel. Sie sollte Ordnung in die Bereiche der Bibliothek bringen, indem sie beschreibt, wo welche Themen und Interessensgebiete zu finden sind. Die Pfeile und Ordnungsbuchstaben eröffneten ihren Sinn Tristan jedoch nicht gleich. Also ging er auf eine Mitarbeiterin zu, die in der Nähe an einem rollbaren Tisch Bücher sichtete und sortierte.

Tristan fragte: „Bitte, wo finde ich Bücher über die Kelten?”
„Ja, guggns hald aaf'n Blaahn!”
„Da finde ich nichts über die Kelten, wo soll ich denn nachschauen.”

„Lehm' deei Geld'n haid nu? Naa! Wu sinn'sa nacha?” Sie blickte Tristan an, als müsse er von allein auf die Antwort ihrer Frage kommen. Der starrte sie nur verständnislos an. Deshalb versuchte sie jetzt im gekünstelten Hochdeutsch die Frage selbst zu beantworten.

„Nadürlüch üm eeersden Stock.” Dabei nahm die Mitarbeiterin den Blick nicht von ihrer Arbeit. „Steehd fei alles aaf'm Blaaan.”
Tristan dankte für die Hilfe und fragte nach der Treppe nach oben.
„Ja, hünter ühnen. Sü sünd koin Studierter, gell?”

Tristan nahm die Treppe in den ersten Stock. Dort blickte er sich um. Da er nicht genau wusste, wo er suchen sollte, wandte er sich an das nächstliegende Regal. Hier standen eine Menge Bücher über Ethnologie und Ernährung. Wenn die Reihenfolge alphabetisch war, musste Geschichte dort hinten sein. Er dreht sich um, und sah in diese Richtung. Als er den Gang nach hinten ging, konnte er links durch ein großes Glasfenster in den Innenhof der Bibliothek sehen.

Vor ihm stand ein Regal mit einem großen G darauf. Dort sollte sich auch Geschichte finden lassen, vermutete Tristan. Er fand aber erst einmal die Rubrik für Garten und Geographie. Hoffentlich kamen jetzt nicht noch die gesammelten Gedichte von fünf Jahrtausenden, hoffte Tristan.

Er suchte weiter das Regal für Geschichte und versuchte es in der nächsten Regalreihe und wiederum in der nächsten.
In der darauffolgenden sah er eine Mitarbeiterin, die einige Bücher auf einem Rolltischchen schob und diese an den richtigen Stellen zurück in das Regal stellte. Gerade kniete sie auf dem Boden, da das Buch, das sie gerade in der Hand hielt, in die untere Reihe gehörte.

„Entschuldigen Sie, ich suche Gedichte, ... äähh, ... Geschichte. Die Geschichten der Kelten, also, Keltengeschichten. So etwas über das Leben der Kelten, wie sie damals gelebt haben,” stotterte Tristan zusammen, weil die Angesprochene sich gerade erhob und er merkte, dass er viel zu nahe an sie herangetreten war.

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Die künstliche Intelligenz stufte dieses Dokument in die Klasse 3 ein, das hieß, dass sich ein menschlicher Spezialist persönlich damit beschäftigt. Mit den Daten von Sender und Empfänger versehen fiel das Papier in einen Ablagekorb.

Routinemäßig griff eine geschäftige Mitarbeiterin in den Korb, entnahm das Papier, ging durch die engen Gänge zwischen den Hochleistungsrechnern und legte es dem Mitarbeiter für „Wichtig - ohne Fachbereich” in die Arbeitsmappe.

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Rom



„Schneller, sie sind ganz knapp hinter uns!”
Pater Benedikt und Tristan wurden von Frei Severino in seinem kleinen Fiat, einer roten Rennsemmel, vom internationalen Flughafen Fiumicino in Rom abgeholt. Es war ein Wunder, dass drei ausgewachsene Männer überhaupt Platz fanden.

„Die Ampel schaffst du noch! Beeil dich!”
Tristan hatte sich auf die Rückbank gequetscht. Zusammen mit seiner Reisetasche und Benedikts Rucksack. Der linke Arm lag er auf dem Gepäck. Die rechte Hand hielt sich an der Lehne des Beifahrersitzes fest. Immer wieder drehte Tristan sich um, spähte durch das winzige Rückfenster hinaus.

„Die haben uns gleich! Drück drauf!”
Der kleine Fiat besaß im römischen Verkehr eindeutig Heimvorteil. Er war kleiner und drängte sich blitzschnell zwischen den Fahrzeugen auf der Haupteinfallstraße zur Innenstadt.

