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In manchen Großstädten behauptet man, dass Morde an der Tagesordnung seien. Aber in unserem kleinen Dorf ist so etwas total unvorstellbar. Seit Alters her geschah hier nie etwas Ungewöhnliches. Und wenn schon mal etwas seltsam war, dann war das gewiss hinter dem kleinen Wäldchen. Dort wohnte in einem kleinen Haus ein alter einsamer Mann, der sich nur selten im Dorf sehen ließ. Das war ich.
Meine einzige Nachbarschaft war ein großes, fast vornehmes, unbewohntes Haus, das etwa 100 Meter nördlich von meinem winzigen Häuschen stand. Als Kinder spielten wir gerne in seinem verwilderten Garten. Wir wussten nur von unseren Eltern, dass die Besitzer eines Tages fortgezogen seien und nie wiedergekehrt sind.
An einem schönen Sommertag saß ich schon am frühen Morgen vor meinem Haus und frühstückte. Plötzlich sah ich jemanden den Kiesweg meines Nachbarhauses entlang gehen, als hätte er dort gerade jemanden besucht. Ich war verwirrt: Wer würde sich wohl hier her verirren und erwarten dass in diesem verwahrlosten Haus jemand leben würde? Ich konnte erkennen, dass es ein Mann in einem dunklen Anzug war.

 

 

Er erinnerte mich an einen Bankangestellten, der zur Arbeit ging. In seiner Hand hielt er einen großen Aktenkoffer. Aber das konnte doch nicht wahr sein. Phantasierte ich vor mich hin? Aber wenn ich phantasieren würde, dann wäre das sicherlich eine weibliche Gestalt. Nachdem die Erscheinung den Garten verlassen hatte, bog sie links ab und war, hinter dem kleinen Hügel, schnell meinen Blicken entschwunden.
Da hörte ich gerade die Kirchturmuhr unseres Dorfes Acht schlagen. Das seltsame Ereignis beschäftigte mich den ganzen Tag über und trotz aller Anstrengung konnte ich es nicht vergessen.
An den nächsten Tage wiederholte sich meine Beobachtung immer wieder und ich konnte nicht mehr daran zweifeln, dass ich nicht phantasierte. Deshalb beschloss ich auf die Rückkehr meines Nachbarn zu warten, um mich ihm vorzustellen. Aber solang ich auch jeden Tag wartete – er kehrte nie zurück, zumindest nicht bei Tageslicht.
Inzwischen war es Herbst geworden und ich schaute wie immer aus dem Fenster und mein Nachbar verließ wie immer pünktlich um 7:58 Uhr sein Haus. Schon oft hatte ich mir vorgenommen ihm einmal nach zu schleichen, aber für solch ein Abenteuer war ich doch schon etwas zu alt.
Heute hatte ich vor, wie jede Woche, in die Kirche zu gehen und als ich kurz nach Acht das Haus verließ lag vor meiner Haustüre ein Mann.

 

Ich schaute ihn genau an und es war zweifellos mein Nachbar, der überhaupt keinen lebendigen Eindruck mehr machte. Das war doch nicht möglich: Ich hatte ihn doch gerade noch ganz fidel zur Arbeit gehen sehen.
Verwirrt ging ich zum Telefon und rief die Polizei an. Damit sie keine Gelegenheit hätten dumme Fragen zu stellen nannte ich ihnen nur meinen Namen und meine Adresse. Dann bemerkte ich dass jemand vor meiner Haustür läge. Anschließend machte ich mich auf den Weg; ließ jedoch die Haustür offen. Als ich die Kirche verließ wartete unser uralter Dorfarzt auf mich, den die Polizei inzwischen angerufen hatte, und nahm mich in seinem Auto mit nach Hause.
Die Polizisten waren froh, dass der Arzt auch gleich den Hausbesitzer mitbrachte. Es hatte sie offensichtlich ganz schön durcheinander gebracht, dass ich bei ihrer Ankunft nicht anwesend war.

