Unsere Gespräche hatten Otto sehr betroffen gemacht. Deshalb hing ich ein Plakat mit den zwölf Geboten in meinem Flur auf. Da es sich nicht wie gewohnt um zehn Gebote handelte wurde Otto neugierig und las es, was ich ja beabsichtigt hatte.
Die zwölf Gebote
Du bist Gottes geliebtes Kind. Deshalb beachte:
1) Mache Deinem Gott keine Vorschriften!
Wer bist Du, dass Du Deinem Gott vorschreiben könntest, was er zu tun hat und was nicht?
2) Vertraue fest auf Deinen Gott!
Denn er allein enttäuscht Dich nie.
3) Sei mit allem zufrieden, was Dein Gott Dir geschenkt hat!
Ärgere Dich nie über Deine Armut oder über Deine Mitmenschen.
4) Sei geduldig mit Deinem Gott und mit Deinen Mitmenschen, aber auch mit Dir selbst!
Verliere auch auf dem längsten Weg nie die Geduld.
5) Nimm Dich als Mensch an, wie Dich Dein Gott geschaffen hat!
Mit all Deinen Fehlern und Schwächen, aber auch mit all dem Guten in Dir.
6) Lass Dir verzeihen von Deinem Gott und von Deinen Mitmenschen!
Und verzeihe auch ihnen.
7) Sage zu jedem Schritt, den Dein Gott mit Dir gehen will: JA!
Denn nur er kennt den Weg auf dem Du wirklich glücklich wirst.
8) Unterstütze Deinen Gott indem Du alles, was Du selbst tun kannst, selbst tust!
Aber werde dabei nicht hochmütig, denn dass Du es tun kannst, ist ein Geschenk Gottes.
9) Warte nicht darauf, dass Dein Gott die Welt von heute auf morgen durch ein Wunder verändert!
Aber Du darfst mithelfen, dass sie schön langsam immer besser wird.
10) Habe keine Angst, denn Dein Gott ist immer bei Dir!
Er kennt all Deine Nöte und Sorgen und lässt Dich nie im Stich.
11) Glaube, dass Dein Gott alles zum Guten führt!
Wie groß auch immer Dein Versagen ist.
12) Fühle Dich bei Deinem Gott total geborgen!
Lass Dich ganz von seiner Liebe durchströmen.
Eines Tages, als Otto sich immer mehr mit seinem Glauben beschäftigte, fragte er mich: „Wie kann so ein Leben mit Gott gelingen?“ Begeistert antwortete ich ihm:
Gott hat die Welt geschaffen und alles Leben. Deshalb kann unser Leben nur gelingen, wenn wir JA zum Leben sagen. Das JA zum Leben beinhaltet auch das JA zur Liebe, weil ohne Liebe kein lebenswertes Leben möglich ist. JA zum Leben bedeutet aber auch JA zur Wahrheit, denn wenn ich mir selbst nicht meine Schwächen und Stärken eingestehe, dann mogle ich mich am wirklichen Leben vorbei. Weil Gott das Leben, die Liebe und die Wahrheit ist, ist das JA dazu ein dreifaches JA zu Gott. Früher war es üblich, dass wenn eine junge Frau ein Kind erwartet hat und keinen Mann hatte, sie von den Eltern verstoßen wurde. Gerade da wo sie die Eltern am meisten gebraucht hätte wurde sie fort gejagt. Wie unvorstellbar grausam: Das brutale NEIN zum Leben. Aber ist unser Gottesbild nicht oft genauso?