Hinter ihnen sah Tristan zwei schwarze Hummer-Jeeps bedrohlich immer näher kommen. Diese bulligen Fahrzeuge waren überraschend wendig und ließen sich in dem starken Verkehr, auch vor 'dunkelgelben' Ampeln nicht abhängen. Ein Wunder, dass noch kein Unfall passiert war. Die zwei schweren Verfolger überholten halsbrecherisch. Tristan sah, dass die beiden bei den überholvorgängen abwechselnd einen jähen Sprung auf die linke Fahrbahn machten, um unmittelbar danach wieder auf die rechte Spur zurückzuhüpfen.

„Können Sie jemanden erkennen?”, fragte Pater Benedikt nach hinten.
„Nein! Die Scheiben scheinen getönt zu sein. Wenn ich nur wüsste, was die von uns wollen,” rief Tristan nach vorne.
„O Santa Maria! Meu amigo Benedetto, was hast du da für Freunde? Mein Automobilo ist noch nie so gerast,” beschwerte sich Severino.
„Da vorne rechts! Die Gasse mit dem Weinlokal. Wo wir damals immer waren,” lotste Benedikt.
„Genau, das habe ich vor. Da kommen die schwarzen Ungetüme nicht mehr so gut hinterher, wie hier auf der großen Straße,” sagte Severino, der doch langsam Spaß an der Jagd bekam.

Mit quietschenden Reifen schlitterten sie in die besagte Gasse. Genau wie gedacht, wurden die beiden Verfolger langsamer. Die Gasse mit dem Weinlokal und kleinen Boutiquen war viel enger, als die Hauptstrasse. Fußgänger waren unterwegs, kreuzten, schlenderten vor sich hin, unterhielten sich. Mit der blechernen Fanfare der alten Hupe versuchte sich Severino den Weg freizumachen.

Noch ein paar Gassen entlang. Einige Querstraßen gekreuzt. Severino bremste plötzlich ab, schnitt eine Kurve und sie rollten in eine Hofeinfahrt. Das große Tor war geschlossen. Tristan schaute vorsichtig nach hinten. Die Verfolger tauchten noch nicht auf. Vorn kamen sie langsam dem geschlossenen Tor immer näher.

Frei Severino blieb vor dem Tor stehen. Da kreischten hinter ihnen die Reifen schwerer Fahrzeuge. Tristan zuckte zusammen. Die beiden Hummer-Jeeps waren wieder da. Sie flogen mehr, als dass sie fuhren, als sie in die Einfahrt kurvten. Der Schwarm Tauben, der sich in den Fensternischen und Mauervorsprüngen in Sicherheit vor dem Autoverkehr wähnte, flog erschreckt auf.

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Schnelle Schritte von mehreren Personen näherten sich. Er hörte aufgeregtes Sprechen in einer fremden Sprache. Mit langen traditionellen Gewändern, Schals und der jüdischen Kopfbedeckung bekleidet, wirkten sie im Vatikan irgendwie deplatziert. Tristan hörte Gesprächsfetzen in jüdischer Sprache. Schnell lief eine Gruppe von Geistlichen, nach der Kleidung könnten es hohe Würdenträger der ältesten monotheistischen Religion sein, an ihm vorbei, ohne ihn zu beachten.

„Ich bin Jahwe, dein Gott, der dich aus ägypten geführt hat ...,” hörte Tristan in deutsch aus dem Stimmengewirr heraus.

Er war verwundert. Irgendetwas musste vorgefallen sein. Schnell hetzten die Geistlichen vorbei. Als alle die Halle durchquert hatten, schlug hinter dem Letzten die Tür zu. Langsam wurde es wieder still und die Gregorianischen Gesänge drangen wieder durch die Stille.

Noch während Tristan darüber nachdachte, was er eben erlebt hatte, kamen erneut Schritte näher. Die gleichen hektischen Tritte und ein Stimmengewirr in einer fremden Sprache kam daher. Tristan vermutete, dass eine weitere Gruppe von Rabbinern nachfolgte.
überrascht musste er aber feststellen, dass Geistliche des Islam seinen Hof passierten. In kehliger arabische Sprache wurde auch hier über ein unbekanntes, aber vermutlich höchst aufregendes Problem diskutiert.

