Cover

Das Treffen




Wir sitzen hier im Mittelpunkt der Erde im vornehmsten Hotel. Wir sind wohl die mächtigsten und einflussreichsten Bewohner dieser Welt. Aber wir haben uns immer im Hintergrund gehalten, um in der Öffentlichkeit nicht aufzufallen.
Lange haben wir beraten, ob wir diesen Artikel veröffent-
lichen sollen, aber schließlich kamen wir zu dem Schluss: Ein Geheimnis bleibt nie lange geheim und bevor falsche Gerüchte aufkommen ist es besser, die Wahrheit bekannt zu machen:

Die Vorfahren der Taino wanderten ab dem 7. Jahrhun-
dert n. Chr. aus Venezuela in die Karibik ein.
Dort wurden sie von Christof Kolumbus entdeckt.
Ein anderer Teil zerstreute sich in Laufe der Jahrhunderte in alle Welt. Von diesen Ur-Tainos stammen wir ab. Wir haben immer unsere Sprache, Kultur und vieles Andere von Generation zu Generation heimlich weitergegeben. Äußerlich passten wir uns immer der Umgebung an um nicht aufzufallen.


Als ich noch sehr jung war, fiel mir ein uraltes Buch der Ur-Tainos in die Hände. Wahrscheinlich ist es das einzige, das damals je geschrieben wurde, denn in unserer Überlieferung kennen wir kein Schrifttum. Das Buch war sehr bilderreich, aber ich konnte den Inhalt trotzdem nicht so recht verstehen. Deshalb studierte ich alles, was ich über alte Schriften, besonders bildhafte Schriften, in Erfahrung bringen konnte. Doch auch das führte nicht zum Erfolg. Deshalb versuchte ich über Internet mit allen Nachfahren der Ur-Tainos Verbindung aufzunehmen. So kam schließlich diese Versammlung der Gelehrtesten von uns zustande. Es dauerte noch Jahrzehnte bis wir das Buch entziffern konnten.

Die Sage der Tainos




Es handelte sich um eine uralte Sage der Tainos. Sie betraf unsere Vettern, die seinerzeit in die Karibik ausgewandert waren:

Der Name Taino bedeutet "gute/edle Leute". Deshalb konnten diese Menschen immer glücklich und zufrieden miteinander leben. Doch eines Tages kamen seltsame Menschen mit riesengroßen künstlichen Fischen zu ihrer Insel. Sie hießen diese Fremden freudig willkommen und wollten sie an ihrerm herrlichen und friedlichen Leben Anteil nehmen lassen.
Aber die suchten immer Dinge, die kein Mensch zum Leben braucht und es war ihnen unmöglich glücklich und zufrieden zu sein. Bald versuchten die Eindringlinge, die Urbevölkerung zu unterdrücken. Da sie ein friedfertiges Volk waren, hatten sie keine Waffen um sich dagegen zu wehren. So blieb ihnen nur übrig sich in ihr Schicksal zu fügen. Aber einige waren dazu nicht bereit.


Seit langem schon konnten diese Menschen kleine künstliche Fische bauen, mit denen man sich sehr schnell vorwärts bewegen konnte. So flohen sie und suchten eine neue Heimat. Nach nicht all zu langer Zeit fanden sie eine neue Insel, doch sie hatten schreckliche Angst, dass ihnen diese seltsamen Wesen auch hierher folgen könnten.
In ihrer Not besannen sie sich darauf, dass sie ja von ihren Vorfahren, den Ur-Tainos, besondere Gaben geerbt hatten. Sie hatten sie nie gebraucht und waren deshalb sehr ungeübt im Umgang mit ihnen. Aber mit der Zeit lernten sie wieder diese Gaben zu gebrauchen. Dadurch wurde es ihnen möglich, eine Insel für jeden normalen Menschen unsichtbar und unerreichbar zu machen. So konnten diese Menschen in ihrer neuen Heimat wieder in großer Geborgenheit leben.
Schnell vermehrten sie sich und mussten neue Inseln finden. Zum Schluss gehörten zu diesem Reich des Friedens 77 kleine und größere Inseln, die von keinen Menschen entdeckt werden konnten.

Soweit die Sage. Wir waren begeistert und waren fest davon überzeugt, dass alles der Wahrheit entsprach.

Die Entdeckung

Wie alle Taios sind auch wir besonders neugierig und deshalb wollten wir natürlich die 77 Inseln unserer Vettern finden. Da uns ja die gleichen besonderen Fähigkeiten wie ihnen vererbt wurden, war uns dies auch wirklich möglich. Wir wurden freundlich und mit viel Aufmerksamkeit empfangen. Wir machten eine Rundreise zu allen Inseln und verbrachten eine herrliche Zeit in diesem, für normale Menschen, unauffindbaren Reich.
Doch nach unserer Rückkehr wurde uns zu unserm Erschrecken bewusst, dass wenn wir die Inseln finden konnten, das auch anderen Taios möglich sein könnte. Da nicht alle so reich waren wie wir, wäre es für sie eine sehr große Versuchung, die Existenz der Inseln für viel Geld zu verraten.
Wir mussten etwas dagegen tun, um dieses neu entdeckte Reich zu schützen. Wir zogen Erkundigungen ein und erfuhren, dass die UNO Sektion B dafür zuständig sei. Also nahmen wir heimlich mit ihr Kontakt auf.
Wir forderten, die Inseln als einen eigenen und unabhängi-
gen Staat anzuerkennen. Als Staatsnamen schlugen wir Tainium vor. Dieser neue Staat müsse unter Kulturschutz gestellt werden, dass seine ursprüngliche Lebensweise erhalten bliebe. Die Sektion nahm unser Anliegen sehr ernst und gründete eine Kommission: UNO-B-Tainium.

Alle Mitglieder von Unobtainium setzten sich für die Sache genauso begeistert ein wie wir. Aber sie haben eine schwere Aufgabe vor sich: Es gibt zwar ein Staatsgebiet und eine gemeinsame Sprache, aber niemand würde bereit sein, eine gemeinsame Regierung zu bilden. Zudem, wie sollte man die Bevölkerung vor dem Einfluss der modernen Welt bewahren können? So bleibt Unobtainium vorerst nichts anderes übrig, als den zukünftigen Staat vorerst noch geheim zu halten und alle möglichen Erkenntnisse darüber, wie Satellitenfotos, sofort verschwinden zu lassen.


Wir haben dies niedergeschrieben, damit Du nie den Traum von einem Paradies verlierst, aber wenn Du es einmal finden solltest, es nicht wie Deine Vorfahren vernichtest.

Aber mal ehrlich: Könntest Du in diesem Paradies wirklich glücklich und zufrieden sein? So ganz ohne Internet, bookrix und all den Annehmlichkeiten unserer modernen Zeit?

Impressum

Texte: ®MicMam 2012
Tag der Veröffentlichung: 09.03.2012

Alle Rechte vorbehalten

Widmung:
Das BookRix Wortspiel Unobtainium

Nächste Seite
Seite 1 /