Darum sage ich euch: Alles, worum ihr betet und bittet - glaubt nur,dass ihr es schon erhalten habt, dann wird es euch zuteil. (Mk 11:24)
(Die folgende Geschichte ist aus Rosas Tagebuch - Teil III)
Es war einmal vor langer, langer Zeit, da gab es doch tatsächlich Menschen - man kann es sich heutzutage kaum mehr vorstellen - da gab es doch tatsächlich Menschen die behaupteten: Gott würde ihre Bitten nicht erhören. Da machte sich eine Frau auf den Weg um einen Weisen zu finden, der ihr sagen könnte warum das so ist. Es handelte sich um eine sehr kluge Frau, denn sie gab sich nicht wie die anderen damit zufrieden, dass es halt so ist.
Nachdem sie einige Zeit gewandert war, begegne-
te ihr ein Weiser: „Kannst Du mir alle Fragen beantworten?“
Bedächtig kam die Antwort: „Ich weiß, das ich nichts weiß.“ 'Das hilft mir nun auch nicht gerade weiter.' dachte sich die junge Frau, bedankte sich freundlich und ging weiter. Da begegnete ihr ein Erzieher: „Du hast doch viel mit jungen Leuten zu tun, da kannst Du doch sicherlich jede Frage beantworten.“
Dieser erwiderte ganz erschreckt: „Nein, das kann ich wirklich nicht.“ „Bist Du Dir auch ganz sicher? Du weißt doch, dass man sein Licht nicht unter den Scheffel stellen soll.“ „Man kann von jungen Menschen zwar viel lernen, aber alle Fragen kann ich wirklich nicht beantworten.“ Ein bisschen enttäuscht ging die junge Frau weiter, bis sie ein kleines Kind traf: „Kannst Du mir alle Fragen beantworten?“ „Ja natürlich, aber ich habe jetzt keine Zeit: Ich muss jetzt spielen.“
Dafür hatte die Frau zwar viel Verständnis, aber es war schon etwas entmutigend, so kurz vorm Ziel wieder gescheitert zu sein.
Langsam und sehr nachdenklich ging sie weiter. Da begegnete ihr ein alter Schäfer. „Kannst Du alle Fragen beantworten?“ „Kein Mensch kann alle Fragen beantworten!“ erwiderte der alte Schäfer freundlich lächelnd. Jetzt war die junge Frau schon fast verzweifelt, aber sie gab die Hoffnung nicht auf: „Du kennst doch viele Geschichten, dann weißt Du doch sicherlich für jede Frage eine passende Geschichte.“ „Nun ja, was hast Du denn für eine Frage?“ „Kannst Du mir sagen, warum Gott meine Bitten nicht erhört?“
Kurzes Schweigen: „Deine Frage ist falsch.“ „Warum soll meine Frage falsch sein?“ meinte die Frau etwas gereizt „Fast alle Mensch auf der ganzen Welt können Dir bestätigen, dass es wirklich so ist.“ „Trotzdem ist Deine Frage falsch.“ schmunzelte der Schäfer: „Wenn Du Gott nicht sehen und erkennen kannst, dann fragst Du ja auch nicht: Warum gibt es keinen Gott. Die Frage hätte richtig lauten müssen: 'Warum kann ich die Erfüllung meiner Bitten nicht sehen?' Ich versuche Dir das mal an einigen Beispielen zu erklären.“
Aufmerksam hörte die junge Frau dem Schäfer zu:
„Da ist ein kleiner Junge der Probleme in der Schule hat und wenn diese Schulaufgabe wieder daneben geht, dann hat er kaum noch Aussicht das Klas-
senziel zu erreichen. Aber leider hat er wieder so einiges durcheinander gebracht und bittet deshalb Gott: 'Ach lieber Gott lasse doch den Amazonas durch die Schweiz fließen, damit ich nicht durch-
falle.' Und was tut Gott jetzt nicht? Er nimmt nicht einige kleine geologischen Veränderungen vor, macht die Schweiz etwas größer und den Amazo-
nas etwas kleiner und in ein paar Millionen Jahren wäre der Wunsch des Jungen erfüllt. Aber das würde ihm bei seinen Schulsorgen nicht mehr helfen.
Also wählt Gott einen anderen Weg: Der Junge kommt mit der schlechten Note nach Hause und - wie gesagt, es ist ein uraltes Märchen - bekommt vom Vater eine Tracht Prügel, worauf er sich schweren Herzens dazu entschließt doch fleißiger zu lernen und er merkt, dass es ihm sogar Spaß bereitet, was er natürlich nie zugeben würde.
Und das Unglaubliche geschieht: Er fällt nicht durch.