Schauen wir uns die Folgen des JA bzw. NEIN zum Leben in der Bibel an: Der ältere Bruder 'des verlorenen Sohnes' tut alles getreu so wie der Vater es ihm aufgetragen hat. Nur keinen Fehler machen, damit der Vater nicht zürnt. Wozu führt das? Er hat keinen Mut sich auf die Gefahren des Lebens einzulassen. Er hat sich nie getraut seinem Vater die Wahrheit zu sagen, dass er gerne mal ein Ziegenböcklein hätte um mit seinen Freunden ein Fest zu feiern. In dieser Beziehung, die von Angst geprägt ist, kann keine Liebe wachsen. Ähnlich erging es den Pharisäern. Um ja nichts falsch zu machen trauen sie sich nicht einmal dem schwer Verwundeten, der von den Räubern überfallen wurde, zu helfen. Sie verNEINen lieber das Leben. Gott könnte sie ja verstoßen, wenn sie sich nicht an alle Vorschriften halten. Das wäre der Verlust des ewigen Lebens. Also eine berechtigte Angst. Aber so können sie Gott nie als den liebenden Gott erfahren. (Denn wer sein Leben retten will, wird es verlieren. Lk 9:24 a)
Im Gegensatz dazu der jüngere Sohn. Er hat genauso Probleme mit seinem Vater wie sein älterer Bruder und kann die Liebe des Vaters nicht erkennen (vielleicht weil in der Geschichte die Mutter fehlt), aber er gesteht es sich ein und zieht die Konsequenzen daraus. Er verlässt den Vater und jagt hinter der Liebe (Gott ist die Liebe) her. Er verirrt sich auf diesem Weg total, aber im größten Elend, weiß er wo er sich hinwenden kann – zu seinem Vater. Und plötzlich schenkt ihn dieser wonach er sich immer so schrecklich gesehnt hat: Die totale bedingungslose Liebe. Ebenso ergeht es Maria Magdalena: Sie jagt hinter der Liebe her und tritt sie dabei mit Füßen (und damit Gott), aber auch sie weiß letztendlich wohin sie sich wenden kann und wirft sich Jesus zu Füßen und bekommt dadurch die wirkliche Liebe geschenkt, nach der sie sich so sehr gesehnt hat. Zwei Menschen, die JA zum Leben sagen mit all seinen Gefahren, JA zur Liebe indem sie ihr nachjagen. Die schließlich aber auch JA zur Wahrheit sagen, indem sie sich eingestehen, dass sie den falschen Weg gegangen sind, die nicht zu stolz sind um umzukehren und so die wirkliche Liebe (Gott) kennen lernen. (Wer aber sein Leben um meinetwillen verliert [weil er sich auf der Jagd nach mir, der Liebe, verirrt hat], der wird es retten. Lk 9:24 b).
So sind das JA zum Leben, zur Liebe und zur Wahrheit der einzige Weg für ein Leben in Fülle, das uns der Herr versprochen hat.
Otto war von der Idee JA zum Leben, zur Liebe und zur Wahrheit begeistert und deshalb wollten wir Gott gemeinsam bitten uns dafür zu stärken. Wir beteten zusammen das Vater unser, so wie ich es aufgeschrieben hatte:
Vater unser
Du bist für uns alle da.
Der Du bist im Himmel
und uns trotzdem immer nah.
Geheiligt werde Dein Name
in alle Ewigkeit.
Wir danken und lobpreisen Dich,
gern zu jeder Zeit
Dein Reich komme
uns zu erlösen.
Wenn wir in der Liebe wachsen,
vertreiben wir den Bösen.
Dein Wille geschehe:
Liebt euch allezeit.
Wenn wir uns darum bemühen,
wird unser Herz ganz weit.
Wie im Himmel, so auch auf Erden
:
Du gibst uns den Mut dazu.
Auf Dich zu hören,
bringt uns immer wieder Ruh.
Unser tägliches Brot gib uns heute
,
das schenkt uns neue Kraft.
Dass den Mitmenschen zu lieben,
ein jeder von uns schafft.
Und vergib uns unsere Schuld
:
Befrei uns von aller Last.
Dass wir zuversichtlich und froh,
Dir dienen ganz ohne Hast.
Wie auch wir vergeben unsern Schuldigern
.
Dann ist der Frieden nicht mehr fern.
Und führe uns nicht in Versuchung
,
wir sind viel zu schwach.
Lass uns das Unheil erkennen:
Wir bleiben wach.
Sondern erlöse uns von dem Bösen.
Voll Vertrauen können wir dann genesen.
Denn Dein ist das Reich und die Kraft und die Herrlichkeit.
Dir nachzufolgen sind wir stets bereit.
Und darin lass uns nie erlahmen.
