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Johannes Klein und das verschwundene Feenreich

 

 

  1. Die neue Schülerin

Johannes kehrte just an jenem Tag zurück in seine Welt, an dem er zum ersten Mal auf Arnikus Hein getroffen war. Nur diesmal erschien er eben nicht. Er würde ihm wohl, in absehbarer Zeit, auch nicht mehr begegnen, hoffte er zumindest. Ansonsten verhielt es sich wie schon die Male zuvor. Niemand hatte seine Abwesenheit bemerkt. Besser gesagt, er war für alle Anderen gar nicht fort gewesen.

Dessen ungeachtet war es ein merkwürdiges Gefühl. Er ertappte sich ein ums andere Mal dabei, wie er sich nach Verfolgern umsah. Natürlich gab es keine und die Tage, die er nun durchlebte, hatte er ja schon einmal hinter sich gebracht, nur waren sie jetzt, ohne den Mann mit der Sense, um einiges erfreulicher. Dennoch fuhr Johannes einmal heimlich auf den Dachboden der Schule, wo er mit dem König der Mäuse gesprochen hatte. Er hoffte, ihn nochmal wiederzusehen. Er hätte sich gern bei ihm bedankt. Doch beide Türen waren verschlossen.

Einen Vorteil hatte dieser Zeitsprung für ihn immerhin gehabt. In einer Mathearbeit schrieb er eine glatte Eins. Na ja, er hatte die Arbeit ja schon einmal geschrieben und diesmal kannte er nicht nur die Aufgaben, es saß ihm überdies kein »spezieller Feind« im Nacken. Aber wo Licht ist, ist auch Schatten, der große zottige schwarze Hund war nicht mehr bei ihm und er fehlte ihm sehr.

Er wollte bei dem Gnom Pygmann bleiben. Die beiden verstanden sich prächtig und das Leben im Wald tat seinem ehemaligen Gefährten gut. Selbst der Kater, den der Gnom nach der Attacke der Hexe, wieder zum Leben erweckt hatte, hatte die Anwesenheit des neuen Mitbewohners, akzeptieren müssen. Er zeigte von nun an, gegenüber dem Hund, eine Art geringschätziger Toleranz.

Einige Wochen später geschah dann doch noch etwas Unerwartetes.

Johannes Klasse hatte Unterricht bei Frau Schönchen, ihrer Lehrerin, als es an der Tür klopfte und ohne eine Antwort abzuwarten, geöffnet wurde. Herr Thieme, der Direktor trat ein, begleitet von einem Mädchen.

Bei ihrem Anblick klappte Johannes die Kinnlade herunter. Er hatte fast jeden Tag an Kimama, die Fee aus dem Wald der Träume, gedacht. Sie jetzt leibhaftig neben dem Direktor stehen zu sehen, war für ihn jedoch ein ziemlicher Schock.

Johannes errötete bis zu den Haarwurzeln und stieß ungewollt ein leises Stöhnen aus. Das Mädchen, das vor ihm sass, drehte sich erstaunt um. »Kennst du die?« »Nö«, sagte er und versuchte gleichmütig zu klingen. Sicherheitshalber ließ er seinen Kopf hinter einem Schulbuch verschwinden. Während er so tat, als würde er lesen, schaute er verstohlen das Mädchen an. Nein, sie war es nicht, redete er sich ein. Kimama war kleiner als die dort, sie war dünner und zierlicher. Außerdem hatte sie keine so großen runden Feeenohren wie Kimama und die blonden Haare waren nicht lang, sondern kurz und auf der rechten Seite gescheitelt und nicht, wie bei der dort, in der Mitte. Das war keinesfalls die Fee. Johannes holte tief Luft und versuchte, sich zu beruhigen.

»Liebe Kinder, wir haben eine neue Mitschülerin«, sagte der Direktor. »Ihr Name ist Kim Vila. Sie ist aus Schweden zu uns gekommen. Ich denke, wir sollten sie herzlich bei uns Willkommen heißen.«

Die Schüler applaudierten, wie sie es zu solchen Anlässen stets taten. Die Neue neigte ein wenig den Kopf und lächelte in die Klasse hinein.

Erneut stockte Johannes der Atem. Welch eine Anmut.

»Nun Kind«, sagte Frau Schönchen, »suche dir einen Platz, wo immer du möchtest.«

Kim schaute sich kurz im Klassenzimmer um. Von einigen Schülern, meistens Mädchen, kamen signalisierende Handzeichen, dass sie sich neben sie setzen sollte. Nichts ist spannender als eine neue Schülerin als Nachbarin zu haben und dazu noch eine aus dem fernen Schweden.