Aber er wird wohl kaum glauben, dass das irgendetwas mit seiner Bitte zu tun hatte. Woran lag es? Der Junge wollte Gott vorschreiben, wie er seinen Wunsch zu erfüllen hätte. Aber Gott ist ein freischaffender Künstler und lässt sich nicht gerne sagen, wie er seine Arbeit zu verrichten hat. Außerdem müssen wir ihm zugestehen, dass er den besseren Überblick hat.“
Das kannte die junge Frau sehr gut. Auch sie wusste immer ganz genau was Gott eigentlich jetzt tun müsste.
Der Hirte erzählte weiter:
„Da ist ein Mann der betet: 'Lieber Gott mache mich reich, damit ich glücklich und zufrieden werde.' Gott kommt und krempelt nicht gleich die Ärmel hoch, wie wir Menschen es so gerne machen, sondern er betrachtet sich erst mal das Ganze. Nachdem er Herz und Nieren des Bittsteller gründlich erforscht hat kommt er zu dem Schluss: 'Ja, den kann ich dazu bringen, dass er seinen Reichtum mit den Armen teilt. Also steht der Bitte nichts im Wege. Er kann seinen Reichtum haben.' Sofort macht sich Gott ans Werk ihn auf den künftigen Reichtum vorzubereiten.
Aber es ist natürlich nicht so einfach, den Bitt-
steller so zu verändern, dass er durch das berühmte Nadelöhr passt. Besonders weil Gott dabei ganz behutsam und liebevoll ans Werk gehen will, um dem Menschen nicht mehr Schmer-
zen als unbedingt nötig zuzufügen. Und so eine schwierige Operation braucht natürlich seine Zeit. Aber nach einem halben Jahr, nachdem dem Bittsteller immer noch kein Vermögen zugeflossen ist meint er:
'Ich habe es mir ja schon fast gedacht. Da kann man bitten soviel man will und nichts geschieht.'
Gott lässt sich natürlich durch so etwas nicht von seiner schwierigen Aufgabe abbringen und nach zwei Jahren ist der Bittsteller wirklich ein reicher Mann:
'Wenn ich mich nicht so abgeplagt und so geschuf-
tet hätte, wäre ich heute noch eine arme Kirche-
nmaus. Auf Gott ist einfach kein Verlass.' Woran lag es, dass er Gottes Hilfe nicht erkannte? Er wollte Gott einen Terminplan setzen, ohne zu ahnen, wie schwierig sein Wunsch zu erfüllen war.
Die junge Frau wurde ganz nachdenklich: Ungeduld war ihr bestens vertraut.
Und er alte Mann erzählte weiter:
Wenn es um Bitten geht, darf natürlich der böse Nachbar nicht fehlen: 'Lieber Gott, Du weiß dass man mit diesem Nachbarn unmöglich auskommen kann. Lass ihn doch bitte sterben.' Manche Men-
schen sind sind etwas empfindsamer: 'Lieber Gott ich danke Dir für meinen Nachbarn. Ich liebe ihn ja so sehr. Aber wenn Du ihn mehr liebst als ich, dann nimm ihn doch bitte zu Dir.' Egal wie die Bitte auch immer formuliert ist, Gott ist ein viel beschäftigter Mann und wählt deshalb manchmal die schnelle Lösung. Der Nachbar bekommt eine Gehaltserhö-
hung und zieht in eine andere Gegend. Die Bitte ist wunderbar erfüllt: Der Bittsteller ist seinen Nachbarn los und braucht nicht einmal ein schlech-
tes Gewissen zu haben: 'Da sieht man es wieder mal. Dieser Faulpelz bekommt Gehaltserhö-
hung und ich der mich tagtäglich abrackere, habe wieder mal das Nachsehen. Aber so war es ja schon immer: Die Guten und Frommen sind immer die Dummen.' Hass und Neid haben ihm den klaren Blick getrübt.
Auch das war unseren jungen Frau nicht fremd, das man immer nur das Glück er anderen sieht und sein eigenes Unglück.
Der Schäfer fuhr fort:
Wenn Gott mehr Zeit hat, dann überlegt er sich: 'Was wollte er? Seinen Hass loswerden? Das wird ein schwieriges Stück Arbeit, aber der Aufwand lohnt sich.' Jetzt kommt es darauf an, wie einsich-
tig der Bittsteller ist. Der eine klopft sich auf die Schulter: 'Was bin ich doch für ein toller Kerl, dass es mir sogar gelungen ist mich von meinen Hass zu trennen.'
Einer der ein bisschen einsichtiger ist, lobt und preist Gott für diese Gnade, würde sich aber am liebsten im nächsten Mäuseloch verkriechen, weil er sich so über seine Bitte schämt.
Auch Stolz kannte die Suchende und es war ihr oft peinlich wenn sie etwas Dummes getan hatte.
