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Vom Ursprung der Drachen




Es war einmal vor langer, langer Zeit, als es auf der Erde noch keine Drachen gab, da lebten sie alle noch auf dem Drachenpla-
neten. Wo dieser genau ist, weiß ich auch nicht, aber er muss riesengroß sein. Auf diesen Planeten gab es keine Menschen und so waren alle Drachen glücklich und zufrieden. Wenn damals Drachenkinder in den Kreis der Jugendlichen aufgenommen werden wollten, mussten sie zuvor eine Mutprobe bestehen. Diese bestand darin, dass sie so weit wie möglich in das Weltall hinausfliegen mussten und zwar ganz allein. Nach ihren Rückkehr versammelten sich dann die Jugendlichen und hörten sich die Erlebnisse des mutigen Jungdrachen an. Durch ihre eigenen Erfahrungen und die vielen Geschichten über vergangene Mutproben konnten sie sehr schnell herausfinden, ob die erzählten Erlebnisse wahr waren oder nicht und konnten auch leicht einschätzen, wie weit der Kandidat wirklich geflogen war. Wenn es nun wirklich weit genug war, dann wurde er in den Kreis der Jugendlichen aufgenommen. Manchmal wurde einer auch aufgenommen, weil seine Lügengeschichte gar so toll war. Eines Tages kam ein Drachen zurück und behauptete, dass er einen Planeten entdeckt hätte, auf dem es Menschen gäbe.


Aber niemand glaubte ihn und er wurde weiterhin zu den Kindern gezählt, was ihn sehr ärgerte. Auch einem anderen Drachen, der die tollsten Geschichten von den Menschen erzählte, glaubte man nicht. Erst als auch noch ein dritter von phantasti-
schen Erlebnissen mit Menschen berichtete, glaubte man endlich daran, dass es wirklich einen Planeten mit Menschen gibt. Die Neugier aller Drachen wurde riesengroß, so dass viele sich auf den Weg zur Erde machten. Dort entdeckten sie die vielen verborgenen Schätze und wurden gierig nach ihnen, so dass sie sie anhäuften und bewachten und deshalb nicht mehr zurückkehrten. Aber auch diese Drachen waren mit ihren neuen Leben sehr zufrieden.

Doos Jugend




Es war einmal vor langer, langer Zeit, als die letzte Drachengene-
ration unter den Menschen wohnte, da lebte im äußersten Nordosten eines der letzten Drachengeschlechter. Von den altehrwürdigen Drachen, die schon seit Jahrtausenden auf ihren reichen Schätzen saßen, wurden sie nur verächtlich "Elstern" genannt, denn diese neue Drachengeneration plünderte nur noch die umliegenden Dörfer - alles was funkelte und wertvoll schien nahmen sie mit - um Schätze zu sammeln. Da diese Dörfer aber meistens sehr arm waren, hatten ihre ganzen Schätze nicht einmal den Wert eines einzigen goldenen Ringes aus dem riesigen Schatz eines wirklich alteingesessenen Drachen. Der Jüngste in dieser Familie war Doo, der immer fröhlich und lustig war. Das ist für Drachen ansich schon ziemlich ungewöhnlich, aber er beteiligte sich auch nicht an den Raubzügen. Oft wurde er von seinen Brüdern verspottet, weil er absolut gar nichts besaß, aber er blieb trotzdem immer heiter und vergnügt. Auch an der Nahrungssuche nahm er nicht teil. Man ließ es im durchgehen, weil er ja der Benjamin (der Jüngste) war. So genoss er das Leben in vollen Zügen, konnte sich über alles freuen und machte sich niemals Sorgen.