Dann, wie zufällig blieb ihr Blick auf Johannes haften. Wieder huschte ein Lächeln über ihr Gesicht und sie nickte entschlossen.

»Kannst du mal rüberrutschen?«, fragte sie in eher gleichgültigen Ton, als sie neben ihm stand.

Er nahm seine Schulmappe von dem Nachbarstuhl und machte mit dem Rollstuhl ein wenig Platz.

Von hinten kam in einem mehr als enttäuschten Tonfall die Frage eines der Jungen. »Was will die denn mit dem?«

Johannes schoss die Röte ins Gesicht. Doch ehe er etwas sagen konnte, hatte sich die Neue zu dem Sprecher umgewandt, musterte ihn einen kurzen Moment und fragte ihrerseits: »Und was sollte ich mit dir?«

Lautes Gelächter quittierte diese Bemerkung und nun war es an dem vorlauten Jungen, zu erröten. Er machte sich so klein, bis er hinter seiner Bank kaum mehr zu sehen war.

»Kinder«, sagte Frau Schönlein und klatschte dabei in die Hände, »ich bitte doch um Ruhe. Was soll die Kim von ihrer neuen Klasse denken.«

Der Direktor verließ den Raum mit einem knappen Nicken des Kopfes und der Unterricht ging weiter.

Johannes konnte den Blick kaum von seiner neuen Nachbarin wenden. Immer wieder schaute er zu ihr herüber und musterte sie.

Nachdem sie eine Weile so getan hatte, als ob sie dies nicht bemerkte, fragte sie ihn schließlich: »Kannst du mir deine Handynummer sagen?«

»Warum?«

»Ich würde dir ein Foto von mir simsen, dann brauchst du mich nicht mehr so blöd anzustarren.«

Wieder wurde Johannes rot. Er ärgerte sich über sich selbst. Trotzdem riss er ein kleines Stück Papier aus einem Heft, schrieb seine Nummer auf und schob ihr den Zettel zu.

Sie schaute kurz darauf, zerknüllte die Notiz und steckte sie in die Jackentasche.

»Was ist nun mit dem Foto?«, fragte er leise und grinste sie an.

»Ich habe gar kein Handy«, antwortete sie und grinste nicht minder unverschämt zurück.

Ein Empfindung durchflutete Johannes, wie er es schon einmal erlebt hatte. In jenem Moment, als er auf der Lichtung im Wald, die bewusstlose Fee Kimama betrachtet hatte. Das Gefühl tiefer Verbundenheit.

Er hatte plötzlich das Bedürfnis sie zu berühren. Er tastete er nach ihrer Hand und sie streckte sie sie ihm scheinbar entgegen denn, schneller als er dachte, fand er sie. Erschrocken wollte er seine Hand zurückziehen, doch sie hielt sie einen kurzen Moment fest. Johannes spürte sein Herz rasen und das Blut in den Ohren pochen.

Zum Schulschluss gingen sie, wenig überraschend, den Heimweg gemeinsam bis zu der Kreuzung hinter dem Park. Hier deutete Kim nach rechts und sagte: »Ich muss hierlang.«

»Und ich hier«, entgegnete Johannes. »Treffen wir uns morgen früh wieder an dieser Stelle?«

»Gern, ich freu mich.«

Am nächsten Morgen beeilte er sich, um pünktlich am verabredeten Treffpunkt zu sein.

Kim war bereits da.

So blieb es zukünftig.

Jedes Mal, wenn er an der Kreuzung anlangte, war sie schon da, egal, wie sehr er sich beeilte. »Wie bei dem Märchen vom Hasen und dem Igel«, dachte er oft.

Für Johannes vergingen die Tage wie im Flug. In Kims Gegenwart vergaß er sogar, dass er anders war als Andere, dass er nicht laufen konnte. Sie war zu einem Kraftquell und Mittelpunkt seines Lebens geworden. Daran, dass sie oftmals Hand in Hand gingen, hatten sich bald alle gewöhnt und die Sticheleien, die es anfänglich gab, verebbten irgendwann.

Abgesehen davon passierten in dieser Zeit einige merkwürdige Dinge, denen der Junge aber keine Bedeutung beimaß. In seinem andauernden Hochgefühl hat er sie mutmaßlich nicht mal bewusst wahrgenommen.