Schon rissen die Worte des Alten sie wieder aus ihren Gedanken:
Es gibt auch Mensch die sich mit ihrem Nachbarn versöhnen wollen: 'Lieber Gott, ich meine es ganz aufrichtig und will mich wirklich mit meinen Nachbarn versöhnen. Aber er muss natürlich den Anfang machen und zu mir kommen.' Nun soll man seine Bitte zwar nicht mir einer Bedingung verknüpfen, aber Gott ist nicht kleinlich.
Er peilt die Lage: 'Den Nachbarn habe ich schnell so weit, dass er bereit ist zum Bittsteller zu kom-
men, gar kein großes Problem. Aber der Bittsteller, ist er wirklich in der Lage seinem Nachbarn aus ganzem Herzen zu verzeihen? So wie er seine Bitte geäußert hat wohl eher nicht. Das wird wohl das schwierigere Stück Arbeit.'
Sofort macht sich Gott ans Werk und nach einiger Zeit ist es wirklich so weit. Gott ist gerade auf den Weg zum Nachbarn um ihn herüberzuholen, als der Bittsteller an ihm vorbei schießt:
'Ich gehe jetzt selbst hinüber. Wenn ich warte bis Gott meine Bitte erfüllt, lebe ich mit meinen Nachbarn in Streit bis zum jüngsten Tag.'
'Ja wirkliche Versöhnung ist wirklich nicht leicht.' überlegt sich da die junge Frau und erkennt wie schwach wir dabei sind wenn wir es aus eigener Kraft schaffen wollen.
Der Hirte erzählte ihr noch eine letzte Geschichte:
Eines Tages treffen sich einige verheiratete Männer in der Wirtschaft. Einer davon wird bald Vater und meint: „Ich werde sicherlich der beste Vater auf der ganzen Welt.“ „Du? Ausgerechnet Du? Nie und nimmer. Dann schon eher ich.“ Und nach einer Weile schließen sie eine Wette ab: 'Wer in achtzehn Jahren der beste Vater von ihnen ist, dessen Sohn oder Tochter müssen die anderen zur Volljährigkeit ein tolles Geschenk machen.
Einer von ihnen, bei dem noch keine Vaterschaft in Sicht ist, kommt nach Hause und bittet Gott schon mal vorsorglich: 'Lass mich doch der beste Vater von der ganzen Welt werden.' Gott runzelt etwas die Stirn, aber wenn er es gerne sein möchte, warum nicht. Also macht sich Gott an die Arbeit. Nach einiger Zeit meint Gott zu dem Bittsteller - wie gesagt das Märchen ist aus uralten Zeiten -:
'Es wäre jetzt vielleicht an der Zeit, dass Du Dich mal im Windeln waschen übst.' 'Wie? Windeln waschen? Also so hab ich das ja eigentlich nicht gemeint. Musst Du denn immer alles so wörtlich nehmen?
Der viert oder fünft Beste Vater würde sicherlich auch schon reichen. Ab welchen Platz braucht man denn keine Windeln mehr zu waschen?'
Woran lag es dass er plötzlich von seiner Bitte gar nicht mehr so begeistert war? Er hat eine Bitte geäußert, bei der er nicht wissen konnte was alles auf ihn zukommt. Er konnte nicht zu jedem Schritt, der zur Erfüllung seiner Bitte nötig war JA sagen.
'Manchmal wissen wir wirklich nicht was unser Bitte für Folgen hat. Oft bitten wir wahrscheinlich auch zu leichtsinnig.' überlegte sich die Frau.
Und er Schäfer erzählte weiter:
Ein anderer ging gleich von der Wirtschaft in die Kapelle: 'Herr, lass mich doch der beste Vater auf der ganzen Welt werden. Ich bin auch bereit alles zu tun, was dazu nötig ist. Nur noch eine Kleinig-
keit: Ich werde schon sehr bald Vater.' Wahrscheinlich wird sich das Kind die ersten Jahre mit einem noch nicht vollkommenen Vater begnügen müssen, weil Veränderungen an Menschen einfach eine gewisse Zeit brauchen.
'Ja alles muss erst langsam gelernt werden und man darf nie etwas übereilen.' dachte sich die Fragestellerin. 'Künftig werde ich mir besser überlegen um was ich Gott bitten will.'
Fröhlich beendete der Schäfer seine Erzählung:
Nach all dieser anstrengenden Arbeit, setzt sich Gott am Abend ganz erschöpft in seinen Lehnstuhl um sich auszuruhen, aber die ganze Welt schreit:
„Warum erfüllt Gott unsere Bitten nicht?“
Texte: ®MicMam 2004
Bildmaterialien: piixelio: way down (Kategorie: Bäume)
Tag der Veröffentlichung: 02.02.2012
Alle Rechte vorbehalten
Widmung:
Für alle die meinen, dass Gott ihre Gebete nicht erhört.