Jetzt und in alle Ewigkeit. Amen.
Danach lasen Otto und ich noch einen Abschnitt aus dem Lukasevangelium und machten uns unsere Gedanken dazu:
Außerdem ist zwischen uns und euch ein tiefer, unüberwindlicher Abgrund, so dass niemand von hier zu euch oder von dort zu uns kommen kann, selbst wenn er wollte. (Lk 16:26)
Der unüberwindliche Abgrund ist, dass Abraham und Lazarus durch ihre Liebe sich Gott ganz weit nähern können, während dem reichen Prasser die Liebe fehlt. Deswegen kann er nur in der Gottesferne existieren. Er erkennt seine Lage und gesteht sie sich ein. Er sagt JA zur Wahrheit. Er ist nicht zu stolz um Lazarus um Hilfe zu bitten. Erstmal aus reinem Egoismus. Abraham weist seine Bitte ab und jetzt bittet er plötzlich für seine Brüder: Ein erster Akt der Liebe. Er wird jetzt Gott ein kleines Stückchen näher rücken können. Der Anfang ist gemacht.
Wie war das möglich? Er hat die Stimme eines Heiligen gehört und das hat ihm Heil gebracht (es hat zumindest damit begonnen).
Das ist es genau was unsere Mitmenschen von uns erwarten.
Ein paar Tage später kam Otto mit einem seiner Freunde zu mir und wollte, dass ich ihren Streit schlichten würde. Da machte ich sie darauf aufmerksam, dass das so nicht gelingen könne und erklärte ihnen eine andere Stelle aus dem Lukasevangelium.
Er erwiderte ihm: Mensch, wer hat mich zum Richter oder Schlichter bei euch gemacht? (Lk 12:14)
Warum lehnt Jesus ab? Was wäre geschehen, wenn Jesus dem Ansinnen nachgekommen wäre. Der eine hätte Ihn geliebt, aber nicht weil er Ihn als die Liebe erkannt hätte, sondern weil er recht bekommen hat und der andere hätte Ihn gehasst weil er nicht recht bekommen hat. Jesus hätte also ein noch so gerechtes Urteil sprechen können es wäre immer nur Lieblosigkeit daraus entstanden.
Solange jemand darauf wartet, dass er Recht bekommt kann kein Streit gütlich beendet werden. Deswegen müssen beide gemeinsam, jeder still für sich, Gott bitten dass er ihm die Kraft schenkt, auf das Recht bekommen, zu verzichten und eine Lösung im Sinne Gottes zu finden. Danach müssen sich die beiden, jetzt vernehmlich, versöhnen. Denn solange sie unversöhnt sind hört keiner wirklich auf den anderen. Er hört dann nur das was ihm zum Widerlegen der Meinung des anderen nützlich erscheint. Dann sollte man Gott gemeinsam herbei bitten um die Sache zu besprechen. Erst jetzt kann eine dritte Person, die man um Hilfe bittet, versuchen den Frieden wieder herzustellen.
Die beiden folgten meinem Ratschlag und es gelang ihnen tatsächlich ihren Streit, sogar ohne die Hilfe einer anderen Person, beizulegen. Otto erzählte mir das freudestrahlend. Aber dann wurde er doch nachdenklich: „Kann man eigentlich immer verzeihen? Es gibt doch oft ganz schwere Verletzungen und da scheint es doch total unmöglich.“
„Ich will Dir mal eine Geschichte erzählen.“ begann ich, denn bei Otto fiel mit immer irgendetwas ein.
Ein weiser Mann begab sich einmal auf Wanderschaft. Vielleicht trieb ihn die Sehnsucht nach einer heilen Welt. Eines Tages übernachtete er bei einem alten Schäfer. Sofort merkte der Besucher, dass der Hirte ein rechtschaffener Mann war. Abends betete der Schafhirte: "Herr ich liebe Dich so sehr, dass ich, wenn Du eine Schafherde hättest, sie umsonst für Dich weiden würde.“ Vor der Abreise bemerkte der Besucher: "Alle Menschen sind Gottes Schafe. Wir alle sind seine Herde. Wie willst Du so eine große Schafherde weiden?" Der Schäfer entgegnete: "Ach so ist das? Lass mir ein wenig Zeit um darüber nachzudenken." Darauf meinte der weise Mann: "Ich komme in fünf Monaten wieder vorbei und ich bin gespannt was sich bis dahin in Deinem Leben alles verändert hat."
