Miragetes
oder
Ein wundersames Land
Ist Miragetes Dir bekannt,
das wundersame schöne Land?
Willst Du einmal dorthin reisen,
um Gottes Schöpfung recht zu preisen?
Du kannst es jedoch nur erreichen,
wenn Not und Sorgen von Dir weichen.
Du findest es nur frei und leer,
das gute Land, ganz nah beim Meer.
Viel Neues kannst Du dort erleben:
Du bekommst und wirst auch geben.
Kehrst Du zurück aus dieser Welt,
lässt Du zurück, was Dir gefällt.
Dir bleibt nur die Erinnerung schön und rein,
doch wirst Du dann ein andrer sein.
Der Auftrag
Ich lebe in einem wunderschönen fruchtbaren Land. Alle Menschen sind glücklich, weil endlich, nach jahrelanger Unterdrückung, wieder Friede im Land herrscht. Das Prächtigste in diesem Land ist das erhabene Königsschloss mit seinen ausgedehnten Parkanlagen. Nur drei Menschen wohnen in diesem entzückenden Schloss: Der König, sein Sohn und ich. Ich, Magna Spes, bin trotz meiner großen Jugend einer der engsten Vertrauten und Berater des Königs und der einzige Freund seines Sohnes. Ich bin sehr stolz über diese einmalige Auszeichnung, die ich bei König Protec genieße. Eines Tages lässt mich der König zu sich rufen. Wie gewöhnlich komme ich nicht sofort nachdem ich meine besten Gewänder angelegt habe, sondern lasse noch eine kurze Zeit verstreichen. Ich weiß, dass der König dies hasst, aber ich habe den inneren Drang mir immer zu beweisen, dass ich der mächtigste Mann im ganzem Land bin. Nur wenn ich weiß, dass der König nicht allein ist, erscheine ich sofort, um ihn nicht doch zu einer ent-
sprechenden Maßnahme zu zwingen.
Als ich den Thronsaal betrete, begrüße ich den König mit einem kurzem Kopfnicken. Dies ist nur den sieben Ältesten des Landes erlaubt. Jeder andere, der sich dies erlaubt, würde für Lebzeiten von dem Angesicht des Herrschers verbannt werden. Der König zeigt mir nur sein missbilligendes Gesicht, sagt aber nichts. Nach einer kurzen Pause beginnt er langsam zu sprechen: „Ich habe meine Lebensaufgabe erfüllt. Ich habe meine Untertanen von ihren Unterdrückern befreit und alle Länder so abhängig von uns gemacht, dass sich kein Land mehr wagen wird, gegen uns Krieg zu führen. Der Friede ist gesichert. Leider werde ich alt und muss an einen Nachfolger denken. Ich habe nur einen Sohn. Er ist nicht so kriegerisch wie ich. Ihm gefällt es, sich um die Menschen zu kümmern, sie zu beschenken und zu trösten. Er wäre also genau der richtige Regent in einem befriedeten Land. Das Volk liebt ihn über alle Maßen. Aber er ist schwermütig. Immer häufiger und länger zieht er sich in sein Zimmer zurück und lässt niemand außer Dich zu sich. Er muss von dieser Schwermut befreit werden, damit er mein Nachfolger werden kann. Deshalb befehle ich Dir:
Ziehe ins Land Miragetes und bringe meinem Sohn von dort Glück und Zufriedenheit mit."
Unheimlicher Stolz kommt in mir auf. Sogar der König ist auf mich angewiesen! Ich weiß genau, dass ich der Einzige bin, dem er es zutraut diese Mission erfolgreich durchzuführen, auch wenn er es nicht sagt. Wenn sogar der König von mir abhängig ist, dann bin ich wirklich der wichtigste und bedeutendste Mann im ganzem Land. Auf solch einen Augenblick der Bestätigung habe ich schon immer gewartet: „Mein Herr, ich habe natürlich schon von diesem wundersamen Land im Osten gehört. Jedoch von den Menschen, die es gesucht haben, ist kein einziger mehr zurückgekehrt." „Du wirst es schaffen. Nur Du kannst es schaffen. Du musst Dich sofort auf den Weg machen!" Nun hat er es mir doch noch bestätigt: Ich bin der einzige, dem er diese Aufgabe anvertrauen kann. Jetzt fehlt mir nur noch der Beweis, dass er überhaupt keine Macht über mich hat, dann gibt es keinen Zweifel mehr, dass ich der Größte bin: „Weshalb sollte ich zurückkehren, wenn ich Glück und Zufriedenheit finden werde? Ich hätte ja dann alles, was ich zum Leben bräuchte."
König Protec sieht mich sehr ernst an, erwidert aber kein Wort. Er hat also wirklich keine Macht mehr über mich. Ich kann großzügig sein: „Macht euch keine Sorgen, mein Herr, um meiner Treue willen zu euch werde ich zurückkehren." Er verändert keine Miene und gibt mir ein Zeichen, dass ich jetzt gehen könne und ich verlasse den Thronsaal. Daraufhin verabschiede ich mich von Prinz Dona: „Bleibe hier! Ich kann nicht leben, wenn Du so lange fort bist. Und Du wirst sicherlich überhaupt nicht zurückkehren. Noch niemand ist von dort zurückgekehrt. Bleibe doch da!" „Ich will den Auftrag deines Vaters erfüllen. Wenn ich Erfolg habe, dann kann ein ganz neues, besseres Leben für dich beginnen. Das muss ich doch versuchen." „Nein! Du wirst nicht zurückkommen. Dort ist es sicherlich so schön, dass keine Mensch bereit ist dieses Land wieder zu verlassen." „Um unserer Freundschaft willen werde ich zurück kommen. Ich gebe Dir mein Wort und Du weißt, dass ich mein Wort immer gehalten habe." Das sind meine letzten Worte, bevor ich meine Reisevorbereitungen treffe.
Texte: ®MicMam 1996
Tag der Veröffentlichung: 05.02.2012
Alle Rechte vorbehalten
Widmung:
Für Menschen, die über sich hinauswachsen wollen.