Als der Arzt den Fremden sah zuckte er leicht zusammen. Einer der Polizisten frage sofort ob er ihn kenne. Der Doktor schüttelte nur, fast unmerklich, den Kopf. Dann stellte er fest: „Herzversagen, keine äußere Einwirkung, steht stark unter Alkohol.“ „Na der Gerichtsmediziner wird uns da wohl bald mehr darüber sagen können.“ meinte der andere Polizist. Dann gingen wir in das Haus.

 

Es war offensichtlich, dass die Polizisten eine gründliche Hausdurchsuchung vorgenommen hatten. Ich verzichtete darauf nach einem Hausdurchsuchungsbefehl zu fragen, da ich sie nur möglichst schnell wieder los werden wollte.
Jetzt begann das Verhör und mir war klar, dass sie alles andere hören wollten als die Wahrheit - sie klang einfach zu unglaublich. Trotzdem entschloss ich mich ihnen alles so zu erzählen wie ich es erlebt hatte. An ihren Gesichtern konnte ich erkennen, dass ich sie nicht besonders überzeugte und sie recht hilflos waren, weil sie bei dem Toten nichts fanden was seine Identität verraten hätte.
„Niemand kann dort drüben spazieren gehen und gleichzeitig vor ihrer Haustür liegen.“ meinte ein Polizist etwas tadelnd. Da fragte ihn der Arzt: „Haben sie heute ihre Haustür abgesperrt.“ Verblüfft antwortete der Polizist: „Ich glaube schon.“ „Weil sie es jeden Tag tun meinen sie dass sie es heute auch getan haben. Aber sie sind sich nicht sicher.
Er hat den Mann jeden Tag fortgehen sehen und nach dem Schock als er die Tür öffnete meinte er natürlich, dass er ihn auch heute gesehen hätte. Der Mann hier ist vor zwei oder drei Stunden gestorben und liegt auch schon so lange vor der Tür.“ „Ach“ meinte einer der Polizisten „dann wollte sich der Nachbar sicherlich morgens um Sechs endlich mal vorstellen und ist dann vor lauter Aufregung vor der Haustüre gestorben.“


Der andere Polizist deutete auf einen rostigen Schlüssel der auf dem Wohnzimmertisch lag und frage mich: „Wozu gehört der Schlüssel? Hier passt er nirgends.“ „Ich habe den Schlüssel noch nie gesehen. Wo haben sie den her?“ „Den haben wir im Keller gefunden.“ „Da war ich schon lange nicht mehr. Da sind so viele Sachen unten, die ich vielleicht noch nie beachtet habe. Vielleicht ist es der Schlüssel für die Kirchentür, denn mein Großvater war dort früher mal einige Zeit Mesner.“ Scheinbar hielten sie meine Aussage nicht für sehr glaubwürdig. Aber mehr konnte ich ihnen nicht sagen, weil ich selbst nicht mehr wusste. Wie war ich erleichtert als sie endlich gingen.
Inzwischen hatten sich die Polizisten zum Nachbarhaus begeben und stellten fest, dass dort der bei mir gefundene Schlüssel passte. Es gab Anzeichen dafür dass jemand im Haus gewesen war. Aber er hatte nicht dort gewohnt. Man stellte nur fest, dass viele Bücher fehlten.

Der Doktor ging mit mir anschließend in den Keller um noch ein Gläschen zu trinken. Da bemerkte ich: „Ich hatte auch den Eindruck, dass sie den Mann kannten. Und dass sie mehr über das Haus da drüben wissen.“
Er schaute mich ernst an: „Wir hielten es damals geheim um im Dorf keine Panik auszulösen. Als die Familie verschwunden war fanden wir im Haus einen Toten - einen der beiden Söhne.

