Und plötzlich war bei dem Engel
ein großes himmlisches Heer,
das Gott lobte und sprach:
Verherrlicht ist Gott in der Höhe
und auf Erden ist Friede bei den Menschen seiner Gnade.
(lk 2,13f)
Es war einmal ein ganz junger Engel.
Der durfte zum ersten Mal,
als Botschafter Gottes, auf die Erde.
Mit der unendlich großen Zahl der anderen Engel
verkündete er den Hirten die Ankunft des Kindes.
Das war sooo herrlich.
Dann zogen sie zur Krippe
um den Neugeborenen zu lobpreisen.
Das war noch vieeel wunderbarer.
Aber dieser Tag
war sehr anstrengend für den kleinen Engel –
soviel Neues und so viele tolle Erlebnisse.
So fielen ihm immer mehr die Augen zu
und plötzlich schlief er
während des schönsten Halleluja ein.
Wie erschrak er, als er erwachte?
Es war ganz still –
die Hirten waren heimgekehrt und ebenso die Engel.
Der kleine Engel fühlte sich ganz einsam,
denn unter den vielen Engeln
hatte er nicht auf den Weg geachtet
und wusste jetzt nicht wie er zurückkehren könnte.
Aber als Engel hatte er gelernt
nie den Mut zu verlieren und immer zu vertrauen.
Also überlegte er sich:
„Ich werde immer in der Nähe des Herrn bleiben.
Da werden sicherlich wieder mal Engel vorbei kommen,
die Ihn besuchen
und dann kann ich mit ihnen zurückkehren.“
Trotzdem war unser Engel sehr traurig,
denn es konnte sehr lange dauern
bis das einmal geschehen würde.
Aber dann dachte er sich:
„Das arme Kind
muss noch viel länger auf der Erde verweilen.“
und das schenkte ihm ein wenig Trost.
Also ging er in den Stall.
Josef und Maria schliefen glücklich und zufrieden.
Endlich war er dem Kind ganz nahe
und konnte es, nicht nur aus der hintersten Reihe,
aus weiter Entfernung, ansehen.
Das Kind war ganz unruhig,
denn ihm war das alles noch so fremd.
„Dem geht es wie mir.“
dachte sich der Engel und musste etwas lächeln.
Dann tat er das einzige was er tun konnte:
Er erzählte dem Kind vom Himmel,
von der himmlischen Herrlichkeit,
vom himmlischen Vater,
vom Vater der immer bei uns ist
auch wenn wir uns noch so weit von Ihm entfernen.
Da erinnerte sich das Kind und strahlte vor Freude,
denn es fühlte sich nun auf der Erde wie zu Hause.
Dann erklärte es dem kleinen Engel den Weg zurück
und schlief friedlich und glücklich ein.
Immer noch wird der Geburtstag dieses Kindes gefeiert.
Der kleine Engel ist schon längst nicht mehr klein und hat inzwischen selbst einen kleinen Engel: Eine wunderhübsche Tochter. Äh, ich sollte vielleicht doch erwähnen, dass diese wunderhübsche Tochter natürlich ich bin.
Schon vor langer Zeit habe ich mir einen Navi, in Form einer Armbanduhr, besorgt, damit es mir nicht so gehen würde wie meinem Vater. Auch habe ich mir über Internet alle wissenswerten Infos über die Erde besorgt. Ich wäre also bestens vorbereitet.
Aber angeblich bin ich noch zu jung, um die Erde zu besuchen. So ein Unsinn. Ich bin doch kein kleines Kind mehr, wie man auf dem Cover sehen kann.
Heute saß ich wieder mal allein da, weil bei all diesen Weihnachtsvorbereitungen niemand für mich Zeit hatte.
Mit der Zeit wurde die Langeweile unerträglich. Jetzt musste endlich was geschehen. Es kümmerte sich doch eh niemand um mich, da würde es auch keiner merken, wenn ich mal kurz einen Ausflug auf die Erde machen würde. Na ja, ganz so kurz würde die Reise wohl nicht werden. Aber bis meine Eltern von der irdischen Bescherung zurück kämen, wäre ich sicherlich auch wieder zurück. Bevor ich los zog, aß ich noch eine Riesenportion Manna, weil ich für den Ausflug ja viel Kraft brauchte. Wegen meiner Flügel konnte ich mir ja keinen Proviantrucksack umhängen.