Als der Fremde nach fünf Monaten wieder kam hatte sich auf den ersten Blick überhaupt nichts verändert. Doch bald bemerkte er eine tiefe innere Zufriedenheit und Freude bei seinem Gastgeber. Am Abend betete dieser: "Herr ich liebe Dich so sehr. Danke dass ich Deine Schafe weiden darf." Vor der Abreise fragte der Weise: "Wie kannst Du all die vielen Schafe hüten?"
Da bekam er zur Antwort: "Ich habe sie alle in mein Herz eingelassen und wenn ich bete oder arbeite oder sonst irgendetwas tue, dann tue ich es für sie."
„Das gefällt mir.“ meinte Otto „So ein Schafhirte würde ich auch gerne sein. Aber was hat das jetzt mit Verzeihung zu tun?“ Lächelnd erzählte ich weiter:
Ich möchte auch gern so ein Schäfer für Gott sein. Was hindert mich daran? Es gibt Menschen mit denen ich nicht versöhnt bin und die ich deshalb nicht in mein Herz hineinlassen will. Was hält mich davon ab, mich mit ihnen zu versöhnen?
Manchmal sage ich im Geist schnell: "Ich vergebe Dir." und meine dann, dass die Sache erledigt ist. Dann habe ich mich selbst betrogen, weil ich vergessen habe nachzufragen, ob die Versöhnung wirklich aus tiefsten Herzen kommt. Deshalb muss ich über längere Zeit hinweg immer wieder sagen: "Ich vergebe Dir." Nur so kann ich wahrnehmen, ob es mir damit wirklich ganz ernst ist. Jetzt kann ich leicht verwirrt werden: An einem Tag meine ich, dass die Verzeihung wirklich ganz ehrlich ist, am anderen Tag halte ich es für eine Lüge und dann spüre ich vielleicht auch wieder überhaupt nichts. Deshalb ist dabei große Beharrlichkeit nötig. Wenn ich mehrere Tage hintereinander wahrnehme, dass es jetzt wirklich von ganzem Herzen kommt, dann darf ich mir sicher sein, dass die Versöhnung geglückt ist. Jetzt brauche ich mich nicht mehr verunsichern zu lassen, dass ich mir das alles nur einbilde. Soweit es mir möglich ist, sollte ich dabei auch versuchen für den, dem ich verzeihen will zu beten, ihn Gott anzuvertrauen, dass Er ihm künftig ein glückliches Leben schenke, und ich sollte ihn auch segnen. Am Schluss werde ich dabei dann, in mir selbst, Liebe verspüren. Danach sollte ich jedoch nicht vergessen, Gott für diese Gnade der Vergebung zu danken.
Ja, aber es gibt schwerere Verletzungen, bei denen mir die Kraft zur Versöhnung fehlt. Dann bitte ich tagtäglich vertrauensvoll Gott, dass er mir die Kraft dazu schenkt und spüre ab und zu nach, ob er sie mir schon geschenkt hat. Im festen Vertrauen, darf ich mich schon gleich, täglich, bei Ihm für die kommende Hilfe bedanken.
Aber manches lastet so schwer auf mir, dass ich nicht verzeihen will! Auch dann brauche ich nicht zu verzweifeln, denn bei Gott gibt es keine hoffnungslosen Fälle. Er verspricht uns in der Hl. Schrift: Denn Gott ist es, der in euch das Wollen und das Vollbringen bewirkt, noch über euren guten Willen hinaus. (Phil 2,13)
Ich sage dann einfach täglich: "Dein Wille geschehe. Ich vertraue auf Dich." und beobachte, ob sich in mir etwas verändert. Dazu brauche ich aber viel Geduld und Beharrlichkeit.