 

Herzversagen, keine Fremdeinwirkung und unter Alkohol. Ich werde es nie vergessen, weil es der erste Todesfall in meinem Leben war den ich als Arzt zu bestätigen hatte. Der jetzige Tote könnte der Enkel des damaligen Hausbesitzers sein. Er hat eine gewisse Ähnlichkeit mit ihm. Aber das sind nur Vermutungen.“

Während wir uns so unterhielten räumte ich die Bücher, die nach der Untersuchung überall wild herumlagen, ganz gedankenlos in das Regal ein. Die hatte ich wohl schon alle mal in meiner Kindheit gelesen. Halt! Da hatte ich plötzlich ein Buch in der Hand, dass ich noch nie gelesen hatte, weil mir der Titel so weltfremd erschien: Fünf Leichen vor meiner Haustür. So etwas gab es doch nur in ganz verrücken Phantasien. Der Schutzumschlag hatte sich etwas verschoben und ich stellte fest, dass sich ein ganz anderes Buch darin befand. Ich schlug die ersten Seiten auf und sah nur irgendwelche Schriftzeichen - wahrscheinlich hebräische. Ein paar Seiten weiter waren noch seltsamere Zeichen wie ich sie noch nie gesehen habe. Sie lösten ein seltsames Gefühl in mir aus und ich schloss das Buch sofort wieder. Trotzdem war ich neugierig geworden und gab das Buch dem Arzt, ob er etwas damit anfangen könne, denn es schien sehr wertvoll zu sein. Als er sich das Buch etwas näher angeschaut hatte wurde er ganz bleich: „Kann ich das Buch behalten? Ich kann es auch nicht lesen, aber ich habe eine Ahnung was es sein könnte. Ich erzähl es Dir dann später einmal, wenn ich mich vergewissert habe.“
„Natürlich kannst Du das Buch behalten. Ich kann eh nichts damit anfangen und bei einem Freund des Hauses ist es in guten Händen. Bin ja gespannt um was es da geht.“

Mein Nachbar war seit dem nicht mehr aufgetaucht was mich einerseits beruhigte und andererseits irritierte, denn dann wäre der Tote ja doch mein Nachbar gewesen, was doch schon aus Zeitgründen nicht möglich war wie der Arzt erklärt hatte.

Scheinbar konnte man mit dem was ich zur Protokoll gegeben hatte wenig anfangen und man wollte meine Glaubwürdigkeit prüfen. So sollte ich mich einer psychologischen Untersuchung unterziehen. Sie sollte mehrere Tage dauern. Am Ende meinte die Psychologin, dass ich ein interessanter Fall wäre. Dass da ganz Vieles in mir stecken würde von dem ich überhaupt keine Ahnung hätte.
Aber es sei eindeutig, dass ich Phantasie und Wirklichkeit unterscheiden könne und dass meine Aussage glaubwürdig sei. Wir wollten in Verbindung bleiben.

Wer beschreibt meinen Schreck als ich nach Hause kam.

 

 

Meine Wohnung war offensichtlich durchsucht worden und man hatte sich keine große Mühe gemacht es zu verbergen. Anscheinend hatte man sich nur für Bücher interessiert. Aber es fehlte keins so weit ich das feststellen konnte. Ich wollte den Doktor davon verständigen; konnte ihn aber nicht erreichen. Nachdem die Polizei, die keine Anhaltspunkte fand, wieder abgezogen war, legte ich mich todmüde schlafen.
Als ich frühmorgens kurz nach Acht das Haus verlassen wollte fiel ich fast in Ohnmacht: Der Arzt lag vor meiner Tür. Der Befund war der selbe wie bei meinem Nachbarn: Herzversagen, keine äußere Einwirkung, Alkohol.
Der Gerichtsmediziner hatte bei den beiden noch je einen Nadeleinstich gefunden, konnte aber nichts nachweisen was auf einen Mord hingedeutet hätte.
Jetzt ging es Schlag auf Schlag: Kaum einen Monat später lag ein junger Student aus einem Nachbardorf vor meiner Tür. Ein paar Tage später einer seiner Mitstudenten und schließlich zehn Tage später noch ein bedeutender Politiker. Er war immer das Selbe: Herzversagen, keine äußere Einwirkung, Alkohol und ein Nadelstich. Die Polizei war hilflos, obwohl man inzwischen die höchsten Stellen eingeschaltet hatte.
Dann war der Spuk Gott sei Dank zu Ende.