„La ilaha illa llah! Ich bezeuge, dass es keinen Gott gibt außer Allah und Mohammed ist sein Prophet,” betete ein Vertreter der Gruppe, als sie durch den Hof hetzten. Keiner der Imame würdigte Tristan eines Blickes. Sie waren sogleich wieder verschwunden.

Tristan schüttelte den Kopf. Seinen ersten Besuch im Vatikan hatte er sich ohnehin anders vorgestellt, aber das was er hier erlebte, konnte er überhaupt nicht einordnen. Gregorianische Gesänge wurden wieder hörbar. Ruhe trat ein.

Es war nicht verwunderlich, dass schon wieder Schritte nahten. Im näherkommenden Stimmengewirr konnte er italienisch und deutsch unterscheiden. Hektischen Schrittes traten katholische Würdenträger, der roten Kleidung nach mussten es Kardinäle sein, in den Hof. Lautstark diskutierend.

„Der dreieinige Gott führe uns nicht in Versuchung,” betete einer. Begleitende Diener hatten die Aufgabe Türen vor der hochgestellten Gruppe zu öffnen und danach wieder zu schließen. Diese Aufgabe fiel ihnen wegen der hohen Geschwindigkeit der Geistlichen ziemlich schwer. Tristan sah, wie ein Bediensteter versuchte die Kardinäle zu überholen, um vor ihnen an der nächsten Tür zu sein. Trotz seines Bemühens bildete sich ein kleiner Stau, bevor es ihm schließlich gelang einen Flügel der schweren Holztür zu öffnen, die in das nächste Gebäude führte.

Tristan war diesmal aufgesprungen. In der Mitte des Hofes schaute er der Gruppe hinterher. Mit dumpfem Schlag donnerte die alte Holztür zu. Während der Hall dieses Donnerns durch die Flure der alterwürdigen Gebäude verklang, drang wieder der eintönige Gesang der gregorianischen Choräle an sein Ohr.

Tristan wollte sich gerade wieder in Richtung Steinbank wenden, sich setzen. Da schrak er plötzlich zusammen. Er wurde von einer Person angesprochen, die unmittelbar hinter ihm stand.

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„Tristan! Schön, dass du endlich da bist. Ich habe dich schon gesucht,” begrüßte ihn Alana freudig.
„Alana!” Tristan begriff nicht gleich, wer da kam. „Alana?” Wie, um sich zu versichern, dass sie es wirklich war, sprach er sie noch einmal an. „Alana, du hier?”

Noch bevor er ihr von seinen Verfolgungsängsten erzählen konnte, lagen sie sich in den Armen. Sie bemerkten gar nicht, dass der Kapitän die Leinen löste und ablegte. Die Fahrt ging los.
Der Ruck, als er Gas gab, erinnerte beide daran, dass sie sich auf einem wackligen Boot befanden. Sie setzten sich, als einzige Passagiere in das hintere Eck des Bootes. Ohne sich loszulassen. Genossen die Seefahrt. Gischt spritzte ihnen in das Gesicht. Tristan schmeckte Salzwasser. Alana stieß ihre Reisetasche unter die Bank.

Vor ihnen lagen die beiden Inseln. Die größere war Skellig Michael. Die kleinere hieß Little Skellig.
„Woher wusstest du, dass ich hierher kommen würde?”, interessierte Tristan sich brennend.
„Pater Benedikt hat mich aus Rom angerufen und mir gesagt, dass ich dich hier treffen sollte. Du würdest mich brauchen. Was er damit meinte, weiß ich nicht, aber das wirst du mir bestimmt erzählen,” antwortete Alana.

Tristan war überrascht und sagte: „Natürlich brauche ich dich dringend aus einem ganz bestimmten Grund, aber ich glaube nicht, dass sich Benedikt darüber Gedanken machen würde.”

...Seite 252...

„Möge Epona die Hufe unserer Pferde leiten,” hörte Nat-Sirt Jonan laut rufen, dann ritten zwei Reiter schnell davon. Schon wieder hatte es sich gezeigt, dass Nat-Sirt einen guten Schlaf besaß. Schlaftrunken wickelte er sich aus seiner Decke. Setzte sich mit zerzaustem Haar auf.

Jonan und sein Sklave waren bereits früh aufgestanden, damit sie die Herankommenden möglichst bald erreichten.

Nat-Sirt war gerade bei der Morgenwäsche am Danubius, als drei Reiter in schnellem Galopp auf ihn zuritten. Er erkannte den gestern aufgetretenen Anführer des Wachtrupps, welcher voranritt. Nat-Sirt wollte noch sein Oberkleid anziehen. Aber dazu hatte er keine Zeit mehr. Die Reiter waren schon da.