Eines Tages an einem unfreundlichen, verregneten Tag kamen seine Brüder mürrisch nach Hause, denn sie hatten an diesem Tag keine Beute gemacht und auch nichts zu essen gefunden. Die Vorräte waren auch schon ausgegangen. So musste die Drachenfa-
milie hungern. Um ihren Ärger hinunterzuspülen, tranken sie das ganze restliche Drachenbier, das sie in ihrer Höhle noch finden konnten und von dem hatten sie noch einen reichlichen Vorrat. Doch der Hunger wurde immer größer und der Alkohol tat seine Wirkung. Plötzlich fing der älteste Bruder an zu grölen:

Brüder, lasst euch von mir raten.
Lasst uns den faulen Bruder braten.
Wollen nicht länger sein Sklaven sein:
Haut ihn in die Pfanne rein.
Mit Recht wird er von uns gefressen.
Nie ist er ein richt'ger Drache g'wesen.



Die Brüder ließen sich von diesem Gesang anstecken, tanzten im Kreis und brüllten kräftig mit. Doo hielt das ganze für einen Spaß und beteiligte sich munter daran. Da riss seinen Brüdern die Geduld. Sie packten ihn, fesselten ihn und entzündeten ein Feuer unter dem Kessel. Erst da wurde unserm kleinen Drachen klar, dass es seine Brüder ernst meinten.


In diesem Moment wurde sein Herz zu Stein und er wurde furchtbar wütend. Meterlange Flammen schlugen aus seiner Nase und dicker Rauch lag über der ganzen Gegend. Doo tobte, dass die ganze Erde zitterte. Seine Brüder erschraken und liefen davon. Da zerriss der kleine Drache Doo seine Fesseln und verließ seine Heimat. Er schwor für sich, dass er der reichste Drache auf der ganzen Welt werden wolle. Erst jetzt wurde ihm bewusst, wie schön es war, frei und unabhängig zu sein.

Raubzug




Es war einmal von langer, langer Zeit, als der kleine Drache Doo seine Heimat verlassen hatte, um der reichste Drachen der Welt zu werden. Er zog nach Westen und überfiel und beraubte systema-
tisch alle Dörfer und Städte des Nordens. Zuerst nahm man das gar nicht so ernst und meinte er hätte sich nur verirrt und sei über sein natürliches Revier hinausgekommen, denn Drachen verlassen normalerweise nie ohne Not ihr Zuhause, aber als er plündernd weiterzog, erkannten sie den Ernst der Lage. Zuerst waren sie hilflos, bis er sich zum ersten Mal einer Stadt näherte: Diese hatte alle mutigen Einwohner versammelt, um dem Drachen Wider-
stand zu leisten. Aber sie hatten nicht die geringste Möglichkeit, ihn ernsthaft zu gefährden. Sie mussten froh sein, dass sie mit dem Leben davonkamen. Durch jeden Kampf und durch jedes Hindernis wurde der Drache stärker und klüger. Die Dörfer legten jetzt schon all ihre Schätze weit vor die Ortschaft und erreichten es dadurch wirklich, dass wenigstens ihr Dorf und seine Einwohner vor dem fürchterlichen Drachen verschont blieben. Ein anderes Mal versuchten sie, ihn im Schlaf zu überraschen, aber er war schon so schlau geworden, dass er rund um sein Nachtlager viele Fallen aufbaute und die Umgebung so ausstattete, dass man sich ihm nicht geräuschlos nähern konnte.