Ich ging nun einige Wochen in Erholung und ließ mich von meiner neuen Bekannten der Psychologin betreuen, um das Erlebte zu verarbeiten.
Als ich zurückkam meinte ich verrückt zu werden. Das Nachbarhaus war renoviert worden, der Garten war gepflegt und es war ganz offensichtlich bewohnt.
Kaum hatte ich mich ein wenig von der Reise erholt klingelte es an meiner Haustür. Ich öffnete und erstarrte: Mein Nachbar stand vor mir. Den, den ich täglich gesehen hatte und der schließlich vor meiner Haustür lag. Scheinbar war er über meine Verwunderung amüsiert: „Ich bin ihr neuer Nachbar. Der Enkel des früheren Besitzers.“
Zynisch setzte er hinzu: „Den, den sie immer beobachtet haben und der schließlich vor ihrer Haustür hingefallen ist war mein Zwillingsbruder.“ Ich atmete erst mal kräftig durch und schon fuhr mein Gegenüber fort: „Könnte ich mal zu einer Tasse Tee reinkommen? Ihnen kommt sicherlich Vieles seltsam vor.“ Wie unter Zwang bat ich ihn hereinzukommen und bot ihm einen Sitzplatz im Wohnzimmer an. Dann bereitete ich Tee, stellte zwei Tassen auf den Tisch und schenkte aus der Kanne ein. Danach fragte ich meinen Gast: „Wollen Sie Milch und Zucker?“ „Bitte Milch, aber keinen Zucker.“ antwortete er und ich drehte mich um um die Milch zu holen.
Als wir dann gemeinsam unsere erste Tasse Tee getrunken hatten meinte er: „Wundert es sie nicht, dass sie noch leben?“

 

„Das liegt wahrscheinlich daran, dass ich keinen Alkohol trinke.“ vermutete ich.
Da erzählte er mir: „Einer meiner Ur-Vorfahren reiste durch die ganze Welt um Heilkräuter zu sammeln. Sein Bruder ein Chemiker wertete sie aus und stellte noch einige Besonderheiten her, die an die Bewahrer in unser Familie weitergegeben wurden. Von daher habe ich eine farblose, geruchlose und geschmacklose Flüssigkeit mit sehr hohem Alkoholgehalt. Ich kann sie Bier oder auch Tee beifügen ohne dass Sie etwas davon merken. Wenn ich das gerade getan hätte, als sie sich vorhin umdrehten, dann wären sie jetzt schon im Vollrausch oder bewusstlos.“ „Und dann hat ihr Ur-Vorfahre sicherlich noch etwas entwickelt was man injizieren kann und das dann einen Herzstillstand hervorruft, aber im Zusammenhang mit Alkohol nach kurzer Zeit nicht mehr nachweisbar ist.“ ergänzt ich.
„Du bist ein schlauer Junge.“ meinte mein Gast und ich war über das plötzliche vertrauliche Du sehr beunruhigt.