Der Flug war super und es gab so viel Neues zu sehen und überhaupt keine Probleme. So ein Flug war doch ein Kinderspiel. Als ich schon fast auf der Erde war, sah ich plötzlich – das darf doch nicht wahr sein - einen Engel von der anderen Seite. Er war ungefähr in meinem Alter. Die gibt es also wirklich. Ich war total geschockt. Als ich genauer hinsah und den Überblick gewonnen hatte, erkannte ich, dass er gerade aus einer Kirche gekommen war, wo er einen Leuchter gestohlen hatte. Endlich hatte ich Gelegenheit mich für das Gute einzusetzen, wie wir es in der Schule immer gelernt hatten. Wie eine Rakete stürzt ich mich auf ihn.
Aus der Sicht des Ortspfarrers.
Ich höre in der Kirche ein Geräusch. Leise schleicht ich dort hin. Auf den zweiten Blick erkenne ich sofort, dass ein Leuchter fehlt. Das kann doch nicht sein. Ich habe, gestern Abend, die Kirche sorgfältig abgeschlossen. Ich schaue zur Tür. Sie ist weit geöffnet. Das kann doch nicht sein. Verwirrt gehe ich hinaus auf die Straße. Ich höre Geräusche. Wo kommen die her? Aus der Luft. Das ist doch zum Verrückt werden. Ich schaue hoch. Das ist doch nicht möglich.
Ich sehe einen dunklen Engel, der mit meinem Kerzenständer auf einen hellen Engel einschlägt. Jetzt taumelt der helle Engel zurück. Der dunkle Engel nützt die Gelegenheit zur Flucht. Bis sich der helle Engel erholt hat, hat er bereits einen großen Vorsprung. Der helle Engel verfolgt ihn und kommt ihm immer näher. Plötzlich dreht sich der dunkle Engel um und wirft mit aller Kraft den Leuchten dem hellen Engel an den Kopf. Beide taumeln auf die Erde nieder: Der Kerzenständer und der helle Engel. Der dunkle Engel macht sich aus den Staub.
Bin ich jetzt total verrückt. Ich habe doch gestern Abend nicht zu viel getrunken. Ich geh wohl besser erst mal wieder ins Bett. Kopfschüttelnd gehe ich wieder in die Kirche.
Ich erwachte von meiner Bewusstlosigkeit. Ich wusste nicht, wie lange ich schon so da lag. Aber es muss sehr lange gewesen sein, denn ich war total durch gefroren. All meine Glieder schmerzten. Ich wollte mich bewegen, um wieder warm zu werden, aber – oh Schreck – meine Flügel waren fest gefroren. Ich konnte sie nicht bewegen. Wenn ich noch länger dieser Kälte ausgesetzt sein würde, dann würden meine zarten Flügel beim kleinsten Anstoß in 1000 Stückchen zerfallen. Dann wäre ich für ewig hier auf Erden gefangen und meine Eltern würden sich bis in alle Ewigkeit um mich Sorgen machen. Das durfte nicht sein.
Aber was sollte ich machen? Ein Engel verliert nie den Mut und gibt die Hoffnung nie auf! So oder so ähnlich hatte mein Vater immer gesagt; ich habe nie so richtig zugehört. Aber woher sollte ich denn jetzt Mut und Hoffnung nehmen? Mir war einfach zum Heulen. Und weil mir nichts besseres einfiel, heulte ich ohne Hemmungen drauf los. Heiße Tränen flossen aus meinen Augen, aber sie konnten meine Flügel nicht enteisen, da diese ja auf meinem Rücken waren.
Als ich gerade wieder einen Moment still war, zum Luft holen, hörte ich einen fröhlichen Gesang. Sehen konnte ich hinter meinen Tränen nichts. Der Gesang kam immer näher und hörte dann plötzlich auf. „Heute ist doch Heiliger Abend. Wer wird denn da weinen?“ hörte ich die Stimme eines Jungen. „Was hat den mein Problem damit zu tun, welchen Tag wir heute habe?“ dachte ich mir. In mir stieg die Wut der Verzweiflung auf. Er nahm meine Hand und legte ein Taschentuch hinein. Es war fast so groß wie eine Serviette. Aber das konnte ich jetzt gut gebrauchen. Ich wischte mir, nach dem ich noch ein paar Minuten weiter geheult hatte, meine Tränen weg und schnäuzte dann ein paar mal sehr vernehmlich. Das war nicht gerade ein englisches Benehmen, aber das war mir in diesem Moment egal.