Meist war er schon so klug versteckt, dass man nicht einmal ahnte, wo er sich gerade aufhielt. Die größte Stadt des Landes, in dem er sich gerade befand, warb alle Helden und Drachentöter des Nordens an, um für den Angriff von Doo gerüstet zu sein. Da wandte sich der Drachen an einen anderen Drachen, dem schnellsten der Welt, dessen Bruder durch einen Drachentöter umgekommen war: Dieser ließ sich in weiter Entfernung von der Stadt sehen und die Helden und Drachentöter verfolgten ihn. So lockte er sie weit weg von der Stadt, die sie bewachen sollten. Das nützte Doo aus und überfiel mit grimmigen Zorn die Stadt. In seiner Wut legte er die Stadt, nachdem er all ihre Schätze in Sicherheit gebracht hatte, in Schutt und Asche. Die Helden und Drachentöter, die nach einiger Zeit erfolglos von ihrer Verfolgungs-
jagd zurückkehrten, konnten sich nirgends mehr sehen lassen und mussten auswandern. Daraufhin hatte der Drache bei seinen Raubzügen keine Schwierigkeiten mehr. Die Schätze lagen vor den Ortschaften immer schon bereit und er brauchte sie nur noch einzusammeln. Eines Tages kam er in die Nähe einer einsamen Hütte. Von da rannte ihm ein weinendes Kind entgegen, das ihn bat, seinen Eltern doch nichts abzunehmen, da sie krank seien und alles bräuchten für Medizin und für Nahrungsmittel.


Dem Drachen ging das Geschrei auf die Nerven und in so einer armen Hütte war eh nichts Wertvolles zu erwarten und so zog er einfach weiter. Als der Junge dann erwachsen war, schrieb er aus Dankbarkeit ein Buch über gute und liebe Drachen, die den Menschen helfen würden und ihnen sogar von ihren Schätzen abgeben würden, wenn sie in Not wären. Manche Menschen glaubten dies und gingen zu den Drachen, um sie um Hilfe zu bitten. Vor lauter Scham versanken die Drachen in der Erde. Sie leben heute ganz tief im Erdinnern, wo vor ihnen noch kein Lebewesen hingekommen ist. Einige kehrten auch zum Drachen-
planeten zurück. Dies ist der Grund warum wir heute keine Drachen mehr kennen. Aber ihre Nachfolger, die Dinos, lebten noch lange Zeit unter den Menschen. Deren Nachkommen sind uns ja bis heute noch wohl bekannt: Die Krokodile. Aber zurück zu unserer Geschichte vom Drachen Doo: Weit im Nordwesten fand er schließlich eine große geräumige Höhle, in der er sich mit all seinen Schätzen niederließ. Er setzte sich auf sie und war glücklich und zufrieden.

Verlassen




Es war einmal vor langer, langer Zeit, da lebte in der Nähe einer Drachenhöhle, ganz in der Einsamkeit verborgen, eine arme Familie in einer kleinen Hütte. Noch nie hatten sie ihr Tal verlassen und etwas von der großen weiten Welt gesehen. Eines Tages waren die Kinder sehr ängstlich, denn es war schon Zeit zum Mittagessen und ihre Eltern waren noch nicht vom Wald zurückgekehrt, in den sie jeden Morgen gingen, um Nahrung zu sammeln. So lange waren die Eltern noch nie fort gewesen. Hora, manchmal auch Ora genannt, versuchte ihre jüngeren Brüder zu trösten, aber auch sie wurde immer ängstlicher. Sie bot ihren Brüdern an ihnen ein Mittagessen zu bereiten, aber vor lauter Kummer hatte niemand Hunger. Gegen Nachmittag meinte der älteste der drei Brüder, der Cor genannt wurde: „Wir müssen in den Wald gehen, um unser Eltern zu suchen.“ Aber Hora widersprach: „Nein, unsere Eltern haben uns streng verboten, in den Wald zu gehen. Es gibt dort gefährliche Tiere, sogar einen Drachen. Außerdem kann man sich dort leicht verirren.“ Da meinte der Jüngste, denn man Ra nannte: „Wir können doch nicht ewig hier tatenlos herum sitzen. Auf lasst uns gehen! Desto schneller desto besser. Wir verlieren nur wertvolle Zeit. Wenn wir noch länger warten, dann wird es dunkel.“