Vielleicht wird dies sogar zur Lebensaufgabe für mich. Aber wenn dies das einzige ist, was mir in meinem Leben gelingt, dann ist mir alles gelungen, denn der Sinn unseres Lebens ist es Gott ähnlicher zu werden - das bedeutet: in der Liebe zu wachsen.
Und zu solch einer Vergebung braucht es wahrlich viel Liebe.
„Ja.“ meinte Otto „aber um immer wieder zu verzeihen braucht man viel Kraft. Wo nimmst Du die denn her?“ Daraufhin verriet ich ihm die Quelle meines Lebens:
Vor'm Kreuz da sitz ich manchmal
ganz schweigsam und ganz still.
Genieße Deine Freundschaft
soviel ich g'rade will.
Lass mich von Dir betrachten,
Du hast unendlich Zeit.
Will nur auf Dich jetzt achten;
's gibt sonst nichts weit und breit.
Nichts brauche ich zu können.
Du bist ganz einfach hier.
Ich darf mir Ruhe gönnen
und bin ganz nah bei Dir.
Du schenkst mir Deine Liebe.
Ich darf ganz fröhlich sein.
Und treibe neue Triebe
und werde so ganz rein.
Wenn ich so mit Dir lebe,
dann spür ich neue Kraft.
Bin wie des Baumes Rebe:
Erfrischt von Deinem Saft.
Das leuchtete ihm ein und er meinte: „Natürlich kann Gott alles in unserm Leben bewirken und verändern. Wenn wir auf Ihn vertrauen, dann geschehen wohl auch große Wunder in unserem Alltag?“ „Wir erwarten da oft etwas Falschen.“ entgegnete ich, um Otto vor irrigen Vorstellungen zu bewahren und erzählte folgendes:
Wunder gibt es immer wieder behauptete mal ein bekanntes Lied. Sich daran zu halten ist sicherlich sinnvoller als auf übernatürliche Wunder zu warten. Doch da taucht die Frage auf: „Wenn Gott unser Bitten erhört, warum beseitigt er dann das Leid nicht durch Wunder, wie es Jesus getan hat?“ Warum sollte Gott, der das Leid geschaffen hat, es plötzlich durch Wunder verschwinden lassen? Gott ist kein Zauberkünstler, der uns eine tolle Vorstellung zeigen will. Warum sollte Gott die Naturgesetze, die Er selbst geschaffen hat, außer Kraft setzen?
Warum ist unsere Sehnsucht nach übernatürlichen Wundern so groß, dass wir die natürlichen Wunder nicht mehr sehen? Wir haben es verlernt uns zu wundern. Wo ein Mensch einem andern hilft, wo Gemeinschaft gelingt usw.: Das sind die wirklichen Wunder.
Welchen Sinn haben Wunder? Wunder verhelfen niemanden zum Glauben zu finden. Bestenfalls können sie den Glauben vertiefen, so hoffte Jesus und sagte zu seinen Aposteln: "Wenn ihr schon mir nicht glaubt, dann glaubt doch wenigstens den Werken, die ich getan habe." Aber am Schluss lesen wir, dass einige seiner Apostel, die alles gesehen hatten, was Jesus wirkte, nicht glaubten.
Es ging nicht darum Leid und Tod abzuschaffen, sondern die Zuwendung, Hingabe und Liebe Gottes zu uns Menschen deutlich zu machen. Am Eindrucksvollsten geschah das dann am Ende, als Jesus all das wovon er die Menschen befreit hatte auf sich nahm: Leid, Verachtung, Hoffnungslosigkeit, Tod. Dies soll dazu führen, dass es uns für alle Zeiten unvergesslich bleibt und wir unser Lebensziel erkennen: Immer weiter in der Liebe fortschreiten und sie für die Menschen sichtbar, fühlbar und erfahrbar machen.
Jesus sagt uns ja: All diese Wunder könnt ihr selbst wirken, mit meiner Hilfe, und noch viel bessere und tollere. Und dazu dürfen wir dann Gott um Kraft, Mut, Ausdauer, Geduld und ein offenes Herz bitten um diesen Auftrag erfüllen zu können. Ein Wunder ist es, dass es die Liebe gibt und Wunder geschehen da, wo etwas aus Liebe getan wird.