„Sei gegrüßt, Schüler des großen Druiden. Der Fürst unseres Oppidums lädt dich zu einem Morgenmahl in sein Haus. Folge mir!”, sprach ihn der Anführer an.

Nat-Sirt war erstaunt über diese Einladung. Damit hatte er nicht gerechnet.

...Seite 306...

„Was tun Sie?”, fragte Benedikt erschreckt.
„Bleiben Sie nur ganz ruhig stehen, dann kann nichts passieren.”

Nach diesen Worten setzte sich Tristan an den Rand des Lochs und stieß mit dem Fuß gegen den abgedeckten Gegenstand. Staub wirbelte auf. Dann setzte er beide Füße auf. Der Gegenstand schien fest zu sein. Als würde er in ein Wasserbecken gleiten, ließ er sich mit den Händen nach hinten abgestützt langsam mit den Füßen an der Kugel herab rutschen. Das Abdecktuch wurde dabei herunter gezogen.

Als Tristans Füße im Zwischenraum zwischen Kugel und Wand verschwunden waren, ließ er den Rand der Senke los, streckte die Hände nach vorne, um an der Kugel seinen Fall abzubremsen. Die Oberfläche erwies sich als so glatt, dass er langsam, sich an dem Tuch festhaltend herab rutschte. Als seine Beine im Spalt verschwunden waren, endete die Rutschpartie. Tristan bewegte sich nicht mehr.

„Es scheint ein weißer Druidenmantel zu sein. Hier habe ich eine Kapuze und dort zeigen sich die ärmel,” beschrieb Tristan das Tuch, ohne sich um sich selbst zu kümmern.

„Stehen Sie auf dem Boden oder stecken Sie fest?”, fragte Benedikt.
Tristans war nur noch bis etwa oberhalb des Bauchnabels zu sehen.
„Meine Beine baumeln in der Luft. Ich hänge mit der Hüfte fest. Aber machen Sie sich keine Sorgen, wir sind am Ziel unserer Suche. Wir haben es gefunden und die anderen nicht,” freute sich Tristan, trotz seiner misslichen Lage.

„Biiieeeep, biiieeeep, biiieeeep!”, summte es laut von irgendwo her. Tristan versuchte sich zu drehen, um den Ursprung des Geräusches zu erkennen. Das gelang ihm nicht.
„Biiieeeep, biiieeeep, biiieeeep!”
Erneut war das, für diesen Raum ungewöhnliche Geräusch zu hören. Pater Benedikt drehte sich hektisch nach allen Richtungen, um mit seinem Lichtstrahl überall hin zu leuchten. Aber er sah nicht, was auf die Ursache des Tones hindeuten würde.
„Biiieeeep, biiieeeep, biiieeeep!”

Den Pater überkam plötzlich ein schlimmer Verdacht. Ohne darüber nachzudenken, was sein Handeln für Folgen haben könnte, ließ er die Platte los. Sprang auf die Kugel. Tristan war erschreckt über diese unvermittelte, unverständliche Verhaltensweise seines Begleiters. Er sah, es erschien ihm wie in Zeitlupe, wie die Platte nach unten fiel. Zurück in die Bodenfassung krachte.

Aber noch bevor die Platte aufkam gab es einen gewaltigen Schlag. Eine Explosion. Ein gewaltiges Flammenmeer hüllte alles ein. Gefolgt von einer Druckwelle, die Kammer und der Gang zusammenstürzen ließ. Eine Feuersäule raste durch die Gänge. Raste Richtung Dom. Den Brunnen hinauf, wie die Düse einer großen Rakete. Dabei verbrannten die Holzteile des Brunnendaches. Eisenteile verschmolzen. Das Dach auf dem Brunnen verhinderte schlimmeren Schaden am Dom.

Am anderen Ende des Ganges, beim Sarkophag von St. Otto, im Durchgang, welcher von den Gläubigen häufig benutzt wurde, wenn sie einen besonderen Wunsch hegen, war der Bombenleger gerade dabei über eine geheime kleine Tür, nach draußen zu steigen. Der glühend heiße Feuerwind äscherte ihn auf der Stelle ein...

ENDE DER LESEPROBE


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Texte: Alle Rechte bei Autor
Tag der Veröffentlichung: 22.10.2008

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