Als Hora nun merkte, dass sie ihre Brüder von ihren Vorhaben nicht abbringen konnte, ließ sie sie nieder knien und gab ihnen den Segen. Dann drehte sie sich schnell um, denn sie hatte Tränen in den Augen: Das hatte bisher immer nur ihre Mutter gemacht. Voll Tatendrang zogen die Brüder in den Wald. Als sie den finsteren Wald betraten, wurden sie noch ängstlicher und wären am liebsten wieder zurück gerannt, aber keiner traute sich seine Mutlosigkeit einzugestehen, und so liefen sie entschlossen weiter. Es gab so unheimlich viel Neues in diesem Wald zu entdecken und so wurde ihre Neugier immer größer und größer. Bald hatten sie ganz vergessen, warum sie eigentlich hierher gekommen waren und gaben sich ganz ihrem Forscherdrang hin. Erst als es immer finsterer wurde begriffen sie, dass sie kreuz und quer durch den Wald gegangen waren und schon längst nicht mehr wussten, wo sie waren. Der mittlere Bruder, namens Rei, begann zu weinen. Ra, der Jüngste, machte sich über ihn lustig, obwohl er auch voll Furcht und Angst war. Cor versuchte sie zu beruhigen und tat so, als ob er den Weg wüsste und ging zielstrebig in eine Richtung. Es war inzwischen schon total finster geworden, so dass sie bei jedem Schritt stolperten. Jetzt weigerte sich Rei weiterzugehen. Durch nichts war er weiterzubringen.


Der Jüngste hatte einmal in einem Märchen gehört, dass man wegen der wilden Tiere im Wald nicht auf der Erde übernachten dürfe und kletterte deshalb auf einen Baum. Von dort entdeckte er weit in der Ferne ein kleines Licht und stieg sofort wieder vom Baum herab und rannte einfach auf das kleine Licht zu. Da blieb den beiden anderen nichts übrig, als ihm zu folgen. Doch durch das kleine Licht hatten sie wieder etwas Mut geschöpft. Nach einer Weile kamen sie zu einer fast verfallenen Hütte. Mutig klopften sie an und sie wurden freundlich hereingebeten. Auf einem Stuhl saß eine alte Frau mit einem eingebundenen Fuß. Freudig begrüßte sie die Ankömmlinge: „Ihr kommt gerade zur rechten Zeit. Ich habe mir heute den Fuß verletzt und kann nichts tun. Das Feuer geht aus. Holt doch bitte Holz von draußen.“ Die beiden Jüngsten rannten los. So bald sie draußen waren, meinte der Jüngste: „Das ist eine Hexe. Wir müssen jetzt bis an unser Lebensende für sie arbeiten oder sie frisst uns auf.“ Der mittlere Bruder lachte: „Du hast zu viele Märchen gehört. Hexen gibt es doch überhaupt nicht. Und wenn wir jetzt weglaufen, dann verhungern wir nur in der Finsternis oder die wilden Tiere fallen über uns her.“ Als sie die Stube wieder betraten, meinte die alte Frau: „Ihr braucht keine Angst vor mir zu haben. Ich brauche nur euere Hilfe, weil ich mir momentan nicht selber helfen kann.“


Das beruhigte Ra keineswegs, denn er dachte bei sich: Woher weiß sie worüber wir gerade geredet haben, wenn sie keine Hexe ist? Die alte Frau hatte noch viel Arbeit für die drei Brüder und sie schafften stundenlang mit großem Fleiß. Das Zimmer sah jetzt wirklich wieder wohnlich und gemütlich aus und war blitzsauber. Auch stand jetzt ein köstliches Abendessen auf den Tisch, das die Kinder mit viel Mühe und Sorgfalt nach der Anweisung der Alten bereitet hatten. So viel und so gut hatten sie noch nie gegessen und sie genossen das Essen in vollen Zügen, weil sie von der vielen Arbeit rechtschaffen hungrig und müde waren. Nach dem Abendessen schickte die Alte die beiden Jüngeren in ihr Bett. Es war sehr groß, so dass die beiden bequem darin Platz hatten. Auch war es viel weicher als zu Haus und so schliefen sie sofort ein. Jetzt saßen die Alte und der älteste Sohn einander gegenüber am Tisch. Endlich kam Cor dazu, sich auszusprechen und der Alten zu erzählen, was alles geschehen war. Diese nahm seine rechte Hand in ihre Hände und Cor wusste, dass eine sehr unangenehme Nachricht auf ihn zukam. Langsam begann die Alte zu sprechen: „Heute früh kamen Schatzsucher in unseren Wald. Sie wollten dem Drachen seine Schätze wegnehmen. Da trafen sie eure Eltern und fragten sie nach dem Weg zur Drachenhöhle. Aber euere Eltern verrieten ihnen den Weg nicht. Da wurden die Schatzsucher wütend und tötenten euere Eltern.“