„Aber was bewahren Sie denn?“ wollte ich wissen.
„Hast Du schon mal von dem Buch der Weisheit Salomons gehört?“ „Ja, da geht es doch um Zauber und Magie mit der man die ganze Welt beherrschen könnte.“ „Nein, das ist Unsinn. Es geht dabei wirklich nur um Weisheit. Aber Weisheit kann sehr viel verändern. Das Buch besteht aus zwei Teilen: Das Vorwort ist in der damals üblichen Sprache geschrieben, aber der Hauptteil besteht aus Zeichen die niemand verstehen kann. Das Vorwort wurde immer wieder einmal kopiert und so erfuhren die Menschen von dem Buch. Aber einige wissen davon nur vom Hörensagen und dadurch entstanden die Gerüchte von Zauber und Magie.“ „Was steht denn nun in diesem Vorwort?“ wollte ich neugierig geworden wissen. „Es werde eine Zeit kommen – sie ist sehr genau beschrieben und passt genau auf unsere Zeit – in der werden die Menschen alle Wertevorstellungen aufgeben, sie werden nicht mehr an Gott glauben und so werden sie alles Geistliche verlieren. Das wird dazu führen, dass sich die Menschheit in ihrem Egoismus immer mehr selbst zerfleischt und sich so vernichtet.“ „Ja, so könnte man sich unsere nahe Zukunft durchaus vorstellen.“ überlegt ich. „Nur die Weisheit Salomons kann die Menschheit noch retten. In den letzten Tagen wird ein Mensch geboren, der den Hauptteil des Buches lesen kann. Er kann zum Retter werden.“
„Und was hat das alles mit den Ereignissen der letzten Zeit hier bei uns zu tun?“ fragte ich ganz erstaunt.
„Das Buch war lange Zeit verschollen. Aber irgendwann einmal gelangte es in unsere Familie und seither sind wir die Hüter dieses Buches. Leider gibt es in unserer Familie immer wieder Schwächlinge die meinen, dass das Buch für die Welt gefährlich sei und es deshalb vernichten wollen.

Vor solchen Menschen mussten wir das Buch immer wieder schützen.“ „Mit den Mitteln ihres Ur-Vorfahren?“ „Ja natürlich. Das ließ sich leider nicht vermeiden. Man musste schließlich auf das Wohl der ganzen Menschheit achten. Die Rettung darf doch nicht wegen ein paar Zauderer scheitern.“ „Ich kapiere immer noch nicht was das alles mit mir zu tun hat.“ meinte ich etwas ungeduldig. Lächelnd fuhr mein Nachbar fort: „Es war bei uns so Tradition, dass man das Buch gut versteckte und ein anderes Buch anfertigte in dem beschrieben war wie man das Buch finden könne. In einer großen Bibliothek war das Buch mit den Hinweisen nicht leicht zu finden. So wurde die Anwesenheit des Buches den männlichen Familienmitglieder über Generationen weitergegeben ohne das sich jemand um das Buch kümmerte. Nur wenn die Familie umzog begann das Versteckspiel von Neuen. Mein Vater und mein Onkel waren sehr an Büchern interessiert und ich weiß nicht ob sie das Buch mit den Hinweisen suchten oder ob sie es versehentlich entdeckten. Auf jeden Fall ging die alte Geschichte wieder los: Mein Onkel wollte das Buch vernichten. Da musste mein Vater tun was man immer in solch einer Situation tat. Als mein Großvater sah was geschehen war beschloss er sofort das Haus zu verlassen, um ins Ausland zu verschwinden. Er nahm das Hinweisbuch und versteckte es wieder in der Bibliothek. Das Buch auf die Reise mitzunehmen hielt er für zu gefährlich. Deshalb blieb es in seinem Versteck.

 

Erst bei seinem Tod erzählte mir mein Vater davon. Ich wollte zurück in dieses Haus, aber meine Mutter die ja jetzt die Besitzerin war weigerte sich. So begab ich mich heimlich hier her und beobachtete alles. Wenn ich nicht gesehen werden will, bin ich fast unsichtbar.
Dann beschloss ich, dass mein Zwillingsbruder jeden Tag kurz von Sonnenaufgang in das Haus gehen solle um täglich einen Aktenkoffer voll Bücher mitzunehmen. Ich durchsuchte sie dann nach dem Hinweisbuch.“