Einmal, er ging neben Kim durch das Schulgebäude, meinte er, auf einem Regal einen Magus Silvicola sitzen zu sehen, einen Waldgeist. Als er genau hinsah, hing da nur ein Hampelmann an einem Haken. Er zog an der Schnur zwischen dessen Beinen und der Hampelmann quietschte klagend, während er, getreu seiner Bauweise, Arme und Beine hochriss.

Sie lachten beide.

Auf der Party zu seinem elften Geburtstag, Johannes war sich absolut sicher, hatte er Kim mehrmals fotografiert. Beim Betrachten der Bilder stellte er fest, dass sie auf keinem zu sehen war.

Wenige Tage später wäre das Mädchen um ein Haar von einem Auto überfahren worden, als sie, ohne auf den Verkehr zu achten, über die Straße, auf ihn zu lief. Ganz deutlich hatte Johannes gesehen, wie ein Magus Silvicola ihr von hinten einen Stoß gab und so den Zusammenprall verhinderte. Nachdem er sich von seinem Schrecken erholt hatte, war von dem Waldgeist, nicht die kleinste Spur zu sehen gewesen. Er schalt sich selber einen Narren. Wo sollte hier ein Waldgeist herkommen? Mitten in der Stadt.

Am Ende war das alles unwichtig, sie war jeden Tag in seiner Nähe und er genoss es.

Dann eines Nachmittags warf ihn eine unverhoffte Begegnung doch von jener rosa Wolke herunter, auf der er so lange geschwebt hatte. Dies war wenige Tage nach seinem zwölften Geburtstag.

Er saß im Park an dem kleinen Teich, an dem sich in lauen Sommernächten die Liebespaare trafen, und wartete auf Kim.

Seltsam, sie war immer und überall vor ihm da. Warum diesmal nicht?

Eine Bewegung im Gras erregte seine Aufmerksamkeit. Ein großer, fetter Frosch krabbelte in Richtung des Wassers. Johannes verhielt sich ganz still und sah ihm nach.

Am Ufer verharrte der Frosch und saß einige Zeit völlig reglos im Sand. Dann, in einer kaum wahrnehmbaren Aktion schoss eine lange Zunge aus dem Maul, fing eine Fliege, die unvorsichtigerweise vorbeigeflogen war, und ließ sie in seinem Maul verschwinden. Das Ganze ging so schnell, dass der Junge den Vorgang eher vermutete, als ihn wirklich zu sehen.

Der Grimp fiel ihm ein, wie er auf dem Misthaufen im Jahrmarkt der bösen Träume saß und nach Fliegen schnappte. Und dann schoss aus den Tiefen seiner Erinnerungen, ein lächelndes verschmutztes Gesicht hervor, die Fee Kimama. So plötzlich und mit solcher Klarheit, stand sie vor seinem inneren Auge, dass er einen Moment dachte, sie wäre leibhaftig hier. Wie hatte er bloß nicht mehr an sie denken können. Kimama, seine Fee. Wie mochte es ihr gehen? Ob sie ihn auch schon vergessen hatte, wie er sie? Plötzlich kam Johannes sich schlecht vor, fast wie ein Verräter. Nur langsam verblasste das Bild vor ihm, nicht aber die Erinnerung. Zum ersten Mal war er nicht unbändig erfreut, als er Kim kommen sah.

»Was ist los mit dir?«, fragte sie, während sie neben ihm im Gras Platz nahm. Sie erkannte sofort, wenn etwas mit ihm nicht stimmte.

Mit einem »Plopp«, verschwand der Frosch im Wasser.

»Du machst ein Gesicht, als wäre dir ein böser Geist begegnet.«

Johannes schwieg.

Sie rückte dicht an ihn heran und lächelte ihr einschmeichelndes Lächeln. »Sei ein braver Junge«, spöttelte sie dabei, »und erzähle, was dich bedrückt.«

Er konnte sich nicht erklären warum, aber er fing an zu erzählen. »Du must mir zwei Dinge versprechen, du wirst nicht lachen und du wirst mit niemand anderem darüber reden. Auch in hundert Jahren nicht, niemals. Versprochen?«

Ihr Lächeln verschwand. »Es mus ja ganz was Wichtiges sein. Aber gut, ich verspreche es dir, hoch und heilig.«

Nun erzählte er ihr seine Geschichte. Wie er als Schlummerjahn um ein Haar Heierland vernichtet hatte. Wie es ihm gelungen war, Arnikus Hein zu überlisten und ganz besonders von Kimama, erzählte er, die er fast vergessen hatte, was er aber auf gar keinen Fall wollte.