Cor begann herzzerreißend zu weinen. Die Alte legte ihren Arm auf seine Schulter und meinte: „Heul Dich aus. Lass Dich durch nichts davon abhalten. Weine solange noch Tränen in Dir sind. Heule Dir allen Schmerz von der Seele. Weinen ist sehr heilsam.“ Und Cor weinte und es schien, dass er nie mehr aufhören würde. Die alte Frau saß geduldig neben ihm. Nach langer, langer Zeit versiegten die Tränen und Cor wandte sich ab und betete still vor sich hin. Nach einiger Zeit wandte er sich wieder der Alten zu: „Jetzt geht es mir wieder etwas besser. Aber wenn diese schlimmen Schatzsucher noch im Wald sind, dann können wir ja nicht einmal unsere Eltern holen und begraben.“ „Doch, denn anschließend gingen die Schatzsucher auf Bärenjagd und gerade als sie die Bärenfamilie töten wollten, kam plötzlich und unerwartet der Drache und vertrieb sie. Ich helfe euch morgen, den Weg zu euren Eltern zu finden. Es ist jetzt keine Gefahr mehr im Wald.“ „Warum hat der Drachen nur die Bären beschützt und nicht auch unsere Eltern, die ihm ja nur helfen wollten?“ „Der Drachen liebt alle Tiere, denn sie lassen ihn in Ruhe. Aber er hasst alle Menschen, weil sie immer wieder versuchen, ihm seine Schätze zu rauben.“ „Aber unsere Eltern waren doch gute Menschen. Sie taten nie etwas Böses.“ „Für den Drachen sind Tiere Tiere und Menschen Menschen und er kann nicht unterscheiden, ob sie gut oder böse sind.


Für ihn sind alle Tiere gut und alle Menschen schlecht.“ Das Gespräch zog sich so lange hin, bis die Sonne aufging. Da weckte die Alte die beiden Schläfer und die Kinder bereiteten nach Anweisung der Alten ein herrliches Frühstück. Da gab der Jüngste zu bedenken: „Die Eltern sind doch viel zu schwer für uns. Wir können sie doch gar nicht bis zu unserer Hütte tragen.“ Da zeigte ihnen die alte Frau ein breites Brett, das auf vier runden Scheiben lag und das man leicht schieben und ziehen konnte. Damit konnten sie ihre Eltern leicht bergen. „Aber wir werden verhungern, wenn wir wieder zu Hause sind. Wir können ja nicht für uns sorgen. Das haben bisher immer unsere Eltern gemacht.“ gab Rei zu bedenken. Die Alte nickte bedächtig und unterbreitete den Kindern folgenden Vorschlag: „Wenn ihr eure Eltern begraben habt und die Zeit der Trauer vorbei ist, dann kommt jeden Morgen, nach dem Frühstück, mit eurer Schwester zu mir und helft mir, mein Haus in Ordnung zu halten. Es liegt nämlich nicht nur an meiner Fußverletzung, dass es so schlimm aussieht, sondern ich bin einfach zu alt, die Hütte in Stand zu halten. Anschließend bringe ich euch dann bei, was ihr alles für das Leben wissen müsst, um euch selbst helfen zu können. Ich kann euch sogar Lesen und Schreiben beibringen.