„Aber weißt Du was das Tollste ist?“ frage ich Otto. „Was denn?“ meinte er gespannt. Und ich gab meine neuesten Überlegungen zum Besten:
Kann Gott etwas bereuen? Es geht nicht darum, was Gott kann oder nicht kann, sondern es geht um uns.
Da reute es den Herrn, auf der Erde den Menschen gemacht zu haben, und es tat seinem Herzen weh. (Gen 6:6)
dass die Menschen so sehr unter ihren bösen Taten litten.
Nie wieder sollen alle Wesen aus Fleisch vom Wasser der Flut ausgerottet werden; nie wieder soll eine Flut kommen und die Erde verderben. (Gen 9:11)
denn Gott ist barmherzig.
Samuel trauerte um Saul, weil es den Herrn reute, dass er Saul zum König über Israel gemacht hatte. (1 Sam 15:35)
weil dieser seines Amtes nicht würdig war und so viel Unheil über sich und andere brachte.
Als der Engel seine Hand gegen Jerusalem ausstreckte, um es ins Verderben zu stürzen, reute den Herrn das Unheil, und er sagte zu dem Engel, der das Volk ins Verderben stürzte: Es ist jetzt genug, lass deine Hand sinken! (2 Sam 24:16, 1 Chr 21:15)
Gott will die Menschen nicht vernichten, sondern zur Umkehr bringen.
Hat er (Hiskija) nicht Gott gefürchtet und den Zorn des Herrn besänftigt, so dass den Herrn das Unheil reute, das er ihnen angedroht hatte? (Jer 26:19)
Gott hält nicht an seinem gerechten Zorn fest.
Da rief ich: Gott, mein Herr, halte doch ein! Was soll denn aus Jakob werden? Er ist ja so klein. Da reute es den Herrn, und er sagte: Auch das soll nicht geschehen. (Am 7:5f)
Gott hat Mitleid mit den Menschen.
Und Gott sah ihr Verhalten; er sah, dass sie umkehrten und sich von ihren bösen Taten abwandten. Da reute Gott das Unheil, das er ihnen angedroht hatte, und er führte die Drohung nicht aus. (Jona 3:10)
Gott achtet auf die Umkehr der Menschen.
Denn so spricht der Herr der Heere: Wie ich plante, euch Böses zu tun, und es mich nicht reute, weil eure Väter mich erzürnten, spricht der Herr der Heere, so kehre ich jetzt um und plane in diesen Tagen, Jerusalem und dem Haus Juda Gutes zu tun. Fürchtet euch nicht! (Sach 8:14f)
Gott will die Menschen reichlich beschenken.
Gott lässt den Menschen Gerechtigkeit widerfahren, damit sie zur Umkehr finden. Doch sieht Gott auch immer auf das Elend das für die Menschen daraus entsteht und das schmerzt sein Vaterherz. Deshalb entscheidet sich Gott letztendlich immer für die Liebe. Und es reut Gott, dass er den Menschen nicht gleich Seine Barmherzigkeit schenken konnte: Aber dann hätten sie in ihrem bösen Tun verharrt. Wir sind nun vor die Entscheidung gestellt, ob wir gerechte oder liebende Kinder Gottes sein wollen. Wir brauchen nicht zu verzeihen, wenn wir nur gerecht sein wollen. Aber dann wird Gott uns auch nur Gerechtigkeit geben:
Und in seinem Zorn übergab ihn der Herr den Folterknechten, bis er die ganze Schuld bezahlt habe. Ebenso wird mein himmlischer Vater jeden von euch behandeln, der seinem Bruder nicht von ganzem Herzen vergibt. (Mt 18:35)
Deshalb sollen wir uns für die Liebe, für die Barmherzigkeit und für die Vergebung entscheiden:
Und wenn ihr beten wollt und ihr habt einem anderen etwas vorzuwerfen, dann vergebt ihm, damit auch euer Vater im Himmel euch eure Verfehlungen vergibt. (Mk 11:25)
Gott ist unser Heil so wichtig, dass Er in aller Demut - uns zum Vorbild - sagt: So kehre ich jetzt um.