„Warum ist ihr Bruder nicht vor Sonnenaufgang wieder gegangen. Das wäre doch niemanden aufgefallen.“ „Kann sein. Aber wenn ihn wirklich mal jemand gesehen hätte, dann wäre Verdacht aufgekommen. So wirkte es ganz normal.“ Nach einer kurzen Pause setzte mein Gesprächspartner seine Rede begeistert fort: „Wir fanden wirklich das Hinweisbuch und feierten den Erfolg. Aber es entstand das alte Problem: Mein Bruder wollte das Buch vernichten. Nachdem diese Gefahr gebannt war, wollte ich mit dem Buch verschwinden. Aber an dem beschriebenen Ort lag es nicht mehr: Hatte mein Bruder das Hinweisbuch erkannt und das Buch vernichtet bevor er es mir gab? Das konnte ich mir kaum vorstellen. Das Buch war verloren und ich geriet in Panik. Ich legte ihn vor ihre Haustür und verließ zur gewohnten Zeit das Haus um Verwirrung zu stiften.“

 

„Aber wozu die restlichen Morde?“ „Ich bitte Dich! Es gab doch überhaupt keine Morde und keine Motive. Deswegen ist die Polizei ja so hilflos und meint, dass das nur die Tat eines Verrücken gewesen sein kann. Und der einzige Verrückte in der ganzen Geschichte bist Du.“
Er konnte sich ein herzhaftes Lachen nicht verkneifen.

„Ich beobachtete natürlich weiterhin alles ganz genau und als die Polizei mein Haus mit einem Schlüssel öffnete den sie bei Dir gefunden hatten wurde mit alles klar.
Mein Großvater hatte offensichtlich den Hausschlüssel vor seiner Abreise Deinem Großvater gegeben - und sicherlich auch das Buch. Deswegen veranstaltete ich bei Dir eine Hausdurchsuchung als Du bei den Untersuchungen warst. Leider fand ich das Buch nicht, aber den leeren Schutzumschlag mit dem tollen Titel. Da war mir klar, dass Du das Buch weggegeben hast und da außer dem Doktor niemand bei Dir war konnte ich die Spur leicht weiterverfolgen.

Da es zu gefährlich war jemanden leben zu lassen, der das Buch gesehen hatte, landete auch er vor Deiner Haustür. Ich fand in seinem Haus einen Brief in dem sich der Student von der Nachbarortschaft für das Buch bedankte und versprach, dass er die Übersetzung möglichst bald liefern würde. So suchte ich ihn in seiner Wohnung heim.

 

Leider war das Buch auch dort nicht und so musste ich auch dafür sorgen dass sein Zimmerkollege im Studentenheim, der das Buch möglicherweise gesehen hatte, auch nichts mehr erzählen konnte.“
„Aber warum der Politiker?“ unterbrach ich ihn.“ Er lachte lauthals: „Das machte die Verwirrung komplett. Jetzt weiß niemand mehr wer für diesem Fall wirklich zuständig ist und die höchsten Stellen sind sich nicht einig ob sie die Sache weiter verfolgen sollen oder möglichst alles vertuschen.
Inzwischen starb dann meine Mutter und ich konnte mein Erbe in Besitz nehmen. Die Polizei war froh, dass sie endlich wusste wer der Unbekannte war und weil ich natürlich ein Alibi für die Tatzeit hatte ließen sie mich bald in Ruhe. Jetzt ist es in den alten Gemäuern wieder so richtig gemütlich.

„Und wie geht es jetzt weiter?“ fragte ich ziemlich naiv.
„In dem Buch ist die Person, die den Hauptteil des Buches lesen kann sehr genau beschrieben.“ Meine Augen wurden ganz starr: „Sie meinen doch nicht?“ Bevor ich mein Bewusstsein verlor sah ich noch seine fröhliche Miene und hörte die Worte: „Doch! Wir werden gemeinsam die Menschheit retten!“

 

Impressum

Texte: ®MicMam 2010
Tag der Veröffentlichung: 20.01.2012

Alle Rechte vorbehalten

Widmung:
Für alle die ein gemütliches Leben lieben.

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