Lebensmittel gebe ich euch so viel wie ihr wollt. Mittags geht ihr dann wieder nach Hause zum Mittagessen und habt den ganzen Nachmittag Zeit zum Spielen. Hora und Rei bedankten sich aufs herzlichste, nur Ra war immer noch misstrauisch: Wenn sie keine Hexe ist, woher weiß sie dann, dass wir eine Schwester haben? Dann schenkte sie ihnen drei Säcke voll mit Lebensmittel. Zum Abschied erhielten sie noch etwas wie einen Kompass. „Wenn ihr auf diesen Knopf drückt, dann zeigt die Nadel immer auf eure Eltern und wenn ihr auf den anderen drückt, dann zeigt die Nadel immer auf meine Hütte, sodass ihr mich wieder finden könnt. Wenn ihr eure Eltern gefunden habt, dann geht so, dass ihr die Sonne immer im Rücken habt und ihr werdet eure Hütte finden.“ erklärte ihnen die alte Frau und sie machten sich auf den Weg. Am frühen Nachmittag kamen sie zu Hause an, wo sie schon sehnsüchtig von ihrer Schwester erwartet wurden. Wortlos schaufelten Hora und Cor ein Grab. Immer noch wortlos setzten sie die Eltern bei. Dann sprachen sie lange Zeit Gebete. Die Gebete waren sehr hilflos, weil sie für solch einen Anlass keine Gebete kannten. Dann schütteten die beiden Ältesten die Gräber wieder zu und steckten ein Holzkreuz, das ihr Vater einst geschnitzt hatte, in die Erde. Immer noch wortlos setzten sie sich an den Tisch und Hora bereitete ein Abendessen. Erst nachdem sie dieses wortlos zu sich genommen hatten, fragte die Schwester: „Was ist geschehen?“


Sofort antwortete Ra:
„Eine Hexe hat unsere Eltern umgebracht und erzählt Lügenmärchen von Schatzsuchern und Drachen; und jetzt will sie uns zu Sklaven machen!“ Da fiel ihm Rei ins Wort: „Das stimmt doch gar nicht. Die alte Frau ist doch ganz freundlich und hat uns doch geholfen, wo sie nur konnte. Ohne sie wären wir verhungert und hätten auch unsere Eltern nicht gefunden und begraben können. Und sie will uns ja auch weiterhin helfen. Was würden wir denn ohne sie machen?“ Ein müdes Lächeln kam über Horas Lippen: „Als ich noch ganz klein war und unsere Eltern schwer krank, hat diese alte Frau für uns gesorgt und Mutter sagte damals zu mir: Wenn ihr einmal Hilfe braucht, dann geht zu dieser Frau!“ „Dann stimmt ja wohl alles was sie erzählt hat und es gibt die Schatzsucher und den Drachen wirklich.“ stellte der Jüngste entsetzt fest. Und in seinem Inneren schwor er dem Drachen ewige Rache. Nach ein paar Tagen machten sie sich auf zur Hütte der Alten und halfen ihr fleißig und wurden von ihr in allen lebenswichtigen Dingen unterrichtet. Ra vergaß öfters bei der alten Frau zu erscheinen, weil er zu sehr ins Spielen vertieft war und Rei ließ sich leicht davon anstecken. Cor kam fast regelmäßig, aber auch ihm war manchmal etwas anderes wichtiger. Nur Hora kam regelmäßig und saß oft auch noch nachmittags stundenlang bei der Alten.


Über was sie sprachen, hat nie jemand erfahren.
So hatten sie jetzt alle reichlich und gut zu essen und viel Zeit zum Spielen und es gab niemals Streit und Verdruss, so dass sie glücklich und zufrieden zusammenlebten.

Impressum

Texte: ®MicMam
Tag der Veröffentlichung: 29.04.2012

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