Daran sollten wir uns ein Beispiel nehmen.
Otto meinte: „Das ist aber eine große Herausforderung. Ob wir die im Alltag umsetzen können?“ Auch dazu fiel mir sofort etwas ein:
Es sind Söhne mit trotzigem Gesicht und hartem Herzen. Zu ihnen sende ich dich. Du sollst zu ihnen sagen: So spricht Gott, der Herr. (Ez 2:4)
Ezechiel soll nicht sagen: Hört auf mich. Ich führe euch auf den rechten Weg. Nein nur: So spricht Gott, der Herr. Nicht mehr und nicht weniger. Es gibt so viele die zu uns sprechen: Der Ehepartner, die Kinder, Vorgesetzte, Politiker und viele andere Menschen die meinen etwas zu sagen zu haben. Das Wort: So spricht der Herr! bedeutet jetzt nicht, dass wir auf all diese Menschen nicht hören sollten, denn sicherlich sagen sie oft Gutes und Wertvolles. Aber das Wort Gottes muss immer an erster Stelle stehen. Was nun spricht Gott?
Wir denken dabei sofort an das Wort, an die Hl. Schrift und die Gebote und Verbote. Ich würde sie lieber Lebenshilfen nennen. Sie sind sozusagen die Routine im geistlichen Alltag. Routine ist gut, damit wir nicht alles immer wieder neu überlegen müssen. Sonst kämen wir nie zurecht. Routine, eben die Lebenshilfen, sollen uns helfen, dass uns der Alltag nicht überfordert. Das ist die eine Seite. Andererseits hat Jesus das Wort, die Hl. Schrift in einem Wort zusammengefasst: Liebe.
Wenn also ein Kind mit seinen kindlichen Sorgen und Problemen zu seiner Mutter kommt, auch wenn sie uns noch so unbedeutend erscheinen, dann spricht Gott, die Liebe: Da ist jetzt jemand der Dich braucht. Höre ihm verständnisvoll zu. Mach es wie ich und lass alles liegen und stehen und kümmere Dich nur um ihn. Mach Dir jetzt keine Gedanken wie Du Deine ganze Arbeit noch bewältigen kannst, wenn Du jetzt scheinbar soviel Zeit verschwendest. Jetzt soll es für Dich nur ihn geben. Viele Menschen werden das nicht verstehen und meinen: Wie kann sie wegen so einer Belanglosigkeit ihre Arbeit, ihre Pflichten so sträflich vernachlässigen?
Ebenso geht es uns oft wenn wir im geistlichen Leben von dem abweichen was die anderen von uns erwarten. Jesus musste dies in seiner Heimatstadt erleben. Er wurde von Gott gerufen und hat sich darauf eingelassen und die Liebe verkündet, aber die ihn von Jugend auf kannten meinten: Es ziemt sich für einen Zimmermann nicht im Mittelpunk zu stehen und andere Menschen belehren zu wollen. Immer wieder zeigen Menschen in solch einer Situation nur Verständnislosigkeit, denn sonst müssten sie umdenken und sich auf etwas Neues einlassen. Das ist etwas das verunsichert. Da bleibt man lieber auf den altbewährten sicheren Weg der Routine. Aber in diesen Moment akzeptieren sie den Anruf Gottes nicht und entfernen sich von Gott und somit von der Liebe. Damit ist der altbewährte Weg eben nicht mehr sicher, sondern führt in die falsche Richtung.
Deshalb sollten wir einerseits uns selbst vertrauen, so dass wir den Mut aufbringen uns Gott, der Liebe, anzuvertrauen, auf Ihn zu hören und es dann in die Tat umzusetzen; andererseits sollten wir nie jemanden verurteilen, der unserer Meinung nach nicht mit Gott geht, denn wir können nicht in sein Herz schauen. So folgen wir der besonderen Berufung Gottes: Lasst alles liegen und stehen und folgt mir nach! im Alltag.
„Darum will ich mich künftig immer bemühen.“ nahm sich Otto ernsthaft vor und ich war glücklich.
Texte: MicMam12
Bildmaterialien: O. O.
Tag der Veröffentlichung: 26.01.2013
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