Ich schaute meinem Gegenüber in die Augen und er machte es mit mir ebenso. Eine ganze Weile standen wir so sprachlos da. Endlich konnte ich meine Augen von den seinen losreißen. Erst jetzt brachte ich zaghaft ein: „Danke schön.“ heraus. Bald setzte ich dann noch ein „Wer bist Du?“ hinzu. „Ich bin Suny.“
Ich betrachtete ihr näher. Er war etwas ganz Besonderes. Was hatte ich jetzt für einen Gedanken. Ich wusste doch: Ein Engel verliebt sich nicht in einen Engel. Nun ja, er war zwar ein Engel, aber eben kein wirklicher. „Jetzt mach aber mal einen Punkt!“ ermahnte ich mich. „Du hast doch Momentan wirklich genug andere Sorgen.“ In diesen Augenblick fragte er mich: „Kann ich Dir irgendwie helfen.“ und riss mich damit aus meinen schönen Gedanken. Als mir mein ganzes Elend wieder bewusst wurde, fing ich wieder zu schluchzen an. Er umarmte mich, um mich zu trösten und stieß dabei an meine Flügel. „Ich glaube, ich kenne jetzt Dein Problem.“ meine er, als ich mich ein wenig beruhigt hatte. „Kannst Du mir helfen?“ Viel Hoffnung hatte ich nicht. Aber ganz fröhlich meine er: „Klar doch. Ich bin gleich wieder zurück.“ und weg war er.
Ich fühlte einen Stich im Herzen. „Würde er zurückkommen? War er nur möglichst schnell verschwunden, weil er auch keinen Ausweg wusste?“ So vergingen bange Minuten, die mir endlos lang vor kamen.
Endlich kam er zurück, mit einer Kerze, die er vom Adventskranz, bei sich zu Hause, genommen hatte. Er stellte die Kerze auf den Leuchter und ging zu meinen Flügeln. Ich ging in die Hocke, damit er besser an meine riesigen Flügel ran kam, um sie aufzutauen. „Es wird sehr lange dauern. Ich muss schließlich aufpassen, dass ich Dir die Flügel nicht ansenge . Aber wir werden es schaffen.“ Ich atmete erleichtert und zuversichtlich auf. Schade, dass er nicht vor mir stand. Aber ich konnte auch so seine Nähe spüren und fühlte mich so richtig wohl. Plötzlich sprudelte es aus mir heraus und ich erzählte ihm mein ganzes Abenteuer. Er war tief beeindruckt. Als er schon fast fertig war verriet ich ihm das Geheimnis von Weihnachten, als Belohnung für seine Hilfe: „Es gibt viele Menschen die Weihnachten feiern, obwohl sie keine Christen sind und nicht an Jesus glauben.“ „Warum?“ fragte mich Suny ganz verwundert.
„Weil Weihnachten die Sehnsucht aller Menschen ist,
sich gegenseitig die Hand zu geben,
um in Frieden miteinander zu leben.
Verherrlicht ist Gott in der Höhe
und auf Erden ist Friede bei den Menschen
seiner Gnade. (Lk 2,14)
Sang damals mein Vater mit den anderen Engel.
Suny gefiel das und er fragte mich, ob er das weitergeben dürfe. „Na klar, wenn Du irgendwann mal ein Cover findest, auf dem ich drauf bin.“ gab ich zur Antwort.
Endlich war er fertig und er stellte den Leuchter mit der abgebrannten Kerze vor mich hin. Er ging einige Schritte zurück, weil er nicht wollte, dass ich merkte, wie traurig er war. Aber mir ging es ja genau so. Es blieb uns keine Zeit mehr. Ich sprang auf und stürmte auf ihn zu. Lange Zeit drückte ich ihn ganz fest an mich und gab ihn dann noch schnell einen Kuss auf die Stirn. Als ich sah, dass er immer noch sehr traurig war, gab ich ihm ein Stück Papier mit meiner Mail. Aufmunternd meinte ich: „Irgendwann werde ich schon wieder mal eine Gelegenheit haben, auf die Erde zu kommen.“ Doch er wurde noch trauriger: „Ich besitze ja keinen Computer.“ „Du musst ihn Dir nur ganz fest wünschen.“ erwiderte ich ihm lächelnd und entschwebte.
Als ich wieder zu Hause angekommen war, war schon eine Nachricht von meinem Sunyboy unter meinen Mails,
Texte: @ MicMam 2013
Bildmaterialien: Ladys von DeviantArt: http://eclipsy.deviantart.com and http://jaymasee.deviantart.com - Refinnej: http://www.bookrix.de/-ecaf0b36d7b1c15/
Tag der Veröffentlichung: 25.11.2013
Alle Rechte vorbehalten
Widmung:
Herzlichen Dank an
Nekochan und Refinnejf
für die tolle Idee
und an
die Ladys von DeviantArt
für das schöne Cover.