»Weist du, du bist ihr so ähnlich und dann aber wieder auch nicht«, er machte eine Pause, riss er ein Büschel Gras aus dem Boden und warf es ins Wasser. Empört tauchte der Frosch, der sich auf einem Seerosenblatt gesonnt hatte, unter.

»Du wirst jetzt womöglich nichts mehr von mir wissen wollen«, sagte er leise, »ich kann das verstehen, auch wenn es mich traurig macht. Aber Kimama ist mir wichtig. Ohne sie wäre ich nie von diesem Jahrmarkt der bösen Träume runtergekommen.«

»Ein Traumwald ja? Ein sprechender Frosch, ein Gnom und eine Fee. Wem hast du davon noch erzählt?«

»Niemandem.«

»Solltest du auch nicht, sonst kommst du mit Sicherheit in die Klapsmühle.« Sie legte ihm den Arm auf die Schulter und zwang ihn, sie anzuschauen. Der Blick ihrer Augen versetzte ihm einen Stich. »Warum, sollte ich nichts mehr von dir wissen wollen, Johannes Klein? Schließlich sind wir doch kein Liebespaar. Aber trotzdem eine schöne Geschichte. Danke.«

»Wofür?«

Statt einer Antwort, drehte sie seinen Rollstuhl in Richtung Weg. »Komm, lass uns ein wenig gehen, bald wird es dunkel.«

»Mädchen sind ständig so merkwürdig«, dachte er mit einem beklommenen Gefühl im Bauch.

Bald hatten sie den Brunnen, in der Mitte des Parks, erreicht. Viele Bänke waren Drumherum aufgestellt, auf denen meistens Menschen saßen, um die frische Luft und die Stille des Parks zu genießen. Heute waren die Bänke merkwürdigerweise leer. Eine Gruppe Jungens stand in der Nähe des Brunnens und schienen sich über irgendetwas aufzuregen. Sie schrien und gestikulierten.

Kim hielt darauf zu. Johannes wollte sie aufhalten, aber sie streifte seinen Arm mit einer fahrigen Geste von ihrem Arm. Danach ging sie noch schneller auf die Streitenden zu. Johannes hatte sie wenige Meter davor mit dem Rollstuhl stehen gelassen.

Vier Jungs waren dort und bedrängten zwei Mädchen. Die Jungs mochten vierzehn, vielleicht fünfzehn Jahre alt sein. Der Größte unter ihnen, der mit der größten Klappe, stieß mit der Faust nach einem der Mädchen. Sie trug ein Kopftuch. Ihre braunen Augen hatten sich vor Angst geweitet.

»Hau dahin ab, wo du herkommst, wir brauchen hier kene wie euch, is det klar. Hier is dit christliche Abendland, wenn de überhaupt west, wat dit is«, er riss an ihrem Tuch und zog es ihr vom Kopf. »wolln doch ma sehen, ob de wenichstens beim Frisör warst«, er schwenkte das Tuch wie eine Trophäe. Die anderen Jungs lachten grölend.

Kim hatte die Gruppe erreicht. »Lass sie in Ruhe und gib ihr das Tuch wieder«, sie griff danach, um es ihm zu entreißen.

Der Junge hielt fest. »Na hols dia Schwesta«, rief er grinsend.

Johannes schaltete seinen Rollstuhl auf vorwärts, um ihr zu Hilfe zu eilen. Er kam nicht weit. Ein Beben und ein dumpfes Grollen erschütterten den Park. Die Luft fing an zu flirren. Er wurde emporgerissen und rückwärts in den Brunnen geschleudert.

 

  1. Der Auftrag der Dame des Waldes

Als er wieder zu sich kam, lag er rittlings auf einer Wiese. Es musste sich, um eine Wiese im Wald er Träume handeln. Die Dame des Waldes beugte sich nämlich zu ihm herunter und musterte ihn argwöhnisch. Als sie feststellte, dass er offensichtliche Lebenszeichen von sich gab, stieß sie einen Knurrlaut aus, der zu Johannes Überraschung, einen erfreuten Unterton hatte.

