Cover

Die Sonne stand auf 12 Uhr. Die Schirme aus weißen Leinen versuchten nicht einmal ihre Strahlen aufzuhalten, es war heiß wie in einem Backofen. Die Kinder spielten in dem Schatten einer Palme, immer im Kreis. Herum, herum. Der Junge lachte gackernd, das Mädchen schaute ihm blöde nach. Die Tische, aus einem hellen Holz waren heiß, das Bier, hier Cerveza genannt, war eiskalt und das Glas schwitzte in der Sonne.
Daniela trank einen Schluck ihres Wasser und starrte Mark verzaubert an. „Ist es nicht schön hier?“
„Hm, hm!“ machte er und griff nach seinem Bier.
Der Kellner schaute aus der kleinen Bar, neben dem Hotel Plaza de Catalunya, heraus. Mark deutete auf sein Glas und formulierte mit den Lippen ein „Grande!“ ohne nur einen Ton von sich zugeben. Der junge Mann verschwand nickend. Mark trank sein Bier in einem Zug aus und wischte sich den Schaum vom Mundwinkel. Wieder lachte der Junge.
„Bist du nicht froh mit deiner Familie hier zu sein?“ Daniela griff nach seiner Hand und massierte diese.
„Doch!“ Er blickte fasziniert zur Banco Espanol de Credito herüber.
Dort hatten sie auch für den letzten Bond gedreht. Nun saß er rechts neben diesem wundervollem Bauwerk und wollte für einen weiteren Moment in seinem Leben James Bond sein. Vielleicht nicht unbedingt James Bond, aber doch so ein verwegener Typ, der sich um nichts scheren musste. Ein Mann, der auf niemanden Rücksicht nahm. Auf Nichts!
Daniela schaute zu den Brunnen auf der anderen Seite herüber und bewunderte die Staturen die Rings um die Wasserspeier standen. Mark dachte darüber nach, wie er als Agent im Dienste der Kanzlerin den Bösewicht ausschaltete, sich eine Schießerei mit der spanischen Polizei lieferte und dann in den Wagen eines Mädchen sprang, die sehnsüchtig auf ihn gewartet hatte.
Der Kellner brachte das Bier. Einen ganzen Liter.
„Musst du schon so früh, so viel trinken?“ empörte sich Daniela.
„Ich habe Durst!“
„Muss es immer Bier sein?“
„Nein!“
Sie schaute zu den Kindern und lächelte. Der Junge winkte, das Mädchen beäugte ihre Eltern mit Skepsis. Sie spürte, dass etwas nicht stimmte. Mark nahm einen großen Schluck, für den Bruchteil einer Sekunde war er alleine. Endlich wieder alleine. Dann sah er Katrin vor sich.
Sie kannten sich schon eine ganze Weile. Waren Freunde im Büro, mal ein Essen, mal einen Drink nach der Arbeit. Nichts großes. Mark war verheiratet, Katrin hatte einen Freund, aber sie mochten sich. Sie gingen seit zwei Jahren in den selben Taubenschlag, der sich Großraumbüro schimpfte. Ihre Computer waren durch eine dünne Wand getrennt. Freunde, Kollegen, nicht mehr. Sie waren mal zu viert ausgegangen, aber Daniela mochte sie nicht und ihr Freund schien Mark zu stören. Also ließ man es bleiben. Nur arbeiten, mal ein nettes Gespräch, nichts großes!
Dann der Waschraum. Ganz alleine, nur sie beide und das Büro verlassen, weil alle in der Mittagssonne sitzen wollten. Ihr Rock, String und ...
„Woran denkst du?“
„An Nichts!“
„Wieso denkst du immer an Nichts?“
„Nur so. Ich muss nicht immer an was denken.“
„Männer! An Nichts denken, Nichts wollen und Nichts sagen ...“
„So sind wir, du hast uns erwischt! Wir sind halt nicht so mitteilungsbedürftig.“
„Aber jeder denkt doch an etwas!“
„Hier haben sie den letzten Bond gedreht!“
Daniela verdrehte die Augen. „Bond! Das ist auch so ein Männerding!“
„Ich denke ihr steht auf den?“
„Ich nicht!“ Sie griff nach seinen Krug und trank einen Schluck. „Das ist lecker!“
„San Miguel! Ein wirklich gutes Bier.“
„Warum bist du nicht bei der Werbung. So was weißt du!“
Er nickte und schaute zu den Doppeldeckerdbussen, die auf die Touristen warteten um diese durch die Stadt zu schaukeln. Wie gerne würde er jetzt mit Katrin in einem sitzen, sich verliebt in die Augen blicken und vielleicht ein wenig knutschen. Nichts sagen und die Schönheit Barcelonas auf sich wirken lassen.
Seine Tochter kam an den Tisch zurück, setzte sich. „Papa? Krieg ich eine Cola?“
Mark winkte den Kellner heran.
„Una Cola, Una Absinthe con Aqua!“ Daniela griff nach seine Hand und lächelte. „Dos Absinthe con Aqua, porvorvore!“
„Eine Cola und zwei Absinth mit Wasser? Kommt sofort der Herr! Wirklich Ihr Spanisch ist schrecklich. Ich war vier Jahre in Deutschland, ich verstehe Sie sehr gut! Fünfzig, siebzig, achtzig, oder neunzig Prozent?“
„Siebzig dürfte reichen!“
„Denke ich bei zwei Kindern auch!“ Er verschwand.
Daniela blickte ihm erstaunt nach. „Der ist frech!“
„Spanier!“ Er sah sich mit Katrin in das Hotel verschwinden.
„Dein Urlaub!“ Daniela fingerte wieder an seiner Hand herum. „Bist du nicht glücklich?“
„Doch!“ Wieder trank er von seinem Bier.
„Deine Familie!“ Sie strahlte über das ganze Gesicht. „Ich liebe dich!“
„Ja!“
Aus irgendeinem Auto erklang ganz leise Pink Floyds „Wish you were here“

Impressum

Texte: Text copyright by Michael Masomi 2009 Bild copyright by Michael Masomi 2009
Tag der Veröffentlichung: 18.09.2009

Alle Rechte vorbehalten

Widmung:
Für eine bezaubernde Stadt

Nächste Seite
Seite 1 /