»Da bist du ja endlich«, blaffte sie ihn statt einer Begrüßung an. »Scheinbar bist du zu nichts nutze, außer armen alten Frauen wie mir, das Leben schwer zu machen. Wenn du wirklich gebraucht wirst, sucht man dich vergeblich ...« Sie wollte so weiter zetern, doch Johannes unterbrach sie. »Haben sie ein Mädchen gesehen? Sie heißt Kim Vila«, fragte er, sichtlich bestürzt. Die Hexe stutze kurz, dann fragte sie: »Meinst du Kimama?«

»Nein, Kim Vila.«

»Ja, aber das ist Kimama«, sagte sie. »Vila sind Feen und Kim ist die Kurzform von Kimama, oder denkst du dir, du Spatzenhirn, jemand ruft sie Kimama? Ist doch viel zu lang. Kim ist eine Vila, eine der drei Feenrassen. Das sind die Vila, die Tylwyth Teg und die Sidhe. Es gibt noch einige Andere. Sie sind aber wegen ihrer geringen Anzahl eher ohne Bedeutung. Ist doch ganz einfach. Ihr Menschen habt schließlich auch verschiedene Rassen. Leider«, fügte sie nach einer Luftholpause hinzu.

Um Johannes drehte es sich. Die Explosion am Brunnen. Wo mag sie hin sein?

»Und wo ist sie?«, brauste er auf.

»Ich weiß es nicht, wie ich schon sagte und für solche Dinge ist jetzt ...«, sie stockte in ihrer Rede. »Wann hast du sie das letzte Mal gesehen?«

»Grade eben, eine merkwürdige Explosion hat mich hierhergeschleudert und von ihr getrennt.«

»Das ist sehr schön«, meinte die Hexe, »demzufolge geht es ihr gut und es läuft alles nach Plan.«

Johannes glaubte, sich verhört zu haben. »Was heisst hier, es geht ihr gut und alles läuft nach Plan? Was haben sie sich schon wieder für Abscheulichkeiten ausgedacht?«, schrie er die Dame des Waldes an.

Die hob abwehrend beide Hände. »Gemach gemach, hör mich erst an, du Hitzkopf. Keine Abscheulichkeiten, wie du es zu nennen beliebst, und schon gar nicht von mir. Ich befolge meine Befehle, mehr nicht. Aber bitte, immer der Reihe nach. Du solltest zur Kenntnis nehmen, dass du mir vertrauen kannst«, sie grinste bei diesen Worten schmierig.

Johannes schniefte laut vor Zweifel.

»Ja, schnief du nur. Du hast etwas gut bei mir. Das wissen wir beide. Hättest du es nicht anders entschieden, würde ich immer noch als Häufchen Elend und ohne Herz auf der Erde liegen. Es ist weiß Gott nicht das beste Herz, das mir die Magus Silvicola gegeben haben. Aber mir geht es gut. Also nochmals danke, und du hast was gut bei mir.«

Johannes verstand nur Bahnhof und knurrte deshalb ein wenig ungehalten: »Erzählen sie endlich, was los ist.«

»Tja«, begann die Hexe und faltete ihre dürren Arme vor der mageren Brust zusammen, »eigentlich weiß ich ja so gut wie nichts.«

»Na toll und was machen sie dann hier?«

»Ich soll dich hier empfangen und einweihen.«

»Und worin? In nichts?«

»Wenn du zugehört hättest, würdest du verstanden haben, dass ich sagte, so gut wie nichts«, empörte sich die Dame des Waldes. »Vielleicht kannst du eine arme alte Frau auch mal ausreden lassen. Ergo, die Sache ist die«, begann sie noch einmal, »die Feen sind weg.«

Johannes sprang auf, als hätte ihn ein elektrischer Schlag getroffen. »Heißt das, Kimama ist doch weg?«

»Nein, natürlich nicht. Besser gesagt ja, sie ist auch weg, aber nicht so. Also soll ich nun erzählen oder nicht?«

Johannes nickte und setzte sich widerstreben hin.

»Eines Morgens stellten wir fest, dass alle Feen verschwunden waren. Nicht nur einfach so, nein, ihr Reich war auch weg. Dort wo das Feenland lag, ist jetzt eine riesige Senke, in der sich nur trockener Sand befindet. Die Moore, die Seen, die Wälder, alles weg.

Impressum

Verlag: BookRix GmbH & Co. KG

Texte: Peter Marquardt
Bildmaterialien: Peter Marquardt
Cover: Peter Marquardt
Lektorat: Peter Marquardt
Tag der Veröffentlichung: 27.11.2020
ISBN: 978-3-7487-6600-1

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